Brüssel, den 3.12.2018

COM(2018) 777 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Zweiter Bericht über die Fortschritte bei der Bekämpfung des Menschenhandels (2018) gemäß Artikel 20 der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer

{SWD(2018) 473 final}


I. HINTERGRUND

Der Menschenhandel ist eine sich stets weiterentwickelnde ernste Form der größtenteils organisierten Kriminalität. Er beschert den Tätern, die die Schwachstellen der Menschen und die Nachfrage nach den von den Opfern bereitgestellten Dienstleistungen ausnutzen, hohe Gewinne. Er führt zu unwiderruflichen Schäden bei den Opfern, unseren Gesellschaften und Volkswirtschaften.

Der Zusammenhang zwischen dem Menschenhandel und anderen schweren Straftaten wird mehr und mehr verstanden. Das komplexe Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage unter Tätern, Missbrauchern, Gewinnnehmern, Ausbeutern und Nutzern ergibt eine lange Kette von Akteuren, unabhängig davon ob sie wissentlich oder unwissentlich beteiligt sind. Diese Kette muss unterbrochen werden, um diesem abscheulichen Verbrechen ein Ende zu setzen und es effektiv zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die Strategie der EU zur Beseitigung des Menschenhandels 2012-2016 1 („EU-Strategie“) umgesetzt. Darüber hinaus hat die Kommission im Dezember 2017 in ihrer Mitteilung zur Berichterstattung über die Folgenmaßnahmen zur Strategie der EU zur Beseitigung des Menschenhandels und zur Ermittlung weiterer konkreter Maßnahmen („Mitteilung von 2017“) 2 weitere konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Prävention ermittelt. Die Kommission überwacht nach wie vor, wie die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer 3 („Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels“) von den Mitgliedstaaten umgesetzt wird.

Dies ist der zweite Bericht der Kommission über die Fortschritte bei der Bekämpfung des Menschenhandels. Er stützt sich auf ein breites Spektrum von Quellen, darunter:

·von den nationalen Berichterstattern oder gleichwertigen Mechanismen zusammengetragene Informationen, die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 19 und 20 der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels 4 an den EU-Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels 5 übermittelt wurden;

·von der Kommission und anderen Interessenträgern im Rahmen der EU-Strategie und der Mitteilung von 2017 getroffene Maßnahmen; 

·Beiträge der Organisationen der Zivilgesellschaft, die an der EU-Plattform der Zivilgesellschaft und der e-Plattform gegen Menschenhandel 6 beteiligt sind; und

·Informationen von einschlägigen EU-Agenturen sowie internationalen und regionalen Organisationen.

Im vorliegenden Bericht und in der begleitenden Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen werden neue, auf Daten und Trends beruhende Vorgehensweisen, im Rahmen der EU-Strategie getroffene Maßnahmen und der Fortschritt bei der Umsetzung der Mitteilung von 2017 entsprechend den darin eingegangen Verpflichtungen präsentiert. Im Bericht werden außerdem statistische Daten von den Mitgliedstaaten analysiert und der aktuelle Stand der Umsetzung der Richtlinie 2004/81/EG 7 über Aufenthaltstitel für Opfer des Menschenhandels vorgestellt. Die von den Mitgliedstaaten übermittelten narrativen Informationen beziehen sich hauptsächlich auf den Zeitraum 2014-2016. Der Bericht und die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen hingegen stützen sich auf Informationen, die u. a. von Mitgliedstaaten, der Zivilgesellschaft, internationalen Organisationen und Veröffentlichungen der Kommission stammen.

II. NEUE VORGEHENSWEISEN UND TRENDS

Die in diesem zweiten Fortschrittsbericht 8 vorgestellte vierte Erhebung von Statistiken zum Menschenhandel (mit Schwerpunkt auf dem Zeitraum 2015-2016) liefert mehr Daten als die vorhergehenden Erhebungen. Alle Mitgliedstaaten haben statistische Daten bereitgestellt, wenn auch in unterschiedlicher Detailliertheit. Eurostat hat zwei Arbeitsunterlagen zu Statistiken auf EU-Ebene in den Jahren 2013 und 2014 veröffentlicht, die 2015 aktualisiert wurden, gefolgt von einer begrenzten Datenerfassung der Kommission für den Zeitraum 2013-2014, über die im ersten Fortschrittsbericht 9 berichtet wurde.

Die Daten für den Zeitraum 2015-2016 zeigen ähnliche Vorgehensweisen bei den registrierten Opfern und Menschenhändlern in Kontakt mit der Polizei und den Justizbehörden auf wie die Daten der vorhergehenden Berichtszeiträume. Diese Daten betreffen Personen in Kontakt mit Behörden und anderen Organisationen. Es besteht Grund zu der Annahme, dass viele Opfer und Menschenhändler unentdeckt bleiben und daher in den Zahlen, über die hier berichtet wird, nicht enthalten sind. Es bestehen erhebliche Unterschiede in der Art und Weise, wie Mitgliedstaaten Daten erheben und erfassen, weshalb Vorsicht bei Vergleichen zwischen diesen Daten und im Verlauf der Zeit geboten ist.

Im Zeitraum 2015-2016:

·Es gab 20 532 registrierte Opfer des Menschenhandels in der EU.

·Es wurden 5979 Strafverfolgungen und 2927 Verurteilungen wegen Menschenhandels registriert.

·7503 Personen hatten formalen Kontakt mit der Polizei oder den Justizbehörden, d. h. wurden verdächtigt, verhaftet oder verwarnt in Bezug auf den Straftatbestand Menschenhandel.

