5.10.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 361/72


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt

(2018/C 361/09)

Berichterstatter:

Mauro D’Attis (IT/EVP), Mitglied des Gemeinderates von Roccafiorita (Provinz Messina)

Referenzdokument:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2009/73/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt

COM(2017) 660 final

I.   EMPFEHLUNGEN FÜR ÄNDERUNGEN

Änderung 1

Erwägungsgrund 3

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Ziel der vorliegenden Richtlinie ist es, die noch verbleibenden Hindernisse für die Vollendung des Erdgasbinnenmarktes zu beseitigen, die sich aus der Nichtanwendung der Marktvorschriften der Union auf Gasleitungen aus und nach Drittländern ergeben. Mit den durch diese Richtlinie eingeführten Änderungen wird sichergestellt, dass die für Gasfernleitungen zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften auch für Rohrleitungen in der Union gelten, die aus Drittländern oder in Drittländer führen. Dadurch wird die Kohärenz des Rechtsrahmens innerhalb der Union bei gleichzeitiger Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen im Energiebinnenmarkt der Union gewährleistet. Dies wird auch die Transparenz verbessern und Marktteilnehmern, insbesondere Gasinfrastrukturinvestoren und Netznutzern, Rechtssicherheit hinsichtlich des anwendbaren Rechtsrahmens geben.

Ziel der vorliegenden Richtlinie ist es, die noch verbleibenden etwaigen Hindernisse für die Vollendung des Erdgasbinnenmarktes zu beseitigen, die sich aus der Nichtanwendung der Marktvorschriften der Union auf Gasleitungen aus und nach Drittländern ergeben. Mit den durch diese Richtlinie eingeführten Änderungen wird sichergestellt, dass die für Gasfernleitungen zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften auch für Rohrleitungen in der Union gelten, die aus Drittländern oder in Drittländer führen , einschließlich Hoheitsgewässer und ausschließliche Wirtschaftszonen der Mitgliedstaaten . Dadurch wird die Kohärenz des Rechtsrahmens innerhalb der Union bei gleichzeitiger Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen im Energiebinnenmarkt der Union gewährleistet. Dies wird auch die Transparenz verbessern und Marktteilnehmern, insbesondere Gasinfrastrukturinvestoren und Netznutzern, Rechtssicherheit hinsichtlich des anwendbaren Rechtsrahmens geben.

Begründung

Der Ausschuss der Regionen ist der Auffassung, dass gemäß den Grundsätzen der Notwendigkeit, der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität und mit Blick auf das übergeordnete Ziel der Gasversorgungssicherheit der EU die Ausweitung der Bestimmungen der dritten Richtlinie nicht auf Fälle beschränkt werden sollte, in denen dies als unbedingt erforderlich erachtet wird.

Änderung 2

Erwägungsgrund 4

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

Um dem früheren Fehlen spezifischer Unionsvorschriften für Gasleitungen aus und nach Drittländern Rechnung zu tragen, sollten die Mitgliedstaaten Ausnahmen von bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2009/73/EG für Rohrleitungen gewähren können, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie fertiggestellt sind. Das maßgebliche Datum für die Anwendung von anderen Entflechtungsmodellen als dem der eigentumsrechtlichen Entflechtung sollte für Gasleitungen aus und nach Drittländern angepasst werden.

Um dem früheren Fehlen spezifischer Unionsvorschriften für Gasleitungen aus und nach Drittländern Rechnung zu tragen, sollten die Mitgliedstaaten Ausnahmen von bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2009/73/EG für Rohrleitungen gewähren können, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie fertiggestellt sind. Eine solche Ausnahme bedarf der Zustimmung der Kommission . Das maßgebliche Datum für die Anwendung von anderen Entflechtungsmodellen als dem der eigentumsrechtlichen Entflechtung sollte für Gasleitungen aus und nach Drittländern angepasst werden.

Begründung

Erübrigt sich.

Änderung 3

Artikel 1

Ziffer 1

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

1.

Artikel 2 Nummer 17 erhält folgende Fassung:

„17.

‚Verbindungsleitung‘ eine Fernleitung, die eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern bis zur Grenze des Gebiets der Union quert oder überspannt;“.

1.

Artikel 2 Nummer 17 erhält folgende Fassung:

„17.

