13.10.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 345/45


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse

(Beschluss 2012/21/EU und Gemeinschaftsrahmen)“

(Initiativstellungnahme)

(2017/C 345/07)

Berichterstatterin:

Milena ANGELOVA

Beschluss des Plenums

22.9.2016

Rechtsgrundlage

Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung

 

Initiativstellungnahme

Zuständige Fachgruppe

Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

Annahme in der Fachgruppe

14.6.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung

6.7.2017

Plenartagung Nr.

527

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

116/0/0

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt die Umsetzung des Pakets zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI), das Rechtssicherheit für die Erbringer öffentlicher Dienstleistungen bringt. Mit dem Paket wird ein ausgewogenes Verhältnis hergestellt zwischen der Notwendigkeit, DAWI zu fördern und zu unterstützen, und dem Ziel, mögliche Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Allerdings haben die Interessenträger auf regionaler und lokaler Ebene, insbesondere Erbringer von DAWI im Eigentum der öffentlichen Hand (siehe Studie des EWSA „Überprüfung der Berichte der Mitgliedstaaten über die Umsetzung des Beschlusses der Europäischen Kommission über die Gewährung staatlicher Beihilfen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“), ihrer Sorge im Hinblick auf wesentliche Aspekte der gegenwärtigen Vorschriften Ausdruck verliehen, die unnötige Hindernisse bzw. einen Mangel an Rechtssicherheit verursachen. Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die derzeitigen Vorschriften und ihre praktische Anwendung zu verbessern, Leitlinien vorzulegen, ein Kompendium bewährter Verfahren zusammenzustellen und gegebenenfalls zu prüfen, ob das Paket aktualisiert bzw. geändert werden muss.

1.2.

Der EWSA hat die ersten beiden Wellen der Berichte der Mitgliedstaaten über die Umsetzung des DAWI-Pakets gesichtet und stellt mit Sorge fest, dass es darin nicht um das grundsätzliche Thema der Vorgaben für die Vereinbarkeit geht, das in dem Rahmen der Kommission eingehend behandelt wird.

1.3.

Der EWSA stellt fest, dass die mangelnde Rechtssicherheit bzw. die erheblichen Kosten, die mit der Erfüllung der Vorgaben einhergehen, in den meisten Fällen Hürden darstellen, die die Behörden ungerechtfertigterweise daran hindern, die DAWI-Politik umfassend umzusetzen. Diese Hürden wirken sich ganz direkt auf die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften aus, da der Dialog zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission über Fälle staatlicher Beihilfen von der Zentralregierung geführt wird, andere Verwaltungsebenen jedoch keinen direkten Zugang dazu haben.

1.4.

Die Tatsache, dass nur über eine Handvoll DAWI auf regionaler bzw. lokaler Ebene berichtet wird (siehe oben genannte Studie), zeigt, dass das Fehlen direkter Kanäle zur Kommission die vernünftige Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen behindert, was die entsprechenden Gebietskörperschaften nicht eben ermutigt, den Beschluss umfassend anzuwenden und Zweifel in Bezug auf seine Umsetzung auszuräumen.

1.5.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, zu prüfen, ob der Beschluss aktualisiert und sein Geltungsbereich ausgedehnt werden kann, um folgenden Aspekten gerecht zu werden:

1.5.1.

Der EWSA schlägt vor, dass die Kommission den Schwellenwert für die Befreiung abschafft und alle DAWI in den Beschluss aufnimmt, unabhängig von der jährlichen Ausgleichsleistung. Eine gründliche Prüfung der gegenwärtigen Anwendungspraxis verdeutlicht, dass dies die Verwaltungskosten senken und komplexe Fragen, mit denen die Gebietskörperschaften, insbesondere auf lokaler Ebene, sonst konfrontiert wären, vereinfachen würde, ohne dass der Wettbewerb in irgendeiner Weise verzerrt würde.

1.5.2.

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt und die nach wie vor beträchtlichen Diskrepanzen zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage fordert der EWSA die Kommission auf, zu prüfen, ob der Geltungsbereich des Beschlusses ausgedehnt werden könnte, indem Dienstleistungen mit dem Ziel, das Wissen und die Qualifikationen der Menschen und damit ihre Beschäftigungsaussichten zu verbessern, als förderfähig eingestuft werden.

1.5.3.

