31.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 288/115


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/59/EG über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und der Richtlinie 2006/126/EG über den Führerschein“

(COM(2017) 47 final — 2017/0015 (COD))

(2017/C 288/16)

Berichterstatter:

Pasi MOISIO

Befassung

Rat der Europäischen Union, 20.2.2017

Europäisches Parlament, 1.3.2017

Rechtsgrundlage

Artikel 91 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

 

 

Zuständige Fachgruppe

Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

Annahme in der Fachgruppe

16.5.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung

31.5.2017

Plenartagung Nr.

526

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

185/0/0

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der EWSA erkennt an, dass sich die Richtlinie zur Regelung der Qualifikation und Weiterbildung von Fahrern im Schwerlastverkehr (1) trotz bestimmter Mängel grundsätzlich positiv auf den Straßentransportsektor in Europa ausgewirkt hat. Die Einführung eines einheitlichen Ausbildungssystems hat dazu beigetragen, das Berufskönnen der Berufskraftfahrer zu verbessern, das allgemeine Dienstleistungsniveau im Straßentransportsektor anzuheben und die Attraktivität des Sektors für Berufseinsteiger zu verbessern.

1.2.

Der EWSA ist der Ansicht, dass der vorliegende Vorschlag (2) zur Modernisierung der Richtlinie zur weitere Unterstützung des Grundsatzes der Freizügigkeit innerhalb der EU beiträgt und ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem solideren, offeneren und stark wettbewerbsorientierten Gemeinschaftsmarkt für Transportleistungen ist, der nun auch wirksamer und ausgewogener überwacht werden kann.

1.3.

Der EWSA unterstützt die mit der Modernisierung der Richtlinie über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer verfolgten Ziele, die Straßenverkehrssicherheit sowie den Schutz und die Sicherheit der Berufskraftfahrer zu erhöhen. Der EWSA nimmt insbesondere zur Kenntnis, dass im Bereich der Straßenverkehrssicherheit in den vergangenen Jahren hervorragende Ergebnisse erzielt wurden, und forderte die Kommission auf, die Maßnahmen zur weiteren Stärkung dieser positiven Entwicklung fortzuführen.

1.4.

Der EWSA befürwortet ferner das Ziel, die administrativen Verfahren in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu harmonisieren und zu straffen, damit in einem anderen Mitgliedstaat gemäß der Richtlinie durchgeführte Schulungen und Programme der Fahrausbildung automatisch anerkannt und ohne Interpretationsspielraum und ohne zusätzliche Anforderungen gegenseitig akzeptiert werden. Der EWSA weist jedoch darauf hin, dass die gegenseitige Anerkennung der Ausbildung eine vollkommene Einheitlichkeit in Umfang und Qualität der in den verschiedenen Mitgliedstaaten organisierten Ausbildungen erfordert. Um dies zu gewährleisten, bedarf es einer effizienteren Überwachung und einer engeren Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten.

1.5.

Gefälschte personengebundene Dokumente über eine bestehende berufliche Qualifikation des Fahrers und gefälschte Nachweise für Ausbildungen, die in Wirklichkeit gar nicht absolviert wurden, verursachen Wettbewerbsverzerrungen auf dem Transportmarkt und schaden den Interessen der rechtmäßig tätigen Berufskraftfahrer. Der EWSA dringt darauf, dass ein lückenloses System geschaffen wird, das die Echtheit der Führerscheine und Fahrerqualifizierungsnachweise sicherstellt. Darüber hinaus wird unter Verweis auf Ziffer 1.4 der Empfehlungen vorgeschlagen, die Aufsicht über die in verschiedenen Ländern tätigen zugelassenen Ausbildungseinrichtungen in der Zukunft zu intensivieren, damit Umfang und Qualität der Ausbildung jederzeit und ohne Ausnahme überprüft werden können.

1.6.

Ebenso muss unbedingt die Gleichwertigkeit und Kohärenz der EU-Rechtsvorschriften für ein und derselben Zielgruppe oder ein und demselben Sektor — hier die Berufskraftfahrer im Schwerlastverkehr — gestärkt werden. Das erhöht nicht nur die Rechtssicherheit der im Rahmen dieser Vorschriften tätigen Akteure, sondern auch die allgemeine Glaubwürdigkeit der EU-Rechtsvorschriften.