·Über die Hälfte (56 %) des Menschenhandels fand zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung statt; hierbei handelt es sich nach wie vor um die am meisten verbreitete Form. Rund ein Viertel (26 %) war Menschenhandel zu Zwecken der Arbeitsausbeutung. Die übrigen Opfer des Menschenhandels (18 %) wurden in Bezug auf andere Formen der Ausbeutung (wie etwa Zwangsbettelei und Organentnahme) registriert. Die Mehrheit (61 %) der registrierten Opfer des Menschenhandels zu Zwecken der Arbeitsausbeutung befinden sich im Vereinigten Königreich; die Daten des Vereinigten Königreichs ändern folglich erheblich das Verhältnis des Menschenhandels zu Zwecken der Arbeitsausbeutung auf EU-Ebene. Ohne Berücksichtigung der Daten des Vereinigten Königreichs ändert sich das Verhältnis in der EU wie folgt: 65 % – sexuelle Ausbeutung, 15 % – Arbeitsausbeutung und 20 % – andere Formen der Ausbeutung.

·Über zwei Drittel (68 %) der registrierten Opfer waren weibliche Personen (Frauen und Mädchen) (ohne Berücksichtigung der Daten des Vereinigten Königreichs beträgt der Anteil 77 %).

·Nahezu ein Viertel (23 %) der registrierten Opfer waren Kinder.

·44 % der registrierten Opfer waren EU-Bürger.

·Zu den Top Fünf EU-Ländern, was die Staatsangehörigkeit der registrierten Opfer anbelangt, zählten Rumänien, Ungarn, die Niederlande, Polen und Bulgarien. Hierbei handelt es sich um dieselben Länder wie im Zeitraum 2010-2012 und im ersten Fortschrittsbericht der Kommission.

·Die Top Fünf Nicht-EU-Länder, was die Staatsangehörigkeit der registrierten Opfer anbelangt, waren Nigeria, Albanien, Vietnam, China und Eritrea.

Die Kommission arbeitete mit den Mitgliedstaaten, Eurostat und statistischen Ämtern daran, die verfügbaren Daten zu verbessern. Die Daten sind detaillierter und es stehen neue Informationen zur Verfügung, was die unterschiedliche Art und Weise anbelangt, wie staatliche Dienste sich engagieren, Opfer unterstützen und handeln, um die Straffreiheit von Menschenhändlern zu verringern. Diese Arbeit umfasste Informationsanfragen in Bezug auf Opfer, wie etwa die Nutzung des internationalen Schutzstatus, und in Bezug auf die Verringerung der Straffreiheit, wie etwa die Kriminalisierung der Inanspruchnahme von Diensten von Opfern des Menschenhandels. Bei der Bereitstellung von Daten durch die Mitgliedstaaten bestehen jedoch nach wie vor Lücken, die die Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit der Informationen beschränken.

Die Mitgliedstaaten sollten die Dokumentierung und Registrierung sowie die Verlässlichkeit, Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit von Daten verbessern, aber auch sicherstellen, dass sie diese nach Geschlecht, Alter, Form der Ausbeutung, Staatsangehörigkeit der Opfer und Täter sowie nach Unterstützung und Schutz aufschlüsseln können. Verlässliche Daten sind eine Voraussetzung für eine angemessene Überwachung und die Gewährleistung einer besseren Politikgestaltung.

1.Formen der Ausbeutung

Der Menschenhandel ist ein komplexes Verbrechen, das sich häufig entsprechend der Nachfrage und dem Erfindungsreichtum der Menschenhändler entwickelt und in dessen Zentrum die Ausbeutung steht, die viele Formen annehmen kann.

·Menschenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung

Der Menschenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung ist nach wie vor die am häufigsten gemeldete Form. Im Zeitraum 2015-2016 gab es 9759 registrierte Opfer sexueller Ausbeutung, d. h. über die Hälfte (56 %) der registrierten Opfer mit einer dokumentierten Form der Ausbeutung, vorwiegend Frauen und Mädchen (95 % der registrierten Opfer sexueller Ausbeutung). Es wurde ein starker Anstieg bei der Zahl von Frauen und Mädchen festgestellt, die über die zentrale Mittelmeerroute zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung in die EU geschmuggelt werden. 10  Die Opfer werden in der Sex- und Unterhaltungsindustrie ausgebeutet, was durch die rasche technologische Entwicklung und die Nutzung des Internets für Werbedienstleistungen und die Anwerbung von Opfern erleichtert wird. Zu den neuen dokumentierten Vorgehensweisen zählen die Pornografie, die Nutzung von Live-Webkameras und der sexuelle Missbrauch von Kindern per Live-Fernschaltung. 

Europols Feststellung 11 – es gibt Mitgliedstaaten, in denen Prostitution legal ist, was es Menschenhändlern viel einfacher macht, ein legales Umfeld zur Ausbeutung ihrer Opfer zu nutzen – wird in Berichten von Mitgliedstaaten bekräftigt, die besagen, dass Menschenhändler dazu neigen, ihre Opfer in Länder zu treiben, in denen die Prostitution reguliert ist und rechtmäßig ausgeübt wird. In diesem Zusammenhang stellt Europol 12 fest, dass in einigen EU-Mitgliedstaaten, in denen Prostitution legal ist, Verdächtige Kinder neben erwachsenen Opfern in einem legalen Geschäftsumfeld (wie z. B. Bordell, Rotlichtviertel, Sexclub) ausbeuten konnten, häufig mit der Unterstützung der Geschäftsführer, da die Prostitution von Minderjährigen aufgrund der Tatsache, dass „Kunden“ in der Regel geneigt sind, mehr für Sex mit einem Kind zu bezahlen, äußerst profitabel sein kann.

Während in der Mehrheit der Berichte der Mitgliedstaaten der Menschenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung als die häufigste Form bezeichnet wird, demonstrieren die Informationen über die in den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen die Tendenz, sich auf andere Formen der Ausbeutung zu konzentrieren. 

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Bemühungen fortsetzen und weiter intensivieren, was die Bekämpfung des Menschenhandels zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung anbelangt, und dies zu einer Priorität machen. Sie müssen Maßnahmen ergreifen, die ihre Kapazitäten zur Erkennung von Opfern aller Formen der Ausbeutung erhöhen. Dies darf jedoch nicht zuungunsten der Opfer sexueller Ausbeutung erfolgen.

