Brüssel, den 18.4.2017

COM(2017) 171 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Überprüfung des Geltungsbereichs der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (neue EEAG-Richtlinie)
und
über die Überprüfung der Fristen für die Erreichung der in Artikel 7 Absatz 1 der neuen EEAG-Richtlinie genannten Sammelziele sowie über die mögliche Festlegung gesonderter Sammelziele für eine oder mehrere der in Anhang III der Richtlinie aufgeführten Kategorien von Elektro- und Elektronik-Altgeräten


Einleitung

Mit diesem Bericht werden die folgenden Anforderungen der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte 1 (neue EEAG-Richtlinie) erfüllt:

1.Überprüfung des in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b vorgesehenen Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie, einschließlich der in Anhang III aufgeführten Kriterien für die Unterscheidung zwischen Kleingeräten und Großgeräten (Artikel 2 Absatz 5).

2.Überprüfung der Fristen für die Erreichung der Sammelziele gemäß Artikel 7 Absatz 1 und einer möglichen Festlegung gesonderter Sammelziele für eine oder mehrere der in Anhang III aufgeführten Kategorien, insbesondere für Wärmeüberträger, Photovoltaikmodule, Kleingeräte, kleine IT- und Telekommunikationsgeräte und quecksilberhaltige Lampen (Artikel 7 Absatz 6).

Zweck dieses Berichts ist es, das Europäische Parlament und den Rat über die Maßnahmen und Schlussfolgerungen der Kommission zu beiden Fragestellungen zu unterrichten.

1. Überprüfung des Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie einschließlich der Kriterien für die Unterscheidung zwischen Großgeräten und Kleingeräten

1.1.Einleitung

Die nach Artikel 2 Absatz 5 erforderliche Überprüfung des Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie wurde durch eine zu diesem Thema für die Kommission durchgeführte Studie mit dem Titel „Review of the scope of Directive 2012/19/EU“ unterstützt 2 . Dazu gehörten die folgenden Aufgaben:

I.die Ermittlung der Änderungen des Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie, die sich aufgrund von Änderungen der Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten ergeben, sowie die Bewertung der Frage, ob der Geltungsbereich der neuen EEAG-Richtlinie als Folge solcher Änderungen geändert werden muss;

II.die Überprüfung der Kriterien für die Unterscheidung zwischen Kleingeräten und Großgeräten;

III.der Vergleich möglicher Unterschiede zwischen dem offenen Anwendungsbereich der neuen EEAG-Richtlinie und dem Geltungsbereich der RoHS-Richtlinie 3 sowie die Bewertung der Frage, ob der Geltungsbereich der neuen EEAG-Richtlinie als Folge solcher Unterschiede geändert werden muss;

IV.Bewertung der potenziellen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen möglicher Änderungen des Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie;

V.gegebenenfalls – auf Grundlage dieser Bewertung – Vorlage eines Vorschlags für Änderungen, die am Geltungsbereich der neuen EEAG-Richtlinie vorgenommen werden müssten.

Im Rahmen der Überprüfung fand eine Konsultation von Interessenträgern und Sachverständigen statt, die in gezielten Interviews befragt wurden 4 . Ferner wurde die mit der Änderung des Geltungsbereichs zusammenhängende Dokumentation analysiert, indem insbesondere die in den offenen Anwendungsbereich der neuen EEAG-Richtlinie fallenden Produktgruppen ermittelt wurden.

Nachfolgend werden die wichtigsten Erkenntnisse der Überprüfung zusammengefasst.

1.2.Überprüfung des Geltungsbereichs

Die Studie konzentrierte sich auf drei Aspekte des Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie:

die an ihrem Geltungsbereich vorgenommenen Änderungen (von den derzeit zehn in Anhang I der neuen EEAG-Richtlinie genannten Kategorien, die auch während der Übergangsfrist noch gelten, hin zu den in Anhang III genannten sechs neuen Kategorien; dazu gehören zwei „offene“ Kategorien von Groß- und Kleingeräten),

die Unterscheidung zwischen Kleingeräten und Großgeräten sowie

die Unterschiede zwischen dem offenen Anwendungsbereich der neuen EEAG-Richtlinie und dem Geltungsbereich der RoHS-Richtlinie.

