Straßburg, den13.3.2018

SWD(2018) 79 final

ARBEITSUNTERLAGE DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER - ZUSAMMENFASSENDER BERICHT

Begleitunterlage zum

Vorschlag für eine Empfehlung des Rates

zum Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmer und Selbstständige

{COM(2018) 132 final}


Konsultation der interessenträger – Zusammenfassender Bericht

Kontext – Die europäische Säule sozialer Rechte

Am 8. März 2016 hat die Europäische Kommission eine Mitteilung angenommen, die einen ersten, vorläufigen Entwurf zu etwas vorlegt, was sich zur europäischen Säule sozialer Rechte entwickeln soll. 1 Die Kommission legt die Gründe für die Initiative sowie ihre Rolle, ihren Geltungsbereich und ihre Natur dar. 2

Auf dieser Grundlage hat die Kommission von März bis 31. Dezember 2016 eine breit angelegte öffentliche Konsultation eingeleitet, um Rückmeldungen zu dem vorgeschlagenen Entwurf zu sammeln, die in ihren endgültigen Vorschlag einfließen sollen. Das Ziel der Konsultation bestand darin, über die bestehenden sozialen Rechte, die sich verändernden Realitäten in der Arbeitswelt und den Gesellschaften sowie die Rolle der Säule als Teil der sozialen Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion zu diskutieren. Am 23. Januar 2017 fand eine europäische Konferenz statt, auf der dieses Konsultationsverfahren zusammengefasst wurde. 3 Die Art, wie Sozialschutz für Personen in allen Beschäftigungsformen gewährleistet werden kann, war ein zentrales Thema in dem Konsultationsverfahren.

Eine interessierte Partei stellte fest, dass „ein angemessener und nachhaltiger Sozialschutz alle Personen umfassen sollte, unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus, unter gebührender Berücksichtigung der schutzlosesten Personen, basierend auf einem integrierten Ansatz des Nutzens und der Leistungserbringung, einschließlich einer zugänglichen und nachhaltigen Gesundheitsversorgung, die die einzelstaatlichen Verhältnisse berücksichtigt, und einer hochwertigen Langzeitpflege, insbesondere auf der Basis häuslicher Pflege und wohnortnaher Dienstleistungen, sowie angemessenen Wohnverhältnissen und Unterstützung für Obdachlose mit dem Ziel ihrer sozialen Wiedereingliederung. Angemessene Leistungen bei Arbeitslosigkeit von angemessener Dauer sowie angemessene Mindesteinkommenssysteme sollten eine stabile soziale Grundsicherung bieten, die eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ermöglicht. Altersversorgungssysteme sollten einen angemessenen Schutz gegen Altersarmut bieten und zugleich die Nachhaltigkeit mit dem Ziel des Schutzes künftiger Generationen und der Bereitstellung der notwendigen Mittel für eine Kindheit ohne Armut sicherstellen.“ 4

Andere Institutionen der Union haben ebenfalls Beiträge in die entsprechende Diskussion eingebracht. Während der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss 5 („meint, dass in der von der Europäischen Kommission angeregten Debatte über die Entwicklung der europäischen Säule sozialer Rechte unbedingt auch auf die Situation der Arbeitnehmer in den neuen Beschäftigungsformen eingegangen werden sollte, sowie insbesondere auf die Anerkennung ihres Status wie auch auf die Möglichkeiten zur Gewährleistung ihres angemessenen Zugangs zu den Systemen der sozialen Sicherheit und des sozialen Schutzes“) und der Ausschuss der Regionen 6 („vertritt die Auffassung, dass bei neuen Beschäftigungsformen oder der Einführung gemeinsamer europäischer Mindeststandards angemessene Sozialschutzstandards sichergestellt werden müssen“) wichtige Elemente in die Debatte einbrachten, ging das Europäische Parlament 7 noch weiter und forderte die Abgabe einer Empfehlung, damit alle Menschen in jeglicher Art von Beschäftigungsverhältnis oder Selbstständigkeit Ansprüche erwerben können.