1.7.

Mit der Modernisierung der Richtlinie wird eine engere Ausrichtung an den neuen großen Tendenzen im Verkehrsbereich wie Digitalisierung und Dekarbonisierung angestrebt. Der EWSA stimmt dem Ansatz zu und weist darauf hin, dass der Verkehrsbereich zwar zügig automatisiert wird und die Robotisierung rasch voranschreitet, es aber auch in Zukunft die zentrale Rolle des Faktors „Mensch“ zu berücksichtigen gilt. Bei der Fahrerausbildung müssen die zunehmende Notwendigkeit digitaler Kompetenzen sowie die wachsende Bedeutung der Fähigkeiten des Fahrers im Hinblick auf die angestrebte Senkung der Kohlenstoffemissionen anerkannt werden.

1.8.

Eine der zentralen Herausforderungen im Geltungsbereich der Richtlinie ist, dass insbesondere die Weiterbildung auf die individuellen Erfordernisse der Berufskraftfahrer abgestimmt und inhaltlich so zugeschnitten werden muss, dass die spezifischen Aufgaben der einzelnen Fahrer bestmöglich unterstützt werden. Daher sollte die Richtlinie eine gewisse Flexibilität und Handlungsspielraum in Bezug auf die Inhalte der zu belegenden Fortbildungskurse und auf die Lehrmethoden bieten.

1.9.

Der EWSA betont, dass es bereits während der Fahrausbildung einheitlich die Möglichkeit geben sollte, noch vor Erwerb der Grundqualifikation ein Fahrzeug zu führen. Dies ist notwendig und sollte auch in Zukunft den Auszubildenden gewährt werden, zum Beispiel während der Arbeitspraktika in Unternehmen, jeweils unter Aufsicht und Anleitung, und auch im Hinblick auf das Recht zum Führen von Nutzfahrzeugen im gewerblichen Verkehr. Das erfolgreiche Absolvieren solcher Fahrten sollte Teil der zum Erhalt der Berufsqualifikation notwendigen Ausbildung sein. Bei der Überarbeitung der Richtlinie darf dieser Punkt nicht wegfallen. Gleichzeitig muss jedoch sichergestellt werden, dass das Recht, gewerblichen Transport und Ausbildung miteinander zu verknüpfen, nicht zu unlauterem Wettbewerb führt oder sich nachteilig auf die Lage der Arbeitnehmer im Verkehrssektor auswirkt.

1.10.

Obgleich der Vorschlag der Kommission grundsätzlich ausgewogen ist und in die richtige Richtung geht, möchte der Ausschuss eine Reihe spezifischer Änderungen, Ergänzungen und Vorschläge unterbreiten, die seiner Ansicht nach die Umsetzung der Richtlinie und ihre Anwendung bezüglich der Fahrerausbildung noch weiter verbessern würden. Diese Vorschläge werden in den allgemeinen und besonderen Bemerkungen in dieser Stellungnahme eingehender dargelegt.

2.   Hintergrund

2.1.

In den Jahren 2007-2009 wurde in der EU die Richtlinie 2003/59/EG in die Praxis umgesetzt, durch die alle Fahrer von Lastkraftwagen und Bussen auf dem Gebiet der EU, alle Personen, die für ein in den EU-Mitgliedstaaten registriertes Verkehrsunternehmen arbeiten, sowie alle im gewerblichen Verkehr tätigen selbständigen Berufskraftfahrer zur Absolvierung einer Erstausbildung und so zum Erwerb der erforderlichen beruflichen Qualifikation verpflichtet werden.

2.2.

Darüber hinaus wurde in der Richtlinie 2003/59/EG der Grundsatz des lebenslangen Lernens als Voraussetzung für die berufliche Tätigkeit von Kraftfahrern verankert, die gemäß den Bestimmungen der Richtlinie in regelmäßigen Abständen an Weiterbildungen teilnehmen müssen, um dadurch ihre Berufsqualifikation zu erhalten.

