52013DC0407

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Aktionsplan für eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Stahlindustrie in Europa /* COM/2013/0407 final */


Inhaltsverzeichnis

1........... Die Stahlindustrie in Europa. 3

2........... Globaler Markt für Stahl und technologische Entwicklungen. 4

2.1........ Maßgebliche Trends auf dem Weltmarkt 4

2.2........ Wichtige technologische Antriebskräfte und Herausforderungen. 4

3........... Die Herausforderungen annehmen — Aktionsplan für die Stahlindustrie. 6

3.1........ Der richtige Regulierungsrahmen. 6

3.2........ Die Stahlnachfrage ankurbeln. 8

3.3........ Gleiche Wettbewerbsbedingungen auf internationaler Ebene. 9

Zugang zu Rohstoffen. 10

Handel… 11

3.4........ Energie-, Klima-, Ressourcen- und Energieeffizienzpolitik zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit 13

Erschwingliche Energiepreise und -versorgung. 13

Klimaschutzpolitik. 16

Gewährleistung einer weltweiten Vergleichbarkeit 17

Der Stahlsektor als maßgeblicher Akteur bei der Verwirklichung der Ziele in den Bereichen Klimaschutz und Ressourceneffizienz. 18

3.5 ....... Innovation. 21

3.6 ....... Die soziale Dimension: Restrukturierung und Qualifikationsbedarf 23

4........... Fazit 26

 

1.           Die Stahlindustrie in Europa

Ein starker und wettbewerbsfähiger Stahlsektor ist für die industrielle Basis Europas von zentraler Bedeutung. Die EU liegt bei der Stahlerzeugung mit einem jährlichen Volumen von mehr als 177 Mio. t Stahl und einem Anteil von 11 % an der globalen Produktion weltweit auf Platz zwei. Darüber hinaus ist Stahl Bestandteil verschiedener industrieller Wertschöpfungsketten, und der Stahlsektor ist eng mit vielen nachgelagerten Industriezweigen wie der Automobil- und Bauindustrie und den Sektoren Elektronik, Maschinenbau und Elektrotechnik verflochten. Stahl hat eine erhebliche grenzübergreifende Dimension – die sich auf 23 Mitgliedstaaten verteilenden 500 Produktionsstandorte machen die Stahlindustrie zu einem echten europäischen Wirtschaftszweig.

Heute befindet sich der europäische Stahlsektor in einer äußerst schwierigen Lage. Die anhaltende Wirtschaftskrise hat zu einem deutlichen Abschwung im verarbeitenden Gewerbe und zum Rückgang der damit verbundenen Stahlnachfrage geführt, die 27 % unter dem Niveau vor der Krise verharrt[1]. Infolgedessen wurden mehrere Stahlwerke stillgelegt oder mussten ihre Produktion drosseln, was entsprechende Arbeitsplatzverluste nach sich zog. So gingen in den letzten Jahren bis zu 40 000 Arbeitsplätze verloren. In absehbarer Zukunft wird daher der Druck zur notwendigen Umstrukturierung und Verringerung von Produktionskapazitäten eine der wichtigsten Herausforderungen für diesen Wirtschaftszweig bleiben.

Die Überkapazitäten sind allerdings nicht nur ein europäisches Problem. In den nächsten zwei Jahren dürfte sich die Stahlerzeugungskapazität weiter erhöhen[2], und Schätzungen der OECD zufolge werden die Kapazitäten bis 2014 weltweit um 118 Mio. t auf 2 171 Mio. t steigen. Die europäische Stahlindustrie sieht sich mit den gleichzeitigen Auswirkungen der geringen Nachfrage und der Überkapazitäten in einem globalisierten Stahlmarkt konfrontiert und hat darüber hinaus mit hohen Energiepreisen zu kämpfen, muss aber auch Investitionen tätigen, damit ihr die Anpassung an eine „grüne“ Wirtschaft gelingt, und um innovative Produkte zu schaffen.

Die Kommission hält es für wichtig, dass Europa aus wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Gründen sowie aus Gründen der Versorgungssicherheit eine bedeutende Region der Stahlerzeugung bleibt. Nach der Annahme der Mitteilung der Kommission zur Industriepolitik[3] im Jahr 2012, mit der ein Aufschwung der Industrie in Europa und ein Anstieg ihres Anteils am BIP von derzeit 15,2 % auf 20 % bis 2020 angestrebt wird, stellte der Europäische Rat auf seiner Tagung im März 2013 fest, dass er die Arbeiten der Kommission im Hinblick auf spezifische Industriesektoren weiterverfolgen wird. Die Mitteilung stellt die Antwort der Kommission auf die Krise im Stahlsektor dar und legt gezielte Maßnahmen fest, um sicherzustellen, dass die Rahmenbedingungen einer wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Stahlindustrie förderlich sind, damit diese in der Lage ist, die strukturellen Probleme zu lösen, vor denen sie steht, und damit sie weltweit wettbewerbsfähig ist und die nächste Generation von Stahlerzeugnissen entwickelt, die für andere wichtige europäische Industriezweige von zentraler Bedeutung sind.

2.           Globaler Markt für Stahl und technologische Entwicklungen

2.1.        Maßgebliche Trends auf dem Weltmarkt

Der Weltmarkt für Stahl ist infolge der Industrialisierung in den aufstrebenden Volkswirtschaften seit 2000 gewachsen.

Im Zuge der voranschreitenden Industrialisierung hat sich Asien zur Region mit der weltweit höchsten Stahlproduktion und -nachfrage entwickelt. Mit einem Anteil von 39 % an der Rohstahlproduktion in Asien im Jahr 2000, der 2012 auf 71 % kletterte, dominiert China nun die weltweite Stahlerzeugung. Dieser Produktionsanstieg hat in China einen Kapazitätsüberhang verursacht und dazu geführt, dass China sich von einem Nettoimportland zum weltweit größten Stahlexportland entwickelt hat. Fast 50 % der weltweiten Stahlproduktion stammen nunmehr aus der chinesischen Stahlindustrie.[4]

Die Wettbewerbsposition der US-Stahlindustrie hat sich mit Blick auf die Energiekosten durch die verstärkte inländische Schiefergasförderung verbessert, was einer der Hauptgründe dafür ist, dass neue Investitionen in den Stahlsektor fließen. Dies signalisiert möglicherweise eine Trendwende für den Sektor, und die USA könnten sich bald zum Nettoexportland für Stahl[5] entwickeln und das Überangebot auf dem Weltmarkt noch erhöhen.

Darüber hinaus haben einige Nachbarländer (Russland, die Ukraine und die Türkei) ihre Stahlproduktionskapazitäten erheblich verbessert und ihre Fähigkeit zur Belieferung des EU-Marktes für Stahl gesteigert. Der Anstieg der Produktionskapazitäten in vielen Ländern geht jedoch nicht mit einer Öffnung der Märkte einher. So ist in den vergangenen Jahren eine steigende Tendenz zum Schutz inländischer Stahlproduzenten zu beobachten, etwa in Brasilien und Indien.[6] Maßnahmen dieser Art behindern die Entwicklung eines weltweiten Marktes für Stahl mit gleichen Wettbewerbsbedingungen.

In diesem schwierigen Umfeld ist es der Stahlindustrie der EU gelungen, ihre Ausfuhrmengen aufrechtzuerhalten. Seit 2010 steigen die EU-Ausfuhren, und in den vergangenen vier Jahren verzeichnete die EU einen Handelsüberschuss. Für 2012 lag der Handelsüberschuss bei 16,2 Mio. t (oder 20 Mrd. EUR).[7]

Für eine tragfähige Entwicklung der Stahlindustrie spielen auch ein fairer Zugang zu primären und sekundären Rohstoffen sowie zum Rohstofftransport auf dem Seeweg unter wettbewerbsfähigen Marktbedingungen eine wesentliche Rolle.

2.2.        Wichtige technologische Antriebskräfte und Herausforderungen

Im Baugewerbe und in der verarbeitenden Industrie wird Stahl voraussichtlich ein grundlegender Werkstoff von zentraler Bedeutung bleiben. Allerdings könnte die Stahlnachfrage durch verschiedene Trends in der Stahlerzeugungstechnologie und Stahlverwendung beeinflusst werden. Die treibenden Kräfte hinter diesen Trends dürften vor allem die gemeinsame Entwicklung und die Verfahrensinnovation sein. Dies ist ein Bereich, in dem Europa die Führungsrolle übernehmen kann.

Auf der Nachfrageseite werden der Bau von Kraftwerken, einschließlich von On- und Offshore-Windparks, die Energieübertragung, der Wohnungsbau und der Verkehrssektor weiterhin Möglichkeiten für innovative Stahlerzeugnisse eröffnen.

Die Steigerung des Mehrwerts von Stahlerzeugnissen, auch von Rohren, ist für Stahlerzeuger ein Weg, sich von ihren Wettbewerbern abzuheben und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wie jedoch aus einer neueren OECD-Studie[8] hervorgeht, entfällt nach wie vor nur ein begrenzter Anteil der Stahlnachfrage auf Stahlerzeugnisse mit hoher Wertschöpfung, und der Wettbewerb in diesem Segment ist sehr ausgeprägt. Darüber hinaus erfordert die Herstellung derartiger Stahlerzeugnisse den Einsatz kostenintensiver Stahlwalzverfahren und hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE).

Auf der Produktionsseite nimmt die Innovation zwar nach wie vor eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung neuer Produkte und Märkte und bei Effizienzsteigerungen ein, doch auch der Zugang zu Rohstoffen und Energie und deren Preise werden die künftigen Trends bestimmen. Das importabhängige Europa wird mit einer voraussichtlich anhaltenden Preisentwicklung nach oben konfrontiert sein. Was die zur Stahlerzeugung benötigten Rohstoffe angeht, könnten die künftig entscheidenden Technologietrends darin bestehen, reines Eisenerz durch Stahlschrott (Erhöhung des Anteils von Lichtbogenöfen) und Kokskohle durch Gas zu ersetzen (Verwendung von direktreduziertem Eisen (DRI)).

Von der Klimapolitik und dem Thema Ressourceneffizienz werden weitere wichtige Impulse für technologische Änderungen ausgehen. Kurzfristig könnten ein verstärkter Einsatz von Schrott und die Verbreitung der besten verfügbaren Techniken maßgeblich zur Einhaltung der klimapolitischen Zielvorgaben beitragen und die nachhaltige Nutzung knapper Ressourcen verbessern.

Einer aktuellen Studie[9] der Kommission zufolge würde die Einführung von besten verfügbaren Techniken bis 2022 unter Annahme strenger Investitionsbedingungen (kurze Amortisationszeiten) nur eine leichte Verringerung des gesamten direkten Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen bewirken. Bei längeren Amortisationszeiten könnte das Reduktionspotenzial bis 2030 laut einer Folgestudie[10] allerdings höher sein. Darüber hinaus wären Forschungsarbeiten und erfolgreiche Demonstrationsprojekte erforderlich, um die Kostenwettbewerbsfähigkeit der besten verfügbaren Techniken weiter zu verbessern.