1.2.1.Änderungen des Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie als Folge der Änderung der Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten

Der Geltungsbereich der neuen EEAG-Richtlinie ist in Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit den Anhängen I, II, III und IV festgelegt.

Nach der neuen Richtlinie ist ihr Geltungsbereich während der Übergangsfrist vom 13. August 2012 bis zum 14. August 2018 nahezu identisch mit dem Geltungsbereich der Richtlinie 2002/96/EG (alte EEAG-Richtlinie) 5 . Die einzige Änderung betrifft die Aufnahme von Photovoltaikmodulen in Kategorie 4. Da die Aufnahme von Photovoltaikmodulen bereits in der vor der Neufassung der alten Richtlinie angefertigten Folgenabschätzung 6 bewertet wurde, wurde auf eine weitere Analyse im Rahmen dieser Bewertung verzichtet.

Ab dem 15. August 2018 gilt der „offene Anwendungsbereich“. Elektro- und Elektronikgeräte werden dann in sechs neue Kategorien eingeteilt, die in Anhang III und IV der neuen Richtlinie beschrieben werden 7 . Dazu gehören zwei „offene“ Kategorien von Kleingeräten und Großgeräten, die vorher nicht vorhanden waren.

In der Studie wurde zunächst analysiert, ob alle Geräte, die zurzeit unter die neue EEAG-Richtlinie fallen, in ihrem Geltungsbereich verbleiben. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass alle Kategorien von Geräten, die in den Geltungsbereich der alten Richtlinie fallen, auch von der neuen Richtlinie abgedeckt sind. Ferner sei zu erwarten, dass durch die „Öffnung“ des Geltungsbereichs die Probleme behoben werden, die die unterschiedliche Klassifizierung von Produkten in den Mitgliedstaaten mit sich bringt. Dies wiederum würde voraussichtlich mehr Rechtssicherheit schaffen und zu einer besseren Harmonisierung bei der Umsetzung der neuen Richtlinie führen.

In der Studie wird vermerkt, dass zu den ab 2018 unter die neue Richtlinie fallenden Elektro- und Elektronikgeräte Beleuchtungskörper für Haushalte und Zweirad-Fahrzeuge gehören würden, die nicht typgenehmigt sind. Mit der Aufnahme dieser Produktkategorien wären der Studie zufolge zusätzliche ökologische, administrative und wirtschaftliche Vorteile verbunden, und zwar bei voraussichtlich geringfügigen Umsetzungskosten.

Ferner wurde festgestellt, dass die neue Richtlinie keine neuen Ausnahmen einführt. Ausnahmen von ihrem Geltungsbereich, die in den meisten Mitgliedstaaten in der Praxis bereits angewendet werden, werden in der Richtlinie ausdrücklich bestätigt. Damit wird die Harmonisierung ihrer Umsetzung sichergestellt. Dieses Ergebnis entspricht der Ansicht der Kommission 8 , dass Geräte, die in den Geltungsbereich der alten Richtlinie fallen, künftig nicht ausgenommen werden sollten.

Abschließend wurde in der Studie bestätigt, dass die Änderung der Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten keine wesentlichen Änderungen des Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie zur Folge hat. Der Übergang von zehn zu nunmehr sechs „offenen“ Kategorien wird voraussichtlich mehr Rechtssicherheit schaffen und zu einer besseren Harmonisierung bei der Umsetzung der neuen Richtlinie führen.

1.2.2.Bewertung der Kriterien für die Unterscheidung zwischen Kleingeräten und Großgeräten

In der Studie wurde auch untersucht, ob die in der EEAG-Richtlinie getroffene Unterscheidung zwischen Kleingeräten und Großgeräten (d. h. Geräte mit einer äußeren Abmessung von weniger oder mehr als 50 cm) sachdienlich ist.

