Brüssel, den 18.10.2017

COM(2017) 612 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Aktionsplan für einen besseren Schutz des öffentlichen Raums


I.    EINFÜHRUNG    

Der öffentliche Raum war in letzter Zeit wiederholt Ziel von Terroranschlägen, wobei sich die Täter die inhärenten Schwachstellen der sogenannten „weichen Ziele“ zunutze machten, die sich aufgrund von deren Offenheit und ihres öffentlichen Charakters ergeben. Dies betraf Fußgängerzonen, Sehenswürdigkeiten, Verkehrsknotenpunkte, Einkaufszentren, Kultstätten, Märkte im Freien, Konzertsäle und Großstadtplätze, wie beispielsweise die Anschläge in Barcelona, Berlin, Brüssel, London, Manchester, Nizza und Stockholm gezeigt haben. Europa wurde nicht nur von Anschlägen „hoher Intensität“ getroffen, bei denen sowohl Explosivstoffe als auch Feuerwaffen zum Einsatz kamen, sondern auch immer öfter von „Low-Tech“-Anschlägen gegen den öffentlichen Raum, die mit Alltagsgegenständen wie Fahrzeugen für Amokfahrten oder Messer für Stichattacken verübt wurden. Maßgeblich für die Wahl der Ziele ist häufig die Absicht, zahlreiche Todesopfer zu verursachen. Bewertungen der Bedrohungslage durch Europol und das EU-Zentrum für Informationsgewinnung und -analyse (INTCEN) bestätigen diese Ausrichtung bei der Zielauswahl, für die auch in terroristischen Internet-Publikationen offen geworben wird. 1

Der Schutz des öffentlichen Raums stellt die Mitgliedstaaten vor besondere Herausforderungen. Die Gründe hierfür sind die Vielfalt der öffentlichen Orte, die Ziel von Terroranschlägen gewesen sind oder sein könnten, ihre unterschiedliche Beschaffenheit – vollständig öffentlich zugängliche Orte bis hin zu Bereichen mit einer gewissen Form von Schutz –, die vielen verschiedenen am Schutz solcher Stätten beteiligten Akteure, die Gefahr zahlreicher Todesopfer und vor allem der Umstand, dass der Verbesserung der Sicherheit einerseits und der Wahrung der Offenheit des öffentlichen Raums andererseits in ausgewogenem Maße Rechnung getragen werden muss, damit gewährleistet ist, dass die Bürgerinnen und Bürger weiterhin ihr gewohntes Leben führen können.

Für den Schutz des öffentlichen Raums sind in erster Linie die Mitgliedstaaten verantwortlich, allerdings kann und sollte die EU die entsprechenden Anstrengungen stärker unterstützen. Wie in der Absichtserklärung 2 an das Europäische Parlament und den Ratsvorsitz sowie in dem zugehörigen Fahrplan für eine geeintere, stärkere und demokratischere Union angekündigt, enthält dieser Aktionsplan Maßnahmen, um den Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene Orientierungshilfen und Unterstützung beim Schutz des öffentlichen Raums zu bieten. Der Aktionsplan gehört zu einem umfassenden Maßnahmenpaket zur Terrorismusbekämpfung, das in den kommenden sechszehn Monaten umgesetzt werden soll. 3 Auch wenn sich das Risiko nie gänzlich ausschließen lässt, werden diese operativen Maßnahmen die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, Bedrohungen zu erkennen, die Anfälligkeit öffentlicher Orte zu verringern, die Auswirkungen von Terroranschlägen einzudämmen und die Zusammenarbeit zu verbessern.

