Brüssel, den 8.11.2017

COM(2017) 631 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

gemäß Artikel 58 der Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere

{SWD(2017) 353 final}


BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS-UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

gemäß Artikel 58 der Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere

1. Einleitung

2010 hat die EU die Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (im Folgenden „die Richtlinie“) zur Aktualisierung und Ersetzung der Rechtsvorschriften von 1986 angenommen. Jede Verwendung von lebenden Tieren zum Zwecke der Forschung oder Bildung und alle Tests müssen im Einklang mit dieser Richtlinie durchgeführt werden. Dieser Bericht wurde gemäß Artikel 58 der Richtlinie erstellt, nach dem bis zum 10. November 2017 eine Überprüfung der Richtlinie durchzuführen ist.

1.1    Politische Ziele und Zweck

Die Richtlinie verfolgt drei wesentliche Ziele:

·Gewährleistung des effizienten Funktionierens des EU-Binnenmarktes und Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovation der europäischen Forschungsindustrie durch Schaffung gleicher Bedingungen;

·Gewährleistung hoher Standards für das Wohlergehen von Tieren, die für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden;

·Verbesserung der Transparenz der Leistung von Forschungseinrichtungen in Bezug auf die Verwendung von Tieren und deren Wohlergehen gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit.

Kritisch für die Verbesserung des Wohlergehens von Tieren ist die effektive Anwendung der folgenden drei Kernaspekte: Vermeidung, Verminderung und Verbesserung der Verwendung und Pflege von Tieren für wissenschaftliche Zwecke.

In der Richtlinie werden Anforderungen in Bezug auf folgende Punkte festgelegt:

·Vermeidung und Verminderung der Verwendung von Tieren in Verfahren und Verbesserung der Bedingungen für die Zucht, Unterbringung, Pflege und Verwendung dieser Tiere in Verfahren;

·Herkunft, Zucht und Kennzeichnung der Tiere;

·Arbeitsweise von Züchtern, Lieferanten und Verwendern;

·Bewertung und Genehmigung von Projekten, die die Verwendung von Tieren in Verfahren beinhalten.

1.2 Umfang und Zeitpunkt des Überprüfungsberichts

Mit dieser Überprüfung soll untersucht werden, wie gut die Ziele der Richtlinie erreicht wurden und ob sie für den Zweck geeignet ist oder ob sie angesichts der neuesten wissenschaftlichen und ethischen Entwicklungen aktualisiert werden muss. Bei der Überprüfung werden Fortschritte bei der Entwicklung tierfreier Alternativen, insbesondere solcher, mit denen die Verwendung nichtmenschlicher Primaten vermieden wird, berücksichtigt. Wie in Artikel 10 gefordert, umfasst sie Schlussfolgerungen einer Machbarkeitsstudie über den Fortschritt hin zur Verwendung von nichtmenschlichen Primaten der zweiten oder einer späteren Generation.

Die Richtlinie trat am 1. Januar 2013 in Kraft, die letzte einzelstaatliche Rechtsvorschrift wurde jedoch erst 2015 angenommen. Außerdem traten die gemeinsamen Standards für die Unterbringung und Pflege der Tiere erst im Januar 2017 in Kraft. Zum Zeitpunkt der Überprüfung waren die Konformitätsprüfungen der Kommission noch nicht abgeschlossen, außerdem gab es eine Reihe laufender Ermittlungen und Vertragsverletzungsverfahren, die möglicherweise zu Änderungen an einigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften führen werden.

Sachinformationen zur praktischen Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten sind nicht vor 2018 fällig. Einzelstaatliche statistische Angaben wurden erstmalig im Jahr 2015 veröffentlicht, Trends über die Verwendung von Tieren in der EU werden jedoch nicht vor 2019 erkennbar sein. Informationen über rückblickende Bewertungen von Projekten werden ab 2019 verfügbar sein. Daher wird eine vollständige REFIT-Bewertung der Richtlinie nach 2019 durchgeführt werden, wenn mehr Informationen vorliegen und ausreichend Zeit nach der Umsetzung der Richtlinie vergangen ist, um Änderungen der Praktiken in Bezug auf das Wohlergehen und der Verwendung untersuchen zu können.

Aus all diesen Gründen ist das rechtlich festgelegte Erstellungsdatum für diese Überprüfung recht früh. Der Bericht kann daher nur vorläufige Hinweise zum Fortschritt, zu den Problembereichen und zur bewährten Praxis liefern.