Der EWSA fordert die Kommission auf, den Beschluss in Bezug auf folgende Punkte sorgfältig zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern: die Frist für die Aufbewahrung aller Informationen, die notwendig sind, um zu bestimmen, ob die gewährten Ausgleichsleistungen mit diesem Beschluss vereinbar sind; eine Präzisierung, dass Betrauungsfristen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Erneuerung oder Verlängerung der Betrauung oder auf die Beihilfefähigkeit der jeweiligen Dienstleistungserbringer haben sollten; die Festlegung einer leicht verfügbaren Methode zur Berechnung des angemessenen Gewinns; weitere Präzisierungen im Hinblick auf die Aufteilung der Effizienzgewinne bei der Produktivität zwischen dem Unternehmen; ein flexibleres Herangehen bei einer geringfügigen Überschreitung, die nicht mehr als 10 % des durchschnittlichen jährlichen Ausgleichs beträgt, sodass die Parameter nicht neu festgelegt werden müssen.

1.6.

Der EWSA ist der Auffassung, dass in Bezug auf die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit mit dem Rahmen weitere Präzisierungen nötig sind, und zwar in folgenden Punkten:

weitere Konkretisierung von Alternativen für die Einhaltung der Vorgaben zur Gewährleistung der Vereinbarkeit gemäß Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), die in der Praxis bereits häufig genutzt werden;

Vermeidung obligatorischer Bestimmungen, die in die nationalen Gesetzgebungsverfahren eingreifen und unnötige Probleme verursachen könnten;

Berücksichtigung der neuen rechtlichen Voraussetzungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen;

Kombination des Ex-ante-Verfahrens mit der umfassenden Verwendung der Ex-post-Berechnung der Nettokosten, es sei denn, die Behörde zieht es vor, die Ausgleichsleistungen zum Zeitpunkt der Betrauung pauschal festzulegen;

Zulassung beider Konzepte zur Berechnung der Ausgleichsleistungen — Nettogesamtkosten und vermeidbare Nettokosten — und dazu Aufnahme entsprechender Leitlinien in den Rahmen, der gegenwärtig kaum Hinweise enthält, wie das jeweilige kontrafaktische Szenario ermittelt werden kann;

Unterscheidung zwischen besonderen oder ausschließlichen Rechten, die mit einer Vergünstigung einhergehen und deren Gewinne bei der Finanzierung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen berücksichtigt werden sollten, einerseits und universeller Erbringung andererseits, die mit einem Nachteil für den benannten Dienstleistungserbringer behaftet ist;

weitere Erläuterungen zu den Rentabilitätsstandards und Ermöglichung der Verwendung unterschiedlicher Standards, statt den Mitgliedstaaten einen bestimmten vorzuschreiben;

weitere Festlegungen zu Alternativen für die Berechnung dieser Anreize, die angesichts der Komplexität der Thematik nicht als verbindlich vorgeschrieben werden sollten.

1.7.

Der EWSA stellt fest, dass das Europäische Parlament und der Rat keine Regelungen erlassen haben, in denen die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse festgelegt sind. Der EWSA fordert die Kommission, das Parlament und den Rat deshalb auf, zu prüfen, wie der in Artikel 14 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erteilte Auftrag unbeschadet der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und der Vertragsbestimmungen, auf die in diesem Artikel verwiesen wird, umgesetzt werden kann.

2.   Gegenstand der Initiativstellungnahme

2.1.

In seinem Aktionsplan für 2017 betonte der EWSA die Bedeutung der DAWI, die ein wesentliches Element unseres europäischen Wirtschafts- und Sozialmodells sind, wie in Artikel 14 AEUV niedergelegt.

2.2.

In Artikel 14 werden die Union und die Mitgliedstaaten aufgefordert, im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse dafür Sorge zu tragen, „dass die Grundsätze und Bedingungen, insbesondere jene wirtschaftlicher und finanzieller Art, für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass diese ihren Aufgaben nachkommen können“. Der Vertrag besagt weiterhin, dass diese „Grundsätze und Bedingungen […] vom Europäischen Parlament und vom Rat durch Verordnungen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren festgelegt [werden], unbeschadet der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, diese Dienste im Einklang mit den Verträgen zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren“. Dieser Auftrag wurde bisher nicht in konkrete Gesetzesinitiativen überführt. Im Gegensatz dazu hat die Europäische Kommission ein umfassendes Regelwerk zu staatlichen Beihilfen erarbeitet, das für die DAWI Anwendung findet und sich an der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union orientiert.

2.3.

Die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit mit den Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen und Artikel 106 Absatz 2 AEUV waren bisher umstritten, auch seit das Gericht erster Instanz 1997 (1) entschieden hat, dass Ausgleichsleistungen für Unternehmen, die im öffentlichen Auftrag handeln, als staatliche Beihilfe angesehen werden können. Bis dahin war die einhellige Auffassung, dass ein Ausgleich für die zusätzlichen Kosten, die aufgrund höherer Verpflichtungen im Zusammenhang mit DAWI erwachsen, keinerlei Vergünstigung darstellt. Der Gerichtshof änderte seine Rechtsauffassung grundlegend im Jahr 2001 (2), als er zu dem Schluss kam, dass ein Ausgleich nur dann als staatliche Beihilfe zu werten sei, wenn er die zusätzlichen Kosten übersteigt, die dem für den jeweiligen Zweck benannten Erbringer der Dienstleistung entstehen. In dem Urteil im Fall Altmark aus dem Jahr 2003 (3) wurden schließlich die Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, damit ein Ausgleich aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften über staatliche Beihilfen ausgenommen wird.