Die Initiative für den Zugang zu sozialem Schutz

Es wurden mehrere Konsultationen der Interessenträger durchgeführt, die in diese Initiative einfließen sollten. Dies umfasst ein zweistufiges Konsultationsverfahren europäischer Sozialpartner, wie in Artikel 154 AEUV festgelegt, sowie eine offene, öffentliche Konsultation.

1. Ergebnisse der Folgenabschätzung in der Anfangsphase

Die Kommission erhielt neun Rückmeldungen zur Folgenabschätzung in der Anfangsphase von Personen/Organisationen in den Niederlanden (6), Belgien, Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Die Rückmeldungen von Personen/Verbänden in den Niederlanden heben die Subsidiarität hervor sowie die Tatsache, dass Selbstständige für die von ihnen getroffenen Entscheidungen verantwortlich sein möchten, einschließlich für die Versicherung von Risiken. In ihrem Beitrag vertritt eine Unternehmensorganisation im Vereinigten Königreich die Ansicht, dass freiwillige Systeme in allen Mitgliedstaaten kurz- bis mittelfristig (2-5 Jahre) leichter umzusetzen seien, jedoch eine Umsetzung auf einzelstaatlicher Ebene erfordern, wobei es schwierig sein könnte, die Zustimmung der Regierungen zu erhalten. Die Rückmeldungen von EuroHealthNet konzentrieren sich auf die wichtige Rolle, die der Sozialschutz bei dem Ziel des Abbaus gesundheitlicher Ungleichheiten spielt, und die Dachverbände der Deutschen Sozialversicherung (DSV) befürworten die Diskussion über den Zugang zum Sozialschutz und das Ziel, die Sozialschutzsysteme in einer sich verändernden Arbeitswelt zukunftssicher zu machen.

2. Ergebnisse der ersten Phase der Konsultation der Sozialpartner

Die erste Phase der Konsultation der Sozialpartner wurde am 29. April eingeleitet und am 23. Juni 2017 abgeschlossen.

Die Gewerkschaften, die auf die Konsultation geantwortet haben, waren der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB), der Europäische Rat für Fach- und Führungskräfte (Eurocadres) und die Europäische Vereinigung der leitenden Angestellten (CEC), die Europäische Union der Unabhängigen Gewerkschaften (CESI), der europäische Interessenverband für Kunst und Unterhaltung (EAEA) und die Europäische Journalisten-Föderation (EJF). Dabei ist zu beachten, dass in der Antwort des EGB auch der Standpunkt von 10 sektoralen Gewerkschaftsverbänden des EGB enthalten ist.

Auf Arbeitgeberseite wurden Antworten zur Konsultation eingesandt von BusinessEurope, dem Europäischen Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP), dem Europäischen Verband des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe (UEAPME), dem Council of European Employers of the Metal, Engineering and Technology-Based Industries (Dachverband der europäischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände – CEEMET), dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), der European Chemical Employers Group (Europäischer Arbeitgeberverband für die Chemische Industrie – ECEG), der HOTREC – Hotels, Restaurants & Cafés in Europa, der Vertretung des Einzel-, Groß- und Außenhandels in Europa (EuroCommerce), der Arbeitgeber-Gruppe des Ausschusses der berufsständischen landwirtschaftlichen Organisationen der Europäischen Union (GEOPA-COPA) und der World Employment Confederation (WEC).

Identifizierung von Themen in Verbindung mit dem Zugang zum Sozialschutz

Die Sozialpartner waren sich weitgehend darüber einig, dass es Probleme in Verbindung mit dem Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsformen und für Selbstständige gibt.