Während eingeräumt wird, dass kein Klassifizierungskriterium perfekt ist, kommt die Studie zu dem Schluss, dass die Schwelle der äußeren Abmessung von 50 cm für die Unterscheidung zwischen Klein- und Großgeräten zweckmäßig ist und den Sachzwängen entspricht, mit denen Beteiligte bei der Behandlung von Altgeräten konfrontiert sind. Das Größenkriterium scheint zudem ein zentraler Faktor bei der Sammlung, Abfallbewirtschaftung und Behandlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten zu sein. Abfallsammelsysteme und die Behandlung von Altgeräten sowie die zugehörigen Infrastrukturen richten sich nach der Gerätegröße, die noch relevanter ist als das Gewicht.

1.2.3.Bewertung der Unterschiede zwischen dem Geltungsbereich der neuen EEAG-Richtlinie und dem Geltungsbereich der RoHS-Richtlinie

Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Richtlinien liegt in der Definition von Elektro- und Elektronikgeräten: a) Geräte, die für jeglichen Verwendungszweck von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig sind (RoHS-Richtlinie), oder b) Geräte, deren Haupt- bzw. Grundfunktion von elektrischen Strömen oder elektromagnetischen Feldern abhängig ist (EEAG-Richtlinie). Dies hat zur Folge, dass einige Gerätearten, die zurzeit in den Geltungsbereich der RoHS-Richtlinie fallen, nicht zum Geltungsbereich der EEAG-Richtlinie gehören (z. B. Benzinrasenmäher, nur mit elektronischer Zündung ausgestattete Gasherde).

Die Möglichkeit einer Angleichung des Geltungsbereichs der EEAG-Richtlinie an den der RoHS-Richtlinie wurde am Beispiel von Gartengeräten mit Verbrennungsmotor erwogen. Dabei wurde festgestellt, dass die Einbeziehung solcher Geräte in den Geltungsbereich der EEAG-Richtlinie einen geringen Umweltnutzen hätte, weil in der Praxis bereits mindestens 80 % solcher Geräte am Ende des Produktlebenszyklus recycelt werden. Aus wirtschaftlicher Sicht würde die Einbeziehung solcher Geräte zusätzliche Kosten für die Hersteller verursachen (z. B. in Form von Verwaltungskosten für die Registrierung von Herstellern im nationalen Verzeichnis jedes Mitgliedstaates, in dem sie ihre Elektro- und Elektronikgeräte in Verkehr bringen).

Insgesamt wären mehr Nachteile als Vorteile damit verbunden, Geräte in die EEAG-Richtlinie aufzunehmen, die Strom nur für eine sekundäre Funktion benötigen. Die unterschiedlichen Zielsetzungen und Eigenschaften der EEAG-Richtlinie und der RoHS-Richtlinie rechtfertigen ihre unterschiedlichen Geltungsbereiche. Eine weitere Angleichung an den Geltungsbereich der RoHS-Richtlinie wäre somit nicht gerechtfertigt.

1.3.Schlussfolgerung bezüglich eines möglichen Legislativvorschlags

Aus den wichtigsten Erkenntnissen der für eine mögliche Überprüfung des Geltungsbereichs der neuen EEAG-Richtlinie durchgeführten Studie geht hervor, dass keine weiteren Änderungen an der Richtlinie gerechtfertigt sind. Änderungen würden sich zudem in einer Zeit, in der sich die Mitgliedstaaten noch in einer Übergangsphase befinden und sich an die neuen Definitionen und den neuen Geltungsbereich der EEAG-Richtlinie anpassen müssen, negativ auswirken.

