52013DC0033

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN über das Profil und die Aufgaben des anderen Zugpersonals /* COM/2013/033 final */


BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über das Profil und die Aufgaben des anderen Zugpersonals

(Text von Bedeutung für den EWR)

1.           Einleitung

Die Richtlinie 2007/59/EG[1] über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen, legt die Mindestanforderungen fest, die ein Antragsteller erfüllen muss, um eine Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer oder eine harmonisierte Zusatzbescheinigung zu erlangen.

Mit der Richtlinie sollte es den Triebfahrzeugführern hauptsächlich erleichtert werden, Fahrzeuge in anderen Mitgliedstaaten zu führen und von einem Mitgliedstaat in einen anderen umzuziehen, sie sollten aber auch leichter von einem Eisenbahnunternehmen zu einem anderen wechseln können, und Fahrerlaubnisse und harmonisierte Zusatzbescheinigungen sollten ganz generell von allen Beteiligten im Eisenbahnsektor anerkannt werden.

Seit Inkrafttreten der Richtlinie 2007/59/EG hat die Kommission bereits zusätzliche Vorschriften in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Richtlinie verabschiedet.

Mit Entscheidung vom 29. Oktober 2009[2] verabschiedete die Kommission die Eckdaten der Register der Fahrerlaubnisse und Zusatzbescheinigungen für Triebfahrzeugführer gemäß Artikel 22 Absatz 4 der Richtlinie 2007/59/EG.

Am 3. Dezember 2009 nahm die Kommission, wie nach Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie 2007/59/EG erforderlich, die Verordnung (EU) Nr. 36/2010[3] über Gemeinschaftsmodelle für die Fahrerlaubnis der Triebfahrzeugführer, Zusatzbescheinigungen, beglaubigte Kopien und Formulare für den Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis für Triebfahrzeugführer an.

Die Kommission nahm darüber hinaus am 22. November 2011 einen Beschluss[4] zu den Kriterien der Anerkennung von Ausbildungseinrichtungen, die an der Ausbildung von Triebfahrzeugführern beteiligt sind, den Kriterien der Anerkennung von Triebfahrzeugführer-Prüfern und den Kriterien für die Organisation von Prüfungen gemäß der Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates an, ebenso eine Empfehlung[5] über das Verfahren zur Anerkennung von Ausbildungseinrichtungen für Triebfahrzeugführer und Triebfahrzeugführer-Prüfern gemäß der Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates.

Zwar deckt die Richtlinie 2007/59/EG kein anderes mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrautes Zugpersonal ab, doch bestimmt Artikel 28, dass die Kommission einen Bericht und gegebenenfalls einen Vorschlag über das System von Bescheinigungen für das andere Zugpersonal auf der Grundlage eines Berichts der ERA vorlegt. Die Agentur benennt das Anforderungsprofil und die Aufgaben des anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrauten Zugpersonals, dessen berufliche Qualifikationen zur Eisenbahnsicherheit beitragen, die mittels eines Systems von Genehmigungen und bzw. oder Bescheinigungen, das dem durch diese Richtlinie geschaffenen System vergleichbar sein kann, auf Ebene der Europäischen Union geregelt werden sollten.

Mit dieser Forderung wurden eine größere Freizügigkeit der Arbeitnehmer und eine höhere Sicherheit der Eisenbahnen in der EU angestrebt. Zu diesem Zweck sollte dem anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben im Triebfahrzeug und im Zug betrauten Zugpersonal besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Mindestanforderungen an die medizinische Tauglichkeit und die beruflichen Qualifikationen sind bereits in der TSI „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“ (TSI OPE) festgelegt. Da diese TSI jedoch im Wege nationaler Durchführungspläne umgesetzt wird und bis zu einem gewissen Grad auch nur für grenzübergreifende Dienste gilt, besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit, was die Aufnahme solchen Personals in das Verfahren der Sicherheitsbescheinigung von Eisenbahnunternehmen angeht, ebenso hinsichtlich der Mobilität zwischen Eisenbahnunternehmen. Aus diesem Grund wurde die Agentur beauftragt, einen Bericht über die Zertifizierung anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrauten Zugpersonals auszuarbeiten.