2.3.

Nach Schätzungen der Europäischen Kommission gibt es in den 28 EU-Mitgliedstaaten etwa 3,6 Mio. in Verkehrsunternehmen beschäftigte Fahrer von Lastkraftwagen und Bussen, die in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen (2,8 Mio. LKW-Fahrer und 0,8 Mio. Busfahrer) (3).

2.4.

Die Erstausbildung umfasst je nach Alter und etwaigen bereits erworbenen Berufsqualifikationen 140 oder 280 Stunden. Jeder Fahrer muss alle fünf Jahre an einer mindestens 35-stündigen Weiterbildung teilnehmen.

2.5.

Zahlreiche großangelegte Studien im Auftrag der Kommission in den letzten Jahren und die Folgenabschätzung haben ergeben, dass in mehreren Punkten Reformbedarf besteht. Gleichzeitig wurden Probleme und Unterschiede bei der Anwendung der Richtlinie und ihrer Auslegung in den einzelnen Mitgliedstaaten festgestellt.

2.6.

Im Zuge der öffentlichen Konsultation (4) zur vorgeschlagenen Überprüfung der Richtlinie gingen bei der Kommission aus verschiedenen Mitgliedstaaten nahezu 400 Antworten von Berufskraftfahrern, Verkehrsunternehmen und Beschäftigten des Transportwesens sowie von Arbeitgeberverbänden des Transportgewerbes ein.

2.7.

Sowohl die Konsultation als auch verschiedene Studien ergaben identische Befunde für die Probleme mit dieser Richtlinie. Nach Ansicht der Kommission sind die beobachteten Probleme in der alltäglichen praktischen Arbeit im Güter- und Personenkraftverkehr allgemein bekannt, und sie werden als Hindernis für ein einheitliches und gleichberechtigtes Handeln auf den Verkehrsmärkten der EU gesehen.

2.8.

Diese Probleme können in drei Gruppen unterteilt werden (5):

Die Aus- und Weiterbildung wird nicht immer gegenseitig anerkannt;

Das individuelle Tätigkeitsprofil des Fahrers ergibt einen Bedarf, der inhaltlich nicht immer in vollem Umfang durch die Schulungen abgedeckt wird;

Bei der Auslegung der möglichen Ausnahmen in Bezug auf den Geltungsbereich der Richtlinie treten Probleme und Unterschiede auf, die eine Rechtsunsicherheit unter den Berufskraftfahrern zur Folge haben.

2.9.

Zusätzlich zu den oben geschilderten Problemen gibt es bei den Altersgrenzen nachweislich schwerwiegende Unstimmigkeiten und Widersprüche zwischen der Richtlinie über die Grundqualifikation und Weiterbildung von Kraftfahrern und der Führerscheinrichtlinie, die allgemeine Regelungen über die Fahrerlaubnis enthält. Das hat in den Mitgliedstaaten zu echten Problemen geführt und erfordert rasche Lösungen.

2.10.

Für eine Überprüfung der Richtlinie spricht nach Ansicht der Kommission auch die angestrebte bessere und vereinfachte Rechtsetzung gemäß den Grundsätzen der REFIT-Initiative.

2.11.

Die Überprüfung der Richtlinie sollte zu mehr Klarheit und Kohärenz und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze im Transportsektor, darunter auch KMU, führen. Die Lösung der ermittelten Probleme und die entsprechende Überprüfung der Richtlinie versprechen nach Ansicht der Kommission auch erhebliche Kosteneinsparungen sowohl für die Fahrer als auch für deren Arbeitgeber.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Derzeit müssen die Mitgliedstaaten mit Blick auf die einzelstaatliche Herangehensweise an die Grundqualifikation zwischen zwei Alternativen wählen: a) Teilnahme an einer Weiterbildung und Ablegen einer kürzeren Prüfung oder b) lediglich Ablegen einer längeren Prüfung. Um Flexibilität und Wahlfreiheit zu erhöhen, schlägt der EWSA auch mit Blick auf die unterschiedlichen individuellen Qualifizierungsniveaus vor, die Richtlinie in dieser Hinsicht auch dadurch zu modernisieren, dass das Recht, beide Modelle nebeneinander zu verwenden, klar festgeschrieben wird (6).