Die Konsultationsmethoden, die analysierten Ergebnisse und Empfehlungen zur Verbesserung der Umsetzung und Anwendung der Richtlinie sind im begleitenden Arbeitspapier (SWD) 1 zu finden.

3. Festgestellte Eckpunkte

Der Rahmen der Richtlinie gilt im Allgemeinen als solide Basis für die Regelung der Verwendung von Tieren für wissenschaftliche Zwecke.

Vorläufig kann festgestellt werden, dass die Auswirkungen der Richtlinie in den Mitgliedstaaten variieren. Dies wird größtenteils von den vor der Richtlinie geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften beeinflusst. Bei Mitgliedstaaten mit bestehenden ausgereiften Projektbeurteilungs- und Genehmigungsverfahren, erforderte die Umsetzung der Richtlinie in nationale Rechtsvorschriften relativ wenige Anpassungen. Für Mitgliedstaaten ohne frühere Anforderungen oder formale Strukturen für die Projektbeurteilung stellte die Umsetzung jedoch eine größere Herausforderung dar.

Dennoch gibt es vorläufige Hinweise darauf, dass die Umsetzung der Richtlinie einige der erwarteten Änderungen und Ergebnisse liefern wird. Interessenvertreter betrachten beispielsweise die Einrichtung von Tierschutzgremien als effektive Anforderung, die bereits positiv zur Verbesserung der Verwendung von Tieren und der Pflegepraktiken beiträgt. Zu den weiteren genannten positiven Auswirkungen gehören höhere Standards bei Pflege, Unterbringung und Forschungspraktiken, ein stärkeres Bewusstsein in Bezug auf die drei Kernaspekte, die Förderung einer Fürsorgekultur, wachsende Anerkennung innerhalb der Forschungsgemeinschaft, dass das Wohlergehen der Tiere mit guter wissenschaftlicher Arbeit verbunden ist, und höhere Transparenz.

Zu den von Interessenvertretern genannten Bereichen, die größere Aufmerksamkeit und mehr Fortschritt erfordern, gehören die Effizienz und Kohärenz der Projektbeurteilungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Zugang zu und die Qualität und Transparenz von Informationen über die Verwendung von Tieren.

Die nachfolgenden Bereiche beschreiben die wichtigsten Feststellungen im Hinblick auf die drei wichtigsten Ziele der Richtlinie.

Bereich 1 – Harmonisierung der Rechtsvorschriften in der EU

Etwa ein Drittel der antwortenden Verwender waren der Auffassung, dass die Harmonisierung einiger wichtiger Aspekte mit der Richtlinie begonnen habe und bereits einheitlichere Bedingungen geschaffen worden seien, insbesondere im Hinblick auf die Harmonisierung der Praktiken in Bezug auf die Pflege und Unterbringung der Tiere.

In einigen Mitgliedstaaten führten die Anforderungen an die Projektbeurteilung und -genehmigung jedoch zu Bedenken hinsichtlich zusätzlicher Bürokratie, Kosten und Verzögerungen. Im Gegensatz zu Verordnungen werden in EU-Richtlinien keine Arbeitsabläufe festgelegt. Es wurden Bedenken geäußert, dass die unterschiedlichen Strukturen und Finanzierungen, insbesondere in Bezug auf die Projektbeurteilung und -genehmigung, das Erreichen der Harmonisierungsziele behindern könnten.

Projektbeurteilung und -genehmigung

Kohärenz und Effizienz in Projektbeurteilungs- und Genehmigungsverfahren und den Ergebnissen in und zwischen den Mitgliedstaaten sind wesentlich für das Erreichen gleicher Bedingungen für die wissenschaftliche Gemeinschaft, neben dem gewünschten Wohlergehen und wissenschaftlichen Vorteilen. In vielen Mitgliedstaaten gab es bereits vor der Richtlinie ähnliche Verfahren, so dass keine großen Veränderungen oder Verbesserungen festgestellt wurden. Viele Wissenschaftler haben jedoch immer noch keine Projektanwendung nach dem neuen System eingereicht und verwenden immer noch Genehmigungen, die gemäß den früheren Rechtsvorschriften erteilt wurden. Übergangsmaßnahmen für bestehende Genehmigungen laufen bis Januar 2018.

