16.6.2009 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 136/13 |
Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren
2009/C 136/04
1. GELTUNGSBEREICH UND ZWECK
1. |
Im Jahr 2005 nahm die Kommission den „Aktionsplan Staatliche Beihilfen: Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen — Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005-2009“ (1) (nachstehend „Aktionsplan“ genannt) an, um das Beihilfenregime nach dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft wirksamer, transparenter, glaubwürdiger und berechenbarer zu machen. Unter dem Leitmotiv „Weniger und besser ausgerichtete staatliche Beihilfen“ soll durch den Aktionsplan vor allem darauf hingewirkt werden, dass die Mitgliedstaaten den Gesamtumfang ihrer Beihilfen senken und zugleich die verbleibenden Beihilfen auf horizontale Ziele ausrichten, die im gemeinsamen Interesse liegen. Zu diesem Zweck soll gemäß dem Aktionsplan auch für Vereinfachungen sowie für mehr Effizienz und Berechenbarkeit bei den Beihilfeverfahren Sorge getragen werden. |
2. |
Mit diesem Verhaltenskodex möchte die Kommission ihre Entschlossenheit bekräftigen, die Verfahren so auszugestalten, dass sie den Interessen aller betroffenen Akteure bestmöglich gerecht werden. Der Verhaltenskodex stützt sich auf die Erfahrungen bei der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (2) sowie auf interne Studien der Kommission über die Dauer der einzelnen Phasen eines Beihilfeverfahrens, die Bearbeitung von Beschwerden und die Möglichkeiten zur Einholung von Informationen. Dieser Verhaltenskodex soll vor allem Erläuterungen zur Durchführung von Beihilfeverfahren in der Praxis geben und dadurch die Zusammenarbeit und das gegenseitige Verständnis zwischen den Kommissionsdienststellen, den Mitgliedstaaten und den Vertretern aus Wirtschaft und Recht fördern. |
3. |
Die Beihilfeverfahren lassen sich nur verbessern, wenn sich die Kommission und die Mitgliedstaaten gemeinsam mit der erforderlichen Disziplin für dieses Ziel einsetzen. Die Kommission wird sich darum bemühen, die Durchführung ihrer Untersuchungen und ihre internen Entscheidungsfindungsverfahren zu verbessern, um so für mehr Transparenz, Berechenbarkeit und Effizienz bei den Beihilfeverfahren zu sorgen; sie kann jedoch nicht für die Konsequenzen einer mangelnden Mitwirkung der Mitgliedstaaten und der Beteiligten verantwortlich gemacht werden. |
4. |
Im Rahmen der Bemühungen um eine moderne Ausgestaltung des Beihilferechts ist dieser Verhaltenskodex der letzte Teil eines Vereinfachungspakets, welches die Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Verfahren für die Würdigung bestimmter Kategorien staatlicher Beihilfen (3) und die Bekanntmachung der Kommission über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte (4) umfasst und, das zu berechenbareren und transparenteren Verfahren beitragen soll. |
5. |
Fallspezifische Besonderheiten können es jedoch erforderlich machen, die in diesem Verhaltenskodex dargelegten Vorgehensweisen anzupassen oder von ihnen abzuweichen (5). |
6. |
Abweichungen von diesem Kodex können auch aufgrund der Besonderheiten gerechtfertigt sein, die der Fischerei- und der Aquakultursektor, die Primärerzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder die Verarbeitung oder Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse aufweisen. |
2. BEZIEHUNG ZUM GEMEINSCHAFTSRECHT
7. |
Mit diesem Verhaltenskodex soll kein vollständiger oder umfassender Überblick über die einschlägigen Rechtsinstrumente, Auslegungshilfen und Verwaltungsmaßnahmen gegeben werden, die die Grundlage für die Beihilfekontrolle der Gemeinschaft sind. Er sollte vielmehr in Verbindung mit und ergänzend zu den grundlegenden Regeln für Beihilfeverfahren gelesen werden. |
8. |