2.4.

Die Europäische Kommission stellt fest, ob die DAWI mit den Regeln für staatliche Beihilfen vereinbar sind, und wendet dabei strikt die drei einleitenden Kriterien aus dem Altmark-Urteil an. Dabei müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen müssen klar definiert sein, und das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut worden sein.

Die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, sind zuvor objektiv und transparent aufgestellt worden.

Der Ausgleich geht nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns zu decken.

Die Auswahl des Dienstleistungserbringer erfolgt

entweder im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens

oder durch Bestimmung der Höhe der Ausgleichsleistungen auf der Grundlage der Kosten, die ein durchschnittliches, gut geführtes und angemessen ausgestattetes Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn zu berücksichtigen sind.

2.5.

2005 nahm die Kommission das Monti-Kroes-Paket an, das 2011 aktualisiert wurde (Almunia-Paket) und wesentliche Regeln für die Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse enthält: Das Paket umfasst eine Mitteilung der Kommission (4) (im Weiteren: „Rahmen“) mit den Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der DAWI und einen Beschluss der Kommission (5) über Ausgleichsleistungen, die von der Anmeldepflicht befreit sind, weil sie aufgrund ihres begrenzten Umfangs (in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a des Beschlusses wird ein jährlicher Höchstbetrag von 15 Mio. EUR festgelegt) oder ihrer Ausrichtung auf Tätigkeiten, die einen sozialen Bedarf befriedigen (z. B. Krankenhäuser, Gesundheitsdienste und Langzeitpflege, Kinderbetreuung, Zugang zum Arbeitsmarkt und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, sozialer Wohnungsbau, Betreuung und soziale Einbindung sozial schwacher Bevölkerungsgruppen sowie Schiffsverbindungen zu Inseln, Flughäfen und Seeverkehrshäfen mit einem geringen Fahrgastaufkommen), wahrscheinlich keine Wettbewerbsverzerrung bewirken. Die Kommission teilte mit, dass sie beabsichtige, diesen Beschluss fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten zu überprüfen.

2.6.

Als Teil seines Programms für Europa will der EWSA mit seiner Initiativstellungnahme einen Beitrag zur anstehenden Überprüfung durch die Kommission leisten, indem er die Erfahrungen mit der Umsetzung des DAWI-Pakets einer eingehenden Prüfung unterzieht. Dazu hat der EWSA eine Studie zur Anwendung der DAWI-Vorschriften auf öffentliche Ausgleichsleistungen in Auftrag gegeben (Überprüfung der Berichte der Mitgliedstaaten über die Umsetzung des Beschlusses der Europäischen Kommission über Beihilfen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse).

2.7.

Ausgleichsleistungen für DAWI wirken sich nur selten auf den Wettbewerb aus, da sie die Mehrkosten, die dem benannten Dienstleistungserbringer durch die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe erwachsen, abdecken. Sie zur Anmeldung der Zahlungen als staatliche Beihilfen und dem damit einhergehenden Aufwand zu verpflichten, erscheint übertrieben und ist nur gerechtfertigt, wenn andere Beteiligte einen unbestrittenen Schaden erlitten haben. Im Gegensatz dazu reagiert die Gemeinschaft nicht einheitlich auf Praktiken, die die Marktbedingungen erheblich untergraben, wie Dumpingverkäufe aus Drittstaaten oder Preise, die unter einem angemessenen Niveau liegen. Deshalb ist es wichtig, den Geltungsbereich des Beschlusses zur Ausnahme von DAWI von der Anmeldepflicht auszudehnen, die Rechtssicherheit zu erhöhen und mehr Flexibilität bei der Anwendung der Vorschriften zuzulassen, um zu gewährleisten, dass die Vertragsbestimmungen zur Förderung solch grundlegender Dienstleistungen angemessen eingehalten werden.

3.   Aktualisierung des Beschlusses und Ausweitung seines Geltungsbereichs

3.1.