Die EU kann den Schutz des öffentlichen Raums auf zwei Arten unterstützen: Erstens kann sie den Austausch bewährter Verfahren grenzübergreifend durch gezielte Finanzierung (Kapitel II) sowie Praktikernetze und Leitfäden (Kapitel III) fördern. Zweitens kann sie eine Vielzahl von Interessenträgern der lokalen Ebene und des Privatsektors in diese Arbeiten einbeziehen (Kapitel IV). Auf der Grundlage eines ganzheitlichen Netzwerk-Konzepts werden mit diesem Aktionsplan eine Reihe von Foren für einen systematischeren und strukturierteren Austausch von Informationen und bewährten Verfahren zum Schutz des öffentlichen Raums ins Leben gerufen. Gegebenenfalls werden sich die Arbeiten zum Schutz des öffentlichen Raums auf Maßnahmen und Erfahrungswerte für Aspekte wie Schutz kritischer Infrastrukturen oder Vorsorge gegenüber Sicherheitsrisiken durch chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen 4 stützen und somit für Synergien zwischen diesen verwandten Bereichen sorgen.

II.    EU-FINANZIERUNG FÜR DEN SCHUTZ DES ÖFFENTLICHEN RAUMS

Die EU-Finanzierung bietet eine weitere Möglichkeit, die Mitgliedstaaten beim Schutz des öffentlichen Raums zu unterstützen, wobei die in anderen Mitgliedstaaten vorhandenen Sachkenntnisse und bewährten Verfahren Berücksichtigung finden und die grenzübergreifende Zusammenarbeit verstärkt wird. Finanziert werden können beispielsweise Maßnahmen zur Förderung und Unterstützung der Entwicklung innovativer Infrastrukturen, die der Absicherung öffentlicher Orte dienen, ohne deren offenen Charakter zu verändern. Zu diesem Zweck stockt die Kommission kurz- und mittelfristig die verfügbaren EU-Finanzmittel auf.

Um den unmittelbaren kurzfristigen Erfordernissen Rechnung zu tragen, nimmt die Kommission nicht nur diesen Aktionsplan an, sondern leitet heute außerdem über den Fonds für die innere Sicherheit (ISF) – Polizei eine Aufforderung zur Einreichung von Projektvorschlägen im Gesamtvolumen von 18,5 Mio. EUR ein. Mit diesen Mitteln werden grenzübergreifende Projekte zur Verbesserung des Schutzes des öffentlichen Raums gefördert.

Mit den EU-Finanzmitteln kann zudem die operative Zusammenarbeit vor Ort unterstützt werden. Zur Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen Ersthelfern nach Terroranschlägen wird die EU im Rahmen dieser Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für Kooperationsprojekte Mittel bereitstellen, um die Koordinierung zwischen Strafverfolgung, Zivilschutz und medizinischen Diensten in der akuten Phase nach einem Anschlag zu verbessern.

Diese kurzfristige Finanzierung wird im Jahr 2018 durch eine Finanzierung im Rahmen der Initiative Innovative Maßnahmen für eine nachhaltige Stadtentwicklung unter dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung ergänzt. Maßnahmen wie die Sicherstellung der physischen Widerstandsfähigkeit von Gebäuden, der physische Schutz von stark frequentierten Orten und die Förderung einer eingebauten Sicherheit („security by design“) kommen für eine Finanzierung in Betracht. Dazu könnten auch Maßnahmen zur Erhöhung und Förderung der öffentlichen Sicherheit durch die Gestaltung des öffentlichen Raums, durch Beleuchtungen und durch Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit im Rahmen von Stadterneuerungsmaßnahmen gehören. Zur Sondierung des Interesses und der etwaigen Ideen der Städte hinsichtlich der Erprobung innovativer Lösungen für sicherheitsbezogene Herausforderungen im öffentlichen Raum hat die Kommission am 15. September 2017 eine Aufforderung zur Interessenbekundung in Bezug auf innovative Maßnahmen für eine nachhaltige Stadtentwicklung lanciert. Die Beiträge werden der Kommission als Grundlage für künftige Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen in diesem Bereich dienen. Darauf aufbauend wird die Kommission im Oktober 2018 im Rahmen der Initiative „Innovative Maßnahmen für eine nachhaltige Stadtentwicklung“ eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen mit einem Gesamtbudget von bis zu 100 Mio. EUR veröffentlichen, wobei ein Schwerpunkt auf der Sicherheitsthematik liegen wird.

