13.9.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 277/137


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung 1364/2006/EG

2012/C 277/13

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

betont, dass im Hoch- und Höchstspannungsbereich die Herausforderung besteht, den regenerativen Strom von Offshore- und Onshore-Standorten kostengünstig und effizient zu den Regionen mit dem höchsten Energiebedarf zu bringen, während im Nieder- und Mittelspannungsbereich die infrastrukturellen Voraussetzungen für eine Vielzahl neuer dezentraler Einspeiser geschaffen werden müssen;

unterstreicht die Notwendigkeit, ein unmissverständliches politisches Signal der Kommission an die Mitgliedstaaten, die Wirtschaft und den Bankensektor und die Partnern in aller Welt zu senden, dass der eingeschlagene Weg zu mehr erneuerbaren Anteilen am Energiemix der Zukunft unumkehrbar ist und sich insbesondere auch für privates Investitionsengagement lohnt;

betont, dass für die Erreichung der 2020-Ziele der EU, wie bereits in den früheren Stellungnahmen des AdR (CdR 160/2008 fin, CdR 8/2009 fin, CdR 244/2010 fin, CdR 312/2010 fin, CdR 7/2011 fin und CdR 104/2011 fin) gefordert, der Ausbau von intelligenten Netzen auf lokaler und regionaler Ebene stärker gefördert werden sollten. Die Endverbraucherpreise müssen im Rahmen eines computergestützten Lastmanagements erzeugungs- und nachfrageabhängig gestaltet werden, damit der sparsame Energieverbrauch angereizt und die dezentrale Energieerzeugung mit dem dezentralen Energieverbrauch besser in Übereinstimmung gebracht wird;

fordert zu prüfen, ob nicht der Entwurf von weniger detaillierten Leitlinien zur Orientierung der nationalen Entscheidungsträger als milderes Mittel geeigneter wäre. Die Kommission würde damit den Mitgliedstaaten einen möglichst breiten Entscheidungsraum bei der konkreten Einbindung der bereits vorhandenen Strukturen einräumen. Das betrifft die möglicherweise föderal strukturierten Raumordnungs-, Planfeststellungs- und Bewilligungsbehörden der Mitgliedstaaten ebenso wie die bereits existierenden regionalen Gruppen aus dem 3. Binnenmarktpaket. Grundsätzlich sollte die Beauftragung von bereits erfolgreich tätigen Institutionen Priorität gegenüber der Schaffung neuer Strukturen haben.

Berichterstatter

Heinz LEHMANN (DE/EVP), Mitglied des Sächsischen Landtages

Referenzdokument

Vorschlag für eine Verordnung zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG

COM(2011) 658 final – 2011/0300 (COD)

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt, dass die Verordnung auf die vollständige Integration des Energiebinnenmarktes zielt, mit der sichergestellt werden soll, dass kein Mitgliedstaat und keine Region vom europäischen Netz isoliert ist, die Versorgungssicherheit und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten gewährleistet und die Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung und des Umweltschutzes eingehalten werden. Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass bis zum Jahr 2020 die Treibhausgasemissionen um 20 % verringert, die Energieeffizienz um 20 % verbessert und der Anteil der erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch um 20 % erhöht werden können;

2.

betont die entscheidende Bedeutung dieser Initiative, die sicherstellen soll, dass die Versorgungssicherheit unter Nutzung sämtlicher technischer Möglichkeiten (insbesondere Ausbau der Transport- und Verteilungssysteme) sowie aller derzeit und in Zukunft verfügbarer Energieträger gewährleistet ist, wobei die bestehenden Fördermöglichkeiten auszuschöpfen sind;

3.

erwartet, dass dieser Vorschlag einen Beitrag zu intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum leistet und in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit sowie die wirtschaftliche, soziale und territoriale Kohäsion für die gesamte Europäische Union entscheidende Vorteile bringt;

4.