Die Mitgliedstaaten entwickelten unterschiedliche Strukturen, um die Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen. In einigen kümmern sich einzelne nationale Behörden um alle Anwendungen im Land. In anderen gibt es regionale Ausschüsse, oder Ausschüsse in Einrichtungen von Verwendern, die häufig in die Tierschutzgremien integriert sind.

Trotz der unterschiedlichen Strukturen bewerteten etwa die Hälfte der Verwender die Projektbeurteilungs- und Genehmigungsverfahren als effektiv und effizient. Einige Interessenvertreter äußerten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen dieser unterschiedlichen Strukturen, insbesondere im Hinblick auf das Erreichen von Objektivität und Verhältnismäßigkeit. Einige Verwender gaben an, dass sie frustriert und verwirrt seien angesichts der mit der Projektanwendung verbundenen Bürokratie und Doppelungen in einigen Mitgliedstaaten.

Außerdem wurden folgende Probleme angesprochen:

·inkohärente Ansätze in den Mitgliedstaaten, wie Projekte unterschiedlicher Größe, Art und Komplexität eingeteilt und gehandhabt werden;

·Verzögerungen bei der Mitteilung von Genehmigungsentscheidungen über die Fristen von 40 oder 55 Tagen hinaus, trotz Gebühren für die Projektanwendung in einigen Mitgliedstaaten;

·zusätzliche Bürokratie aufgrund von Informationspflichten, die über die in der Richtlinie verlangten Informationspflichten für die Schaden-Nutzen-Untersuchungen hinausgehen;

·notwendige höhere Effizienz bei der Handhabung von Änderungen an genehmigten Projekten;

·begrenzter Fortschritt bei der Umsetzung und Anwendung mehrerer gleichartiger Projekte und des vereinfachten Verwaltungsverfahren.

Der Leitfaden der EU 2 zur Projektbeurteilung zur Unterstützung dieser Verfahren wurde von den meisten Mitgliedstaaten gut verteilt.

Eine der wichtigsten Aufgaben des nationalen Ausschusses ist es, einen harmonisierten Ansatz für die Projektbeurteilung sicherzustellen. Weniger als 25 % der Verwender waren der Auffassung, dass der nationale Ausschuss effektiv einen kohärenten Ansatz gefördert habe, was teilweise darauf zurückzuführen ist, dass viele Ausschüsse immer noch nicht gut eingerichtet sind.

Anwendungsbereich der Richtlinie

Der Anwendungsbereich der Richtlinie wurde auf folgende Punkte erweitert:

·neue Arten und Lebensformen (z. B. Kopffüßler, Föten);

·Verwendung von Tieren in der Grundlagenforschung sowie in der allgemeinen und beruflichen Bildung;

·Verwendung von Tieren in der Routineproduktion.

Viele Mitgliedstaaten haben einige oder all diese Punkte bereits in ihren bisherigen Rechtsvorschriften abgedeckt. Abgesehen von einigen Fällen mit höherem Verwaltungsaufwand wurden im Hinblick auf den Anwendungsbereich keine größeren Probleme genannt.

Allgemeine und berufliche Bildung

Eines der Ziele der Richtlinie ist die Freizügigkeit des Personals in diesem Sektor. Die allgemeine und berufliche Bildung bleibt jedoch im Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten. Nach Ansicht der meisten Verwender wurde die Sicherstellung und der Erhalt der Personalkompetenzen zufriedenstellend angegangen. Es gab einige unterschiedliche Erwartungen in Bezug auf die Ausbildungsanforderungen zwischen den Mitgliedstaaten, daher ist in manchen Fällen immer noch eine Doppelqualifizierung erforderlich. Um die Schaffung eines harmonisierteren Ansatzes zu erleichtern, entwickelte die Kommission einen europäischen Orientierungsrahmen 3 für die allgemeine und berufliche Bildung und eine Plattform für allgemeine und berufliche Bildung im Bereich Versuchstierkunde (ETPLAS).

Harmonisierung der Standards für das Wohlergehen der Tiere

Viele Interessenvertreter gaben an, dass mit der Richtlinie begonnen wurde, die Standards für die Pflege und Unterbringung der Tiere zu harmonisieren. Die Kosten für die Einhaltung der neuen Standards, die in der Ex-ante-Folgenabschätzung als mögliches Problem angeführt wurden, ließen bisher nur wenige Bedenken aufkommen.

Fehlende Standards für Kopffüßler und bestimmte Fischarten, einschließlich geeigneter Tötungsmethoden (Kopffüßler) wurden als Versäumnisse angeführt.