Jedoch hoben die Arbeitgeber hervor, dass die Zusammenfassung sehr unterschiedlicher Arten von Beschäftigungsformen unter der Rubrik „atypisch“ nicht angemessen sei, da dies die Unterschiedlichkeit zwischen diesen verschiedenen Formen sowie die Bedürfnisse und Wünsche der in diesen arbeitenden Personen nicht berücksichtigt, auch im Hinblick auf den Zugang zum Sozialschutz (BusinessEurope). WEC hob außerdem die Heterogenität innerhalb der Gruppe der Selbstständigen hervor. UEAPME forderte eine zuverlässige Bestandsaufnahme der einzelstaatlichen Politiken, der Verfügbarkeit und des Angebots maßgeschneiderter Sozialschutzsysteme und der nach verschiedenen Gruppen aufgeschlüsselten Inanspruchnahme. CEEP hob die unterschiedlichen Arbeitsmarkt- und Sozialmodelle hervor, welche die unterschiedlichen Schutzniveaus erklären.

Andererseits stellten Gewerkschaften fest, dass die Identifizierung von Themen ein Schritt in die richtige Richtung sei, jedoch durch die nähere Angabe verbessert werden könne, dass neue Arbeitsformen mit einer geringen Arbeitsplatzqualität und unsicheren Bedingungen verbunden seien, die eher zu einem mangelnden Schutz gegen Lebensrisiken als zu echten Beschäftigungschancen führten (EGB, Eurocadres). Diese Themen könnten um ein Recht auf Kollektivverhandlungen, ein gerechtes Arbeitsentgelt für alle und das Recht auf Vereinigungsfreiheit für alle Arbeitnehmer erweitert werden (EJF). Gewerkschaften hoben ferner hervor, dass die Übereinstimmung mit Vorschlägen zu Informationen über das System der sozialen Sicherheit in der Richtlinie über schriftliche Erklärungen sichergestellt werden sollte (EGB, Eurocadres).

Die wichtigsten Zweige des Sozialschutzes und der Leistungen der Arbeitsverwaltung

Gewerkschaften sind der Ansicht, dass alle Zweige gleich wichtig sind, und unterstützen einen integrierten und ganzheitlichen Ansatz für den Sozialschutz, ungeachtet der oben genannten Punkte über Unterscheidungen zwischen Politikbereichen, einschließlich aller Zweige, die das Übereinkommen 102 der IAO (und die Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) umfasst. Falls eine Priorisierung erfolgen muss, würde die CEC diejenigen bevorzugen, die nicht allgemeingültig sind. Der Zugang zu den entsprechenden Leistungen der Arbeitsverwaltung sollte allen gewährt werden.

Auf der Arbeitgeberseite ergibt sich ein gemischtes Bild. BusinessEurope ist der Ansicht, dass die Frage voraussetzt, dass es eine EU-Initiative in diesem Bereich geben wird (was die Organisation nicht befürwortet). EuroCommerce bezweifelt die Machbarkeit der Klassifizierung von Handlungssträngen des Sozialschutzes, während COPA Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten Priorität einräumt. HOTREC bezieht sich auf den Sozialschutz als einen in die nationale Zuständigkeit fallenden Bereich, hebt jedoch hervor, dass Qualifikationen, Bildung und Ausbildung für alle Bürger leicht zugänglich sein sollten.

Persönlicher Geltungsbereich einer EU-Initiative

Im Allgemeinen befürworten Gewerkschaften einen weitreichenden persönlichen Geltungsbereich und die Einbeziehung aller Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsformen sowie der Selbstständigen in eine EU-Initiative. Jedoch fordern einige in erster Linie die Festlegung von Grundsätzen, um ein gemeinsames Verständnis auf EU-Ebene der Rechtsnatur der verschiedenen Beschäftigungsformen festzulegen (CEC, CESI).

Arbeitgeber beantworten die Frage nach dem persönlichen Geltungsbereich der EU-Initiative eher zurückhaltend, denn sie sind entweder gegen eine EU-Initiative (BusinessEurope) oder sie beziehen sich auf das Subsidiaritätsprinzip (HOTREC) oder sie sind der Ansicht, dass der persönliche Geltungsbereich von der Art der jeweiligen Initiative abhängen würde (EuroCommerce). Der RGRE betont die Notwendigkeit einer größeren Klarheit bei der Definition der Rechtsnatur der verschiedenen Beschäftigungsformen, während COPA alle Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsformen in eine EU-Gesetzesinitiative einbeziehen würde, die Selbstständigen jedoch nur in eine Empfehlung.

