EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 24.5.2016
COM(2016) 274 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Bericht über die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004
1.
Einführung
1.1.
Hintergrund
Die Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 (im Folgenden die „Verordnung“), die darauf abzielt, den grundlegenden Schutz von Fahrgästen im See- und Binnenschiffsverkehr zu gewährleisten, die Personenverkehrsdienste oder Kreuzfahrten nutzen, trat am 18. Dezember 2012 in Kraft.
Die Kommission legt diesen Bericht gemäß Artikel 29 der Verordnung vor, der verlangt, dass die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht über die Anwendung und Wirkung der Verordnung erstattet sowie erforderlichenfalls Legislativvorschläge für ihre weitere Ausgestaltung oder Änderung unterbreitet.
Der Bericht stützt sich zum Teil auf die von den nationalen Behörden in ihren Berichten gemachten quantitativen und qualitativen Angaben zur Durchsetzung der Verordnung im Zeitraum 2013-2014 sowie auf die Konsultation der Fahrgast- und Branchenvertreter auf europäischer Ebene.
1.2.
Bedeutung und Besonderheiten der Sektoren Personenseeverkehr und Binnenschiffspersonenverkehr in der EU
In der EU erfolgt fast die gesamte Personenbeförderung per Schiff im Seeverkehr. Weniger als 1 % erfolgt auf Binnenwasserstraßen.
Die in der Verordnung getroffene Unterscheidung zwischen gewerblichen Personenverkehrsdiensten und Kreuzfahrten stützt sich auf deren jeweilige Merkmale und wirkt sich auf den Umfang der den Fahrgästen gewährten Rechte aus:
Gewerbliche Personenverkehrsdienste sind gewerbliche Verkehrsdienste zur Personenbeförderung zwischen Häfen nach einem veröffentlichten Fahrplan. Diese machen 96,5 % des Personenbeförderungsmarktes im Seeverkehr aus. Im Jahr 2013 nutzten 193 Mio. Fahrgäste Fähren und andere Liniendienste im Seeverkehr. Ein intensiver Personenseeverkehr ist unabdingbar, wenn die Inselgruppen, Inseln und die Gebiete in Randlage und äußerster Randlage der Mitgliedstaaten Teil des sozialen und wirtschaftlichen Gefüges der EU ausmachen sollen. In einigen Fällen (z. B. kleine Inseln ohne Flugverbindungen) gibt es keine Alternative zum Seeverkehr und müssen die Bürger ungeachtet der vom Beförderer vorgegebenen Bedingungen mit dem Schiff reisen.
Kreuzfahrten sind Dienstleistungen auf See- oder Binnenwasserstraßen, die ausschließlich Vergnügungs- oder Freizeitzwecken dienen, Unterbringung und andere Zusatzleistungen umfassen und mehr als zwei Übernachtungen an Bord beinhalten. Im Jahr 2013 belief sich die Zahl der Kreuzfahrtpassagiere auf beinah 7 Mio., d. h. etwa 3,5 % des Marktes. Die Kreuzfahrtindustrie ist Teil des Luxussegments des Seeverkehrssektors. Die Schiffe weisen eine vollständige Hotelinfrastruktur auf, bieten Freizeitaktivitäten an und bringen die Fahrgäste häufig zurück zum Einschiffungshafen.
2.
Ziele, Anwendungsbereich und Inhalt der Verordnung
2.1.
Ziele der Verordnung
Die EU-Gesetzgeber haben Vorschriften zu den Rechten der Passagiere aller Verkehrsträger (Luft-, Schienen-, Schiffs- und Busverkehr) erlassen, um den Bürgern bei Reisen in Europa ein Mindestmaß an Schutz zu gewähren und auf diese Weise Mobilität und soziale Integration zu fördern. Das vorhandene gesetzlich verankerte gemeinsame Paket von Passagierrechten für alle vier Verkehrsträger (mit besonderen Bestimmungen, die den Besonderheiten der einzelnen Verkehrsträger, Märkte und Passagiere Rechnung tragen
) trägt dazu bei, für die Betreiber innerhalb eines Verkehrsträgers und zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
2.2.
Anwendungsbereich und Inhalt der Verordnung
Anwendungsbereich
Von einigen Ausnahmen abgesehen gilt die Verordnung für Personenverkehrsdienste im See- und Binnenschiffsverkehr von oder zu Häfen in der EU sowie für Kreuzfahrten mit einem Einschiffungshafen in der EU.