·Menschenhandel zu Zwecken der Arbeitsausbeutung

Rund ein Viertel (26 %) der registrierten Opfer waren von Menschenhandel zu Zwecken der Arbeitsausbeutung betroffen. Die Arbeitsausbeutung betrifft in erster Linie Männer (80 % der registrierten Opfer), obwohl in bestimmten Arbeitssektoren die Opfer vorwiegend Frauen sind (z. B. Hausarbeit). Mehrere Mitgliedstaaten berichteten, dass der Menschenhandel zu Zwecken der Arbeitsausbeutung zunimmt.

Laut Europol 13 sind organisierte kriminelle Gruppen auf die wachsende Nachfrage nach billigen Arbeitskräften in vielen Mitgliedstaaten ausgerichtet und ziehen Nutzen aus Diskrepanzen im Arbeitsrecht, um die Ausbeutung von Opfern in der Grauzone zwischen rechtmäßiger Beschäftigung und Arbeitsausbeutung zu organisieren.

Die Opfer erfahren Ausbeutung im Bausektor, im Agrar- und Forstsektor, in der Fertigungsindustrie, im Gaststättengewerbe, in den Sektoren für Pflegedienstleistungen, Reinigungsdienstleistungen und Hausarbeit, in der Unterhaltungsbranche, im Fischereisektor, im Gastgewerbe, im Einzelhandelssektor und in der Transportbranche. Zahlreiche Berichte von Mitgliedstaaten und Einreichungen der Zivilgesellschaft beziehen sich auf die Rolle von Arbeitsinspektoren bei der Erkennung von Opfern und/oder auf den Bedarf an einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden und Arbeitsinspektoraten.

Es ist ermutigend, Fortschritte bei der Identifizierung von Opfern des Menschenhandels zu Zwecken der Arbeitsausbeutung zu sehen, insbesondere angesichts der von der Kommission bereitgestellten Mittel für diese Form. Die Kommission wird die Umsetzung der Richtlinie über Sanktionen gegen Arbeitgeber und der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels weiter überwachen.

Die Kommission stellt jedoch fest, dass nicht alle Ausbeutungssituationen auf dem EU-Arbeitsmarkt ein Ergebnis des Menschenhandels sind.

·Andere Formen der Ausbeutung

Im Zeitraum 2015-2016 entfiel rund ein Viertel (18 %) der registrierten Opfer auf andere Formen der Ausbeutung. Zu diesen zählen u. a. der Menschenhandel zu Zwecken der Zwangsheirat, der Zwangsbettelei und der Zwangskriminalität. Diese „anderen Formen“ gehen mit Bagatellkriminalität, Eigentumskriminalität und Leistungsmissbrauch einher. Berichten zufolge nimmt der Menschenhandel zu Zwecken der Zwangskriminalität und der Zwangsbettelei zu.

Die Mitgliedstaaten berichten, dass es zunehmend mehr Opfer gibt, die Scheinehen oder Zwangsehen eingehen. Solche Opfer sind auch Opfer von sexueller Ausbeutung, Zwangsschwangerschaften und/oder Arbeitsausbeutung, oder von Zwangsehen mit Nicht-EU-Bürgern zur Regelung ihres Aufenthalts. Europol 14 verbindet diese Entwicklung mit dem Anstieg der Zahl irregulärer Migranten in den letzten Jahren, die nach gescheiterten Asylanträgen einen legalen Aufenthaltsstatus anstreben. Opfer dieser Form des Menschenhandels sind häufig gezwungen, Kredite aufzunehmen oder Sozialleistungen zu beantragen.

Die Mitgliedstaaten sollten mehr Maßnahmen ergreifen, einschließlich Informations- und Sensibilisierungskampagnen, um alle Formen der Ausbeutung zu bekämpfen. Sie sollten außerdem gezielte Schulungen für Standesbeamte und andere Beamte einführen, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie mit Opfern von Menschenhandel in Kontakt kommen.

2.Neue Vorgehensweisen beim Menschenhandel

Der inländische Menschenhandel, d. h. auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, nimmt Berichten zufolge zu. Die Mitgliedstaaten berichten, dass das Alter der identifizierten Opfer sinkt. Kinder aus osteuropäischen Ländern und aus Roma-Gemeinschaften sind nach wie vor besonders gefährdet, da Menschenhändler die Verwandtschaft ausbeuten.

Zu den anderen neuen Vorgehensweisen zählen Fälle von schwangeren Frauen, die zu Zwecken des Verkaufs ihrer Neugeborenen gehandelt werden, der Menschenhandel zu Zwecken der Entnahme von Organen oder menschlichem Gewebe und der Menschenhandel zu Zwecken der Kinderehe. Personen mit Entwicklungsstörungen und körperlichen Behinderungen gehören ebenfalls mehr und mehr zur Zielgruppe von Menschenhändlern.

3.Menschenhandel im Migrationskontext

Berichten zufolge hat die Migrationskrise die Risiken des Menschenhandels erhöht. In ihrer Risikoanalyse für 2018 stellte die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache fest, dass der Menschenhandel aus Nigeria zwar jahrzehntelang den europäischen Sexmarkt versorgt hat, die große Anzahl von nigerianischen Frauen, die in gemischten Migrationsströmen nach Italien (und in geringerem Ausmaß nach Spanien) gekommen sind, jedoch das Phänomen des Menschenhandels aus Nigeria erst ans Licht gebracht hat. 15

Die Mitgliedstaaten berichten über Opfer von Menschenhandel, die in Asylantragssystemen gefunden wurden, und über organisierte kriminelle Gruppen, die Asylverfahren missbrauchen. Des Weiteren berichten sie, dass Menschenhändler von Opfern verlangen, internationalen Schutz zu beantragen, und so versuchen, den Status der Opfer zu regeln.

