12.11.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 327/33


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Intelligente Regulierung — Anpassung an die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen

COM(2013) 122 final

2013/C 327/07

Berichterstatterin: Anna Maria DARMANIN

Mitberichterstatter: Brendan BURNS

Die Europäische Kommission beschloss am 18. April 2013, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Intelligente Regulierung — Anpassung an die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen

COM(2013) 122 final.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 27. Juni 2013 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 491. Plenartagung am 10./11. Juli 2013 (Sitzung vom 11. Juli) mit 156 gegen 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt das Vorhaben der Kommission, der intelligenten Regulierung einen hohen Stellenwert auf ihrer Agenda einzuräumen. Regulierung ist eine Notwendigkeit, muss aber gut konzipiert sein, um die politischen Ziele der EU bei minimalem Kostenaufwand zu erreichen. Der EWSA begrüßt das jahrelange Engagement der Europäischen Kommission für die Konzipierung und Anwendung besserer Regulierungsinstrumente einschließlich der Folgenabschätzungen und der Einbeziehung der Betroffenen.

1.2

Der Ausschuss:

a)

stellt deshalb fest, dass intelligente Regulierung zwar für Unternehmen aller Größenordnungen notwendig ist, bürokratischer Aufwand auf Kleinunternehmen, insbesondere auf Kleinstunternehmen, eine unverhältnismäßig große Auswirkung hat;

b)

erinnert alle Dienststellen der Kommission daran, dass der KMU-Test integrativer Bestandteil von Folgenabschätzungen ist. Er fordert den europäischen Gesetzgeber auf, die spezifischen Eigenschaften von Klein- und Kleinstunternehmen innerhalb der Kategorie der KMU bei der Vorbereitung von Folgenabschätzungen und der Erarbeitung von Rechtsvorschriften zu berücksichtigen;

c)

begrüßt das regulatorische Eignungs- und Leistungsprogramm (REFIT), das Belastungen und unnötige Maßnahmen für KMU ausmacht. Dieses Programm sollte dafür genutzt werden, nicht mehr zweckdienliche Vorschriften festzustellen und zu beseitigen und die bestehenden Rechtsvorschriften zu konsolidieren. Der EWSA legt der Kommission nahe, möglichst bald neue Eignungsprüfungen durchzuführen und dabei den zehn aufwändigsten EU-Vorschriften Vorrang zu geben, die in der Kommissionsmitteilung unter besonderer Berücksichtigung der Kleinstunternehmen aufgeführt werden;

d)

verweist auf einen Grundsatz dieses Programms, demzufolge Folgenabschätzungen durch Verwendung eines Standardformulars nutzerfreundlicher gestaltet werden und eine klare Zusammenfassung beinhalten, in der die zentralen Fragen einschließlich der Umsetzungskosten insbesondere für Kleinstunternehmen dargelegt werden;

e)

unterstützt den Vorschlag, langfristig ein einheitliches unabhängiges Folgenabschätzungsgremium einzurichten, das für alle EU-Organe tätig ist. Dieses unabhängige Gremium sollte auf externe Sachverständige zurückgreifen, die die Kommissionsvorschläge zusätzlich prüfen. Damit soll sichergestellt werden, dass die verschiedenen zur Verfügung stehenden Konzepte richtig verstanden werden;

f)

teilt die Ansicht, dass Kleinstunternehmen nicht generell ausgenommen werden sollten. Vielmehr sollte bei Legislativvorschlägen ein den Einzelfällen gerechter Ansatz gewählt werden, der aus einer sorgfältigen Folgenabschätzung hervorgeht;

g)

legt der Kommission nahe, im Detail anzugeben, welche Änderungen und aus welchen Gründen im Zuge des Konsultationsprozesses vorgenommen worden sind;

h)

ist der Auffassung, dass die Europäische Kommission den KMU-Anzeiger ständig verfolgen sollte, der von einer zentralen Koordinierungsstelle in enger Zusammenarbeit mit den KMU-Verbänden erstellt wird;

i)

