28.12.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 354/16


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Integration von Arbeitsmigranten“ (Sondierungsstellungnahme)

2010/C 354/03

Berichterstatter: Luis Miguel PARIZA CASTAÑOS

Mit Schreiben vom 23. Juli 2009 ersuchte der spanische Staatssekretär für die Europäische Union beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit, Diego LÓPEZ GARRIDO, im Namen des künftigen spanischen Ratsvorsitzes den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um die Erarbeitung einer Sondierungsstellungnahme zum Thema

„Integration von Arbeitsmigranten“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 23. Februar 2010 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 461. Plenartagung am 17./18. März 2010 (Sitzung vom 17. März) mit 138 gegen 5 Stimmen bei 8 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Vorschläge

1.1   Der EWSA stellt den europäischen Mehrwert der Beschäftigungs-, Einwanderungs- und Integrationspolitik heraus. Rein nationale Maßnahmen greifen nicht, weshalb der europäische Sockel dieser Politiken ausgebaut werden muss.

1.2   Arbeitsmigrantinnen und -migranten leisten einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand in Europa. Aufgrund der demografischen Situation muss die EU künftig mehr neue Einwanderer aufnehmen.

1.3   Sowohl im Hinblick auf die wirtschaftliche Effizienz als auch auf den sozialen Zusammenhalt sind Verbesserungen in den Integrationsprozessen notwendig. Die Beschäftigung ist ein eine wesentliche Komponente der Integration.

1.4   Integration ist ein gegenseitiger gesellschaftlicher Prozess der reziproken Anpassung, der durch gute Verwaltung und Gesetzgebung unterstützt werden muss. Der EWSA fordert den Rat auf, eine Rahmenrichtlinie anzunehmen, die ein gemeinsames System von Rechten für alle Arbeitsmigranten gewährleistet und für bessere Rechtsvorschriften zur Verhinderung von Diskriminierungen sorgt.

1.5   Die Integration am Arbeitsplatz zu Bedingungen der Chancengleichheit und Gleichbehandlung ist ebenfalls eine Herausforderung für die Sozialpartner und muss von diesen bei den Tarifverhandlungen und im Rahmen des sozialen Dialogs - auch auf europäischer Ebene - gefördert werden. Die Arbeitsmigrantinnen und -migranten müssen eine positive Einstellung zur Integration haben.

1.6   Die Unternehmen sind in einem immer vielfältigeren Umfeld tätig. Sie sollten im Hinblick auf die kulturelle Vielfalt einen positiven Ansatz verfolgen, um die Integration zu verbessern und zugleich ihre Chancen auszubauen.

1.7   Der EWSA schlägt der Kommission vor, den Ausschuss um eine Sondierungsstellungnahme bezüglich der Einrichtung einer europäischen Plattform für den Dialog über die Steuerung der Arbeitsmigration zu ersuchen. Die Schaffung dieser Plattform ist im Stockholmer Programm vorgesehen.

2.   Gegenstand der Stellungnahme

2.1   Der spanische Ratsvorsitz hat den EWSA um Ausarbeitung einer Sondierungsstellungnahme ersucht, die eine Verbesserung der Integration der Arbeitsmigranten in der EU zum Gegenstand hat. Der Ausschuss wird sich daher in seiner Stellungnahme mit der Beschäftigungsintegration von Arbeitsmigranten und mit anderen unmittelbar oder mittelbar mit dem Arbeitsmarkt zusammenhängenden Aspekten beschäftigen.

2.2   Auf allgemeine Fragen der Einwanderungs- und Integrationspolitik wird nur insoweit eingegangen, wie sie direkt mit dieser Stellungnahme zusammenhängen. Der Ausschuss hat eine ganze Reihe von Stellungnahmen zur Integrationsthematik vorgelegt (1), die einen allgemeineren Ansatz verfolgten, und eine Initiativstellungnahme zur stärkeren Berücksichtigung der Integration in der neuen sozialpolitischen Agenda der EU im Hinblick auf die Themen allgemeine und berufliche Bildung, Geschlechtergleichstellung, Gesundheitsfürsorge, Wohnraum, Familien- und Jugendpolitik, Armut und soziale Ausgrenzung usw. erarbeitet.

2.3   Europa muss in der gemeinsamen Einwanderungspolitik den integrativen Ansatz stärken. Der Ausschuss hat eine ständige Studiengruppe „Einwanderung und Integration“ eingerichtet, die bei den Initiativen des Europäischen Integrationsforums mitwirken soll.

2.4   Der Vertrag von Lissabon bietet nunmehr eine solidere Rechtsgrundlage (2) für Maßnahmen der EU, „mit denen die Bemühungen der Mitgliedstaaten um die Integration der sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhaltenden Drittstaatsangehörigen gefördert und unterstützt werden“.

3.   Einwanderer leisten einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum Wohlstand in Europa

3.1   In den letzten Jahren hat Europa zahlreiche Menschen aufgenommen, die auf der Suche nach neuen Chancen aus Drittländern eingewandert sind. Die von vielen europäischen Regierungen praktizierte restriktive Politik beschränkt jedoch die Möglichkeiten der Unternehmen, Arbeitsmigranten legal einzustellen.

3.2   Die Europäische Kommission stellte in ihrem Bericht über die Beschäftigung in Europa 2008 (3) Folgendes fest: „Seit 2000 haben die Einwanderer einen wichtigen Beitrag zum EU-weiten Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum geleistet, indem sie Arbeitskräfte- und Qualifikationslücken füllten und die Arbeitsmarktflexibilität erhöhten“.