2.Überprüfung der Fristen für die Erreichung der in Artikel 7 Absatz 1 der neuen EEAG-Richtlinie genannten Sammelziele sowie einer möglichen Festlegung gesonderter Sammelziele für eine oder mehrere der in Anhang III der neuen EEAG-Richtlinie aufgeführten Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten

2.1.Einleitung

Zur Vorbereitung dieses nach Artikel 7 Absatz 6 der neuen EEAG-Richtlinie verlangten Berichts hat die Kommission unabhängige Berater damit beauftragt, die einschlägigen Statistiken sowie die relevante Literatur und technische Information zu überprüfen. Sie führte Konsultationen – unter anderem in Form eines Workshops – mit allen wichtigen Interessenträgern durch (Mitgliedstaaten, Branchenverbände, Programme der erweiterten Herstellerverantwortung, NRO und unabhängige Sachverständige) 9 . Dazu gehörten die folgenden Aufgaben:

a.Beschreibung der Schwierigkeiten, mit denen die Mitgliedstaaten bei der Erreichung der in Artikel 7 Absatz 1 der neuen EEAG-Richtlinie festgelegten Sammelziele konfrontiert sein könnten;

b.Analyse der wahrscheinlichen Auswirkungen möglicher Änderungen der Fristen für die Erreichung der in Artikel 7 Absatz 1 festgelegten Sammelziele;

c.Analyse der wahrscheinlichen Auswirkungen einer Überarbeitung des Sammelziels auf Basis der anfallenden Elektro- und Elektronik-Altgeräte gemäß dem in Artikel 7 Absatz 7 enthaltenen Vorschlag;

d.Analyse einer möglichen Festlegung gesonderter Sammelziele für eine oder mehrere der in Anhang III der neuen EEAG-Richtlinie aufgeführten Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten, sowie gegebenenfalls Vorlage entsprechender Vorschläge.

Nachfolgend werden die wichtigsten Erkenntnisse der Bewertung zusammengefasst.

2.2.Überprüfung der Fristen für die Erreichung der Sammelziele

Die Ergebnisse der Konsultation wichtiger Interessenträger und die Bewertung der von den Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren gemeldeten Sammelquoten 10 legen nahe, dass es für einige Mitgliedstaaten problematisch werden könnte, die für 2019 genannten Sammelziele zu erreichen. Dieser Fall wird eintreten, wenn das derzeitige Sammeltempo und die bisherigen Sammelpraktiken beibehalten werden. Zur Ermittlung derjenigen Mitgliedstaaten, die das Sammelziel für Elektro- und Elektronik-Altgeräte möglicherweise nicht erreichen werden, wurden der Grad der bisherigen Zielerreichung und das Tempo der bislang erzielten Fortschritte zugrunde gelegt.

Nach Auskunft von Mitgliedstaaten und wichtigen Interessenträgern besteht ein Problem darin, dass ein erheblicher Teil der Sammlungen in den Sammelstatistiken nicht berücksichtigt wird, und zwar insbesondere dann, wenn die Sammlung nicht im Rahmen von Systemen für die Einhaltung der erweiterten Herstellerverantwortung stattfindet oder wenn Elektro- und Elektronik-Altgeräte nicht von zugelassenen Recyclingbetrieben behandelt werden. Dieser Sachverhalt wird durch begrenzte Durchsetzungs- und Überwachungskapazitäten in den Mitgliedstaaten weiter verschärft. Als weitere Hindernisse für die Zielerreichung wurden der große und heterogene Personenkreis, der in den verschiedenen Bereichen der Bewirtschaftung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten tätig ist, das begrenzte öffentliche Bewusstsein sowie für die Sammlung unzureichende Infrastrukturen ermittelt.

Um die Schwierigkeiten einiger Mitgliedstaaten bei der Erreichung der für 2019 vorgesehenen Sammelquoten anzugehen, wurden zwei Anpassungen erwogen:

I.Verschiebung der Frist des Jahres 2019, um den Mitgliedstaaten – unbeschadet bereits vorhandener Ausnahmeregelungen 11  – mehr Zeit für die Erreichung des Sammelziels zu geben;

II.Absenkung des Sammelziels von 85 % der anfallenden Elektro- und Elektronik-Altgeräte ohne Änderung der Frist.

