27.6.2015 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 212/9 |
Veröffentlichung eines Eintragungsantrags gemäß Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel
(2015/C 212/07)
Diese Veröffentlichung eröffnet die Möglichkeit, gemäß Artikel 51 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) Einspruch gegen den Antrag zu erheben.
EINZIGES DOKUMENT
VERORDNUNG (EG) Nr. 510/2006 DES RATES
zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (2)
„OBERLAUSITZER BIOKARPFEN“
EG-Nr.: DE-PGI-0005-01070 — 13.12.2012
g. g. A. ( X ) g. U. ( )
1. Name
„Oberlausitzer Biokarpfen“
2. Mitgliedstaat oder Drittland
Deutschland
3. Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder des Lebensmittels
3.1. Erzeugnisart
Klasse 1.7 — Fisch, Muscheln und Schalentiere, frisch und Erzeugnisse daraus
3.2. Beschreibung des Erzeugnisses, für das der unter Punkt 1 aufgeführte Name gilt
Der „Oberlausitzer Biokarpfen“, wird als Speisekarpfen (Cyprinus carpio) lebend, geschlachtet und verarbeitet (Teilstücke, Räucherfisch, Filet, offen oder fertig verpackt) verkauft.
Der „Oberlausitzer Biokarpfen“ ist ein Spiegelkarpfen, sein Rücken ist dunkelgrün, grau oder graublau, die Seiten sind gelbgrün bis goldfarben, und der Bauch ist etwas gelblich weiß. Die Rücken- und Schwanzflossen sind grau, die Schwanz- und Afterflossen haben eine rötliche Tönung, und die Brust- und Bauchflossen sind gelblich oder rötlich. Er zeichnet sich durch eine einheitliche Beschuppung als Spiegelkarpfen aus. Neben der durchgehenden Schuppenreihe am Rücken befinden sich einzelne Spiegelschuppen an den Flossenansätzen und hinter dem Kiemendeckel. Die Kopflänge ist im Verhältnis zu anderen Karpfen sehr gering (Körperlängen-Höhenverhältnis kleiner als 3,0). Wegen des kurzen Kopfes ist ein deutlicher Nackenansatz erkennbar.
Das Lebendgewicht des Speisekarpfens liegt zwischen 1 300 und 2 500 g und wird im dritten oder vierten Sommer erreicht. Sein Fleisch ist hell bis leicht rosafarben, kernig/fest, zart und fettarm, mit arteigenem, reinem charakteristischem leicht nussigem Geschmack und aromatischem Geruch.
Die chemische Zusammensetzung des Fleisches liegt im Bereich:
1. |
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Wasser |
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75-85 % |
2. |
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Fett |
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0,5-4,0 % |
3. |
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Eiweiß |
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15-19 % |
4. |
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Rohasche |
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0-1,5 %. |
Der Einsatz von kontrolliert biologischen Zusatzfuttermitteln (Getreide, Leguminosen) sichert ein rückstandsfreies unbelastetes Fleisch.
3.3. Rohstoffe (nur für Verarbeitungserzeugnisse)
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3.4. Futter (nur für Erzeugnisse tierischen Ursprungs)
Die Ernährung erfolgt mindestens zu 50 Gew.-% als Naturnahrung (Bodennahrung, Zooplankton o. Ä.). Zugefüttert werden darf ausschließlich ökologisch erzeugtes Getreide und Leguminosen (insbesondere Lupinen und/oder Erbsen) aus dem geografischen Gebiet, gemäß Zertifizierung (Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates (3) und Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission (4)) bis max. 50 Gew.-% Anteil an der Nahrung.
3.5. Besondere Erzeugungsschritte, die in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen müssen
Die Erzeugung des „Oberlausitzer Biokarpfens“ erfolgt nach geltenden Rechtsvorschriften (Verordnung (EG) Nr. 834/2007 und Verordnung (EG) Nr. 710/2009 der Kommission (5)) sowie die Definition der Aquakultur im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates (6) und wird jährlich von einer staatlich zugelassenen Prüfstelle kontrolliert und zertifiziert.