Der Menschenhandel sollte im Migrationskontext bekämpft werden und zwar unter Berücksichtigung neuer Vorgehensweisen, wie etwa der unverhältnismäßigen gezielten Auswahl von Frauen und Mädchen, die zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung gehandelt werden. Es sollten weiterhin Anstrengungen unternommen werden, um sicherzustellen, dass alle Opfer identifiziert werden sowie Hilfe und Schutz gemäß ihres Geschlechts, Alters und der Form der Ausbeutung erhalten.

4.Profil und Arbeitsweise der Menschenhändler

Die Mitgliedstaaten berichten, dass Menschenhändler unentwegt ihre Arbeitsweise ändern. Es käme weniger körperliche Gewalt, aber dafür mehr psychologische und emotionale Gewalt zum Einsatz. Sie berichten außerdem, dass die Zahl der eigenen Staatsangehörigen, die von den Mitgliedstaaten als Verdächtige behandelt werden, sowie die Zahl von weiblichen Opfern, die in Täter verwandelt werden, zunehmen. Die kriminellen Netzwerke sind höchst mobil und häufig transnational – mit Zellen in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern der Opfer. Laut den Mitgliedstaaten nutzen Menschenhändler das Internet und Social-Networking-Tools, um Opfer anzuwerben, zu logistischen Zwecken, um die Opfer ausbeuten zu können, und als eine Marketingplattform für Prostitution. Die Mitgliedstaaten berichten außerdem, dass die Nutzung von Verschlüsselungstechnologien die Arbeit der Ermittlungsbehörden erschwert. Sie verweisen ferner auf Zusammenhänge mit Drogenschmuggel, Dokumentenbetrug, Währungsfälschung, Eigentumskriminalität, Migrantenschmuggel, Waffenhandel und illegalem Tabakhandel.

Angesichts der sich stets ändernden Methoden von Menschenhändlern sollten die Mitgliedstaaten für spezialisierte Schulungen für Fachkräfte sorgen, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie mit Opfern in Kontakt kommen. Diese Schulungen sollten an die Rolle von neuen Informationstechnologien angepasst sein. Die Mitgliedstaaten sollten zudem Initiativen zur Prävention von Menschenhandel in die Wege leiten.

III. BEKÄMPFUNG DER KULTUR DER STRAFFREIHEIT UND PRÄVENTION VON MENSCHENHANDEL

Die Bekämpfung der Kultur der Straffreiheit und die Prävention von Menschenhandel sind die Hauptprioritäten der Kommission gemäß ihrer Mitteilung von 2017. Die Kommission wird sich außerdem weiter darauf konzentrieren, das Geschäftsmodell des Menschenhandels zum Erliegen zu bringen, dem Geld zu folgen und die Menschenhandelskette zu durchbrechen. In diesem Abschnitt werden die Fortschritte bei der Ermittlung, der Strafverfolgung und der Verurteilung von Tätern untersucht sowie die Maßnahmen, die zur Verbesserung der Prävention und zur Verringerung der Nachfrage ergriffen wurden.

1. Förderung der Kriminalisierung der Inanspruchnahme von Diensten von Opfern

Die weitere Anregung der EU-Mitgliedstaaten, insoweit sie dies noch nicht getan haben, diejenigen zu kriminalisieren, die bewusst die Dienstleistungen von Opfern nutzen, steht im Zentrum der Prioritäten der Kommission zur Prävention von Menschenhandel gemäß der Mitteilung von 2017. In Artikel 18 Absatz 4 der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels wird den Mitgliedstaaten nahegelegt, die Einleitung von Maßnahmen zu erwägen, mit denen die Inanspruchnahme von Diensten von Opfern des Menschenhandels in dem Wissen, dass die betreffenden Personen gehandelt werden, als strafbare Handlung eingestuft wird. Außerdem zeigt die im „Nutzerbericht“ 16 der Kommission vorgenommene Analyse der Auswirkungen der nationalen Rechtsvorschriften, die die Inanspruchnahme von Diensten von Opfern des Menschenhandels kriminalisieren, eine vielgestaltige Rechtslandschaft in der EU.

Nur drei Mitgliedstaaten waren in der Lage, statistische Daten über Polizeikontakte, Strafverfolgungen und Verurteilungen im Zusammenhang mit der Kriminalisierung der Nutzer solcher Dienste bereitzustellen. Dementsprechend wurden im Zeitraum 2015-2016 zwei Verdächtige (Personen in formalem Kontakt mit den Behörden), 135 Strafverfolgungen und 18 Verurteilungen in der EU gemeldet, was die Inanspruchnahme von Diensten anbelangt, die Gegenstand von Menschenhandel sind.

Die Mitgliedstaaten informierten vorwiegend über Maßnahmen in Bezug auf die Inanspruchnahme von Diensten von Opfern des Menschenhandels zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung und der Arbeitsausbeutung. Die Mitgliedstaaten berichteten außerdem über Maßnahmen zur Bekämpfung der Straffreiheit von Nutzern der Dienste von Opfern des Menschenhandels zu Zwecken der Arbeitsausbeutung; diese Maßnahmen sind u. a. auf Unterauftragnehmer, Zwischenhändler und Versorgungsketten ausgerichtet.

Während zivilgesellschaftliche Organisationen Bedenken über einen Mangel an politischem Willen zur Umsetzung einschlägiger Gesetze zum Ausdruck gebracht haben, berichteten Mitgliedstaaten über neue Rechtsvorschriften zur Kriminalisierung jener, die bewusst die Dienste von Opfern des Menschenhandels in Anspruch nehmen.

Wie in vorhergehenden Berichten der Kommission festgestellt, sind weitere Anstrengungen notwendig, um die Straffreiheit zu bekämpfen, indem sichergestellt wird, dass jene, die Opfer ausbeuten und missbrauchen, zur Rechenschaft gezogen werden. Die Kommission legt den Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, weiterhin nahe, Maßnahmen zur Kriminalisierung jener zu treffen, die bewusst die Dienste von Opfern von Menschenhandel in Anspruch nehmen.

