52014PC0369

Vorschlag für einen BESCHLUSS DES RATES zur Verlängerung der Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU und zur Aussetzung der darin genannten geeigneten Maßnahmen /* COM/2014/0369 final - 2014/0186 (NLE) */


BEGRÜNDUNG

Die Europäische Union beschloss am 31. Januar 2011, gemäß Artikel 96 des geänderten Abkommens von Cotonou Konsultationen mit der Republik Guinea‑Bissau einzuleiten. Dieser Beschluss wurde infolge der Ereignisse vom 1. April 2010 gefasst. An diesem Tag nahm unter der Führung des Vize-Generalstabschefs der Streitkräfte, General Antonio Indjai, eine Gruppe meuternder Militärs den Generalstabschef, José Zamora Induta, und den Premierminister von Guinea-Bissau, Carlo Gomes Junior, fest. Nach dieser Meuterei eignete sich General Indjai de facto das Amt des Generalstabschefs an und wurde auf Vorschlag der Regierung am 25. Juni 2010 mit Erlass des Präsidenten Malam Bacai Sanha offiziell ernannt.

Die Europäische Union ist der Auffassung, dass die Meuterei vom 1. April 2010 und die anschließende Ernennung ihrer Drahtzieher in hohe militärische Ämter eine besonders gravierende und offenkundige Verletzung der in Artikel 9 des Abkommens von Cotonou genannten wesentlichen Elemente (Achtung der demokratischen Grundsätze) sowie einen besonders dringenden Fall nach Artikel 96 Absatz 2 Buchstabe b darstellen. Daher wurde am 2. Februar 2011 ein Schreiben an die guinea‑bissauische Regierung gerichtet, in dem sie zu Konsultationen aufgefordert wurde.

Die Sitzung zur Eröffnung der Konsultationen fand am 29. März 2011 in Brüssel statt.

Im Laufe des Treffens nahmen die Teilnehmer die Vorschläge zur Kenntnis, die von der guinea‑bissauischen Seite unterbreitet wurden, um das Primat der Zivilgewalt zunehmend sicherzustellen, die demokratische Regierungsführung zu verbessern, die Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung und des Rechtsstaats zu gewährleisten sowie die Straflosigkeit und die organisierte Kriminalität zu bekämpfen.

Die von Guinea-Bissau eingegangenen Verpflichtungen umfassen insbesondere Folgendes:

· Durchführung und Abschluss unabhängiger Ermittlungen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den Morden vom März und Juni 2009 unter angemessenen Rahmen- und Sicherheitsbedingungen;

· wirksame Durchführung der Reform des Sicherheitssektors auf der Grundlage der vom nationalen Parlament genehmigten Strategie und des mit der Unterstützung der GSVP-Mission der Europäischen Union vorbereiteten Gesetzespakets;

· Austausch der Militärführung im Einklang mit den Schlussfolgerungen und den Empfehlungen des Fahrplans der ECOWAS für die Reform des Sicherheitssektors, um sicherzustellen, dass höhere Befehlspositionen mit Personen besetzt werden, die nicht in verfassungswidrige oder illegale Vorfälle oder in Gewalttaten verwickelt waren;

· Genehmigung und Unterstützung einer Expertenmission zur Förderung der Reform des Sicherheitssektors und des Schutzes von Politikern, die mit der Unterstützung der ECOWAS, der CPLP und/oder anderer Partner durchgeführt wird;

· Vorbereitung, Annahme und wirksame Umsetzung der nationalen Pläne zur praktischen Durchführung der Reform des Sicherheitssektors und zur Bekämpfung des Drogenhandels;

· Verbesserung der administrativen und finanziellen Verwaltung des zivilen und des militärischen Personals sowie der Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche.

Im Rahmen der Schlussfolgerungen der Konsultationen nahm die Europäische Union die vorstehenden Verpflichtungen zur Kenntnis. Sie forderte die Vertreter der Republik Guinea-Bissau auf, unverzüglich Ermittlungen und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit den Vorfällen vom 1. April 2010 einzuleiten, um die Bekämpfung der Straflosigkeit zu verstärken, und einen genaueren Zeitplan für die Umsetzung der Verpflichtungen im Einklang mit den im Fahrplan der ECOWAS festgesetzten Fristen vorzulegen.

Mit dem Beschluss 2011/492/EU vom 18. Juli 2011 legte die Europäische Union geeignete Maßnahmen zur Umsetzung dieser Verpflichtungen fest, einschließlich eines Systems gegenseitiger Verpflichtungen für die schrittweise Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der EU.

Am 12. April 2012 führten im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen, die aufgrund des Todes von Präsident Bacai Sanha im Januar erforderlich waren, einige Mitglieder der Streitkräfte einen Staatsstreich durch. Der amtierende Präsident und der Premierminister wurden festgenommen.