Kurz- und mittelfristig kann mit allmählichen Energieeffizienzsteigerungen gerechnet werden. Die derzeit verwendeten Technologien haben schon signifikante Verbesserungen erfahren[11], und Produktionsanlagen, die die besten Technologien nutzen, arbeiten bereits nahe an ihrer thermodynamischen Grenze. Allerdings gibt es noch einige Bereiche, in denen Verbesserungen erzielt werden könnten, damit der Sektor eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber den Energiekosten entwickelt. Eine verbesserte Energieeffizienz verringert die Gestehungskosten und kann höhere Vorabinvestionen erfordern; daher sollten Maßnahmen so umgesetzt werden, dass die Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit berücksichtigt werden. Die Kommission wird deshalb Sektoren überwachen, in denen das Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen voraussichtlich erheblich ist; dadurch soll sichergestellt werden, dass die Richtlinie über Energieeffizienz die nachhaltige Entwicklung in diesen Sektoren fördert.[12]

Die erfolgreiche Demonstration fortschrittlicherer Technologien zur Verringerung von CO2-Emissionen, einschließlich industrieller CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), spielt eine wesentliche Rolle. Vor der Umsetzungsphase gilt es allerdings zunächst, Herausforderungen zu bewältigen, z. B. die hohen Kosten, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die mangelnde öffentliche Akzeptanz, wie bereits in der Mitteilung der Kommission zur Zukunft der CO2-Abscheidung und -Speicherung in Europa[13] ausgeführt.

3.           Die Herausforderungen annehmen — Aktionsplan für die Stahlindustrie

Im Juli 2012 richtete der Vizepräsident und Kommissar für Industrie und Unternehmertum in Zusammenarbeit mit dem für Beschäftigung, Soziales und Integration zuständigen Kommissionsmitglied eine hochrangige Gesprächsrunde (HLR) ein, um die Herausforderungen für die Stahlindustrie zu ermitteln und zu bewerten.[14] Die HLR diente als Plattform für den Dialog zwischen der Kommission, führenden Wirtschaftsvertretern und Gewerkschaften. Darüber hinaus nahmen Vertreter der wichtigsten stahlerzeugenden Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments an den Sitzungen teil. Zur Bewältigung der zentralen Herausforderungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie in der EU beeinträchtigen, schlägt die Kommission nun die im Folgenden erläuterten Punkte vor.

3.1.        Der richtige Regulierungsrahmen

Die europäischen Rechtsvorschriften sind für die nachhaltige Entwicklung und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes, für die Investitionssicherheit und Vorhersehbarkeit sowie für die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen von entscheidender Bedeutung.

Im Einklang mit der Agenda der Kommission für intelligente Regulierung[15] müssen die EU-Vorschriften ihre einschlägigen Ziele wirksam und effizient erreichen. Die Kommission ist entschlossen, übertriebenen Verwaltungsaufwand, Unvereinbarkeiten, Lücken oder wirkungslose Maßnahmen zu ermitteln.

Darüber hinaus können die kumulativen Auswirkungen verschiedener Strategien und Rechtsvorschriften die Innovationsfähigkeit der Unternehmen und ihre Fähigkeit, Investitionsentscheidungen zu treffen, stärken. Dies kann mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit fördern. Wenn die Wettbewerber auf dem globalen Markt jedoch von günstigeren Rahmenbedingungen profitieren, könnte dies zu rückläufigen Investitionen und zu Marktanteilverlusten führen und Schließungen oder Standortverlagerungen nach sich ziehen. 

In diesem Kontext führt die Kommission eine Bewertung der kumulativen Kosten in spezifischen Sektoren, etwa Stahl oder Aluminium, durch. Die Kommission wird außerdem ihr gesamtes Instrumentarium einsetzen und durch eine „Prüfung auf Wettbewerbsfähigkeit“[16] im Rahmen der Ex-ante-Folgenabschätzungen verstärkt die Auswirkungen ihrer neuen Politikvorschläge auf die Wettbewerbsfähigkeit analysieren. Darüber hinaus führt die Kommission umfassende Politikbewertungen in Form von „Eignungsprüfungen“ durch, um zu bewerten, ob der Rechtsrahmen für einen bestimmten Politikbereich seinen Zweck erfüllt. Die Ergebnisse werden in die Erarbeitung von Schlussfolgerungen zum künftigen politischen und rechtlichen Rahmen einfließen.

Der Rechtsrahmen sollte intelligent und ambitioniert gestaltet sein, damit er als Innovationsmotor wirken kann, vor allem, wenn dynamische und marktorientierte Ansätze verfolgt werden. Auch strengere Umweltvorgaben und die Verwendung harmonisierter Regeln, Normen und das öffentliche Auftragwesen können einen kräftigen Innovationsschub bewirken.[17]

Europäische Normen könnten außerdem die nachhaltige Erzeugung von Stahlbauprodukten fördern. Die Stahlindustrie arbeitet bereits an der Entwicklung der Kennzeichnung SustSteel für Stahlbauprodukte. SustSteel stellt darauf ab, die Nachhaltigkeit im Allgemeinen und insbesondere in der Herstellung von Stahlbauprodukten voranzubringen. Wird SustSteel solide und glaubwürdig umgesetzt, könnte dadurch der Marktanteil nachhaltiger europäischer Stahlbauprodukte gesteigert werden. Dieser Aspekt sollte von den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden und könnte spezifische Normungstätigkeiten erfordern.

Auch in den Mitgliedstaaten treten Regulierungsprobleme auf. In einigen Mitgliedstaaten werden die Betriebsbedingungen der Stahlerzeuger durch Mehrwertsteuerhinterziehung am inländischen Stahlmarkt beeinträchtigt. Die Unternehmen sind auf diese Weise unlauterem Wettbewerb durch die Schattenwirtschaft ausgesetzt. In vielen Fällen zwingt dies die Unternehmen dazu, ihre Produktion zu drosseln oder Werke zu schließen. In manchen Mitgliedstaaten verursachte diese spezifische Art der Steuerhinterziehung Produktions- und Verkaufsrückgänge bei Betonstabstahl, die sich im Jahr 2012 auf 15 % und in diesem Jahr bereits auf 30 % beliefen.[18]

Die Kommission wird – die Bewertung der kumulativen Kosten für den Stahlsektor im Jahr 2013 abschließen, um den gesamten Regelungsaufwand zu prüfen; – im Rahmen ihrer Folgenabschätzungen weiterhin die Folgen neuer Initiativen bewerten, die wesentlichen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie haben dürften, einschließlich gegebenenfalls unter Verwendung von Prüfungen auf Wettbewerbsfähigkeit; – das Potenzial von SustSteel zur Stärkung des Marktanteils europäischer nachhaltiger Stahlbauprodukte untersuchen. Die Kommission kann im Anschluss spezifische Normungstätigkeiten fordern; – gemeinsam mit den Mitgliedstaaten mögliche Initiativen gegen den illegalen Markt für Stahlerzeugnisse in der EU, auch gegen die Mehrwertsteuerhinterziehung, prüfen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, – die Nachhaltigkeit von Stahlbauprodukten zu verbessern, indem die Möglichkeit genutzt wird, SustSteel einzuführen.

3.2.        Die Stahlnachfrage ankurbeln

In der globalen Stahlindustrie bestehen derzeit Überkapazitäten von etwa 542 Mio. t. Davon entfallen knapp 200 Mio. t auf China.[19] Gegenwärtig wird der Kapazitätsüberhang in der EU auf rund 80 Mio. t geschätzt, während die gesamte Produktionskapazität in der EU bei 217 Mio. t liegt. Bleibt die Stahlerzeugungskapazität nach 2014 konstant, so könnte es unter Annahme eines gleichbleibenden Nachfragewachstums fünf bis sieben Jahre dauern, bis die Nachfrage sich den Kapazitäten angepasst hat.

In der EU hängt die Stahlnachfrage von der wirtschaftlichen und finanziellen Lage in einigen wenigen wichtigen stahlverbrauchenden Industriezweigen ab; so entfallen auf den Bau- und Automobilsektor zusammengenommen etwa 40 % der Stahlnachfrage. Das Ingenieurwesen und die Elektro- und Elektronikgeräteindustrie sind ebenfalls wichtige Motoren für die Entwicklung der Stahlindustrie. Die Finanzkrise hat all diese Wirtschaftszweige jedoch stark in Mitleidenschaft gezogen. Um eine Erholung dieser Sektoren zu gewährleisten, ist es wichtig, die derzeitigen EU-Initiativen zur Unterstützung des Baugewerbes und der Automobilindustrie mit dem Ziel umzusetzen, ihre Nachhaltigkeit, Ressourcen- und Energieeffizienz zu steigern. Stärker wachstumsorientierte Maßnahmen werden den Stahlverbrauch fördern.

Die Kommission wird – die wichtigsten stahlverbrauchenden Sektoren weiter fördern, insbesondere durch ihre Initiative CARS 2020[20], u. a. indem die Nachfrage nach mit alternativen Kraftstoffen betriebenen Fahrzeugen[21] stimuliert wird, und sie wird im Rahmen ihrer Strategie für die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit des Baugewerbes[22] Energie- und Ressourceneffizienzsteigerungen und die Renovierung des Gebäudebestands fördern.

3.3.        Gleiche Wettbewerbsbedingungen auf internationaler Ebene

Die EU ist ein offener Markt. Viel zu oft wenden jedoch stahlproduzierende Drittstaaten Handelsbeschränkungen an oder verursachen Verzerrungen, um ihrer eigenen Stahlindustrie künstliche Vorteile zu verschaffen. Zu den einschlägigen restriktiven Maßnahmen zählen Zollschranken, nichttarifäre Maßnahmen (vor allem in Bezug auf technische Vorschriften und Konformitätsbewertungsverfahren), Ausfuhranreize und -subventionen sowie Beschränkungen für verschiedene Arten von Rohstoffen für die Stahlherstellung.

Die EU geht gegen Handelsschranken und unfaire Praktiken vor, indem sie ihre Marktzugangsstrategie entschlossen umsetzt und sich dabei für die Durchsetzung internationaler Verpflichtungen und die Sicherung gleicher Wettbewerbsbedingungen für EU-Stahlunternehmen einsetzt.

Mit Hilfe eines effektiven Netzes und adäquater Überwachungsinstrumente hat die EU wesentliche Handelsbeschränkungen auf Drittlandsmärkten ermittelt, gegen die daraufhin angemessene Durchsetzungsinstrumente eingesetzt wurden. Zu den einschlägigen Praktiken, die in der EU-Markzugangsdatenbank enthalten sind, zählen die Verhängung von Ausfuhrbeschränkungen und Ausfuhrabgaben auf Rohstoffe. Diese Praktiken wurden u. a. von Indien, China, der Russischen Föderation und Ägypten angewandt und bewirken unnötige Kostensteigerungen für die Stahlproduktion in der EU. Andere Arten von Handelsschranken auf Drittlandsmärkten zielen auf EU-Produkte ab; so werden übermäßige Genehmigungsverfahren oder Anforderungen eingeführt, die schließlich die Stahlausfuhren aus der EU hemmen. Derartige Praktiken wurden in erster Linie auf dem indischen und indonesischen Markt festgestellt. Darüber hinaus wurden insbesondere in China und den USA Beschränkungen für Investitionen in den heimischen Stahlsektor und dessen Bevorzugung bei öffentlichen Aufträgen genutzt, um die inländische Industrie vor Wettbewerb aus der EU zu schützen.