Bis zum 18. Dezember 2014 hatten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, im Inlandsverkehr betriebene Seeschiffe mit einer Bruttoraumzahl von weniger als 300 t von der Anwendung dieser Verordnung auszunehmen, sofern die Fahrgastrechte nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften angemessen gewährleistet waren. Keiner der Mitgliedstaaten hat von dieser Ausnahme Gebrauch gemacht.
Die Mitgliedstaaten können beschließen, die Verordnung nicht auf Personenverkehrsdienste anzuwenden, die im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, öffentlicher Dienstleistungsverträge oder integrierter Verkehrsdienste erbracht werden, sofern sie sicherstellen, dass die Fahrgastrechte nach dieser Verordnung durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften vergleichbar gewährleistet sind. Keiner der Mitgliedstaaten hat von dieser Ausnahme Gebrauch gemacht.
Inhalt
Wie die für andere Verkehrsträger geltenden Passagierrechte beruhen auch die Fahrgastrechte im Schiffsverkehr auf vier Grundsätzen:
a)
Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit
Kein Fahrgast sollte beim Kauf von Fahrscheinen für Personenverkehrsdienste im Schiffsverkehr und für Kreuzfahrten aus Gründen der Staatsangehörigkeit direkt oder indirekt diskriminiert werden.
b)
Bereitstellung genauer, zeitnaher und zugänglicher Informationen
Die Fahrgäste haben das Recht, vor und während ihrer Reise angemessen informiert zu werden (insbesondere im Falle von Verkehrsstörungen), unter anderem über ihre Rechte und die Kontaktdaten der nationalen Durchsetzungsstellen.
c)
Unverzügliche und angemessene Hilfeleistung im Falle von Verkehrsstörungen
Im Falle einer Verspätung von mehr als 90 Minuten oder bei Annullierung eines Personenverkehrsdienstes oder einer Kreuzfahrt haben die Fahrgäste Anspruch auf eine kostenlose verhältnismäßige und angemessene Hilfeleistung. Dazu gehören Imbisse, Mahlzeiten oder Erfrischungen sowie erforderlichenfalls Unterbringung. Zudem muss ihnen die Wahl zwischen folgenden Optionen angeboten werden:
anderweitige Beförderung zum Zielort ohne Aufpreis zum frühestmöglichen Zeitpunkt und unter vergleichbaren Bedingungen und
Erstattung des Fahrpreises und gegebenenfalls zum frühestmöglichen Zeitpunkt kostenlose Rückfahrt zum im Beförderungsvertrag festgelegten Abfahrtsort.
Bei großer Verspätung der Ankunft haben die Fahrgäste ferner Anspruch auf objektive und einheitliche Entschädigungen. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem Ausmaß der Verspätung und der vorgesehenen Reisedauer und wird im Verhältnis zum Fahrpreis berechnet. Weist der Beförderer nach, dass die Verspätung durch Wetterbedingungen verursacht wurde, die den sicheren Betrieb des Schiffes beeinträchtigt haben, oder durch außergewöhnliche Umständen, die nach vernünftigem Ermessen nicht hätten vermieden werden können, muss er keine Entschädigung zahlen.
Da es bei Kreuzfahrten anders als bei gewerblichen Personenverkehrsdiensten keinen verbindlichen veröffentlichten Fahrplan gibt, haben Kreuzfahrtpassagiere gemäß der Verordnung weder einen Anspruch darauf, bei einer annullierten oder verspäteten Abfahrt zwischen anderweitiger Beförderung und Fahrpreiserstattung zu wählen (diese Frage ist im Vertrag geregelt, die der Passagier über die Kreuzfahrt abschließt), noch ein Recht auf Entschädigung im Falle einer verspäteten Ankunft.
d)
Rechte von Menschen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität
Die Verordnung sieht für die Beförderer, die Hafenterminalbetreiber, Reisevermittler und Reiseveranstalter bestimmte Verpflichtungen vor, um zu gewährleisten, dass für Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität in Bezug auf Schiffsreisen Chancengleichheit besteht.