EU-Recht und EU-Instrumente

BusinessEurope, UEAPME und EuroCommerce erachten Änderungen des EU-Rechts auf diesem Gebiet nicht für erforderlich oder zweckmäßig. Die offene Koordinierungsmethode und das Verfahren des Europäischen Semesters, einschließlich Referenzwerte, wären die richtigen Instrumente für gegenseitiges Lernen und den Austausch bewährter Verfahren. Das Ziel sollte die Verbesserung einzelstaatlicher politischer Antworten durch Lernen von den jeweiligen anderen einzelstaatlichen Verfahren sein. Andere Arbeitgeberorganisationen lenken die Aufmerksamkeit auf den sektoralen sozialen Dialog (COPA), Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten sowie das Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip (CEEMET, ECEG, EuroCommerce, WEC und CEEP).

Die Gewerkschaftsseite ist der Ansicht, dass Verbesserungen des EU-Rechts vorgenommen werden sollten. EGB und CESI sehen die Notwendigkeit einer besseren Durchsetzung bestehender Rechtsvorschriften, insbesondere auf nationaler Ebene. CEC weist auf die Notwendigkeit der Verringerung des Verwaltungsaufwands hin, die mit der Bereitstellung von Informationen zur Beschäftigungssituation einer Person und der Sicherstellung einer tatsächlichen Übertragbarkeit aller Ansprüche verbunden werden kann.

Bereitschaft, in Verhandlungen zu treten

Alle Gewerkschaften haben ihre Bereitschaft, in Verhandlungen zu treten, zu erkennen gegeben. Falls jedoch die EU-Sozialpartner nicht zu Verhandlungen bereit sind, oder falls Verhandlungen nicht zu einem erfolgreichen Ergebnis führen, fordern die Gewerkschaften die Kommission zur Vorlage eines Gesetzgebungsvorschlags auf.

Die Arbeitgeber ziehen nicht in Betracht, einen Dialog gemäß Artikel 155 AEUV einzuleiten, da sie keine Notwendigkeit für Maßnahmen auf EU-Ebene sehen, abgesehen von gegenseitigem Lernen und dem Austausch von Verfahren (BusinessEurope), oder da die Subsidiarität bei diesem Thema Vorrang hat (HOTREC, UAPME) und es von den nationalen Regierungen (EuroCommerce) oder im sektoralen sozialen Dialog (COPA) besser behandelt werden kann. CEEP hebt hervor, dass zunächst einmal stichhaltige Indikatoren festgelegt werden müssen.

Anwendungsbereich der Konsultation

Der EGB vermisst klare Vorschläge für die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze – mit vereinbarten Indikatoren zu deren Verfolgung, einschließlich für den Zugang zum Sozialschutz. Daher erachtete der EGB die identifizierten Kernpunkte des unzureichenden Zugangs (Unterschiede beim Zugang zum Sozialschutz, mangelnde Übertragbarkeit von Ansprüchen sowie Mangel an Transparenz hinsichtlich ihrer Sozialschutzansprüche) als wichtige Herausforderungen, die angegangen werden müssen, setzte jedoch den Akzent auf die herausfordernden unterschiedlichen Sozialansprüche von Personen hinsichtlich Sozialschutz und Leistungen der Arbeitsverwaltung.

Zusätzliche Konsultation von Sozialpartnern

Die GD Beschäftigung und Soziales hat bilaterale Treffen mit allen 16 Sozialpartnern abgehalten, die einen Beitrag zur ersten Phase der Konsultation der Sozialpartner eingereicht haben. Diese Treffen fanden zwischen dem 14. Juli und dem 5. September statt. Der Zweck der bilateralen Treffen bestand darin, sich auf technische Abklärungen und nach Möglichkeit die Einholung zusätzlicher Informationen zu konzentrieren. Die erhaltenen Informationen werden in den entsprechenden Kapiteln dieses Dokuments vorgestellt.

