GEMEINSAME MITTEILUNG AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Verantwortungsvolle Beschaffung von Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten: Für ein integriertes EU-Konzept /* JOIN/2014/08 final */
Einleitung
Der
internationale Handel mit Mineralien, die aus instabilen Regionen der Welt stammen,
kann dazu beitragen, dass gewaltsame Konflikte fortbestehen und intensiver
werden. Zwar ist dieser Handel selten die Ursache dafür, doch er verschafft den
bewaffneten Bewegungen Zugang zu erheblichen Finanzmitteln, sodass sie
weiterhin kampffähig sind, was für Millionen von der Gewalt betroffene Menschen
ernste Folgen hat. Am
brennendsten stellt sich dieses Problem in Afrika, insbesondere in der Region
der Großen Seen. Wie das Heidelberger Institut für Konfliktforschung[1] berichtet, ist bei
ungefähr 20 % der von ihm registrierten fast 400 Konflikten eine
Kombination aus natürlichen Ressourcen und Konflikt vorhanden: Ressourcenbezogene
Konflikte gibt es derzeit in Afrika (27 Fälle) und in Amerika (21 Fälle),
wogegen sie in Asien und Ozeanien (11 Fälle), im Nahen Osten und im Maghreb
(7 Fälle) und in Europa (4 Fälle) weniger häufig festzustellen sind. Die
weltweite Gesamtsituation ist jedoch nicht statisch, und die Gefahr sich
verschärfender oder neuer Konflikte, in denen natürliche Ressourcen eine Rolle
spielen, besteht fort. Den Zusammenhang
zwischen der Förderung von Bodenschätzen und Konflikten aufzubrechen, ist eine
komplexe Herausforderung. Zunächst müssen Ursprung und unmittelbare Ursachen
der Probleme, die Auslöser von Konflikten, die strukturelle Instabilität, ihre Dynamik
sowie die Rolle der verschiedenen Beteiligten geklärt werden. Bei den
Lösungsansätzen gilt es, die treibenden Kräfte für Instabilität, beispielsweise
eine schwache Staatsführung, fehlende Sicherheit, Unfähigkeit zur Gewährleistung
rechtsstaatlicher Verhältnisse, Armut, Mangel an Dienstleistungen und
Infrastrukturen, verbreitete Korruption oder ständige politische Auseinandersetzungen
und Streitigkeiten über Grund und Boden, in Betracht zu ziehen und auf
nationaler wie internationaler Ebene ein breites Spektrum von Maßnahmen in
Politik, Handel und Bildung vorzusehen; sehr viele derartige Maßnahmen wurden
bereits auf den Weg gebracht. Jede
neue handelsbezogene Maßnahme der Europäischen Union in diesem Bereich muss in diesen
allgemeineren Kontext gestellt werden und die Initiativen der EU in den
Bereichen Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit ergänzen. Ebenfalls zu
berücksichtigen sind dabei die Lage der EU-Unternehmen und die
Unternehmenspolitik der Union. In dieser
gemeinsamen Mitteilung der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin werden
eine Reihe von Initiativen vorgestellt, in die all diese Überlegungen
eingeflossen sind. Ihr zugrunde liegt der Gedanke, dass verantwortungsvolles
Handeln von Unternehmen, die in Konflikt- oder Hochrisikogebieten tätig sind, dort einen erheblichen und positiven wirtschaftlichen
und sozialen Einfluss haben kann. Sie knüpft an die Mitteilungen aus den Jahren
2011 und 2012[2]
an, in denen die Kommission ihre Absicht verkündete, für Situationen, in denen
in rohstoffreichen Entwicklungsländern die Einnahmen aus der mineralgewinnenden
Industrie zur Finanzierung von Kriegen oder internen Konflikten benutzt werden,
nach Wegen zur Verbesserung der Transparenz und auch der gebotenen Sorgfalt
entlang der gesamten Lieferkette zu suchen. Diese Mitteilung wird
zusammen mit einem Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des
Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Unionssystems zur
Selbstzertifizierung der Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette durch
verantwortungsvolle Einführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold[3] aus Konflikt- und
Hochrisikogebieten[4]
vorgelegt. Sie enthält flankierende Maßnahmen, die die Wirkung der Verordnung
verstärken sollen, und ein integriertes EU-Konzept, dem eine Anhörung der
Öffentlichkeit, Zusammenkünfte mit Interessenträgern und eine 2013 erfolgte
Folgenabschätzung[5]
zugrunde liegen. Das in der vorliegenden Mitteilung
beschriebene integrierte Konzept umfasst drei Hauptpunkte: Einschränkung der
Möglichkeiten für bewaffnete Gruppen, in Konfliktgebieten mit Zinn, Tantal, Wolfram
und Gold Handel zu treiben; Verbesserung der Fähigkeit von EU-Marktteilnehmern –
insbesondere im nachgelagerten Bereich der Lieferkette −, den bestehenden
Sorgfaltspflichtsrahmen zu entsprechen; sowie Reduzierung der Verwerfungen auf
den Weltmärkten für die genannten vier Mineralien mit Ursprung in Konflikt- und
Hochrisikogebieten, wie es derzeit in der Region der Großen Seen der Fall ist.
