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MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Ein Dialog mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums über Migration, Mobilität und Sicherheit

EINLEITUNG

Die historischen Entwicklungen im südlichen Mittelmeerraum seit Ende 2010 eröffnen den Menschen in diesen Ländern die große Chance, ihren Wunsch nach wahrer Demokratie, nach Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, nach einem unparteiischen und funktionierenden Staatsapparat und nach einem korrekteren Umgang mit öffentlichen Mitteln freier als bisher zum Ausdruck zu bringen. Bürger in der arabischen Welt und in anderen Erdteilen schöpfen aus diesen Ereignissen Mut, ihr eigenes Streben nach Demokratie zu verwirklichen.

Die EU ist entschlossen, alle ihre südlichen Nachbarn, die nach Demokratie, Menschenrechten, guter Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit streben, weiterhin zu unterstützen und Partnerschaften mit jenen Ländern einzugehen, die konkrete Fortschritte für die Menschen verwirklichen.

Diese historisch bedeutsamen Ereignisse haben auch beträchtliche Bevölkerungsbewegungen nach sich gezogen.

Der Ausbruch des Konflikts in Libyen Mitte Februar hat dazu geführt, dass sich etwa 800 000 Personen unterschiedlicher Nationalität in Nachbarländer – insbesondere Tunesien und Ägypten – begeben haben. Einige sind jedoch auch über das Mittelmeer nach Italien und Malta geflohen, oft auf für den Passagierverkehr untauglichen Booten. Einige sind dabei ums Leben gekommen. Seit Mitte Januar sind etwa 35 000 Migranten aus Tunesien und Libyen auf der italienischen Insel Lampedusa und auf Malta eingetroffen.

Einige der wichtigsten Faktoren, die den Migrationsdruck im südlichen Mittelmeerraum erzeugen, wie die hohe Jugendarbeitslosigkeit, sind nicht neu, und sollten als langfristige strukturelle Herausforderung sowohl für die EU als auch für die Region selbst betrachtet werden.

Die EU muss den Menschen im südlichen Mittelmeerraum ein klares Signal der Unterstützung senden. Solange ihnen keine Aussicht auf ein besseres Leben im Heimatland geboten wird, könnten viele von ihnen versucht sein, ihr Glück im Ausland zu suchen. Eine aktive Steuerung der Migrationsbewegungen - die Verbesserung legaler Migrationsmöglichkeiten in Verbindung mit Maßnahmen gegen illegale Migration – wird sowohl der EU als auch ihren Partnerländern zugute kommen .

Im Rahmen des breiteren Engagements der EU in der Region und des Angebots einer „Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand“ sowie der verstärkten Europäischen Nachbarschaftspolitik zur Unterstützung ihrer südlichen Nachbarn und ihres demokratischen Neubeginns soll diese Mitteilung im Einklang mit der allgemeinen Migrationspolitik der EU die aktuellen migrations- und mobilitätspolitischen Herausforderungen durch Eröffnung eines Dialogs über Migration, Mobilität und Sicherheit zwischen der EU und den Ländern des südlichen Mittelmeerraums angehen.

Diese Mitteilung stützt sich auf die Vorschläge der Kommission aus ihrer Mitteilung vom 4. Mai 2011 über Migrationspolitik für eine Partnerschaft zwischen der EU und den Ländern des südlichen Mittelmeerraums für Migration, Mobilität und Sicherheit. Sie wird zusammen mit der Mitteilung über die Überprüfung der Nachbarschaftspolitik vorgelegt.

DRINGLICHKEITSMASSNAHMEN DER EUROPÄISCHEN UNION

Die Europäische Union hat insbesondere mit den nachstehenden konkreten Maßnahmen rasch und wirksam auf die angesprochenen Herausforderungen reagiert.

- Zur Bewältigung der durch den plötzlichen Zustrom von Migranten und Flüchtlingen in den Nachbarländern Libyens verursachten humanitären Notlage hat die Kommission mit 40 Mio. EUR zu einem EU-Gesamtpaket von 102 Mio. EUR (Kommission und Mitgliedstaaten) beigetragen, um Ausländer zu evakuieren und zu repatriieren und Hilfsbedürftige in Libyen und den Nachbarländern zu unterstützen. Auch Dank des unermüdlichen Einsatzes von IOM, UNHCR, IKRK und anderen internationalen Organisationen waren diese Maßnahmen erfolgreich. Das Engagement der EU hat entscheidend dazu beigetragen, die Belastungen für Tunesien und Ägypten durch den massiven Zustrom von Flüchtlingen zu lindern.

- Um den Zustrom irregulärer und gemischter Migrantengruppen über das zentrale Mittelmeer rasch in den Griff zu bekommen, hat FRONTEX mit der Unterstützung mehrerer Mitgliedstaaten die gemeinsame Aktion EPN Hermes Extension 2011 gestartet mit dem Ziel, Italien bei der Kontrolle von Schiffen zu unterstützen, die Migranten und Flüchtlinge an Bord haben. Europol hat ein Expertenteam nach Italien entsandt, das den italienischen Behörden beim Aufspüren von Kriminellen unter den aufgegriffenen Migranten behilflich ist.