Um derartigen Herausforderungen zu begegnen, arbeitet die EU mit ihren Partnern zusammen und entwickelt im Rahmen der Marktzugangsstrategie sorgsam abgewogene Reaktionen. So wurden etwa die in Indien geltenden verbindlichen Zertifizierungsanforderungen für bestimmte Stahlerzeugnisse nach Demarchen der EU bei den indischen Behörden aufgehoben, während gegen China in Bezug auf wesentliche Rohstoffe wie Koks Streitbeilegungsverfahren eingeleitet werden mussten, um eine ungehinderte Versorgung des Stahlsektors in der EU mit diesem Rohstoff sicherzustellen. Die EU arbeitet weiter daran, die verbleibenden Hindernisse durch ein gut entwickeltes Netz aus Konsultationsforen anzugehen, etwa durch die Kontaktgruppen für Stahl mit der Russischen Föderation, China, den Vereinigten Staaten, aber auch mit Japan, Indien und Brasilien. Zusätzlich zur Möglichkeit, bestimmte Aspekte im Rahmen von Verhandlungen über Freihandelsabkommen anzusprechen oder durch Aktivitäten der WTO-Arbeitsgruppen wirksam zu behandeln, ermöglichen diese Kontaktgruppen einen sinnvollen Austausch, um die Hindernisse zu ermitteln und zu beseitigen, die der EU-Industrie nach wie vor auf diesen wachsenden Märkten entgegen stehen.

Eine weitere wesentliche Herausforderung für die Stahlindustrie stellen vor dem Hintergrund der globalen Überkapazitäten möglicherweise unfaire Handelspraktiken in Drittländern dar, die darauf abstellen, die Überproduktion mit Hilfe aggressiver Geschäftsmethoden zu exportieren. Die Kommission begegnet dieser Herausforderung mit der Anwendung ihrer handelspolitischen Schutzinstrumente. Im Jahr 2012 leitete die Kommission nach Beschwerden der Industrie über derartige unfaire Handelspraktiken elf neue Untersuchungen zu Eisen- und Stahlprodukten ein. Dies stellt einen Nettoanstieg zum Vorjahr dar und zeigt, wie wichtig das Problem ist und wie entschlossen die Kommission gegen derartige Praktiken vorgeht. Die Kommission muss dabei hinsichtlich der Anwendung von Handelsschutzinstrumenten durch ihre Partner wachsam bleiben, da diese auch ein Mittel sein können, um das Volumen und den Marktanteil der EU-Ausfuhren unnötig zu beschränken, um die heimische Industrie zu schützen. Die Kommission arbeitet daher regelmäßig mit Behörden in Drittstaaten zusammen, um sicherzustellen, dass die WTO-Regeln zu Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen und Antidumpingverfahren eingehalten werden.     

Insgesamt muss die EU angesichts der restriktiven Maßnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlerzeuger in der EU beeinträchtigen, ihre Marktzugangsstrategie weiterhin entschieden verfolgen, um einen fairen internationalen Wettbewerb und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die europäische Industrie sicherzustellen.

              Zugang zu Rohstoffen

Die Stahlerzeugung ist – wie viele andere verarbeitende Industriezweige auch – von Rohstoffen abhängig, die in Europa knapp sind. Für die Hochöfen werden Eisenerz und Kokskohle von guter Qualität benötigt. Die Preise für Eisenerz sind in den letzten Jahren aufgrund der starken Nachfrage aus den aufstrebenden Volkswirtschaften erheblich gestiegen.[23] Die infolge des Schiefergasbooms schwächere Nachfrage nach Kohle in den USA hat die Kohlepreise in der EU gedrückt und auf diese Weise dazu beigetragen, dass die Preise für Kokskohle nachgegeben haben und der Kohleeinsatz in der EU gestiegen ist.

Stahl kann wiederverwertet werden, ohne dabei Schlüsseleigenschaften wie Festigkeit, Duktilität oder Formbarkeit zu verlieren. Die Wiederverwertung einer Tonne nichtkontaminierten Stahlschrotts ermöglicht, mehr als 1 200 kg Eisenerz, 7 kg Kohle und 51 kg Kalk zu ersetzen.[24] Die Stahlerzeugung mit Hilfe von Stahlschrott anstelle von reinem Eisenerz reduziert den Energiebedarf um rund 75 % und den Rohstoffbedarf um etwa 90 %.[25] Angesichts der Herausforderungen, denen Europa beim Zugang zu günstiger Energie und günstigen Rohstoffen gegenübersteht, erscheint es wirtschaftlich sinnvoll, den Anteil des aus Schrott erzeugten Stahls zu maximieren. Auch ökologisch spricht einiges dafür, da die Verwendung von Schrott bei der Produktion umfangreiche Verringerungen bei der Luftverschmutzung (rund 86 %), beim Wasserverbrauch (40 %), bei der Wasserverschmutzung (76 %) und bei Bergbauabfällen (97 %) ermöglicht.[26] Im Vergleich zu der auf Eisenerz basierenden Erzeugung entstehen bei der Herstellung einer Tonne Stahl aus Schrott 231 t weniger CO2-Emissionen.

Die Steigerung des Anteils von wiederverwertetem Schrott in Europa erfordert zunächst ein besseres Funktionieren der Märkte für Sekundärmetalle. Dies hängt von den Kosten, die bei der Wiedergewinnung von Metallen aus stillgelegten Strukturen, entsorgten Produkten und anderen Abfallströmen entstehen, und von deren Relation zu den Preisen für Primärmetalle ab.[27] Um die Wiederverwendung und -verwertung zu erleichtern, sollte bei einer ökologisch optimierten Produktkonzipierung berücksichtigt werden, wie einfach die Demontage und die Trennung aller Stahlkomponenten ist. Durch die Maximierung der Wiederverwertung kann mehr Stahl im Umlauf bleiben.[28] Die Ökodesign-Richtlinie[29] sieht die Möglichkeit vor, Anforderungen hinsichtlich der Recyclingfähgikeit und kostenwirksamen Zerlegung von Produkten festzulegen, was dazu beitragen könnte, den Zugang zu hochwertigem Metallschrott zu verbessern.

Die Nachfrage nach wiederverwertetem Stahl wurde bereits durch das gestärkte Vertrauen in dessen Qualität gesteigert, was auf die Festlegung von Kriterien, wann Eisen und Stahl nicht mehr als Abfall anzusehen sind, zurückzuführen ist.[30]

Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um illegale Schrottausfuhren anzugehen, die zu Verlusten von wertvollen Rohstoffen in der europäischen Wirtschaft führen. Die Kommission wird Vorschläge vorlegen, um gegen derartige illegale Ausfuhren vorzugehen, indem die Kapazitäten der Mitgliedstaaten für Kontrollen auf der Grundlage der Verordnung über die Verbringung von Abfällen gestärkt werden.[31] Auch hinsichtlich der Überwachung der Verbringung von Schrott sind weitere Anstrengungen erforderlich.

Bei der Prüfung von Produktionsverfahren sollte auch der Ressourceneffizienz und den Auswirkungen auf das Klima Rechnung getragen werden. Für etwa 40 % der Stahlproduktion in der EU werden Elektrolichtbogenöfen eingesetzt, die Stahl zu 100 % auf der Grundlage von aufgearbeitetem Schrott als Ausgangsstoff erzeugen können. Diese Produktionsweise ist zwar energieintensiv, aber durch den Einsatz von Schrott als primärem Rohstoff ressourceneffizient.  Da sie im Vergleich zur Primärstahlerzeugung aus Erz zu geringeren CO2-Emissionen führt, sollte sie gefördert werden. Dafür muss jedoch hochwertiger Stahlschrott verfügbar sein, der unter umweltverträglichen Bedingungen aufgearbeitet wurde. Die Rohstoffstrategie[32] der Kommission bildet den geeigneten Rahmen, in dem dieses Ziel verfolgt werden sollte.

Zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Überwachung hat die Kommission eine Liste von 14 kritischen Rohstoffen erstellt, die wirtschaftlich wichtig sind und für die ein höheres Risiko von Versorgungsengpässen besteht, u. a. wegen ihrer geografischen Herkunft. Das Versorgungsrisiko könnte auch durch die geringe Ersetzbarkeit und die niedrigen Recyclingquoten der Rohstoffe selbst verschärft werden. Die Liste enthält mehrere für die Erzeugung von Stahllegierungen benötigte Rohstoffe und wird 2013 überprüft. Es wird in Erwägung gezogen, Kokskohle in die Liste aufzunehmen.

              Handel

Der Handel ist für den Stahlsektor von besonderer Bedeutung. Angesichts der Rolle des Handels als Motor für Wirtschaftswachstum im globalisierten Stahlmarkt unterstützt die Kommission nachdrücklich die Liberalisierung des internationalen Handels unter der Schirmherrschaft der WTO.

Auf bilateraler Ebene sind Verhandlungen über Handelsabkommen, insbesondere Freihandelsabkommen (FHA), ein weiteres wichtiges Instrument, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen aus der EU zu schaffen, sowohl was den Zugang zu Märkten als auch zu Rohstoffen zu Bedingungen des freien Wettbewerbs angeht. Um die allgemeinen Auswirkungen dieser Abkommen auf die Wirtschaftszweige in der EU und auf die EU-Wirtschaft zu prüfen, wird für jedes einzelne Handelsabkommen zusätzlich zu der Ex-ante-Folgenabschätzung vor der Verabschiedung der Verhandlungsrichtlinien und der während der Handelsverhandlungen vorgenommenen Nachhaltigkeitsprüfung eine Analyse nach Abschluss der Verhandlungen vorgenommen, um die Folgen des geplanten Abkommens für die EU zu bewerten.

Statistische Angaben sind für den Sektor wichtig, da sie ermöglichen, dass die zunehmend volatilen Trends bei den Stahleinfuhren rasch analysiert und auf einer soliden Faktengrundlage die notwendigen Initiativen ergriffen werden können.

Ein Szenario mit steigenden Einfuhren ist wahrscheinlicher, wenn die Überkapazitäten in der Produktion weltweit weiter steigen und damit zum Rückgriff auf Subventionen und Dumping anregen, um die globalen Überkapazitäten zu nutzen. Bis Ende 2012 lieferte ein automatisches lizenzbasiertes System (vorherige Überwachung)[33] rechtzeitig Informationen über künftige Stahlimporte. Nach dem Auslaufen des automatischen lizenzbasierten Systems wird die EU weiterhin wachsam bleiben und die Einfuhren aus Drittländern anhand des speziellen Systems „Surveillance 2“[34] genau überwachen. Mehrere Handelspartner der EU überwachen ebenfalls die Stahleinfuhren, einige davon, etwa die USA, mit Hilfe eines dem automatischen Einfuhrlizenzverfahren ähnlichen Systems.

Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die geregelten Märkte für den Handel mit Warenderivaten fair und transparent sind und gleichzeitig spezifische Bedingungen gelten, um die Liquidität zu unterstützen und um Marktmissbrauch und die Entstehung von marktverzerrenden Positionen zu verhindern. Verschiedene Rechtsvorschriften[35] könnten Auswirkungen auf die Stahlerzeuger haben, sowohl im Zusammenhang mit dem Handel mit Warenderivaten als auch in Bezug auf Finanzinstrumente.

Die Kommission wird kurzfristig – im Rahmen ihrer umfassenden Handelsstrategie ihre verschiedenen handelspolitischen Instrumente einsetzen (z. B. Handelsverhandlungen oder handelspolitische Schutzinstrumente), um sicherzustellen, dass die europäischen Stahlerzeuger Zugang zu Märkten in Drittländern haben. In diesem Zusammenhang wird sie –  Maßnahmen gegen unfaire Handelspraktiken in der Stahlbranche ergreifen, – weiter rechtzeitig über die Entwicklung der Stahleinfuhren aus Nicht-EU-Ländern berichten, – weiterhin Ex-ante-Folgenabschätzungen für angestrebte FHA vor dem Erlass der Verhandlungsrichtlinien vornehmen sowie die Folgen von geschlossenen Freihandelsabkommen für die EU vor der Unterzeichnung analysieren; – die Schrottmärkte überwachen. Angesichts der geringeren CO2-Emissionen bei der Aufarbeitung von Schrott in Europa könnten ggf. nichtdiskriminierende Maßnahmen aus Umweltschutzgründen erwogen werden, um eine Verlagerung von CO2-Emissionen in Nicht-EU-Länder zu vermeiden, sofern derartige Maßnahmen keine unmittelbaren oder mittelbaren Ausfuhrbeschränkungen nach sich ziehen; – einen Legislativvorschlag zu Kontrollen der Abfallverbringung vorlegen; – die Aufnahme von Kokskohle und anderer wesentlicher Elemente für die Stahlerzeugung in die Liste kritischer Rohstoffe in Erwägung ziehen; – mit den wichtigsten Erzeugerländern außerhalb der EU zusammenarbeiten, um einen Überblick über den Sektor und seine Trends zu bekommen und gemeinsame Ansätze für die weltweiten Herausforderungen zu entwickeln, vor denen der Wirtschaftszweig steht; langfristig – ihre Agenda der Handelsliberalisierung durch Verhandlungen über FHA fortsetzen und dabei die Abschaffung und substanzielle Verringerung von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen auf Drittlandsmärkten im Auge behalten, und einen nachhaltigen Zugang zu Rohstoffen für die EU-Industrie sowie eine verstärkte Förderung internationaler Standards für Stahlerzeugnisse sicherstellen; – weiterhin mit dem Rat und dem Europäischen Parlament im Kontext der Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente zusammenarbeiten, um rasch die Antidumping- und die Antisubventionsbasisverordnung zu aktualisieren. Die Änderungen würden unter anderem die Einführung höherer Zölle (eine Abweichung von der „Regel des niedrigeren Zolls“) auf Einfuhren aus Ländern, die unfaire Subventionen einsetzen und strukturelle Verzerrungen an ihren Rohstoffmärkten verursachen sowie die Verwendung wirksamerer Instrumente für Untersuchungen von Amts wegen bei Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen gegen die betreffenden EU-Industriezweige ermöglichen.

              3.4     Energie-, Klima-, Ressourcen- und Energieeffizienzpolitik zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit

              Erschwingliche Energiepreise und -versorgung

Ähnlich wie in anderen energieintensiven Branchen gehören auch für die europäische Stahlindustrie die Energiekosten zu den wichtigsten Faktoren für die Wettbewerbsfähigkeit. Nach Schätzungen der Stahlindustrie machen die Energiekosten – je nach Segment der Wertschöpfungskette – bis zu 40 % der gesamten Betriebskosten aus.[36] Die europäische Industrie ist mit höheren Energiepreisen als die meisten ihrer internationalen Wettbewerber konfrontiert, eine Tendenz, die sich durch die Preisentwicklungsdynamik der letzten Jahre noch verstärkt hat.

Die Stahlindustrie ist durch Strom und Kokskohle, ihre beiden wichtigsten Energiequellen, unter Druck geraten. Ungeachtet des jüngsten Rückgangs zogen die Preise für Kokskohle in den letzten Jahren erheblich an.[37] Die durchschnittlichen Endverbraucherpreise für die EU-Industrie sind doppelt so hoch wie in den USA[38] und wesentlich höher als in den meisten anderen OECD-Ländern (mit Ausnahme Japans) und vielen großen aufstrebenden Volkswirtschaften. Zwischen 2005 und 2012 hatte die europäische Industrie mit Strompreiserhöhungen von durchschnittlich real 38 % zu kämpfen, während die Preise in den USA um 4 % zurückgingen und in Japan um 16 % stiegen.[39] Da diese Unterschiede sich auf die Kostenstrukturen von Stahlunternehmen in verschiedenen Regionen auswirken und unmittelbar den globalen Wettbewerb und die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen, sind international wettbewerbsfähige Energiepreise und eine sichere Energieversorgung für die Zukunft des Stahlsektors in Europa von zentraler Bedeutung, nicht zuletzt, weil sie bei Standort- und Investitionsentscheidungen für die Stahlindustrie ausschlaggebend sind. Die dem „Energiefahrplan 2050“[40] der Kommission zugrunde liegende Analyse deutet darauf hin, dass die Strompreise bis 2030 voraussichtlich weiter steigen und danach leicht zurückgehen werden, was größtenteils den Kosten der Infrastrukturinvestitionen geschuldet ist. Es ist deshalb außerordentlich wichtig, bei der Festlegung künftiger Maßnahmen im Energiebereich mögliche Auswirkungen auf die Preise und Kosten zu berücksichtigen und Möglichkeiten zu ermitteln, wie nachteilige Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Branchen ausgeglichen oder reduziert werden können.

Veränderungen bei den Endverbraucherstrompreisen und Unterschiede zwischen den Ländern (einschließlich innerhalb der EU) sind auf ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren zurückzuführen, darunter Brennstoffkosten, Steuerpolitik, Marktstruktur, andere Preisregulierungsansätze, Unterschiede bei der Politik in den Bereichen Klima und erneuerbare Energien und eine sich ändernde Struktur der Stromerzeugung. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Energiemix hat Auswirkungen auf den Strompreis. Ein hoher Anteil erneuerbarer Energien mit geringen Grenzkosten kann die Großhandelspreise zwar drücken, doch die Folgen des Ausbaus der erneuerbaren Energien könnten sich möglicherweise kurz- bis mittelfristig aufgrund der von den Mitgliedstaaten erhobenen zusätzlichen Abgaben für erneuerbare Energien negativ auf die Endverbraucherpreise auswirken. Daher ist es wichtig, dass die Kosten der erneuerbaren Energien sinken und die nationalen Förderregelungen kostenwirksam sind. Ein erheblicher und in vielen Fällen steigender Anteil der Endverbraucherpreise entfällt auf die von den Mitgliedstaaten festgelegten Steuern, Tarife und Abgaben. In einigen Mitgliedstaaten profitieren die Stahlindustrie und andere energieintensive Branchen bislang von Ermäßigungen oder Befreiungen von derartigen Steuern und Abgaben.

Eine weitere Herausforderung sind die emissionshandelsbedingten Strompreissteigerungen. Hier kann jedoch nach Maßgabe der betreffenden Leitlinien für staatliche Beihilfen[41] Abhilfe geschaffen werden, da unter bestimmten Bedingungen ein Ausgleich der durch Strompreissteigerungen verursachten Kosten möglich ist, um eine Verlagerung von CO2-Emissionen zu verhindern.

Die schrittweise Verwirklichung des Energiebinnenmarktes hat dazu beigetragen, die Großhandelsstrompreise zu dämpfen, und wird den Wettbewerb beleben, z. B. durch die Beseitigung von Marktzutrittsschranken und regulatorischen Hindernissen, doch ist sie auch vom Ausbau der Kapazitäten der grenzüberschreitenden und transeuropäischen Energieinfrastruktur abhängig.[42] Damit der Energiebinnenmarkt funktioniert, muss das dritte Energiepaket[43] vollständig in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Andere wichtige Faktoren für die Gewährleistung wettbewerbsfähiger Energiepreise und -kosten in Europa sind die fortgesetzte Förderung von Forschung und Innovation im Bereich der Energietechnologien im Rahmen des vorgeschlagenen Programms „Horizont 2020“ (insbesondere im Bereich der Energieeffizienzsteigerungen, die maßgeblich zur teilweisen Schließung der Energiepreislücke[44] beitragen könnten) und die anhaltenden Bemühungen, die Versorgungsquellen und -wege und die Gaslieferländer zu diversifizieren. Die Entwicklung heimischer Energieressourcen auf kosteneffiziente Weise – seien es nun erneuerbare Energien, die Nutzung von Kohle in Verbindung mit CCS oder konventionelle und nicht konventionelle fossile Brennstoffe – kann sich mittel- bis langfristig ebenfalls positiv auf die Energiepreise auswirken.

Mit einem durchschnittlichen Investitionszyklus von 20 bis 30 Jahren sind die energieintensiven Industrien auch sehr kapitalintensiv. Daher müssen ihre Energiekosten vorhersehbar sein, damit Investitionsrisiken begrenzt werden können. Langfristige Stromverträge zwischen Versorgern und Kunden, die eine solche Planungssicherheit gewährleisten, sind nach den EU-Wettbewerbsregeln möglich. Nur unter bestimmten Bedingungen können derartige Verträge zur Ausschaltung des Wettbewerbs führen und somit eine Vertragsverletzung darstellen.[45] Zur Ausschaltung des Wettbewerbs wird es in der Regel nur im Falle einer beherrschenden Stellung von Versorgungsunternehmen oder aufgrund des kumulativen Effekts ähnlicher Verhaltensweisen mehrerer Versorgungsunternehmen kommen. Frühere Beschlüsse der Kommission[46] lassen zwar unterschiedliche individuelle Laufzeiten und Auslauffristen zu, verlangen aber, dass jedes Jahr erhebliche Mengen wieder dem Markt zur Verfügung gestellt und von anderen Lieferanten übernommen werden können. Sollte die Entscheidungspraxis der Kommission hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung solcher Verträge nicht hinreichend klar sein, ist die Kommission bereit, ein Beratungsschreiben im Sinne der Bekanntmachung der Kommission[47] zu erstellen, sofern die in der Bekanntmachung festgelegten Bedingungen eingehalten werden.

Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung am 22. Mai 2013 erklärt, dass etwas gegen die Auswirkungen hoher Energiepreise- und –kosten unternommen werden muss. Entsprechend wird die Kommission Folgemaßnahmen zu den Schlussfolgerungen des Rates[48] treffen. Die geplante genaue Überwachung der Energiekosten und ihrer Auswirkungen auf die Industrie wird die verschiedenen Kostenbestandteile der Energiepreise und ihre Entwicklung im Zeitverlauf sowie einen Preisvergleich zwischen der EU und anderen wichtigen stahlproduzierenden Regionen, einschließlich Daten zu korrektiven Maßnahmen wie Ausnahmeregelungen und Steuervergünstigungen, betreffen.

Mit Blick auf eine differenzierte Haushaltskonsolidierung empfiehlt die Europäische Kommission, dass Haushaltsanpassungen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite wachstumsfreundlicher sein sollten. Die Einführung von Ökosteuern kann die Entwicklung neuer Technologien anstoßen, die Ressourceneffizienz steigern und die Entstehung „grüner“ Arbeitsplätze fördern, doch müssen die Auswirkungen hoher Energiepreise auf private Haushalte und auf die Wettbewerbsfähigkeit – unter anderem der energieintensiven Industrien – überwacht werden, damit künftige Entscheidungen auf einer soliden Faktenbasis getroffen werden können.[49]

              Klimaschutzpolitik

Die Stahlindustrie ist einer der größten Verursacher von CO2-Emissionen[50]. Auch handelt es sich um einen Sektor, in dem vom Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen auszugehen ist. Aufgrund dieses Risikos werden der Stahlindustrie grundsätzlich Emissionsberechtigungen zu 100 % des Benchmark-basierten Werts unentgeltlich zugeteilt. Nach den ETS-Beihilfe-Leitlinien kann ab dem 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2020 in der dritten ETS-Phase ein finanzieller Ausgleich gewährt werden.

Wie im Grünbuch der Kommission „Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030“[51] dargelegt, müssen Energie- und Klimapolitik auf kosteneffiziente, vorhersehbare und kohärente Weise umgesetzt werden. Es bedarf eines transparenten und stabilen Rechtsrahmens, wenn in Europa langfristige Investitionen sichergestellt werden sollen, wie sie für die Erneuerung der industriellen Basis – insbesondere für sehr kapitalintensive Industrien mit langfristigem Investitionshorizont (20 bis 30 Jahre) – unverzichtbar sind. Daher wird im Rahmen der EU-Klimapolitik für die Zeit nach 2020 geprüft, wie technologischen Grenzen, Barrieren und Möglichkeiten, den Folgen der entsprechenden Kosten für die Wettbewerbsfähigkeit sowie den Verpflichtungen und Bestrebungen von Nicht-EU-Ländern am besten Rechnung getragen werden kann.

Auf die EU entfallen lediglich 11 % der weltweiten Treibhausgasemissionen, und dieser Anteil geht weiter zurück. Deshalb bedarf es wirksamer Maßnahmen auf internationaler Ebene, um gegen den Klimawandel vorzugehen. Entscheidend ist, dass alle großen Volkswirtschaften und alle Wirtschaftszweige auf vergleichbare, faire, transparente und verantwortliche Weise ihren Beitrag leisten. Erforderlich sind weitergehende Verpflichtungen sowie effiziente Überwachungs-, Berichterstattungs- und Überprüfungsmechanismen, die die Transparenz des künftigen internationalen Klimaschutzübereinkommens gewährleisten, und mit Blick auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie sind international anerkannte Normen unverzichtbar. Wichtig ist auch die Frage der Finanzierung des Klimaschutzes. Wie im Fahrplan der EU für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft festgestellt, wird die Verwirklichung neuer Ziele zusätzliche Investitionen erfordern.[52] Ab 2035 wäre eine Nutzung fortgeschrittenerer industrieller Verfahren und Ausrüstungen in großem Maßstab erforderlich, da die CO2-Emissionen der effizientesten Stahlerzeugungsanlagen in der EU mit den derzeit verfügbaren Technologien bald die physikalischen Grenzen erreichen.

Eine Option für eine innovative Finanzierung wäre die Verwendung eines Teils der Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten im Rahmen des ETS zur Finanzierung von Klimaschutzzielen, möglicherweise auch zur Entwicklung neuer CO2-armer Technologien in den betroffenen Branchen. Ab 2013 werden über 40 % aller Berechtigungen in der EU versteigert werden; später wird das Volumen der Versteigerungen linear ansteigen und bis 2027 100 % erreichen.

Die EU ist fest entschlossen, die sich im Zusammenhang mit ihrer Klimaschutzpolitik stellenden Probleme der Wettbewerbsfähigkeit anzugehen. Bei ungleichen Ausgangsbedingungen im Bereich der Klimaschutzpolitik genießen Stahlproduzenten aus Nicht-EU-Ländern unfaire Wettbewerbsvorteile; dadurch werden der  weltweite Handel mit Stahl verzerrt und künftige Investitionen in der EU beschränkt, was zu einer Verlagerung von CO2-Emissionen führen kann.

              Gewährleistung einer weltweiten Vergleichbarkeit

Materialforschung und die Kontrolle über Rohstoffressourcen gewinnen im derzeitigen globalen Wettbewerb um die Industrieführerschaft im Bereich der CO2-armen Technologien zunehmend an Bedeutung. Stahl ist ein Material, das über ein beträchtliches Potenzial verfügt, um den Übergang zu einer wissensbasierten, CO2-armen, ressourceneffizienten Wirtschaft zu ermöglichen.[53] Er spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Markteinführung effizienterer, sichererer und zuverlässigerer CO2-armer und ressourceneffizienter Technologien. Um die EU-Klimapolitik zu unterstützen und die Verwirklichung der Ziele des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen zu befördern, wurde dem CEN das Mandat erteilt, eine europäische Norm für die Bewertung der Treibhausgasemissionen in energieintensiven Industrien zu entwickeln. Die Ermittlung quantifizierbarer Beiträge zur Reduzierung von Emissionen auf der Ebene einzelner Betriebe und einzelner Sektoren erfordert transparente Methoden und einen soliden Konsens über Überwachungs-, Berichterstattungs- und Überprüfungsverfahren sowie grundlegende Leistungsindikatoren. Die Normen werden es schließlich ermöglichen, die Methoden zur Messung und Quantifizierung prozessbedingter Treibhausgasemissionen zu validieren, weltweit die Vergleichbarkeit der Leistungsfähigkeit von Anlagen zu gewährleisten und das vorhandene Potenzial für Verbesserungen zu bewerten.

              Der Stahlsektor als maßgeblicher Akteur bei der Verwirklichung der Ziele in den Bereichen Klimaschutz und Ressourceneffizienz

Stahl trägt bei einer Vielzahl von Anwendungen – in den Bereichen Automobile, Schiffbau, Baugewerbe, Maschinenbau, Haushaltsgeräte, medizinische Geräte oder Windräder – zur Reduzierung von CO2-Emissionen und zu Energieeinsparungen bei. Eine neuere Studie[54] stellt die CO2-Einsparungen aufgrund des Einsatzes innovativer Stahltechnik – wie effizienteren Kraftwerken, Windturbinen oder leichteren Fahrzeugen – den durch die Stahlerzeugung verursachten CO2-Emissionen gegenüber. Die Studie zeigt, dass im Falle Deutschlands die durch den Einsatz von Stahl erzielten Einsparpotenziale höher sind als die Emissionen aus der Stahlerzeugung. Stahl ist in vollem Umfang und ohne Qualitätsverlust recycelbar. Nebenprodukte der Stahlerzeugung (z. B. Schlacken) werden fast vollständig verwendet. Somit ist die Stahlindustrie mit Blick auf die „Europa-2020“-Leitinitiative zur Ressourcenschonung[55] gut aufgestellt, um von einer stärkeren Fokussierung auf einen Lebenszyklusansatz (Life-Cycle Approach – LCA), einer Erhöhung der Recyclingquoten und einer besseren Nutzung von Nebenprodukten zu profitieren.

Eine weitere Möglichkeit zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen besteht darin, die Implementierung zusätzlicher Energieeffizienzmaßnahmen in der Stahlerzeugung voranzubringen. In vielen Anlagen fallen beträchtliche Mengen an Abwärme und Abgasen an, die für die Erzeugung von Strom oder Dampf verwendet werden können, welche in den betreffenden Anlagen selbst in der Stromerzeugung für den Eigenbedarf eingesetzt, an benachbarte Industrien exportiert oder ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden können. Derartige Projekte führen zu Emissionsverringerungen, indem sie andere Quellen der Stromerzeugung ersetzen, bei denen es sich in der Regel um fossile Brennstoffe handelt.