Beförderer, Reisevermittler und Reiseveranstalter dürfen sich nicht aufgrund der Behinderung oder der eingeschränkten Mobilität von Personen weigern, eine Buchung vorzunehmen oder diese Personen zu befördern, es sei denn,
es ist nicht möglich, diese Personen im Einklang mit den geltenden Sicherheitsvorschriften sowie den von den zuständigen Behörden erlassenen Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen zu befördern, oder
die Beschaffenheit des Schiffes oder die Verkehrsinfrastruktur machen es unmöglich, diese Personen auf sichere oder operationell durchführbare Weise zu befördern.
Die Beförderer und Terminalbetreiber sind verpflichtet, für nichtdiskriminierende Zugangsbedingungen zu sorgen.
Von Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität darf über den Fahrpreis hinaus keine zusätzliche Gebühr verlangt werden, und die Beförderer und Hafenterminalbetreiber müssen ihnen in Häfen und an Bord der Schiffe kostenlos und in angemessenem Umfang Hilfe leisten.
Andere für Personenverkehrsdienste im Schiffsverkehr relevante EU-Vorschriften
Fahrgäste, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallende Seeverkehrsdienstleistungen nutzen, sind auch durch die Verordnung (EG) Nr. 392/2009 geschützt, mit der dafür gesorgt werden soll, dass bei Personenschäden (einschließlich Tod) oder anderen Verlusten oder Beschädigungen infolge eines Unfalls auf See eine angemessene Entschädigung gezahlt wird.
Fahrgäste, die im Rahmen einer Pauschalreise mit dem Schiff reisen, genießen gemäß der kürzlich verabschiedeten Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen zusätzliche Rechte.
In den folgenden EU-Rechtsvorschriften sind zudem verschiedene Aspekte der Zugänglichkeit von Schiffen für Personen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität geregelt: Richtlinie 2009/45/EG über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe, Richtlinie 1999/35/EG über ein System verbindlicher Überprüfungen im Hinblick auf den sicheren Betrieb von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr und Richtlinie 98/41/EG über die Registrierung der an Bord von Fahrgastschiffen im Verkehr nach oder von einem Hafen eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft befindlichen Personen.
Ein erheblicher Teil der Personenverkehrsdienste im Schiffsverkehr erfolgt in einem grenzübergreifenden Kontext: entweder nutzen die Fahrgäste grenzübergreifende Verkehrsdienstleistungen oder sie nutzen inländische Verkehrsdienstleistungen außerhalb ihres eigenen Mitgliedstaats. Zur Wahrung der Interessen dieser Fahrgäste sieht die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden einen geeigneten Rahmen für die Zusammenarbeit der nationalen Durchsetzungsstellen und zur Verteidigung der kollektiven Interessen von Fahrgästen in einem grenzübergreifenden Kontext vor.
3.
Die Anwendung der Verordnung durch die Mitgliedstaaten
Die Verordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, nationale Stellen zur Durchsetzung der Verordnung einzurichten, und in ihren nationalen Rechtsvorschriften wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Betreiber festzulegen, die gegen die Verordnung verstoßen.
Die Benennung der nationalen Durchsetzungsstellen
Die meisten, wenn auch nicht alle Mitgliedstaaten haben nationale Durchsetzungsstellen benannt, die zuvor bereits für Passagierrechte bei anderen Verkehrsträgern zuständig waren. Die nationalen Durchsetzungsstellen sind entweder Verkehrsbehörden oder Verbraucherschutzbehörden. Einige Mitgliedstaaten benennen mehrere nationale Durchsetzungsstellen, in der Regel eine Verbraucherschutzbehörde, die für die Bearbeitung von Beschwerden zuständig ist, und eine für andere Fragen (Inspektionen, Sanktionen, Zugang zu Schiffen und Hafenterminals für Fahrgäste mit Behinderungen) zuständige Verkehrsbehörde. In den meisten Mitgliedstaaten wurden die nationalen Durchsetzungsstellen nur auf nationaler Ebene benannt, in einigen Mitgliedstaaten spielen jedoch regionale Behörden eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Verordnung.
Bearbeitung von Beschwerden
Die Fahrgäste können sich mit Beschwerden über mutmaßliche Verstöße gegen die Verordnung an den Beförderer, den Hafenterminalbetreiber oder direkt an die nationale Durchsetzungsstelle wenden.