Zwei Jahre nach dem Staatsstreich vom April 2012 fanden am 13. April bzw. 18. Mai 2014 schließlich Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Diese Wahlen, die von sämtlichen internationalen Beobachtern einschließlich der EU-Wahlbeobachtungsmission als frei und glaubwürdig bewertet wurden, stellten einen wesentlichen Schritt bei der Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung dar.

Durch den Beschluss 2013/385/EU des Rates vom 15.7.2013 wurden die in dem Beschluss 2011/492/EU des Rates festgelegten geeigneten Maßnahmen um ein Jahr bis zum 19.7.2014 verlängert.

Nach Ansicht der Kommission ist es wichtig, dass der Beschluss 2011/492/EU des Rates nicht ausläuft, da er einen grundlegenden Rahmen für die Förderung der demokratischen Stabilität und der Rechtstaatlichkeit in Guinea-Bissau bietet. Daher wird seine Verlängerung um ein Jahr bis zum 19. Juli 2015 vorgeschlagen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass glaubwürdige Wahlen stattgefunden haben, und um mit der demokratisch gewählten Regierung zusammenarbeiten und sie dabei unterstützen zu können, das Land auf den Weg zu mehr Stabilität, Demokratie und Entwicklung zu bringen, wird jedoch vorgeschlagen, die Anwendung der geeigneten Maßnahmen auszusetzen.

Schlussfolgerung

Aus diesen Gründen wird der Rat ersucht, den beigefügten Entwurf eines Beschlusses des Rates zur Verlängerung der Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU anzunehmen, die Anwendung der darin geeigneten Maßnahmen jedoch auszusetzen.

2014/0186 (NLE)

Vorschlag für einen

BESCHLUSS DES RATES

zur Verlängerung der Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU und zur Aussetzung der darin genannten geeigneten Maßnahmen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf das Partnerschaftsabkommen zwischen den Mitgliedern der Gruppe der Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, unterzeichnet in Cotonou am 23. Juni 2000[1] (im Folgenden „AKP-EU-Partnerschaftsabkommen“), zuletzt geändert in Ouagadougou, Burkina Faso, am 22. Juni 2010[2], insbesondere auf Artikel 96,

gestützt auf das interne Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten über die zur Durchführung des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens[3] zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren, insbesondere auf Artikel 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)       Mit dem Beschluss 2011/492/EU des Rates[4] wurden die Konsultationen mit der Republik Guinea-Bissau nach Artikel 96 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens abgeschlossen und die im Anhang des Beschlusses aufgeführten geeigneten Maßnahmen festgelegt.

(2)       Durch den Beschluss 2013/385/EU des Rates[5] wurde der Beschluss 2011/492/EU geändert, um die Geltungsdauer der Anwendung der geeigneten Maßnahmen um ein weiteres Jahr bis zum 19. Juli 2014 zu verlängern.

(3)       Die in Artikel 9 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens genannten wesentlichen Elemente werden nach wie vor verletzt, und die Achtung der Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze und des Rechtsstaatsprinzips ist unter den derzeit in Guinea-Bissau herrschenden Bedingungen nicht gewährleistet. Daher sollte die Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU des Rates um ein Jahr verlängert werden.

(4)       Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass am 13. April und am 18. Mai 2014 friedliche, freie und glaubwürdige Wahlen stattgefunden haben, die einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zu mehr Demokratie und Stabilität darstellen, und um mit der demokratisch gewählten Regierung zusammenarbeiten und sie direkt in ihren Bemühungen unterstützen zu können, die demokratischen Institutionen zu festigen, die Gesellschaft auszusöhnen und die sozioökonomische Entwicklung von Guinea-Bissau zu fördern, sollten die im Anhang des Beschlusses 2011/492/EU des Rates aufgeführten geeigneten Maßnahmen ausgesetzt werden.

(5)       Dieser Beschluss sollte sechs Monate Jahre nach seinem Inkrafttreten überprüft werden –

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU und der darin genannten geeigneten Maßnahmen wird bis zum 19. Juli 2015 verlängert. Die Anwendung der geeigneten Maßnahmen wird jedoch ausgesetzt.

Die geeigneten Maßnahmen werden fortlaufend überprüft und im Falle einer erheblichen Verschlechterung der Lage in Guinea-Bissau erneut angewendet. Diese Maßnahmen werden auf jeden Fall sechs Monate nach Inkrafttreten dieses Beschlusses überprüft.

Artikel 2

Das diesem Beschluss beigefügte Schreiben wird der Regierung der Republik Guinea-Bissau übermittelt.

Artikel 3

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Artikel 4

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am […]

Im Namen des Rates                                     

Der Präsident                                               

||

[1]               ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 3.

[2]               ABl. L 287 vom 4.11.2010, S. 3.

[3]               ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 376, geändert in ABl. L 247 vom 9.9.2006, S. 48.