1. Hintergrund
1.1 Natürliche Ressourcen als treibende Kraft
der Entwicklung Die
mineralgewinnende Industrie hat das Potenzial, in der ganzen Welt einen bedeutenden
Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten. Nach Angaben der
Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO)[6] stammen 24 % des
BIP in Afrika und 9,9 % bzw. 20,4 % des BIP in Lateinamerika und
Asien aus dem Bergbau. Allein auf Afrika[7]
entfallen 30 % der weltweiten Mineralvorkommen und ein noch größerer
Anteil der Gold-, Platin-, Diamanten- und Manganlagerstätten. Die Länder Asiens
und des pazifischen Raums zählen zu den Haupterzeugern von Wolfram, Nickel,
Kupfer, Zinn und Eisenerzen und beherbergen einen großen Teil der weltweit existierenden
Hüttenwerke. Mineralausfuhren sorgen auch in Lateinamerika[8], insbesondere in
Bolivien, Kolumbien und Peru sowie in jüngster Zeit auch in Guatemala, für hohe
wirtschaftliche Erträge. Im Index für menschliche
Entwicklung (Human Development Index) der Vereinten Nationen rangieren jedoch viele
Länder, die über umfangreiche Rohstoffvorkommen verfügen, weit hinten. Eine
Erklärung dafür ist, dass der Abbau von Bodenschätzen zahlreiche Risiken und
Herausforderungen für die Entwicklung mit sich bringt, unter anderem aufgrund
der erhöhten Korruptionsgefahr, der Tendenz, dass Wirtschaftstätigkeiten mit
einer höheren Wertschöpfung durch die Ausfuhr von Bodenschätzen in den
Hintergrund gedrängt werden, und verstärkter Umweltschädigungen. Der Abbau von
Bodenschätzen geht häufig mit Konflikten und Instabilität einher, dem Gegenstand
dieser Mitteilung. Die Notwendigkeit, einige dieser Risiken durch eine
bessere Kontrolle über die natürlichen Ressourcen einzudämmen, hat mittlerweile
eine globale Dimension angenommen. Drei bemerkenswerte Beispiele hierfür, denen
die Aufmerksamkeit der EU gilt, sind Diamanten, finanzielle Transparenz im
Rohstoffsektor sowie vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten
einschließlich Nutzholz:
Im Jahr 2000 nahm die UNO-Generalversammlung
einstimmig eine Resolution an, in der die Rolle von Diamanten bei der
Finanzierung von Konflikten angeprangert und die Einführung eines
weltweiten Zertifizierungsmechanismus unterstützt wurde, was schließlich
zum Zertifikationssystem des Kimberley-Prozesses (KP-Zertifikationssystem)
führte. Die EU setzt das System mit ihrer Verordnung (EG)
Nr. 2368/2002 um.
Auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im
Jahr 2002 wurde die Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft
(EITI) auf den Weg gebracht, um der Korruption entgegenzutreten, indem zur
Veröffentlichung der Zahlungen von Unternehmen an die Regierungen für die
Ausbeutung natürlicher Ressourcen angehalten wurde. Die EU-Richtlinie 2013/34/EU
enthält Bestimmungen im Interesse einer größeren Transparenz in der
mineralgewinnenden Industrie und im Holzeinschlag.
In Einklang mit dem UN-Übereinkommen über den
internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und
Pflanzen (CITES) aus dem Jahr 1973 verabschiedete die EU die Verordnung
(EU) Nr. 995/2010, in der allen Marktteilnehmern, die Holzerzeugnisse
auf dem EU-Markt in Verkehr bringen, die Pflicht auferlegt wird, die
gebotene Sorgfalt walten zu lassen, damit dem illegalen Holzeinschlag ein
Riegel vorgeschoben wird.
Die Erfahrungen aus
diesen Bereichen können bei der Erarbeitung eines integrierten Konzepts der
Europäischen Union zur Förderung der verantwortungsvollen Beschaffung von
Mineralien aus Konfliktgebieten genutzt werden. Über die Einhaltung der Sorgfaltspflicht
können Unternehmen gewährleisten, dass die Menschenrechte geachtet werden und
Konflikten kein Vorschub geleistet wird[9],
und so zu einem besseren Regierungshandeln im Rohstoffsektor beitragen. Die
gebotene Sorgfalt muss jedoch so befördert werden, dass das rechtmäßige
Bergbaugeschehen und der damit verbundene Handel in Konflikt- und
Hochrisikogebieten nicht
beeinträchtigt werden. 1.2 Bestehende Initiativen für verantwortungsvolle
internationale Beschaffung Das Konzept der verantwortungsvollen
Beschaffung findet in der
aktualisierten Fassung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen[10] Erwähnung und
entspricht den Zielen und Grundsätzen der Leitprinzipien der Vereinten Nationen
für Unternehmen und Menschenrechte[11].
Beide wollen Unternehmen darin bestärken, in einem laufenden Prozess, der „Anwendung
des Sorgfaltsprinzips“, aktiv wie auch reaktiv den Nachweis zu erbringen, dass
ihre geschäftlichen Aktivitäten nicht Konflikte schüren und schädliche
Auswirkungen nach sich ziehen. Auf höchster
internationaler Ebene wurde in der Resolution 1952 des UN-Sicherheitsrates (2010)
– die speziell der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) und ihren Nachbarn
in der Region der Großen Seen galt – die gebotene Sorgfalt im Lieferkettenmanagement
gefordert. Im Juni 2013 verpflichteten sich die Staats-
und Regierungschefs der G8[12],
die Transparenz in der mineralgewinnenden Industrie zu erhöhen und eine
verantwortungsvolle Beschaffung konfliktfrei gewonnener Mineralien aus
Konfliktregionen zu unterstützen. Die G8 gab zudem Partnerschaften mit Burkina
Faso, Kolumbien, Ghana, Guinea, der Mongolei, Birma/Myanmar, Peru und Tansania bekannt,
die eine stärkere Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen
zur Unterstützung politischer Reformen in diesen Ländern fördern sollen. Die Europäische Union
engagiert sich aktiv für eine OECD-Initiative zu Konfliktmineralien, nämlich
für die Leitlinien zur Sorgfaltspflicht (Due Diligence Guidance)[13],
und hat auf der OECD-Ministertagung im Mai 2011 zugesagt, sich für seine Einhaltung
einzusetzen. Die Leitlinien sollen Unternehmen helfen, die Menschenrechte zu
achten und zu vermeiden, dass sie mit ihren Beschaffungspraktiken für Zinn, Tantal,
Wolfram und Gold zu Konflikten beitragen. Er hat einen weltweiten
Geltungsbereich und sieht ein Verfahren vor, mit dem Unternehmen für ihre
Mineralienlieferkette ein freiwilliges System von Kontrollen und Transparenz
umsetzen können: das Sammeln und Offenlegen von Informationen für unmittelbare
Käufer u. a. zum Ursprungsbergwerk, zu den Handelswegen und zu den
Handelsbedingungen, damit Lieferkettenrisiken festgestellt und bewertet werden
können und entsprechend reagiert werden kann. An besonderen Punkten der
Lieferkette muss eine Prüfung durch unabhängige Dritte erfolgen. Die
Unternehmen sollen einen Jahresbericht über ihre Strategien und Praktiken
veröffentlichen, um in der Öffentlichkeit Vertrauen in die von ihnen
ergriffenen Maßnahmen zu schaffen. Im Jahr 2010 wurde in den
Vereinigten Staaten das Dodd-Frank-Gesetz zur Reform der US-amerikanischen
Finanzmärkte und zum Verbraucherschutz (Dodd-Frank Wall Street Reform and
Consumer Protection Act) verabschiedet. Dort wird in Artikel 1502 eine
Lieferkettentransparenz eingeführt, wonach an US-amerikanischen Börsen notierte
Unternehmen, die in ihren Fertigungsprozessen „Konfliktmineralien“[14] einsetzen, Angaben zur
Herkunft dieser Mineralien machen und angemessene Sorgfalt walten lassen müssen.