3.2.1   Im Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2009/2010 (4) konstatierte die Kommission, dass es in der EU trotz der Beschäftigungskrise in einigen Ländern und für bestimmte Fachkräfte nach wie vor einen Arbeitskräftemangel gibt. Die Kommission schlägt zudem verstärkte Bemühungen um die Integration von bereits in der EU lebenden Migranten vor, die die Krise besonders hart trifft. Überdies sollen die Unternehmen ermuntert werden, Mitarbeiter unterschiedlicher Herkunft zu beschäftigen und sog. Chartas für Vielfalt umzusetzen.

3.3   21 % des seit 2000 in der EU erreichten BIP-Wachstums und 25 % der in dieser Zeit neu geschaffenen Arbeitsplätze wurden durch den Beitrag der Einwanderer ermöglicht, wobei es in einigen Wirtschaftszweigen zu einer Stagnation oder zu einem gebremsten Wachstum gekommen wäre, hätten nicht Arbeitsmigrantinnen und -migranten einen Großteil dieser Arbeitsplätze besetzt.

3.4   Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die für die Beschäftigung von Staatsangehörigen der neuen Mitgliedstaaten bestehenden Beschränkungen in mehreren Ländern aufgehoben wurden (Vereinigtes Königreich, Irland, Schweden usw.).

3.5   Der Ausschuss möchte die Bedeutung des Unternehmergeistes vieler Einwanderer herausstellen, die Unternehmen in Europa gründen und dadurch zu mehr Beschäftigung und Wohlstand beitragen, obgleich die Einwanderungsgesetze kaum überwindbare Hürden darstellen.

3.6   Die Einwanderung in die einzelnen Mitgliedstaaten der EU ist unterschiedlich stark, wobei allerdings in den Ländern, die mehr Migranten aufnehmen, ein größeres Wachstum von Wirtschaft und Beschäftigung zu beobachten ist. In einigen Mitgliedstaaten wie Spanien, dem Vereinigten Königreich, Irland, Italien und anderen Ländern ist dieses prozentuale Wachstum besonders hoch (5).

3.7   Die verstärkte Zuwanderung in die europäischen Gesellschaften verursacht auch neue Probleme und stellt den sozialen Zusammenhalt vor eine große Herausforderung. Die europäischen Gesellschaften stehen vor zahlreichen sozialen Problemen, die die Einwanderung mit sich bringt und die im Rahmen eines umfassenden Ansatzes angegangen werden müssen, wie der EWSA in den mehreren Stellungnahmen gefordert hat.

3.8   Nach Ansicht des Ausschusses machen viele dieser sozialen Probleme (Rassismus, Kriminalität, Gewalt gegen Frauen, Ausgrenzung, schulisches Versagen usw.) deutlich, dass die Integration verbessert werden muss. Oft sind die Behörden, insbesondere auf lokaler Ebene, mit diesen Problemen überfordert.

3.9   Mitunter wird durch eine bewusst übertriebene Medienberichterstattung über Einwanderungsprobleme Unruhe in der Bevölkerung gestiftet. Auch einige Politiker nutzen die Problematik in opportunistischer und unverantwortlicher Weise für ihre Zwecke.

3.10   Der Ausschuss stellt mit Besorgnis fest, dass sich Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in vielen Bereichen der Gesellschaft ausbreiten. Extremistische Parteien und Bewegungen nutzen einwanderungsspezifische Probleme, um in der Bevölkerung Ängste zu schüren und eine Politik der Intoleranz, Gewalt und Missachtung der Menschenrechte zu propagieren.

3.11   Rassenhass ist ein Straftatbestand, wird von den führenden Kräften in Politik und Gesellschaft jedoch häufig in unannehmbarer Weise toleriert. Die Polizei und Justiz, die Meinungsführer, Medien und die Politik müssen ihre Einstellung dazu ändern, den Rassismus entschiedener bekämpfen und stärker erzieherisch auf die Gesellschaft einwirken.

4.   Die Zuwanderung nach Europa wird zunehmen

4.1   Aus der demografischen Situation in der EU lässt sich folgern, dass wegen der Bevölkerungsalterung und niedrigen Geburtenrate in Zukunft zahlreiche Arbeitsmigrantinnen und –migranten für den Arbeitsmarkt benötigt werden. Den neuesten demografischen Prognosen von Eurostat zufolge wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter ab dem Jahr 2012 sinken, selbst wenn man für dieses Jahrzehnt eine Zuwanderung von 1,5 Mio. Menschen pro Jahr annimmt. Nimmt die Einwanderung in den nächsten zehn Jahren nicht zu, wird sich die Gesamtbevölkerung im erwerbsfähigen Alter um 14 Mio. Menschen verringern.

4.2   Auf der anderen Seite wird die internationale Arbeitsmobilität mit Sicherheit weltweit zunehmen, da zahlreiche Menschen mangels würdiger Arbeitsmöglichkeiten in ihren Heimatländern gezwungen sind, auszuwandern. Ein Teil davon möchte nach Europa kommen, um dort neue berufliche und persönliche Chancen zu suchen.

4.3   Nach Auffassung des EWSA liegt eine große Chance darin, dass neue Zuwanderer ihre Migrationspläne in Europa verwirklichen wollen.