- Damit die am stärksten vom wachsenden Zustrom illegaler Einwanderer und Flüchtlinge betroffenen Mitgliedstaaten die finanziellen Konsequenzen bewältigen können, hat die Kommission für 2011 zusätzliche 25 Mio. EUR aus dem Außengrenzenfonds und dem Flüchtlingsfonds bereitgestellt, die auf konkrete Anfragen der Mitgliedstaaten hin ausgezahlt werden können.

- Im Angesicht der neuen Demokratiebestrebungen der Bevölkerung in mehreren Ländern des südlichen Mittelmeerraums haben die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin am 8. März 2011 eine gemeinsame Mitteilung über eine „ Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand “ vorgelegt. In dieser Mitteilung, deren wichtigste Schlussfolgerungen der Europäische Rat auf seinen Tagungen vom 11. und 25. März 2011 bekräftigt hat, wird vorgeschlagen, den Ländern des südlichen Mittelmeerraumes einen Dialog über Migration , Mobilität und Sicherheit anzubieten, um die legale Zuwanderung und Mobilität ihrer Bürger zu stärken und zu erleichtern.

DER NACHHALTIGE AUFBAU VON KAPAZITÄTEN ZUR BEWÄLTIGUNG DER MIGRATIONS- UND FLÜCHTLINGSSTRÖME

Auf die Notsituation hat die EU rasch, umfassend und wirksam reagiert. Es ist aber andererseits auch deutlich geworden, dass nicht mit einem baldigen Ende der Krise zu rechnen ist. Deswegen müssen die Voraussetzungen für ein strukturierteres, nachhaltiges Konzept geschaffen werden, das den vielfältigen Dimensionen der Entwicklung gerecht wird und auf der Solidarität unter den Mitgliedstaaten und der Partnerschaft mit den betroffenen Drittländern fußt, bei voller Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der EU. Der illegalen Zuwanderung aus Tunesien könnten ähnliche Migrationsbewegungen aus anderen Ländern der Region folgen, insbesondere aus jenen, die eine Phase der politischen Instabilität und sozialen Krise durchleben. Der organisierten Kriminalität zuzurechnende Schleppernetze können ihre Aktivitäten intensivieren und über Tunesien hinaus auf andere afrikanische Länder ausweiten.

Solange der Konflikt in Libyen anhält, werden voraussichtlich viele weitere Menschen aus dem Land fliehen, insbesondere Angehörige von Drittstaaten vor allem aus Ländern südlich der Sahara, die als Migranten oder Flüchtlinge in Libyen leben. Außerdem könnte Libyen erneut zu einem wichtigen Transitland für das Einschleusen illegaler Einwanderer aus Afrika nach Europa werden.

Während eine große Mehrheit der Flüchtlinge in der Anfangsphase des Konflikts rechtzeitig in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden konnte, haben sich im weiteren Verlauf der Krise Menschen ohne ein sicheres Zufluchtsland aufgemacht und in die Nachbarländer Libyens begeben. Bei ihnen handelt es sich vor allem um Libyer oder um Ausländer, die ihr Herkunftsland auf der Suche nach internationalem Schutz verlassen hatten und sich in Libyen aufhielten. Diese Menschen werden sich unter Umständen für eine längere Zeit in den Aufnahmeländern aufhalten, sofern sie nicht umgesiedelt werden. Durch diese Situation werden die ohnehin eingeschränkten Aufnahmekapazitäten von Ländern wie Tunesien und Ägypten zusätzlich belastet, und auch die Einwanderungs- und Flüchtlingsströme in die EU-Mitgliedstaaten nehmen weiter zu.

Angesichts dieser Lage hat der Europäische Rat auf der Grundlage einer gemeinsamen Initiative der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin den Rat aufgefordert, basierend auf Anregungen der Kommission weitere Sofortmaßnahmen zu treffen und vor dem Europäischen Rat im Juni langfristige Maßnahmen zum Ausbau der Kapazitäten zur Bewältigung der Migrations- und Flüchtlingsströme im Mittelmeerraum vorzuschlagen.

KATALOG KURZ- UND MITTELFRISTIGER MASSNAHMEN

Unmittelbar auf diese Aufforderung hin hat die Kommission dem Rat Justiz und Inneres vom 11./12. April einen ersten Maßnahmenkatalog für den kurz- und mittelfristigen Umgang mit den Migrations- und Flüchtlingsströmen aus dem südlichen Mittelmeerraum vorgelegt, um 1) zu gewährleisten, dass die EU und die Nachbarn Libyens die Kapazitäten erhalten, um den voraussichtlich anhaltenden und weiter wachsenden Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen, und 2) den am unmittelbarsten betroffenen Ländern der EU und Nordafrikas, die die Hauptlast zu tragen haben, zu helfen.