Der Karpfen wächst in den warmen Sommermonaten ab, sodass sein Alter in Sommern gezählt wird. Der Speisekarpfen wächst in der Oberlausitz in der Regel in dreisömmerigem Umtrieb heran. Aus dem Ei werden innerhalb des geografischen Gebiets im ersten Jahr sogenannte K1 aufgezogen. Nach Überwinterung der K1 wachsen die Fische zu K2 heran. Die K2 werden erneut überwintert und erreichen im dritten bzw. vierten Sommer das gewünschte Gewicht.
Die Laichkarpfen stammen aus eigener Reproduktion aus dem geografischen Gebiet. In Ausnahmefällen können zur Blutauffrischung Laichkarpfen aus anderen Regionen eingesetzt werden. Diese müssen aber vor dem Erstlaichen mind. sechs Monate im geografischen Gebiet verbracht haben.
3.6. Besondere Vorschriften für Vorgänge wie Schneiden, Reiben, Verpacken usw.
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3.7. Besondere Vorschriften für die Etikettierung
Auf der sichtbaren Oberseite der Verpackung ist das nachstehend abgebildete Qualitätssiegel zu verwenden:
Der Ursprungsnachweis erfolgt über die Vergabe von herstellerbezogenen Kontrollnummern durch den Antragssteller sowie dem abgebildeten Qualitätssiegel. Jedes mit dem Qualitätssiegel gekennzeichnetes Erzeugnis kann daher einem individuellen Hersteller zugeordnet werden.
4. Kurzbeschreibung der Abgrenzung des geografischen Gebiets
Das geografische Gebiet umfasst alle Karpfenteiche in den Landkreisen Bautzen und Görlitz (nach dem am 1. August 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Neugliederung des Gebiets der Landkreise des Freistaates Sachsen vom 29. Januar 2008).
5. Zusammenhang mit dem geografischen Gebiet
5.1. Besonderheit des geografischen Gebiets
Die Oberlausitz ist das östlichste Verbreitungsgebiet des Karpfens in Deutschland und durch kontinentalen Klimaeinfluss geprägt. Die hohen Verdunstungsraten der großen Teichflächen bewirken jedoch lokal einen sogenannten pseudoatlantischen Klimaeffekt. Die Teichwirtschaft als besonderer Zweig der Landwirtschaft besitzt in der Oberlausitz eine mehr als 750-jährige ununterbrochene Tradition. Die Karpfenteiche im vorgenannten geografischen Gebiet sind Teil einer jahrhundertealten Kulturlandschaft.
Heute umfasst die Oberlausitz eine teichwirtschaftliche Nutzfläche von 2 050 ha. Als etwa in der Mitte des 13. Jh. die Erträge der Flussfischerei nicht ausreichten, um den Bedarf an Fisch zu decken, wurde in der Oberlausitz damit begonnen, Teiche zur Fischzucht anzulegen. Die natürlichen Voraussetzungen waren in der Region besonders günstig, da sich die Gefälleverhältnisse nördlich des Oberlausitzer Berglands sehr gut für die Anlage größerer Teiche eigneten.
Weite Teile, insbesondere der nördlichen Gebiete, der Oberlausitz konnten wegen ihrer geringwertigen sandigen Böden und des hohen Grundwasserstands kaum landwirtschaftlich genutzt werden. Nicht umsonst leitet sich der Name Lausitz vom sorbischen Luciza (Łužica) ab, was so viel wie Sumpfland bedeutet. Durch das geringe Geländegefälle insbesondere im Norden der Oberlausitz, hohe Grundwasserstände, geringwertige sandige Böden oder Niedermoorböden und adligen Besitz großer Flächen konnte sich einst eine über fast das gesamte Territorium der Oberlausitz verzweigte Teichwirtschaft entfalten, die in weiten Teilen bis in die Gegenwart landschaftsprägend ist. Die entstandenen Teiche wurden zumeist auf Niedermoorböden angelegt.
Die winterliche Trockenlegung und die damit verbundene Mineralisierung und Nährstofffreisetzung in Verbindung mit dem oft nährstoffreichen Zuflusswasser bedingt den eutrophen Charakter der meisten Teiche. Teiche mit mineralischem Untergrund, die durch nährstoffarmes Zuflusswasser gespeist werden, weisen mesotrophe Verhältnisse auf. Die Teichgruppen werden überwiegend aus den größeren Fließgewässern Spree, Kleine Spree, Löbauer Wasser und Schwarzer Schöps gespeist.