fordert ein neues Programm zur Verringerung unnötigen Regelungsaufwands, mit dem sichergestellt wird, dass Unternehmen infolge intelligenterer Regulierung nicht von den Rechtsvorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer sowie Gleichstellungs- oder Umweltschutzstandards ausgenommen werden. Er spricht sich deshalb mit Nachdruck dafür aus, der sog. Stoiber-Gruppe ein bis 2020 reichendes neues Mandat zu erteilen, um insbesondere in Zusammenarbeit mit KMU-Verbänden Maßnahmen für Kleinst- und Kleinunternehmen zu überwachen und umzusetzen;

j)

legt dem Rat und dem Parlament nahe, bei der Entscheidung über Rechtsvorschriften der EU ebenso die Verwaltungslasten für Unternehmen zu begrenzen;

k)

schlägt den Austausch bewährter Verfahren unter den Mitgliedstaaten im Bereich der intelligenten Regulierung vor, um die Übererfüllung von EU-Vorgaben (Goldplating) zu verhindern.

2.   Der Kommissionsvorschlag

2.1

Die Kommission veröffentlichte im November 2011 einen Bericht zum Thema "Verringerung der Verwaltungslasten für KMU – Anpassung der EU-Rechtsvorschriften an die Bedürfnisse von Kleinstunternehmen" (1), in der speziell auf KMU zugeschnittene Maßnahmen dargelegt wurden. In diesem Bericht wurden der im "Small Business Act" (SBA) aufgestellte Grundsatz des "Think Small First" (2) (Vorfahrt für KMU) erörtert. Diesem zufolge müssen bei der Erarbeitung von Rechtsvorschriften die Auswirkungen auf KMU berücksichtigt werden, außerdem ist das bestehende Regelungsumfeld zu vereinfachen. Die Kommission erklärte sich bereit, Belastungen für KMU im Rahmen des neuen Programms REFIT anzugehen (3), das ebenfalls im Dezember 2012 gestartet wurde.

2.2

In der am 7. März 2013 angenommenen Mitteilung der Kommission für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates zum Thema "Intelligente Regulierung – Anpassung an die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen" (4) wird eine Bestandsaufnahme aller seit 2011 von der Kommission durchgeführten Maßnahmen bezüglich der Belastungen von KMU vorgenommen. Der Bericht beleuchtet Fortschritte in folgenden Bereichen:

Erörterung der Rolle von Folgenabschätzungen bei Regulierungen für KMU;

Einführung eines jährlichen KMU-Anzeigers;

Gewährleistung der Durchführung von Leistungstests.

3.   Bemerkungen und Kommentare

3.1   Intelligente Regulierung ist von zentraler Bedeutung für KMU – insbesondere für Kleinstunternehmen

3.1.1

Der EWSA hat Initiativen für bessere Rechtsetzung immer schon unterstützt und befürwortet, wie in seinen zahlreichen Stellungnahmen deutlich wird (5). Er erinnert daran, dass intelligente Regulierung zwar für alle Unternehmen wichtig ist, bürokratischer Aufwand auf Kleinstunternehmen indes eine unverhältnismäßig große Auswirkung hat. Deshalb muss die Berücksichtigung des Grundsatzes "Vorfahrt für KMU" bei der Erarbeitung neuer Rechtsvorschriften und während des gesamten Entscheidungsprozesses eine prioritäre Leitlinie sein.

3.1.2

KMU unterscheiden sich nach Größe, Aktivitätsbereichen, Zielen, Finanzierung, Unternehmensführung, Standort und Rechtsform (6). Politische Entscheidungsträger müssen daher bei der Erarbeitung von Vorschriften für KMU diese Unterschiede berücksichtigen. Sie müssen sich bewusst machen, dass die einzelnen Rechtsvorschriften für sich genommen nicht besonders belastend erscheinen mögen. Es ist aber vor allem die Anhäufung von Regeln und Vorschriften, die ein Kleinst- oder Kleinunternehmen davon abhalten, neue Ideen zu entwickeln, neue Märkte zu erkunden und mehr Personal einzustellen.