begrüßt, dass zur rascheren Erreichung der Infrastrukturziele für den Zeitraum bis 2020 und danach eine begrenzte Anzahl vorrangiger transeuropäischer Korridore und Gebiete für die Strom- und Gasnetze wie auch für die Transportinfrastruktur für Erdöl, Erdgas, Kohlendioxyd und Biomethan (gereinigtes Biogas aus der Biogasherstellung) ausgewiesen wird, bei denen ein Handeln der EU am stärksten gerechtfertigt ist. Durch die Straffung und Verkürzung der Genehmigungsverfahren, die Verbesserung der Akzeptanz durch die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, die Erleichterungen bei der Regulierung der Vorhaben, die faire nutzenabhängige Verteilung der Kosten, welche Erträge und Risiken in Einklang bringt, und die Bereitstellung der notwendigen marktbasierten und direkten finanziellen Unterstützung durch die EU wird ein nachhaltiger Beitrag zur Beschleunigung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse geleistet;

5.

gibt zu bedenken, dass das gemeinsame europäische Energienetz höheren Sicherheitsstandards genügen muss. Insbesondere muss ausgeschlossen werden, dass Cyberattacken oder physische Angriffe die Versorgungssicherheit in Europa gefährden und sich negativ auf die wirtschaftliche Leistungskraft der Mitgliedstaaten auswirken;

A.    Ausgangssituation

6.

stellt fest, dass jeder Mitgliedstaat der EU gegenwärtig über einen Energiemix verfügt, der durch die geografischen, geologischen, technischen und energiepolitischen Gegebenheiten und den nationalen Bedarf bestimmt ist. Er besteht aus einem Grundlastbereich, der sich bisher vor allem aus fossilen, nuklearen und zum Teil erneuerbaren Energieträgern (Wasserkraft, feste Biomasse) speist, und einer Schwankungslast, die sich aus bestimmten flexiblen Fossilbrennstoffquellen und einem bestimmten Anteil aus erneuerbaren Quellen je nach Wetterbedingungen zusammensetzt, der gegenwärtig noch Schwankungen unterliegt. Zur Erreichung der vereinbarten Klimaziele müssen vor allem die Energieeffizienz verbessert, der Verbrauch an thermischer Energie und Treibstoffen (ohne Berücksichtigung der primären Kraftstoffe in den Bilanzen) gesenkt und der erneuerbare Anteil an der Gesamtenergieproduktion angehoben werden. Die sich daraus ergebenden natürlichen Schwankungen müssen durch eine Reihe von Maßnahmen wie zum Beispiel die Modernisierung der Bestandskraftwerke, durch den Neubau hochflexibler Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme- Kopplung, durch die Erweiterung der Pumpspeicherkapazitäten oder anderer Speichertechnologien sowie durch die Qualifizierung und den Ausbau der vorhandenen Übertragungs- und Verteilungssysteme ausgeglichen werden. Betroffen vom Modernisierungsbedarf sind alle Ebenen der Netzstruktur. Während im Nieder- und Mittelspannungsbereich die infrastrukturellen Voraussetzungen für eine Vielzahl neuer dezentraler Einspeiser geschaffen werden müssen, besteht im Hoch- und Höchstspannungsbereich die Herausforderung, den regenerativen Strom von Offshore- und Onshore-Standorten kostengünstig und effizient zu den Regionen mit dem höchsten Energiebedarf zu bringen;

7.

betont, dass zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit der Mitgliedstaaten eine Lösung zu wählen ist, die auf der Modernisierung, der Weiternutzung sowie dem Ausbau bereits kommerziell genutzter konventioneller und alternativer Energiequellen beruht, da diese u.a. auf der lokalen und nationalen Ebene entscheidend zur stabilen Funktionsweise der Stromerzeugungssysteme beitragen;

8.

bekräftigt, dass die Erprobung leistungsfähigerer Übertragungs- und Speichertechnologien, der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien sowie die Förderung der Aufstellung kommunaler und regionaler Energiepläne hier im Zentrum der Überlegungen stehen müssen;

9.

stellt fest, dass auch Erdgas in den kommenden Jahrzehnten in Europa eine wichtige Rolle beim Ausgleich von Stromerzeugungsschwankungen spielen kann. Dazu müssen Gasimporte diversifiziert, die Produktion von Gas in den EU-Mitgliedstaaten aus konventionellen und nichtkonventionellen Lagerstätten und die Produktion von in Biogaskraftwerken hergestelltem Biomethan (gereinigtem Biogas) ausgebaut, Gasnetze durch Fernleitungen ergänzt und größere Speicherkapazitäten geschaffen werden. Grundlage für den Betrieb der zusätzlichen Gaskraftwerke für die Regelenergie ist die Ertüchtigung der entsprechenden Gasleitungsinfrastruktur in Mitgliedstaaten, in denen Erdgas ein wichtiger Energieträger ist;