Das Bewusstsein der für die Verwaltung dieser Mittel zuständigen Verwaltungsbehörden, lokalen Behörden und Begünstigten für die Anfälligkeit öffentlicher Orte muss geschärft werden. Außerdem müssen die einschlägigen Kenntnisse erweitert und die bewährten Verfahren zur Förderung einer eingebauten Sicherheit stärker verbreitet werden. Die Kommission ersucht die Mitgliedstaaten, Städte und Regionen, den Schutz des öffentlichen Raums besser in Infrastrukturinvestitionen im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und des Kohäsionsfonds zu integrieren.

Die Stadtplanung und -gestaltung kann zum Schutz des öffentlichen Raums beitragen. Mit dem Pakt von Amsterdam, auf den sich 2016 die für städtische Angelegenheiten zuständigen EU-Minister verständigt hatten, wurde die EU-Städteagenda ins Leben gerufen. Hierbei handelt es sich um ein integriertes und koordiniertes Konzept, das der städtischen Dimension der Maßnahmen und Rechtsvorschriften der EU und der Mitgliedstaaten Rechnung tragen soll. 5 Derzeit stehen zwölf Prioritäten auf der Agenda. Im Oktober 2017 wird die Kommission die Thematik der Sicherheit des öffentlichen Raums für eine neue Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten vorschlagen, wobei der Schwerpunkt auf den Aspekten besseres Wissen, bessere Rechtsetzung und bessere Finanzierung liegen wird. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten und lokalen Behörden auf, diese Initiative zu unterstützen.

Da sich die Bedrohung des öffentlichen Raums weiter verändert, müssen wir eingehendere Erkenntnisse über die Tendenzen, Risiken und etwaigen Abhilfemaßnahmen gewinnen. Dazu müssen die diesbezüglichen Forschungsmöglichkeiten stärker genutzt werden. Auf der Grundlage des Siebten Forschungsrahmenprogramms und von Horizont 2020 hat die EU bislang 48 sicherheitsbezogene Forschungsprojekte zum Schutz des öffentlichen Raums im Gesamtvolumen von 195 Mio. EUR finanziert. 6 Viele dieser Projekte zeitigen nun Ergebnisse, die verbreitet werden müssen. Gegebenenfalls müssen im Anschluss an die Projekte Investitionen getätigt werden, um sie in praktische Maßnahmen umzusetzen. Damit die Ergebnisse der Forschung zum Schutz des öffentlichen Raums besser in der Praxis genutzt werden können, wird die Kommission einen Austausch zwischen dem Forum der Praktiker und dem Europäischen Netz technischer Dienste für die Strafverfolgung (ENLETS) sowie mit dem Praktikernetz im Rahmen von Horizont 2020 einleiten.

Es bedarf weiterer Forschung zur Verbesserung der Fähigkeit zur Detektion von Explosivstoffen, Feuerwaffen und anderen Waffen sowie chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Stoffen (CBRN), die in den öffentlichen Raum verbracht werden. Im Zuge der Forschung sollte auch untersucht werden, wie wirksam die unterschiedlichen Abhilfemaßnahmen sind. Außerdem sollten Strategien zur Verringerung der Anfälligkeit öffentlicher Orte und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der verschiedenen potenziellen Ziele festgelegt werden. In dieser Hinsicht kommt der Erprobung maßgebliche Bedeutung zu. Es wird alles Nötige getan, um die Forschungsprojekte im Rahmen von Horizont 2020 auf diese Erfordernisse auszurichten.

Ziel

Maßnahme/Ergebnis

Frist

Unterstützung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zum Schutz des öffentlichen Raums durch kurzfristige Finanzierung

Bereitstellung von 18,5 Mio. EUR im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit (ISF)

Dies wird auch die Finanzierung von Kooperationsprojekten beinhalten, um die Koordinierung zwischen Strafverfolgung, Zivilschutz und medizinischen Diensten in der akuten Phase nach einem Anschlag zu verbessern.

Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen: im Oktober 2017 eingeleitet

Bereitstellung von mehr Strukturmitteln für den Schutz des öffentlichen Raums

Bereitstellung von Finanzmitteln im Rahmen der Initiative Innovative Maßnahmen für eine nachhaltige Stadtentwicklung unter dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung

Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen bis Oktober 2018

III.    PRAKTIKERNETZE UND EU-LEITFÄDEN FÜR DEN SCHUTZ DES ÖFFENTLICHEN RAUMS

Die Erfahrungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Schutz des öffentlichen Raums und ihre diesbezüglichen Konzepte unterscheiden sich voneinander. Die EU kann die Mitgliedstaaten dabei unterstützen, den wachsenden Herausforderungen beim Schutz des öffentlichen Raums zu begegnen, indem sie Foren für den Austausch einschlägigen Fachwissens und bewährter Verfahren einrichtet. Dies sollte auf allen relevanten Ebenen geschehen – auf der politischen Ebene, der Ebene der an der Strafverfolgung Beteiligten und der eher operativen Ebene der spezialisierten Strafverfolgungsstellen, die mit dem Schutz des öffentlichen Raums befasst sind. Wie im Neunten Bericht über die Fortschritte auf dem Weg zu einer wirksamen und nachhaltigen Sicherheitsunion 7 angekündigt und auch in der umfassenden Bewertung der EU-Sicherheitspolitik herausgestellt wurde, basiert dieser Austausch auf der Vernetzung, die einen strukturierteren Austausch bewährter Verfahren im Hinblick auf die Gewinnung von Erkenntnissen aus früheren Anschlägen, die Ausarbeitung von Empfehlungen und die Verbreitung innovativer Lösungen für einen besseren Schutz des öffentlichen Raums ermöglichen soll.

Auf der politischen Ebene hat die Kommission unlängst eine EU-Gruppe für den Schutz „weicher“ Ziele eingesetzt, um die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten zu verstärken. Die Gruppe, in der nationale politische Entscheidungsträger zusammenkommen, wird bewährte Verfahren sammeln, austauschen und verbreiten und die Kommission hinsichtlich weiterer Maßnahmen zum Schutz des öffentlichen Raums beraten. Sie wird die Arbeiten in zwei Foren voranbringen: im Forum der Praktiker und im Forum der Akteure (siehe Kapitel IV).

Im Forum der Praktiker kommen Mitarbeiter von Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Vertreter von Strafverfolgungsnetzen wie AIRPOL 8 , ATLAS 9 , ENLETS 10 und RAILPOL 11 zusammen, um Fachwissen in Bezug auf den Schutz des öffentlichen Raums auszutauschen. Ergänzend hierzu wird ein Sicherheitsnetz für Hochrisikofälle eingerichtet, in dem Vertreter der spezialisierten Strafverfolgungsstellen, die für den Schutz von einem hohen Risiko ausgesetzten öffentlichen Orten verantwortlich sind, zusammenarbeiten werden. Im Rahmen des Netzes soll eine Plattform für gemeinsame Schulungen und gemeinsame Übungen geschaffen werden, mit der die Mitgliedstaaten dabei unterstützt werden sollen, ihre Abwehrbereitschaft gegen Angriffe zu steigern und ihre Fähigkeit, im Falle eines Anschlags zu reagieren, zu verbessern.

Da es sich beim Schutz des öffentlichen Raums um eine globale Herausforderung handelt, ist es wichtig, dass die diesbezüglichen bewährten Praktiken in multilateralen Foren und mit Partnerländern außerhalb der EU ausgetauscht werden. Das Globale Forum „Terrorismusbekämpfung“ (GCTF) hat sich mit dem Schutz des öffentlichen Raums befasst und Handbücher mit bewährten Verfahren ausgearbeitet, um über die bisherigen Erkenntnisse zu informieren. Es bedarf einer intensiveren internationalen Zusammenarbeit, um diese Arbeiten – insbesondere unter Beteiligung von wichtigen Partnern wie den Vereinigten Staaten – voranzubringen. Auch in etablierten Bereichen der Kooperation zwischen der EU und den USA, so bei der Detektion von Explosivstoffen, sollte verstärkt zusammengearbeitet werden.