3.1.3

Daher empfinden viele KMU, insbesondere Kleinst- und Kleinunternehmen, Gesetzgebung eher als eine Einengung unternehmerischer Entwicklung denn als ein Mittel zur Wachstumsförderung. Der EWSA ist der Auffassung, dass intelligente Regulierung auf Unionsebene nicht helfen kann, sofern in den Rechtsvorschriften nicht eindeutig ausgemacht wird, welchen Unternehmen geholfen werden soll und welche Ausnahmen (wenn überhaupt) diesen Unternehmen gewährt oder von diesen eingefordert werden können. Der EWSA fordert daher die Kommission mit Nachdruck auf, den KMU-Test bei allen Folgenabschätzungen in den verschiedenen Generaldirektionen voll und ganz anzuwenden. Der EWSA ist der Auffassung, dass der KMU-Test auch die potenziellen Kosten und den potenziellen Nutzen der Vorschläge unter Berücksichtigung der Unternehmensgröße umfassen muss. Dabei ist klar zwischen Kleinst- und Klein- sowie mittleren Unternehmen zu unterscheiden. Sollte der KMU-Test nicht angemessen durchgeführt werden, würde der Ausschuss für Folgenabschätzung ein negatives Votum abgeben.

3.2   Die Rolle von Folgenabschätzungen

3.2.1

Der EWSA anerkennt deshalb die zentrale Rolle von Folgenabschätzungen (7) für die KMU-Politik auf Unionsebene. Der Ausschuss fordert, dass die Kommission solide Folgenabschätzungen vorbereitet, die ihren Zweck erfüllen und logisch sind. Der EWSA erinnert die Kommission daran, dass das Solidaritätsprinzip und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden müssen. In den Folgenabschätzungen müssen auch die Kosten analysiert werden. Die von den Unternehmen zu tragenden Befolgungskosten der Rechtsvorschriften lassen bestimmte Aktivitäten unwirtschaftlich werden, die ohne die entsprechenden Vorschriften rentabel sein würden. Als Folge könnten einige unbedeutendere Unternehmen zum Marktaustritt gezwungen sein, was die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Aktivitäten der Privatwirtschaft einschränkt. Der EWSA fordert die Kommission auf, eine von unabhängiger Seite überprüfte jährliche Aufstellung der insgesamt von den Unternehmen zu tragenden Nettobefolgungskosten herauszugeben. Diese Aufstellung sollte auch den Bericht über maßgebliche Änderungen der ursprünglichen Vorschläge infolge von Folgenabschätzungen beinhalten.

3.2.2

Dem EWSA ist bewusst, dass Folgenabschätzungen technische Dokumente sind. Aber ihre Länge und Sprache kann sie mitunter undurchschaubar machen, zumal für Kleinunternehmen, die dazu Beiträge leisten wollen. Der Ausschuss empfiehlt, sie durch Verwendung eines Standardmusters und mittels einer klaren Zusammenfassung, in der die wichtigsten angesprochenen Punkte hervorgehoben werden, benutzerfreundlicher (8) zu gestalten und sie auf jede KMU-Untergruppe auszurichten.

3.2.3

Der EWSA verlangt eine unabhängige und transparente Überprüfung der Folgenabschätzungsentwürfe durch Interessenvertreter, einschließlich Unternehmensverbände, die Kleinst- und Kleinunternehmen sowie mittlere Unternehmen vertreten. Damit soll sichergestellt werden, dass sie hochwertig sind und entsprechend den Leitlinien erarbeitet wurden (9).

3.2.4

Folgenabschätzungen müssen detailliert darauf eingehen, in welchem Maße besondere Maßnahmen und Modelle (wie Ausnahmen, Vereinfachungen usw.) eingesetzt werden sollen, um den Verwaltungsaufwand für KMU zu verringern. Der EWSA begrüßt den verstärkten Einsatz des KMU-Tests, erinnert aber daran, dass die Auswirkungen der Rechtsvorschriften sorgfältig und für jede der drei unterschiedlichen Untergruppen getrennt untersucht werden müssen. Anschließend ist die Möglichkeit einer Ausnahme von Kleinstunternehmen von neuen Rechtsvorschriften oder die Verabschiedung weniger strenger Vorschriften zu prüfen.