Die Absicht in Artikel 2, gleiche Bedingungen zu schaffen, wurde von manchen Interessenvertretern als mögliches Hemmnis für die Verbesserung der Standards für das Wohlergehen der Tiere angesehen. Die Richtlinie ermöglicht jedoch die technische Anpassung an den Fortschritt durch übertragene Befugnisse und stellt sicher, dass jede festgestellte Verbesserung der Standards für das Wohlergehen der Tiere, wenn sie gut begründet wird, europaweit angenommen und angewendet werden kann.

Bereich 2 – Wohlergehen der Tiere und die drei Kernaspekte; Anwendung und Entwicklung von alternativen Ansätzen

Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlergehens der Tiere und die Anwendung der drei Kernaspekte bilden den Kern der Richtlinie. Die Vorteile höherer Standards für das Wohlergehen der Tiere für die Qualität der Forschung sind weitgehend anerkannt.

Es gibt bereits erhebliche positive Anzeichen für diese Vorteile, insbesondere das höhere Bewusstsein für die Bedürfnisse des Wohlergehens der Tiere in Einrichtungen, wobei die Tierschutzgremien hierbei eine wichtige Rolle spielen. Sowohl Verwender als auch andere Interessenvertreter berichteten über Vorteile. Mehr als die Hälfte der Verwender waren der Auffassung, dass das Wohlergehen der Tiere durch die Anwendung neuer Unterbringungs- und Pflegepraktiken verbessert worden sei, z. B. durch Ausgestaltung und besser geschultes und kompetentes Pflegepersonal.

Die Verantwortung dafür, dass alternative Ansätze angewendet werden, liegt bei den Forschern und dem Pflegepersonal, die von den Tierschutzgremien und dem benannten Tierarzt sowie den Verantwortlichen für die Projektbeurteilung unterstützt werden. Fast die Hälfte der Verwender stimmte zu, dass die Projektbeurteilung die Umsetzung der drei Kernaspekte und das Wohlergehen der Tiere verbessert haben. Die Meinungen gingen jedoch bei den Interessenvertretern auseinander und hingen davon ab, ob bereits vor der Richtlinie Maßnahmen vorhanden waren.

Wichtige Elemente sind die Bereitstellung einer geeigneten allgemeinen und beruflichen Bildung, die Rolle und Aufgaben der Tierschutzgremien und die verfügbaren Instrumente zum Erhalt von aktuellen und relevanten Informationen zu den drei Kernaspekten. Für den Erhalt der Standards für das Wohlergehen der Tiere sind Inspektionen sehr wichtig.

Im Überprüfungsbericht wird der Fortschritt in Bezug auf Alternativen berücksichtigt, es wird jedoch nicht beabsichtigt, die Entwicklung, Bewertung oder Annahme von alternativen Ansätzen zu messen. Es wird beurteilt, ob die Maßnahmen in der Richtlinie für die Zwecke geeignet sind. Angesichts der frühen Phase der Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie in Bezug auf die Entwicklung und Beurteilung alternativer Ansätze, ist für die Bewertung mehr Zeit erforderlich.

Tierschutzgremien

Die Richtlinie verlangt, dass jede Einrichtung über ein Tierschutzgremium verfügt, das vor allem die tägliche Einhaltung der drei Kernaspekte erleichtern soll. Im Allgemeinen wurde diese Anforderung von den Mitgliedstaaten, den Verwendern und Organisationen der Interessenvertreter begrüßt. Die Interaktionen zwischen Wissenschaftlern, Pflegepersonal und Tierärzten wurden sehr positiv angesehen und das Tierschutzgremium wird als Förderer einer guten Pflegekultur anerkannt. Die Einbeziehung eines benannten Tierarztes und das Fachwissen über die Versuchsgestaltung sind von besonderem Wert.

In einigen Mitgliedstaaten geben jedoch einige Verwender an, dass die Rolle des Tierschutzgremiums in Bezug auf seine Beteiligung an der vorläufigen Projektbeurteilung unklar sei. Da sich die Aufgaben des Tierschutzgremiums und der Projektbeurteilung unterscheiden, ist es wichtig, dass die spezifischen Anforderungen klar sind und dass die Kompetenzen für diese unterschiedlichen Verfahren geeignet sind. In solchen Fällen ist es entscheidend, dass alle Kernaufgaben, wie von der Richtlinie gefordert, angegangen werden.