‚Verbindungsleitung‘ eine Fernleitung, die eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten oder — ausschließlich dort, wo die verbindliche technische Tageskapazität aller die Europäische Union mit dem Drittland verbindender Infrastrukturen, aus dem die entsprechenden Infrastrukturen (nach der Verabschiedung dieser Richtlinie ergänzt) entsprechend der Zertifizierung durch die Agentur stammt, bereits (oder zusammen mit den entsprechenden neuen Infrastrukturen) 40 % der gesamten verbindlichen technischen Tageskapazität der die Europäische Union — oder die entsprechende Risikogruppe laut Anhang I der Verordnung (EU) 2017/1938 — mit Drittländern entsprechend der Zertifizierung durch die Agentur verbindenden Infrastrukturen (einschließlich LNG-Terminals in der Europäischen Union) überschreitet  — zwischen Mitgliedstaaten und einem Drittland quert oder überspannt“;

Begründung

Wie für Erwägungsgrund 3. In der Praxis der Kommission wird generell ein — von der europäischen Rechtsprechung bestätigter — Schwellenwert von 40 % angewandt, um von einer beherrschenden Stellung auszugehen (wobei sich diese Vermutung widerlegen lässt). Außerdem wird dieser Ansatz Artikel 194 (2), Absatz 2, und Artikel 3 (2) AEUV besser gerecht, was die einzelnen Zuständigkeiten der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten im Energiebereich sowie das Subsidiaritätsprinzip angeht. Die in Anhang I der Verordnung (EU) 2017/1938 festgelegten Risikogruppen sind für das System der EU-Gasversorgungssicherheit von zentraler Bedeutung, da sie auf die Abfederung der maßgeblichen grenzüberschreitenden Risiken ausgelegt sind. Das Projekt Nord Stream II kann vor allem Auswirkungen auf zwei Risikogruppen (Ukraine und Belarus) haben.

Änderung 4

Artikel 1

Ziffer 4

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

4.

Artikel 36 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 3 wird folgender zweiter Satz angefügt: „Fällt die betreffende Infrastruktur unter die Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats und eines Drittlandes (oder mehrerer Drittländer), konsultiert die nationale Regulierungsbehörde vor Annahme einer Entscheidung die zuständigen Behörden der Drittländer.“ b) In Absatz 4 Unterabsatz 2 wird folgender zweiter Satz angefügt: „Fällt die betreffende Infrastruktur auch unter die Hoheitsgewalt eines oder mehrerer Drittländer, konsultieren die nationalen Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten vor Annahme einer Entscheidung die zuständigen Behörden der Drittländer, um hinsichtlich der betreffenden Infrastruktur dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieser Richtlinie bis zur Grenze des Gebiets der Union einheitlich angewandt werden.“

4.

Artikel 36 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 wird Buchstabe a) wie folgt ersetzt: „a) Investitionen müssen den Wettbewerb bei der Gasversorgung und die Versorgungssicherheit verstärken und bei Infrastrukturen zu oder aus Drittländern auch der Struktur des betreffenden Angebots sowie dem Zugang zu Einfuhr- bzw. Ausfuhrrohrleitungen in diesen Drittländern Rechnung tragen;“. b) In Absatz 3 wird folgender zweiter Satz angefügt: „Fällt die betreffende Infrastruktur unter die Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats und eines Drittlandes (oder mehrerer Drittländer), konsultiert die nationale Regulierungsbehörde vor Annahme einer Entscheidung die zuständigen Behörden der Drittländer.“ c) In Absatz 4 Unterabsatz 2 wird folgender zweiter Satz angefügt: „Fällt die betreffende Infrastruktur auch unter die Hoheitsgewalt eines oder mehrerer Drittländer, konsultieren die nationalen Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten vor Annahme einer Entscheidung die zuständigen Behörden der Drittländer, um hinsichtlich der betreffenden Infrastruktur dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen dieser Richtlinie bis zur Grenze des Gebiets der Union einheitlich angewandt werden.“

Begründung

Dieser Änderungsvorschlag zielt auf eine bessere und gründlichere Prüfung bei der Bewertung der möglichen Erteilung einer Ausnahmeregelung ab — auch der im Ausland vorhandenen Faktoren (Rohstoffe bzw. Kapazität), die für die Kontrolle nach Artikel 36 der Einfuhr- bzw. Ausfuhrinfrastrukturen relevant sind, d. h. eine beherrschende Stellung bei der Versorgung bzw. Beförderung.

Änderung 5

Artikel 1

Ziffer 7

Vorschlag der Europäischen Kommission

Änderung des AdR

7.