Die vorliegende Mitteilung berücksichtigt nach Konsultation der beteiligten Interessenkreise den Bericht[6] der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA), der der Kommission 2010 vorgelegt wurde. Vor der Annahme der Mitteilung haben die Kommissionsdienststellen die Ergebnisse des ERA-Berichts mit den Sozialpartnern im Rahmen des Ausschusses für den sektoralen sozialen Dialog erörtert.

Im Mittelpunkt dieser Mitteilung stehen die anderen Mitglieder des Zugpersonals in Personenzügen. Güterverkehrsbezogene gemeinsame Aufgaben stehen eher im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Güterzugs als mit der Fahrt des Zugs. Die Zugvorbereitung erfordert nicht notwendigerweise eine Begleitung des Zugs durch Personal.

2.           Rechtsrahmen

Der geltende Rechtsrahmen umfasst im Wesentlichen:

· Richtlinie 2004/49/EG über die Eisenbahnsicherheit, die ein einheitliches Konzept für die Sicherheit festlegt. Die Richtlinie sieht ein System der Zertifizierung von Eisenbahnunternehmen vor, unter anderem mit Zuständigkeit für die Festlegung und Durchführung von Schulungen für das Personal als Teil des Sicherheitsmanagementsystems.

· Richtlinie 2008/57/EG über die Interoperabilität im Eisenbahnverkehr, die den Rahmen für die Festlegung der Anforderungen an die Systemkomponenten in Form technischer Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) bestimmt. Die TSI enthalten auch Vorschriften für Personal, das an Betrieb und Instandhaltung des Eisenbahnsystems beteiligt ist, in Form beruflicher Mindestqualifikationen sowie Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen.

3.           derzeitige Situation bezüglich der Profile und Aufgaben des anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrauten Zugpersonals

3.1.        Regelung der Aufgaben im Personenverkehr

In ihrem Bericht hat die ERA Daten zur Zahl des anderen Zugpersonals erhoben, die von mehreren Eisenbahnunternehmen in 11 Mitgliedstaaten bereitgestellt wurden. Hochgerechnet wird die Zahl des anderen Zugpersonals für Personenzüge europaweit (einschließlich Schweiz und Norwegen) auf 70 000 geschätzt.

Nahezu alle Mitgliedstaaten[7] (20 von 22) regeln den Beruf, wenn auch in verschiedener Weise und in unterschiedlichem Detailgrad. Gemäß der Richtlinie 2004/49/EG[8] über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung („Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit“) sollten Entscheidungen, auf welche Weise diese Aufgaben durchzuführen sind, auf der Ebene des Eisenbahnunternehmens getroffen werden.

Von den 20 Mitgliedstaaten regeln 14 auch Profile und Aufgaben auf nationaler Ebene.

Eine Analyse aller Aufgaben des anderen Zugpersonals ergibt:

· Es wurden 59 Aufgaben ermittelt, die von anderem Zugpersonal im Personenverkehr durchgeführt werden, von denen 48 betriebssicherheitsrelevante Aufgaben und 11 typische kommerzielle Aufgaben sind, die während der Zugfahrt durchgeführt werden müssen (Fahrausweiskontrolle, Durchsagen usw.).

· 21 der 48 betriebssicherheitsrelevanten Aufgaben werden in den 14 Mitgliedstaaten geregelt, die Aufgaben im Personenverkehr auf nationaler Ebene regeln. Diese 21 betriebssicherheitsrelevanten Aufgaben hängen eng mit Anlage J der TSI OPE[9] über die Mindestanforderungen an die berufliche Qualifikation von Zugbegleitern zusammen.

3.2.        Identifizierung von Musterprofilen im Personenverkehr

Viele der Stellenprofile für anderes Zugpersonal im Personenverkehr wurden ermittelt. Zwei Musterprofile (PP1 und PP2) wurden als gemeinsame Kernaufgaben der unterschiedlichen Stellenprofile verschiedener Mitgliedstaaten eingeführt. Sie werden im Anhang ausführlich dargestellt. Die zugewiesenen Aufgaben sind in den beiden Musterprofilen mehrheitlich ähnlich, der Hauptunterschied zwischen PP1 und PP2 betrifft jedoch die „Zugvorbereitung“. Während PP1 fast alle Aufgaben im Zusammenhang mit der Zugvorbereitung umfasst, ist im PP2 nur eine Aufgabe der Zugvorbereitung zugewiesen.