3.2.

Es ist wichtig, dass in der praktischen Weiterbildung von Berufskraftfahrern besonderer Wert auf Themenbereiche im Zusammenhang mit der Sicherheit im Verkehr und auf den Straßen sowie Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, die Entwicklung digitaler Kompetenzen und Fertigkeiten sowie Unterricht für eine umweltfreundliche, wirtschaftliche und vorausschauende Fahrweise gelegt wird.

3.3.

Bei der Prüfung dieser Frage muss der größte, von Berufskraftfahrern und anderen Akteuren des Verkehrssektors in den Konsultationen genannte Missstand berücksichtigt werden: Die Inhalte der Schulungen und der auf der jeweiligen individuellen Stellenbeschreibung beruhende Schulungsbedarf der Fahrer stehen nicht in Einklang miteinander. Daher sind maßgeschneiderte Schulungsinhalte gefordert, die bestmöglich auf die Bedürfnisse der einzelnen Fahrer ausgerichtet sind. Der EWSA weist darauf hin, dass Schulungen dadurch auch sinnvoller werden und die Motivation der Berufskraftfahrer zur Teilnahme an Weiterbildungen steigt.

3.4.

Sollte mit der neuen Richtlinie demnach versucht werden, bestimmte Themenbereiche obligatorisch in die Programme zur Aus- und Weiterbildung von Berufskraftfahrern einzubeziehen, sollten sie unter Berücksichtigung der in Ziffer 3.1 enthaltenen Ansichten des EWSA möglichst flexibel, weitreichend und offen formuliert werden.

3.5.

Da von Berufskraftfahrern im Schwerlastverkehr bedingt durch ihre Tätigkeit oftmals verlangt wird, auch an anderen Schulungen gemäß dem EU-Recht teilzunehmen, wäre es sinnvoll, diese Schulungen in höherem Maße als Teil der beruflichen Weiterbildung im Sinne der Richtlinie über die Qualifikation anzuerkennen. Dadurch würden Doppelungen bei den Schulungen vermieden, die Verwaltungslast gemindert, Kosten eingespart und die Motivation der Fahrer zur Teilnahme an Weiterbildungen erhöht.

3.6.

Im Zuge der Überprüfung der Richtlinie wird die Möglichkeit geschaffen, Online-Weiterbildungsangebote wahrzunehmen. Der EWSA begrüßt dies und sieht darin einen notwendigen Fortschritt in der Ausbildung von Berufskraftfahrern. Diese Maßnahmen führen zur Verbesserung der digitalen Kompetenzen der Lernenden und sind insbesondere für Akteure in abgelegenen Gebieten eine große Hilfe. Über das Internet kommen die Bildungsangebote zu den Lernenden, die auf diese Weise nicht mehr die oftmals langen Strecken zurücklegen müssen, um an herkömmlichen Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen.

3.7.

Es ist bedauerlich, dass die Kommission nicht die Möglichkeit vorsieht, einen siebenstündigen Schulungstag in kleinere Einheiten zu unterteilen. Gemäß dem Richtlinienentwurf muss er weiterhin als Blockveranstaltung absolviert werden. Das ist für Fahrer und Transportunternehmen ein echtes Problem. Um Arbeit und Weiterbildung miteinander in Einklang zu bringen und gleichzeitig die Bildungsergebnisse sowie die Möglichkeit des internetbasierten Lernens zu verbessern, ist mehr Flexibilität erforderlich. Nicht die Länge eines Unterrichtstages, sondern die Gesamtzahl von 35 Unterrichtsstunden ist maßgeblich, um die Schulungsziele zu erreichen. Dies entspräche auch den Grundsätzen der REFIT-Initiative.

3.8.