10.

erkennt an, dass auch in überschaubarer Zukunft ein Anteil fossiler Brennstoffe am europäischen Energiemix unverzichtbar ist, auch wenn ihr Anteil immer weiter zurückgehen soll. Die CCS-Technologie kann während dieser Zeit einen Beitrag zur Eindämmung der Kohlendioxidemissionen leisten, vorausgesetzt, sie kann zu einem technisch durchführbaren System weiterentwickelt werden, das kostengünstig und zuverlässig sicher betrieben werden kann. Allerdings besteht noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf in der praktischen Erprobung insbesondere in Bezug auf technische und ökonomische Aspekte sowie die damit verbundenen Umweltauswirkungen. Im Interesse der Entwicklung eines auch grenzüberschreitenden Netzes für den Kohlendioxidtransport sollten auf europäischer Ebene jetzt dennoch Maßnahmen ergriffen werden;

B.    Subsidiarität

11.

unterstreicht, dass sich die EU auf Klimaziele verständigt hat, die in ihrer Umsetzung ein hohes Maß an Anstrengungen aller Mitgliedstaaten verlangen. Eine dieser Anstrengungen ist der Aufbau einer möglichst intelligenten Energieinfrastruktur. Neben der Einbindung einer Vielzahl kleiner und kleinster Erzeuger von Elektroenergie aus erneuerbaren Quellen in die vorhandenen Netze und der Entwicklung intelligenter Verteilungsnetze, die Schwankungen dezentralisiert aussteuern sowie Verbindungen zu anderen Ländern mit Energieressourcen ausbauen bzw. erleichtern können, um die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu erhöhen, müssen auch die nationalen Infrastrukturen auf effiziente und vor allem flexible Art und Weise miteinander verbunden werden. Diesen Gedanken hat die Kommission bereits vor Jahren mit TEN-E aufgegriffen;

12.

erkennt an, dass parallel dazu die Mitgliedstaaten nationale Pläne zur Stärkung des regenerativen Anteils an der Energieerzeugung entwickelt und entsprechende Gesetze erlassen haben. Darüber hinaus arbeiten nach Inkrafttreten des 3. Energiepakets der EU eine Reihe transnationaler Institutionen und Gruppen erfolgreich zusammen;

13.

stellt fest, dass trotz dieser inzwischen gewachsenen Strukturen sich bei konkreten grenzüberschreitenden Energieprojekten Schwierigkeiten ergeben, die aus der Beschaffenheit der nationalen Infrastrukturen, den spezifischen energiepolitischen Prioritäten oder den unterschiedlichen Zuständigkeiten erwachsen. Diese Inkompatibilitäten führten bei Planung, Finanzierung und Bau der TEN-E-Projekte zu Zeitverlusten;

14.

stellt fest, dass die Kommission mit dem Verordnungsvorschlag sicherstellen will, dass diese Inkompatibilitäten möglichst früh erkannt und in dem vorgeschlagenen Moderationsverfahren so rasch wie möglich überwunden werden. Die Verordnung der Kommission zielt auf die Beschleunigung einer begrenzten Zahl grenzüberschreitender Schlüsselprojekte und nationaler Projekte mit signifikant grenzüberschreitender Wirkung, die als Bausteine für das zukünftige europäische Hochleistungsübertragungsnetz zu verstehen sind;

15.

erkennt an, dass die viel umfangreichere Aufgabe der Qualifizierung der nationalen Netze für die Energieversorgung der Zukunft nach wie vor in den Händen der Mitgliedstaaten liegt und von der Verordnung nur mittelbar betroffen ist. Diese Vorgehensweise orientiert sich am europäischen Vertragswerk Artikel 170 bis 172 AEUV. Damit ist das Subsidiaritätsprinzip zwar berührt, aufgrund der beschränkten Zahl der betroffenen Projekte mit grenzüberschreitendem Bezug aber nicht verletzt;

16.

