52012DC0342

MITTEILUNG DER KOMMISSION Gemeinsame Grundsätze für nationale fiskalpolitische Korrekturmechanismen /* COM/2012/0342 final */


MITTEILUNG DER KOMMISSION

Gemeinsame Grundsätze für nationale fiskalpolitische Korrekturmechanismen

Hintergrund

Laut dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sind die Mitgliedstaaten gehalten, ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse zu betrachten und ihre Haushaltspolitik am Ziel gesunder öffentlicher Finanzen auszurichten.

Die weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrisen haben einige Schwächen der wirtschafts- und haushaltspolitischen Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion zum Vorschein gebracht. Ein neues Reformpaket  – der so genannte „Six-Pack“ – wurde bereits verabschiedet und ist vergangenen Dezember in Kraft getreten. Mit dem anhaltend schwierigen Bedingungen ist deutlich geworden, welches Ausmaß und welche möglichen Folgen Übertragungseffekte zwischen Ländern des Euroraums im Hinblick auf die Wirtschafts- und Haushaltslage haben können.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission am 23. November 2011 – zusätzlich zu einem Grünbuch über Euro-Stabilitäts-Anleihen – zwei weitere Rechtsakte zur Stärkung der Überwachungsmechanismen im Euroraum vorgeschlagen. Dieser „Two-Pack“ umfasst zwei Vorschläge für:

eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung von Haushaltsplanentwürfen und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet; eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten, die im Euro-Währungsgebiet von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität betroffen oder bedroht sind.

Aufbauend auf diesen Elementen und im Interesse einer Stärkung der Stabilität des gesamten Euroraums enthält der Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (VSKS), der am 2. März 2012 von 25 Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde, einen Fiskalpakt (Titel III). Die darin enthaltenen Verpflichtungen sollen innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten in den Rechtsrahmen der EU überführt werden.

Die Vertragsparteien werden im Rahmen des Fiskalpakts in ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften Bestimmungen über einen Korrekturmechanismus aufnehmen, der automatisch ausgelöst wird, wenn erhebliche Abweichungen vom mittelfristigen Ziel oder dem dorthin führenden Anpassungspfad eintreten (Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe e und Absatz 2).

Laut Artikel 3 Absatz 2 VSKS stützen sich die Vertragsparteien bei der Einrichtung der Korrekturmechanismen „auf gemeinsame, von der Europäischen Kommission vorzuschlagende Grundsätze, die insbesondere die Art, den Umfang und den zeitlichen Rahmen der – auch unter außergewöhnlichen Umständen – zu treffenden Korrekturmaßnahmen sowie die Rolle und Unabhängigkeit der auf nationaler Ebene für die Überwachung der Einhaltung der […] Regelungen zuständigen Institutionen betreffen“.

Die vorliegende Mitteilung wird im Rahmen der Umsetzung des VSKS im allgemeinen Interesse der Union und im Interesse einer ordnungsgemäßen Funktionsweise der Wirtschafts- und Währungsunion verabschiedet.

Diese Mitteilung enthält gemeinsame Grundsätze für die nationalen Korrekturmechanismen. Die sieben Grundsätze können dem Anhang entnommen werden. Sie erfassen die zentralen Aspekte, die bei der Einrichtung der Korrekturmechanismen zu berücksichtigen sind, einschließlich deren Rechtsstatus, der Vereinbarkeit mit dem EU-Rahmen, der Auslösung des Mechanismus, der Art der Korrekturmaßnahmen im Hinblick auf Umfang und zeitlichen Rahmen, der operativen Instrumente, der Funktionsweise möglicher Ausweichklauseln und der Rolle und Unabhängigkeit der für die Überwachung zuständigen Institutionen.

In Artikel 3 VSKS wird die Kommission aufgefordert, unter Berücksichtigung der länderspezifischen Risiken für die langfristige Tragfähigkeit einen zeitlichen Rahmen für eine rasche Annäherung der Vertragsparteien an ihr mittelfristiges Ziel vorzuschlagen. Diesen zeitlichen Rahmen wird die Kommission noch im Laufe dieses Jahres vorlegen. Die von den Mitgliedstaaten in der letzten Aktualisierung des Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramms mitgeteilten Konsolidierungspläne bieten sich als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Geschwindigkeit an, mit der die Annäherung an das mittelfristige Ziel erfolgen soll. Diese Konsolidierungspläne müssten vor dem Hintergrund der Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts neu bewertet werden, einschließlich einer Prüfung der Angemessenheit der mittelfristigen Ziele und der Grundsätze für die Ausstiegsstrategie vor dem Hintergrund der makroökonomischen Aussichten, wobei insbesondere die unterschiedliche fiskalische Anfälligkeit berücksichtigt werden muss.