4.4   Nach Ansicht des Ausschusses bedarf es politischer Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Integration, damit die Arbeitsmigranten ihre Chancen bekommen und die europäischen Gesellschaften den sozialen Zusammenhalt verbessern können. Denn der Erfolg der Migration sowohl für die zugewanderten Arbeitnehmer als auch für die Aufnahmegesellschaft hängt davon ab, wie die Integration verläuft.

4.5   Die Wirtschaftskrise und der Anstieg der Arbeitslosigkeit treffen alle Bereiche der Gesellschaft, inländische Arbeitnehmer wie Zuwanderer. Den Arbeitsmarktdaten in Europa zufolge sind gering qualifizierte Arbeitsmigranten, die Beschäftigungen von minderer Qualität nachgehen, die ersten Opfer der Krise, wobei Migrantinnen am stärksten von der Arbeitslosigkeit betroffen sind.

4.6   Ungeachtet der derzeitigen Rezession und der Zunahme der Arbeitslosigkeit in Europa lassen die demografischen Untersuchungen darauf schließen, dass nach Überwindung der Krise und bei Wiedererreichen des Wirtschaftswachstums und Beschäftigungsniveaus der Beitrag neuer Zuwanderer notwendig sein wird, um den Bedarf der europäischen Arbeitsmärkte ergänzend zu decken, wobei es die Besonderheiten jedes Mitgliedstaats zu berücksichtigen gilt.

5.   EU-Rechtsvorschriften über die Aufnahme von Migranten - eine noch ausstehende Aufgabe

5.1   Die EU hat vor zehn Jahren den Weg hin zu einer gemeinsamen Einwanderungspolitik eingeschlagen, wobei die größten Schwierigkeiten in der Ausarbeitung von gemeinsamen Rechtsvorschriften über die Aufnahme neuer Zuwanderer liegen, da jeder Mitgliedstaat hier eigene Gesetze mit ganz unterschiedlichen Ansätzen hat.

5.2   Die politischen Maßnahmen und Rechtsvorschriften im Bereich Einwanderung und Arbeitserlaubnis hängen mit der Entwicklung der Arbeitsmärkte zusammen, weshalb die Sozialpartner aktiv an diesen Maßnahmen und Vorschriften mitwirken müssen. Die Achtung der Menschenrechte der Zuwanderer muss allerdings auch hier den Ausgangspunkt bilden.

5.3   Nach Ansicht des Ausschusses sollten Einwanderungsvorschriften die Integration erleichtern, wobei die Arbeitsmigranten dabei als neue Bürger, als Menschen mit Rechten angesehen werden müssen, die es zu schützen gilt, und nicht nur als Arbeitskräfte zur Deckung des Bedarfs der Arbeitsmärkte.

5.4   Die Sozialpartner müssen auf den verschiedenen Ebenen beteiligt werden. Der Ausschuss nimmt den Vorschlag der Kommission, eine europäische Plattform für den Dialog über die Steuerung der Arbeitsmigration einzurichten, an der sich die Sozialpartner beteiligen können, mit Interesse zur Kenntnis.

5.5   Der EWSA hat eine gemeinsame Einwanderungspolitik und harmonisierte Rechtsvorschriften vorgeschlagen, damit die Zuwanderer regulär nach Europa kommen, dort fair behandelt werden, ihre Grundrechte geschützt werden und die Integration verbessert wird.

5.6   Europa hat seine Zuwanderer jedoch nicht mit angemessenen Rechtsvorschriften und Maßnahmen empfangen, sondern in den meisten Ländern mit einer restriktiven Politik und einem erschwerenden Recht, weshalb viele Migranten irregulär eingewandert sind und sich gezwungen sehen, in der Schattenwirtschaft zu arbeiten. Nach Ansicht des Ausschusses sollte die EU neue Initiativen für die Überführung ungeregelter Arbeit in legale Beschäftigungsverhältnisse ergreifen.

5.7   Der EWSA ist auch der Auffassung, dass durch Erleichterungen bei der legalen Einwanderung die irreguläre Migration zurückgedrängt werden kann und damit die Gefahr, dass einige Migranten ohne geregelten Status Opfer krimineller Netze von Menschenhändlern und Schleppern werden. Das Stockholmer Programm umfasst neue Verpflichtungen der EU zur Bekämpfung dieser kriminellen Netze.

5.8   Die restriktive Politik wirkt sich nach Ansicht des EWSA sehr nachteilig auf die Integration aus, da sie die Zuwanderer als unwillkommene Menschen stigmatisiert, die nicht gut akzeptiert werden.

5.9   Mitunter ging diese Politik mit einem politischen und gesellschaftlichen Diskurs einher, der Zuwanderer kriminalisiert, ausgrenzt und Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung Vorschub leistet.

5.10   Der Rahmen ist vorgegeben vom Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl, der in den nächsten Jahren im Zuge des Programms von Stockholm ausgestaltet wird. Durch den Vertrag von Lissabon wird es voraussichtlich einfacher, im Rat Beschlüsse zu fassen, und auch das Mitentscheidungsverfahren mit dem Parlament wird die Harmonisierung der Rechtsvorschriften erleichtern.

5.11   Der EWSA hätte sich eine bereichsübergreifende horizontale Rechtsvorschrift gewünscht, doch Rat und Kommission haben sich für die Ausarbeitung sektorspezifischer Richtlinien entschieden. Die jüngst eingeführte Blue Card (6) soll die Aufnahme hochqualifizierter Arbeitskräfte ermöglichen. Die Kommission plant, in den nächsten Monaten weitere neue Richtlinienvorschläge auszuarbeiten.