Nationale Ausschüsse

Die nationalen Ausschüsse sollten einen kohärenten Ansatz für die Projektbeurteilung erleichtern, das Wohlergehen der Tiere fördern und bewährte Praktiken innerhalb der Mitgliedstaaten und auf europäischer Ebene austauschen. Da eine Reihe von nationalen Ausschüssen noch nicht vollständig eingerichtet wurden, werden die Erwartungen insgesamt noch nicht erfüllt. Einige Ausschüsse sind jedoch bereits aktiv und entwickeln Leitfäden, Netzwerke und tauschen bewährte Praktiken aus.

Allgemeine und berufliche Bildung und die Forderung nach benannten verantwortlichen Personen

In den Mitgliedstaaten, in denen es zuvor keine formellen qualitativ hochwertigen allgemeinen und beruflichen Bildungsprogramme gab, werden dank der Erfüllung der Anforderungen der Richtlinie erhebliche Vorteile verzeichnet – einschließlich der Benennung einer Person, die formal für die Beaufsichtigung von Bildung und Kompetenzen verantwortlich ist. Zu den Vorteilen zählen die Verbesserung des Wohlergehens der Tiere, bessere Erkennung von Schmerzen, Ängsten und Leiden und ein besseres Verständnis des Verhaltens und der Bedürfnisse der Tiere. Zwischen den Mitgliedstaaten bestehen jedoch weiterhin erhebliche Unterschiede in Bezug auf die erforderliche berufliche Bildung, um Tierversuche durchführen zu können.

Viele Verwender kennen den Leitfaden der EU in Bezug auf die Aus- und Fortbildung 4 und andere Leitfäden von Mitgliedstaaten oder nationalen Ausschüssen noch nicht, so dass eindeutig Raum für eine verbesserte Kommunikation in diesem Bereich besteht. Es scheint außerdem einige Probleme bei der Anerkennung und Umsetzung der Rolle einer Person, die für die Bereitstellung von artspezifischen Informationen verantwortlich ist, zu geben, insbesondere hinsichtlich ihrer Rolle beim Zugang zu Informationen in Bezug auf die drei Kernaspekte in den entsprechenden Wissenschaftsbereichen. Zusätzliche Leitlinien zu dieser Rolle wären von Vorteil. Die Forderung nach einem benannten Tierarzt wurde begrüßt und trug zu besseren Praktiken in den Bereichen Chirurgie, Narkose, Schmerzmittel und Euthanasie bei.

Inspektionen durch die Mitgliedstaaten

Quantitative Daten über Inspektionen werden nicht vor Ende 2018 von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden. Ein paar Interessenvertreter erklärten in ihren Antworten jedoch, dass die überarbeiteten Inspektionsanforderungen helfen, die Einstellung von Wissenschaftlern und Technikern zu verändern und zur Verbesserung des Wohlergehens der Tiere und des Bewusstseins in Bezug auf die drei Kernaspekte führen. Dazu gehören die Verbesserung der Versuchsprotokolle, eine bessere Überwachung der Tiere und Schweregradprüfungen, eine verbesserte Ausgestaltung des Lebensumfelds und Gesundheitsuntersuchungen.

Anwendung vorhandener Alternativen

Der Begriff „Alternativen“ im Zusammenhang mit der Richtlinie umfasst alle Instrumente oder Strategien zur Umsetzung der drei Kernaspekte, nämlich:

·Erreichung der notwendigen Informationen ohne die Verwendung lebender Tiere;

·Verwendung von weniger Tieren zum Erreichen des gleichen Umfangs an Informationen;

·Verbesserung der Durchführung von Verfahren, so dass die Tiere weniger Schmerzen und Ängste haben, weniger leiden müssen und ihr Wohlergehen verbessert wird.

Tiere dürfen nur verwendet werden, wenn es keine nichttierischen Alternativen zum Erreichen des wissenschaftlichen Ziels gibt. Zu diesem Zeitpunkt der Umsetzung der Richtlinie ist es noch zu früh, um die Auswirkungen auf die Förderung und Annahme von Alternativen zu untersuchen. Dennoch berichteten Interessenvertreter von einigen positiven Entwicklungen:

·den bedeutenden Einfluss von Tierschutzgremien, Projektbeurteilern und zuständigen Behörden für die Infragestellung der Notwendigkeit der vorgeschlagenen Verwendung von Tieren;

·die Bedeutung von Inspektionsprogrammen zur Überprüfung der Einhaltung der drei Kernaspekte und die ständige Anwendung neuer Alternativen während der gesamten Projektlebensdauer;

·die formale Einrichtung des Referenzlabors der Europäischen Union für alternative Methoden zu Tierversuchen (EURL ECVAM), das eine wertvolle Rolle bei der Koordinierung der Bewertung alternativer Ansätze sowie bei der Verwaltung von Datenbanken mit Informationen über Alternativen übernimmt.