unterstreicht, dass der Nutzen neben der Entwicklung eines europäischen Masterplans für grenzüberschreitende Energienetze in dem unmissverständlichen politischen Signal der Kommission an die Mitgliedstaaten, die Wirtschaft und den Bankensektor und die Partnern in aller Welt besteht, dass der eingeschlagene Weg zu mehr erneuerbaren Anteilen am Energiemix der Zukunft unumkehrbar ist und sich insbesondere auch für privates Investitionsengagement lohnt;

17.

stellt fest, dass die Kommission als Rechtsinstrument eine für alle Mitgliedstaaten unmittelbar geltende und in allen Teilen verbindliche Verordnung vorschlägt. Er hält diese im Hinblick auf die gewünschte Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für grundsätzlich verhältnismäßig;

18.

gibt allerdings zu bedenken, dass die Straffung der Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte potenziell einen starken Eingriff in die Planungsrechte der Mitgliedstaaten sowie in die Beteiligungsrechte von Betroffenen und der Öffentlichkeit darstellen kann. Die verfassungsmäßig garantierte Zuständigkeit der Bundesländer in föderalen Systemen für die Durchsetzung und Ausgestaltung der Planungs- und Genehmigungsverfahren muss auch bei den Vorhaben von gemeinsamem Interesse beachtet werden. Er ist nicht der Auffassung, dass die Gesamtheit der in Kapitel III gemachten detaillierten Vorgaben noch als „Leitlinien“ bzw. „Grundzüge“ für den Bereich der transeuropäischen Netze im Sinne von Artikel 171 AEUV und damit als tatsächlich notwendige Mindestangleichung nationaler Verwaltungsverfahren betrachtet werden kann;

19.

fordert in diesem Kontext zu prüfen, ob nicht der Entwurf von weniger detaillierten Leitlinien zur Orientierung der nationalen Entscheidungsträger als milderes Mittel geeigneter wäre. Die Kommission würde damit den Mitgliedstaaten einen möglichst breiten Entscheidungsraum bei der konkreten Einbindung der bereits vorhandenen Strukturen einräumen und so die Verbindungen erleichtern und fördern, wenn ein Staat über Ressourcen verfügt, um die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu erhöhen. Das betrifft die möglicherweise föderal strukturierten Raumordnungs-, Planfeststellungs- und Bewilligungsbehörden der Mitgliedstaaten ebenso wie die bereits existierenden regionalen Gruppen aus dem 3. Binnenmarktpaket. Grundsätzlich sollte die Beauftragung von bereits erfolgreich tätigen Institutionen Priorität gegenüber der Schaffung neuer Strukturen haben;

20.

äußert sich kritisch zu den apodiktisch vorgegebenen Zeitlimits im Verwaltungsverfahren. Gerade bei Vorhaben von gemeinsamem Interesse muss Qualität vor Geschwindigkeit gehen. Neben der Versorgungssicherheit wird die Qualität der Vorhaben von gemeinsamem Interesse nicht unbedeutenden Einfluss auf die Endverbraucherpreise haben. Neben den Interessen der Investoren sind auch die Kosten für die lokalen KMU und die Bürger ein wichtiger Standortfaktor;

21.

regt an, dass die bei der Planung und Durchführung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse auftretenden Probleme von unten nach oben, also subsidiär behandelt und sämtliche Alternativen mit der nötigen Umsicht geprüft werden sollten. Nur wenn sich die lokalen, regionalen, nationalen oder multinationalen Behörden nicht rechtzeitig einigen können, sollte der europäische Projektkoordinator aktiv werden. Es hat in der Vergangenheit bereits Fälle gegeben, bei denen die Einschaltung eines europäischen Moderators hilfreich war. Die Existenz eines europäischen Koordinators als Helfer zur Lösung schwieriger Einzelfälle erscheint per se nicht subsidiaritätswidrig. Seine Berufung oder gegebenenfalls Mandatsverlängerung sollte auf Basis eines gemeinsamen Beschlusses von Rat und Europäischem Parlament erfolgen;

22.

begrüßt die Einrichtung einer nationalen Genehmigungsbehörde als „One-Stop-Shop“. Ob die integrierte oder die koordinierte Regelung beim Genehmigungsverfahren zur Anwendung kommt, sollte dem nationalen Ermessen überlassen werden;

23.