Durch die Verschiebung der Frist hätten die Mitgliedstaaten mehr Zeit, um die für die Sammlung und Verwertung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten benötigte Infrastruktur aufzubauen. Dazu könnten die Mitgliedstaaten die Zahl der Sammelstellen erhöhen, die Logistikabläufe zwischen den Sammlungs- und Behandlungszentren optimieren, Kapazitäten für die Behandlung von wertvollen Materialien entwickeln und so den Nutzen maximieren sowie die Überwachung der gesammelten Materialströme verstärken. Aus der im Jahr 2008 für die Überprüfung der alten EEAG-Richtlinie durchgeführten Folgenabschätzung 12 geht jedoch hervor, dass es möglich war, bis 2016 eine Sammelquote von 65 % der in Verkehr gebrachten Elektro- und Elektronikgeräte zu erzielen. Es wäre daher nicht angebracht, die derzeitige Frist zu verlängern.

Im Hinblick auf eine mögliche Änderung des Sammelziels von 85 % der anfallenden Elektro- und Elektronik-Altgeräte wurden die von den Mitgliedstaaten für die vergangenen Jahre gemeldeten Sammelquoten sowie das Tempo der Fortschritte bei der Erreichung dieser Ziele betrachtet. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass die Mitgliedstaaten das Problem der nicht gemeldeten, informell gesammelten Mengen an Elektro- und Elektronik-Altgeräten bewältigen müssen, weil dieser Faktor wesentlich zur Zielerreichung beiträgt. Daher wäre es nicht sinnvoll, eine Überarbeitung des Sammelziels in Betracht zu ziehen, solange keine genauen Daten über die nicht gemeldeten Mengen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten vorliegen 13 . Eine Verschiebung der Frist oder Absenkung des Sammelziels würde zudem die Erreichung der Ziele der neuen EEAG-Richtlinie gefährden und zu einem erheblichen Verlust an Ressourcen und Einnahmen aus der Wiederverwertung wertvoller Materialien führen. Die Absenkung des Sammelziels würde trotzdem die Kosten der Behandlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten reduzieren, da weniger Elektro- und Elektronik-Altgeräte behandelt werden müssten und dabei Altgeräte anfallen könnten, die leichter zu behandeln und wiederzuverwerten sind. Die Gesamtkosten für die Behandlung würden sich jedoch voraussichtlich nicht wesentlich ändern, weil ständig Investitionen erforderlich sind, um mit der technologischen Entwicklung und den Skaleneffekten Schritt zu halten, die zum Ausgleich dieser Kosten beitragen könnten.

Demzufolge ergab die Analyse, dass eine Herabsetzung des Sammelziels oder eine Verlängerung der Frist einen erheblichen Verlust an wirtschaftlichen und ökologischen Vorteilen zur Folge hätte. Das Sammelziel für das Jahr 2019 ist zwar ehrgeizig, aber umsetzbar, wenn sich die Mitgliedstaaten stärker um eine schrittweise Bewältigung der festgestellten Probleme bemühen. Dies betrifft insbesondere das Problem der nicht gemeldeten, über alle Wege gesammelten Mengen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten sowie unzureichende Durchsetzungs- und Überwachungskapazitäten. Ein Beleg dafür sind die Fortschritte, die einige Mitgliedstaaten mit hohen Sammelquoten bereits erzielen konnten. Ausschlaggebend für die Erreichung des Ziels sind einzelstaatliche Maßnahmen zur Umsetzung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten gemäß Artikel 16 der EEAG-Richtlinie und regelmäßige Kontrollen durch die nationalen Behörden.