In den Antworten finden sich jedoch vier entscheidende Probleme, die eine schnellere Annahme von Alternativen verhindern: Kenntnislücken; unzureichende Kommunikation bzw. mangelnder Austausch von Informationen; Akzeptanz und Kosten. Organisationen wiesen auf eine unzureichende Ausbildung in diesem Bereich und mangelnde Forschung nach Alternativen hin. Einige Tierschutzgremien haben noch keine geeigneten Informationsstrategien für Alternativen entwickelt.

Verwender gaben an, dass für Studien an einigen biologischen Aspekten weiterhin In-vivo-Versuche notwendig seien und alternative Methoden in naher Zukunft wahrscheinlich nicht verfügbar sein werden. Viele Interessenvertreter waren jedoch der Auffassung, dass viele Tiere für Bildungszwecke ausgetauscht werden können, da es zahlreiche Alternativen gebe, diese aber nicht immer angewendet werden. Eine weitere Unterteilung der Bildungszwecke in den Statistiken wäre hilfreich.

Entwicklung und Beurteilung neuer Alternativen

Tierschutzorganisationen verliehen ihrer Enttäuschung über den langsamen Fortschritt der Beurteilung und Annahme neuer alternativer Methoden Ausdruck. Die Verfahren zur Beurteilung und rechtlichen Anerkennung variieren zwischen den verschiedenen Regelungsbereichen, die nicht direkt von der Richtlinie geregelt werden. Dennoch gibt es Anzeichen für mehr Investitionen und Aktivitäten in diesem Bereich. Die Richtlinie trägt durch Verpflichtungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zu diesen Zielen bei.

Für die Beurteilung wurden von den Mitgliedstaaten Laboratorien benannt, die die Validierungsstudien durchführen (Europäisches Netzwerk der Laboratorien für die Validierung von Alternativmethoden zum Tierversuch, EU-NETVAL). Einige Mitgliedstaaten stellen Fonds für die Arbeiten bereit, aber es muss noch mehr getan werden. Für regulatorische Informationen haben die Mitgliedstaaten einzelne Kontaktstellen benannt, die über die regulatorische Relevanz und die Eignung neuer alternativer Ansätze, die zur Validierung vorgeschlagen werden, beraten (PAPERE-Netzwerk, Preliminary Assessment of Regulatory Relevance), um die Beurteilung und Annahme im regulatorischen Bereich zu beschleunigen.

Viele Mitgliedstaaten haben ihre Aktivitäten zur Förderung von Alternativen erhöht, z. B. durch Erhöhung von Forschungsgeldern, freiwillige Einrichtung von Zentren für die drei Kernaspekte, Unterstützung von Bildungsveranstaltungen und andere Bemühungen zur Verbreitung von Informationen. Die Hälfte der Mitgliedstaaten hat freiwillige Berichte über die unternommenen Aktionen für die Entwicklung, Beurteilung und Förderung alternativer Methoden übermittelt 5 .

Die Zuständigkeit des EURL ECVAM wurde auf die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung erweitert. Verwender forderten, dass das EURL ECVAM seine Aktivitäten weiter von hauptsächlich regulatorischer Toxikologie auf andere Wissenschaftsbereiche ausdehnt. Der Bericht des EURL ECVAM 6 beschreibt die aktuellen Strukturen und Fortschritte zur Unterstützung der Entwicklung, Beurteilung, rechtlichen Einführung und Förderung von Alternativen.

Bereich 3 – Verbesserte Transparenz

Mit der Richtlinie werden Elemente zur Verbesserung der Transparenz eingeführt, insbesondere Anforderungen an nichttechnische Projektzusammenfassungen, Projektbeurteilungsverfahren und statistische Angaben.