Die erlangte berufliche Qualifikation wird durch einen separaten Fahrerqualifizierungsnachweis oder durch die Eintragung der gültigen Qualifikation in Form eines Gemeinschaftscodes in den Führerschein nachgewiesen. Die Mitgliedstaaten können zwischen diesen beiden Optionen frei wählen. Gefälschte Nachweise erweisen sich in der Praxis zunehmend als Problem. So schlägt der EWSA vor, auf EU-Ebene rasch eine Datenbank einzurichten, damit die verschiedenen Stellen in Echtzeit prüfen können, ob die beruflichen Qualifikationen eines Fahrers tatsächlich erworben wurden. Dies könnte möglicherweise dadurch bewerkstelligt werden, dass die Daten über Berufsqualifikationen in die Datenbank RESPER (7) eingespeist werden, in der die Führerscheininformationen aus den Mitgliedstaaten zusammenlaufen. Dann könnten die Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten gleichzeitig die Gültigkeit sowohl von Fahrerlaubnissen als auch von Berufsqualifikationen prüfen.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.

Der EWSA unterstreicht, dass die zwischen der EU-Führerscheinrichtlinie (8) und der Richtlinie über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestehenden Widersprüche hinsichtlich des geforderten Mindestalters unverzüglich ausgeräumt werden müssen. Dies sollte durch eine Ausnahmeregelung zur Führerscheinrichtlinie bewerkstelligt werden, der zufolge eine Fahrerlaubnis gemäß den in der Richtlinie 2003/59/EG festgelegten Altersgrenzen bewilligt werden kann.

4.2.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die in die Richtlinie aufzunehmenden Ausnahmen bezüglich des Geltungsbereichs unbedingt in allen Punkten mit den in der Verordnung über Lenk- und Ruhezeiten (9) enthaltenen Ausnahmen (10) für Fahrer im Schwerlastverkehr identisch sein müssen. In diesem Zusammenhang wird zwar mit dem Vorschlag zur Überprüfung der Richtlinie ein Schritt in die richtige Richtung gemacht, doch gibt es nach wie vor Unterschiede zwischen den Ausnahmen zu den erwähnen Rechtsakten. Ohne eine vollständige Harmonisierung der Ausnahmen werden auch die Widersprüche und Inkohärenzen der Rechtsvorschriften über Berufskraftfahrer nicht völlig beseitigt.

4.3.

Das Ziel, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen, ist unbedingt zu begrüßen. Für bedenklich hält der EWSA jedoch die im Richtlinienvorschlag enthaltene Verpflichtung, im Rahmen der Weiterbildung mindestens einen Kenntnisbereich (in der Praxis einen von fünf Weiterbildungstagen) ausschließlich der Straßenverkehrssicherheit zu widmen. Stattdessen könnte man die Verpflichtung gemäß der Empfehlung der jetzigen Richtlinie (11) formulieren und zusätzlich dadurch ergänzen, dass die Weiterbildung mindestens einen Tag umfassen muss, „der ganz im Zeichen der Verkehrssicherheit, der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sowie dem rationelleren Kraftstoffverbrauch steht“. Dadurch wird eine sparsame und vorausschauende Fahrweise in das Ausbildungsprogramm eines jeden Berufskraftfahrers in der EU aufgenommen, gehört sie doch untrennbar zur Straßenverkehrssicherheit.

4.4.

Eine Lehrlingsausbildung ist in mehreren Mitgliedstaaten wichtiger Bestandteil der Ausbildung zum Erwerb der beruflichen Grundqualifikation eines Fahrers, der unter Kontrolle und Aufsicht an der Erfüllung echter gewerblicher Beförderungsaufträge teilnimmt. Diese Möglichkeit sollte beibehalten werden, um auch weiterhin dafür zu sorgen, dass Berufseinsteiger sich bereits während der Ausbildung mit der Arbeit vertraut machen, und auf diese Weise gleichzeitig zu gewährleisten, dass Berufsanfänger eine umfassende Berufsausbildung absolviert haben. Der EWSA lehnt daher die im Richtlinienvorschlag enthaltene Änderung strikt ab, durch die gewerbliche Beförderungen während der Ausbildung zum Erwerb der beruflichen Grundqualifikation unmöglich würden. Es sollte jedoch betont werden, dass dieses Recht auf Durchführung gewerblicher Transporte immer an eine gleichzeitige Kontrolle im Rahmen der Ausbildung gebunden sein muss und in keinem Fall zu Wettbewerbsverzerrungen oder Sozialdumping führen darf.