Die Kommission wird die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Probleme, die ihren Schwierigkeiten bei der Zielerreichung zugrunde liegen, unterstützen und beraten. Diese Unterstützung ist Teil einer gezielten Initiative, um die Mitgliedstaaten zur Einhaltung der EEAG-Richtlinie zu ermutigen. Sie wird parallel zu diesem Bericht auf den Weg gebracht und konzentriert sich auf die zentralen Anforderungen der neuen Richtlinie.

Auf Grundlage der durchgeführten Bewertung kommt die Kommission zu dem Schluss, dass es nicht gerechtfertigt ist, die Fristen für die Erreichung des derzeit in der EEAG-Richtlinie festgelegten Sammelziels oder das auf der Menge der anfallenden Elektro- und Elektronik-Altgeräten beruhende Sammelziel zu überarbeiten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde eine Überarbeitung der EEAG-Richtlinie außerdem einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursachen, während der Fokus auf der Umsetzung der neuen Richtlinie liegen sollte.

2.3.Untersuchung einer möglichen Festlegung gesonderter Sammelziele für eine oder mehrere der Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten

Im Rahmen der Bewertung von Auswirkungen und Umsetzbarkeit einer Festlegung gesonderter Sammelziele für eine oder mehrere der in Anhang III der neuen EEAG-Richtlinie genannten Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten wurden zwei Szenarien erwogen. Für das Basisszenario, welches den Bestimmungen der neuen Richtlinie entspricht, wurde ein allgemeines ab 2019 anwendbares Sammelziel von 85 % des Gewichts der anfallenden Elektro- und Elektronik-Altgeräte festgelegt; für die einzelnen Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten wären keine gesonderten Sammelziele vorgesehen. Es wird angenommen, dass das generische Sammelziel von 85 % hauptsächlich dadurch erreicht wird, dass die Sammlung von schweren und leicht zugänglichen Elektro- und Elektronik-Altgeräten mit positivem wirtschaftlichem Wert und geringeren (bzw. profitableren) Behandlungskosten gesteigert wird. Für das zweite Szenario wurden gesonderte Sammelziele von 85 % des Gewichts der anfallenden Elektro- und Elektronik-Altgeräte für jede einzelne Kategorie von Elektro- und Elektronikgeräten untersucht.

Ziel der Analyse war es, in diesen beiden Szenarien die jeweiligen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen der unterschiedlichen Mengen von Elektro- und Elektronik-Altgeräten zu ermitteln, die in jeder Kategorie anfallen. Dabei wurde deutlich, dass die Festlegung gesonderter Sammelziele wohl gewisse wirtschaftliche, ökologische und soziale Vorteile bringen würde, dass sich jedoch Schlussfolgerungen zur Umsetzbarkeit einer Festlegung solcher Ziele auf EU-Ebene nur schwer ziehen lassen. Die Bedingungen unterscheiden sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat. In einigen Fällen ist der Abstand zum Sammelziel von 85 % der anfallenden Elektro- und Elektronik-Altgeräte in den einzelnen Kategorien sehr groß. Ferner würden zusätzliche Verpflichtungen für die Interessenträger und die Mitgliedstaaten (z. B. Berichterstattung, Überwachung) sowie ein erheblich größerer Verwaltungsaufwand entstehen. Die Änderung des vorhandenen Ziels könnte zum gegenwärtigen Zeitpunkt sogar kontraproduktiv sein und Verwirrung stiften.

In Anbetracht der wichtigsten Bewertungsergebnisse kommt die Kommission zu dem Schluss, dass es derzeit nicht angebracht ist, gesonderte Sammelziele in der EEAG-Richtlinie festzulegen.

(1)

 ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 38.

(2)

 Der Abschlussbericht ist auf der Website der Kommission abrufbar: http://ec.europa.eu/environment/waste/weee/events_weee_en.htm .

(3)

 Richtlinie 2011/65/EU zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 88).