In Artikel 49 wird folgender Absatz 9 angefügt: „Für Gasleitungen aus und nach Drittländern, die vor dem [PO: date of entry into force of this Directive] fertiggestellt wurden, können die Mitgliedstaaten beschließen, in Bezug auf die Abschnitte solcher Rohrleitungen zwischen der Grenze des Gebiets der Union und dem ersten Kopplungspunkt von den Artikeln 9, 10, 11 und 31 und von Artikel 41 Absätze 6, 8 und 10 abzuweichen, sofern die Abweichung sich nicht nachteilig auf den Wettbewerb oder das effektive Funktionieren des Erdgasbinnenmarktes in der Union oder auf die Versorgungssicherheit in der Union auswirkt. Die Ausnahmeregelung ist zeitlich begrenzt und kann an Bedingungen geknüpft sein, die zur Einhaltung der oben genannten Bedingungen beitragen. Befindet sich die betreffende Gasleitung im Hoheitsgebiet von mehr als einem Mitgliedstaat, entscheidet der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der erste Kopplungspunkt gelegen ist, über eine Ausnahmeregelung für die Rohrleitung. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen jedwede Entscheidung über eine Ausnahmeregelung im Einklang mit diesem Absatz innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Richtlinie.“

7.

In Artikel 49 wird folgender Absatz 9 angefügt: „Für Gasleitungen aus und nach Drittländern, die vor dem [PO: date of entry into force of this Directive] fertiggestellt wurden, können die Mitgliedstaaten beschließen, in Bezug auf die Abschnitte solcher Rohrleitungen zwischen der Grenze des Gebiets der Union und dem ersten Kopplungspunkt von den Artikeln 9, 10, 11 und 31 und von Artikel 41 Absätze 6, 8 und 10 abzuweichen, sofern die Abweichung sich nicht nachteilig auf den Wettbewerb oder das effektive Funktionieren des Erdgasbinnenmarktes in der Union oder auf die Versorgungssicherheit in der Union auswirkt. Die Ausnahmeregelung ist zeitlich begrenzt, endet am [spätestens drei Jahre nach dem Tag des Inkrafttretens dieser Änderungsrichtlinie] und ist an Bedingungen geknüpft, die zur Einhaltung der oben genannten Bedingungen beitragen. Befindet sich die betreffende Gasleitung im Hoheitsgebiet von mehr als einem Mitgliedstaat, entscheidet der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der erste Kopplungspunkt gelegen ist, über eine Ausnahmeregelung für die Rohrleitung. Die zuständige Behörde teilt der Kommission unverzüglich die Entscheidung zusammen mit allen für die Entscheidung relevanten Informationen mit. Innerhalb von zwei Monaten ab Eingang der Mitteilung kann die Kommission den Mitgliedstaat in einer Entscheidung zur Änderung oder zum Widerruf der Entscheidung über die Gewährung einer Ausnahmeregelung auffordern. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen jedwede Entscheidung über eine Ausnahmeregelung im Einklang mit diesem Absatz innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieser Richtlinie.“

Begründung

Aus Gründen der Rechtssicherheit muss für Ausnahmeregelungen eine eindeutige Frist gesetzt werden.

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

erinnert daran, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in zahlreichen Fällen wichtige Zuständigkeiten bei der Energieerzeugung und/oder -versorgung, bei der Planung und beim Umweltschutz, bei der Stärkung der Energieversorgungssicherheit und als Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger, der Unternehmen und der nationalen Energieversorgungsbehörden haben;

2.

stellt zunächst fest, dass die Verfügbarkeit ausreichender Mengen an Erdgas zu angemessenen Preisen durch zuverlässige Lieferanten und über moderne, sichere und widerstandsfähige Einfuhrinfrastrukturen für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Grundlage eines nachhaltigen Lebensstandards sowie eine fundamentale Ressource für Geschäftstätigkeiten bildet, die zur Gewährleistung der Arbeit und Würde der Bevölkerung beitragen und dass sich die Europäische Union in ihren strategischen Zielsetzungen verpflichtet hat, die Treibhausgasemissionen entsprechend den politischen Zielen der EU bis 2050 in Bezug auf die Werte von 1990 um 80-95 % zu verringern (1);

3.

weist darauf hin, dass der Einfuhrbedarf der EU an Erdgas in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird, was zum einen mit der Aussicht auf eine höhere Binnennachfrage und zum anderen mit dem Rückgang der diesbezüglichen Produktion in der EU zusammenhängt; hebt hervor, dass Infrastrukturprojekte, die einem einzigen Lieferanten Zugang zu über 40 % der Importkapazität der EU oder der entsprechenden Risikogruppe laut Anhang I der Verordnung (EU) 2017/1938 wie Nord Stream 2 gewähren, die Energieversorgungssicherheit und die Entwicklung des Binnenmarkts gefährden. Um diesen Gefahren zu begegnen, ist die vollständige Einhaltung der Bestimmungen der Gasrichtlinie, insbesondere über den Zugang Dritter, Entflechtung und transparente, nichtdiskriminierende und kostenbasierte Tarife, erforderlich;