In dem Katalog werden folgende Maßnahmen aufgeführt:

1. Bereitstellung weiterer Mittel für humanitäre Hilfe für die Hilfsbedürftigen in Libyen und den Nachbarländern und für die Rückführung von Flüchtlingen aus Libyen entsprechend dem festgestellten Bedarf;

2. Stärkung der von FRONTEX koordinierten gemeinsamen Aktion EPN Hermes Extension 2011 durch zusätzliche von den Mitgliedstaaten bereitgestellte technische Ressourcen und Fortsetzung der gemeinsamen Aktionen HERMES und POSEIDON so lange wie nötig, unter Aufstockung der Mittel für das Patrouillennetz von FRONTEX;

3. rasche Erweiterung der Befugnisse von FRONTEX und Ausstattung der Agentur mit wirkungsvolleren Instrumenten; die entsprechende Änderung der FRONTEX-Verordnung sollte von Rat und Parlament als dringliche Angelegenheit betrachtet und baldmöglichst verabschiedet werden,

4. Aufforderung an FRONTEX, die Verhandlungen über Arbeitsvereinbarungen mit den zuständigen Behörden Ägyptens, Marokkos und der Türkei, für die die Agentur bereits ein Mandat erhalten hat, zu beschleunigen, und schnelle Erteilung eines analogen Mandats für die Aufnahme von Verhandlungen mit Tunesien,

5. Start eines gemeinsamen Operationsprojekts der EU und Tunesiens als Teil eines breiteren Maßnahmenpakets zur Bewältigung der illegalen Migration im Mittelmeerraum, um die Kapazitäten der tunesischen Behörden zur Kontrolle ihrer Außengrenzen und zur Bekämpfung der Schlepperei und des Menschenhandels, zur Aufnahme und sozialen und beruflichen Wiedereingliederung von Rückkehrern, zur Förderung legaler Zuwanderungsmöglichkeiten und zu einer internationalen Normen gerecht werdenden Behandlung von Zuwanderern einschließlich des Asylangebots für Schutzbedürftige auszubauen. Parallel dazu sollten auch die lokalen Behörden der am meisten betroffenen EU-Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der unmittelbaren Folgen des Flüchtlingsstroms aus Tunesien auf die örtliche Wirtschaft und Infrastruktur unterstützt werden;

6. volle Ausschöpfung der den Mitgliedstaaten aus dem Außengrenzen-, dem Rückkehr- und dem Flüchtlingsfonds zugewiesenen Mittel, gegebenenfalls unter Umwidmung der Mittel und Ausrichtung auf die dringlichsten Prioritäten (im Programmzeitraum 2010/2011 steht den sechs am meisten betroffenen Mitgliedstaaten Frankreich, Griechenland, Italien, Malta, Spanien und Zypern aus den drei Fonds ein Betrag von 425 Mio. EUR zur Verfügung);

7. Zuweisung zusätzlicher Mittel aus diesen drei Fonds für die Unterstützung von Mitgliedstaaten in Notsituationen im Einklang mit den Bestimmungen der Haushaltsordnung;

8. Durchführung eines regionalen Schutzprogramms für Ägypten, Libyen und Tunesien, um die Unterstützung von Flüchtlingen, die in diesen Ländern Zuflucht gesucht haben, zu erleichtern und die für ihre Behandlung entsprechend internationalen Normen erforderlichen rechtlichen Grundlagen und Verwaltungskapazitäten vor Ort zu schaffen; ein wichtiger Bestandteil regionaler Schutzprogramme ist auch die Neuansiedlung ;

9. Planung und Durchführung der Neuansiedlung von möglichst vielen Flüchtlingen, die internationalen Schutz benötigen, aus den Nachbarländern Libyens in den Mitgliedstaaten der EU und anderen zur Aufnahme bereiten Ländern;

10. rasche Einigung über den Vorschlag für ein gemeinsames Neuansiedlungsprogramm der EU , um eine Neuansiedlung von Flüchtlingen zu erleichtern.

Wie erwähnt, ist eines der dringlichsten Probleme die mögliche Zunahme der Flüchtlingsströme aus Libyen und künftig vielleicht auch aus anderen Ländern der Region, die gegebenenfalls eines internationalen Schutzes bedürfen. Die Kommission würdigt das große Engagement von UNHCR, IKRK, IOM und anderen internationalen Organisationen und die Mitwirkung der EU und ihrer Mitgliedstaaten bei der humanitären Hilfe und der Unterstützung von Flüchtlingen aus Libyen. Es muss dafür gesorgt werden, dass für humanitäre Hilfsleistungen dem Bedarf entsprechend weiterhin Mittel in angemessener Höhe zur Verfügung stehen.