Im Rahmen der EU-weiten Zusammenarbeit beim Schutz des öffentlichen Raums kann auch ein Mehrwert erzielt werden, indem gemeinsame Orientierungshilfen ausgearbeitet, Geräte getestet, Harmonisierungen von Normen angeregt und bewährte Verfahren ausgetauscht werden. Auf der Grundlage etablierter bewährter Verfahren der Mitgliedstaaten können EU-Leitfäden erstellt werden, die sich mit einer Vielzahl von Aspekten im Zusammenhang mit dem Schutz des öffentlichen Raums befassen: vom physischen Schutz von Gebäuden und Orten über gezielte Empfehlungen für bestimmte Veranstaltungen (Sport- und Kulturveranstaltungen) und Bereiche (landseitige Flughafenbereiche) bis hin zur Unterstützung bei Schwachstellenbeurteilungen und der Verbesserung der Detektions- und Reaktionsfähigkeit. Die EU-Leitfäden können den Mitgliedstaaten zudem Hilfe bei der Sensibilisierung der Öffentlichkeit bieten. Ein stärkeres öffentliches Bewusstsein wird dazu beitragen, dass verdächtige Verhaltensweisen rasch gemeldet werden. Einige Mitgliedstaaten haben wirksame Sensibilisierungsmaßnahmen wie Videos, Faltblätter und Poster entwickelt. Diese bewährten Verfahren sollten mit anderen Mitgliedstaaten ausgetauscht werden.

Daneben gibt es technische Lösungen, die dazu beitragen können, den öffentlichen Raum sicherer zu machen, ohne dass dabei sein offener und öffentlicher Charakter beeinträchtigt wird. „Security by design“ sollte ab einer sehr frühen Phase der Gestaltung öffentlicher Orte als wesentlicher Grundsatz berücksichtigt werden. So könnten Gebäudeeingänge so gestaltet werden, dass das Eindringen von Terroristen erschwert wird (beispielsweise Zonen für Zugangskontrollen zur Risikoeindämmung), und Gebäude könnten in einem gewissen Perimeter vor eindringenden Fahrzeugen geschützt werden. Die praxisbezogene Forschung, Erprobung und Beratung muss fortgesetzt und ausgebaut werden, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Wahrung der Offenheit des öffentlichen Raums einerseits und einem wirksamen Schutz andererseits zu gewährleisten. Schutzmaßnahmen wie Barrieren oder Detektionsgeräte sollten möglichst diskret angebracht werden, um ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft so gering wie möglich zu halten und zu verhindern, dass sekundäre Schwachstellen entstehen.

Der Verkehrssektor ist seit vielen Jahren nicht nur Ziel von Terroranschlägen, sondern eröffnet auch Wege, um Anschläge zu verüben (zum Beispiel Flugzeugentführungen oder Amokfahrten mit LKW). Die Kommission arbeitet einen auf bewährten Verfahren beruhenden Sicherheitsleitfaden für den gewerblichen Straßenverkehr aus. Dabei wird vor allem auf die bessere Sicherung von Lastkraftwagen abgezielt, um das Risiko eines unautorisierten Zugriffs auf LKW (zum Beispiel Entführung oder Diebstahl) für die Durchführung einer terroristischen Amokfahrt einzudämmen. Der Leitfaden wird vor Ende 2017 vorliegen und Empfehlungen für den nationalen Straßenverkehr enthalten. Neue technische Lösungen müssen erprobt werden, zum Beispiel Kollisionsvermeidungssysteme, automatische Notbremssysteme oder Möglichkeiten zum ferngesteuerten Stoppen von Fahrzeugen durch die Strafverfolgungsbehörden.