unterstützt den Verordnungsvorschlag zur grenzüberschreitenden Kostenteilung unter Einbeziehung von ACER. Das gilt auch hinsichtlich der Verpflichtung der nationalen Regulierungsbehörden, für die Vorhaben von gemeinsamem Interesse Investitionsanreize durch Entgelte zu setzen. Diese Anreize sollen risikoadäquat sein;

24.

erachtet es als erforderlich, dass die Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse regelmäßig überprüft und an die veränderten Anforderungen angepasst wird;

C.    Akzeptanz

25.

stellt ausdrücklich fest, dass die Schaffung der technischen Voraussetzungen für die Erreichung unserer ehrgeizigen Energie- und Klimaziele nur gemeinsam mit den Menschen erfolgreich sein – niemals gegen sie. Aus diesem Grund ist die frühzeitige Information, Einbeziehung und Beteiligung der Bürger, Gemeinden und kommunalen Gebietskörperschaften ausdrücklich zu begrüßen;

26.

betont, dass die Wende hin zu kohlendioxidarmer Stromproduktion eine Neuordnung der Netzarchitekturen erforderlich macht. Während die Einbindung der neuen Kleineinspeiser in die Nieder- und Mittelspannungsnetze und deren intelligentes Management weitgehend ohne das Landschaftsbild verändernde Eingriffe stattfinden kann, ist für die Fertigstellung der neuen europäischen Höchstspannungsautobahnen ein Bau neuer Trassen unvermeidlich. Hierbei sollten vorrangig Trassen für Verbindungen zu Ländern gebaut werden, die eine verstärkte Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen garantieren können. Da die Kosten für den Bau dieser Systeme letztlich von den Stromkunden übernommen werden müssen, kommt es darauf an, deren technische Ausführung so intelligent und effektiv wie möglich zu gestalten. Dazu gehört auch die Minimierung des Landschaftsverbrauchs. Dieser Zusammenhang muss den Menschen möglichst frühzeitig und nachhaltig erläutert werden;

27.

fordert, dass durch die nationalen Regierungen Anreize geschaffen werden, die geeignet sind, die verbleibenden Beeinträchtigungen für Bürger, Kommunen und kommunale Gebietskörperschaften in fairer Weise zu kompensieren. Erfahrungen in den Kommunen, die in der Vergangenheit von Neubauprojekten dieser Dimension betroffenen waren, haben gezeigt, dass Transparenz und das Vorhandensein eines ständigen Ansprechpartners des Projektträgers vor Ort wichtige Voraussetzung für den fristgerechten Planungs- und Baufortschritt ist;

28.

unterstreicht, dass das zu erstellende Handbuch ein wichtiges Hilfsmittel zur Information der Bürger über die Vorteile der Entwicklung von Infrastruktur und intelligenten Netzen in Bezug auf Versorgungssicherheit, Treibhausgasminderung und Energieeffizienz ist. Diese Informationen dürfen die Schattenseiten nicht verschweigen. Die Bürger können nur auf der Grundlage vollständiger und transparenter Informationen die Tragweite der Herausforderung nachvollziehen und etwaige negative Auswirkungen besser akzeptieren. Der Informationsfluss muss situationsorientiert sein und dem betroffenen Bürger sachdienliche Auskünfte liefern;

29.

verlangt, dass neben die materiellen Entschädigungen für die von der Durchführung der Projekte besonders betroffenen Bürger, Kommunen und kommunalen Gebietskörperschaften eine öffentliche Darstellung der ergriffenen Vorsichtsmaßnahmen zusammen mit einer sozioökonomischen und ökologischen Folgeabschätzung treten muss. Die Transparenzoffensive und ein faires Ausgleichssystem sind unerlässliche Voraussetzungen für die Akzeptanz des beschleunigten Ausbaus der Energienetze der Zukunft;

D.    Finanzierung

30.

erkennt an, dass sich die bisherigen TEN-E-Finanzierungsinstrumente nach Auffassung der Kommission als nicht erfolgreich genug erwiesen haben. Sie sollen durch die Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) abgelöst werden. Von den in der Infrastrukturverordnung für den mehrjährigen Finanzrahmen genannten Mitteln von 50 Mrd. EUR entfallen im Siebenjahreszeitraum auf den Energiebereich 9,1 Mrd. EUR. Damit können Mittel für Studien und für Finanzinstrumente zugunsten von Strom-, Gas- und Kohlendioxidprojekten bereitgestellt sowie verlorene Zuschüsse für Strom- und Gasprojekte gewährt werden, die sich positiv auf Versorgungssicherheit, Solidarität und Innovation auswirken, in ihren Geschäftsplänen eine fehlende kommerzielle Wirtschaftlichkeit nachweisen und für die eine Entscheidung über die grenzüberschreitende Kostenteilung vorliegt. Daneben sind auch die intelligenten Netze und Messeinrichtungen sowie Kohlendioxidprojekte durch verlorene Zuschüsse förderfähig, deren kommerzielle Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen werden kann;