In diesen beiden Musterprofilen wurden gemeinsame sicherheitsrelevante Aufgaben identifiziert, unter anderem: Türschließverfahren, Zugabfahrt und Fahrgastevakuierung bei gestörtem Betrieb und in Notfallsituationen. Die meisten Eisenbahnunternehmen haben ein Zertifizierungssystem für PP1, nicht jedoch für PP2 eingeführt.

3.3.        Grundlegende Anforderungen und Zertifizierung

Die grundlegenden Anforderungen bezüglich Mindestalter, Schulbildung, Sprachkenntnissen, medizinischen und psychologischen Kontrollen und erforderlichen beruflichen Qualifikationen für Angehörige des anderen Zugpersonals sind in der gesamten EU bereits sehr ähnlich. Diese grundlegenden Anforderungen sind für die beiden Profile nahezu identisch und werden bereits von der TSI OPE erfasst, die sich derzeit allerdings nur auf den grenzüberschreitenden Verkehr bezieht.

Neun Mitgliedstaaten verfügen über verbindliche Vorschriften für Eisenbahnunternehmen zu Verfahren für die Bewertung des anderen Zugpersonals. In 13 Mitgliedstaaten gibt es nationale Vorschriften für die Ausbildung, mit denen ein mindestens einzuhaltendes Standardniveau der Kenntnisse und Fähigkeiten festgelegt und das Kompetenzniveau bestimmt wird. Im Bereich des Personenverkehrs veranstalten Eisenbahnunternehmen in der Regel innerbetriebliche Schulungen und Prüfungen. Die Schulung dauert in der Regel zwischen 4 und 16 Wochen.

Eisenbahnunternehmen haben spezifische Verfahren für Personenverkehrsdienste entwickelt, um die Kompetenzen auf angemessenem Niveau zu halten. Sie organisieren regelmäßige oder kontinuierliche Schulungen in unterschiedlichen Zeitabständen. Bei 12 Unternehmen wurden Verfahren für die wiederkehrende Bewertung festgelegt, die in Zeitabständen von 3 Monaten bis 3 Jahren erfolgen.

Die nationalen Sicherheitsbehörden sind bereits in der Lage zu prüfen, ob die grundlegenden Mindestanforderungen in Bezug auf das andere Zugpersonal erfüllt werden, indem das Sicherheitsmanagementsystem von Eisenbahnunternehmen gemäß Anhang III Buchstabe e der Richtlinie 2004/49/EG zertifiziert wird.

3.4.        Mobilität der Arbeitnehmer

Die Zahl der als anderes Zugpersonal Beschäftigten, die das Unternehmen wechseln, könnte sich jährlich auf zwischen 2000 und 4000 belaufen, unter der Annahme, dass ein solcher Wechsel ein oder zwei Mal während einer Berufstätigkeit von 35 Jahren erfolgt und das andere Zugpersonal in Europa rund 70 000 Personen umfasst. Bei dieser Zahl ist die Tatsache nicht berücksichtigt, dass Beschäftigte ihre Stelle auch für eine andere Tätigkeit im oder außerhalb des Eisenbahnsektors aufgeben können, oder dass Beschäftigte den Arbeitgeber wechseln, wenn ein Unternehmen das Personal eines anderen Unternehmens im Rahmen eines neuen Vertrags mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen übernimmt.

Mehrere Eisenbahnunternehmen hatten bislang keine Erfahrungen mit der Mobilität von Arbeitnehmern gemacht, da sie das einzige oder in Staatseigentum stehende Eisenbahnunternehmen sind. Doch auch die Unternehmen, die bereits entsprechende Erfahrungen gemacht haben, schreiben besondere betriebsinterne Schulungen vor, wenn sie neues Zugpersonal von anderen Eisenbahnunternehmen rekrutieren. Diese besondere Zusatzausbildung wird durchgeführt, weil es Unterschiede bei den Fahrzeugen und der Infrastruktur gibt. Es könnten auch unterschiedliche Verfahren in verschiedenen Eisenbahnunternehmen zur Anwendung kommen.

Kleine Unternehmen haben mehr Erfahrung mit der Mobilität von Arbeitnehmern, da sie Zugpersonal der etablierten Betreiber einstellen. Es gibt jedoch keine Belege dafür, dass das Fehlen eines Zertifizierungssystems für anderes Zugpersonal ein Hindernis für die Mobilität darstellt, und der Kommission sind keine diesbezüglichen Beschwerden zugegangen.