Die EU kann den Mitgliedstaaten sehr praxisnah dabei helfen, ihre Kapazitäten für einen besseren Schutz des öffentlichen Raums zu verstärken. Mit Unterstützung durch die Kommission wurde für den Schutz des öffentlichen Raums ein EU-Instrument für die Beurteilung von Orten mit „weichen Zielen“ entwickelt, das Schwachstellenbewertungen in Bezug auf öffentliche Orte jeglicher Art ermöglicht und derzeit getestet wird. Die Kommission ist bereit, die Mitgliedstaaten bei der freiwilligen Durchführung von Vor-Ort-Beurteilungen zu unterstützen. Zur Erleichterung solcher Schwachstellenbeurteilungen wird eine elektronische Anwendung entwickelt.

Da terroristische Organisationen kontinuierlich versuchen, auf neue Techniken und Vorgehensweisen zurückzugreifen, muss die EU gleichermaßen innovativ reagieren, die technischen Möglichkeiten ausschöpfen und unionsweit Fachwissen bündeln, um neue Bedrohungen erkennen und abschwächen zu können. Dies gilt beispielsweise für mögliche Bedrohungen durch unbemannte Luftfahrzeuge, die von Terroristen eingesetzt werden könnten. Die laufenden Arbeiten zu den EU-Vorschriften zur Gewährleistung der Sicherheit und zur Gefahrenabwehr bei zivilen Operationen unbemannter Luftfahrzeugsysteme werden dieser Bedrohung Rechnung tragen und unter anderem Maßnahmen zur Detektion feindlicher unbemannter Luftfahrzeuge vorsehen.

Ziel

Maßnahme/Ergebnis

Frist

Verstärkung der Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten auf politischer Ebene

Einrichtung einer EU-Gruppe für den Schutz „weicher“ Ziele und eines Forums der Praktiker unter Beteiligung von Mitarbeitern von Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Vertretern von Strafverfolgungsnetzen (konstituierende Sitzungen im September 2017)

Nächste Sitzungen: erstes Quartal 2018

Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen spezialisierten Polizeieinheiten

Einrichtung eines Sicherheitsnetzes für Hochrisikofälle unter Beteiligung von Vertretern von Strafverfolgungsstellen, die für den Schutz von einem hohen Risiko ausgesetzten öffentlichen Orten verantwortlich sind, mit dem Ziel, gemeinsame Schulungen anzubieten, gemeinsame Übungen durchzuführen und bewährte Verfahren auszutauschen

Konstituierende Sitzung im November 2017

Beginn der Kooperationsaktivitäten im ersten Quartal 2018

Verbesserung des physischen Schutzes von Gebäuden

Bereitstellung eines Leitfadens zur Verbesserung der physischen Widerstandsfähigkeit von Gebäuden

Viertes Quartal 2018

Verbesserung des Schutzes von stark frequentierten Orten sowie von Sport- und Kulturveranstaltungen

Bereitstellung eines Leitfadens zum Schutz von stark frequentierten Orten sowie von Sport- und Kulturveranstaltungen, der auf der Grundlage von Tests in ausgewählten Mitgliedstaaten erstellt wird

Entwicklung einer elektronischen Anwendung zur Erleichterung der Schwachstellenbeurteilung in Bezug auf öffentliche Orte jeglicher Art

Zweites/drittes Quartal 2018

Verbesserung der Sicherheit auf der Landseite von Flughäfen

Bereitstellung eines Leitfadens für den Schutz der landseitigen Flughafenbereiche mit dem Schwerpunkt auf den Passagierströmen

Drittes Quartal 2018

Verstärkter Einsatz von Sprengstoffspürhunden

Bereitstellung eines Leitfadens für den Einsatz von Sprengstoffspürhunden zum Schutz des öffentlichen Raums

Erstes Quartal 2018

IV.    EINBEZIEHUNG LOKALER AKTEURE UND DES PRIVATSEKTORS

Viele verschiedene Akteure können einen Beitrag zum Schutz des öffentlichen Raums leisten. Die EU kann die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Interessenträgern vorantreiben, die im Hinblick auf einen besseren Schutz des öffentlichen Raums als entscheidend gilt.