Die finanzielle Unterstützung sollte ferner auch für die Bewältigung der unmittelbaren Auswirkungen des Zustroms von Migranten und Flüchtlingen auf die wirtschaftliche und soziale Lage vor Ort und auf die lokale Infrastruktur in bestimmten Randgebieten der EU-Mitgliedstaaten verwendet werden, wie dies auch in den vergangenen Jahren z.B. im Hinblick auf die kanarischen Inseln, die sizilianischen Inseln, Malta, Zypern und einige der griechischen Ägäisinseln der Fall war. Die Kommission wird auch prüfen, inwieweit für diese Situation auch Strukturfondsmittel einsetzbar sind.

Die Unterstützung für die am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten sollte über rein finanzielle Hilfen hinaus die gemeinsame Verantwortung für den Umgang mit den Zuwanderern und Flüchtlingen umfassen. Die Kommission hat bereits – u.a. auf der Rückführungsfragen gewidmeten Ministerkonferenz in Brüssel am 12. Mai 2011 – mehrere Maßnahmen in diese Richtung angeregt, die sorgfältig und rasch geprüft werden sollten. Dazu zählen die Entsendung von Unterstützungsteams des EASO in die am meisten betroffenen Mitgliedstaaten, um die dortigen Behörden auf Anfrage bei der Überprüfung von Asylsuchenden und ersten Hilfsleistungen zu unterstützen. Die Entsendung dieser Teams könnte aus dem derzeitigen EASO-Haushalt finanziert werden. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Solidarität bekunden, indem sie diese Teams mit eigenen Asylexperten verstärken und Personen, die Anspruch auf internationalen Schutz haben, in ihrem Hoheitsgebiet aufnehmen. Die Kommission wird entsprechende Bemühungen unter Ausweitung des 2009 mit Malta begonnenen Pilotprojekts mit Mitteln aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds unterstützen.

Der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog kann nur verwirklicht werden, wenn EU-Mittel in angemessener Höhe aufgebracht werden. Die Kommission wird auf der Grundlage der verfügbaren finanziellen Ressourcen prüfen, wie Mittel aufgebracht werden können, um dieser Notlage in vollem Umfang gerecht zu werden. Ferner wird die Kommission die Abstimmung der internen und externen Finanzinstrumente für die Förderung der Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten und Drittländern bei konkreten Projekten zu Grenzkontrolle, Migration und Asyl verbessern.

KATALOG LÄNGERFRISTIGER MASSNAHMEN: VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT MIT DEN LÄNDERN DES SÜDLICHEN MITTELMEERRAUMS

Der (oben beschriebene) von der Kommission vorgeschlagene Maßnahmenkatalog sind vom Rat Justiz und Inneres vom 11./12. April weitgehend unterstützt worden. Entsprechende Maßnahmen, die im Wesentlichen kurzfristiger Natur sind, werden inzwischen durchgeführt.

Indes hält die Kommission langfristig zusätzliche Maßnahmen für erforderlich. Diese Maßnahmen sollten in erster Linie auf die strukturellen Migrationsursachen zielen. Die Zusammenarbeit mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums sollte ausgebaut werden, um die Beschäftigungsmöglichkeiten und die Lebensbedingungen in der gesamten Region zu verbessern . Dabei sollten insbesondere jene Gebiete und Personenkategorien ins Auge gefasst werden, die am stärksten unter den schlechten Beschäftigungsaussichten zu leiden haben (d.h. vorrangig junge Menschen).

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, haben die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin am 8. März 2011 in einer gemeinsamen Mitteilung den Aufbau einer langfristigen Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums vorgeschlagen, der auf drei Säulen beruhen soll. Eine Säule bilden nachhaltiges und breitenwirksames Wachstum und wirtschaftliche Entwicklung mit einer starken Betonung auf Beschäftigung und Sozialem .

Langfristige Maßnahmen sind auch vonnöten, damit Migration und Mobilität zwischen der EU und dem südlichen Mittelmeerraum auf regulärem Wege ordnungsgemäß und effizient vonstatten gehen können. Dazu gehört auch die Unterstützung von Beschäftigungswilligen aus diesen Ländern bei der Arbeitssuche im Ausland im gemeinsamen Interesse der betroffenen Länder und ihrer Bevölkerung, aber auch der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Dieser Punkt sollte auch vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und des Arbeitskräftemangels in der EU gesehen werden. Der spezifische Bedarf der EU an der Zuwanderung von Arbeitskräften wird genau geprüft und nachverfolgt werden müssen, um auf solider Faktengrundlage dem tatsächlichen Arbeitskräftebedarf entsprechende, präzise Vorschläge machen zu können. In diesem Zusammenhang muss der substanzielle Beitrag aller Einwanderer unabhängig von ihrer Herkunft zur Wirtschaft der EU anerkannt werden. Sie helfen, den Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften in Wachstumszweigen zu decken, aber auch viele Stellen mit geringerem Anforderungsprofil würden ohne sie unbesetzt bleiben.