[4]               Beschluss 2011/492/EU des Rates vom 18. Juli 2011 betreffend den Abschluss der Konsultationen nach mit der Republik Guinea-Bissau nach Artikel 96 des AKP-EU-Partnerschaftsabkommens (ABl. L 203 vom 6.8.2011, S. 2).

[5]               Beschluss 2013/385/EU des Rates vom 15. Juli 2013 zur Verlängerung der Geltungsdauer der in dem Beschluss 2011/492/EU bezüglich Guinea-Bissau festgelegten geeigneten Maßnahmen und zur Änderung dieses Beschlusses (ABl. L 194 vom 17.7.2013, S. 6).

ANHANG zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Verlängerung der Geltungsdauer des Beschlusses 2011/492/EU und zur Aussetzung der darin genannten geeigneten Maßnahmen

Seiner Exzellenz, dem Präsidenten der Republik Guinea-Bissau,

Seiner Exzellenz, dem Premierminister der Republik Guinea-Bissau

Sehr geehrte Herren,

im Anschluss an die im Rahmen von Artikel 96 des AKP–EU-Partnerschaftsabkommens am 29. März 2011 in Brüssel durchgeführten Konsultationen legte die Europäische Union am 18. Juli 2011 mit dem Beschluss 2011/492/EU des Rates geeignete Maßnahmen fest, darunter ein System gegenseitiger Verpflichtungen für die schrittweise Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der EU.

Durch den Beschluss 2013/385/EU des Rates vom 15.7.2012 wurde der Beschluss 2011/492/EU um ein Jahr bis zum 19.7.2014 verlängert.

In den letzten 12 Monaten, in denen eine Interimsregierung im Amt war, wurden keine Fortschritte in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte, die Bekämpfung der Straflosigkeit, die Reform des Sicherheitssektors oder die Bekämpfung des illegalen Handels, vor allem mit Drogen, erzielt, wie im System gegenseitiger Verpflichtungen für die Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit der EU vorgesehen. 

Die Europäische Union sieht sich jedoch durch die Tatsache ermutigt, dass am 13. April und am 18. Mai 2014  friedliche, freie und glaubwürdige Parlaments- bzw. Präsidentschaftswahlen stattgefunden haben, die einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zu mehr Demokratie und Stabilität im Land darstellen,  Die EU hat daher die Aussetzung der im Einklang mit Artikel 96 des Cotonou-Abkommen angewandten Maßnahmen, die im Beschluss 2011/492/EU des Rates festgelegt wurden, beschlossen, um gemeinsam mit anderen internationalen Partnern mit der demokratisch gewählten Regierung zusammenarbeiten und Sie direkt in Ihren Bemühungen unterstützen zu können, für Konsolidierung, Aussöhnung und Entwicklung im Land zu sorgen.

Die Europäische Union misst Artikel 9 des Cotonou-Abkommens größte Bedeutung bei, da die Achtung der Menschenrechte, der demokratischen Institutionen und des Rechtsstaatsprinzips eine wesentliche Grundlage für die Beziehungen zwischen der EU und Guinea-Bissau darstellt; die EU wird die Lage im Land deshalb weiterhin aufmerksam verfolgen.

Ihr Land steht vor erheblichen politischen und sozioökonomischen Herausforderungen, doch wir vertrauen darauf, dass Sie sich im Dialog mit allen politischen Parteien bemühen werden, die notwendigen Entscheidungen auf wirtschaftlicher und finanzieller Ebene sowie in den entscheidenden Bereichen, nämlich der Reform des Sicherheitssektors und der Bekämpfung der Straflosigkeit, zu treffen.

Die Europäische Union bekennt sich nach wie vor uneingeschränkt zu ihrer Partnerschaft mit der Bevölkerung von Guinea-Bissau. Der vorliegende Beschluss der Europäischen Union, die Anwendung der geeigneten Maßnahmen auszusetzen und den Dialog und die Zusammenarbeit mit der rechtmäßigen Regierung wiederaufzunehmen, soll der Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und Guinea-Bissau zusätzliche Impulse verleihen, damit das Ziel einer Normalisierung dieser Beziehungen erreicht werden kann. Die Verpflichtungen, die Guinea-Bissau im Rahmen der Konsultationen nach Artikel 96 eingegangen ist, bleiben allerdings gültig, und die Europäische Union erwartet von Ihrer Regierung, dass sie es als vorrangig ansieht, alle erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, um diesen Verpflichtungen nachzukommen.

Die Europäische Union ruft alle Beteiligten auf, diese Impulse zu nutzen, das Land auf dem Weg zu demokratischer Stabilität, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte und sozioökonomischer Entwicklung voranzubringen.

Hochachtungsvoll

Im Namen des Rates || Für die Kommission

C. ASHTON Hohe Vertreterin || A. PIEBALGS Mitglied der Kommission