Die meisten Mitgliedstaaten, Verwender und wissenschaftliche Interessenvertreter waren der Auffassung, dass die Anforderungen für die Veröffentlichung nichttechnischer Projektzusammenfassungen und überarbeiteter jährlicher statistischer Daten zur Verbesserung der Transparenz beitragen, obwohl sich die gesamten Auswirkungen noch zeigen müssen. Eine bedeutende Zahl an Tierschutzorganisationen erklärten jedoch Vorbehalte gegenüber den bisherigen Auswirkungen der Richtlinie in Bezug auf die Verbesserung der Transparenz. Dies ist teilweise auf die frühe Phase der Umsetzung der Richtlinie zum Zeitpunkt der Überprüfung zurückzuführen.

Nichttechnische Projektzusammenfassungen

Nichttechnische Projektzusammenfassungen müssen Informationen über die Ziele und Nutzen des Projekts, die Anzahl und Arten der verwendeten Tiere, den erwarteten Schaden für die Tiere sowie die Ergebnisse der angewandten Verfahren und die Einhaltung der drei Kernaspekte enthalten. Die meisten Mitgliedstaaten gaben an, dass die Veröffentlichung der Zusammenfassungen zur Verbesserung der Transparenz beitrage, obwohl einige Vorbehalte von Tierschutzgruppen vorgebracht wurden, die auf erhebliche qualitative Unterschiede und fehlende angemessene Ausgewogenheit hinwiesen, z. B. durch zu viel Gewicht auf Generika, teils unrealistische Vorteile und unzureichende Informationen über Schäden.

Projektbeurteilung

Nur wenige Mitgliedstaaten haben bisher ihre Projektbeurteilungsverfahren veröffentlicht. Es wird erwartet, dass die Informationen der Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des Umsetzungsberichts der Kommission 2019 zur Verfügung stehen.

Statistische Angaben

Die Mitgliedstaaten haben statistische Daten über die Verwendung von Tieren für wissenschaftliche Zwecke erstmals im Jahr 2015 veröffentlicht; nur wenige taten dies jedoch mit der im Durchführungsbeschluss der Kommission 2012/707/EU geforderten Genauigkeit.

Es ist noch zu früh, um die Auswirkungen der neuen Berichtspflichten auf die Verbesserung der Transparenz zu bestimmen, jedoch wurden zum ersten Mal Angaben unter anderem über den genetischen Status der Tiere, den tatsächlich erlittenen Schweregrad und die Herkunft und Arten nichtmenschlicher Primaten bereitgestellt.

Bereich 4 – Ergebnisse der Machbarkeitsstudie über den Fortschritt hin zur Verwendung von nichtmenschlichen Primaten der zweiten oder einer späteren für diese Zwecke gezüchteten Generation

Um das Einfangen von wildlebenden nichtmenschlichen Primaten sowohl zu wissenschaftlichen Zwecken als auch zu Zuchtzwecken zu beenden, wird in der Richtlinie, nach einer angemessenen Übergangsfrist, nur die Verwendung von nichtmenschlichen Primaten, die Nachkommen eines Tieres sind, das in Gefangenschaft gezüchtet wurde (F2/F2+), oder die aus sich selbst erhaltenden Kolonien bezogen werden 7 , erlaubt. Unter sich selbst erhaltenden Kolonien sind solche zu verstehen, die, sobald sie einmal geschlossen sind, nicht mehr geöffnet werden können. Von den Absichten der Gesetzgeber ist auch abzuleiten, dass „andere Kolonien“, aus denen Tiere bezogen werden können, ebenfalls sich selbst erhaltende in Gefangenschaft gezüchtete Kolonien sein müssen, und keine in freier Wildbahn gefangenen Tiere als Zuchttiere verwendet werden dürfen.

Die aktuelle Frist in Anhang II der Richtlinie ist auf November 2022 festgelegt, mit Ausnahme von Seidenäffchen, die bereits seit Januar 2013 aus F2/F2+ sein müssen. Artikel 10 verlangt eine Machbarkeitsstudie zur Beurteilung der Angemessenheit der Fristen in Anhang II und gegebenenfalls die Einreichung von Änderungsvorschlägen. Die wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Machbarkeitsstudie sind nachfolgend aufgeführt.

Die meisten Arten, die in der EU verwendet werden, sind bereits in der zweiten bzw. einer späteren Generation (F2/F2+) verfügbar.

Die am meisten betroffene Art ist der Cynomolgus-Makake, bei dem das globale Angebot an Tieren der zweiten bzw. einer späteren Generation (F2/F2+) bereits heute die derzeitige und zukünftige Nachfrage der EU übersteigt. Es sind jedoch weitere fünf Jahre (2017-2022) notwendig, um den Übergang zu schaffen, einschließlich Herpes-B-Virus freier Tiere von Lieferanten in Mauritius, die die wissenschaftliche Nachfrage noch nicht mit Tieren der zweiten bzw. einer späteren Generation (F2/F2+) decken können.