Der EWSA ist der Auffassung, dass der Beschluss ein ausgewogenes Verhältnis herstellt zwischen der Notwendigkeit, DAWI zu fördern und zu unterstützen, und dem Ziel, mögliche Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Die Befreiung von der Anmeldepflicht reduziert Verwaltungskosten und komplizierte Verfahren, mit denen die Behörden andernfalls vor allem auf lokaler Ebene zu kämpfen hätten. Da für die nicht unter den Beschluss fallenden DAWI strengere Regeln gelten, sollten nur solche Fälle ausgenommen werden, die besondere Bedenken hinsichtlich des Wettbewerbs aufwerfen, da das Ziel darin besteht, die Ressourcen für die Prüfung staatlicher Beihilfen auf EU-Ebene zu konzentrieren. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kommission die überwiegende Mehrheit der von ihr geprüften DAWI-Regelungen genehmigt. Seit dem Erlass des Beschlusses 2012 und des Rahmens haben nur drei DAWI-Fälle zu einem eingehenderen Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV geführt. Zwei Fälle betrafen Postdienste (staatliche Beihilfe SA.35608 zugunsten der Hellenic Post, ELTA, und staatliche Beihilfe SA.37977 zugunsten des spanischen Postbetreibers), ein weiterer Fall Krankenhäuser (staatliche Beihilfe SA.19864 zur Finanzierung der öffentlichen IRIS-Krankenhäuser in Brüssel), nach einer Entscheidung des Gerichtshofes, mit der eine Genehmigung der Kommission für ungültig erklärt wurde, da angesichts der Komplexität eine förmliche Prüfung erforderlich war. In allen von der Kommission geprüften Fällen spielen Anträge von Konkurrenten eine wesentliche Rolle, was eine umfassende Einhaltung gewährleistet, ohne dass eine systematische Anmeldung der DAWI-Regelungen nötig gewesen wäre. Darüber hinaus bieten die Rechtsprechung und die Praxis der Kommission den Beteiligten ausreichend Orientierungshilfe, um abschätzen zu können, ob sie den Beschluss beruhigt anwenden können, ohne DAWI-Regelungen anmelden zu müssen, um volle Rechtssicherheit zu gewährleisten. Der EWSA schlägt deshalb vor, dass die Kommission den Schwellenwert für die Befreiung nach dem Vorbild der Ausgleichsleistungen für den Personenverkehr abschafft und alle DAWI in den Beschluss aufnimmt, unabhängig von der jährlichen Ausgleichsleistung (6).

3.2.

Die Festlegung eines Schwellenwerts in Bezug auf den Umfang der Beihilfen, ab dem eine Anmeldepflicht besteht, kann für die Prüfung auf EU-Ebene relevant sein, insbesondere in den Fällen, in denen die Gewährung der Beihilfe nicht-transparente Verfahren umfasst, etwa Steuernachlässe oder -befreiungen, zinsverbilligte Darlehen oder öffentliche Garantien. Darüber hinaus ist in dem Beschluss festgelegt, dass bestimmte Tätigkeiten wegen wettbewerbsrechtlicher Bedenken eine Prüfung erfordern können, sodass eine Anmeldepflicht festgelegt werden könnte. Wenn der geltende Schwellenwert gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a) des Beschlusses in der festgelegten sehr geringen Höhe beibehalten wird, führt dies zu einer unangemessenen Belastung der zuständigen Stellen, bringt dabei aber keinerlei sichtbaren Vorteil für eine Stärkung des Wettbewerbs. Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, die Anmeldepflicht zu begrenzen auf bestimmte Formen von Beihilfen bzw. konkrete Tätigkeiten, bei denen angesichts möglicher Wettbewerbsverzerrungen ein genaueres Hinsehen angebracht ist, um gleiche Bedingungen sicherzustellen.

3.3.

Der EWSA fordert die Kommission auf, zu prüfen, ob der Geltungsbereich des Beschlusses ausgedehnt werden könnte, damit auch Dienstleistungen mit dem Ziel, das Wissen und die Qualifikationen der Menschen und damit ihre Beschäftigungsaussichten zu verbessern, förderfähig sind. Darüber hinaus müssen Grauzonen, bei denen privates Engagement eine Rolle spielt, beseitigt werden. Hier wäre Orientierungshilfe zu begrüßen.

3.4.

Mit dem Beschluss sollte die umfassende Vereinbarkeit mit dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht gewährleistet und den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sollten keine unnötigen Belastungen aufgebürdet werden. In Artikel 8 ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten während des Betrauungszeitraums und für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren ab Ende des Betrauungszeitraums alle Informationen verfügbar halten, die notwendig sind, um zu bestimmen, ob die gewährten Ausgleichsleistungen mit diesem Beschluss vereinbar sind. Dies widerspricht Artikel 17 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates, nach dem eine Beihilfe nach Ablauf der Frist von zehn Jahren nicht zurückgefordert werden kann, weshalb die Kommission, wie die Praxis zeigt, gewöhnlich keine Vereinbarkeitsprüfung vornimmt. Die Aufbewahrung von Informationen für mehr als zehn Jahre, die für die Kontrolle staatlicher Beihilfen nicht nötig ist, ist eine unzumutbare Belastung für die Behörden und verstößt gegen die in den Verträgen verankerten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der geordneten Verwaltung.