Besonders charakteristisch für das Oberlausitzer Teichgebiet ist der kleinräumige Wechsel zwischen naturnahen und nutzungsabhängig veränderten Lebensräumen. Im Gebiet sind die Feuchte geprägten Lebensräume, die infolge der Teichnutzung entstehen, von besonderer Bedeutung: Teichbodenfluren, Schwimm- und Tauchblattgesellschaften sind charakteristisch für Teiche und ihre Verlandungszonen. Hinzu kommen Quellfluren, Vegetation naturnaher Fließgewässer und Gräben, Sumpf- und Moorwälder, höhlenreiche Altholzbestände, Feuchtgebüsche, Sümpfe, Ufer und Verlandungszonen im Umfeld sowie auf einer Vielzahl von Inseln der Teiche.
Besonders begünstigt wurde die Anlegung von Fischteichen durch den Anstieg der Bevölkerungsdichte und die Christianisierung zwischen 1100 und 1300 und die beschränkte Verfügbarkeit an Ackerland und Weideflächen. Mit der Christianisierung der heidnischen sorbischen Bevölkerung war Fisch zu einer rituellen Speise für alle Bewohner an den zahlreichen Fastentagen geworden.
In der Oberlausitz bildete sich ein besonderes Fachwissen über die Fischzucht heraus. So war die Fischzucht bereits Teil des Lehrplans der am 1875 in Bautzen gegründeten Landwirtschaftlichen Lehranstalt. Mindestens seit 1885 praktizierte Inspektor Kintze in Teichen des Rittergutes Kreba erfolgreich die Karpfenfütterung mit Lupine.
In der im heutigen regionalen Vergleich relativ bevölkerungsarmen Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft finden sich keine nennenswerten industriellen oder städtischen Verunreinigungsquellen, die die ökologisch hochwertigste Landschaft mit ihren Gewässern belasten.
5.2. Besonderheit des Erzeugnisses
Der „Oberlausitzer Biokarpfen“ zeichnet sich durch seine hohe Vitalität und gute Futterverwertung (er benötigt maximal 50 % Zufütterung) sowie eine besondere Widerstandsfähigkeit gegenüber den angegebenen klimatischen Verhältnissen aus. Der Karpfen hat sich über die Jahrhunderte besonders an die kontinentalen Klimabedingungen (lange kalte Winter, hohe Temperaturen im Sommer) angepasst. Das Fleisch des „Oberlausitzer Biokarpfens“ ist von hoher Qualität, hell bis leicht rosafarben, kernig/fest, zart und fettarm, mit arteigenem reinem, charakteristisch mildem, leicht nussigem Geschmack und aromatischem Geruch. Der „Oberlausitzer Biokarpfen“ unterscheidet sich von anderen Karpfen (8,7-12,7 % Fett) insbesondere durch einen sehr geringeren Fettgehalt (0,5-4 % Fett) und zeichnet sich durch sein festeres, kernigeres Fleisch mit feinem, leicht nussigem Geschmack aus.
Der Einsatz von kontrolliert biologischen Zusatzfuttermitteln (Getreide, Leguminosen) sichert ein rückstandsfreies unbelastetes Fleisch.
Der „Oberlausitzer Biokarpfen“ ist regional allgemein und überregional im Bereich der Bio-Konsumenten bekannt und genießt beim Verbraucher ein hohes Ansehen.
Aufgrund seiner hohen geschmacklichen Qualität und der nachhaltigen ökologischen Erzeugung sind die Kunden bereit, für den „Oberlausitzer Biokarpfen“ einen höheren Preis als für konventionell gezüchteten Karpfen zu bezahlen.
5.3. Ursächlicher Zusammenhang zwischen dem geografischen Gebiet und der Qualität oder den Merkmalen des Erzeugnisses (im Falle einer g. U.) bzw. einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder sonstigen Eigenschaften des Erzeugnisses (im Falle einer g. g. A.)
Der „Oberlausitzer Biokarpfen“ zeichnet sich aufgrund der Wasserqualität, der klimatischen Bedingungen, der naturnahen Teiche im geografischen Gebiet und des hohen Anteils an Naturnahrung und durch seine zertifiziert biologische Aufzucht durch eine besondere Qualität aus.