(4)

 Interviewt wurden u. a. Sachverständige aus den Mitgliedstaaten (z. B. die französische Agentur für Umwelt und Kontrolle des Energieverbrauchs ADEME und das französische Umweltministerium), Sachverständige der Vereinigung von Programmen für die erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility Schemes Association, d. h. WEEE Forum), Sachverständige des European WEEE Registers Network sowie Interessenträger aus Bereichen der im Fokus der Studie stehenden Produktgruppen (insbesondere aus den Bereichen Beleuchtungskörper für Haushalte, Gartengeräte und Elektrofahrräder).

(5)

 Die alte EEAG-Richtlinie galt für die folgenden Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten: 1. Haushaltsgroßgeräte, 2. Haushaltskleingeräte, 3. IT- und Telekommunikationsgeräte, 4. Geräte der Unterhaltungselektronik, 5. Beleuchtungskörper, 6. elektrische und elektronische Werkzeuge (mit Ausnahme ortsfester industrieller Großwerkzeuge), 7. Spielzeug sowie Sport- und Freizeitgeräte, 8. medizinische Geräte (mit Ausnahme aller implantierten und infizierten Produkte), 9. Überwachungs- und Kontrollinstrumente, 10. automatische Ausgabegeräte.

(6)

 Study on Photovoltaic Panels: Supplementing the Impact Assessment for a recast of the WEEE Directive (Studie über Photovoltaikmodule: Ergänzung der Folgenabschätzung zur Neufassung der EEAG-Richtlinie), 2011. Der Abschlussbericht ist öffentlich zugänglich unter: http://ec.europa.eu/environment/waste/weee/pdf/Study%20on%20PVs%20Bio%20final.pdf .

(7)

Dabei handelt es sich um folgende Kategorien: 1. Wärmeüberträger, 2. Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 cm2 enthalten, 3. Lampen, 4. Großgeräte (eine der äußeren Abmessungen beträgt mehr als 50 cm), 5. Kleingeräte (keine äußere Abmessung beträgt mehr als 50 cm), 6. kleine IT- und Telekommunikationsgeräte (keine äußere Abmessung beträgt mehr als 50 cm).

(8)

 KOM(2011) 478 endgültig (11.8.2011).

(9)

 Study on collection rates of WEEE (Studie über Sammelquoten von Elektro- und Elektronik-Altgeräten):  http://ec.europa.eu/environment/waste/weee/events_weee_en.htm .

(10)

  http://ec.europa.eu/eurostat/web/waste/key-waste-streams/weee .

(11)

Nach Artikel 7 Absatz 3 können im Rahmen einer Ausnahmeregelung Bulgarien, die Tschechische Republik, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Rumänien, Slowenien und die Slowakei aufgrund des Fehlens erforderlicher Infrastrukturen und aufgrund ihrer geringen Absatzmenge von Elektro- und Elektronikgeräten beschließen,

(a)spätestens ab dem 14. August 2016 eine Sammelquote zu erreichen, die geringer als 45 %, aber höher als 40 % des Durchschnittsgewichts der Elektro- und Elektronikgeräte ist, die in den drei vorangegangenen Jahren in Verkehr gebracht wurden, und

(b)die Erreichung des für 2019 vorgesehenen Sammelziels bis zu einem Zeitpunkt ihrer Wahl, jedoch spätestens bis zum 14. August 2021 zu verschieben.

Die Tschechische Republik, Lettland, Polen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien haben diese Ausnahmeregelung in Anspruch genommen.

(12)

Folgenabschätzung zu der vorgeschlagenen Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte, Dezember 2008 (SEC(2008)2933).

(13)

Nach Artikel 16 Absatz 4 müssen die Mitgliedstaaten Informationen über die Mengen und Kategorien von Elektro- und Elektronikgeräten erheben, die auf ihren Märkten in Verkehr gebracht und über alle vorhandenen Wege gesammelt werden. Insofern müssen die Mitgliedstaaten Informationen über auf jede Weise gesammelte Elektro- und Elektronik-Altgeräte erheben.