3.2.5

Der EWSA stellt fest, dass die Kommission von ihrem Vorhaben Abstand nimmt, beim Abschluss des Folgenabschätzungsverfahrens Blankoausnahmen für Kleinstunternehmen von EU-Rechtsvorschriften vorzusehen. Der EWSA begrüßt diese Entwicklung und betont, dass intelligente Regulierung auf die Unternehmenskategorie und -größe zugeschnitten und nicht allzu kompliziert sein sollte. Wenn diese Konditionen erfüllt sind, ist es für Unternehmer einfacher, geeignete interne Verfahren zu entwickeln, die den Zielen der intelligenten Regulierung entsprechen.

3.2.6

Kleinst- und Kleinunternehmen bekennen ihre Kundennähe und die Tatsache, dass von den Kunden eine wachsende Nachfrage nach lokalen Unternehmen ausgeht, die ethische Grundsätze beachten und die lokale Umwelt schützen. Der EWSA erinnert die Kommission daran, dass Normen und Vorschriften für die Qualität der Unternehmen, ihrer Produkte und Dienstleistungen von den Unternehmen daher unbedingt eingehalten werden müssen, wenn sie erfolgreich sein und ihre Wettbewerbsfähigkeit auf verschiedenen Märkten erhalten wollen. Werden Kleinstunternehmen z.B. von Verbraucher- und Umweltschutzbestimmungen ausgenommen, könnte dies letztlich für diese Unternehmen von Nachteil sein (10).

3.2.7

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass sich Folgenabschätzungen – über die obenstehenden Ausführungen hinaus – auch mit der genauen Messung der Folgewirkungen befassen müssen, die eine Maßnahme zur Verringerung des Verwaltungsaufwands durch die Veränderung der Vorschriften für KMU auslösen könnte. Denn möglicherweise treten Nebenwirkungen auf, die zu einer Veränderung der sozialen Gleichgewichte und der Beziehungen zu den Behörden führen können (in puncto Schwarzarbeit, Kenntnis der Steuerdaten, Sozialbeiträge, Ausgestaltung und Art des Arbeitsverhältnisses usw.).

Eine intelligente Regulierung für KMU muss so gestaltet sein, dass die von ihr verursachten externen Effekte wenn nicht null, so doch zumindest nicht negativ sind. Diesbezüglich weist der EWSA die Kommission darauf hin, dass intelligente Regulierung weder die Arbeitnehmerrechte unterminieren noch den Mindestschutz senken sollte, insbesondere in Bezug auf Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (11).

3.3   Der KMU-Anzeiger

3.3.1

Der EWSA begrüßt die Erarbeitung eines jährlichen KMU-Anzeigers. Dieser macht es möglich, spezifische Maßnahmen über den ganzen Gesetzgebungszyklus zu verfolgen. Der EWSA sieht der Anwendung und den Ergebnissen erwartungsvoll entgegen.

3.3.2

Der EWSA ist der Auffassung, dass die Europäische Kommission den KMU-Anzeiger mittels einer zentralen Koordinierungsstelle in enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen Organen und Einrichtungen der EU ständig überwachen sollte. Die Mitgliedstaaten und KMU-Organisationen werden gebeten, sich auch daran zu beteiligen.

3.4   Die Konsultation von KMU verbessern

3.4.1

Der EWSA begrüßt die Tatsache, dass den Interessenvertretern im Rahmen einer Planung der Vorbereitungs- und Konsultationsarbeiten "Fahrpläne" verfügbar gemacht werden, die sie über mögliche Kommissionsinitiativen informieren. Die Konsultationen von Interessenvertretern sollten breit angekündigt werden, damit diese rechtzeitig reagieren können. Sie sollten indes nicht auf Quantität, sondern auf Qualität abzielen und durch empirische Daten untermauert werden, die auf direkten Gesprächen mit Praktikern aus der Wirtschaft, einschließlich Arbeitnehmern, und mit Vertretern der Unternehmensverbände, Besuchen vor Ort oder Anmerkungen der Kleinst- und Kleinunternehmen basieren. Der EWSA erinnert die Kommission daran, dass Fahrpläne immer eine erste grobe Abschätzung der zu erwartenden Kosten enthalten sollten, damit die Akteure einen Qualitätstest der möglichen Auswirkungen vornehmen können. Der Ausschuss weist die Kommission darauf hin, dass eine umfassende Konsultation der Betroffenen von entscheidender Bedeutung ist, um hochwertige Daten erheben und Vorschläge für intelligente Regulierung erarbeiten zu können.