Öffentliche Orte wie Einkaufszentren oder Konzertsäle sind häufig im Besitz von privaten Unternehmen oder werden von privaten Unternehmen betrieben. Daher müssen diese an den Arbeiten für einen besseren Schutz des öffentlichen Raums beteiligt werden. Die Kommission wird ein Forum der Akteure einrichten, um mit diesen privaten Unternehmen und anderen relevanten Interessenträgern des Privatsektors wie Autovermietungen zu kooperieren. Dieses Forum wird dazu beitragen, zu einem gemeinsamen Verständnis aktueller Herausforderungen im Sicherheitsbereich zu gelangen, und es wird öffentlich-private Sicherheitspartnerschaften zur Verbesserung des Schutzes anregen.

Die lokalen und regionalen Behörden können ebenfalls einen wichtigen Beitrag zum Schutz des öffentlichen Raums leisten. Die Kommission wird diese Interessenträger stärker einbeziehen und einen Dialog mit regionalen und lokalen Behörden, zum Beispiel Bürgermeistern großer Städte, in die Wege leiten, um Informationen und bewährte Verfahren zum Schutz des öffentlichen Raums auszutauschen. Als Folgemaßnahme zur Erklärung von Nizza 12 vom 29. September 2017 wird die Kommission Anfang nächsten Jahres gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen eine hochrangige Tagung mit den Bürgermeistern, die die Erklärung von Nizza unterzeichnet haben, sowie mit anderen interessierten Vertretern lokaler und regionaler Ebenen organisieren, um den Austausch bewährter Verfahren zum Schutz des öffentlichen Raums fortzusetzen.

Ziel

Maßnahme/Ergebnis

Frist

Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Stellen beim Schutz des öffentlichen Raums

Einrichtung des Forums der Akteure unter Beteiligung relevanter privater Interessenträger, die durch ihre europäischen Verbände vertreten werden, um verfügbare Orientierungshilfen zusammenzutragen, Empfehlungen auszuarbeiten und bewährte Verfahren auszutauschen. Das Forum wird in verschiedene Themenbereiche untergliedert und als Kanal für die Kommunikation zwischen den Behörden und den Betreibern der verschiedenen öffentlichen Räume dienen.

Konstituierende Sitzung im vierten Quartal 2017

Förderung der Zusammenarbeit mit regionalen und lokalen Behörden beim Schutz des öffentlichen Raums

Einleitung eines Dialogs mit regionalen und lokalen Behörden, einschließlich der Bürgermeister europäischer Städte, um zu untersuchen, wie die Städte und Gemeinden den Schutz des öffentlichen Raums verbessern können, mit dem Ziel, bewährte Verfahren auszutauschen, wissenschaftliche Erkenntnisse und das Know-how von Forschungseinrichtungen und des Privatsektors zu nutzen und die Finanzierungsmöglichkeiten zu erleichtern.

Erstes Treffen mit Bürgermeistern von Städten und Vertretern anderer regionaler und lokaler Behörden im ersten Quartal 2018

V.    FAZIT

Angesichts immer neuer Bedrohungen muss Europa mit vereinten Kräften innovative, nachhaltige und wirksame Lösungen für einen besseren Schutz des öffentlichen Raums entwickeln. Auch wenn sich das Risiko nie gänzlich ausschließen lässt, können die in diesem Aktionsplan dargelegten operativen Maßnahmen, Koordinierungsanstrengungen und Orientierungshilfen den Mitgliedstaaten dabei helfen, die bei den jüngsten Terroranschlägen zutage getretenen wesentlichen Schwachstellen zu beseitigen und spürbare Verbesserungen beim Schutz des öffentlichen Raums zu erzielen.

Die in dieser Mitteilung erläuterten Maßnahmen sollen den Weg für eine wirksame EU-weite Zusammenarbeit beim Schutz des öffentlichen Raums ebnen. Die Kommission ermutigt die Mitgliedstaaten, die verschiedenen in diesem Aktionsplan aufgezeigten Möglichkeiten, einschließlich der verfügbaren EU-Finanzmittel, zu nutzen. Sie ersucht das Europäische Parlament und den Rat, diesen Aktionsplan zu billigen und sich in enger Zusammenarbeit mit allen relevanten Interessenträgern aktiv an seiner Umsetzung zu beteiligen. Vor Ende 2018 wird die Kommission überprüfen, inwieweit die Umsetzung des Aktionsplans vorangekommen ist.