5.12   Für den Ausschuss ist es von grundlegender Bedeutung, dass die EU angemessene Rechtsvorschriften über die Aufnahme von Migranten erlässt, denn die Integration hängt unmittelbar mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung zusammen. Aus diesem Grund hat der EWSA (7) den Kommissionsvorschlag für eine Rahmenrichtlinie über die Rechte der Arbeitsmigranten (8) (mit einer Reihe von Verbesserungsvorschlägen) begrüßt. Die derzeitige, dem Rat vorliegende Fassung verfolgt einen Ansatz, der für die Zivilgesellschaft und den Ausschuss unzureichend und nicht akzeptabel ist.

5.13   Der Rat sollte die Rahmenrichtlinie annehmen, um ein angemessenes System von Rechten für alle Arbeitsmigranten zu gewährleisten und Diskriminierungen zu verhindern. Der Ausschuss schlägt dem spanischen Vorsitz vor, der Debatte im Rat über die Rahmenrichtlinie eine neue Richtung zu geben, damit diese schnell angenommen wird, unter der Voraussetzung, dass darin EU-weit ein angemessenes System von gemeinsamen Rechten auf der Grundlage der Gleichbehandlung vorgesehen ist, was insbesondere für die beschäftigungsrelevanten und sozialen Rechte der Arbeitsmigranten gilt.

5.14   Der EWSA hat unlängst eine Initiativstellungnahme zur Wahrung der Grundrechte in den Einwanderungsvorschriften (9) verabschiedet, in der ein weiterentwickelter Rahmen von Rechten und Pflichten vorgeschlagen wird. Überdies ist eine Änderung der Richtlinie über die Familienzusammenführung notwendig.

6.   Arbeit als grundlegender Teil des Integrationsprozesses

6.1   Integration ist ein gegenseitiger gesellschaftlicher Prozess der reziproken Anpassung, an dem sowohl die Zuwanderer als auch die Aufnahmegesellschaft beteiligt sind. Dies ist das erste der gemeinsamen Grundprinzipien für die Integration, die 2004 vom Rat angenommen wurden.

6.2   Bei der Integration müssen die Behörden, Sozialpartner und Verbände energisch vorangehen. Die Politik kann diese gesellschaftlichen Prozesse fördern, und auch die aktive Beteiligung der Zivilgesellschaft ist von entscheidender Bedeutung. In einer anderen Stellungnahme (10) hat der EWSA die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften hervorgehoben.

6.3   Auch die Arbeitsmigrantinnen und -migranten müssen eine positive Einstellung zur Integration haben und sich die Sprache, das Recht sowie die Sitten und Bräuche des Aufnahmelandes aneignen.

6.4   Der EWSA unterstützt engagiert und gemeinsam mit der Kommission die Tätigkeit des Europäischen Integrationsforums und möchte erneut hervorheben, dass es dabei auf die Beteiligung und Konsultation der zivilgesellschaftlichen Organisationen auf den verschiedenen Verwaltungs- und Regierungsebenen ankommt.

6.5   Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund geht über den in dieser Stellungnahme behandelten Bereich der Beschäftigung hinaus, wobei ihr in der Familie, der Schule bzw. Universität, dem Leben im Ort, Dorf oder Kiez, den religiösen Einrichtungen, Sport- und Kulturvereinen usw. besondere Bedeutung zukommt.

6.6   Die Beschäftigung ist eine wesentliche Komponente des gesellschaftlichen Integrationsprozesses, denn eine Erwerbstätigkeit unter würdigen Arbeitsbedingungen ist von entscheidender Bedeutung dafür, dass die Einwanderer wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen können, und fördert zudem die sozialen Kontakte und das gegenseitige Verständnis von Migranten und Aufnahmegesellschaft.

6.7   Die Grundlage des sozialen Europas bildet die Arbeit, wobei die Integration wesentliche Voraussetzung dafür ist. Die europäischen Unternehmen sind dabei unerlässliche Partner; für sie ist Integration ein wichtiger Belang, für den sie sich engagieren.

6.8   Die Wirtschaftskrise und der Anstieg der Arbeitslosigkeit schwächen derzeit die Integrationsprozesse und verschärfen bestimmte Konflikte in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Der EWSA hält unter diesen Umständen vermehrte Integrationsbemühungen aller Beteiligten - Zuwanderer, Behörden, Sozialpartner und Zivilgesellschaft - für erforderlich.

6.9   Die nach Europa zugewanderten Arbeitnehmer müssen gerecht behandelt werden und genießen den Schutz der internationalen Menschenrechtskonventionen und der in den Übereinkommen der ILO verankerten Grundsätze und Rechte. In einer anderen Stellungnahme (11) hat der EWSA die Rechte und Pflichten von Arbeitsmigrantinnen und -migranten aufgezählt, die seiner Ansicht nach in den europäischen Rechtsvorschriften garantiert werden müssen.

6.10   Der EWSA ist der Auffassung, dass legislative und staatliche Maßnahmen durch die Mitwirkung der Sozialpartner ergänzt werden müssen, denn die Eingliederung in die Arbeitswelt ist auch eine Frage der sozialen Einstellung und des Engagements von Gewerkschaften und Arbeitgebern.