2. Steigerung der Effektivität von Strafverfolgungen und Verurteilungen

Im Zeitraum 2015-2016 meldeten die Mitgliedstaaten 5979 Strafverfolgungen und 2927 Verurteilungen wegen Menschenhandels. Die grenzübergreifende Zusammenarbeit durch die Kanäle von Europol und Eurojust wurde allgemein intensiviert. Im Zeitraum 2016-2017 gab es 2476 neue Fälle und es wurden 8411 neue operative Nachrichten an Europol weitergeleitet. Im Zeitraum 2014-2015 wurde innerhalb von Eurojust eine große Zahl gemeinsamer Ermittlungsgruppen eingerichtet.

Trotz eines gewissen Anstiegs in den letzten Jahren ist die Zahl der Verfolgungen und Verurteilungen insgesamt nach wie vor sehr gering. Aufgrund der Komplexität dieser Art von Ermittlungen gibt es häufig nicht genug Beweise, um eine Strafverfolgung zu stützen und einen Fall vor Gericht zu bringen. Die Täter werden folglich wegen anderer Straftaten wie Geldwäsche oder prostitutionsbezogene Verstöße angeklagt.

Es wurden ein verstärktes Bewusstsein für und eine gestiegene Inanspruchnahme von Finanzermittlungen festgestellt und es wurden Maßnahmen getroffen, um Ermittlungen effektiver zu gestalten. Eurojust berichtet 17 in seiner Analyse von 28 Fällen, dass 75 % von ihnen von gemeinsamen Ermittlungsgruppen bearbeitet wurden und Themen wie Geldwäscheermittlungen und die Nachverfolgung von Geldströmen berührten. Die Agentur berichtete außerdem über eine verbesserte und verstärkte Anwendung von Maßnahmen, um illegal erworbene Vermögenswerte einzufrieren, zu beschlagnahmen und zu konfiszieren, und über die Verwendung dieser Vermögenswerte zur Unterstützung von Opfern.

In Beiträgen der Zivilgesellschaft wurde betont, dass Ermittlungen und Strafverfolgungen von Menschenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung priorisiert werden und die übermäßige Belastung der Opfer im Zusammenhang mit ihren Zeugenaussagen verringert sowie die Dauer der Strafverfahren verkürzt werden müssen.

Die Kommission unterstützt aktiv nationale Behörden bei der Fokussierung auf die Verbesserung der Effizienz und Effektivität von Ermittlungen und Strafverfolgungen durch Maßnahmen, die es ihnen ermöglichen, den durch Menschenhandel erzielten Geldern und Gewinnen zu folgen, und auf die Kriminalisierung derjenigen, die die Dienste von Opfern in Anspruch nehmen.

3. Gemeinsame Maßnahmen und grenzübergreifende Zusammenarbeit

Die Kette organisierter krimineller Gruppen verbreitet sich häufig über die nationalen Grenzen hinaus, wodurch eine transnationale Zusammenarbeit bei den Ermittlungen erforderlich wird.

EU-Agenturen und Mitgliedstaaten berichten über eine verstärkte grenzübergreifende Zusammenarbeit und gemeinsame Ermittlungen sowie über einen Anstieg bei der Zahl gemeinsamer Ermittlungsgruppen mit Nicht-EU-Ländern, insbesondere Ländern des westlichen Balkans. Die Mitgliedstaaten betonen, dass die internationale Zusammenarbeit und die Koordinierung zwischen einschlägigen Geheimdienst-, Strafverfolgungs- und Justizbehörden verstärkt werden muss, um den Austausch von Informationen zu intensivieren und Ermittlungen zu optimieren.

Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin die transnationale Zusammenarbeit im Bereich Strafverfolgung und Justiz fördern. Die Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern muss weiter verbessert werden, indem Kapazitäten für gemeinsame Ermittlungsgruppen aufgebaut werden.

4. Bewusstseinsschärfung, Schulungen und die Menschenhandelskette

In den Mitgliedstaaten finden zahlreiche Initiativen statt, darunter Sensibilisierungsmaßnahmen, Schulungen, legislative Maßnahmen und andere Arten von Handlungshilfen 18 . Die Mitgliedstaaten arbeiten mit zivilgesellschaftlichen Organisationen bei Schulungen zusammen, nutzen aber auch EU-Netzwerke wie das Europäische Netz für die Aus- und Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten (EJTN) oder die Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (CEPOL).

Die Sensibilisierungskampagnen in den Mitgliedstaaten sind auf die Nachfrage nach Diensten von Opfern des Menschenhandels ausgerichtet, es wurden aber nur wenige Informationen über ihre Wirkung bereitgestellt. Zivilgesellschaftliche Organisationen konzentrieren sich parallel dazu auf den Bedarf an Kampagnen oder Bildungsprogrammen, um der Nachfrage nach sexueller Ausbeutung entgegenzuwirken, und fordern Sensibilisierungskampagnen, die sich an Kunden richten.

Die Mitgliedstaaten berichten, rechtliche und andere Maßnahmen ergriffen zu haben, um juristische Personen in der breiteren Menschenhandelskette zur Verantwortung zu ziehen, einschließlich im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor.

Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen sollten darauf ausgerichtet sein und das Ziel haben, konkrete Ergebnisse zu erzielen, insbesondere zur Prävention von Straftaten. Den Mitgliedstaaten wird nahegelegt, die Wirkung dieser Maßnahmen besser zu messen. Die Aufrechterhaltung der Rechenschaftspflicht gegenüber den Opfern bedeutet auch, dafür zu sorgen, dass Unternehmen für ihr Tun oder Nichtstun zur Verantwortung gezogen werden.

IV. ZUGANG ZUR JUSTIZ UND DURCHSETZUNG DER RECHTE VON OPFERN

Im EU-Recht wurde ein umfassender Rahmen aufgestellt, um Opfer bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen und zu schützen, es bestehen jedoch nach wie vor Hindernisse in Bezug auf seine Umsetzung. 19

Die Mitgliedstaaten berichten, dass sie enger mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenarbeiten, während die Zivilgesellschaft betont, dass Verfahren formalisiert werden müssen, um den Austausch von Informationen über alle beteiligten Akteure hinweg zu erleichtern, zu fördern und zu verbessern.