31.

begrüßt, dass in der Fazilität „Connecting Europe“ ein stärkeres Augenmerk auf die energetisch wichtigen, jedoch kommerziell weniger attraktiven Infrastrukturprojekte gelegt wird. Eine erfolgreiche Umsetzung derartiger Projekte würde erheblich zur Vervollkommnung des Binnenmarktes der EU und zur Versorgungssicherheit beitragen;

32.

hält es für ein energiepolitisch eindeutig falsches Signal der Europäischen Kommission, dass der Großteil der zwölf vorrangigen Infrastrukturvorhaben im Rahmen der Fazilität „Connecting Europe“ Gas- und Ölleitungen betrifft, für die Investitionen mit langen Amortisationszeiten notwendig sind, weil bisher eine schlüssige Begründung fehlt, wie die Schwerpunktsetzung zu Gunsten der fossilen Energieträger mit den 2020-Zielen der EU und den weiterreichenden Klimaschutzzielen für 2030 und 2050 in Einklang zu bringen ist;

33.

betont, dass für die Erreichung der 2020-Ziele der EU neben dem beschleunigten Ausbau der großen Übertragungsnetze, wie bereits in den früheren Stellungnahmen des AdR (CdR 160/2008 fin, CdR 8/2009 fin, CdR 244/2010 fin, CdR 312/2010 fin, CdR 7/2011 fin und CdR 104/2011 fin) gefordert, der Ausbau von intelligenten Netzen auf lokaler und regionaler Ebene stärker gefördert werden sollte. Die Endverbraucherpreise müssen im Rahmen eines computergestützten Lastmanagements erzeugungs- und nachfrageabhängig gestaltet werden, damit der sparsame Energieverbrauch angereizt und die dezentrale Energieerzeugung mit dem dezentralen Energieverbrauch besser in Übereinstimmung gebracht wird. Wenn die Energiesteuer eines der Instrumente ist, das die Mitgliedstaaten im Einklang mit der Richtlinie 2003/96/EG des Rates zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom zur Eindämmung des Klimawandels einsetzen können, darf nach Auffassung des Ausschusses die Möglichkeit der Einführung einer Steuerdifferenzierung nicht auf die Regionen beschränkt werden, sondern muss auch die lokalen Gebietskörperschaften umfassen, die ebenfalls als vollwertige Akteure der nachhaltigen Entwicklung in der EU anerkannt sind. Insbesondere in Mitgliedstaaten, in denen sie zur Entwicklung intelligenter Netze beitragen, um die Versorgungssicherheit zu stärken, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Energieeffizienz zu steigern, sollten diese Gebietskörperschaften im Vergleich zur jeweiligen nationalen Ebene unterschiedliche allgemeine Energieverbrauchssteuersätze festlegen können, vorausgesetzt, dass die Gleichbehandlung konkurrierender Energieträger gewahrt bleibt und eine derartige Differenzierung das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und den EU-internen Verkehr von Energieerzeugnissen nicht beeinträchtigt;

34.

zeigt sich mit Blick auf die erforderliche Marktintegration erneuerbarer Energien zutiefst besorgt über den Ausschluss von Pumpspeicherkraftwerken (oder anderen technischen Lösungen) von der Finanzierung durch die CEF. Der durch solche Kraftwerke möglichen Speicherbarkeit von erneuerbar erzeugter Energie kommt bei der Aussteuerung fluktuierender Wind- und Sonnenenergiequellen eine zentrale Bedeutung zu;

35.