1. Rechtsstatus der Bestimmungen über die Korrekturmechanismen und Bezug zum EU-Rahmen

Dem VSKS zufolge werden die Korrekturmechanismen im einzelstaatlichen Recht wirksam „in Form von Bestimmungen, die verbindlicher und dauerhafter Art sind, vorzugsweise mit Verfassungsrang, oder deren vollständige Einhaltung und Befolgung im gesamten nationalen Haushaltsverfahren auf andere Weise garantiert ist“. Deshalb sollte durch den Rechtsstatus der Korrekturmechanismen gewährleistet sein, dass ihre Bestimmungen nicht einfach per Haushaltsgesetz geändert werden können. Gleichzeitig wird im VSKS (und in Grundsatz 1) eindeutig festgelegt, dass die Korrekturmechanismen „uneingeschränkt die Vorrechte der nationalen Parlamente“ wahren müssen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die fiskalpolitischen Bestimmungen wirksam in die nationale Haushaltspolitik einfließen können, ohne die grundlegenden Rechte der Parlamente einzuschränken.

Grundsatz 2 fordert die Vereinbarkeit der nationalen Korrekturmechanismen mit den Haushaltsbestimmungen der EU. Die Anforderungen des Fiskalpakts sind Teil einer breiter angelegten Strategie, die bereits mit der jüngsten Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts („Six-Pack“) eingeleitet wurde, und binden die Mitgliedstaaten stärker in den Überwachungsrahmen der Union ein. Folglich wird im VSKS selbst auf bereits bestehende Elemente der Haushaltsüberwachung verwiesen wie das „mittelfristige Ziel“ und den „dorthin führenden Anpassungspfad“, „erhebliche Abweichungen“ und „außergewöhnliche Umstände“. Laut Grundsatz 2 sollen sich die nationalen Mechanismen eng an EU-Konzepte und –Bestimmungen anlehnen, auch wenn bei der Festlegung der Methodik ein gewisses Maß an Flexibilität möglich ist, um länderspezifischen Merkmalen Rechnung tragen zu können.

2. Inhalt der Korrekturmechanismen: Auslösung, Art der Korrekturmaßnahmen, operative Instrumente, Ausweichklauseln

Gemäß Grundsatz 3 sollten die Korrekturmechanismen ausgelöst werden, wenn genau beschriebene Bedingungen eintreten, die auf erhebliche Abweichungen vom mittelfristigen Ziel oder dem dorthin führenden Anpassungspfad schließen lassen. Deshalb werden Bestimmungen benötigt, die im Voraus die Kriterien festlegen, anhand deren bewertet wird, ob erhebliche Abweichungen vorliegen. Grundsatz 3 erkennt an, dass die Vertragsparteien vorbehaltlich dieser Bedingungen unterschiedliche Mechanismen und Kriterien anwenden können. So können sich die Auslösemomente auf EU-Kriterien, länderspezifische Kriterien oder auf beides stützen: Ein Beschluss auf EU-Ebene, durch den erhebliche Abweichungen festgestellt werden, wäre ein natürliches Auslösemoment für Korrekturmechanismen. Gleichzeitig könnten auch länderspezifische Kriterien als Auslösemoment dienen, sofern sie am Konzept der erheblichen Abweichung ausgerichtet sind, und hätten darüber hinaus möglicherweise den Vorteil, dass sie früher greifen.

Die Art der Korrekturmaßnahmen im Hinblick auf Umfang und zeitlichen Rahmen ist Gegenstand von Grundsatz 4. Der vorgeschlagene Grundsatz bietet eine konkrete praktische Hilfestellung, ohne ein übermäßig starres Verfahren aufzuerlegen.

Grundsatz 4 umfasst deshalb fünf Teilgrundsätze:

-    Erstens wird gefordert, dass im Voraus festgelegte Bestimmungen Umfang und zeitlichen Rahmen der Korrekturmaßnahmen vorgeben, so dass der Ermessensspielraum bei der Gestaltung der Reaktion auf erhebliche Haushaltsabweichungen zwar nicht völlig aufgehoben, aber doch eingeschränkt wird.