3. Ergebnisse der zweiten Phase der Konsultation der Sozialpartner

Die zweite Phase der Konsultation der Sozialpartner wurde am 20. November eingeleitet und am 5. Januar 2018 abgeschlossen.

Die Gewerkschaften, die auf die Konsultation geantwortet haben, waren der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB), Eurocadres und die Europäische Vereinigung der leitenden Angestellten (CEC), die Europäische Union der Unabhängigen Gewerkschaften (CESI), der europäische Interessenverband für Kunst und Unterhaltung (EAEA), die UNI Global Union Europa und die World Employment Confederation (WEC).

Auf Arbeitgeberseite wurden Antworten zur Konsultation eingesandt von BusinessEurope, dem Europäischen Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP), EuroCommerce, der Europäischen Union des Handwerks und der Klein- und Mittelbetriebe (UEAPME), dem Council of European Employers of the Metal, Engineering and Technology-Based Industries (Dachverband der europäischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände – CEEMET), der European Chemical Employers Group (Europäischer Arbeitgeberverband für die Chemische Industrie – ECEG) und der HOTREC – Hotels, Restaurants & Cafés in Europa.

Die Ziele Absicherung, Übertragbarkeit und Transparenz

Die Gewerkschaften teilen die Ziele der Initiative – Absicherung, Übertragbarkeit und Transparenz. Die formale und wirksame soziale Absicherung ist für den EGB von höchster Wichtigkeit und der Zugang zu einem angemessenen Sozialschutz sollte hinzugefügt werden. Beiträge und Leistungen (für Selbstständige und atypisch Beschäftigte) sollten möglichst die gleichen wie diejenigen für Standard-Arbeitsverträge sein (CESI). Bindende Sozialschutzrechte für Einzelpersonen sollten nicht zu einer Individualisierung des Sozialschutzes führen und die kollektive Dimension muss aufrechterhalten werden (EAEA). Die volle Übertragbarkeit und Akkumulierung dieser Rechte, Leistungen und Ansprüche sollte sichergestellt werden, unabhängig von der Beschäftigungsform oder -dauer (UNI Europa). Die Wichtigkeit des Zugangs zu Ausbildung und Leistungen der Arbeitsverwaltung wurde ebenfalls hervorgehoben (Eurocadres). Alle Gewerkschaften stimmen der Notwendigkeit einer höheren Transparenz zu.

Auf der Arbeitgeberseite ergibt sich eher ein gemischtes Bild. Die meisten Arbeitgeberorganisationen stimmen den drei Zielen weitgehend zu, heben jedoch die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in diesem Bereich hervor (BusinessEurope, EuroCommerce, CEEMET, CEEP und UAPME).

ECEG teilt nicht die Ansicht, dass atypisch Beschäftigte und Selbstständige einen begrenzten Zugang zum Sozialschutz haben, und sieht keine Notwendigkeit, eine gemeinsame Definition eines Beschäftigten auf EU-Ebene zu prüfen.

HOTREC stimmt der Notwendigkeit einer höheren Transparenz zu, argumentiert jedoch, dass das Subsidiaritätsprinzip Vorrang habe, und bevorzugt daher eine Bestandsaufnahme übertragbarer Systeme auf nationaler Ebene.

Die Optionen der obligatorischen oder freiwilligen formellen Absicherung

Alle Gewerkschaften bevorzugen die obligatorische formelle Absicherung, die an diejenige von Arbeitnehmern in Normalarbeitsverhältnissen angeglichen ist (EGB, EAEA), jedoch sollten nationale Traditionen berücksichtigt werden (CEC).