In Anbetracht der derzeitigen und zukünftigen Nachfrage der EU nach relevanten Arten und deren Angebot in der EU und aus Drittländern, die Auswirkungen des Übergangs auf die Wissenschaft, das Wohlergehen der Tiere und die Gesundheit, wird in der Machbarkeitsstudie keine Änderung der in Anhang II der Richtlinie festgelegten Fristen verlangt.

Um jedoch eine genaue Berichterstattung zu erleichtern, die es erlaubt, den Fortschritt der Ziele der Richtlinie zu messen, sollte der Durchführungsbeschluss der Kommission 2012/707/EU so angepasst werden, dass jährlich Informationen über die Züchtung nichtmenschlicher Primaten, auch aus sich selbst erhaltenden Kolonien, vorgelegt werden.

5. Schlussfolgerungen

Der Zeitpunkt dieser Überprüfung in der frühen Phase der Umsetzung der Richtlinie ist für viele Aspekte zu früh, um das Erreichen der politischen Ziele beurteilen zu können. Dennoch wird deutlich, dass die meisten Interessenvertreter, die für diese Überprüfung konsultiert wurden, die Richtlinie als relevant und notwendig zur Schaffung gleicher Bedingungen in der EU und zum Erreichen der Tierschutzziele und -standards ansehen. Daher werden zum jetzigen Zeitpunkt keine Änderungen an der Richtlinie vorgeschlagen. Darüber hinaus wird aufgrund der Schlussfolgerungen des SCHEER 8 -Berichts 9 kein Zeitplan für das Auslaufen der Verwendung von nichtmenschlichen Primaten vorgeschlagen; die Europäische Kommission wird jedoch regelmäßige Aktualisierungen der SCHEER-Stellungnahmen verlangen, um den Fortschritt eng zu überwachen.

Auf der Grundlage der Machbarkeitsstudie gemäß Artikel 10 besteht kein Grund für die Verlängerung der Übergangsfrist in Anhang II für die Verwendung von für die Zwecke gezüchteten nichtmenschlichen Primaten der zweiten oder einer späteren Generation. Die Berichtskategorien des Durchführungsbeschlusses 2012/707/EU der Kommission werden jedoch geändert, um unter anderem die systematische Meldung der Generation der verwendeten nichtmenschlichen Primaten, einschließlich deren Bezug aus sich selbst erhaltenden Kolonien, zu verlangen.

Und schließlich wird Anhang III über die Pflege und Unterbringung geändert werden müssen, sobald ausreichend wissenschaftliche Belege verfügbar sind, um die Standards für Kopffüßler einzubinden und mehr Details zu einigen Gruppen von Arten bereitzustellen. Anhang IV sollte geändert werden, um angemessene Tötungsmethoden für Kopffüßler bereitzustellen und bestehende Verfahren gegebenenfalls auf der Grundlage von jährlichen Berichten der Mitgliedstaaten an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse anzupassen.

   

(1)

SWD(2017) 353

(2)

  http://ec.europa.eu/environment/chemicals/lab_animals/pdf/guidance/project_evaluation/de.pdf  

(3)

  http://ec.europa.eu/environment/chemicals/lab_animals/pdf/guidance/education_training/de.pdf  

(4)

  http://ec.europa.eu/environment/chemicals/lab_animals/pdf/guidance/education_training/de.pdf  

(5)

  http://ec.europa.eu/environment/chemicals/lab_animals/3r/advance_en.htm

(6)

Anhang II des Arbeitspapiers SWD(2017) 353

(7)

Artikel 10 der Richtlinie 2010/63/EU: … „Für die Zwecke dieses Artikels bezeichnet der Begriff „sich selbst erhaltende Kolonie“ eine Kolonie, in der Tiere nur innerhalb der Kolonie gezüchtet oder von anderen Kolonien bezogen, nicht aber in freier Wildbahn eingefangen werden und in der die Tiere in einer Weise gehalten werden, durch die sichergestellt wird, dass sie an Menschen gewöhnt sind.“ ...

(8)

Wissenschaftlicher Ausschuss „Gesundheitsrisiken, Umweltrisiken und neu auftretende Risiken“

(9)

https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/scientific_committees/scheer/docs/scheer_o_004.pdf