4.

betont, dass sich der Erdgasbinnenmarkt der EU in einem Entwicklungsprozess befindet und von den Entscheidungen zur Verbesserung der Liquidität der Rohstoffmärkte und der Diversifizierung der diesbezüglichen Quellen sowie von der Entwicklung der Einfuhrkapazitäten abhängt, um auch die Erdgaspreise für die Bürger der lokalen und regionalen Gemeinschaften zu senken;

5.

merkt an, dass der Erdgasmarkt von einer hohen Interdependenz zwischen dem Rohstoffmarkt und dem Kapazitätenmarkt geprägt ist: Beide Märkte werden von derselben Nachfrage bestimmt, nämlich von der Nachfrage durch die Transporteure, welche die Verbindung zwischen den Rohstoffquellen (Lagerstätten innerhalb oder außerhalb der EU und Flüssiggas- bzw. LNG-Terminals) und der entsprechenden lokalen Nachfrage in der EU sicherstellen;

6.

weist daher darauf hin, dass neue Rechtsvorschriften (angesichts der Merkmale des Marktes im Zusammenhang mit den entsprechenden Infrastrukturen in einer auf den Grundsätzen des freien Marktes und der Solidarität basierenden sicheren, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen EU-Energieunion — ein CO2-armes Europa im Jahr 2050) aufmerksam und nicht mit einem erratischen, sondern mit einem langfristigen Ansatz verfolgt werden sollten;

7.

betont, dass dies auch deshalb notwendig ist, weil dort, wo Rohrleitungen aus Drittstaaten das Gebiet der EU erreichen, Auswirkungen auf die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften im Hinblick auf Investitionen und unternehmerische Initiativen festzustellen sind;

8.

weist darauf hin, dass es auch Umweltauswirkungen für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften geben könnte, wenngleich für unterseeische Rohrleitungen strenge gemeinschaftliche und internationale Umweltbestimmungen — auch das Übereinkommen von Espoo — gelten und die Zahl der Unfälle bei Erdgasstrukturen — verglichen mit anderen Energieinfrastrukturen — besonders niedrig ist;

Besondere Empfehlungen

9.

betont, dass die EU zur Erreichung der oben genannten Ziele unter diesen Bedingungen Folgendes benötigt: a) Erdgas aus Drittländern (der derzeitigen Lieferanten und künftig der potenziellen Lieferanten, zu denen die Verbindung gefördert werden sollte), und b) Unabhängigkeit von spezifischen Erzeugern bzw. Ländern, da sie wie bei jeder Legislativinitiative beiden objektiven Zwängen Rechnung tragen muss;

10.

bekräftigt (2) seine Auffassung, dass der Schwerpunkt neuer Energievorhaben in Europa auf der Diversifizierung der Energieträger liegen sollte und der Status von Transitländern, auch der Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik, dabei nicht untergraben werden darf;

11.

erkennt an, dass bestimmte neuere Infrastrukturinitiativen für die Erdgaseinfuhr — insbesondere Nord Stream 2 — zwar zur Erhöhung der Zahl der Versorgungswege beitragen könnten, jedoch ein Problem für die Versorgungssicherheit bestimmter anderer Mitgliedstaaten und insbesondere einiger lokaler und regionaler Gemeinschaften sein könnte, und betont, dass derartige Probleme auf der Grundlage des Solidaritätsprinzips, des Binnenmarkts auf Ebene der EU und der Regionen sowie der Risikoevaluierung angegangen werden müssen, sowohl bezüglich der Versorgungssicherheit als auch hinsichtlich der Sicherheit der Installationen, die ihrerseits den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften unterworfen sind;

12.

verweist in diesem Zusammenhang auf die durch die Stärkung der beherrschenden Stellung einiger Erdgaslieferanten aus Drittländern hervorgerufenen Befürchtungen, die zu Preisverzerrungen führt. Außerdem könnten solche Initiativen wie Nord Stream 2 die notwendige Diversifizierung der Energiequellen aus Drittländern gefährden;

13.

begrüßt daher die entsprechende Legislativinitiative der Kommission, verweist jedoch im Einklang mit der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung auf die Bedeutung einer notwendigen Folgenabschätzung (3);

14.