3.5.        Einheitlichkeit in Bezug auf berufliche Qualifikationen

In der gesamten Europäischen Union gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Berufsprofile.

Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es aus folgenden Gründen nicht angebracht, sie alle zu harmonisieren:

· Zum einen sind die Aufgaben „Türen schließen“ und „Abfahrt des Zuges (Betriebsvorgänge abgeschlossen)“ Betriebsverfahren, die aufgrund unterschiedlicher technischer Lösungen von einem Unternehmen zum anderen variieren können. Sie sollten weiterhin auf Unternehmensebene verbleiben und nicht auf EU-Ebene geregelt werden.

· Zum anderen stehen die verbleibenden gemeinsamen Aufgaben alle im Zusammenhang mit der Sicherheit der Fahrgäste. Sie werden im Allgemeinen auf nationaler Ebene geregelt und sind auf EU-Ebene definiert:

– Schutz der Fahrgäste bei gestörtem Betrieb und in Notfallsituationen;

– Evakuierung der Fahrgäste in Notfallsituationen.

Gemäß Punkt 4.6 und Anlage J über die Mindestanforderungen an die berufliche Qualifikation für die Aufgaben im Zusammenhang mit der Begleitung von Zügen der TSI OPE sollten alle Mitarbeiter über die notwendigen Kenntnisse für die Bewältigung von Betriebsstörungen, die Evakuierung von Zügen und die Sicherheit der Fahrgäste verfügen und fähig sein, diese Kenntnisse in der Praxis anzuwenden. In Punkt 4.6.1 der TSI SRT[10] heißt es zur Kompetenz des Zugpersonals und des anderen Personals in Bezug auf Tunnel: „Das gesamte Zugpersonal muss Kenntnisse über das richtige Sicherheitsverhalten in Tunneln verfügen und insbesondere in der Lage sein, einen Zug in einem Tunnel zu räumen. Dies umfasst die Anweisung der Reisenden, sich in den nächsten Wagen zu begeben oder den Zug zu verlassen, und die Verbringung der Reisenden in einen sicheren Bereich außerhalb des Zuges.“

Eine Verbesserung der derzeitigen Rahmenvorgaben würde darin bestehen, die Anforderungen für die bereits in der TSI OPE enthaltenen Aufgaben detaillierter zu fassen oder auszuweiten, so dass Anlage J alle der in den Musterprofilen PP1 und PP2 genannten Aufgaben für anderes Zugpersonal abdeckt.

3.6.        Anerkennung von Berufsqualifikationen

Die Anerkennung von Berufsqualifikationen ist im Fall des anderen Zugpersonals im Personenverkehr häufig nicht geregelt. In der Tat haben nur fünf Mitgliedstaaten ein Zertifizierungssystem, das in nationalen Vorschriften für den Personenzugverkehr verbindlich festgelegt ist. Sie betreffen allesamt das Musterprofil PP1, und in vier dieser Mitgliedstaaten werden die Bescheinigungen von der nationalen Sicherheitsbehörde ausgestellt. Im fünften Mitgliedstaat stellt das Eisenbahnunternehmen die Bescheinigung aus. Im Schienengüterverkehr besteht ein Zertifizierungssystem in fünf der neun Mitgliedstaaten und in allen von ihnen ist die nationale Sicherheitsbehörde oder das zuständige Ministerium für die Ausstellung der Bescheinigungen zuständig.

Diese Situation scheint ein Hindernis für den einheitlichen europäischen Eisenbahnraum darzustellen, da die einzige Voraussetzung für den Betrieb eines Eisenbahnunternehmens in einem Mitgliedstaat nach dem derzeitigen Rechtsrahmen die Erlangung einer Sicherheitsbescheinigung (Teil A und Teil B) sein sollte. Allerdings können die Mitgliedstaaten nationale Vorschriften zu diesem Aspekt erlassen, sofern er in den TSI noch nicht abgedeckt wird, darüber hinaus gilt die TSI „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“, wie bereits in Abschnitt 3.3 erläutert, nur für grenzüberschreitende Dienste, was die Berufsqualifikationen angeht. Vor diesem Hintergrund ist die Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser TSI auf den Inlandverkehr wichtig, und die ERA sollte beauftragt werden, eine Empfehlung für diese Ausweitung auszuarbeiten.