Die Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels untermauert die in der Richtlinie 2004/81/EG über befristete Aufenthaltstitel dargelegten Vorschriften über den Schutz und die Unterstützung von Opfern. Die Mitgliedstaaten haben seit dem letzten Umsetzungsbericht der Kommission im Jahr 2014 20 jedoch lediglich eine begrenzte Zahl relevanter legislativer Initiativen verabschiedet, die hauptsächlich auf die Stärkung der Rechtssicherheit für Opfer und die Verbesserung der Funktionsweise des Mechanismus für die Erteilung von Aufenthaltstiteln ausgerichtet sind. 21

1.Identifizierung der Opfer von Menschenhandel

Im ersten Fortschrittsbericht wird festgestellt, dass die Möglichkeiten für Opfer, ihre Rechte durchzusetzen, dadurch behindert werden, dass sie nicht identifiziert oder an die richtige Stelle verwiesen werden. Laut den Mitgliedstaaten unterscheiden sich der Schwellenwert für die Erstidentifizierung der Opfer und die Dauer der Verfahren in der EU. Die Mitgliedstaaten heben auch die Rolle lokaler Behörden bei der Identifizierung von Opfern hervor. Besondere Herausforderungen stellen sich bei der Identifizierung von Opfern in gemischten Migrationsströmen und Verfahren im Bereich des internationalen Schutzes, einschließlich Fällen, bei denen die Opfer außerhalb der Zuständigkeit eines Mitgliedstaats ausgebeutet wurden.

Es gibt nur wenige Informationen über die Wirkung von Maßnahmen zur Identifizierung, zur Unterstützung und zum Schutz der Opfer. Zivilgesellschaftliche Organisationen berichten über Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Asylverfahren und die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Opfer von Menschenhandel mit Staatsangehörigkeit eines Nicht-EU-Landes.

Trotz dieser Herausforderungen sind die Mitgliedstaaten der Ansicht, dass Fortschritte erzielt wurden, was die Identifizierung von Opfern anbelangt, nicht zuletzt aufgrund einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen beteiligten nationalen Behörden und Sektoren sowie der Zusammenarbeit auf grenzübergreifender Ebene.

Die frühzeitige Identifizierung von Opfern von Menschenhandel durch nationale Verweismechanismen, worunter sich auch Asylsysteme befinden sollten, ist entscheidend für die Verbrechensprävention und den Schutz der Opfer.

2.Nationale und transnationale Verweismechanismen

Es wurden bereits viele formalisierte bzw. nicht-formalisierte nationale Verweismechanismen in den Mitgliedstaaten eingerichtet, und sie bemühen sich, dafür zu sorgen, dass diese Mechanismen reibungsloser und effektiver funktionieren.

Die Mitgliedstaaten berichten über eine verstärkte transnationale Zusammenarbeit, auch mit Nicht-EU-Ländern, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft. Sie bestätigen darüber hinaus, dass die Zusammenarbeit und etablierte Netzwerke für Verbesserungen bei der Dauer von Verfahren gesorgt haben, und heben in diesem Zusammenhang die Unterstützung durch EU-Mittel hervor.

Zivilgesellschaftliche Organisationen verweisen auf anhaltende Mängel, was die Gewährleistung eines multidisziplinären Ansatzes anbelangt. Sie verweisen außerdem auf die Nicht-Einbeziehung der Zivilgesellschaft, auf eine fehlende zweckmäßige Schulung und Kapazitätsbildung für alle beteiligten Akteure und eine mangelnde Einheitlichkeit bei Entscheidungen in Bezug auf die Verweisung von Opfern.

Die Kommission hat entsprechend der Mitteilung von 2017 eine Studie zur Überprüfung der Funktionsweise der nationalen und transnationalen Verweismechanismen der Mitgliedstaaten auf den Weg gebracht.

3.Unterstützung und Schutz von Opfern des Menschenhandels

Trotz Berichten der Mitgliedstaaten über Verbesserungen hinsichtlich der Unterstützung und des Schutzes von Opfern und hinsichtlich der Beschleunigung von Verfahren ist ihr uneingeschränkter und effektiver Zugang zu diesen Rechten nicht immer garantiert. Die Verbesserungen umfassen die Nutzung moderner Technologie, um eine sekundäre Viktimisierung in Strafverfahren zu verhindern, sowie die Einrichtung von Schutzräumen und adäquaten Unterkünften für Opfer.

Minderjährige Opfer zu identifizieren und ihnen beim Zugang zu ihren Rechten zu helfen, ungeachtet ihres Herkunftslandes, bleibt eine Herausforderung. Die Mitgliedstaaten berichten, spezifische Verfahren zu haben, u. a. im Rahmen von Rechtsvorschriften, um den Handel mit Kindern zu bekämpfen, auch in gemischten Migrationsströmen. Organisationen der Zivilgesellschaft betonen, dass ein Fokus auf die Gewährleistung von entsprechender Expertise, Schulungen und Kapazitätsaufbaumaßnahmen für alle relevanten Akteure gelegt werden muss, darunter Vormunde, Sozialarbeiter und im Gesundheitswesen tätige Personen.

Die Kommission hat den Mitgliedstaaten Empfehlungen für die Stärkung des Schutzes von minderjährigen Migranten gegeben.

4.Die Entschädigung von Opfern und der Grundsatz der Nichtbestrafung

Die Entschädigung von Opfern wird häufig durch die Komplexität und Diversität der nationalen Entschädigungssysteme und die Unterschiede bei den Entschädigungszahlungen in den Mitgliedstaaten behindert. Einige Mitgliedstaaten berichten, dass Opfer Entschädigungen erhalten haben. Einreichungen der Zivilgesellschaft deuten jedoch auf Schwierigkeiten hin, insbesondere für Opfer von Menschenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung, die die Anforderungen für den Nachweis nachprüfbarer Ausgaben oder Arbeitsplatzverluste nicht erfüllen können.