In ihrer gemeinsamen Mitteilung vom 8. März 2011 haben die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin auch die Entwicklung einer Partnerschaft für Migration, Mobilität und Sicherheit mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums vorgeschlagen.

Mobilitätspartnerschaften mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums sind immens wichtig und helfen beiden Seiten, die Migration und Mobilität nicht nur der Bürger unserer Partnerländer, sondern auch der Bürger anderer Staaten, insbesondere aus den Ländern südlich der Sahara und des Nahen Ostens, die in den Ländern des südlichen Mittelmeerraums leben oder durch sie durchreisen, besser und wirksamer zu bewältigen. Solche Partnerschaften würden die zwischenmenschlichen Beziehungen und das gegenseitige Verständnis, aber auch Geschäftstätigkeiten und die Beschäftigung fördern. Dies ist für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des gesamten Mittelmeerraums und die Integration von Migranten in der EU und anderen Bestimmungsländern von Nutzen.

Diese Partnerschaften werden genau und individuell auf das jeweilige Partnerland zugeschnitten , wobei jedes Land sich verpflichtet, bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Dabei werden auch die übrigen Aspekte der Beziehungen zu dem betreffenden Land berücksichtigt. Im Einklang mit den Vorgaben des Europäischen Rats müssen sämtliche unterschiedlichen Facetten der Zusammenarbeit gleichzeitig berücksichtigt werden. Außerdem sollte die progressive Erleichterung des freien Personenverkehrs mit Maßnahmen einhergehen, die die Sicherheit dieses Personenverkehrs gewährleisten.

DER DIALOG MIT DEN LÄNDERN DES SÜDLICHEN MITTELMEERRAUMS ÜBER MIGRATION, MOBILITÄT UND SICHERHEIT

Der Dialog über Migration, Mobilität und Sicherheit soll vor allem Reformen zur Verbesserung der Sicherheit unterstützen, mit denen die Partnerländern ihren Bürgern die Möglichkeit einer größeren Mobilität in Richtung EU eröffnen würden, gleichzeitig aber auch die Migrationsursachen angegangen werden. Der Dialog wird Teil einer umfassenderen Intensivierung der Beziehungen mit und Unterstützung für Nordafrika im Rahmen der erneuerten Europäischen Nachbarschaftspolitik sein. Als themenspezifischer Dialog ist er in den breiteren Rahmen der bilateralen Beziehungen und Verhandlungen eingebettet, zu dem auf regionaler Ebene die Gemeinsame Afrika/EU-Strategie und die Afrika/EU-Partnerschaft für Mobilität, Migration und Beschäftigung zählen.

Um dieses wichtige Ziel zu verwirklichen, wird die EU entsprechend der Aufforderung des Europäischen Rats das bereits im Rahmen des EU-Gesamtansatzes zur Migration eingeführte Instrument, die Mobilitätspartnerschaft , voll nutzen. Die Mobilitätspartnerschaften werden auf die jeweilige Lage und die besonderen Bedürfnisse der betroffenen Länder im südlichen Mittelmeerraum zugeschnitten.

Es gelten folgende Grundsätze:

11. Differenzierung : Angebot und Verlauf des Dialogs richten sich nach der individuellen Entwicklung im betroffenen Partnerland (länderspezifischer Ansatz) und berücksichtigen die erzielten Fortschritte und ihre konkreten praktischen und politischen Auswirkungen im Land selbst.

12. Bilateralismus : Die Aufnahme des Dialogs wird zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und jedem Partnerland separat vereinbart.

13. Konditionalität : Die anvisierten Ergebnisse hängen von den Anstrengungen und Fortschritten in allen Bereichen (Migration, Mobilität und Sicherheit) ab und berücksichtigen auch die Fortschritte in der innenpolitischen Entwicklung.

14. Kontrolle : Die Partner vereinbaren ein Verfahren zur wirksamen Kontrolle der konkreten Umsetzung der Partnerschaft unter Beteiligung von Sachverständigen der EU und der Mitgliedstaaten.

Dieses differenzierte Vorgehen wird es der EU erlauben, die mit der Partnerschaft angebotenen Mobilitätsvorteile auf jene auszudehnen, die sich als gewillt und in der Lage erweisen, insbesondere in jenen Bereichen Fortschritte zu erzielen, die für die EU von besonderem Gewicht sind.

Die Mobilitätspartnerschaft wird auf politischer Ebene zwischen der EU, ihren Mitgliedstaaten und dem betreffenden Partnerland beschlossen und entsprechend den Ansinnen und Vereinbarungen beider Seiten sämtliche (legislativen wie praktischen) Maßnahmen umfassen, um zu gewährleisten, dass der Personenverkehr zwischen der EU und dem betreffenden Partnerland geregelt und sicher ist. Somit würden sämtliche relevanten Maßnahmen in einem systematischen und umfassenden Ansatz gebündelt.