Die Bestimmungen von Artikel 1502 sind ab 31. Mai 2014 vollstreckbar;
bis dahin müssen betroffene Unternehmen bei der US-amerikanischen
Börsenaufsichtsbehörde (Securities and Exchange Commission) ihre ersten
Jahresberichte zu Konfliktmineralien einreichen. Offiziell ist der
Geltungsbereich des Gesetzes auf an US-amerikanischen Börsen notierte Unternehmen
beschränkt, doch es hat – hauptsächlich über die weltweiten Lieferketten – erhebliche
Auswirkungen auf andere Länder und auch auf die EU, da Lieferanten für an
US-amerikanischen Börsen notierte Unternehmen im Rahmen der Sorgfaltspflicht zur
Vorlage von Informationen aufgefordert werden. Im
Jahr 2010 sicherten die Staats- und Regierungschefs der Staaten der Region der
Großen Seen – im Rahmen der Internationalen Konferenz Große Seen (ICGLR) – zu, die
illegale Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu bekämpfen, und stimmten einer Regionalinitiative für natürliche Ressourcen mit den nachstehenden sechs
spezifischen Instrumenten zu: Annahme eines regionalen
Zertifizierungsmechanismus; Harmonisierung nationaler Rechtsvorschriften;
regionale Datenbank zu den Mineralienströmen; Formalisierung des handwerklichen
Bergbaus; Förderung der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft
(EITI) und Einführung eines Mechanismus zur Meldung von Missständen. Im Ergebnis
dieser Regionalinitiative setzten die DR Kongo und Ruanda 2012 Rechtsvorschriften
in Kraft, mit denen für ihre Marktteilnehmer Anforderungen im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht
eingeführt wurden, die auf den OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht beruhen. Andere
Länder der Region der Großen Seen haben ebenfalls mit der Umsetzung des ICGLR-Rahmens
begonnen. Durch
diese drei Initiativen wurde die weitere Entwicklung konkreterer Initiativen
des öffentlichen und privaten Sektors in Gang gesetzt bzw. angeregt. Dazu
gehören beispielsweise die Initiative „Tin Supply Chain“ des Tin Research
Institute, die Initiative „Certified Trading Chains“, das Programm „Conflict-Free
Smelter“, „Analytical Fingerprint“, „Solutions for Hope“, die Initiative „Conflict-Free
Tin“, die „Public Private Alliance for Responsible Minerals Trade“, PROMINES, die
Initiative „Trading Centres“, der „Conflict-Free Gold Standard“ des World Gold
Council, die „Good Delivery List“ der London Bullion Market Association sowie die
Praktiken und Standards des Responsible Jewellery Council.[15] 1.3 Arbeitsumfeld für EU-Unternehmen Abbildung 1 zeigt
eine vereinfachte Darstellung einer Lieferkette für Mineralien und Metalle. Zu
den vorgelagerten Aktivitäten gehören Abbau, Handel und Verhüttung; sie
erfolgen im Förderland. Bei den meisten konfliktbetroffenen Ländern findet die
Verhüttung in einem Drittland statt. Die nachgelagerten Aktivitäten umfassen
Handel, Weiterverarbeitung und Einbau in ein Endprodukt, das an Verbraucher
verkauft wird. Zinn, Tantal, Wolfram und Gold werden in einem breiten Spektrum
von Branchen gehandelt oder verarbeitet, so etwa in der Automobilindustrie, der
Elektronik, der Luft- und Raumfahrt, der
Verpackungsindustrie, der Baubranche, der Beleuchtungsindustrie, dem
Industriemaschinen- und Werkzeugbau sowie der Juwelierwarenbranche. Damit
werden potenziell rund 880 000 EU-Unternehmen erfasst, zumeist
kleiner oder mittlerer Größe. In der für die Verordnung durchgeführten Folgenabschätzung
wird veranschlagt, dass rund 300 EU-Händler und etwa 20 Hüttenwerke/Raffinerien
Erze und Metalle, die aus den vier genannten Mineralien gewonnen werden, und
mehr als 100 EU-Komponentenhersteller aus diesen gewonnene Metalle
einführen. Weltweit gibt es ungefähr 140 Goldraffinerien und 280 Hüttenwerke
für die anderen drei Mineralien. Abbildung 1 Bei Mineralien aus
Konfliktregionen besteht nach wie vor eine Nachfrage von Hüttenwerken/Raffinerien.