Die besonderen natürlichen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen haben die Entstehung der Teichwirtschaft und eine jahrhundertealte Tradition der Karpfenzucht in der Oberlausitz begünstigt. Das hierbei erworbene Wissen der Teichwirte, eine hervorragende Wasserqualität, die besonderen, extensiven und nachhaltigen Haltungsbedingungen, insbesondere die geringe Besatzdichte von maximal 3 000 K1(20-50g)/ha und maximal 600 K2(200-500g)/ha, sowie der deutliche Einfluss des Kontinentalklimas, gewährleisten die charakteristischen Eigenschaften des „Oberlausitzer Biokarpfens“.
Die Teiche der Oberlausitz weisen eine hohe Wasserqualität auf und werden überwiegend durch die Fließgewässer Spree, Kleine Spree, Löbauer Wasser, Schwarzwasser und Schwarzer Schöps gespeist. Das hohe Puffervermögen naturnaher Teiche mit ihrem hohen Anteil an Röhrichten und Wasserpflanzen gleicht Schwankungen in der Beschaffenheit des Zuflusswassers weitgehend aus.
Die historisch begründeten, naturnahen Erdteiche (Naturboden) mit natürlichen Rückzugszonen weisen an geeigneten Uferbereichen (auf mindestens 80 % der gesamten Uferlänge) einen mindestens 3 bis 5 m breiten Röhrichtgürtel auf. Die hohe Wasserqualität der Zuflussgewässer begünstigt zudem das charakteristische Auftreten vielfältiger Wasserpflanzengemeinschaften in den naturnahen Teichen. Diese wiederum wirken puffernd bei etwaigen kurzzeitigen Veränderungen der Beschaffenheit des Wassers der Zuflussgewässer. In den Wasserpflanzen- und Röhrichtgesellschaften findet der „Oberlausitzer Biokarpfen“ nicht nur ausreichend Rückzugsraum, der ein stressfreies Abwachsen unterstützt, sondern es entwickelt sich dort auch vielfältige natürliche Nahrung in Form von Kleinstlebewesen, was für den besonderen arteigenen Geschmack des Karpfens bedeutend ist. Zusätzlich fördern unterschiedliche Wassertiefen, Uferbewuchs und Wasserpflanzen als natürliche Deckung das Wohlbefinden der Tiere und sorgen für Minderung von Stresssituationen.
Die in den Teichen vorhanden Nährstoffe ermöglichen es, dass die Ernährung des „Oberlausitzer Biokarpfens“ im Wesentlichen auf Grundlage der im Gewässer vorhanden natürlichen Nahrung (z. B. Zoo-Plankton, Zoobenthos) basiert.
Infolge der besonderen Klima-, Teichboden- und Wasserbedingungen des geografischen Gebiets besitzt der „Oberlausitzer Biokarpfen“ ein Fleisch, das hell, kernig und durch den gesichert hohen Anteil von Naturnahrung (mind. 50 %) in Verbindung mit zugefüttertem, biologisch erzeugtem Getreide besonders fest, zart und fettarm (0,5-4 %), mit arteigenem reinem, charakteristisch mildem, leicht nussigem Geschmack und Geruch ist.
Die genannten Qualitätsmerkmale tragen in Verbindung mit der traditionellen Bedeutung der Karpfen für die Esskultur im geografischen Gebiet dazu bei, dass es sich beim „Oberlausitzer Biokarpfen“ um eine vom Verbraucher geschätzte Spezialität handelt, deren Ansehen mit der Region eng verbunden ist.
Der „Oberlausitzer Biokarpfen“ gewann über eine vielfältige Rückkopplung in der Presse über den hervorragenden Geschmack seit seiner Erstvorstellung beständig an Ansehen.
Hinweis auf die Veröffentlichung der Spezifikation
(Artikel 5 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 (7))
http://register.dpma.de/DPMAregister/geo/detail.pdfdownload/35550
(1) ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 1.
(2) ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 12. Ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012.
(3) ABl. L 189 vom 20.7.2007, S. 1.
(4) ABl. L 250 vom 18.9.2008, S. 1.
(5) ABl. L 204 vom 6.8.2008, S. 15.
(6) ABl. L 223 vom 15.8.2006, S. 1.
(7) Siehe Fußnote 2.