3.7.        Potenzielle Vorteile eines europäischen Systems zum Nachweis der Kompetenzen des Zugpersonals mit sicherheitsrelevanten Aufgaben

Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit (Richtlinie 2004/49/EG) sieht bereits vor: „Bei der Einstellung neuer Zugführer, Zugbegleiter und Mitarbeiter, die wesentliche Sicherheitsaufgaben wahrnehmen, müssen die Eisenbahnunternehmen in der Lage sein, alle früher bei anderen Eisenbahnunternehmen absolvierte Schulungen, Qualifizierungen und dort gemachte Erfahrungen zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind diese Mitarbeiter zum Zugang zu allen Dokumenten, die ihre Schulungen, Qualifikationen und Erfahrungen belegen, sowie zum Kopieren und zur Weiterleitung dieser Dokumente berechtigt.“

Bei den Aufgaben des anderen Zugpersonals mit sicherheitsrelevanten Aufgaben könnte die weitergehende Harmonisierung eine Lösung sein, um die Mobilität der Arbeitnehmer zu erhöhen, ohne dass sich dies nachteilig auf das Sicherheitsniveau auswirkt. Das Ziel sollte sein, dass ein Eisenbahnunternehmen, das anderes Zugpersonal einstellt, früher erworbene Qualifikationen im Bereich sicherheitsrelevanter Aufgaben berücksichtigen kann und zusätzliche Schulungsmaßnahmen auf ein Mindestmaß mit niedrigeren Kosten beschränken sollte. Ein gemeinsames System auf europäischer Ebene sollte es ermöglichen, dieses Ziel zu erreichen.

Der Schwerpunkt sollte auf eisenbahnspezifischen Aufgaben liegen, z. B. bei der Unterstützung der Reisenden bei gestörtem Betrieb und in Notfallsituationen. Mit der Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste am 1. Januar 2010 wäre es nur logisch, dass die Kompetenzen des anderen Zugpersonals bezüglich des Schutzes und der Evakuierung von Fahrgästen bei gestörtem Betrieb und in Notfallsituationen bei allen Unternehmen in der gesamten Europäischen Union dieselben sein sollten. Dies würde ein gemeinsames Verständnis erleichtern und einen Mehrwert für die Sicherheit der Fahrgäste bieten. Es könnte auch positive Auswirkungen auf die Mobilität der Arbeitnehmer haben. Diese gemeinsamen Aufgaben sind im Allgemeinen bereits in Anlage J Nummer 3 der TSI OPE aufgeführt.

Ein solches Ziel gewinnt mit der Öffnung der Inlandsmärkte für Personenverkehrsdienste, die im Rahmen des vierten Eisenbahnpakets vorgeschlagen wird, weiter an Bedeutung.

Andererseits sollten Aufgaben, die verfahrensbezogen und abhängig von den Fahrzeugen sind, wie das Schließen der Türen, das (wegen unterschiedlicher technischer Lösungen) von Unternehmen zu Unternehmen variieren kann, nicht berücksichtigt werden. Ein Mitglied des Zugpersonals, das zu einem anderen Eisenbahnunternehmen wechselt, würde in der Tat eine besondere Schulung im Hinblick auf die Verfahren des jeweiligen Eisenbahnunternehmens und seine Fahrzeuge benötigen.

4.           Vom Eisenbahnunternehmen ausgestellte aufgabenorientierte Schulungsbescheinigungen bezüglich Risiken und Fahrgastunterstützung

Im Hinblick auf die Anerkennung der Kompetenzen des Zugpersonals, bei gestörtem Betrieb und in Notfallsituationen Hilfestellung zu leisten und die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten, beabsichtigt die Kommission, auf europäischer Ebene eine Bescheinigung einzuführen über Schulungen bezüglich Risiken und Fahrgastunterstützung, die der Stelleninhaber unter Einhaltung aller grundlegenden Mindestanforderungen für anderes Zugpersonal gemäß der TSI OPE absolviert hat.

Diese Bescheinigungen sollten in der Zuständigkeit der Eisenbahnunternehmen, die Arbeitnehmer beschäftigen oder beauftragen, ausgestellt werden und auf einem zweistufigen System beruhen, wobei eine Reihe von auf EU-Ebene festgelegten Mindestanforderungen und zusätzliche Anforderungen auf Unternehmensebene Anwendung finden. Die Schulungen könnten auch von einem Ausbildungszentrum außerhalb des Eisenbahnunternehmens durchgeführt werden, die Bescheinigung sollte jedoch von dem Eisenbahnunternehmen in eigener Verantwortung ausgestellt werden.