Die Verordnung sieht für die Einreichung einer Beschwerde keine zeitliche Reihenfolge vor, räumt den Mitgliedstaaten aber die Möglichkeit ein, von den Fahrgästen zu verlangen, ihre Beschwerde zunächst an den Beförderer oder den Hafenterminalbetreiber zu richten, wobei die nationale Durchsetzungsstelle lediglich als Beschwerdeinstanz dient, falls der Fahrgast mit der Antwort nicht zufrieden ist. Insgesamt 21 Mitgliedstaaten haben sich für diese Option entschieden, die den Vorteil hat, dass die nationalen Durchsetzungsstellen Beschwerden effizienter und rascher bearbeiten können, da ihnen von Anfang an der Schriftwechsel zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beförderer/Terminalbetreiber zur Verfügung steht und sie damit einen umfassenderen Überblick über die Angelegenheit aus Sicht beider Parteien haben.
Es gibt zurzeit keine öffentlich zugänglichen Statistiken über die Zahl der von Fahrgästen bei Beförderern und Terminalbetreiber in den Jahren 2013 und 2014 eingereichten Beschwerden. Obwohl solche Daten hilfreich wären, um die Anwendung der Verordnung zu beurteilen, sind die Beförderer und Terminalbetreiber nicht verpflichtet, solche Daten zu sammeln und den nationalen Durchsetzungsstellen zu übermitteln.
Uns ist jedoch bekannt, dass die nationalen Durchsetzungsstellen nur sehr wenige Beschwerden bearbeitet haben (siehe nachstehende Tabelle). Hierfür lassen sich mehrere Gründe anführen, insbesondere der, dass die Verordnung relativ neu ist und sich viele Passagiere ihrer Rechte möglicherweise nicht vollständig bewusst sind. In den meisten Mitgliedstaaten müssen die Fahrgäste zudem ihre Beschwerden zunächst an den Beförderer oder Terminalbetreiber richten, welche die meisten dieser Beschwerden anscheinend in zufriedenstellender Weise klären können, so dass sie nicht bis zu den nationalen Durchsetzungsstellen gelangen.
Sanktionen
Die nationalen Rechtsvorschriften der meisten Mitgliedstaaten sehen ausschließlich auf Geldbußen beruhende Sanktionssysteme vor, doch einige nationale Durchsetzungsstellen haben zusätzlich die Möglichkeit, die Lizenz eines Betreibers einzuziehen, wenn dieser vorsätzlich und systematisch gegen die Verordnung verstößt.
Die nationalen Durchsetzungsstellen haben seit Geltungsbeginn der Verordnung nur sehr wenige Sanktionen verhängt (siehe nachstehende Tabelle). Nach mehrheitlicher Auffassung sind die meisten Betreiber bestrebt, die Vorschriften einzuhalten, Verstöße zu korrigieren und Beschwerden beizulegen, bevor es erforderlich wird, eine Sanktion zu verhängen.
Tabelle – Anzahl der von den nationalen Durchsetzungsstellen bearbeiteten Beschwerden und verhängten Sanktionen
Mitgliedstaat
|
Zahl der bearbeiteten Beschwerden
|
Zahl der verhängten Sanktionen
|
|
2013
|
2014
|
2013
|
2014
|
Österreich
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
Belgien
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
Bulgarien
|
-
|
-
|
-
|
-
|
Kroatien
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Zypern
|
-
|
-
|
-
|
-
|
Tschechische Republik
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
Dänemark
|
1
|
2
|
0
|
0
|
Estland
|
1
|
1
|
0
|
0
|
Finnland
|
10
|
6
|
k. A.
|
k. A.
|
Frankreich
|
k. A.
|
0
|
k. A.
|
0
|
Deutschland
|
4
|
10
|
0
|
0
|
Griechenland
|
64
|
45
|
11
|
7
|
Ungarn
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Irland
|
3
|
0
|
0
|
0
|
Italien
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
Lettland
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Litauen
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Luxemburg
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
k. A.
|
Malta
|
1
|
3
|
0
|
0
|
Niederlande
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Polen
|
k. A.
|
0
|
k. A.
|
0
|
Portugal
|
k. A.
|
0
|
k. A.
|
0
|
Rumänien
|
k. A.
|
0
|
k. A.