-    Zweitens sollten umfangreichere Abweichungen auch umfangreichere Korrekturmaßnahmen auslösen, wobei der Vernunft halber stets Verhältnismäßigkeit gewahrt sein muss.

-    Drittens wäre der Referenzpunkt für die Festlegung der erforderlichen Korrektur die Einhaltung des mittelfristigen Ziels bzw. des dorthin führenden Anpassungspfads, womit der Geist des Fiskalpakts wiedergegeben wird, dessen Kernziele die Einhaltung des mittelfristigen Ziels bzw. des dorthin führenden Anpassungspfads sind. Konkret würde von einem Mitgliedstaat, der sich auf seinem Anpassungspfad befindet und von diesem abweicht, erwartet, dass er am zeitlichen Rahmen für die Rückkehr zum mittelfristigen Ziel festhält. Von einem Mitgliedstaat, der das mittelfristige Ziel zunächst erfüllt und dann von diesem abweicht, würde erwartet, dass er das mittelfristige Ziel so schnell wie realistischerweise möglich, im Allgemeinen im unmittelbar auf die Abweichung folgenden Jahr oder im Jahr darauf, wieder erfüllt. Dies dient als Referenzszenario und schließt – je nach Umständen – ein gewisses Maß an Flexibilität jedoch nicht völlig aus.

-    Viertens sollten die Korrekturmechanismen dem Haushaltsrahmen kritische Stabilitätselemente hinzufügen, um das bei Zielverfehlungen typische „Phänomen des beweglichen Ziels“ zu vermeiden. Deshalb sollten die Korrekturmechanismen gewährleisten, dass wesentliche Haushaltsziele, die vor der erheblichen Abweichung festgelegt wurden, eingehalten werden.

-    Fünftens müsste bei Beginn der Korrektur ein Plan für Abhilfemaßnahmen verabschiedet werden, der für die nachfolgenden Haushaltsgesetze des Korrekturzeitraums verbindlich ist und dadurch die Mechanismen glaubwürdiger macht.

Ein wichtiger Aspekt bei der Ausarbeitung der Korrekturmechanismen ist deren operativer Ablauf. Grundsatz 5 erkennt an, dass Bestimmungen über die öffentlichen Ausgaben und diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielen können, wobei zu berücksichtigen ist, dass diese Aggregate die diskretionären Entscheidungen der Haushaltsbehörden unmittelbarer widerspiegeln als Haushaltsergebnisse oder konjunkturbereinigte Haushaltssalden. Ein weiteres wichtiges Element, dem Mitgliedstaaten bei der Gestaltung ihrer Systeme Rechnung tragen sollten, ist die Koordinierung einiger oder aller Teilsektoren des Gesamtstaats bei Maßnahmen zur Behebung erheblicher Haushaltsabweichungen, um die Glaubwürdigkeit ihrer Mechanismen zu stärken. Solche Koordinierungsmechanismen müssen nicht zwangsläufig darauf hinauslaufen, dass im Voraus festgelegt wird, welche Belastung der Zentralstaat und die Ebenen darunter jeweils tragen müssen. Allerdings sollte ausreichend gut abgesichert sein, dass die Erfüllung der gesamtstaatlichen Haushaltsziele, für die der Zentralstaat gegenüber der EU-Ebene verantwortlich ist, nicht durch das Verhalten von Teilsektoren des Gesamtstaats in Gefahr gebracht wird.

Die Erkenntnis, dass Haushaltsregeln auch der Möglichkeit außergewöhnlich ungünstiger Umstände Rechnung tragen sollten, hat schon lange Eingang in den Überwachungsrahmen der EU gefunden und wird auch im VSKS anerkannt. Laut Grundsatz 6 sollten Ausweichklauseln eng auf Prinzipien abgestimmt sein, auf die man sich auf EU-Ebene geeinigt hat, um Kohärenz zu gewährleisten und zu vermeiden, dass der Begriff der „außergewöhnlichen Umstände“ allzu großzügig ausgelegt wird. Ferner wird gefordert, dass die im Rahmen einer Ausweichklausel mögliche Aussetzung der Korrekturmechanismen befristet ist und nach Beendigung der betreffenden Ausweichklausel im Einklang mit den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts ein bestimmtes Mindesttempo für die Anpassung vorgeschrieben wird. Zudem würde nach Beendigung der Ausweichklausel die Erstellung eines Plans für Abhilfemaßnahmen erwartet, der für die nachfolgenden Haushaltsgesetze verbindlich ist.