betont, dass die Antworten jedoch stets dem Gesamtinteresse der EU und der Schaffung der Energieunion Rechnung tragen müssen, das nach wie vor über dem der einzelnen Mitgliedstaaten steht. Zudem muss nicht nur der Grundsatz der Solidarität, sondern es müssen auch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität gewahrt werden, wobei der Senat eines EU-Mitgliedstaats die Subsidiarität in diesem Fall bedroht sah;

15.

stellt fest, dass vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des oben erwähnten Bezugs zwischen den Kapazitäten (Einfuhrinfrastrukturen) und den Rohstoffen (Erdgas) Lösungen Vorrang haben müssen, bei denen vermieden wird, dass Investitionen in neue Einfuhrinfrastrukturen (z. B. Offshore-Infrastrukturen aus dem Nahen Osten nach Griechenland, die zur Diversifizierung der Versorgungsquellen für die südosteuropäischen Mitgliedstaaten beitragen könnten) unterbleiben oder die Verwaltung bestehender Infrastrukturen erschwert wird. Denn dies könnte die paradoxe Auswirkung haben, dass die Einfuhrmöglichkeiten sinken und die Abhängigkeit der EU von ihren derzeitigen Lieferanten steigt;

16.

weist darauf hin, dass mit der Annahme des oben beschriebenen Ansatzes, durch den neue Investitionen nicht verhindert werden und der keine außerordentliche zusätzliche Belastung für die Verwaltung bestehender Einfuhrinfrastrukturen darstellen wird, Bedenken bezüglich der etwaigen negativen und unbeabsichtigten Auswirkungen der vorgeschlagenen Richtlinie auf den Markt und die Marktteilnehmer, wie sie während des von der Kommission eingeleiteten Konsultationsprozesses geäußert wurden, gegengesteuert würde;

17.

betont insbesondere die Tatsache, dass ein Interessenverband wie Eurogas Bedenken geäußert hat bezüglich a) der Auswirkungen der rückwirkenden Geltung des Vorschlags auf die Sicherheit bereits getätigter Investitionen (gegenüber einem nachträglich geänderten Rechtsrahmen und Zeithorizont) in den bestehenden Infrastrukturen und auf die berechtigten Erwartungen der Investoren, b) der — aufgrund des Völkerrechts — rechtlichen und politischen Schwierigkeit, über bestehende zwischenstaatliche Übereinkünfte mit Drittstaaten ohne deren Zustimmung zu verhandeln, und c) der möglichen Gefahren für die künftige Versorgungssicherheit der EU infolge der obigen Ausführungen und der Schwierigkeiten auch bei neuen Rohrleitungen;

18.

schlägt in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen und im Einklang mit den untrennbar miteinander verbundenen Grundsätzen der Subsidiarität, der Verhältnismäßigkeit und der Solidarität folgende Änderungen vor, die a) darauf abzielen, die EU-Organe zu befähigen, diejenigen Probleme zu vermeiden oder zu lösen, die einigen Mitgliedstaaten aus Infrastrukturinitiativen anderer Mitgliedstaaten entstehen könnten, die eventuell beherrschende Stellungen stärken oder die Diversifizierung der Quellen aus Drittländern schwächen (siehe Ziffer 10 oben), b) Schutz vor den Risiken der Versorgungsunsicherheit der EU insgesamt bieten und c) dem geltenden Rechtsrahmen der EU und internationalen Verpflichtungen entsprechen;

19.

fordert die Kommission in diesem Zusammenhang auf, hinsichtlich der territorialen Ausweitung des Richtlinienvorschlags auf Gewässer die notwendige Konformität mit den Bestimmungen des Übereinkommens der Vereinten Nationen über das Seerecht (UNCLOS) von Montego Bay zu gewährleisten (und folglich diese Ausdehnung abzuwägen);

20.

betont, dass der oben dargestellte Ansatz die Vereinbarkeit der erforderlichen politischen Antworten mit der unverzichtbaren Einhaltung der rechtlichen Zwänge des EU-Rechts im Bereich des freien Kapitalverkehrs und den internationalen Bestimmungen (UNCLOS, WTO, Vorschriften zum Investitionsschutz) ermöglicht;

21.

unterstreicht die Maßnahmen, die der AdR — bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben in diesem Bereich — ergreifen möchte, um gemeinschaftliche Lösungen für die genannten Probleme zu finden, hofft, dass die anderen Institutionen der EU ähnliche Anstrengungen unternehmen werden und fordert sie auf, die Änderungsrichtlinie anzunehmen.

Brüssel, den 16. Mai 2018

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Karl-Heinz LAMBERTZ


(1)  Energiefahrplan 2050 (COM(2011) 885 final).

(2)  CIVEX-VI/011.

(3)  Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über bessere Rechtsetzung (ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1).