3.5.

Artikel 2 Absatz 2 des Beschlusses gilt nur für Betrauungen für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren, es sei denn, für die DAWI ist eine erhebliche Investition seitens des Dienstleistungserbringers erforderlich, die einen längeren Zeitraum rechtfertigt. Üblicherweise wird diese Vorschrift gemäß dem Rahmen von der Kommission zwar allgemein so ausgelegt, dass Betrauungen diesen Zeitraum nicht überschreiten sollen, doch könnte der Wortlaut des Beschlusses nahelegen, dass Unternehmen, die eine öffentliche Dienstleistung über einen längeren Zeitraum erbringen, nicht mehr in seinen Geltungsbereich fallen. Der EWSA fordert deshalb, dass die Kommission präzisiert, dass die zeitlichen Fristen für die Betrauungen keine wesentlichen Auswirkungen auf die Erneuerung oder Verlängerung der Betrauung oder auf die Beihilfefähigkeit der jeweiligen Dienstleistungserbringer haben. Diese Frage ist besonders heikel bei öffentlichen Dienstleistungserbringern, die von Behörden betraut wurden, da sie einzig dem Zweck dienen, die betreffende öffentliche Dienstleistung zu erbringen.

3.6.

Artikel 5 Absätze 5, 7 und 8, bei denen es um den angemessenen Gewinn geht, sollten eine leicht zugängliche Methode zur Berechnung dieses Gewinns vorsehen. Der gegenwärtige Ansatz ähnelt dem im Rahmen vorgesehenen und umfasst Verfahren wie das des internen Ertragssatzes, die sich als viel zu komplex für lokale DAWI erweisen und deshalb nicht eben zur Verwendung für die Berechnung der Ausgleichsleistungen einladen. Die Festlegung von Rentabilitätsbenchmarks umfasst kostspielige Beratungsleistungen, die für die meisten DAWI gar nicht in Frage kommen. Der EWSA fordert die Kommission auf, diesen Punkt zu klären, da gemäß der Praxis in der Kommission ein direkter Vergleich der Rentabilität in der entsprechenden Branche zulässig ist, der auf der Grundlage verfügbarer offizieller oder privater Daten erfolgt, die allgemein als uneingeschränkt repräsentativ anerkannt sind.

3.7.

In Artikel 5 Absatz 6 werden Effizienzanreize berücksichtigt (auch wenn sie nicht definiert werden), jedoch sind für konkretere Bestimmungen insbesondere im Hinblick auf die Aufteilung der Effizienzgewinne bei der Produktivität zwischen dem Unternehmen, dem Mitgliedstaat und/oder den Nutzern noch Präzisierungen erforderlich. Der EWSA fordert die Kommission auf, jegliche Zweifel über die Auslegung dieser Vorschrift auszuräumen.

3.8.

In Artikel 6 Absatz 2 des Beschlusses ist festgelegt, dass im Falle eines höheren Ausgleichs eine Neufestlegung der Parameter für die Berechnung des Ausgleichs zu erfolgen hat. Übersteigt die Überkompensation den durchschnittlichen jährlichen Ausgleich nicht um mehr als 10 %, so kann sie auf den nächsten Zeitraum übertragen werden. Wollte man die Vorschrift völlig konsistent machen, so müsste man sich in diesem Fall gegen eine Neufestlegung der Parameter aussprechen und so eine Neubewertung vermeiden, die zu Rechtsunsicherheit für die benannten Dienstleistungserbringer führen würde, obwohl in diesen Fällen der Wettbewerb nicht beeinträchtigt wird. Der EWSA empfiehlt der Kommission ein flexibleres Herangehen bei einer geringfügigen Überschreitung, die nicht mehr als 10 % des durchschnittlichen jährlichen Ausgleichs beträgt, sodass die Parameter nicht neu festgelegt werden müssen.

3.9.

Jede Diskriminierung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften und damit der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die auf den entsprechenden Ebenen erbracht werden, sind zu vermeiden. Gegenwärtig müssen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften ihre Anträge, Antworten und Bedenken über den offiziellen Kanal ihres Mitgliedstaats übermitteln, da nur dieser in einen förmlichen Dialog mit der Kommission über staatliche Beihilfen treten kann. Die Informationen, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die Kommission herausgeben, müssen von den jeweiligen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, einen stärker strukturierten Dialog mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften über die Verfahren und Fragen der staatlichen Beihilfen aufzunehmen. Die Regeln und Anforderungen für staatliche Beihilfen sollten zudem an die besonderen Bedürfnisse und Möglichkeiten der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften angepasst werden, womit eine faire und gerechte Behandlung in der Praxis gewährleistet ist.

4.   Präzisierung der Bedingungen für die Vereinbarkeit gemäß dem Rahmen

4.1.