Die Arbeitgeber äußerten unterschiedliche Ansichten zu diesen Optionen. ECEG stimmt zu, dass der Sozialschutz obligatorisch sein sollte, jedoch sollten Arbeitnehmer das Recht zur Wahl der Art der Absicherung (öffentlich oder privat) haben. BusinessEurope hob die Wahlfreiheit für Selbstständige hervor. CEEP und EuroCommerce bevorzugen eine freiwillige formelle Absicherung, um die Vielfalt der Beschäftigungsformen und die Heterogenität unter Selbstständigen zu berücksichtigen. HOTREC, CEEMET und UAPME verwiesen auf die Subsidiarität, die Vorrang haben sollte.

Entsprechende Maßnahme zur Gewährleistung einer wirksamen Absicherung

Gewerkschaften und Arbeitgeber vertreten gegenteilige Ansichten zu der entsprechenden Maßnahme. Die Gewerkschaften befürworten eine Erweiterung und Anpassung bestehender Systeme für Personen in allen Beschäftigungsformen (EGB), indem sie im Rahmen der Verträge möglichst weit gehen (CESI). Eine EU-Richtlinie mit verbindlichen Mindestgrundsätzen und -anforderungen wird erwähnt (UNI Europa, EAEA), sie sollte jedoch weder bestehende EU-Besitzstände aufweichen noch bestehende nationale Standards herabsetzen noch zu einer Harmonisierung von Rechten nach unten führen.

Andererseits sind Arbeitgeberorganisationen gegen rechtlich bindende Maßnahmen in diesem Bereich, da sie argumentieren, dass das Subsidiaritätsprinzip Vorrang habe (ECEG, HOTREC); sie würden jedoch die Anwendung der offenen Koordinierungsmethode, das Europäische Semester, den Austausch bewährter Verfahren, Benchmarking und das sozialpolitische Scoreboard begrüßen (BusinessEurope). Einige Arbeitgeberorganisationen (CEEP und EuroCommerce) erachten eine Empfehlung des Rates als zweckmäßig.

Entsprechende Mindestanforderungen zur Gewährleistung der Übertragbarkeit und Transparenz

Laut den Gewerkschaften erfordern Arbeitsmarkttrends einen gewissen gemeinsamen Mindeststandard im Bereich des Sozialschutzes (CESI). Eine volle Übertragbarkeit sollte gewährleistet werden durch die Bindung von Sozialschutzansprüchen an Personen über eine angeglichene Kalkulation und Zusammenrechnung, jedoch ohne zu einer Individualisierung des Sozialschutzes zu führen (EGB).

Einige Arbeitgeber stimmen dem Grundsatz der Übertragbarkeit von Ansprüchen zu, fordern jedoch eine Folgenabschätzung, bevor rechtsverbindliche Realitäten geschaffen werden (ECEG), oder sie argumentieren, dass die Subsidiarität Vorrang habe und eine Bestandsaufnahme bestehender übertragbarer Systeme bevorzugt werden sollte (HOTREC).

Andere empfehlen der EU, sich auf allgemeine Bestimmungen zu beschränken (UAPME), oder sie möchten die Übertragbarkeit auf Mindestrechte des Sozialschutzes begrenzen (EuroCommerce). Die Verwaltungskosten der Übertragbarkeit sollten möglichst gering gehalten werden und es sollten keine zusätzlichen Kosten für den neuen Arbeitgeber zur Übernahme der Bestimmung der übertragenen Ansprüche anfallen (CEEP).

Bereitschaft, in Verhandlungen zu treten

Alle Gewerkschaften haben ihre Bereitschaft, in Verhandlungen zu treten, zu erkennen gegeben. Jedoch war der EGB davon überzeugt, dass die Bedingungen für förmliche Verhandlungen nicht mehr gegeben seien, und andere Gewerkschaften fordern die Kommission zur Vorlage eines Gesetzgebungsvorschlags vor der Europawahl 2019 auf. Die Arbeitgeber ziehen nicht in Betracht, einen Dialog gemäß Artikel 155 AEUV einzuleiten, da sie keine Notwendigkeit für Maßnahmen auf EU-Ebene sehen.