3. Rolle und Unabhängigkeit der für die Überwachung zuständigen Institutionen

Während die Befolgung der Korrekturmechanismen in erster Linie durch die Haushaltsbehörden sicherzustellen ist, spielen laut dem letzten vorgeschlagenen Grundsatz (Grundsatz 7) nationale für die Überwachung zuständige Institutionen eine Schlüsselrolle für Glaubwürdigkeit und Transparenz. Diese sollen bewerten, wie die Korrekturmechanismen in den verschiedenen Phasen der Auslösung und Umsetzung gemäß den nationalen Vorschriften funktionieren, wobei auch der mögliche Rückgriff auf Ausweichklauseln zu berücksichtigen ist.

Eine Vorgehensweise, bei der die Empfehlungen dieser Institutionen entweder befolgt werden oder der betreffende Mitgliedstaat Abweichungen davon erklären muss, würde gewährleisten, dass die Bewertungen nicht einfach ignoriert würden; die Befugnisse der Haushaltsbehörden zur politischen Gestaltung blieben jedoch unberührt.

Unabhängigkeit und funktionale Autonomie dieser Stellen sind fundamentale Voraussetzungen dafür, dass sie eine wirksame Rolle im nationalen fiskalpolitischen Gefüge spielen können. Grundsatz 7 enthält mehrere Bestimmungen in diesem Sinne. Um die für die Überwachung zuständigen Institutionen stärker einzubinden, sollten diese erstens so konzipiert werden, dass sie dem bereits bestehenden institutionellen Rahmen und der länderspezifischen Verwaltungsstruktur angepasst sind. Zweitens werden mehrere Kriterien formuliert, die auf ein hohes Maß an funktionaler Autonomie abheben. Status, Auftrag und Rechenschaftspflicht der betreffenden Stellen sollten in Rechtsvorschriften festgelegt werden. Zudem sollten im Hinblick auf die Besetzung der Stellen, eine angemessene Ressourcenausstattung und den Zugang zu Informationen starke Sicherheitsklauseln vorgesehen werden. Dies sind nötige Voraussetzungen dafür, dass die für die Überwachung zuständigen Institutionen wirksam arbeiten und die Glaubwürdigkeit und Transparenz der Mechanismen gewährleisten können. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass eine ungehinderte Kommunikation mit der Öffentlichkeit möglich ist.

ANHANG

Gemeinsame Grundsätze für nationale fiskalpolitische Korrekturmechanismen

1) [Rechtsstatus] Die Korrekturmechanismen werden im einzelstaatlichen Recht in Form von Bestimmungen verankert, die verbindlicher und dauerhafter Art sind, vorzugsweise mit Verfassungsrang, oder deren vollständige Einhaltung und Befolgung im gesamten nationalen Haushaltsverfahren auf andere Weise garantiert ist. Die Korrekturmechanismen werden die Vorrechte der nationalen Parlamente uneingeschränkt wahren.

2) [Vereinbarkeit mit dem EU-Rahmen] Die nationalen Korrekturmechanismen werden eng auf die haushaltspolitischen Konzepte und Rahmenbestimmungen der EU abgestimmt. Dies gilt insbesondere für den Begriff der „erheblichen Abweichung“ und die Formulierung möglicher Ausweichklauseln. Die Korrekturmaßnahmen müssen hinsichtlich ihres Umfangs und zeitlichen Rahmens mit möglichen Empfehlungen, die im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtet werden, vereinbar sein.

3) [Auslösung] Der Korrekturmechanismus wird unter genau definierten Bedingungen, die eine erhebliche Abweichung vom mittelfristigen Ziel oder dem dorthin führenden Anpassungspfad anzeigen, ausgelöst. Die Auslösemomente können sich vorbehaltlich der oben genannten Bedingung auf EU-orientierte oder auf länderspezifische Kriterien stützen. Vorbehaltlich derselben Bedingung können sowohl Ex-ante-Mechanismen, durch die Haushaltsziele festgelegt werden, die Abweichungen verhindern, als auch Ex-post-Mechanismen, die Maßnahmen zur Korrektur eingetretener Abweichungen auslösen, die Anforderungen erfüllen.