6.11   Die staatlichen Arbeitsagenturen sollten Programme einleiten, die den Einwanderern den Zugang zu einer Beschäftigung erleichtern. Dazu gehört eine einfachere Anerkennung beruflicher Qualifikationen, eine bessere und diskriminierungsfreie Sprach- und Berufsausbildung und eine angemessene Information über die Beschäftigungsverhältnisse im Aufnahmeland.

6.12   Den Gewerkschaften, Unternehmerverbänden, Migrantenvereinigungen und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft kommt eine sehr wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, die Informationen weiterzuleiten und den Einwanderern den Zugang zu einer Beschäftigung zu erleichtern.

6.13   Die meisten Unternehmen in Europa sind kleine und mittelständische Firmen; diese stellen auch die Mehrheit der Arbeitsplätze für Erwerbstätige - darunter Migranten - und sind daher der Ort, an dem sich die gesellschaftlichen Integrationsprozesse zum großen Teil vollziehen.

7.   Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung als Grundpfeiler der Integration

7.1   Wesentliche Bedeutung misst der EWSA der Frage bei, wie die Behörden und Unternehmen Arbeitsmigranten aufnehmen und behandeln, denn diese werden inländischen Arbeitnehmern gegenüber oft benachteiligt.

7.2   Die Situation ist in den einzelnen Mitgliedstaaten recht unterschiedlich, weil auch das Arbeitsrecht und die gesellschaftlichen Gepflogenheiten unterschiedlich sind. Allerdings haben in Europa viele Arbeitsmigranten Nachteile und Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche, wie die fehlende Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse. Zudem sprechen sie häufig die Sprache nicht und kennen auch die Gesetze, Gepflogenheiten und sozialen Einrichtungen nicht.

7.3   Wirksame Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierungen bilden den Ausgangspunkt, doch gibt es auf nationaler Ebene nach wie vor Bestimmungen, die zwischen einheimischen und zugewanderten Arbeitnehmern unterscheiden, wobei letztere insbesondere aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder ethnischen oder kulturellen Herkunft direkt oder indirekt diskriminiert werden.

7.4   Die Gleichbehandlung und Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen bilden die Grundpfeiler der Integrationspolitik. Ausgehend von einem auf Gegenseitigkeit beruhenden Integrationskonzept hält es der Ausschuss für erforderlich, dass die Unternehmen, Gewerkschaften und Behörden den Arbeitsmigranten eine Gleichbehandlung angedeihen lassen und jede Form der Diskriminierung verhindern.

7.5   Arbeitgeber und zugewanderte Arbeitnehmer müssen das geltende Arbeitsrecht und die Tarifverträge in den jeweiligen Unternehmen oder Branchen gemäß den einzelstaatlichen Gesetzen und der jeweiligen Praxis einhalten. Der Ausschuss weist darauf hin, dass Rassismus und Diskriminierungen kriminelle Verhaltensweisen sind und auch in den Unternehmen im Rahmen des Arbeitsrechts verfolgt werden müssen.

7.6   Im Hinblick auf eine leichtere Integration in die Arbeitswelt müssen die Arbeitsmigrantinnen und -migranten über die arbeitsrechtlichen Gesetzesvorschriften und die Tarifverträge, die ihre Rechte und Pflichten am Arbeitsplatz regeln, informiert werden.

7.7   Eine integrative Politik und Gesellschaft erleichtert den Arbeitsmigranten die Wahrnehmung von Chancen und Programmen für die Integration, die die Behörden anbieten müssen, z.B. Kurse, um sich mit der Sprache, dem Recht und den Gepflogenheiten vertraut zu machen.

7.8   Die EU-Richtlinien zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (12) und zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (13) sind wesentliche Rechtsinstrumente zur Festlegung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Praktiken zur Bekämpfung von Diskriminierungen und zur Förderung der Integration in die Arbeitswelt.

7.9   Das Europäische Parlament hat unlängst eine Entschließung zu der neuen Antidiskriminierungsrichtlinie (14), die die bereits geltenden Richtlinien ergänzt, verabschiedet. Auch der EWSA nahm Stellung, unterstützte den Vorschlag der Kommission und empfahl, Mehrfachdiskriminierung zu berücksichtigen. Mit dieser neuen Richtlinie, deren Annahme noch aussteht, wird das Prinzip der Nichtdiskriminierung auf andere Bereiche wie Bildung, Gesundheitsfürsorge, soziale Sicherheit und Wohnraum ausgedehnt.

7.10   Nach Ansicht des EWSA wurden die Antidiskriminierungsrichtlinien nicht richtig in einzelstaatliches Recht umgesetzt, weshalb es in mehreren Mitgliedstaaten keine wirksamen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierungen gibt. Die neue Richtlinie wird, wenn sie angenommen wird, ein sehr gutes Rechtsinstrument sein.

7.11   Die Sozialpartner haben eine entscheidende Bedeutung für das Funktionieren der Arbeitsmärkte und bilden die Grundpfeiler des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in Europa; daher kommt ihnen eine wichtige Rolle bei der Integration zu. In den Tarifverhandlungen müssen sie ihrer Verantwortung für die Integration von Einwanderern gerecht werden und dafür sorgen, dass die Tarifverträge, arbeitsrechtlichen Vorschriften und Beschäftigungspraktiken frei von allen Formen mittelbarer oder unmittelbarer Diskriminierung sind.