bedauert, dass die ab 2014 zur Verfügung stehenden neuen Finanzierungsinstrumente durch die Kommission bisher noch nicht im Detail ausgestaltet wurden. Bei ihrer Auswahl ist auf ihren zusätzlichen Nutzen zu achten. Sie sollen eine Ergänzung zu den bisher üblichen verlorenen Zuschüssen bilden und einen konsistenten und einheitlichen Finanzierungsrahmen für die Netzsektoren Bahn, Energie und Telekommunikation schaffen, der auf den Erfahrungen mit der Fazilität für Finanzierungen auf Risikoteilungsbasis (Risk Sharing Finance Facility, RSFF), dem Kreditgarantieinstrument (Loan Guarantee Instrument) und dem „Marguerite-Fonds“ aufbaut;

36.

nimmt zur Kenntnis, dass zur Finanzierung sowohl Eigenkapital- und Risikokapitalinstrumente als auch Fremdkapitalinstrumente vorgesehen sind. Dazu gehören Garantien für Intermediäre, die dann Finanzierungen für Empfänger mit Finanzierungsschwierigkeiten bereitstellen, sowie die Risikoteilung mit Finanzinstituten zur Erhöhung des Finanzierungsvolumens. Darin sind auch die Projektanleihen (Project Bonds) eingeschlossen;

37.

akzeptiert bezüglich der Folgenabschätzung die Auffassung der Kommission, dass die vorgeschlagenen Finanzierungsinstrumente keine Verzerrung des Finanzmarktes hervorrufen, da sie wirtschaftlich umsetzbar sind, jedoch im Einzelfall keine ausreichende Finanzierung durch den Markt erhalten;

38.

stellt fest, dass sich daraus ein gewisser Widerspruch zu Artikel 15 der Verordnung ergibt, wonach Probleme bei der Finanzierung kein Kriterium der Eignung für Finanzinstrumente darstellen sollen;

39.

bewertet grundsätzlich positiv, dass innerhalb der CEF während des Planungszeitraumes bis zu 20 % des verfügbaren Budgets für Risikoteilung und Eigenkapitalinstrumente ausgegeben werden sollen. Dadurch werden bei sorgfältiger Ausgestaltung die Finanzierungsmöglichkeiten erweitert und im Gegensatz zu verlorenen Zuschüssen zugleich die Eigenverantwortlichkeit der Unternehmen gefördert. Es muss aber sichergestellt werden, dass sowohl bei der vorhabenspezifischen Kosten-Nutzen-Analyse wie auch bei der Bewertung der kommerziellen Tragfähigkeit für die Vorhaben von gemeinsamen Interesse strenge Kriterien angewendet werden;

40.

hinterfragt kritisch die Eignung der vorgeschlagenen Finanzinstrumente für Energie- Netzausbauprojekte;

41.

unterstreicht, dass die Förderkriterien für die Fazilität „Connecting Europe“ entsprechend angepasst werden müssen, um den Zugang der Regionen in äußerster Randlage zur Finanzierung von Projekten zu gewährleisten, die auf eine größere Energieunabhängigkeit dieser Gebiete ausgerichtet sind;

E.    Projektanleihen

42.

nimmt zur Kenntnis, dass für die „Projektanleihen“-Initiative in den Jahren 2012/13 eine Pilotphase unter der Federführung der EIB vorgesehen ist. Dafür kommen Projekte in Frage, deren Planung im Kontext der TEN-E-Leitlinien bereits weit fortgeschritten ist. Die Kommission erwartet in ihrer Folgenabschätzung, dass sich lediglich ein einziges Energieprojekt in der Pilotphase qualifizieren wird;

43.

stimmt mit dem Rat der Europäischen Energieregulierungsbehörden (CEER) überein, dass Projektanleihen für Investitionen innerhalb bestehender Netze nur bedingt einsetzbar sind, da die Abgrenzung problematisch erscheint. Für Offshore-Anbindungen und grenzüberschreitende Verbindungstrassen könnten sie ein sinnvolles Instrument sein;

44.

gibt zu bedenken, dass diese Art von Projektfinanzierung bei Netzbetreibern bisher noch unüblich ist. Dadurch könnte es einige Zeit dauern, bis die neue Asset-Klasse durch die Anleger akzeptiert wird. Die Kommission und die EIB sollten durch die Auswahl verlässlich kalkulierter Projekte um Vertrauen bei den potenziellen Anlegern werben. Ziel muss es sein, ein Investmentgrade-Rating zu erreichen, um die Anleihen auch für große institutionelle Anleger interessant zu machen;