Diese Akteure befinden sich in einer guten Position, um Auskunft über den
Ursprung der gekauften Mineralien zu geben. Sie bilden das letzte Glied in der
Lieferkette, bei dem es noch technisch möglich ist, Mineralien zu ihrem
Ursprung zurückzuverfolgen, und können in den Abbauländern einem
verantwortungsvollen Lieferverhalten zum Durchbruch verhelfen. In den
bestehenden Initiativen zur Sorgfaltspflicht wird der Wert der Arbeit mit
verantwortungsvollen Hüttenwerken anerkannt. Nach Recherchen der Europäischen Kommission
lassen derzeit lediglich 16 % der Hüttenwerke weltweit und 18 % der
EU-Hüttenwerke für Zinn, Tantal und Wolfram die gebotene Sorgfalt walten. Etwa 40 %
der weltweiten Goldraffinerien und 89 % der Goldraffinerien in der EU sind
in Sorgfaltspflichtsysteme eingebunden.[16] Die OECD-Leitlinien zur
Sorgfaltspflicht stellen einen Handlungsrahmen bereit, aber die derzeitigen Einhaltungsbemühungen
sind zersplittert, und für interessierte Unternehmen werden kaum
Handlungsanreize geboten. Bei der öffentlichen Anhörung
äußerte die Hälfte der Befragten im nachgelagerten Bereich Interesse an einer
verantwortungsvollen Beschaffung und an einer Einhaltung der gebotenen Sorgfalt
in der Lieferkette (oder ist rechtlich dazu verpflichtet, vor allem durch das
Dodd-Frank-Gesetz). Außerhalb des ordnungspolitischen Bereichs zählen Maßnahmen
im Rahmen der sozialen Verantwortung von Unternehmen, die Außendarstellung und
die Verbrauchernachfrage zu den treibenden Kräften für eine Einhaltung. Eine Studie aus dem Jahr 2013[17] macht deutlich, dass
in der EU die Einhaltung der Sorgfaltspflicht nicht sehr weit verbreitet ist. Nur
12 % der in der EU börsennotierten Unternehmen, die nicht unmittelbar von
den US-amerikanischen Rechtsvorschriften betroffen sind, erwähnen auf ihren
Websites Konfliktmineralien. Das liegt zum Teil daran, dass es die OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht, das
Dodd-Frank-Gesetz und den ICGLR-Rahmen noch nicht lange gibt, aber auch an Herausforderungen
an die Umsetzung durch EU-Unternehmen (wie Länge der Lieferketten, mehrere
Akteure oder mangelndes Problembewusstsein). Doch immerhin 150 000 bis 200 000
EU-Unternehmen – zumeist nachgelagerte Marktteilnehmer – sind in die
Lieferketten der 6000 betroffenen, in den USA börsennotierten Unternehmen,
eingebunden. Im speziellen Fall der Region
der Großen Seen müssen vor Ort weitere Kapazitäten geschaffen werden, um die
erfolgreiche Umsetzung des ICGLR-Rahmens sicherzustellen. Insbesondere die Einhaltung
des Dodd-Frank-Gesetzes stellt eine zusätzliche Herausforderung dar. Es deutet einiges
darauf hin, dass dieses Gesetz abschreckend auf die Beschaffung von Mineralien
aus diesem Gebiet wirkt, und zwar unabhängig davon, ob die Mineralien
rechtmäßig gefördert werden oder nicht.[18] Einige
betroffene Gesellschaften wollen keinerlei Risiko eingehen und lassen sich von Bergwerken
außerhalb der Region oder sogar außerhalb Afrikas beliefern. Die verbleibenden
„konfliktfreien“ Mineralien gelangen nur mit Mühe auf die Märkte der USA und
der EU und werden häufig unter dem Marktpreis gehandelt. Handelsverluste
bedeuten in einem Umfeld, in dem andere Beschäftigungsmöglichkeiten knapp sind,
einen Verlust der Lebensgrundlage für die lokale Bevölkerung, insbesondere im
handwerklichen Bergbau und im Kleinbergbau. Ein integriertes EU-Konzept
zur Förderung verantwortungsvoller Beschaffung muss auf den bereits vorhandenen
Initiativen aufbauen und die Verbreitung der OECD-Leitlinien
zur Sorgfaltspflicht unterstützen. Es sollte eine bessere
Einhaltung durch die Hüttenwerke, auch außerhalb der EU, anhalten und einen
besseren Informationsfluss zur Sorgfaltspflicht zu verhältnismäßig niedrigen
Kosten entlang der Lieferkette erleichtern.[19] 1.4 Bestehende Maßnahmen der EU im außen- und
entwicklungspolitischen Bereich und auf anderen Gebieten Um die Verbindung
zwischen dem Abbau von Bodenschätzen und Konflikten zu zerschlagen, bedarf es
eines umfassenden Konzepts, das bei den Ursachen des Problems ansetzt: ein
Konflikt, eine schwache Staatsführung und fehlende Entwicklung. Wie in der
Mitteilung über eine Agenda für den Wandel von 2011[20] dargelegt,
ist die Überwindung dieser Probleme Teil des auswärtigen Handelns der EU und das
Hauptziel ihrer Strategie zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Armutsbeseitigung.
In der Agenda werden sowohl die verantwortungsvolle Staatsführung als auch die
Menschenrechte und ein breitenwirksames Wirtschaftswachstum herausgestellt. Zudem
wird für eine Zusammenarbeit nicht nur mit den Entwicklungspartnern der EU –
den Regierungen der Entwicklungsländer –, sondern auch mit der Privatwirtschaft
und internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen plädiert. Bei der
Umsetzung der Agenda richtet die EU besonderes Augenmerk auf die Rolle der
Zivilgesellschaft, die Stärkung lokaler Gemeinschaften sowie transparente und
der Rechenschaftspflicht unterliegende Entscheidungsprozesse. Eine weitere relevante
Initiative ist die 2008 begründete Partnerschaft zwischen EU und UN zum Thema
Land, natürliche Ressourcen und Konfliktverhütung[21], die von der EU über
das Instrument für Stabilität gefördert wird und über die gemeinsame Hilfe für
Drittländer mit dem Ziel bereitgestellt wird, Konflikte im Zusammenhang mit
natürlichen Ressourcen abzuwenden bzw. auszuräumen. Im Rahmen dieser Partnerschaft
fördert die EU in Einklang mit dem Bericht des UNO-Generalsekretärs über
Friedenskonsolidierung nach einem Konflikt („Peacebuilding in the Aftermath
of Conflict“) (2012) ein interinstitutionelles Vorgehen der UNO in diesem Bereich. Die EU verfügt über
eine kohärente und integrierte Strategie für den Zugang der Europäischen Union
zu Rohstoffen. Die Rohstoffinitiative[22]
und die Europäische Innovationspartnerschaft für Rohstoffe[23] sind umfassende EU-Konzepte
für einen nachhaltigen Zugang zu Rohstoffen, in denen ebenfalls auf das