Was die Nichtbestrafung anbelangt, haben die Mitgliedstaaten der Kommission nur wenige Informationen übermittelt. Aus Einreichungen der Zivilgesellschaft geht hervor, dass insbesondere Opfer von Menschenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung und zu Zwecken der Zwangskriminalität stark bedroht sind, für Vergehen bestraft zu werden, zu denen sie gezwungen wurden.

Den Mitgliedstaaten wird nahegelegt, nationalen Rechtsvorschriften Wirkung zu verleihen, indem sichergestellt wird, dass Instrumente vorhanden sind, die Opfern den Zugang zu Entschädigungen ermöglichen, einschließlich angemessener Schulungen und Kapazitätsaufbaumaßnahmen für relevante Fachkräfte.

V. KOORDINIERTE UND KONSOLIDIERTE ABHILFEMASSNAHMEN IN DER EU UND DARÜBER HINAUS

Der EU-Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels gibt eine strategische Ausrichtung vor, um für eine kohärente Politik in der EU und mit Nicht-EU-Parteien zu sorgen. In der Mitteilung von 2017 wurde es zu einer Priorität erklärt, koordinierte und konsolidierte Abhilfemaßnahmen innerhalb und außerhalb der EU zu entwickeln. 22

Als ein Ergebnis der Mitteilung von 2017 unterzeichneten zehn EU-Agenturen eine Gemeinsame Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Menschenhandels. 23 Nationale Behörden forderten den EU-Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels auf, Länderbesuche durchzuführen, und es fanden zahlreiche Begegnungen mit staatlichen und nicht-staatlichen Interessenträgern statt. Darüber hinaus wurden drei Studien auf den Weg gebracht, die in der Mitteilung von 2017 vorgesehen waren. 24

Es gibt zahlreiche außenpolitische Maßnahmen, Partnerschaften und Dialoge mit Nicht-EU-Ländern zum Thema Menschenhandel, wie etwa die Khartum- und Rabat-Prozesse, die Folgemaßnahmen zum Gemeinsamen Aktionsplan von Valletta und die gemeinsame AU-EU-UN-Arbeitsgruppe, sowie Missionen und Einsätze im Rahmen der GSVP. Darüber hinaus hat die EU über ihre Außenfinanzierungsinstrumente zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels in Nicht-EU-Ländern finanziert.

Die Zuteilung von EU-Mitteln im Bereich der Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels wurde von der Kommission im Rahmen einer umfassenden Politiküberprüfung untersucht. 25 Die Kommission veröffentlicht weiterhin Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen zur Bekämpfung des Menschenhandels im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit (ISF) und des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF). EU-Mittel sind verfügbar im Rahmen nationaler Programme nach dem Prinzip der geteilten Mittelverwaltung und in Form von Direktzuschüssen. In ihren Berichten verweisen viele Mitgliedstaaten auf nationale und EU-Mittel für Initiativen zur Bekämpfung des Menschenhandels im Zeitraum 2014-2017. Es wurden EU-Finanzierungsvorschriften zur Förderung der Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels in die Vorschläge der Kommission für Verordnungen in Bezug auf den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 aufgenommen. 26 Es werden nationale Mittel für Maßnahmen wie etwa die Unterstützung von Opfern bereitgestellt, die Mitgliedstaaten berichten jedoch, dass es schwer sei, die genauen Beträge zu schätzen. Die Organisationen der Zivilgesellschaft prangern die knappe finanzielle Unterstützung für Programme zur Unterstützung von Opfern auf nationaler Ebene und die fehlende Nachhaltigkeit an.

Die Kommission legt den Mitgliedstaaten nahe, ausreichende Ressourcen für Dienstleistungen zur Unterstützung von Opfern bereitzustellen und den Menschenhandel als schweres und organisiertes Verbrechen zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang wird den Mitgliedstaaten außerdem nahegelegt, die Mittel, die im Rahmen verschiedener Finanzierungsinstrumente der Kommission nach dem Prinzip der geteilten Mittelverwaltung und über die verfügbaren Direktzuschüsse bereitgestellt werden, bestmöglich zu nutzen.

VI. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Informationen, auf die sich dieser Bericht stützt, zeigen gewisse Verbesserungen, insbesondere in Bezug auf die grenzübergreifende Zusammenarbeit, die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, die Nutzung von Finanzermittlungen, die Einrichtung gemeinsamer Ermittlungsgruppen sowie die Entwicklung nationaler und transnationaler Verweismechanismen.

Der Menschenhandel ist jedoch nach wie vor eine Straftat, die durch die Straffreiheit der Täter und Personen, die die Opfer ausbeuten, gekennzeichnet ist. Die Ergebnisse des vorliegenden Berichts deuten nicht darauf hin, dass der Menschenhandel zurückgegangen ist. Die Analyse der Daten offenbart ferner eine Tendenz zur Identifizierung von Opfern priorisierter Formen der Ausbeutung, wobei bestimmte Kategorien von Opfern im Vordergrund des Handels stehen, während anderen weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Informationen der Mitgliedstaaten lassen anhaltende Komplexitäten und einen fehlenden Fortschritt in wichtigen Bereichen erkennen. Die Mitgliedstaaten müssen es daher zur Priorität erklären, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

Den Mitgliedstaaten wird ferner nahegelegt, entschiedene Maßnahmen zu ergreifen und eine umfassende Strategie umzusetzen, die alle Aspekte der Menschenhandelskette umfasst, um die Straffreiheit zu bekämpfen und die Verringerung der Nachfrage zu fördern, nicht zuletzt durch Kriminalisierung jener, die bewusst die Dienste von Opfern des Menschenhandels in Anspruch nehmen. Opfer haben nach wie vor begrenzten Zugang zu ihren Rechten auf Schutz und Unterstützung, Entschädigung und Nichtbestrafung gemäß EU-Recht.