Diese Maßnahmen sollten dazu beitragen, die Kapazitäten für die Steuerung von Migration und Mobilität in den Ländern des südlichen Mittelmeerraums und in Bezug auf die EU in sämtlichen Bereichen des EU-Gesamtansatzes zur Migration zu stärken, der darauf abzielt, 1) die legale Migration besser zu organisieren, 2) die positiven Auswirkungen der Migration auf die Entwicklung zu optimieren und 3) die illegale Einwanderung wirksam zu bekämpfen. Ferner würde die Partnerschaft Maßnahmen einschließen, mit denen die Rechte der Migranten unabhängig davon, ob sie aus dem Partnerland stammen oder aus Drittländern und zu Transitzwecken eingereist sind, gestärkt und geachtet werden sollen.

Im Hinblick auf die Asylpolitik würden die Mobilitätspartnerschaften darauf abzielen, die Gewährung von internationalem Schutz in den Partnerländern zu verbessern. Initiativen zur Integration in den EU-Mitgliedstaaten, die auch den Herkunftsländern zugute kommen, sollten ebenfalls Teil der Mobilitätspartnerschaften sein. Eine erfolgreiche Integration in den Aufnahmeländern schafft bessere Voraussetzungen für einen Beitrag zur Entwicklung in den Herkunftsländern und für eine erfolgreiche Wiedereingliederung von Rückkehrern.

Weitere Bestandteile der Mobilitätspartnerschaften sollten ein Kapazitätsaufbaupaket für die Partnerländer, das auf deren Bedarf zugeschnitten ist, sowie Maßnahmen bilden, die auf Vorschlägen und Anregungen sowohl der betroffenen Länder als auch der EU und ihrer Mitgliedstaaten beruhen. Letztere werden sich voll und aktiv an der Durchführung der Maßnahmen beteiligen. Entsprechende Kapazitätsaufbaumaßnahmen im Bereich Migration, Mobilität und Integration wären zum Beispiel:

- Erweiterung und Förderung legaler Einwanderungsmöglichkeiten für potenzielle Migranten entsprechend dem ermittelten Arbeitskräftebedarf in der EU und anderen Zielländern;

- regelmäßiger Erfahrungsaustausch der staatlichen Beschäftigungsbehörden, um zu einer erfolgreichen aktiven Arbeitsmarktpolitik in den Herkunftsländern beizutragen und damit die Beschäftigungsfähigkeit und –aussichten von Drittstaatsangehörigen zu verbessern;

- Aufbau von Kapazitäten im Partnerland (für die Anwerbung von Migranten, die Anerkennung ihrer Qualifikationen sowie ihre Rückkehr und Wiedereingliederung), um die legale Migration besser zu organisieren;

- Förderung einer Politik des breitenwirksamen Wachstums mit Beschäftigung, Beschäftigungsfähigkeit und korrekten Arbeitsbedingungen, auch um dem Wegzug Qualifizierter Einhalt zu gebieten;

- Optimierung der positiven Auswirkungen der Migration auf die Entwicklung, u.a. durch Erleichterung kostengünstiger Heimatüberweisungen und Anreize zu deren Verwendung für nachhaltige Investitionen, intensivere Zusammenarbeit mit Diaspora-Verbänden und Maßnahmen gegen die Abwanderung von Fachkräften, sowie Berücksichtigung sozialer Aspekte der Migration;

- Verbesserung der Personenstandsregister in den Partnerländern sowie der von ihnen ausgestellten Ausweis- und Reisedokumente;

- Wahrung der Grundrechte aller Migranten einschließlich der Drittstaatsangehörigen;

- Unterstützung einer wirksamen Integration im Aufnahmeland und diskriminierungsfreier Umgang mit legalen Einwanderern;

- spezifische Hilfsangebote für Migranten, die zu schutzbedürftigen Personengruppen wie unbegleiteten Minderjährigen, Menschenhandelsopfern usw. gehören;

- Beratung beim Aufbau von Kapazitäten für die spezifische soziale, psychologische oder medizinische Betreuung von Migranten, auch mit dem Ziel einer Zusammenarbeit bei der Vorbeugung gegen übertragbare Krankheiten;

- Einhaltung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung und Angebot eines dauerhaften Schutzes für Personen, die Anspruch auf internationalen Schutz haben;

- Ausarbeitung und Anwendung einer Asylgesetzgebung im Partnerland entsprechend den internationalen Normen, u.a. in enger Zusammenarbeit mit dem UNHCR;

- Erleichterung der sozialen und beruflichen Wiedereingliederung von rückkehrwilligen Staatsangehörigen der Partnerländer;

- Hilfsangebote für die freiwillige Rückkehr von Drittstaatsangehörigen, die als illegale Einwanderer im Partnerland aufgegriffen wurden.