Regierungshandeln, die Infrastruktur und die Kompetenzen in Drittländern
eingegangen wird. Über die EU-Strategie für die
soziale Verantwortung der Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR)[24] fördert die Kommission
verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten, insbesondere in Bezug auf die
Einhaltung international anerkannter CSR-Grundsätze und –Leitlinien wie der OECD-Leitsätze
für multinationale Unternehmen und der Leitprinzipien der Vereinten Nationen
für Wirtschaft und Menschenrechte (United Nations Guiding Principles on
Business and Human Rights). Im
Jahr 2013 veröffentlichte die EU Leitfäden zur Umsetzung der Leitprinzipien der
Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte in drei Wirtschaftssektoren,
darunter die Informations- und Kommunikationstechnologie und der Erdöl- und
Erdgassektor[25]. Im
Rahmen des außenpolitischen Handelns der EU sind hierzu weitere regionale
Maßnahmen in Arbeit: Das
Ressourcendilemma Afrikas wurde in der Gemeinsamen Strategie Afrika-EU von 2007
anerkannt; darin wird die verantwortungsvolle Verwaltung der natürlichen
Ressourcen als wichtiges Ziel der Zusammenarbeit bezeichnet. Die EU unterstützt
die „African Mining Vision“ der Afrikanischen Union von 2009, in der es um die
Sicherstellung einer transparenten, gerechten und optimalen Nutzung von
Bodenschätzen und um deren Umsetzungsstelle, das African Mineral Developing
Centre, geht. Sie stockt die Unterstützung für andere gemeinsame Aktionen wie
die African Legal Support Facility auf, die afrikanischen Regierungen bei der
Aushandlung komplexer Verträge mit der privaten Wirtschaft Hilfestellung gibt und
damit die Nachhaltigkeit dieser Transaktionen und die Einbeziehung aller Akteure
verstärkt. Die Bemühungen um eine geologische Zusammenarbeit sollen im Rahmen
des neuen panafrikanischen Programms der EU gefördert werden. Darüber hinaus
unterstützt die EU in der Region die Umsetzung allgemeiner Initiativen für eine
verantwortungsvolle Beschaffung in den Bereichen Konfliktdiamanten, Transparenz
und forstwirtschaftliche Erzeugnisse (KP-Zertifikationssystem, Initiative für
Transparenz in der Rohstoffwirtschaft und CITES). Für die Region der
Großen Seen hat die EU zudem konkretere Maßnahmen eingeleitet. Im Juni 2013
nahmen die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin eine Gemeinsame
Mitteilung mit dem Titel „Strategisches Rahmenkonzept für die Region der Großen
Seen“[26]
an, in der ein kohärenter und umfassender Ansatz der EU auf regionaler, nationaler
und lokaler Ebene zu den verschiedenen Krisenursachen dargelegt wird. In diesem
Zusammenhang hat die EU Maßnahmenvorschläge unterbreitet, mit denen die Verflechtungen
zwischen dem Abbau von und dem Handel mit natürlichen mineralischen Rohstoffen einerseits
und Konflikten und Instabilität in der Region der Großen Seen andererseits
angegangen werden sollen. Mit Mitteln aus dem Instrument für Stabilität
unterstützt die EU außerdem die ICGLR-Regionalinitiative zu natürlichen Ressourcen
und das Umsetzungsprogramm für die OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht. In Zukunft
könnten auch grenzüberschreitende Projekte, unter anderem zur Grenz- und
Zollverwaltung, in Betracht gezogen werden. Im Zusammenhang mit
Ressourcenfragen in Asien und im pazifischen Raum unterstützt die EU die
Einhaltung der Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft (EITI); dabei
ist eine Mut machende Tendenz zur Teilnahme festzustellen (Teilnehmerländer:
Mongolei und Timor-Leste; Kandidatenländer: Afghanistan, Indonesien und Salomonen;
Birma/Myanmar and Papua-Neuguinea haben ihre Absicht signalisiert, die EITI-Initiative
anzuwenden, und die Philippinen haben den EITI-Kandidatenstatus beantragt). In Asien
befinden sich rund 65 % der 280 weltweit bekannten Hüttenwerke für
Zinn, Tantal und Wolfram, und zwar in Ländern wie China (73),
Malaysia (5) und Indonesien (34). Diese Länder werden auch
mit Blick auf ihre wirtschaftliche Entwicklung und den damit verbundenen
Beschaffungsbedarf erstrangige Partner im Rahmen des EU-Engagements sein. In Lateinamerika hat
die EU mit den Andenländern einen Dialog über die mineralgewinnende Industrie
und verantwortungsvolle Beschaffung aufgenommen, in dessen Verlauf mögliche
Bereiche für eine Zusammenarbeit ermittelt werden, wozu auch die sozioökonomischen
und ökologischen Auswirkungen des Bergbaugeschehens im weiteren Sinne gehören. Die
Befassung mit diesen Themen ist Teil des außenpolitischen Handelns der EU. Die EITI-Einhaltung
in der Region ist mit Peru als einzigem Land, wo dies der Fall ist, sehr
schwach ausgeprägt, doch das Interesse an der Initiative wächst, insbesondere
in Honduras, Guatemala und Kolumbien.
2. Ein integriertes EU-Konzept für
verantwortungsvolle Beschaffung
Ausgehend davon ergibt sich
die Notwendigkeit, ein integriertes EU-Konzept zur Förderung einer
verantwortungsvollen Beschaffung von Mineralien aus Konflikt-
und Hochrisikogebieten zu erarbeiten. Diesbezüglich zielen
der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung und mehrere flankierende
Maßnahmen darauf ab, die Möglichkeiten zum Handel mit Zinn, Tantal, Wolfram und
Gold in Konfliktgebieten für bewaffnete Gruppierungen einzuschränken,
EU-Marktteilnehmer – insbesondere im nachgelagerten Abschnitt der Lieferkette –
besser zur Einhaltung bestehender Sorgfaltspflichtsrahmen zu befähigen sowie
Verwerfungen auf den Weltmärkten bei den vier genannten Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten abzubauen. Im allgemeineren Sinne sind
das integrierte Konzept der EU und ihre Strategien und Initiativen für eine
verantwortungsvolle Beschaffung in ihrem umfassenderen Ansatz zu Konflikt- und Hochrisikogebieten verankert. Sie
richten sich auf die Förderung unter anderem der Konfliktbeilegung, von Frieden
und Sicherheit, der Achtung der Menschenrechte, einer verantwortungsvollen
Staatsführung und der Rechtsstaatlichkeit sowie einer nachhaltigen Entwicklung.