|
0
|
Slowakei
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Slowenien
|
0
|
0
|
0
|
0
|
Spanien
|
501
|
419
|
21
|
39
|
Schweden
|
1
|
27
|
k. A.
|
0
|
Vereinigtes Königreich
|
14
|
11
|
0
|
0
|
Andere Durchsetzungs- und Kommunikationsmaßnahmen
Die Bearbeitung von Beschwerden und die Sanktionierung der Nichteinhaltung der Rechtsvorschriften sind nur einige in der Verordnung genannte Beispiele für mögliche Instrumente zur Durchsetzung der Fahrgastrechte im Schiffsverkehr. Viele nationale Durchsetzungsstellen haben proaktiv zusätzliche Maßnahmen ergriffen.
Sowohl die nationalen Durchsetzungsstellen als auch die Interessenträger haben die Meinung geäußert, dass die gemeinsamen Sitzungen von nationalen Durchsetzungsstellen, Beförderern und Hafenterminalbetreibern sowie die Veröffentlichung nationaler Leitlinien zu Fahrgastrechten und Betreiberpflichten vor Geltungsbeginn der Verordnung für die Vorbereitung der Anwendung der Verordnung sehr nützlich waren.
Einige nationale Durchsetzungsstellen nehmen häufig an Medienveranstaltungen und Tourismusbörsen teil, um die Öffentlichkeit über Fahrgastrechte im Schiffsverkehr zu informieren.
Verschiedene nationale Durchsetzungsstellen führen regelmäßige Inspektionen durch, um zu prüfen, ob Schiffe und Hafenterminals den Fahrgästen die erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen und ob sie für Personen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität zugänglich sind. Dabei prüfen sie auch die Websites der Beförderer und Terminalbetreiber (z. B. um sicherzustellen, dass die Fahrgäste über ihre Rechte informiert werden oder dass die Allgemeinen Vertragsbedingungen mit der Verordnung in Einklang stehen). Das wichtigste Ziel dabei ist es nicht, die Betreiber zu sanktionieren, sondern sie über ihre Pflichten gemäß der Verordnung zu informieren und die freiwillige Einhaltung der Vorschriften zu erleichtern.
4.
Anwendung der Verordnung und Maßnahmen zur Verbesserung
4.1.
Beurteilung der Anwendung der Verordnung
Ergebnisse der Konsultation der Interessenträger
Im November 2015 lud die Kommission Fahrgast- und Branchenvertreter auf EU-Ebene zu einem Meinungsaustausch über die Anwendung der Verordnung ein.
Die Vertreter der Schiffseigner, Kreuzfahrtreedereien und Häfen gaben an, dass die Verordnung gut funktioniere und daher nicht geändert werden sollte. Sie hoben die hohe Qualität der erbrachten Dienstleistungen hervor, die durch die sehr geringe Zahl der Beschwerden belegt werde.
Die Fahrgastorganisationen sind generell zufrieden mit der Verordnung, sehen aber Raum für Verbesserungen. Sie bewerten das Vorgehen der Beförderer und Hafenbetreiber bei der Umsetzung und Anwendung der Verordnung als positiv, sind jedoch der Auffassung, dass diesen noch einiges zu tun bleibt. Der Grad der Anwendung unterscheide sich von einem Mitgliedstaat zum anderen sowie zwischen den Beförderern erheblich.
Damit das Recht von Personen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität auf Mobilität gewahrt bleibt, sollten weitere Maßnahmen ergriffen werden. So sollten beispielsweise
Schiffe und Terminals besser zugänglich gemacht werden,
Beförderer und Terminalmitarbeiter besser geschult werden, um angemessene Hilfe zu leisten, und
Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, in Bezug auf die Umsetzung der entsprechenden Bestimmungen systematischer konsultiert werden.
Insbesondere sollten die Beförderer und Terminalbetreiber bei der Festlegung von Qualitätsstandards für Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität (Artikel 13) die Ansichten der Vertreterorganisationen berücksichtigen.
Würdigung durch die Kommission
Die Kommission hat keine vorsätzliche, schwerwiegende oder systematische Nichteinhaltung der Verordnung festgestellt. Die meisten ihr bekannten individuellen Beschwerden betreffen nicht erfolgte Entschädigungen oder das Fehlen einer angemessenen Hilfeleistung bei Verspätung oder Annullierung. Aus den Berichten der nationalen Durchsetzungsstellen geht hervor, dass viele dieser Beschwerden nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen oder unbegründet sind.