Mit diesen Kapazitätsaufbaumaßnahmen würde der Personenverkehr von Menschen aus den südlichen Mittelmeerländern in Richtung EU erleichtert. Der intensivere Personenverkehr könnte ferner durch folgende wichtige Instrumente flankiert werden:

- Die EU wird ihren Partnerländern den Abschluss von Visaerleichterungsabkommen anbieten. Der Inhalt dieser Abkommen sollte jedoch individuell für jedes Partnerland festgelegt und dem Einzelfall angepasst werden. Allerdings sollten sie grundsätzlich mindestens die Mobilität von Studenten, Forschern und Geschäftsleuten erleichtern.

- Den tatsächlichen Möglichkeiten und Bedürfnissen der an einer aktiven Mitwirkung in den Mobilitätspartnerschaften interessierten EU-Mitgliedstaaten und ihrer Arbeitsmärkte entsprechend und unter Berücksichtigung ihres Rechts, selbst zu bestimmen, wie viele Wirtschaftsmigranten sie aufnehmen wollen, könnten die Mobilitätspartnerschaften auch spezifische Regelungen zur Erleichterung der Arbeitskräftemigration zwischen ihnen und den Ländern des südlichen Mittelmeerraums umfassen. Diese Regelungen könnten dazu dienen, 1) spezifische Programme und/oder vereinfachte Rechtsrahmen für zirkuläre Migration (auch von Saisonarbeitskräften) aufzulegen, 2) Kapazitäten zur Lenkung von Heimatüberweisungen auf größeren wirtschaftlichen Nutzen aufzubauen, 3) Kapazitäten für eine effiziente Angleichung von Arbeitskräfteangebot und –bedarf und zur Steuerung von Rückkehr und Wiedereingliederung aufzubauen, 4) die Anerkennung beruflicher und akademischer Qualifikationen und Abschlüsse zu erleichtern, 5) einen Rechtsrahmen für die Übertragbarkeit sozialer Ansprüche aufzulegen und anzuwenden, 6) den Zugang zu Informationen über freie Stellen in den EU-Mitgliedstaaten zu verbessern, 7) aufbauend auf den Vorarbeiten der Europäischen Stiftung für Berufsbildung Maßnahmen zur besseren Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Ländern des südlichen Mittelmeerraums und den EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Qualifizierung und der Abstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu identifizieren.Darüber hinaus können interessierte Mitgliedstaaten entsprechend ihren Rechtsvorschriften auch andere Initiativen ergreifen, um den Bürgern des Partnerlandes den Zugang zu ihren Arbeitsmärkten zu erleichtern.

- Die oben skizzierte verstärkte Mobilität wird von der vorherigen Erfüllung einiger Voraussetzungen abhängig sein, die gewährleisten sollen, dass der Personenverkehr unter sicheren Rahmenbedingungen auf der Grundlage der geltenden Regelungen und der vereinbarten Modalitäten stattfindet. Diese Voraussetzungen können sich von Land zu Land je nach den festgestellten Fortschritten bei der Erfüllung der im individuellen Dialog mit dem Partnerland vereinbarten Ziele und dem Ausmaß ihrer Zusammenarbeit mit der EU unterscheiden.

Im Einzelnen könnten u.a. folgende Maßnahmen vereinbart werden:

- Regelungen für eine freiwillige Rückkehr ;

- Abschluss von Rückübernahmeabkommen mit der EU, die sich sowohl auf die eigenen wie auf die Angehörigen von Drittstaaten erstrecken, bei voller Einhaltung der bereits bestehenden Rückübernahmepflichten;

- Abschluss einer Arbeitsvereinbarung mit FRONTEX ;

- Aufbau von Kapazitäten in den Bereichen integriertes Grenzmamnagement , Dokumentensicherheit und Bekämpfung der organisierten Kriminalität einschließlich des Menschenhandels und der Schleusung von Migranten;

- Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Überwachung des Mittelmeers auch im Rahmen von EUROSUR, sobald das Projekt in Gang gekommen ist;

- erkennbarer Wille zur Zusammenarbeit mit der EU bei der Identifizierung der eigenen Staatsangehörigen und Einwohner insbesondere im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit und in Rückübernahme- und Auslieferungsverfahren;

- Ratifizierung und Anwendung des VN-Übereinkommens gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und seiner Protokolle über den Menschenhandel und die Schleusung von Migranten.

Eine Mobilitätspartnerschaft ist als ein langfristiger Rahmen auf der Grundlage von politischem Dialog und operationeller Zusammenarbeit konzipiert, der sich im Rahmen der allgemeinen Beziehungen zwischen der EU und dem Partnerland weiterentwickelt.

Im Vorfeld einer Mobilitätspartnerschaft wird ein hochrangiger Dialog zwischen der EU und den betroffenen Ländern eingerichtet, an dem die Mitgliedstaaten voll partizipieren und in dem beide Seiten ihre Standpunkte und Erwartungen austauschen und ihre Bedürfnisse sowie mögliche Kooperationsfelder klären könnten. Anschließend würden auf der politischen Ebene gemeinsame politische Beschlüsse gefasst. Dieser Dialog würde sowohl der Vorbereitung der Mobilitätspartnerschaft als auch der Kontrolle ihrer Umsetzung dienen.