4. Ergebnisse der öffentlichen Konsultation

Die offene, öffentliche Konsultation lief vom 20. November 2017 bis 15. Januar 2018. 119 Befragte antworteten auf die öffentliche Konsultation, davon 62 Organisationen, 7 Behörden, 37 Bürger und 13 Sonstige (z. B. Forschungsinstitute, Netzwerke). Die meisten Antworten kamen aus Ländern mit gut entwickelten Sozialschutzsystemen, wie Deutschland (18), Belgien (16), Frankreich (15) und Schweden (14). 15 Positionspapiere wurden eingereicht, hauptsächlich aus Deutschland (5), Belgien (4), Frankreich (2) und dem Vereinigten Königreich (2), und sie umfassen Regional- und Zentralregierungen, Sozialschutzanbieter, Genossenschaften, Organisationen der Selbstständigen, eine Gewerkschaft, eine Nichtregierungsorganisation und ein Unternehmen.

Herausforderungen

Stimmen Sie den im Hintergrundpapier benannten Herausforderungen zu?

Etwa 2/3 der Befragten stimmten den von der Kommission benannten Herausforderungen zu. Die höchste Zustimmung gab es zu Lücken bei der tatsächlichen Absicherung, an zweiter Stelle stand die Komplexität der Rechtsvorschriften.

Ich stimme zu (Antworten von insgesamt 119 Antworten)

Lücken bei der formellen Absicherung

66

Lücken bei der tatsächlichen Absicherung

78

Unzureichende Übertragbarkeit

65

Unzureichende Transparenz

69

Komplexität der Rechtsvorschriften

75

Es bestehen andere Herausforderungen

62



Grundsätze

Sind Sie der Meinung, dass die nachstehend aufgeführten allgemeinen politischen Grundsätze im Rahmen einer möglichen Initiative der EU verfolgt werden sollten?

Die große Mehrheit der Befragten stimmte weitgehend zu, dass die Grundsätze im Rahmen einer möglichen EU-Maßnahme verfolgt werden sollten, einschließlich der Bestimmung eines angemessenen Sozialschutzes für alle Arbeitnehmer, unabhängig von ihrem Beschäftigungsverhältnis, mit der Bindung von Ansprüchen an die arbeitenden Personen und der Übertragbarkeit von Ansprüchen, transparenten Informationen und vereinfachten Verwaltungsanforderungen. Nur 14 Befragte stimmten der Option zu, dass „keine Maßnahme erforderlich“ sei.

Ich stimme zu (Antworten von insgesamt 119 Antworten)

Unabhängig von Art und Dauer ihres Beschäftigungsverhältnisses sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und unter vergleichbaren Bedingungen Selbstständige das Recht auf angemessenen Sozialschutz haben.

85

Ansprüche sollten an die arbeitenden Personen (und nicht an den Vertrag) gebunden und übertragbar sein

72

Ansprüche und diesbezügliche Informationen sollten transparenter gemacht werden.

86

Verwaltungsanforderungen sollten vereinfacht werden.

82

Keine Maßnahme erforderlich.

14

Handlungsoptionen

In Bezug auf die aufgeführten Handlungsoptionen waren 69,7 % der Befragten der Ansicht, dass Sozialschutzrechte und -pflichten für jede Art von Beschäftigung obligatorisch sein sollten, unabhängig von der Vertragsart, und 56,3 % der Befragten sind der Meinung, dass der obligatorische Schutz und Beiträge von Arbeitnehmern in atypischen Beschäftigungsformen an das Niveau von Arbeitnehmern in Normalarbeitsverhältnissen angepasst werden sollten.

64,7 % der Befragten denken, dass Sozialschutzrechte und -pflichten für alle Selbstständigen obligatorisch sein sollten, und 47,1 % der Befragten denken, dass der obligatorische Schutz und Beiträge der Selbstständigen an das Niveau von Arbeitnehmern in Normalarbeitsverhältnissen angepasst werden sollten.