Im Rahmen sind die unterschiedlichen Vorgaben zur Gewährleistung der Vereinbarkeit mit Artikel 106 Absatz 2 AEUV sowie die Rechtsprechung zur Auslegung der Bestimmungen im Detail dargelegt. Zwar werden die von der Kommission angewandten Kriterien ausführlich erläutert, doch ist oft eine übervorsichtige Haltung erkennbar, die unnötige Probleme und eine gewisse Unsicherheit schafft. Die Kommissionspraxis zeigt, dass solche Schwierigkeiten in vielen Bereichen überwunden wurden, indem der Rahmen pragmatisch ausgelegt wurde. Konkrete Verweise auf diese Lösungen würden die Rechtssicherheit erhöhen und die Gleichbehandlung wirksam stärken, zugleich aber dem Grundsatz Rechnung tragen, dass jeder Fall einzeln zu prüfen ist. Der EWSA empfiehlt deshalb, dass die Kommission die bereits in der Praxis oft genutzten Alternativen für die Einhaltung dieser Vorgaben weiter konkretisiert. Dies würde viele der Zweifel beseitigen, die die Behörden und Dienstleistungserbringer gegenwärtig haben.

4.2.

Nach dem Vertrag fällt die Übertragung und Festlegung eines öffentlich-rechtlichen Auftrags in die grundsätzliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Deshalb können die in Ziffer 13 des Rahmens enthaltenen Verweise auf die Bedingungen, die DAWI/öffentliche Dienstleistungen erfüllen müssen, nur als nützliche Orientierung dienen. Allerdings kann die Aufnahme dieser Verweise Anlass zu der begründeten Sorge geben, ob hier möglicherweise nicht die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten beschnitten werden. Es liegt nämlich im Ermessen der Mitgliedstaaten, im öffentlichen Interesse über die Standards für Qualität, Sicherheit, Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung sowie Förderung des Universalzugangs und der Nutzerrechte zu entscheiden, die jede grundlegende Dienstleistung erfüllen muss — unabhängig davon, ob sie im Rahmen des Marktes oder als Gemeinwohlauftrag erbracht wird. Die Mitgliedstaaten können auch entscheiden, ob zur Einhaltung dieser Standards eine DAWI/öffentliche Dienstleistung erforderlich ist. Marktbedingungen sind zwar sehr wichtig, dürfen jedoch die Befugnis der Behörden zum Schutz des öffentlichen Interesses nicht aufheben oder beschneiden. Der EWSA schlägt deshalb vor, dass sich die Kommission in diesem Punkt mit einem Verweis auf ihre Mitteilung begnügt und bei ihrer Bewertung lediglich prüft, ob ein offenkundiger Fehler vorliegt, wobei diese Frage letztlich in die Zuständigkeit des Gerichtshofes fällt.

4.3.

In Ziffer 14 des Rahmens werden die Befugnisse der Mitgliedstaaten auf Erteilung eines Auftrags unzulässig eingeschränkt, indem sie verpflichtet werden, eine öffentliche Konsultation durchzuführen, um den Interessen der Nutzer und Dienstleistungserbringer Rechnung zu tragen. Dies ist ein Eingriff in nationale Zuständigkeiten, zu dem die Kommission nicht berechtigt ist. Die Behörden berücksichtigen stets in gebührendem Maße die Interessen der Beteiligten, daher ist es kaum mit den Bestimmungen und Grundsätzen des Vertrags vereinbar, sie zu zwingen, den Bedarf an einer öffentlichen Dienstleistung zu begründen und eine öffentliche Konsultation durchzuführen bzw. andere angemessene Mittel zu nutzen. Die Kommission beachtet diese Anforderung, wie ihre Praxis zeigt, nur in begrenztem Maße, insbesondere wenn die Mitgliedstaaten bei ihrer Anwendung auf Hindernisse stoßen. Der EWSA schlägt deshalb vor, dass die Kommission diese Ziffer neu formuliert, um obligatorische Bestimmungen zu vermeiden, die in die nationalen Gesetzgebungsverfahren eingreifen und unnötige Probleme verursachen könnten.

4.4.