Die Kommission wird kurzfristig zur Schaffung eines Regulierungsumfelds, das nachhaltiges Wachstum fördert, – im Jahr 2013 Informationen zu den Förderregelungen für erneuerbare Energien herausgeben, die die Mitgliedstaaten anwenden, um ihre für 2020 anvisierten Ziele im Bereich erneuerbare Energien zu erreichen; – in Betracht ziehen, auf Anfrage ein Beratungsschreiben zur Wettbewerbsbeurteilung langfristiger Stromverträge im Falle neuartiger oder ungelöster Fragen zu erstellen; – eine Analyse der Zusammensetzung und der Treiber von Energiepreisen und ‑kosten in den Mitgliedstaaten vornehmen, wobei ein besonderes Augenmerk den Auswirkungen auf die privaten Haushalte, KMU und energieintensive Industrien gelten soll, und generell – im Vorfeld der im Februar 2014 anstehenden Gespräche im Rahmen des Europäischen Rates – die Wettbewerbsfähigkeit der EU gegenüber ihren weltweiten Wettbewerbern untersuchen; Bericht über die Strompreise für industrielle Endnutzer, einschließlich einzelner Preiskomponenten (z. B. Energiekomponente, Netzentgelte und Abgaben, Steuern), in den EU-Mitgliedstaaten und anderen großen Volkswirtschaften erstatten; – die Auswirkungen des ETS auf die Strompreise in der EU analysieren und im Kontext der Debatte über die Klimapolitik 2030 den Bedarf an Maßnahmen prüfen, mit denen dem Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen in spezifischen Sektoren entgegengewirkt werden kann; – Vorschläge für den EU-Rahmen für die Klimapolitik bis 2030 ausarbeiten, und zwar in einer Weise, die in vollem Umfang dem Aspekt der  Kosteneffizienz und den potenziellen Auswirkungen auf die Kosten für die Industrie Rechnung trägt; bei der Entwicklung der Klimapolitik bis 2030 wird – unbeschadet der Ergebnisse der mit dem Grünbuch „Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030“ eingeleiteten öffentlichen Konsultation – angestrebt, unter anderem dem Aspekt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie, den spezifischen Merkmalen bestimmter Industrien, den Fortschritten bei den weltweiten Klimaschutzverhandlungen sowie der Bewertung aller relevanten CO2-Emissionen in der EU Rechnung zu tragen; – gewährleisten, dass die Beurteilung des Risikos einer Verlagerung von CO2-Emissionen im Kontext der Erstellung der neuen „Carbon Leakage List“ auf offene und transparente Weise im Einklang mit den Anforderungen der ETS-Richtlinie erfolgt, wobei die spezifischen Merkmale bestimmter Industrien und die Auswirkungen der Stromkosten auf ihre Wettbewerbsfähigkeit zu berücksichtigen sind; – in Kürze vorschlagen, die Verarbeitung bestimmter geschmiedeter Eisenerzeugnisse in die Liste der Sektoren aufzunehmen, bei denen ein Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen in Bezug auf die direkten Kosten besteht; – auf der Grundlage der Ergebnisse der im Einklang mit der Energieeffizienzrichtlinie[56] von Unternehmen durchzuführenden Energieaudits und auf der Grundlage europäischer und internationaler Studien bewährte Verfahren im Bereich der Energieeffizienz fördern; – Investitionen in die Energieeffizienz (neue Heizkessel für die Stromerzeugung, Gasrückgewinnung bei der Stahlerzeugung, Hochdruck-Wiedergewinnungsturbinen, Rückgewinnung von Abwärme) fördern; – Ökodesign-Anforderungen für Recyclingfähigkeit und Abriss in Betracht ziehen, um eine leichtere Trennung des recyclingfähigen Stahls von anderen relevanten Produkten zu erleichtern; zur Förderung von Innovationen – die Stahlindustrie in Maßnahmen in den Bereichen FuE, Demonstration, Einsatz und Markteinführung energieeffizienter Produkte, Technologien und Lösungen im Hinblick auf die Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie und anderer Energieeffizienzvorschriften und ‑politiken einbinden; – bewerten, wie die ETS-Einnahmen für die Finanzierung von klimabezogenen Zielen, einschließlich der Einführung neuer, innovativer Technologien in energieintensiven Industrien, zugewiesen und verwendet werden können; mittel- bis langfristig zur Schaffung eines Regulierungsumfelds, das nachhaltiges Wachstum fördert, – die Verhandlungen über den Abschluss eines verbindlichen internationalen Übereinkommens über Klimaänderungen bis 2015 weiterführen und darauf hinwirken, dass alle Beteiligten, insbesondere die großen Volkswirtschaften, unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Verantwortlichkeiten und Möglichkeiten angemessene Verpflichtungen eingehen, dass Transparenz und Rechenschaftspflicht gewährleistet sind und dass ein zuverlässiges Compliance- und Durchsetzungssystem vorgesehen wird; – das Europäische Komitee für Normung auffordern, so bald wie möglich Normen für die Bewertung der Treibhausgasemissionen in energieintensiven Sektoren auszuarbeiten; – ihre Arbeit an der Methode für den Lebenszyklusansatz (Life Cycle Approach – LCA) fortsetzen, damit die Recyclingfähigkeit von Stoffen stärker berücksichtigt werden kann; – die LCA-Evaluierung entlang den Wertschöpfungsketten und die Recyclingfähigkeit von Stoffen bewerten und die Recyclingfähigkeit von Stoffen in einschlägige politische Vorschläge und Strategien integrieren; zur Diversifizierung der Versorgung – die Bedingungen festlegen, die die künftige umweltgerechte Nutzung heimischer konventioneller und unkonventioneller Vorkommen von Gas und fossilen Brennstoffen ermöglichen, da diese dazu beitragen könnten, die Abhängigkeit der EU von Energieimporten und die Einfuhrpreise zu verringern. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, – in Vorbereitung der Gespräche auf der Tagung des Europäischen Rates im Februar 2014 auf der Grundlage des Kommissionsberichts die Auswirkungen aller nationalen Maßnahmen, etwa in den Bereichen Steuern, Kapazitäts- und Netzentgelte, Abgaben und Unterstützungsregelungen für erneuerbare Energien und andere Energieformen auf die Energiepreise für energieintensive Industrien zu bewerten; – auf dieser Grundlage geeignete Maßnahmen zu prüfen, wie die Energiepreise für energieintensive Industrien unter Berücksichtigung von Haushaltskonsolidierung, Wettbewerbsregeln und Integrität des Binnenmarkts gesenkt werden können; – die Einführung eines Mechanismus in Erwägung zu ziehen, in dessen Rahmen die ETS-Einnahmen für FEI-Projekte in energieintensiven Industrien zugewiesen werden; – die Anstrengungen zu verstärken, die darauf abstellen, die bei den durchschnittlichen Energiepreisen und –kosten bestehende Diskrepanz zwischen der EU-Industrie und ihren Hauptwettbewerbern durch eine Verbesserung der Marktmechanismen und eine Erhöhung der  Versorgungssicherheit im Energiesektor zu verringern; – Initiativen im Zusammenhang mit einer gemeinsamen Stromerzeugung, langfristige Verträge und Partnerschaften zu bewerten; – bewährte Verfahren und Informationen untereinander auszutauschen. Die Kommission wird die Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen bewerten und – soweit erforderlich – zusätzliche Empfehlungen formulieren, wie die Energiekosten für energieintensive Industrien minimiert werden können.

              3.5     Innovation

Die modernsten Anlagen der EU-Stahlindustrie EU sind bereits nahe am Limit dessen, was mit den derzeit verfügbaren Technologien geleistet werden kann. Ohne Einführung bahnbrechender Technologien wird sich die Stahlindustrie schwertun, eine weitere signifikante Reduzierung der CO2-Emissionen zu bewerkstelligen.[57] Die letzten technologischen Innovationen liegen bereits einige Jahre zurück. Potenzielle bahnbrechende Technologien wurden in der Vergangenheit unter dem „Dach“ von Projekten unter der Bezeichnung „ULCOS“ erforscht[58]. Die Kommission hat ULCOS unterstützt: insgesamt hat sie 40 Mio. EUR aus dem 6. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung und aus dem Forschungsfonds für Kohle und Stahl bereitgestellt.

Im Rahmen von Horizont 2020 können spezifische Hilfen für die verarbeitende Industrie an eine vorgeschlagene öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) unter der Bezeichnung „SPIRE“[59] gewährt werden. Darüber hinaus wurde im „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen Wirtschaft bis 2050“[60] ebenso wie im „Energiefahrplan 2050“[61] die CO2-Abscheidung und ‑Speicherung (Carbon Capture and Storage – CCS) als Schlüsseltechnologie für die „Dekarbonisierung“ des industriellen Sektors genannt, einschließlich CCS-Anwendungen in industriellen Prozessen und in der Energieerzeugung. Diese Technologie ist auch eine der Prioritäten des Strategieplans für Energietechnologie (Strategic Energy Technology Plan – SET-Plan), der eine spezielle europäische Industrieinitiative und ein Gemeinsames Forschungsprogramm der Europäischen Energieforschungsallianz (European Energy Research Alliance – EERA) umfasst. Die Bedeutung von Stahl für Energieanwendungen und der Forschungs- und Innovationsbedarf wurden im „Materials Roadmap Enabling Low Carbon Energy Technologies“ aufgezeigt[62]. Weitere Vorschläge für FEI-Aktivitäten, wie sie in der vorangegangenen FuE-Phase von ULCOS erforscht wurden, sind somit denkbar. Im Zeitraum 2014-2020 werden darüber hinaus Forschungsprojekte in einem Volumen von annähernd 280 Mio. EUR aus dem Forschungsfonds für Kohle und Stahl finanziert.

Es liegt jedoch klar auf der Hand, dass es künftig eines Demonstrationsprojekts zur CCS bei der Stahlerzeugung bedarf, wobei der zu erwartende Finanzbedarf den üblichen Umfang von FEI-Projekten übersteigen dürfte. Die Kosten des gesamten Spektrums der ULCOS-Demonstrationsvorhaben werden sich schätzungsweise auf über 500 Mio. EUR belaufen. Daher ist für die nächste Phase der kommerziellen Demonstration von CCS-Technologien für die Stahlindustrie auf jeden Fall die Hebelwirkung anderer Instrumente erforderlich, wie z. B. einer neuen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen der NER-300-Initiative, eines weiteren Europäischen Energieprogramms zur Konjunkturbelebung oder des Einsatzes der Strukturfonds.

Außerdem wird – selbst wenn solche Technologien verfügbar sind – ihr großmaßstäblicher Einsatz davon abhängen, ob ihre Anwendung in der EU zu wettbewerbsfähigen Produktionskosten möglich ist, wie auch von der öffentlichen Akzeptanz. Insbesondere setzt die CCS-Technologie die Schaffung geeigneter Mechanismen zur Einbindung der Kommunen als Partner solcher Unternehmungen sowie einen angemessenen Kohlenstoffpreis voraus.

Die europäische Stahlindustrie entwickelt ständig neue Stahlarten, um den Bedürfnissen spezifischer Anwendungen Rechnung zu tragen. Nunmehr ist es jedoch notwendig, Forschung, Entwicklung und Innovation im Rahmen umweltfreundlicher Prozesstechnologien deutlich stärker zu stimulieren, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Besonders vielversprechend mit Blick auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und die Reduzierung von Emissionen und anderen Umweltauswirkungen ist das Potenzial neuer Trennungstechnologien und innovativer Systeme, Märkte und Geschäftsmodelle bei der Weiterentwicklung des Schrott-Recyclings.

Die Europäische Innovationspartnerschaft für Rohstoffe (EIP)[63] fördert Innovationen über die Stahlwertschöpfungskette, angefangen bei der Exploration und Gewinnung der Rohstoffe bis hin zu einer effizienten Verarbeitung, einem effizienten Recycling oder einer Substitution.

Die industrielle Einführung neuer Stahltechnologien kann vorangetrieben werden durch die Nutzung der Finanzierungsmechanismen der Europäischen Investitionsbank (EIB)[64]. Projekte im Stahlsektor mit geringerem Risikoprofil kommen häufig für Langzeitfinanzierungen durch die EIB in Betracht. Darüber hinaus können hoch innovative Stahlerzeugnisse im Rahmen der Finanzierungsfazilität mit Risikoteilung (Risk Sharing Finance Facility – RSFF) finanziert werden. Dabei handelt es sich um ein innovatives Kreditrisikoteilungsmodell, das gemeinsam von der Europäischen Kommission und der EIB geschaffen wurde, um einen besseren Zugang zur Schuldenfinanzierung bei Aktivitäten mit höheren Finanzrisikoprofil in den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung, Demonstration und Innovationsinvestitionen zu gewährleisten.