In der Vorbereitungsphase würden die Länder des südlichen Mittelmeerraumes aufgefordert, Fortschritte beim Aufbau von Kapazitäten für eine wirksame Steuerung der Migration zu erzielen und zu sicheren Rahmenbedingungen für den Personenverkehr beizutragen, um die Voraussetzungen für eine faire und nachhaltige Mobilitätspartnerschaft zu schaffen. Die EU wird die Bemühungen der Partnerländer auch über ihre Agenturen (FRONTEX, EASO und Europol) sowohl technisch als auch finanziell unterstützen.

Die EU wird für die Unterstützung der Länder des südlichen Mittelmeerraums beim Aufbau von eigenen Kapazitäten zur Steuerung von Migration und Mobilität und zur Gewährleistung von Sicherheit und für ein langfristiges Engagement in dieser Richtung mehr finanzielle Mittel benötigen.

Die EU und ihre Dialogpartner werden daher gemeinsam überlegen müssen, wie sie im Rahmen der bestehenden Mittelausstattung Maßnahmen des Kapazitätsaufbaus und der Zusammenarbeit bestmöglich finanzieren können. Ähnliche Erwägungen gelten für das neue Finanzinstrument zur Förderung der Zusammenarbeit mit dem südlichen Mittelmeerraum unter dem nächsten EU-Finanzrahmen.

Neben den Mobilitätspartnerschaften sollten die EU-Mitgliedstaaten auch von Fall zu Fall den Ausbau ihrer konsularischen Präsenz in der Region z.B. durch die Einrichtung von EU-geförderten gemeinsamen Visumantragstellen in Betracht ziehen. Die Kooperation im Rahmen der lokalen Schengen-Zusammenarbeit sollte ferner verstärkt werden und die praktischen Verbesserungen und Flexibilitätsmöglichkeiten im Rahmen des EU-Visakodex , einschließlich der Senkung von Visumgebühren und der Ausstellung von Mehrfachvisa für Bona-fide-Reisende und spezielle Gruppen (wie Studenten, Forscher und Geschäftsleute) sollten ausschöpfend genutzt werden.

Langfristig könnte, soweit die Abkommen über Visaerleichterungen und Rückübernahme funktionieren und die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen und sicheren Personenverkehr gegeben sind, unter Berücksichtigung der allgemeinen bilateralen Beziehungen eine schrittweise Liberalisierung der Visumsvorschriften für einzelne Länder in Betracht gezogen werden.

Der Dialog mit den Ländern des südlichen Mittelmeerraums über Migration, Mobilität und Sicherheit soll schrittweise vollzogen werden und auch den Aufbau von Mobilitätspartnerschaften einschließen. Berücksichtigt werden hierbei 1) die allgemeinen Beziehungen zwischen der EU und dem betreffenden Land, 2) die aktuellen Kapazitäten im Partnerland zum Management der Migrationsströme und 3) der Wille des Partnerlandes, sich konstruktiv und wirksam an dem Dialog im Vorfeld dieser Partnerschaft zu beteiligen. Auf dieser Grundlage schlägt die Kommission vor, den Dialog mit Tunesien , Marokko und Ägypten zu beginnen.

FAZIT

Mit dieser Mitteilung und den in ihr enthaltenen Vorschlägen kommt die Kommission der Aufforderung des Europäischen Rates vom 24. März 2011 nach, „ vor der Tagung des Europäischen Rates im Juni einen Plan für den Ausbau der Kapazitäten zur Steuerung der Migration und der Flüchtlingsströme zu unterbreiten “.

Die Vorschläge ergänzen die Initiativen der Kommission vom 4. Mai für ein stärker strukturiertes, umfassendes und schnelle Reaktionen ermöglichendes Konzept der EU für die Herausforderungen und Chancen der Migration, einschließlich strengerer Grenzkontrollen und Schengen-Governance, Vollendung des gemeinsamen europäischen Asylsystems und gezielterer legaler Migration.

Die Kommission ist bereit, an diesem Plan und seiner Verwirklichung auf der Grundlage der Vorgaben, die der Europäische Rat auf seiner Tagung am 24. Juni 2011 machen wird, weiter mitzuarbeiten.

Die Kommission ist zuversichtlich, dass die EU mit den vorgeschlagenen Maßnahmen ihrer Verantwortung gerecht werden kann, und überzeugt, dass eine wahrhaft europäische Antwort auf diese Herausforderungen unumgänglich ist. Diese Antwort wird jedoch nur Wirkung entfalten, wenn sich die Mitgliedstaaten untereinander solidarisch verhalten, die Länder auf der gegenüberliegenden Seite des Mittelmeeres partnerschaftlich mitwirken und sämtliche verfügbaren Mittel und Instrumente mobilisiert werden.