Die in Ziffer 19 des Rahmens festgelegte Bestimmung, wonach die Betrauungen mit den geltenden EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen vereinbar sein müssen, berücksichtigt nicht, dass das einschlägige Sekundärrecht nach dem Paket für das öffentliche Auftragswesen 2014 grundlegend überarbeitet wurde. Die Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe gilt gemäß Artikel 1 Absatz 2 nur für den Erwerb durch öffentliche Auftraggeber und kann keine verbindliche Regelung für DAWI darstellen, da es bei diesen um Aufgaben geht, die ein Unternehmen im Auftrag einer öffentlichen Stelle wahrnimmt. Deshalb stünde jede Vorgabe im Rahmen des Rechts für die Vergabe öffentlicher Aufträge im Widerspruch zu der einschlägigen Richtlinie. Mit dem Paket für das öffentliche Auftragswesen von 2014 werden erstmals auch Konzessionen geregelt. Es wäre jedoch in hohem Maße irreführend, daraus zu schließen, dass DAWI unter diese Regelung fallen könnten: Konzessionen bedeuten, dass die Unternehmen alle Risiken tragen, sobald der Zuschlag erteilt wurde, ganz anders als bei DAWI, wo die Behörden die zusätzlichen Kosten für den Betrieb ausgleichen und damit das Risiko gering halten. Die Regelung käme nur dann zur Anwendung, wenn die Behörde eine DAWI auf Grundlage einer Konzession erbringen ließe, doch gäbe es in solchen Fällen kein Beihilfeelement, da der benannte Erbringer das gesamte Risiko zu tragen hätte. Deshalb wären weder die Regeln für die öffentliche Auftragsvergabe noch die Regeln für Konzessionen auf DAWI anwendbar. Rechtlich gesehen können die Mitgliedstaaten durch den Rahmen nur aufgefordert werden, gegebenenfalls die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung bei der Auswahl der Erbringer, insbesondere wenn es sich um private Erbringer handelt, anzuwenden, verbindlich vorgeschrieben werden kann es jedoch nicht. Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, Ziffer 19 des Rahmens zu überarbeiten und dabei die neuen rechtlichen Voraussetzungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen zu berücksichtigen.

4.5.

Zwar ist in Ziffer 22 des Rahmens festgelegt, dass die Ausgleichsleistungen auf der Grundlage der erwarteten oder der tatsächlich angefallenen Kosten und Einnahmen festgelegt werden können, doch ist es bei den üblichen Verfahren der Kommission nur allzu häufig erforderlich, dass der Ausgleich im Vorhinein festgelegt wird. Eine derartige Berechnungsmethode, die es den Behörden nicht erlaubt, den Ausgleich im Nachhinein gemäß den tatsächlichen Nettokosten zu leisten, stellt sich als unangemessene Einmischung dar, die zu unlösbaren Problemen führen könnte, da der Erbringer mit einer systematischen Unterfinanzierung konfrontiert wäre, wenn die im Vorhinein gezahlten Beträge die Nettokosten nicht decken. Mehr noch, wenn die Behörde eine zusätzliche Unterstützung leistet, um diese Differenz zu überbrücken, riskiert sie grundsätzlich eine Strafe wegen Verstoßes gegen die Bedingungen, die in dem Beschluss zur Genehmigung festgelegt sind. In der Praxis ignoriert die Kommission diese Unstimmigkeit bisher weitgehend, es sei denn, ein Kläger moniert diesen Punkt. Es scheint zwar angemessen, die Methode für die Berechnung der Ausgleichsleistungen im Vorhinein festzulegen, doch sollten die daraus resultierenden vorläufigen Beträge nicht verbindlich sein. Erst wenn das Jahresergebnis verfügbar ist, kann die Berechnung der Nettokosten und des entsprechenden Ausgleichs erfolgen. Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, die umfassende Kohärenz und Vereinbarkeit mit dem zweiten Altmark-Kriterium sicherzustellen, indem sie das Ex-ante-Verfahren mit der umfassenden Verwendung der Ex-post-Berechnung der Nettokosten kombiniert, es sei denn, die Behörde zieht es vor, die Ausgleichsleistungen zum Zeitpunkt der Betrauung festzulegen.

4.6.

Die Methode zur Berechnung der vermeidbaren Nettokosten für die Berechnung der Ausgleichsleistungen beruht auf der Annahme, dass der benannte Dienstleistungserbringer seine Tätigkeit einschränken und eine Maximierung der Einnahmen anstreben würde, wenn keine Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen bestehen würde. Die konventionelle Methode zur Berechnung der vermeidbaren Nettokosten würde bedeuten, dass der Erbringer alle defizitären Aktivitäten einstellen würde. Die Differenz zwischen diesem kontrafaktischen Szenario und den tatsächlichen Ergebnissen des Dienstleistungserbringers bestimmt die Höhe der Ausgleichsleistungen. Die Kommission hat sich kürzlich für den Profitability-Cost-Ansatz (PC) ausgesprochen, bei dem das Kontrafaktische darin bestünde, dass die Tätigkeiten, die das Unternehmen daran hindern, seine Ergebnisse zu maximieren, eingestellt werden würden. Die Ausgleichszahlungen decken dann nicht nur die zusätzlichen Kosten der DAWI, sondern auch weniger effiziente Tätigkeiten, selbst wenn sie rentabel sind. Zur Ermittlung der Ausgleichszahlungen müssen nach Vorstellung der Kommission die Marktvorteile und die immateriellen Vorteile für den Erbringer von der Ausgleichsleistung abgezogen werden. Die Bevorzugung des PC-Ansatzes führt de facto zu Divergenzen durch die Anwendung eines einzigen Grundsatzes und untergräbt damit die Rechtssicherheit. Der EWSA empfiehlt der Kommission, beide Konzepte zu befürworten und dazu entsprechende Leitlinien im Rahmen zu geben, der gegenwärtig kaum Hinweise enthält, wie das jeweilige kontrafaktische Szenario ermittelt werden kann.