Die Kommission wird – in Erwägung ziehen, im Rahmen von Horizont 2020 – im Einklang mit den geltenden Vorschriften für staatliche Beihilfen – FuE, Demonstrationen und Pilotprojekte zu neuen, saubereren, ressourcen- und energieeffizienteren Technologien, einschließlich öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP), die die einschlägigen Anforderungen erfüllen, zu unterstützen; eine potenzielle ÖPP – SPIRE (Sustainable Process Industry through Resource and Energy Efficiency) – und der Strategische Energietechnologie-Plan (Strategic Energy Technology Plan – SET-Plan) sind bereits in Vorbereitung; – international an vorgelagerten Forschungsprojekten mitarbeiten, soweit dies für die Steigerung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und die Verbesserung des Marktzugangs angemessen und sinnvoll ist; – die finanzielle Förderung stärker auf die Maßstabvergrößerung und die Pilotphase anstatt ausschließlich auf die Forschungsphase konzentrieren; – im Rahmen der EIP für Rohstoffe und insbesondere des anstehenden strategischen Durchführungsplans alle Optionen für die Förderung von Innovationen in der Stahlindustrie entlang der Rohstoff-Wertschöpfungskette, einschließlich Recycling, prüfen. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, – zu prüfen, inwieweit es notwendig und machbar ist, Finanzierungsquellen einzuplanen, um spezifische Programme FEI-Projekte im Stahlsektor zu finanzieren und die Schaffung von Clustern zu fördern. Die Kommission fordert die Europäische Investitionsbank auf, – Anträge auf Langzeitfinanzierungen von Stahlprojekten zu prüfen, die darauf abzielen, die Einhaltung der Genehmigungsanforderungen der Industrieemissionsrichtlinie auf der Grundlage der besten verfügbaren Technik sicherzustellen.

              3.6     Die soziale Dimension: Restrukturierung und Qualifikationsbedarf

Die Beschäftigungsperspektiven im Stahlsektor geben Anlass zu ernsthafter Sorge und bedürfen der vollen Aufmerksamkeit der Politik, nicht zuletzt deshalb, weil in den vergangenen Jahren aufgrund von Restrukturierungen bereits 40 000 Arbeitsplätze verlorengegangen sind.

Somit sehen sich die Mitgliedstaaten weiterhin gewaltigen sozialen Herausforderungen im Zusammenhang mit vergangenen und künftigen – bereits angekündigten – Kapazitätsstilllegungen gegenüber, wobei verschiedene Regionen betroffen sind. Wenn es immer schwieriger wird, in Europa Stahl zu produzieren, werden zudem auch andere von derselben Wertschöpfungskette abhängende Industrien ihre Standorte schließen und andernorts investieren.

Soll die strategische Bedeutung des Sektors für das europäische verarbeitende Gewerbe und für die Beschäftigung erhalten bleiben, sind – zusätzlich zu langfristig ausgerichteten Maßnahmen – dringende (temporäre) Maßnahmen zu treffen. Erforderlich ist auch die Einführung befristeter, öffentlich unterstützter Beschäftigungsregelungen für Arbeitnehmer, um in Zeiten schwacher Konjunktur Arbeitskapazitäten erhalten und die Arbeitnehmer weiterqualifizieren zu können – im Einklang mit den jeweils geltenden Vorschriften für staatliche Beihilfen.

Zur Abfederung der sozialen Kosten der Anpassungsmaßnahmen und zur Sicherung und Weiterentwicklung der für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Industrie erforderlichen Qualifikationen können verschiedene EU-Fonds und Politikinstrumente mobilisiert werden. Dies sollte auf eine Weise geschehen, die den allmählichen Übergang zu neuen, fortgeschrittenen Produktionsverfahren und innovativen Produkten unterstützt, wobei bestimmte notwendige Restrukturierungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen werden sollten. Von besonderer Relevanz sind solche Maßnahmen für den Stahlsektor, da hier Überkapazitäten abgebaut werden müssen.

Die Antizipation des Restrukturierungsbedarfs der EU-Stahlindustrie ist von entscheidender Bedeutung für die Abmilderung negativer sozialer Folgen. Um diese Folgen möglichst gering zu halten, sollten bewährte Verfahren in den Bereichen Ausbildung und Requalifizierung auf Unternehmensebene verbreitet und gefördert werden.

Somit wird es umso wichtiger, dass alle Akteure konjunkturellen Engpässen mit geeigneten temporären Maßnahmen begegnen, die darauf abstellen, Produktion und Beschäftigung langfristig aufrechtzuerhalten und nur dort Kapazitäten abzubauen, wo erwiesenermaßen strukturelle Überkapazitäten bestehen. Der Sektor hat bereits Anpassungsmaßnahmen vorgenommen, indem über 30 Mio. t Produktionskapazitäten in der europäischen Stahlindustrie stillgelegt wurden, wovon 20 Mio. t als dauerhafte Kapazitätsanpassung zu betrachten sind.

Gleichzeitig vollziehen sich beispiellose Veränderungen bei den Beschäftigten in der Stahlindustrie. Die Altersstruktur in den meisten stahlproduzierenden Unternehmen in Europa stellt sich so dar, dass der Sektor im Zeitraum 2005-2015 über 20 % der derzeit Beschäftigten und bis 2025 nahezu weitere 30 % verlieren wird. Vor diesem Hintergrund muss die Stahlbranche in der Lage sein, junge und kreative Talente zu gewinnen.

Es sind besondere Maßnahmen erforderlich, um sicherzustellen, dass hochqualifizierte Wissenschaftler und Manager die europäische Stahlindustrie voranbringen und neue Quellen für Wettbewerbsvorteile erschließen.

Die Strukturfonds können dabei behilflich sein, die Restrukturierung des Sektors zu begleiten und Innovationen sowie eine Spezialisierung im Sinne eines intelligenten Wachstums zu fördern. Im Zuge dieses tiefgreifenden Prozesses des Wandels und der Restrukturierung sollten der Europäische Sozialfonds (ESF) und der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) in vollem Umfang genutzt werden, um die Qualifikationen der Beschäftigten des Sektors zu verbessern und auf den neuesten Stand zu bringen und für entlassene Arbeitskräfte den beruflichen Übergang zu erleichtern und zu beschleunigen. Bei einer angemessenen nationalen und/oder regionalen Programmplanung kann der ESF diese Rolle durch Antizipation der Entwicklungen auf kontinuierlicher Basis im Vorfeld konkreter Restrukturierungsmaßnahmen wahrnehmen und somit bereits im Voraus künftige Auswirkungen abfedern. Der EGF kann hier eine ergänzende Funktion übernehmen, indem er entlassene Arbeitskräfte durch Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik unterstützt.

Nach den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen kann der Stahlsektor in den Genuss verschiedener Arten staatlicher Unterstützungsmaßnahmen kommen, die einen Beitrag zur Verwirklichung der „EU-2020“-Ziele leisten können: FuE- und Innovationsbeihilfen, Ausbildungs- und Beschäftigungsbeihilfen, Beihilfen für Umweltschutzmaßnahmen. So hat der Stahlsektor bereits von Befreiungen von nationalen Umwelt- und Energiesteuern, von staatlichen Beihilfen für Energieeffizienzmaßnahmen und von Beihilfen für über die verbindlichen EU-Standards hinausgehende Investitionen profitiert. Zudem zählt der Stahlsektor anerkanntermaßen zu den Sektoren, in denen das Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen besteht, und die Mitgliedstaaten können den Effekt der durch das ETS verursachten höheren Strompreise auf die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors im Zeitraum 2013-2020, wie weiter oben erwähnt, auffangen.

 

Die Kommission wird kurzfristig – durch den Ausbau der Ausbildungsprogramme und speziell auf die Jugend ausgerichtete Anwerbeverfahren die Beschäftigung junger Menschen in der Branche fördern; – die Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrates für die Stahlindustrie anregen, um die in den Bereichen Qualifikationsentwicklung und Beschäftigung im Stahlsektor tätigen nationalen Organisationen zusammenzuführen; dem Qualifikationsrat können – je nach Bereitschaft und Kapazitäten der sektoralen Organisationen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auf europäischer und nationaler Ebene sowie Organisationen von Aus- und Weiterbildungsanbietern angehören; – im Rahmen des Programms „Erasmus für alle“[65] Allianzen für branchenspezifische Fertigkeiten unterstützen, die auf der Grundlage des festgestellten Qualifikationsbedarfs und der ermittelten Qualifikationstrends gemeinsame Curricula und Methoden, insbesondere im Bereich des arbeitsbezogenen Lernens, konzipieren und umsetzen, anhand deren den Teilnehmern die auf dem Arbeitsmarkt in einem bestimmten Sektor, wie etwa der Stahlindustrie, verlangten Qualifikationen vermittelt werden; – eine Politik der aktiven Weiterbildung und des lebenslangen Lernens, unter anderem im Bereich Energieeinsparung, durch Ausbildung von Energieauditoren und Energiemanagern unterstützen; – (auf ausdrücklichen Wunsch von Gewerkschaften und/oder nationalen Behörden) eine dienststellenübergreifende Taskforce[66] einrichten, deren Aufgabe es ein wird, die wichtigsten Fälle einer Stilllegung oder deutlichen Verkleinerung von Stahlerzeugungsanlagen zu prüfen und zu begleiten und den Einsatz der einschlägigen EU-Fonds bei größeren Rationalisierungen oder Stilllegungen möglichst effizient zu gestalten; – einen Qualitätsrahmen für die Antizipierung von Wandel und von Restrukturierungen vorlegen, in dem von allen Akteuren umzusetzende bewährte Verfahren präsentiert werden; – dafür sorgen, dass sich die Vergabe von EU-Mitteln im Kontext von Horizont 2020 und der Strukturfonds am Grundsatz der regionalen intelligenten Spezialisierung orientiert und dem Aspekt der Nachhaltigkeit der Investitionen in die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen in der jeweiligen Region Rechnung trägt; – bei den Strukturfonds weiterhin Kofinanzierungsregeln und einen verminderten Eigenbeitrag für Programmländer anwenden. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, – die Möglichkeit zu prüfen, gemeinsam mit den regionalen Behörden den Europäischen Sozialfonds (ESF) für die Umschulung und Requalifizierung von Beschäftigten in Anspruch zu nehmen, unter anderem durch Schaffung einer spezifischen Finanzierungsmaßnahme für den Stahlsektor; – die Möglichkeit zu prüfen, die Strukturfonds gemeinsam mit den regionalen Behörden im nächsten Programmplanungszeitraum zu nutzen, um die sozialen Folgen der Restrukturierung des Stahlsektors abzumildern; – die laufenden Verhandlungen über den Vorschlag für eine Verordnung über den europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (Globalisation Adjustment Fund – EGF) für den Programmplanungszeitraum 2014-2020[67] zum Abschluss zu bringen und dessen Inanspruchnahme zu beantragen; – den Dialog zwischen den Sozialpartnern zu fördern, um eine Einigung über befristete Initiativen zur Beschäftigungssicherung, wie etwa über die Möglichkeit der Einführung von Regelungen zur Arbeitskräfteflexibilität, insbesondere mit Blick auf konjunkturelle Anpassungen, zu erzielen. Die Kommission fordert die Industrie auf, – eine aktive Rolle bei der Behebung von Qualifikationslücken und –defiziten zu übernehmen; – die erforderliche Anpassung der Industrie im Einklang mit bewährten Verfahren der Antizipation von Wandel und für Restrukturierungen weiterzuverfolgen, unter anderem im Wege des sozialen Dialogs und unter einer angemessenen Einbeziehung der regionalen Interessenträger; – den Restrukturierungsbedarf und mögliche Kapazitätsanpassungen im Hinblick auf die künftige Nachfrage in Schlüsselsektoren zu prüfen und dabei die Notwendigkeit zu berücksichtigen, strukturellen und konjunkturellen Trends auf differenzierte Weise Rechnung zu tragen; – mit anderen Interessenträgern, insbesondere den nationalen und regionalen Behörden, zusammenzuarbeiten und sicherzustellen, dass konjunkturell bedingten Überkapazitäten mit öffentlich unterstützten befristeten Maßnahmen begegnet wird, die langfristig die Beschäftigung sichern.