Trotz des insgesamt positiven Bildes hat die Kommission folgende Punkte ausgemacht, die einer effizienteren Anwendung der Verordnung entgegen stehen:
a)
Fahrgäste und Betreiber sind sich ihrer Rechte und Pflichten nicht ausreichend bewusst
Da die Verordnung relativ neu ist, kennen die Bürger sie noch nicht in ausreichendem Maße. Die nationalen Durchsetzungsstellen und die Interessenvertreter haben darauf hingewiesen, dass viele Betreiber die Verordnung bei ihrer Annahme nicht kannten und dass dies in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor ein Problem ist. Daher ist es unbedingt notwendig, dass die nationalen Durchsetzungsstellen, die nationalen und europäischen Interessensverbände sowie die Kommission die Fahrgäste auch weiterhin über ihre Rechte und die Betreiber über ihre Pflichten aufklären.
b)
Bei der Durchsetzung der Verordnung liegen einige Mitgliedstaaten zurück
Die Mitgliedstaaten haben erst spät Maßnahmen zur Durchführung der Verordnung ergriffen. Bis zum 18. Dezember 2012, dem Geltungsbeginn der Verordnung, hatten nur zwei Mitgliedstaaten alle erforderlichen nationalen Maßnahmen getroffen. Die Kommission leitete Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten ein, die ihr nicht die erforderlichen Maßnahmen mitgeteilt hatten. Ende 2015 gab es in Belgien, Griechenland, Spanien und Luxemburg immer noch keine voll funktionsfähigen Durchsetzungsstellen oder umfassenden Sanktionssysteme zur Ahndung von Verstößen gegen die Verordnung.
Die Herangehensweisen der nationalen Durchsetzungsstellen bei der Durchsetzung der Verordnung sind sehr unterschiedlich. Einige informieren die Fahrgäste sehr proaktiv über ihre Rechte und überwachen aktiv die Anwendung der Verordnung, andere scheinen ihre Tätigkeit jedoch auf die Bearbeitung von Beschwerden zu beschränken.
Des Weiteren gibt es auch erhebliche Unterschiede in Bezug auf die tatsächliche Durchsetzung der Fahrgastrechte. In einigen Mitgliedstaaten sind die Entscheidungen der nationalen Durchsetzungsstellen über Beschwerden für die Beförderer nicht verbindlich und es gibt kein alternatives Streitbeilegungsverfahren, so dass die Fahrgäste ihre Forderungen gerichtlich durchsetzen müssen, was teuer und zeitaufwändig ist, und sie deshalb darauf verzichten, ihre Rechte geltend zu machen.
c)
Schwierigkeiten bei der Auslegung einiger Bestimmungen
Einige Bestimmungen der Verordnung wurden von den nationalen Durchsetzungsstellen oder den Betreibern unterschiedlich ausgelegt.
Die Interessenträger waren der Auffassung, dass die Verordnung nicht geändert werden müsse, um diese Bestimmungen zu klären, sondern dass sich die Kommission und die nationalen Durchsetzungsstellen über deren praktische Anwendung einigen sollten.
4.2.
Maßnahmen der Kommission zur Verbesserung der Anwendung der Verordnung
Die Kommission hat folgende Maßnahmen ergriffen, um die oben angesprochenen Probleme zu beheben:
a)
Maßnahmen zur Information über Fahrgastrechte und Betreiberpflichten
Im Juni 2013 leitete die Kommission für alle Verkehrsträger einschließlich des Schiffsverkehrs eine zweijährige Informationskampagne über Passagierrechte ein. Dazu gehörten Drucksachen (Poster und Broschüren, die in mehreren Häfen und Schiffen in der gesamten EU verfügbar waren) sowie der Einsatz sozialer Medien (YouTube, Facebook, Twitter), eine Mobiltelefon-App und die Teilnahme an Tourismusbörsen.
Die Kommission veröffentlichte eine Zusammenfassung der Verordnung, die von nationalen Durchsetzungsstellen und Betreibern in hohem Umfang genutzt wird, um die Fahrgäste über ihre Rechte zu informieren.
b)
Maßnahmen zur Verbesserung der Durchsetzung
Die Kommission hat Vertragsverletzungsverfahren gegen alle Mitgliedstaaten eingeleitet, die nicht die erforderlichen Maßnahmen zur Anwendung der Verordnung getroffen haben.