4.7.

Die Kostenallokationsmethode scheint für die meisten DAWI am besten geeignet zu sein, da ihre Berechnung auf der Differenz zwischen den die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen deckenden Kosten und den entsprechenden Einnahmen beruht. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten, die diese Methode anwenden wollen, begründen, warum sie nicht die Methode der vermeidbaren Nettokosten anwenden, die sonst als verbindlich gilt. Da die Methode der vermeidbaren Nettokosten eine komplexe und kostspielige Analyse umfasst, wozu oft externe Beratungsleistungen in Anspruch genommen werden müssen, empfiehlt der EWSA der Kommission, die Kostenallokationsmethode als uneingeschränkt zulässig anzuerkennen, ebenso wie die Methode der vermeidbaren Nettokosten, außer für konkrete Branchen wie die Postdienste, wo ein solches Verfahren nach der dritten Postrichtlinie vorgeschrieben ist.

4.8.

In Ziffer 32 des Rahmens („Einnahmen“) werden überschüssige Gewinne aus besonderen und ausschließlichen Rechten richtigerweise berücksichtigt. Dazu wurden aber in letzter Zeit üblicherweise auch Gewinne aus der Erbringung von Universaldienstleistungen gerechnet, auch wenn sie nicht aus solchen Rechten stammen, was zu irreführenden Bewertungen führte. Es sollte betont werden, dass die universelle Erbringung mit dem Nachteil behaftet ist, dass der benannte Erbringer die Dienstleistung in einem bestimmten Gebiet erbringen muss, unabhängig von den Kosten, die dies mit sich bringt. Wenn sich die Erbringung der Dienstleistung für den Erbringer rentiert, würde es also einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrags darstellen, wenn der Überschuss weitere verlustträchtige gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen obligatorisch finanzieren würde. Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, diesen Punkt zu präzisieren und eine Unterscheidung vorzunehmen zwischen besonderen oder ausschließlichen Rechten, die mit einer Vergünstigung einhergehen und deren Gewinn bei der Finanzierung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen berücksichtigt werden sollte, einerseits und universeller Erbringung andererseits, die mit einem Nachteil für die benannten Dienstleistungserbringer behaftet ist.

4.9.

Der im Rahmen vorgesehene Begriff des angemessenen Gewinns wirft einige Fragen auf, die einer weiteren Klärung bedürfen. Im Rahmen wird empfohlen, die Kapitalrendite des Unternehmens zu verwenden, allerdings wird auch eingeräumt, dass die Anwendung dieser Methode einige Probleme birgt. In der Praxis vergleicht die Kommission deshalb Unternehmen derselben oder einer ähnlichen Branche miteinander und zieht dazu Standardrentabilitätskriterien wie die Eigenkapitalrentabilität oder die Umsatzrentabilität heran. Die mangelnde Rechtsklarheit bei diesen Fragen führt jedoch oft zu abweichenden Ergebnissen. Der EWSA schlägt deshalb vor, dass die Kommission alle standardmäßigen und eingeführten Rentabilitätskriterien zulässt, statt bestimmte dieser Kriterien vorzuschreiben. Der EWSA fordert die Kommission auf, weitere Erläuterungen zu den Rentabilitätsstandards zu geben und die Verwendung unterschiedlicher Standards zu erlauben, statt den Mitgliedstaaten einen bestimmten vorzuschreiben.

4.10.

Die obligatorische Effizienzvorgabe der Ziffern 39 bis 46 des Rahmens ist ein echtes Hindernis sowohl für die betroffenen Unternehmen als auch für die Behörden. Da der Rahmen keinen Hinweis darauf enthält, wie die Effizienzanreize berechnet werden sollen, lässt die Kommission üblicherweise erheblich voneinander abweichende Bewertungen zu und untergräbt damit die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung. Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, Alternativen für die Berechnung dieser Anreize vorzulegen, die angesichts der Komplexität der Thematik allerdings nicht als verbindlich vorgeschrieben werden sollten.

Brüssel, den 6. Juli 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  Rechtssache T-106/95.

(2)  Rechtssache C-53/00.

(3)  Rechtssache C-280/00.

(4)  ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 15.

(5)  ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3.

(6)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1.