4.5.

Der EWSA begrüßt die durch die Überprüfung der Richtlinie gebotene Möglichkeit, für eine Zeiteinheit von sieben Stunden bzw. einen Unterrichtstag obligatorische Schulungen auf Grundlage anderer EU-Rechtsvorschriften (wie beispielsweise die Schulung für die Behindertenbelange bei der Fahrgastbeförderung, Schulungen über die Beförderung gefährlicher Güter, Schulungen für den Transport von Tieren) als Teil der beruflichen Fortbildung anzuerkennen. Allerdings wäre es wichtig, diese Anerkennungsmöglichkeit auf mehrere Schulungstage auszuweiten, um Doppelungen in der Ausbildung zu vermeiden und Kosten zu sparen. Mehrfachanforderungen an die Aus- und Weiterbildung stehen nicht im Einklang mit den Grundsätzen einer vereinfachten und besseren Rechtsetzung, und die Fahrer in den verschiedenen Verkehrssektoren werden diesbezüglich nicht gleich behandelt: Einige von ihnen sind verpflichtet, regelmäßig Weiterbildungsveranstaltungen im Sinne der Richtlinie zu besuchen und zusätzlich dazu andere gesetzlich vorgeschriebene Schulungen aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit zu absolvieren.

4.6.

Der Vorschlag zur Änderung der Richtlinie würde in der Folge auch das E-Learning ermöglichen, mit dessen Hilfe ein Teil der beruflichen Qualifikation durch Aus- und Weiterbildungsangebote über das Internet selbständig erworben werden kann. Dies ist für sich genommen eine sehr begrüßenswerte Neuerung, doch ist der EWSA der Auffassung, dass die Höchstzahl an Schulungen, die über das Internet absolviert werden können, genauer angegeben werden sollte, damit die ungenaue Formulierung „zum Teil“ des Richtlinienvorschlags nicht zu unterschiedlichen Auslegungen und Praktiken in den einzelnen Mitgliedstaaten führt.

4.7.

Der EWSA hält es für unbedingt erforderlich, den Schulungstag in kleinere Lerneinheiten gliedern zu können. Leider ist das im Richtlinienvorschlag nicht vorgesehen, und es besteht die reale Gefahr, dass es dadurch zu praktischen Konfliktsituationen kommen kann. Wenn ein Teil der Aus- und Weiterbildung online absolviert werden kann, sollte auch die flexible Möglichkeit bestehen, eine beispielsweise siebenstündige Unterrichtseinheit über dasselbe Thema derart zu teilen, dass an einem Tag ein Teil als Gruppenunterricht oder als praktische Übung und der andere Teil am zweiten Tag als Online-Unterricht durchgeführt wird. Dies ist schon deshalb erforderlich, weil die nötigen Unterrichtsmittel sich häufig an unterschiedlichen Orten befinden.

Brüssel, den 31. Mai 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ( ABl. L 226 vom 10.9.2003, S. 4).

(2)  COM(2017) 47 final.

(3)  SWD(2017) 27 final — Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Folgenabschätzung, 1. Februar 2017, Seite 10.

(4)  Ergebnis der Konsultation:

https://ec.europa.eu/transport/road_safety/sites/roadsafety/files/pdf/consultations/cpc_main_conclusions.pdf

(5)  Begleitunterlage der Kommission SWD(2017) 26 final, Zusammenfassung der Folgenabschätzung bezüglich des Vorschlags für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2003/59/EG und der Richtlinie 2006/126/EG.

(6)  COM(2012) 385 final, Tabelle 1, Seite 6.

(7)  https://www.eucaris.net/kb/resper/.

(8)  Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18).

(9)  Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 102 vom 11.4.2006, S. 1).

(10)  Verordnung (EG) Nr. 561/2006, Artikel 3 und 13.

(11)  Richtlinie 2003/59/EG, Artikel 7 Absatz 1.