7.12   Bei Tarifverhandlungen - insbesondere auf Unternehmensebene - muss sichergestellt werden, dass die Chancengleichheit beim Zugang zu einer Beschäftigung und bei der Einstellung durch entsprechende Mechanismen gewährleistet wird. Auf diesem Gebiet kommt es vor allem darauf an, dass Instrumente zur Verhinderung nicht nur direkter, sondern auch indirekter Diskriminierungen vorhanden sind.

7.13   Der Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Entlohnung und den Arbeitsbedingungen ist jedoch derzeit in der Praxis für viele Arbeitsmigranten nicht gewahrt. Die Sozialpartner und die Arbeitsbehörden müssen Verfahren zur Vermeidung von Diskriminierungen erarbeiten und die Gleichbehandlung aktiv fördern.

7.14   In Europa gibt es zunehmend zweigleisige Arbeitsmodelle mit Qualitätsarbeitsplätzen für die meisten Unionsbürger und für hochqualifizierte Zuwanderer und mit Tätigkeiten minderer Qualität für die meisten Zuwanderer. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse sind daher ebenfalls ein diskriminierender Faktor, bei dem Einwanderer als Arbeitskräfte, die sich in einer besonders schwachen Position befinden, ausgenutzt werden.

7.15   Der EWSA hat in mehreren Stellungnahmen Verbesserungen an den einzelstaatlichen Systemen zur Anerkennung von Qualifikationen und Abschlüssen (15) sowie ein EU-weites System der Anerkennung, das Arbeitsmigranten offen steht (16), vorgeschlagen. In vielen europäischen Unternehmen üben Einwanderer Tätigkeiten aus, die unter dem Niveau ihrer Abschlüsse liegen.

7.16   Auch bei der Entwicklung ihrer beruflichen Laufbahn und Karriere müssen Einwanderer Nachteile und Diskriminierungen in Kauf nehmen. In den arbeitsrechtlichen Gesetzesvorschriften, den Tarifverträgen und der Praxis in den Unternehmen muss die Wahrung des Grundsatzes der Chancengleichheit auch im Hinblick auf die Förderung und den Aufstieg im Beruf sichergestellt werden. Dabei müssen die Sozialpartner neue Initiativen in die Wege leiten.

7.17   Berufliche und beschäftigungsbezogene Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sind sehr wichtige Instrumente zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitsmigranten, in einigen Ländern wird Drittstaatsangehörigen jedoch der Zugang zu diesen Angeboten gesetzlich oder in der Praxis ganz oder teilweise verwehrt. Nach Ansicht des EWSA müssen die Behörden und Sozialpartner Arbeitsmigranten den gleichberechtigten Zugang zu Bildungsangeboten ermöglichen.

7.18   Einige Mitgliedstaaten führen in Zusammenarbeit mit Unternehmen Weiterbildungsprogramme in den Herkunftsländern durch, die Drittstaatsangehörige vor dem Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung vorbereiten und ihnen bei der späteren Integration in die Arbeitswelt in Europa helfen sollen.

7.19   Die Europäische Union hat die Frage der Übertragbarkeit von Rentenansprüchen für europäische Arbeitnehmer noch nicht befriedigend gelöst. Auch Arbeitsmigranten haben viele Probleme mit nationalen Rechtsvorschriften, die keine angemessene Garantie für die während ihrer Tätigkeit in Europa erworbenen Rentenansprüche enthalten. Dafür gibt es sehr unterschiedliche Gründe, die mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und den Übereinkommen mit Drittstaaten zusammenhängen.

7.20   Der Ausschuss schlägt der Europäischen Kommission vor, eine Initiative - möglicherweise legislativer Art - auf den Weg zu bringen, die die Gewährleistung der Rentenansprüche von Arbeitsmigranten in der EU bei Wohnsitzwechsel innerhalb der EU oder bei Rückkehr in ihre Herkunftsländer oder Übersiedlung in einen Drittstaat erleichtert.

7.21   Die Gewerkschaften sollten zugewanderte Arbeitnehmer als Mitglieder aufnehmen und ihnen den Zugang zu Ämtern in Vertretungsorganen und leitenden Positionen erleichtern. Die meisten europäischen Gewerkschaften haben Verfahren zur Gewährleistung der Gleichbehandlung und der Bekämpfung von Diskriminierungen eingeführt.

7.22   Nach Ansicht des EWSA sind aktive Maßnahmen und neue Verpflichtungen der Sozialpartner nötig, mit denen integrationsfreundliches Sozialverhalten, Gleichbehandlung und Diskriminierungsbekämpfung in der Arbeitswelt gefördert werden. Ein geeigneter Rahmen für die Übernahme neuer Verpflichtungen durch die Sozialpartner auf der Ebene, die sie für angemessen halten, könnte der soziale Dialog auf europäischer Ebene sein.

7.23   Die Europäische Agentur für Grundrechte hat Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Herkunft auf den europäischen Arbeitsmärkten untersucht (17) und dabei festgestellt, dass es diese trotz der geltenden Rechtsvorschriften im großen Umfang gibt.

8.   Bewältigung der Vielfalt (Diversitätsmanagement)

8.1   Die Vielfalt der Gesellschaft in Europa nimmt immer mehr zu und wird in der Zukunft noch größer werden. Eine reibungslose Integration der Migranten in die Arbeitswelt kann nur durch einen positiven Ansatz für die kulturelle Vielfalt erreicht werden, was für Unternehmen und Arbeitnehmer von immer größerem Belang ist.