Schließlich sind 52,94 % der Befragten der Ansicht, dass ein einziges Sozialschutzsystem, mit dem alle Erwerbstätigen abgedeckt werden, der geeignetste Weg zur Gewährleistung einer wirksamen sozialen Absicherung wäre. Sogar 54,6 % der Befragten halten ein einziges Sozialschutzsystem als für Selbstständige geeignet.

Instrumente

Fast drei Viertel der Befragten (72,3 %) heben die Notwendigkeit einer Maßnahme auf EU-Ebene hervor. 54,6 % der Befragten halten die Einführung neuer EU-Rechtsvorschriften (z. B. einer Richtlinie) für äußerst wirksam. Nur 4,2 % der Befragten sind der Ansicht, dass nicht zwingende EU-Rechtsvorschriften (z. B. eine Empfehlung des Rates) äußerst wirksam wären.

Auswirkungen

Laut der großen Mehrheit der Befragten wären die Auswirkungen der Einführung obligatorischer Sozialschutzrechte für alle Beschäftigungsformen positiv für die europäische Gesellschaft, den Arbeitsmarkt, die Arbeitnehmer, die öffentlichen Finanzen und die Wirtschaft.

„Wären die Auswirkungen, die sich aus der Einführung obligatorischer Sozialschutzrechte für alle Beschäftigungsformen ergeben, Ihrer Einschätzung nach positiv, neutral oder negativ für die Wirtschaft?“

Positiv (Antworten von insgesamt 119 Antworten)

Wettbewerbsfähigkeit

73

Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit

72

Wirtschaftswachstum

72

doch eher neutral für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

„Wären die Auswirkungen, die sich aus der Einführung obligatorischer Sozialschutzrechte für alle Beschäftigungsformen ergeben, Ihrer Einschätzung nach positiv, neutral oder negativ für kleine und mittlere Unternehmen?“

Neutral (Antworten von insgesamt 119 Antworten)

Kosten

51

Wettbewerb

45

Andererseits wären die Auswirkungen, die sich aus der Einführung freiwilliger Sozialschutzrechte in Bereichen ergeben, in denen derzeit Lücken bestehen, neutral/negativ für die europäische Gesellschaft, den Arbeitsmarkt, die Arbeitnehmer, die öffentlichen Finanzen und die Wirtschaft.

„Wären die Auswirkungen, die sich aus der Einführung freiwilliger Sozialschutzrechte in Bereichen ergeben, in denen derzeit Lücken bestehen, Ihrer Einschätzung nach positiv, neutral oder negativ für die Wirtschaft?“

Negativ (Antworten von insgesamt 119 Antworten)

Neutral (Antworten von insgesamt 119 Antworten)

Wettbewerbsfähigkeit

45

43

Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit

49

40

Wirtschaftswachstum

49

41

doch eher neutral für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

„Wären die Auswirkungen, die sich aus der Einführung freiwilliger Sozialschutzrechte in Bereichen ergeben, in denen derzeit Lücken bestehen, Ihrer Einschätzung nach positiv, neutral oder negativ für kleine und mittlere Unternehmen?“

Neutral (Antworten von insgesamt 119 Antworten)

Kosten

55

Wettbewerb

62

(1)

COM(2016) 127 final.

(2)

 Ihr waren zwei Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen beigefügt: die erste beschreibt die wichtigsten Trends in Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Gesellschaft, auf denen die Säule aufbaut und zu deren Behandlung sie beitragen sollte; die zweite erinnert an die maßgeblichsten Bestandteile des rechtlichen Besitzstands auf EU-Ebene. Arbeitsunterlagen der Kommissionsdienststellen „Key economic, employment and social trends behind the European Pillar of Social Rights“ (SWD(2016) 51) und „The EU social acquis“ (SWD(2016) 50) vom 8. März 2016.

(3)

  Website der Konferenz .

(4)

SWD(2017) 206 final, online verfügbar .

(5)

EESC SOC/542, online verfügbar .

(6)

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen 2868/2016, online verfügbar .

(7)

Entschließung des EP 2016/2095(INI), online verfügbar .