Für das Bescheinigungsverfahren sollten vier wichtige Punkte gelten:

· Eisenbahnunternehmen sollten Schulungen organisieren über die mit dem Eisenbahnbetrieb verbundenen Risiken hinsichtlich der Sicherheit der Fahrgäste und ihrer Unterstützung. Diese Schulungen würden durch das Sicherheitsmanagementsystem (SMS) der Eisenbahnunternehmen abgedeckt und auf Anforderungen beruhen, die in der TSI OPE genau festgelegt sind.

· Am Schulungsende sollten die Eisenbahnunternehmen eine „Bescheinigung über die Schulung zu Risiken und zur Fahrgastunterstützung“ im Rahmen ihres Sicherheitsmanagementsystems für das andere Zugpersonal ausstellen. Diese sollten mindestens alle harmonisierten in der TSI OPE vorgesehenen Fertigkeiten umfassen, aber auch etwaige zusätzliche Fertigkeiten aufführen, die während des Schulungskurses erworben wurden.

· Die Bescheinigung sollte in der gesamten Europäischen Union gültig sein und muss von den Eisenbahnunternehmen bei der Einstellung von Personal berücksichtigt werden.

· Die dem Arbeitnehmer (der dem anderen Zugpersonal angehört) ausgestellte Bescheinigung wird dessen Eigentum. Er wäre dann in der Lage, diese Bescheinigung bei einem Wechsel des Arbeitgebers vorzulegen.

Die Bescheinigungsregelung stellt keine zusätzlichen Anforderungen an die Schulung, die über das hinausgehen, was derzeit bereits im Rahmen des Sicherheitsmanagementsystems und der TSI OPE erforderlich ist.

Die Bescheinigung sollte sowohl aus verwaltungstechnischen als auch wirtschaftlichen Gründen weiterhin auf Unternehmensebene belassen werden, um zusätzliche Kosten für Eisenbahnunternehmen sowie umfangreiche zusätzliche Aufgaben für die nationalen Sicherheitsbehörden zu vermeiden.

Format und Inhalt der Bescheinigung könnten bis zu einem gewissen Grad die Anforderungen der Verordnung Nr. 36/2010/EG bezüglich Zusatzbescheinigungen von Triebfahrzeugführern widerspiegeln, die an diesen besonderen Zweck anzupassen wären.

Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit stellt bereits eine Rechtsgrundlage für diese Bescheinigung dar; gegebenenfalls wird die Kommission eine geringfügige Änderung des Anhangs III vorschlagen, um diesen Aspekt klarer zu fassen. Darüber hinaus schlägt die Kommission eine Aktualisierung der TSI OPE vor, um den Anwendungsbereich der Schulungsbescheinigung und der TSI OPE festzulegen.

Zusätzliche Aufgaben (auch nicht sicherheitsrelevante) und zusätzliche Anforderungen an die Berufsqualifikation können auf Ebene der Unternehmen vorgesehen werden, ohne dass die Mobilität der Arbeitnehmer behindert wird.

Die Anerkennung der Kompetenz des anderen Zugpersonals auf EU-Ebene ergäbe einen Mehrwert für die Sicherheit der Fahrgäste und könnte sich positiv auf die Mobilität der Arbeitnehmer auswirken, gleichzeitig auch den Eisenbahnunternehmen unnötige Schulungen ersparen.

Die Vertreter von Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreibern (CER und EIM) sind der Auffassung, dass die geltenden Rechtsvorschriften bereits alle notwendigen Anforderungen enthalten und dass eine Bescheinigungs- oder Zulassungsregelung für anderes Zugpersonal nichts Nützliches zu den bisherigen Festlegungen beiträgt, sondern mit hohen Kosten verbunden sein könnte. Auf der anderen Seite fordert die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) eine europäische Zertifizierungsregelung für Bordpersonal, einschließlich einer von den nationalen Sicherheitsbehörden ausgestellten Lizenz und einer ergänzenden Bescheinigung des Eisenbahnunternehmens.