8.2   Großunternehmen haben eine eigene Unternehmenskultur, die sich allmählich zwischen den Beschäftigten, dem gesellschaftlichen Umfeld und in den Beziehungen zu den Kunden herausgebildet hat.

8.3   Europäische Unternehmen sind in zunehmend von Vielfalt geprägten Städten tätig. Der Ausschuss der Regionen und die Dubliner Eurofound-Stiftung haben über das CLIP-Netz (18) einen Erfahrungsaustausch im Hinblick auf ein besseres Diversitätsmanagement im öffentlichen Dienst geführt.

8.4   Die aus der Einwanderung herrührende kulturelle Vielfalt ist eine neue Herausforderung, der sich die Unternehmen stellen müssen, um ihre Unternehmenskultur durch die Integration neuer Arbeitnehmer auf den verschiedenen Ebenen - obere und mittlere Führungsebene und sonstige Beschäftigte - zu bereichern.

8.5   Auch die Globalisierung trägt dazu bei, dass sich die Unternehmen in einem neuen sozialen und kulturellen Umfeld bewegen müssen, um neue Märkte und Kunden mit einem anderen kulturellen Hintergrund zu erschließen.

8.6   Viele Unternehmen anerkennen den Nutzen des Diversitätsmanagements. Der sich in den letzten Jahrzehnten vollziehende Wandel hin zu einer Dienstleistungswirtschaft hat den Kontakt zwischen Unternehmen und Kunden stärker in den Mittelpunkt gerückt. Zudem hat die Globalisierung die Unternehmen veranlasst, neue Märkte in der ganzen Welt zu suchen. Damit nimmt die Vielfalt der Kunden und Nutzer zu, an die sich die Unternehmen wenden.

8.7   Durch ein gutes Diversitätsmanagement im Unternehmen können die Fähigkeiten aller Arbeitnehmer unterschiedlicher Herkunft und Kultur besser genutzt und die Außenbeziehungen des Unternehmens zu einem ebenfalls vielfältigen Markt effizienter gestaltet werden.

8.8   Unternehmen mit einem guten Diversitätsmanagement sind besser aufgestellt, um Talente aus allen Teilen der Welt anzuwerben und Kunden auf neuen Märkten zu akquirieren. Überdies können sie die Kreativität und Innovationsfähigkeit ihrer Beschäftigten verbessern, da alle Arbeitnehmer (auch die zugewanderten) günstige Rahmenbedingungen dafür vorfinden.

8.9   Kleinunternehmen haben häufig keine eigene Personalabteilung und benötigen deshalb ggf. die fachliche Unterstützung entsprechender Einrichtungen der Behörden und Unternehmerverbände.

8.10   Diversitätsmanagement basiert auf der strikten Anwendung der Grundsätze der Gleichbehandlung und Bekämpfung von Diskriminierungen. Es umfasst überdies Programme zur Eingliederung von Arbeitsmigranten, Maßnahmen, um kulturelle Unterschiede miteinander in Einklang zu bringen, Kommunikationsinstrumente, die den sprachlichen Unterschieden Rechnung tragen, Vermittlungskonzepte zur Lösung von Konflikten usw.

8.11   Erforderlich ist auch eine Schulung im Diversitätsmanagement. Die innerbetriebliche Schulung könnte auf verschiedene Zielgruppen ausgerichtet sein, nämlich Führungskräfte, Mittelmanagement und die Belegschaft insgesamt, und auch in Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen erfolgen.

8.12   Sowohl in den Unternehmen selbst als auch in den Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sollte es besondere Stellen für Diversitätsmanagement geben, die entsprechende Initiativen vorantreiben, die Ergebnisse evaluieren und Veränderungen auf den Weg bringen.

8.13   Die Behörden sollten beim Diversitätsmanagement in den Unternehmen mitwirken und durch finanzielle und steuerliche Anreize diejenigen Unternehmen unterstützen, die entsprechende Pläne aufstellen, sowie den Austausch vorbildlicher Verfahren, die Entwicklung von Schulungsprogrammen und von Kampagnen zur Förderung von Migranten fördern.

9.   Schwierigkeiten bei der Integration in der Schattenwirtschaft und irreguläre Zuwanderung

9.1   Arbeitsmigranten ohne gültige Papiere und ohne geregelten Aufenthaltsstatus sind gezwungen, in der Schattenwirtschaft und in ungeregelten Beschäftigungsverhältnissen zu arbeiten, womit diese Wirtschaftsbereiche in den Mitgliedstaaten mit den meisten irregulären Zuwanderern immer mehr an Gewicht gewinnen.

9.2   Zuwanderer ohne aufenthaltsrechtlichen Status werden durch bestimmte Arbeitgeber oft maßlos ausgebeutet. Der EWSA hat eine Stellungnahme (19) zum Richtlinienvorschlag der Kommission über Sanktionen gegen Arbeitgeber, die Einwanderer ohne geregelten Status ausbeuten, verabschiedet.

9.3   In der Hauswirtschaft beschäftigte Hilfskräfte ohne gültige Papiere befinden sich in einer besonders schwachen Position und müssen in einigen Fällen unter Bedingungen arbeiten, die an Sklaverei grenzen. In einigen nationalen Rechtsvorschriften gibt es keine umfassende Garantie für die Arbeitnehmerrechte und sozialen Rechte bei dieser Erwerbstätigkeit. Diese Probleme wiegen umso schwerer bei Betroffenen, die keinen Aufenthaltsstatus haben oder in der Schattenwirtschaft arbeiten. Der Ausschuss schlägt der Europäischen Kommission vor, neue Initiativen zum angemessenen Schutz der beschäftigungsrelevanten und beruflichen Rechte dieser Arbeitnehmerinnen zu ergreifen.