4.           Fazit

Wie im Vorangehenden dargelegt, werden im Rahmen der EU-Vision für 2030/2050 Strategien und Wege aufgezeigt, wie die europäische Wirtschaft den Übergang zu einem nachhaltigen und effizienten globalen Energiesystem, zur Erneuerung der Verkehrsträger, gekoppelt mit der Einführung eines intelligenten Verkehrsmanagementsystems, sowie zur Sanierung sämtlicher Gebäude und ihrer Integration in intelligente Versorgungsnetze vollziehen kann.

Diese Vision setzt in hohem Maße auf fortgeschrittene Materialien wie etwa Stahl, dessen Verfügbarkeit in angemessener Qualität, in angemessenem Umfang und zu einem angemessenen Preis Voraussetzung für die erfolgreiche Verwirklichung der Vision ist. Nur die richtige Politik und ein geeigneter Rechtsrahmen in Kombination mit gezielten Maßnahmen der Kommission, der Mitgliedstaaten und der Industrie werden dem Stahlsektor helfen können, die bestehenden Schwierigkeiten zu überwinden, seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und innovative Stahlerzeugnisse herzustellen, wie sie erforderlich sind, um Marktanteile zu halten bzw. hinzuzugewinnen.

Die konstruktive Stahldebatte hat Sinn und Nutzen einer Fortsetzung des Dialogs zwischen den zentralen Akteuren dieses strategisch so bedeutsamen Sektors verdeutlicht. Daher schlägt die Kommission die formelle Einsetzung einer „Hochrangigen Gruppe Stahl“ vor. Diese Gruppe würde einmal im Jahr zu einer Sitzung zusammenkommen. Hauptziel wäre es, eine europäische Plattform für Informationsaustausch, Dialog und Weitergabe von bewährten Verfahren zu schaffen. Insgesamt dürfte dies die Bemühungen des europäischen Stahlsektors unterstützen und fördern, seine Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern, um sich auf dem globalen Markt behaupten zu können.

Innerhalb von zwölf Monaten nach Verabschiedung der Maßnahme wird die Kommission bewerten, wie sich die Umsetzung des Aktionsplans auf die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie ausgewirkt hat, und gegebenenfalls weitere Empfehlungen und Hinweise formulieren.

[1]               Eurofer Economic and Steel Market Outlook, 2012.

[2]               Nach Ankündigungen von Unternehmen.

[3]               KOM(2012) 582 endg.

[4]               Statistiken der WorldSteel Association 2012, http://www.worldsteel.org/statistics/statistics-archive/2012-steel-production.html.

[5]               OECD DSTI/SU/SC(2012) 21 The future of steel: how will the industry evolve? (Dezember 2012)

[6]               DECISÃO CMC Nº 39/11, Brasilien hat die Einfuhrzölle für 100 Produkte erhöht, einschließlich für mehrere Stahlprodukte, jedoch nicht für Bleche mit höherem Mehrwert. Die Zölle wurden von 12 % auf 25 % angehoben und gelten für 12 Monate mit der Möglichkeit einer Verlängerung um ein Jahr.

[7]               Diese Zahlen basieren auf den Produkten, die bis Dezember 2012 dem System der vorherigen Überwachung unterworfen waren.

[8]               OECD DSTI/SU/SC(2012) 12 The future of the steel industry: selected trends and policy issues (December 2012).

[9]               Prospective scenarios on energy efficiency and CO2 emissions in the Iron & Steel industry (2012) – JRC.

[10]             The potential for improvements in energy efficiency and CO2 emissions in the EU27 iron and steel industry under different payback periods, Journal of Cleaner Production (2013), http://dx.doi.org/10.1016/j.jclepro.2013.02.028.

[11]             Das Volumen der für die Rohstahlproduktion verwendeten Rohstoffe sank von 2 336 kg/t im Jahr 1980 auf 2 015 kg/t im Jahr 2008 (-13,7 %).

[12]             Richtlinie 2012/27/EU

[13]             COM(2013) 180 final

[14]             Weitere Informationen unter http://ec.europa.eu/enterprise/sectors/metals-minerals/steel/high-level-roundtable/index_de.htm

[15]             KOM(2010) 543 und KOM(2012) 746

[16]          Die Prüfung auf Wettbewerbsfähigkeit ist ein Instrument, mit dem in zwölf Schritten die Auswirkungen von Politikvorschlägen auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen untersucht werden, indem die Auswirkungen auf die Kosten der Unternehmen und auf deren internationale Wettbewerbsfähigkeit geprüft werden. Sie ist ein einfaches und wirksames Instrument, um eingehendere Analysen der Auswirkungen von Vorschlägen auf die Wettbewerbsfähigkeit vorzunehmen (SEK(2012) 91 endg.).

[17]             Innovationsunion (KOM(2010) 546 endg.

[18]             Statistiken der Polish Steel Association, 2012.

[19]             OECD DSTI/SU/SC(2012) 15 Excess Capacity in the steel industry: an examination of the global and regional extent of the challenge.

[20]             KOM(2012) 636 endg.

[21]             COM(2013) 17 final und COM(2013) 18 final

[22]             KOM(2012) 433 endg.

[23]             Die Eisenerzpreise stiegen von 25 USD/Trocken-Metrische-Tonnen-Einheit im Jahr 2001 auf 250 USD im Jahr 2011.

[24]             World Steel Association (2010).

[25]             Environmental Protection Agency, USA.

[26]             Environmental Protection Agency, USA.

[27]             http://scripts.cac.psu.edu/users/n/w/nwh5089/Steel%20Recycling%20Process.pdf

[28]             www.eurofer.org/index.php/eng/content/.../517/.../SteelRecycling.pdf

[29]             Richtlinie 2009/125/EG

[30]             http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:094:0002:0011:de:PDF

[31]             Verordnung (EG) 1013/2006

[32]             KOM(2008) 699 und KOM(2011) 25

[33]             Verordnung (EU) Nr. 1241/2009 der Kommission

[34]             Das System Surveillance 2 erhebt Daten, die direkt aus den Einfuhranmeldungen extrahiert werden. Diese Daten beziehen sich auf die Nummer der Zollanmeldung, die Art der Waren, deren Herkunft, Volumen, Wert und das Datum der Annahme durch die Zollverwaltung (tatsächliches Einfuhrdatum). Die Angaben werden täglich von den zentralen Systemen der Zollverwaltungen der EU-Mitgliedstaaten übermittelt. Das System stützt sich auf Artikel 308 d der Durchführungsvorschriften zum Zollkodex (Verordnung (EWG) Nr. 2454/93).

[35]             Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente (KOM(2011) 652, Verordnung über europäische Marktinfrastrukturen (EU) Nr. 648/2012, Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG geändert durch die Richtlinien 2008/26/EG und 2010/78/EU. Die Marktmissbrauchsrichtlinie wird derzeit überprüft (KOM(2011) 654 und Vorschlag für eine Verordnung über Marktmissbrauch KOM(2011) 651).

[36]             Studie „The Usefulness of Estimating Sectoral Price Elasticities“von Ecorys zu energieintensiven Industrien.

[37]             Die Preise für Kokskohle stiegen von 170 USD/t im Jahr 2009 auf 290 USD/t im Jahr 2011.

[38]             Internationale Energieagentur, Quarterly Statistics, 2. Quartal 2012.

[39]             IEA: Index 2005 = 100, Energiepreise und Steuern, Quarterly Statistics, 4. Quartal 2012. In den Daten für Europa sind ausschließlich OECD-Länder berücksichtigt.

[40]             KOM(2011) 885/2.

[41]          2009/C 235/04

[42]             KOM(2011) 676.

[43]             Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG, Verordnungen (EG) Nr. 713/2009, 714/2009 und 715/2009.

[44]             KOM(2011) 808 endg.

[45]             Artikel 101 und 102 AEUV.

[46]             Sache COMP/39.386 — Langfristige Verträge Frankreich (ABl. C 133 vom 22.5.2010, S. 5) und Sache COMP/B-1/T.37966 — Distrigas (ABl. C 9 vom 15.1.2008, S. 8).

[47]             Bekanntmachung der Kommission über informelle Beratung bei neuartigen Fragen zu den Artikeln 81 und 82 des Vertrages, die in Einzelfällen auftreten (Beratungsschreiben) (ABl. C 101 vom 27.4.2004, S. 78

[48]             EUCO 75/1/12 vom 23. Mai 2013.

[49]             Mitteilung der Kommission, Europäisches Semester 2013: Länderspezifische Empfehlungen – Europa aus der Krise führen (COM(2013) 350).

[50]             Schätzungen gehen davon aus, dass 4 bis 7 % der anthropogenen CO2‑Emissionen in der EU-27 auf den Stahlsektor zurückgehen, der im Zeitraum 2005 bis 2008 CO2‑Emissionen im Umfang von 252,5 Mio. t verursacht hat.

[51]             COM(2013) 169 final.

[52]             KOM(2011) 112 endg.

[53]             Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SEC(2011) 1609: „Materials Roadmap Enabling Low Carbon Energy Technologies“.

[54]             Boston Consulting Group.

[55]             KOM(2011) 21.

[56]             Richtlinie 2012/27/EU.

[57]             Prospective scenarios on energy efficiency and CO2 emissions in the Iron & Steel industry (2012), JRC.

[58]             ULCOS steht für „Ultra-Low Carbon dioxide (CO2) Steelmaking“.

[59]             „Sustainable Process Industry through Resource and Energy Efficiency“.

[60]             KOM(2011) 112 endg.

[61]             KOM(2011) 885 endg.

[62]             SEC(2011) 1609.

[63]             KOM(2012) 82 endg.

[64]             Die nicht gewinnorientierte EIB wird nach wie vor von allen drei Ratingagenturen mit „Triple A” eingestuft und ist somit in der Lage, zu extrem günstigen Zinssätzen Mittel auf den globalen Finanzmärkten aufzunehmen und an ausgewählte Projekte weiterzugeben.

[65]             KOM(2011) 787 endg.

[66]             KOM(2005) 120 endg.

[67]             KOM(2011) 608.