5.           Regelung der sicherheitsrelevanten Aufgaben des anderen Zugpersonals durch die Mitgliedstaaten

Wie in Nummer 2.1 erwähnt, haben die meisten Mitgliedstaaten verbindliche nationale Vorschriften festgelegt, die die Berufsausübung in unterschiedlicher Weise und unterschiedlich detailliert regeln.

Diese verbindlichen nationalen Vorschriften, die von den nationalen Behörden erlassen oder von dem nationalen Eisenbahnunternehmen auf die nationale Ebene übertragen wurden, müssen von allen Eisenbahnunternehmen angewendet werden, die in diesen Mitgliedstaaten tätig sind.

Allgemein ist festzuhalten, dass diese Regelungen aus drei Gründen nicht in vollem Umfang mit den europäischen Rechtsvorschriften vereinbar zu sein scheinen:

· Sie entsprechen nicht in vollem Umfang der TSI OPE, in der festgelegt wird, was zu tun ist, da einige Mitgliedstaaten festlegen, wie dies zu tun ist.

· Die Regelung auf nationaler Ebene scheint die Unternehmenstätigkeit zu beschränken, vor allem auch die Mobilität der Arbeitnehmer. Darüber hinaus verschaffen die von Unternehmen übertragenen Vorschriften (indirekte Vorschriften), die zu verbindlichen nationalen Vorschriften gemacht wurden, den etablierten Eisenbahnunternehmen eindeutig Wettbewerbsvorteile.

· Wenn nationale Behörden detaillierte Betriebsverfahren festlegen, übernehmen sie Verantwortlichkeiten, die den Eisenbahnunternehmen und Infrastrukturbetreibern obliegen sollten. Die detaillierte Regelung von Aufgaben auf nationaler Ebene könnte die Verantwortlichkeiten der Eisenbahnunternehmen beschränken und im Widerspruch zu Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit stehen.

Sofern besondere Aspekte eines Netzes nicht besondere Vorschriften erfordern, sollten Vorschriften darüber, wie die Aufgaben durchzuführen sind, auf der Ebene des Eisenbahnunternehmens und nicht auf nationaler Ebene festgelegt werden. Selbst wenn die Verfahren sich von einem Eisenbahnunternehmen zum anderen unterscheiden, kommt es doch darauf an, dass die Aufgabe durchgeführt wird.

Folglich beabsichtigt die Kommission, die Mitgliedstaaten aufzufordern, diejenigen ihrer nationalen Vorschriften zu überprüfen, die mit der TSI OPE in Einklang stehen müssen. Dies erfolgt im Rahmen der Anwendung der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit und der Analyse nationaler Sicherheitsvorschriften, die derzeit von der ERA vorgenommen wird.

6.           Schlussfolgerung: Nächste Schritte

Die Kommission wird die Europäische Eisenbahnagentur auffordern, für das andere Zugpersonal die nötigen Bestimmungen bezüglich einer Bescheinigung, bei der der Schwerpunkt auf Fragen der Fahrgastsicherheit liegt, auszuarbeiten. Die Agentur wird die gemeinsamen sicherheitsrelevanten Aufgaben des anderen Zugpersonals ermitteln, die nicht mit der Fahrzeugkonstruktion/dem Rollmaterial in Zusammenhang stehen, und den Inhalt der Schulungsbescheinigung und den Anwendungsbereich von Anlage J der TSI OPE festlegen. Die Agentur wird ein Muster der Schulungsbescheinigung für sicherheitsrelevante Aufgaben ausarbeiten, die dem Arbeitnehmer auszustellen ist. Durch eine Änderung des Anhangs III der Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit wird festgelegt, dass dieses Bescheinigungsverfahren Bestandteil des Sicherheits­management­systems des Eisenbahnunternehmens ist.

Die Notwendigkeit dieser Bescheinigungsregelung ergibt sich durch die Öffnung der Inlandsmärkte für Personenverkehrsdienste im Rahmen des vierten Eisenbahnpakets noch in stärkerem Maß.

Die Kommission wird die Europäische Eisenbahnagentur auffordern, in ihre Analyse der nationalen Sicherheitsvorschriften ein eigenes Kapitel über die verbindlichen nationalen Vorschriften bezüglich des anderen Zugpersonals aufzunehmen und dabei zu prüfen, in welchem Umfang sie über ihren eigentlichen Anwendungsbereich hinausgehen. Sollten diese Vorschriften nicht mit dem EU-Recht vereinbar sein, könnte die Kommission geeignete Maßnahmen ergreifen, um ihre ordnungsgemäße Anwendung sicherzustellen.