4) [Art der Korrekturmaßnahmen] Umfang und zeitlicher Rahmen der Korrekturmaßnahmen unterliegen im Voraus festgelegten Bestimmungen. Umfangreichere Abweichungen vom mittelfristigen Ziel oder dem dorthin führenden Anpassungspfad erfordern umfangreichere Korrekturmaßnahmen. Der Korrekturmechanismus orientiert sich am Referenzpunkt der Wiederherstellung eines strukturellen Saldos, der innerhalb der geplanten Frist die Vorgaben des mittelfristigen Ziels erfüllt oder übertrifft und in der Nachfolge erhalten wird. Der Korrekturmechanismus gewährleistet die Erfüllung kritischer, vor Eintreten der erheblichen Abweichung festgelegter Haushaltsziele, um jegliche dauerhafte Abweichung von den vor Eintreten der erheblichen Abweichung geplanten finanzpolitischen Gesamtzielen zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten verabschieden bei Beginn der Korrektur einen Plan für Abhilfemaßnahmen, der für die Haushaltsgesetze des Korrekturzeitraums verbindlich ist.

5) [Operative Instrumente] Der Korrekturmechanismus kann Bestimmungen über die öffentlichen Ausgaben und diskretionäre steuerliche Maßnahmen – auch bei der Auslösung des Mechanismus und der Durchführung der Korrektur – eine zentrale operative Rolle verleihen, soweit diese Bestimmungen mit der Erreichung des mittelfristigen Ziels und dem dorthin führenden Anpassungspfad vereinbar sind. Bei der Gestaltung des Korrekturmechanismus werden auch Bestimmungen erwogen, die bei Auslösung des Mechanismus die Koordinierung einiger oder aller Teilsektoren des Gesamtstaats gewährleisten.

6) [Ausweichklauseln] Bei der Formulierung möglicher Ausweichklauseln ist dem im Stabilitäts- und Wachstumspakt definierten Begriff der „außergewöhnlichen Umstände“ Rechnung zu tragen. Darunter sind ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Lage der öffentlichen Finanzen hat, oder ein – auch auf Ebene des Euroraums einsetzender – schwerer Konjunkturabschwung im Sinne des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu verstehen. Eine Aussetzung des Korrekturmechanismus im Rahmen einer Ausweichklausel muss befristet sein. Im Korrekturmechanismus wird für die Zeit nach Ablauf der Ausweichklausel eine bestimmte Mindestgeschwindigkeit der strukturellen Anpassung vorgeschrieben, wobei die Anforderung des Stabilitäts- und Wachstumspakts als untere Grenze gilt. Die Mitgliedstaaten verabschieden bei Ausstieg aus der Ausweichklausel einen Plan für Abhilfemaßnahmen, der für die Haushaltsgesetze des Korrekturzeitraums verbindlich ist.

7) [Rolle und Unabhängigkeit der für die Überwachung zuständigen Institutionen] Wenn die Überwachung durch unabhängige oder funktional autonome Stellen erfolgt, so kommt dies der Glaubwürdigkeit und Transparenz der Korrekturmechanismen zugute. Diese Institutionen würden öffentlich zugängliche Bewertungen liefern über: das Eintreten von Umständen, die die Auslösung des Korrekturmechanismus rechtfertigen; über die Fortschritte der Korrektur gemäß den nationalen Vorschriften und Plänen; über das Eintreten von Umständen, die Ausweichklauseln auslösen, verlängern oder beenden. Der betreffende Mitgliedstaat ist verpflichtet, entweder den Bewertungen dieser Stellen Folge zu leisten oder öffentlich zu erklären, warum er dies nicht tut. Bei der Gestaltung der oben genannten Stellen wird dem bereits bestehenden institutionellen Rahmen und der länderspezifischen Verwaltungsstruktur Rechnung getragen. Für die oben genannten Stellen werden nationale Rechtsvorschriften erlassen, die ihnen ein hohes Maß an funktionaler Autonomie gewähren, einschließlich i) eines gesetzlich verankerten Status, ii) der Freiheit von Einflussnahme, d. h. die Stellen nehmen keine Anweisungen entgegen und haben die Möglichkeit, öffentlich und zeitnah zu kommunizieren, iii) Benennungsverfahren, die an Erfahrung und Kompetenz ausgerichtet sind, iv) angemessener Ressourcen und eines zur Erfüllung ihres Auftrags angemessenen Zugangs zu Informationen.