3.4.2

Nach durchgeführter Anhörung werden viele Unternehmensverbände und deren Mitglieder darüber im Unklaren gelassen, ob sich ihr Engagement beim Ausmachen von Schwachstellen und dem Vorschlagen von Lösungsmöglichkeiten gelohnt hat. Der EWSA tritt dafür ein, dass einige dieser Verbände gemäß einem offiziellen Verfahren an den Folgenabschätzungen als externe Sachverständige teilnehmen, um eine zusätzliche Prüfung der Kommissionsvorschläge vorzunehmen. Damit soll sichergestellt werden, dass die unterschiedlichen zur Verfügung stehenden Konzepte auch richtig verstanden wurden.

3.4.3

Der EWSA hat eine relative Zunahme der Zahl der von den Gesetzgebern in den letzten Jahren übertragenen delegierten Rechtsakte festgestellt. Viele der im Zuge delegierter Rechtsakte getroffenen Entscheidungen sind von erheblicher Auswirkung für KMU. Der EWSA ist daher der Auffassung, dass der Bereich der Konsultationen ausgedehnt werden sollte auf einige zentrale delegierte Rechtsakte, die wesentliche wirtschaftliche, umweltspezifische und/oder soziale Auswirkungen für einen spezifischen Sektor oder wichtige Akteure haben.

3.4.4

Der EWSA fordert, bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften einen echten und strukturierten "KMU-Dialog" mit den verschiedenen Beteiligten zu führen. Diese Partnerschaft sollte eine Beteilung aller KMU und ihrer Organisationen gewährleisten, insbesondere der Verbände der Kleinunternehmen, die sich für die Wahrung des Grundsatzes "Vorfahrt für KMU" und des "Einmal"-Prinzips (12) des 'Small Business Acts' einsetzen, um Effizienzziele zu fördern.

3.4.5

Der EWSA unterstützt im Prinzip das Enterprise Europe Network (EEN). Er bedauert, dass es immer noch hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, weil viele europäische KMU nichts von seiner Existenz wissen. Die Dienste des EEN sollten in enger Zusammenarbeit mit KMU-Verbänden auf die tatsächlichen Anforderungen und Bedürfnisse von KMU ausgerichtet sein. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Trägerorganisationen des EEN dabei unterstützt werden sollten, den Bedürfnissen von KMU im Behördenverkehr mehr Mittel zu widmen. Nach Auffassung des EWSA sollte sich diese Unterstützung vor allem auf Kleinstunternehmen konzentrieren, die bei der Bewältigung von Regulierungsfragen von ihrem lokalen EEN-Zentrum direkt konsultiert werden sollten. Die Ergebnisse dieser persönlichen Treffen und die Beiträge der KMU-Verbände sollten von allen Kommissionsdienststellen berücksichtigt werden, um den Grundsatz "Vorfahrt für KMU" Wirklichkeit werden zu lassen.

3.4.6

Der EWSA begrüßt die Verlängerung des Mandats der Hochrangigen Gruppe unabhängiger Interessenträger im Bereich Verwaltungslasten (13) (der sogen. Stoiber-Gruppe). Der EWSA würde es insbesondere begrüßen, wenn der Gruppe eine neue zentrale Rolle der Unterstützung der Kommission bei der Erarbeitung, Überwachung und Umsetzung von Maßnahmen für Kleinst- und Kleinunternehmen in enger Zusammenarbeit mit KMU-Organisationen und Gewerkschaften zugewiesen würde.

3.4.7

Der EWSA nimmt die Ergebnisse der Top-10-Konsultationen zu bürokratischen Formalitäten, die KMU den größten Aufwand bescheren (14), zur Kenntnis. Er fordert die Kommission auf, auf diese Ergebnisse so rasch wie möglich mit der Veröffentlichung spezifischer Vereinfachungsvorschläge zu reagieren.