Beispiele hierfür sind der Strategische Rahmen für die Region der Großen Seen
mit dem Thema der illegalen Ausbeutung natürlicher Ressourcen, aber auch der
Strategische Rahmen für das Horn von Afrika und die EU-Strategie für Sicherheit
und Entwicklung in der Sahelzone. 2.1 Vorschlag für eine Verordnung zur
Einführung eines Unionssystems für eine freiwillige EU-Selbstzertifizierung als
„verantwortungsvoller Einführer“ Mit dem Vorschlag der
Kommission für eine Verordnung zur Schaffung eines
Unionssystems zur Selbstzertifizierung der Erfüllung der Sorgfaltspflicht in
der Lieferkette durch verantwortungsvolle Einführer von Zinn, Tantal und
Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Risikogebieten sollen
EU-Unternehmen, die die gebotene Sorgfalt walten lassen, unterstützt werden, um
das Risiko einer Finanzierung bewaffneter Gruppierungen möglichst gering zu
halten. Weiterhin soll damit eine verantwortungsvolle
Beschaffung dieser Mineralien aus Konflikt- und
Hochrisikogebieten gefördert werden, damit der rechtmäßige
Handel an Umfang gewinnt. Das EU-Konzept würde den Schwerpunkt der Sorgfaltspflicht
auf die Marktteilnehmer im vorgelagerten Bereich der Lieferkette legen und die
nachgelagerte Weitergabe von Qualitätsinformationen und nachahmenswerten
Verfahren erleichtern. Entsprechend dem Tenor der Aussagen bei der öffentlichen
Anhörung ist das Konzept so ausgelegt, dass es dem globalen Charakter komplexer
Lieferketten Rechnung trägt sowie auf die weitere Einhaltung der OECD-Leitlinien
zur Sorgfaltspflicht setzt und diese unterstützt. Daher ist der geografische
Geltungsbereich sowohl der Verordnung als auch der sie flankierenden Maßnahmen globaler
Natur und der Schwerpunkt der Tätigkeiten vorwiegend verfahrensorientiert. In operativer Hinsicht wird
mit dem Verordnungsentwurf ein freiwilliges Selbstzertifizierungssystem für Einführer
geschaffen, die eines der vier Mineralien oder Metalle in
verantwortungsbewusster Weise in die EU einführen wollen. Einführer, die sich
beteiligen möchten, müssen künftig die OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht
umsetzen, für Prüfungssicherheit sorgen und gegenüber den zuständigen Behörden der
Mitgliedstaaten ihre Informationen offenlegen. Auf der Grundlage der
offengelegten Informationen wird die EU – nach Rücksprache mit der OECD – jährlich
eine Liste der Hüttenwerke und Raffinerien veröffentlichen, die als
verantwortungsvolle Lieferanten angesehen werden. Das sorgt für mehr Öffentlichkeit
und regt zu einer besseren öffentlichen Rechenschaftslegung an. Um einen Anreiz
für den rechtmäßigen Handel zu bieten, werden in der Liste außerdem diejenigen
Hüttenwerke/Raffinerien ausdrücklich genannt, deren Beschaffung aus
Konfliktzonen verantwortungsbewusst erfolgt. Nach drei Jahren oder früher,
falls die vorhandenen Informationen dies ermöglichen, wird das System einer Evaluation
unterzogen, und die Ergebnisse werden für anstehende Entscheidungen über die Zukunft
des EU-Konzepts und für Änderungen am Rechtsrahmen genutzt, der gegebenenfalls nach
einer weiteren Folgenabschätzung zwingend vorgeschrieben wird. 2.2 Flankierende EU-Maßnahmen zur Förderung
einer verantwortungsvollen Beschaffung Um
die verantwortungsvolle Beschaffung von Mineralien weiter voranzutreiben, sind
die folgenden flankierenden Maßnahmen vorgesehen: Anreize für Unternehmen zur Förderung einer verantwortungsvollen
Beschaffung Die Kommission appelliert
an die EU-Unternehmen, ihre Marktstellung zu nutzen und sich für eine
verantwortungsvolle Beschaffung einzusetzen. Die nachstehenden Maßnahmen bieten
ihnen Anreize dafür.
Förderung
verantwortungsvoller Verfahren in Hüttenwerken und Raffinerien
Seit
Januar 2014 gewährt die EU finanzielle Unterstützung für die Umsetzung der OECD-Leitlinien
zur Sorgfaltspflicht, und sie wird über das Instrument für Stabilität damit
fortfahren. Im Mittelpunkt der Förderung sollen der Aufbau von Kapazitäten und
die Einbeziehung von Drittstaaten sowie die Ausrichtung auf Behörden, den
privaten Sektor und Einrichtungen der Zivilgesellschaft, die in die Lieferkette
für Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten eingebunden sind, stehen. Darüber hinaus wird die Kommission weiter
die Machbarkeit der Bereitstellung von Finanzhilfen für die OECD oder andere
Gremien für Programme zur Förderung von Transparenz und der Sorgfaltspflicht
genügenden Verfahren in Hüttenwerken/Raffinerien innerhalb und außerhalb der EU
bewerten.
Finanzierungsmöglichkeiten
für KMU im Rahmen des freiwilligen Zertifizierungssystems
Zur
Förderung der Verbreitung des künftigen freiwilligen Zertifizierungssystems
unter EU-Einführern wird sich die Kommission um Finanzierungsmöglichkeiten
bemühen. Angestrebt wird die Finanzierung im Rahmen des am 5. Dezember 1913
angenommenen Programms für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für
kleine und mittlere Unternehmen (COSME)[27].
Anreize im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens
Über
Vertragserfüllungsklauseln in den von ihr selbst vergebenen öffentlichen
Aufträgen wird sich die Kommission für die Verbreitung sowohl des Zertifikats
„Verantwortungsvoller Einführer“ als auch der Liste der verantwortungsvollen
Hüttenwerke/Raffinerien einsetzen. Daher müssen über das öffentliche
Beschaffungswesen erworbene Waren, die Zinn, Tantal, Wolfram und/oder Gold
enthalten, künftig den OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht oder gleichwertigen
Sorgfaltspflichtsregelungen gerecht werden, um den vertraglichen
Verpflichtungen zu genügen.
Nutzung von Netzwerken
zwischen Regierungen und Wirtschaft („Government to Business“) zur
Erleichterung der Verbreitung des EU-Zertifikats „Verantwortungsvoller Einführer“
Um das im Zusammenhang mit
dem Verordnungsentwurf eingeführte Zertifizierungsverfahren zu unterstützen,
wird die Kommission an die im Rahmen der OECD-Leitsätze für multinationale
Unternehmen geschaffenen nationalen Kontaktstellen und andere einschlägige
Netzwerke appellieren, ebenfalls zu einer entsprechenden Sensibilisierung
beizutragen. Das Enterprise Europe Network (EEN) – ein Netzwerk zur
Unternehmensförderung, das Unterstützungsdienste für europäische Unternehmen
anbietet – könnte die Bekanntheit des integrierten EU-Konzepts unter
europäischen Akteuren erhöhen und bei ihnen das Bewusstsein für das
Sorgfaltsprinzip und für die Konsequenzen nicht verantwortungsbewusster
Beschaffung aus Konfliktgebieten wecken.