(1) Europol, Changes in Modus Operandi of IS revisited (2.12.2016): https://www.europol.europa.eu/ newsroom/news/islamic-state-changing-terror-tactics-to-maintain-threat-in-europe und Terrorism Situation and Trend report 2017 (15.6.2017): https://www.europol.europa.eu/tesat/2017/index.html .
(2) https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/letter-of-intent-2017_de.pdf  
(3) Siehe „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion – Elfter Fortschrittsbericht“ (COM(2017) 608 final vom 18.10.2017).
(4) Siehe den Aktionsplan für eine bessere Vorsorge gegenüber Sicherheitsrisiken durch chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen (COM (2017) 610 final vom 18.10.2017).
(5) EU-Städteagenda – Pakt von Amsterdam http://ec.europa.eu/regional_policy/en/policy/themes/urban-development/portal/ .
(6) Projektbeispiele: SECUR-ED (Secured Urban Transportation – sicherer Stadtverkehr): Demonstrationsprojekt im Volumen von fast 40 Mio. EUR unter Beteiligung von großen Verkehrsunternehmen, Industrie und Wissenschaft, das darauf abzielte, ein kohärentes und interoperables Paket von durch Demonstrationen validierten Techniken und Prozessen zu entwickeln, um die Sicherheit öffentlicher Verkehrsmittel zu verbessern; DESURBS (Designing safer urban spaces – Gestaltung eines sichereren städtischen Raums): auf zwei Jahre angelegtes Projekt im Volumen von 3,2 Mio. EUR, das zu neuen Methoden, Datenbanken und Softwaretools geführt hat, darunter ein Portal mit einem Entscheidungshilfesystem, mit dessen Hilfe Stadtplaner, Designer und Ingenieure städtebauliche Sicherheitsmängel erkennen und beheben können; SURVEIRON (fortschrittliches Überwachungssystem für den Schutz „weicher Ziele“ und kritischer Infrastrukturen in Städten): KMU-Projekt mit einem Volumen von 2,5 Mio. EUR, das eine innovative Lösung für den Schutz dieser Ziele und Infrastrukturen bietet und den für die öffentliche und die private Sicherheit Verantwortlichen eine intelligente Überwachung und Entscheidungsfindung in kritischen Situationen ermöglicht. Eine vollständige Liste der sicherheitsbezogenen Forschungsprojekte im Rahmen des Siebten Forschungsrahmenprogramms und von Horizont 2020 ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/policies/industry -for-security/index_en.htm.
(7) COM(2017) 407 final vom 26.7.2017.
(8) Das von der EU finanzierte Netz AIRPOL ist eine Koordinierungsstelle für die Strafverfolgungseinheiten auf europäischen Flughäfen.
(9) In dem von der EU finanzierten Netz ATLAS sind die Spezialeinheiten der Mitgliedstaaten zusammengeschlossen.
(10) Europäisches Netz technischer Dienste für die Strafverfolgung (siehe auch Kapitel V).
(11) Das von der EU finanzierte europäische Netz von Bahnpolizeibehörden und -organisationen befasst sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Internationalisierung des Eisenbahnverkehrs in Europa mit der Sicherheit im Schienenverkehr.
(12) Die Erklärung von Nizza wurde auf einer Konferenz der Bürgermeister der Europa-Mittelmeerregion am 29. September 2017 in Nizza verabschiedet, die auf Initiative des Bürgermeisters von Nizza unter Beteiligung der Kommission stattfand, um bewährte Verfahren zur Vorbeugung von Radikalisierung und zum Schutz des öffentlichen Raums zwischen Städten sowie lokalen und regionalen Ebenen auszutauschen.