Die geringe Zahl der Verurteilungen und Strafverfolgungen zusammen mit der Zahl der EU-Opfer legt nahe, dass die Identifizierung von Opfern, Ermittlungen, Strafverfolgungen, die Datenerhebung und die Verbesserung der Datenerfassung und -registrierung sowie die grenzübergreifende Zusammenarbeit und die Sensibilisierung weiter verstärkt werden müssen.

Die Kommission hat bereits verschiedenste Schritte unternommen, um den Menschenhandel zu bekämpfen, viele konkrete Maßnahmen der Mitteilung von 2017 umgesetzt und wird weiterhin auf jede nur mögliche Art und Weise Hilfestellung leisten, u. a. durch finanzielle Unterstützung der Entwicklung politischer und operativer Maßnahmen zur Ausmerzung des Menschenhandels.

(1)

     COM(2012) 286.

(2)

     COM(2017) 728.

(3)

     Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011).

(4)

      https://ec.europa.eu/anti-trafficking/eu-anti-trafficking-coordinator_en

(5)

   Gemäß Artikel 19 der Richtlinie 2011/36/EU haben die nationalen Berichterstatter oder gleichwertigen Mechanismen unter anderem die Aufgabe, „die Entwicklungen beim Menschenhandel zu bewerten, die Ergebnisse der Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels zu messen, wozu auch die Sammlung statistischer Daten in enger Zusammenarbeit mit einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft, die auf diesem Gebiet tätig sind, gehört, und Bericht zu erstatten“. Artikel 20 der Richtlinie 2011/36/EU sieht ferner vor, dass „die Mitgliedstaaten dem Koordinator für die Bekämpfung des Menschenhandels die Informationen nach Artikel 19 [übermitteln], anhand derer der Koordinator zu einer Berichterstattung über die Fortschritte bei der Bekämpfung des Menschenhandels beiträgt, welche die Kommission alle zwei Jahre durchführt“.

(6)

https://ec.europa.eu/anti-trafficking/media-outreach-els/eu-civil-society-e-platform_en

(7)

     Richtlinie 2004/81/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die Opfer des Menschenhandels sind oder denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung geleistet wurde und die mit den zuständigen Behörden kooperieren (ABl. L 261 vom 6.8.2004).

(8)

     Weitere Einzelheiten können der begleitenden Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen entnommen werden sowie der verlinkten Datenanalyse-Studie, die aktualisierte Statistiken und methodische Angaben enthält.

(9)

     COM(2016) 267.

(10)

https://frontex.europa.eu/assets/Publications/Risk_Analysis/Risk_Analysis/Risk_Analysis_for_2018.pdf

(11)

     Europol, Lagebericht „Trafficking in Human Beings in the EU“, Februar 2016.

(12)

      Europol, Lagebericht „Criminal networks involved in the Trafficking and Exploitation of Underage Victims in the European Union“, 2018 .

(13)

     https://www.europol.europa.eu/activities-services/main-reports/european-union-serious-and-organised-crime-threat-assessment-2017

(14)

     https://www.europol.europa.eu/activities-services/main-reports/european-union-serious-and-organised-crime-threat-assessment-2017

(15)

      https://frontex.europa.eu/assets/Publications/Risk_Analysis/Risk_Analysis/Risk_Analysis_for_2018.pdf  

(16)

COM(2016) 719.

http://ec.europa.eu/anti-trafficking/sites/antitrafficking/files/report_on_impact_of_national_legislation_related_to_thb_en.pdf

(17)

     Eurojust, Umsetzung des Eurojust-Aktionsplans zur Bekämpfung des Menschenhandels 2012-2016, 2017.

(18)

     Rechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 18 Absatz 3 der Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels.

(19)

     Im „Umsetzungsbericht“ der Kommission wurde der Schluss gezogen, dass nationale Behörden beträchtliche Anstrengungen unternommen haben, jedoch immer noch deutliches Verbesserungspotenzial besteht, insbesondere was Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen anbelangt. Bericht der Europäischen Kommission zur Bewertung der von den Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Richtlinie 2011/36/EU ergriffenen notwendigen Maßnahmen (gemäß Artikel 23 Absatz 1) (COM(2016) 722 final).

(20)

     COM(2014) 635.

(21)

     Weitere Informationen über die Anwendung dieser Richtlinie können Anhang I der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen entnommen werden.

(22)

Dies wird erreicht durch Interaktionen mit dem EU-Netz von nationalen Berichterstattern oder gleichwertigen Mechanismen; der EU-Plattform der Zivilgesellschaft zur Bekämpfung des Menschenhandels; EU-Institutionen (innerhalb der Europäischen Kommission, mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU) und EU-Agenturen, einschließlich Agenturen der Bereiche Justiz und Inneres, sowie strategischen internationalen Partnern im Rahmen multilateraler Prozesse.

(23)

     Verfügbar unter: https://ec.europa.eu/anti-trafficking/eu-policy/heads-ten-eu-agencies-commit-working-together-against-trafficking-human-beings_en  

(24)

     1) Studie zur Überprüfung der Funktionsweise der nationalen und transnationalen Verweismechanismen der Mitgliedstaaten, 2) Studie zu den wirtschaftlichen, sozialen und menschlichen Kosten des Menschenhandels und 3) Studie zu den Auswirkungen des EU-Ansatzes für die Bekämpfung des Menschenhandels zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung. Ausschreibung verfügbar unter:     https://etendering.ted.europa.eu/cft/cft-display.html?cftId=3932&locale=de https://etendering.ted.europa.eu/cft/cft-display.html?cftId=3932&locale=de

(25)

      https://ec.europa.eu/anti-trafficking/sites/antitrafficking/files/study_on_comprehensive_policy_review.pdf

(26)

https://publications.europa.eu/de/web/general-publications/eu_budget_for_the_future und https://ec.europa.eu/commission/publications/factsheets-long-term-budget-proposals_de