Das andere Zugpersonal bildet eine Berufsgruppe, der eine wichtige Rolle für ein sicheres Eisenbahnsystem hinsichtlich der Betriebssicherheit und der Fahrgastsicherheit, auch was die Gefahrenabwehr angeht, zukommt. Die Kommission ist der Auffassung, dass ihre Vorschläge das Sicherheitsniveau erhöhen und diesen wichtigen Eisenbahnberuf aufwerten sowie die Mobilität der Arbeitnehmer fördern werden.

ANHANG Beschreibung der Hauptaufgaben innerhalb der Musterprofile (PP)

Insgesamt sind 17 Aufgaben dem Musterprofil PP1 zugewiesen und in mindestens 50 % der 11 Mitgliedstaaten, in denen das PP1 besteht, geregelt. Es handelt sich dabei um folgende:

· Zugbildung prüfen:

– „Zugbildung prüfen“

– „Dokument/Dokumentation für die Zugbildung prüfen“

· Prüfungen und Tests vor Abfahrt:

– „Bremsen/Bremssystem-Zustand“

– „Zugsignale gesetzt“

· Abfahrt des Zuges an Haltepunkten:

– „Schließen der Türen“

– „Abfahrt des Zuges (Betriebsvorgänge abgeschlossen)“

· Zugfahrt:

– „Notbremse – Zurücksetzung nach Gebrauch und Meldung an den Triebfahrzeugführer“

– „Bordmitteilungen (insbesondere zur Fahrgastsicherheit)“

· Gestörter Betrieb:

– „Schutz der Fahrgäste“

– „Abfahrt des Zuges“

– „Meldung ungewöhnlicher Ereignisse“

· Notfallbetrieb:

– „Entscheidung zum Anhalten des Zuges“

– „Schutz der Fahrgäste“

– „Fahrgastevakuierung“

– „Abfahrt des Zuges – Betriebsvorgänge abgeschlossen“

– „Information/Kommunikation mit dem Triebfahrzeugführer“

– „Information/Kommunikation mit dem Eisenbahnunternehmen“

Dem Musterprofil PP2 sind lediglich fünf Aufgaben zugewiesen und in mindestens 50 % der sechs Mitgliedstaaten, in denen das PP2 besteht, geregelt. Es handelt sich dabei um folgende:

· Abfahrt des Zuges an Haltepunkten:

– „Schließen der Türen“

– „Abfahrt des Zuges (Betriebsvorgänge abgeschlossen)“

· Gestörter Betrieb:

– „Schutz der Fahrgäste“

· Notfallbetrieb:

– „Schutz der Fahrgäste“

– „Fahrgastevakuierung“

Die Aufgabe „Rangieren“ ist in den Mitgliedstaaten in unterschiedlicher Weise zugewiesen und wird in diesen Musterprofilen nicht berücksichtigt.

[1]               ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 51.

[2]               ABl. L 8 vom 13.1.2010, S. 17.

[3]               ABl. L 8 vom 19.1.2010, S. 1.

[4]               ABl. L 314 vom 29.11.2011, S. 36.

[5]               ABl. L 314 vom 29.11.2011, S. 41.

[6]               Bericht über das Profil und die Aufgaben des anderen mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betrauten Zugpersonals gemäß Artikel 28 der Richtlinie 2007/59/EG. Referat Interoperabilität, ERA/REP/14-2010/INT vom 27.9.2010. Unveröffentlicht.

[7]               Die Daten aus einigen Mitgliedstaaten waren nicht ausreichend und konnten daher nicht berücksichtigt werden. Informationen aus Norwegen sind in den Zahlen enthalten.

[8]               ABl. L 220 vom 21.6.2004, S. 44.

[9]               Entscheidung der Kommission vom 11. August 2006 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems „Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung“ des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 3593), geändert durch Entscheidung 2010/640/EU, Entscheidung 2009/107/EG und Entscheidung 2008/231/EG, ABl. L 359 vom 18.12.2006, S. 1.

[10]             Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2007 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität bezüglich „Sicherheit in Eisenbahntunneln“ im konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystem und im transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystem (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K (2007) 6450), ABl. L 64 vom 7.3.2008.