3.5   Die Bedürfnisse von KMU berücksichtigen

3.5.1

Der EWSA unterstützt einen regulatorischen Leistungstest für KMU-Politik (15) (das sogenannte "REFIT-Programm"). Der EWSA erwartet die Ergebnisse der Pilotbewertungen (16) mit Spannung und legt der Kommission nahe, weitere Leistungstests in ihrem Programm 2014 für Schlüsselbereiche vorzusehen, die nach Auffassung des EWSA für die Wachstumsbelebung und die Schaffung von Arbeitsplätzen von zentraler Bedeutung sind. Die Kommission wird gebeten, auf ihrer Website sämtliche für KMU durchgeführte oder geplante Leistungstests zu veröffentlichen.

3.5.2

Der EWSA schlägt auch vor, einen umfassenden Leistungstest der EU-Rechtsvorschriften, die Unternehmen beim Handel mit Drittstaaten zu berücksichtigen haben, durchzuführen. Der EWSA hält den Verwaltungsaufwand solcher Rechtsvorschriften für hoch. Ein solcher Test könnte ein wichtiger Beitrag für die EU-Agenda in den Bereichen intelligente Regulierung, Wachstum und Handel darstellen.

3.5.3

Der EWSA fordert die Kommission auf, mithilfe des REFIT-Programms zu ermitteln, welche geltenden Regelungen und anhängigen Vorschläge mittlerweile nutzlos geworden sind, ihre Rücknahme vorschlagen, und die Konsolidierung der geltenden Rechtsvorschriften im Rahmen ihrer Vereinfachungsbemühungen vorantreiben. Es wird empfohlen, dass alle Reduktionsziele messbar sein müssen und auf spürbare Erleichterungen für die Unternehmen abzuzielen haben.

3.5.4

Nach Dafürhalten des EWSA sollte von der Kommission bei der Erarbeitung KMU-spezifischer Vorschriften eine gezieltere Wahl der Rechtsinstrumente einschließlich der Verfahren der Selbst- und Koregulierung (17) erfolgen.

3.6   Hin zu einer besseren Steuerung und zu Koordinierungsverfahren in der KMU-Politik

3.6.1

Der EWSA weist darauf hin, dass alle am politischen Gestaltungsprozess der EU Beteiligten – sowohl auf Ebene der Union als auch der Mitgliedstaaten – gemeinsam für intelligente Regulierung verantwortlich sind.

3.6.2

Auf europäischer Ebene:

Der Ausschuss hält es für sinnvoll, dass sich die Kommission dafür einsetzt, die Verwaltungskosten für Unternehmen in ihren Legislativvorschlägen so gering wie möglich zu halten. Der Rat und das Parlament sollten analoge Anstrengungen unternehmen, um den Verwaltungsaufwand für die Unternehmen zu senken bzw. auf dem im Kommissionsvorschlag vorgesehenen Niveau zu beschränken.

Sollten der Rat und das Parlament dieses Niveau überschreiten, sollten sie gehalten sein, diese Entscheidungen zu begründen. Der EWSA fordert das Parlament und den Rat daher auf, sich ferner dafür einzusetzen, bei ggf. erforderlichen wesentlichen Abänderungen der Kommissionsvorschläge möglichst Folgenabschätzungen durchzuführen.

3.6.3

Auf Ebene der Mitgliedstaaten:

Der EWSA ist der Auffassung, dass der Grundsatz der intelligenten Regulierung nur funktioniert, wenn es auch eine intelligente Umsetzung gibt. Der Ausschuss fordert die Mitgliedstaaten auf, eine Unterminierung der auf EU-Ebene ergriffenen Vereinfachungsmaßnahmen bei der Umsetzung in einzelstaatliches Recht zu vermeiden. Dieses "Goldplating" behindert eindeutig die Entwicklung der Unternehmen. Der Ausschuss empfiehlt deshalb spezifische Schulungen für Politiker, Ministerialbeamte und andere, an der Umsetzung von Legislativmaßnahmen in nationales Recht beteiligte Personen.

Dies schließt jedoch nicht aus, dass die Mitgliedstaaten höhere Standards festlegen können, wenn sie dies wünschen.

Der EWSA fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten mittels Tagungen und Workshops mit den Behörden im Sinne eines reibungslosen Umsetzungsprozesses zu unterstützen. Nach Dafürhalten des EWSA sollte die Kommission die Weiterverfolgung der Umsetzung in enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen Generaldirektionen und den Mitgliedstaaten sorgfältig koordinieren.