„Absichtserklärungen“ – Verpflichtungen der Industrie
EU-Unternehmer haben über
die öffentliche Anhörung, Positionspapiere und Studien ihre Bereitschaft
signalisiert, sich stärker für eine verantwortungsvolle Beschaffung von
Mineralien aus Konflikt- und Hochrisikogebieten zu engagieren. Die EU wird Maßnahmen ergreifen, um die Bemühungen der
Unternehmen, die in Absichtserklärungen entsprechende Verpflichtungen verkünden,
bekannt zu machen. Politikdialoge mit Drittländern und anderen Interessenträgern ·
Auf bestehenden Politikdialogen aufbauen Die EU wird ihre allgemein-, entwicklungs-, handels- und
sicherheitspolitischen Dialoge und Kontakte zu den Regierungen in den Bergbau-,
Erzeuger-, Verarbeitungs- und Verbraucherländern nutzen, um sich mit ihnen auf
nationaler und regionaler Ebene weiterhin über die Erfordernisse, Herausforderungen
und Möglichkeiten eines konfliktfreien und verantwortungsvollen Mineralabbaus
zu verständigen. Beispielsweise wird die EU in ihren Dialogen mit den Ländern
Südamerikas und der Karibik die verantwortungsvolle Beschaffung und deren Beitrag
zu einer nachhaltigen Entwicklung ansprechen und dabei den
Nachhaltigkeitsproblemen des handwerklichen und des informellen Bergbaus die
gebührende Aufmerksamkeit schenken. Ergänzende gleichlaufende Maßnahmen werden
mit der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft angestrebt, insbesondere in
Erzeugerländern.
Kontakte zu Ländern mit Hüttenwerken
Um
für ihr integriertes Konzept einer verantwortungsvollen Beschaffung zu werben und
zu erreichen, dass Unternehmen in Ländern außerhalb ihrer Rechtsordnung stärker
mitziehen, wird die EU an die Länder herantreten, in denen die meisten
Hüttenwerke/Raffinerien der Welt angesiedelt sind, namentlich China, Malaysia,
Indonesien, Thailand und Russland. Im Jahr 2015 veranstaltet die EU eine
internationale Konferenz zur verantwortungsvollen Beschaffung von Mineralien
mit Ursprung in Konflikt- und Hochrisikogebieten. ·
Ein Kapitel „Verantwortungsvolle Beschaffung“ in
den Rohstoffdialogen Die EU wird ihre
Rohstoffdialoge, unter anderem mit China, Japan und der Mongolei, nutzen, um
für das integrierte Konzept einer verantwortungsvollen Beschaffung zu werben. Vor
kurzem ist die Kommission in einen Rohstoffdialog mit Birma/Myanmar eingetreten.
Allgemeiner gesagt, werden die Kommission und die Hohe
Vertreterin auch weiterhin die Werbetrommel für eine starke und kohärente
Rohstoffdiplomatie der EU rühren und in ganzheitlicher und strategischer Manier
den Zusammenhang von Sicherheit und Entwicklung thematisieren. Entwicklungszusammenarbeit mit Drittländern Die EU wird zudem ihre bestehenden Kooperationsbeziehungen zu
Regierungen in Afrika, Asien, Lateinamerika und der Karibik nutzen, um die
konfliktfreie und verantwortungsvolle Gewinnung und Vermarktung von Mineralien
zur Sprache zu bringen. Vor allem mit folgenden Handlungsoptionen könnte die EU
Partnerländer unterstützen:
Umsetzung der OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht
in nationale Rahmen und Rechtsvorschriften zur Sorgfaltspflicht
Aufbau weiterer Kapazitäten zur Umsetzung der
nationalen Rahmen zur Sorgfaltspflicht
Unterstützung der Interessenvertretung und des
politischen Dialogs zwischen Behörden der lokalen und der zentralen Ebene,
Organisationen der Zivilgesellschaft und Unternehmen in den betroffenen
Ländern
Bekanntmachung der Maßnahmen der Erzeugerländer und
der erzielten Ergebnisse
Die EU wird
außerdem die Zusammenarbeit zwischen Erzeuger- und Verbraucherländern fördern,
unter anderem über gemeinsame Projekte, etwa zu nachhaltigem Bergbau und verantwortungsvoller
Staatsführung, und dabei auch die Besonderheiten des handwerklichen Bergbaus
berücksichtigen. Ehrlicher Makler – Rohstoffdiplomatie Die EU ist bereit,
im Rahmen von Initiativen mit vielen Akteuren als ehrlicher Makler aufzutreten
und eine verantwortungsvolle Beschaffung sowie verantwortungsvollen Handel
zwischen den Teilnehmern zu unterstützen und zu fördern. Die Dienststellen der
Kommission und der EAD werden zusammenkommen und die vorliegenden Informationen
über solche Initiativen analysieren. Allianzen zwischen öffentlichen und
privaten Trägern werden gebührende Beachtung finden. EU-Mitgliedstaaten Die Kommission und
die Hohe Vertreterin appellieren an die Mitgliedstaaten der EU, die Bemühungen von
Unternehmen im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht innerhalb ihres Rechtssystems
durch geeignete Maßnahmen auf nationaler Ebene zu unterstützen. Im Bereich
Verbraucherinformation und Kennzeichnung könnten ergänzende Initiativen
entwickelt und weitere Anreize für verantwortliches Unternehmenshandeln
geschaffen werden. Darüber hinaus will die Kommission die Mitgliedstaaten der EU
darin bestärken, dass sie über Vertragserfüllungsklauseln
in den von ihren Behörden gemäß der EU-Richtlinie über die
Vergabe öffentlicher Aufträge unterzeichneten öffentlichen
Aufträgen die Übernahme der OECD-Leitlinien zur
Sorgfaltspflicht oder vergleichbarer Regelungen fördern. Zu diesem Zwecke wird
die Kommission Empfehlungen und Anwendungshinweise für die Anweisungsbefugten
in den Mitgliedstaaten erarbeiten.