Sie hat jährliche Sitzungen auf EU-Ebene organisiert, bei denen sich die nationalen Durchsetzungsstellen und Interessenträger über ihre Erfahrungen bei der Anwendung der Verordnung und über bewährte Verfahren austauschen konnten.
In Zusammenarbeit mit den nationalen Durchsetzungsstellen wurde ein nicht verbindliches Standardformular erstellt, das den Bürgern bei der Einreichung von Beschwerden helfen soll.
Darüber hinaus gab die Kommission auf den jährlichen Sitzungen mit den nationalen Durchsetzungsstellen Orientierungshilfen und informierte über bewährte Verfahren, um die Zusammenarbeit zwischen nationalen Durchsetzungsstellen zu verbessern.
c)
Maßnahmen zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung der Verordnung
Bei den jährlichen Sitzungen mit den nationalen Durchsetzungsstellen und den Interessenvertretern sowie in schriftlichen Mitteilungen erläuterte die Kommission die praktische Anwendung verschiedener Bestimmungen der Verordnung und trug auf diese Weise zu ihrer einheitlichen Anwendung in der gesamten EU bei.
5.
Schlussfolgerungen und nächste Schritte
Die Kommission ist der Auffassung, dass die Durchführung der Verordnung insgesamt zufriedenstellend ist. Die Verordnung ist neu und erscheint ausreichend flexibel, um Verbesserungen zuzulassen, ohne dass in diesem Stadium Änderungen erforderlich wären. Dieser Auffassung sind auch die Interessenträger.
Zur Überwindung der verbleibenden Hindernisse, mit denen Fahrgäste bei der Inanspruchnahme oder Durchsetzung ihrer Rechte konfrontiert sind,
wird die Kommission 2016 ihre dritte (zweijährlich stattfindende) Informationskampagne über Fahrgastrechte mit Schwerpunkt auf den sozialen Medien einleiten. Sie fordert die nationalen Durchsetzungsstellen, die Branche, Fahrgastverbände und andere Interessenträger auf, sich ihren Bemühungen anzuschließen oder auf ihrer jeweiligen Ebene ähnliche Maßnahmen einzuleiten;
wird die Kommission die laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die betreffenden Mitgliedstaaten fortsetzen, bis diese über funktionsfähige nationale Durchsetzungsstellen und Sanktionssysteme verfügen, mit denen Verstöße gegen die Verordnung geahndet werden können;
fordert die Kommission die nationalen Durchsetzungsstellen auf, Schiffe und Terminals zu besuchen, unter anderem um zu prüfen, wie die Verordnung in der Praxis angewandt wird, und um die Betreiber über ihre Pflichten gemäß der Verordnung aufzuklären. Die nationalen Durchsetzungsstellen sind ebenfalls aufgefordert, die Websites der Beförderer zu überprüfen, um unter anderem zu gewährleisten, dass sie Informationen über Fahrgastrechte enthalten und dass die allgemeinen Vertragsbedingungen mit der Verordnung im Einklang stehen;
ermuntert die Kommission diejenigen Mitgliedstaaten, die derzeit noch über keine alternativen Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten über Fahrgastrechte verfügen, solche Streitbeilegungsverfahren im Einklang mit der Richtlinie 2013/11/EU einzurichten, damit die Fahrgäste ihre Rechte rascher und kostengünstiger geltend machen können;
wird die Kommission weiterhin regelmäßige Sitzungen mit den nationalen Durchsetzungsstellen und den Interessenvertretern organisieren, um in Bezug auf die Auslegung und Anwendung der Verordnung einen Konsens zu erreichen und die Zusammenarbeit und den Erfahrungsaustauch (über Schwierigkeiten und bewährte Verfahren) zu verbessern, und
wird die Kommission erforderlichenfalls allgemeine Leitlinien für die Auslegung der Verordnung veröffentlichen, um mehr Klarheit zu schaffen (wie bereits in der Vergangenheit für andere Verkehrsträger geschehen), und/oder Dokumente zu bewährten Verfahren bei der Behandlung bestimmter Fragen bereitstellen (z. B. wie besser auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität eingegangen werden kann).