45.

vermerkt aus Sicht der Verwendung von Haushaltmitteln positiv, dass komplementär zu verlorenen Zuschüssen nun auch Finanzierungsinstrumente zum Einsatz kommen sollen. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass ausschließlich Projekte finanziert werden, für die ein tatsächlicher Bedarf besteht, die also notwendig sind und denen zusätzlich nachgewiesenermaßen die kommerzielle Tragfähigkeit fehlt. Auf keinen Fall sollten sowieso tragfähige Projekte „überfördert“ und so private Finanzierung verdrängt werden. Insbesondere sollten ausschließlich solche Projekte nachrangiges Fremdkapital erhalten, die auch verlässlich kalkuliert sind. Auf keinen Fall soll ein künstlicher Markt geschaffen werden, der ausschließlich durch die Mitfinanzierung der EU am Leben gehalten wird und immer mit neuen Mitteln bedient werden muss, um eine Insolvenz zu verhindern. Während der Pilotphase muss regelmäßig überprüft werden, ob nicht alternative Unterstützungsmethoden gesamtwirtschaftlich günstiger sind. In Betracht kommen könnten Konsortialfinanzierungen anstelle der geplanten Anleihen;

46.

betont, dass die Finanzierung des dringend notwendig erkannten Energieinfrastrukturausbaus vornehmliche Aufgabe der Unternehmen bleiben muss. Aufgabe der EU und der Mitgliedstaaten ist die unterstützende Begleitung der Infrastrukturmaßnahmen und die Schaffung des erforderlichen Rahmens für die Marktakteure. Zur Entkräftung bestehender Zweifel am Umfang der nötigen Gesamtinvestitionen sollte sich die Kommission um die Konkretisierung ihrer Annahmen bemühen. In jedem Fall müssen angemessene Netztarife eine marktgerechte Verzinsung des einzusetzenden Kapitals gewährleisten;

F.    Zusammentreffen mit anderen europäischen Verordnungen

47.

unterstützt die Absicht der Kommission, über ein gestrafftes Genehmigungsverfahren, welches von nur einer nationalen Behörde koordiniert wird, die Vorhaben von gemeinsamem Interesse innerhalb kürzerer Frist zum Abschluss zu bringen – unter der Voraussetzung, dass die nationalen Planungsverfahren in diesem Verfahren ausreichend berücksichtigt werden. Dazu wird für die prioritären Vorhaben ein Vorrangstatus definiert. Gegenstand des Verordnungsvorschlags sind im Kern Verfahrens- und Organisationsfragen;

48.

stellt fest, dass es konsequent wäre, wenn die materiellen Standards, denen die Vorhaben von gemeinsamem Interesse unterliegen, an diesen Vorrangstatus angepasst würden. In seiner gegenwärtigen Form bewirkt der Verordnungsvorschlag keine wesentliche Erleichterung. Im Hinblick auf die Anforderungen der FFH- und Wasserrahmenrichtlinie der EU sollen die Vorhaben zwar im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen. Dies soll allerdings nicht die materiellen Voraussetzungen o.g. Vorschriften berühren. Insofern bleibt der Verordnungsvorschlag ambivalent. Unverändert bleibt eine Kommissionsstellungnahme nach Artikel 6 Absatz 4 der FFH- Richtlinie 92/43/EG erforderlich, obwohl die Kommission die Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse erstellen soll. Dies erscheint eine unnötige Doppelprüfung;

49.

stellt fest, dass, indem für die Dauer der Genehmigungsverfahren Fristen vorgegeben werden, die Verantwortung für die Straffung der Verfahren vor allem den nationalen oder regionalen Genehmigungsbehörden zugewiesen wird, welche ihre Verwaltungspraxis an dem Vorrangstatus ausrichten sollen, während die von der EU gesetzten materiellen Standards im Wesentlichen beibehalten werden. Die Europäische Kommission sollte in enger Kooperation mit den Genehmigungsbehörden praktische Vorschläge zur Umsetzung dieser Vorgaben erarbeiten, die den praktischen Anforderungen für effiziente und transparente Verfahren Rechnung tragen. Er gibt daher eine Verfahrensstraffung vor, ohne in der Sache eine echte Hilfestellung anzubieten.

Brüssel, den 19. Juli 2012

Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

Mercedes BRESSO