3. Gemeinsames Erarbeiten eines integrierten
EU-Konzepts
Ein klareres EU-Rahmenwerk,
das auf den OECD-Leitlinien zur Sorgfaltspflicht basiert, dürfte die laufenden
Bestrebungen von EU-Unternehmern zur Einführung geeigneter
Sorgfaltspflichtsverfahren erleichtern. Als weltgrößter Markt für Mineralien
und Metalle dürfte ein stärkerer Zusammenhalt innerhalb der EU dazu beitragen,
die Nachfrage nach einer verantwortungsvollen Beschaffung zu steigern und in
der Folge den Handel mit Mineralien zu begünstigen, die im Einklang mit
nationalen Vorschriften oder den OECD-Vorschriften zur Sorgfaltspflicht abgebaut
werden. Der Erfolg dieser
Initiative wird in hohem Maße von der Beteiligung des privaten Sektors der EU
abhängen, vor allem der Unternehmen, die Zinn-, Tantal- und Wolframerze oder
daraus gewonnene Metalle und Gold einführen. Die Kommission und die Hohe
Vertreterin fordern die EU-Unternehmen auf, sich das vorgeschlagene integrierte
Konzept zu eigen zu machen und zur Konsolidierung seiner Ergebnisse wie auch zu
seiner Weiterentwicklung beizutragen. Die Kommission und
die Hohe Vertreterin ersuchen den Rat und das Europäische Parlament, dem
integrierten Konzept der EU für eine verantwortungsvolle Beschaffung von
Mineralien zuzustimmen. [1] Conflict Barometer, Heidelberger Institut für
Internationale Konfliktforschung, 2012. [2] KOM(2011) 25 endgültig und COM(2012) 22 final. [3] Die beiden wichtigsten internationalen Sorgfaltsinstrumente
erstrecken sich auf diese vier Mineralien; siehe auch Abschnitt 1.2. [4] Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des
Rates zur Schaffung eines Unionssystems zur Selbstzertifizierung der Erfüllung
der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette durch verantwortungsvolle Einführer von
Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold[4] aus Konflikt- und
Hochrisikogebieten. [5] Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Folgenabschätzung, Begleitunterlage
zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und
des Rates zur Schaffung eines Unionssystems zur Selbstzertifizierung der
Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette durch verantwortungsvolle
Einführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold[5]
aus Konflikt- und Hochrisikogebieten. [6] World Statistics on Mining and Utilities, 2010 – Angaben
zur Bergbauproduktion für 2007. [7] Africa Progress Report 2013. [8] Im Jahr 2012 stammten in Bolivien durchschnittlich 7,3 % des
BIP und 27,8 % aller Ausfuhren aus dem Bergbausektor; in Kolumbien 2,4 %
des BIP und 17,1 % aller Ausfuhren. In Peru waren es 2011 durchschnittlich
14,5 % des BIP und 59 % aller Ausfuhren. [9] OECD (2013), OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply
Chains of Minerals from conflict-Affected and High-Risk Areas: Second Edition, OECD
Publishing, http://dx.doi.org/10.1787/9789264185050-en, Seite 8. [10] OECD-Leitsätze für
multinationale Unternehmen, OECD, Ausgabe 2011. [11] Guiding Principles on Business and Human Rights (Leitprinzipien der
Vereinten Nationen für Unternehmen und Menschenrechte), Büro des
Hochkommissariats der Vereinten Nationen für Menschenrechte, New York und Genf 2011. [12] G8-Gipfel 2013 Lough Erne, Kommuniqué, Ziffer 40, 18. Juni
2013. [13] OECD (2013), OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply
Chains of Minerals from Conflict-affected and High-risk Areas: Second Edition,
OECD Publishing, http://dx.doi.org/10.1787/9789264185050-en. [14] In dem Gesetz definiert als Zinn, Tantal, Wolfram
oder Gold aus der DR Kongo oder einem Nachbarland. [15] Conflict minerals - an evaluation of the Dodd-Frank Act and
other resource-related measures. Öko-Institut e.V. Freiburg, August 2013, Kapitel 6. [16] Die Angaben zu Gold stammen von der London Bullion Market
Association, deren Mitglieder größtenteils die gebotene Sorgfalt walten lassen.
Schätzungsweise 50 Raffinerien arbeiten außerhalb der Association. [17] Conflict due diligence by European Companies, Stichting
Onderzoek Multinationale Ondernemingen, Oktober 2013. [18] Conflict minerals - an evaluation of the Dodd-Frank Act and
other resource-related measures. Öko-Institut e.V. Freiburg, August 2013,
Seite 27. [19] Siehe Fußnote 5. Die Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen
enthält in Anhang III eine externe Studie zur Bewertung von Kosten, Nutzen
und Auswirkungen der Einhaltung des Sorgfaltsprinzips für ausgewählte Akteure
im Zuge einer verantwortungsvollen Beschaffung ausgewählter Mineralien (Zinn, Tantal,
Wolfram und Gold). Die wichtigste Erkenntnis aus der Erhebung in den
betroffenen Branchen, die im Rahmen dieser Studie durchgeführt wurde, lautet,
dass die Mehrzahl der Befragten verhältnismäßig niedrige Kosten für das
Sorgfaltsprinzip und die Berichterstattung nannten. Die Ausgaben werden zumeist
auf 13 500 EUR für die ersten Maßnahmen (74 %) und 2700 EUR
für die anschließenden laufenden Maßnahmen (63,8 %) veranschlagt. [20] KOM(2011) 637 endgültig. [21] http://www.un.org/en/land-natural-resources-conflict/index.shtml [22] KOM(2008) 699 endgültig. [23] COM(2012) 82 final. [24] KOM(2011) 681 endgültig. [25] http://ec.europa.eu/enterprise/policies/sustainable-business/corporate-social-responsibility/index_de.htm. [26] JOIN (2013) 23 final. [27] Verordnung (EU) Nr. 1287/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über ein Programm für die
Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für kleine und mittlere
Unternehmen (COSME) (2014-2020) und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 639/2006/EG. Das
Programm COSME sieht Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs von KMU zu Märkten
innerhalb und außerhalb der Union vor, beispielsweise die Bereitstellung von
Informationen über bestehende Marktzutrittshemmnisse und Geschäftschancen, die
Vergabe öffentlicher Aufträge und Zollverfahren sowie die Verbesserung von
Unterstützungsdiensten in Bezug auf Normen und Rechte an geistigem Eigentum.