Der EWSA rät der Kommission und den Mitgliedstaaten, enger zusammenzuarbeiten und Beispiele für bewährte Verfahren der Folgenabschätzung auszutauschen, um vergleichbare, transparente und flexible Methoden zu entwickeln. Die Mitgliedstaaten werden auch aufgefordert, den Austausch bewährter Verfahren für die Vereinfachung der Vorschriften für KMU (18) zu verstärken (z.B. Lösungen im Rahmen elektronischer Behördendienste für Unternehmen, damit sie den Regeln entsprechen und diese verstehen können (19).

Brüssel, den 11. Juli 2013

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Henri MALOSSE


(1)  http://ec.europa.eu/dgs/secretariat_general/simplification/sme/sme_en.htm.

(2)  Siehe Ronny LANNOO, Stellungnahme zu dem Thema "Überprüfung des 'Small Business Act' ", ABl. C 376 vom 22.12.2011, S. 51.

(3)  http://ec.europa.eu/governance/better_regulation/documents/1_EN_ACT_part1_v8.pdf.

(4)  http://ec.europa.eu/governance/better_regulation/documents/1_EN_ACT_part1_v4.pdf.

(5)  Siehe Stellungnahme zum Thema "Intelligente Regulierung", Berichterstatter: Jorge PEGADO LIZ, ABl. C 248 vom 25.8.2011, S. 87.

(6)  Siehe Initiativstellungnahme zum Thema "Unterschiedliche Unternehmensformen", Berichterstatter: Miguel Ángel CABRA DE LUNA (ABl. C 318 vom 23.12.2009, S. 22). Bsp.: Die Gruppe der freien Berufe, die im Interesse der Kunden und der Öffentlichkeit strengen Berufsregelungen unterliegen.

(7)  Siehe Stellungnahme zum Thema "Intelligente Regulierung", Berichterstatter: Jorge PEGADO LIZ, Ziffer 4 A (ABl. C 248 vom 25.8.2011, S. 87).

(8)  Die unlängst erarbeitete Folgenabschätzung zum Paket Verkehrssicherheit umfasst 102 Seiten, die zum Datenschutz sogar 241 Seiten.

(9)  Siehe Stellungnahme zum Thema "Intelligente Regulierung", Berichterstatter: Jorge PEGADO LIZ, Ziffer 4 B (ABl. C 248 vom 25.8.2011, S. 87).

(10)  BEUC – Intelligente Regulierung – Antwort auf die Befragung von Interessenträgern. http://ec.europa.eu/governance/better_regulation/smart_regulation/consultation_2012/docs/registered_organisations/beuc_en.pdf.

(11)  http://www.etuc.org/IMG/pdf/our_priorities_soc_dial_in_smes.pdf.

(12)  Ebenda, Ziffer 2.

(13)  http://ec.europa.eu/dgs/secretariat_general/admin_burden/ind_stakeholders/ind_stakeholders_en.htm.

(14)  http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-13-168_en.htm?locale=FR.

(15)  http://ec.europa.eu/governance/better_regulation/documents/com_2013_de.pdf.

(16)  http://ec.europa.eu/dgs/secretariat_general/evaluation/docs/fitness_check_en.pdf.

(17)  http://www.eesc.europa.eu/?i=portal.en.self-and-co-regulation.

(18)  http://ec.europa.eu/dgs/secretariat_general/admin_burden/best_practice_report/best_practice_report_en.htm.

Siehe folgendes Beispiel: http://wwww.bru.gov.mt/15-6-reduction-in-administrative-burden-registered_news-posted-on-17th-december-2012. In Malta wurde im Frühjahr 2006 die Stabsstelle "Better Regulation Unit" (BRU) eingerichtet im Anschluss an die von der nationalen Regierung eingegangenen Verpflichtung, ein der besseren Rechtsetzung zuträgliches Umfeld zu schaffen.

(19)  http://www.irma-international.org/viewtitle/21237/ Ron Craig, "E-government and SMEs" (Elektronische Behördendienste und KMU).