9.4   Seit einigen Jahren werden in bestimmten nationalen Rechtsvorschriften Hilfsorganisationen, die Zuwanderer ohne geregelten Status unterstützen, um ihre soziale Ausgrenzung zu vermeiden und ihre Integration zu erleichtern, rechtlich kriminalisiert. Der Ausschuss weist darauf hin, dass diese Rechtsvorschriften den Menschenrechten und dem ethischen Grundsatz der Solidarität widersprechen. Die Europäische Kommission und die Wiener Grundrechteagentur sollten diese Situationen beurteilen und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.

9.5   Die gesellschaftliche Integration von Zuwanderern ohne geregelten Status gestaltet sich vergleichsweise schwieriger, weshalb der Ausschuss vorgeschlagen hat, Verfahren zur Einzelfalllegalisierung zu entwickeln und dabei das soziale und berufliche Umfeld der Betroffenen zu berücksichtigen. Dies sollte auf der Grundlage der Verpflichtung erfolgen, die der Europäische Rat im Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl eingegangen ist (20), nämlich im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften Einzelfalllegalisierungen aus humanitären und wirtschaftlichen Gründen vorzunehmen, insbesondere in Sektoren mit besonders vielen Personen ohne geregeltem Status.

10.   Initiativen im Rahmen des Stockholmer Programms

10.1   Die Kommission hat vorgeschlagen, eine europäische Plattform für den Dialog über die Steuerung der Arbeitsmigration einzurichten, an der Unternehmer, Gewerkschaften, Arbeitsagenturen und weitere Betroffene teilnehmen sollen.

10.2   Der EWSA schlägt der Kommission vor, in ähnlicher Weise wie bei der Schaffung des Europäischen Integrationsforums den Ausschuss um Vorlage einer Sondierungsstellungnahme im Jahr 2010 zu ersuchen, damit er unter Einbeziehung aller Beteiligten Vorschläge für die Gestaltung dieser Plattform vorbringen kann, an der er mitwirken möchte.

10.3   Die Kommission hat zudem vorgeschlagen, dass die EU einen Einwanderungskodex beschließt, der den legalen Einwanderern einen einheitlichen Rechtsstatus, vergleichbar dem der europäischen Bürger, garantiert. Diese Kodifizierung der bestehenden Rechtstexte wird gegebenenfalls Änderungen nach sich ziehen, die der Vereinfachung oder Ergänzung der geltenden Vorschriften oder ihrer besseren Anwendung dienen.

10.4   Nach Ansicht des EWSA sollten die EU-Rechtsvorschriften über Einwanderung mit einem horizontalen gemeinsamen Rahmen (einem europäischen Statut) von Rechten einhergehen, der die Achtung und den Schutz der Rechte und Freiheiten der Einwanderer in Europa unabhängig von ihrer Berufsgruppe und ihrem rechtlichen Status gewährleistet. Die derzeit im Rat diskutierte Rahmenrichtlinie wäre, sofern sie mit einem hohen Schutzniveau angenommen würde, ein gutes Rechtsinstrument zum Schutze der Rechte der Einwanderer.

10.5   Der Ausschuss begrüßt die Initiative der Kommission zur Aufstellung eines europäischen Einwanderungskodex, vorausgesetzt, dass mit diesem Legislativvorschlag die Grundrechte der Einwanderer in einheitlicher und den Rechten der Gemeinschaftsbürger vergleichbarer Weise garantiert werden.

Brüssel, den 17. März 2010

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Mario SEPI


(1)  ABl. C 27 vom 3.2.2009; ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 29.

ABl. C 80 vom 30.3.2004;

ABl. C 318 vom 23.12.2006;

ABl. C 125 vom 27.5.2002;

ABl. C 208 vom 3.9.2003.

(2)  Artikel 79.

(3)  KOM(2008) 758 endg.

(4)  KOM(2009) 674 endg.

(5)  „The Economic and Fiscal Impact of Immigrants“, National Institute of Economic and Social Research, Oktober 2007, und „Coyuntura española - Los efectos de la inmigración sobre el empleo y los salarios“ Informe Mensual de la Caixa, núm 295, Oktober 2006.

(6)  Richtlinie 2009/50/EG.

(7)  ABl. C 27 vom 3.2.2009, S. 114.

(8)  KOM(2007) 638 endg.

(9)  ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 29.

(10)  ABl. C 318 vom 23.12.2006.

(11)  ABl. C 128 vom 18.5.2010, S. 29.

(12)  Richtlinie 2000/78/EG.

(13)  Richtlinie 2000/43/EG.

(14)  P6_TA(2009)0211.

(15)  Siehe insbesondere ABl. C 162 vom 25.6.2008, S. 90.

(16)  Vgl. u.a. ABl. C 218 vom 11.9.2009.

(17)  EU-MIDIS: European Union Minorities and Discrimination Survey, Main Results Report, Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, 9.12.2009.

(18)  Mehr als 30 europäische Städte umfassendes Netz für kommunale Maßnahmen zur Integration von Migranten unter der Verwaltung der Eurofound-Stiftung.

(19)  ABl. C 204 vom 9.8.2008.

(20)  Rat der EU, 13440/08, 24.9.2008.