Mit diesem Verhaltenskodex werden somit weder neue Rechte oder Verpflichtungen begründet noch die Rechte oder Verpflichtungen geändert, die aufgrund des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft, der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 oder der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (6) in ihrer jeweils geltenden Fassung und ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte bestehen. |
9. |
In diesem Verhaltenskodex sind praktische Vorgehensweisen dargelegt, die dazu beitragen sollen, auf allen Stufen der Prüfung einer angemeldeten oder nichtangemeldeten Beihilfe bzw. einer Beschwerde die Beihilfeverfahren zu beschleunigen sowie transparenter und berechenbarer zu gestalten. |
3. VORABKONTAKTE
10. |
Die Erfahrung der Kommission zeigt, dass Vorabkontakte selbst in vermeintlichen Routinefällen nützlich sind. Vorabkontakte geben den Kommissionsdienststellen und dem anmeldenden Mitgliedstaat die Möglichkeit, die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte eines geplanten Beihilfevorhabens im Vorfeld der Anmeldung auf vertrauensvoller Grundlage informell zu erörtern, was sich auf Qualität und Vollständigkeit der förmlichen Anmeldungen positiv auswirkt. In diesem Rahmen können der betreffende Mitgliedstaat und die Kommissionsdienststellen auch gemeinsam konstruktive Vorschläge zur Änderung problematischer Aspekte einer geplanten Beihilfemaßnahme ausarbeiten. Die Voranmeldephase schafft somit die Voraussetzungen für eine beschleunigte Prüfung der Anmeldungen nach ihrer förmlichen Übermittlung an die Kommission. Wird die Möglichkeit der Voranmeldung erfolgreich genutzt, dürfte die Kommission in der Lage sein, Entscheidungen nach Artikel 4 Absatz 2, 3 bzw. 4 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 innerhalb von zwei Monaten nach der Anmeldung zu erlassen (7). |
11. |
Ausdrücklich empfohlen werden Vorabkontakte, wenn eine Beihilfesache aufgrund bestimmter Neuerungen oder anderer Besonderheiten informelle Erörterungen mit den Kommissionsdienststellen im Vorfeld der Anmeldung gerechtfertigt erscheinen lassen. Die Kommission wird generell aber, wenn gewünscht, den Mitgliedstaaten informell Erläuterungen zur Verfügung stellen. |
3.1. Gegenstand
12. |
Die Voranmeldephase bietet Gelegenheit zu erörtern und zu erläutern, welche Angaben auf dem Anmeldeformular gemacht werden müssen, damit die Anmeldung von Anfang an vollständig ist. Im Rahmen der Voranmeldephase können auch die wichtigsten Probleme, die eine geplante Maßnahme aufwirft, in offener und konstruktiver Weise erörtert werden. Dies ist besonders wichtig, wenn Beihilfevorhaben in der ursprünglich beabsichtigten Form nicht genehmigt werden könnten und daher zurückgezogen oder in wesentlichen Punkten geändert werden sollten. Während der Voranmeldephase kann ferner geprüft werden, ob für das Vorhaben andere Rechtsgrundlagen herangezogen werden können bzw. ob es einschlägige frühere Fälle gibt. Darüber hinaus können die Kommissionsdienststellen und der betreffende Mitgliedstaat in dieser Phase wesentliche wettbewerbsrechtliche Bedenken erörtern und prüfen, welche ökonomischen Analysen und ggf. Beiträge externer Sachverständiger erforderlich sind, um die Vereinbarkeit eines Beihilfevorhabens mit dem Gemeinsamen Markt nachzuweisen. Der anmeldende Mitgliedstaat kann in der Voranmeldephase auch beantragen, dass die Kommissionsdienststellen auf bestimmte Angaben im Anmeldeformular verzichten, die für die Prüfung des konkreten Beihilfevorhabens irrelevant sind. Die Voranmeldephase ist darüber hinaus entscheidend, um zu ermitteln, ob eine Beihilfesache prima facie für das vereinfachte Verfahren (8) in Betracht kommt. |
3.2. Umfang und zeitlicher Ablauf
13. |
Damit die Voranmeldephase konstruktiv und effizient genutzt werden kann, liegt es im Interesse des betreffenden Mitgliedstaats, der Kommission auf einem Anmeldungsentwurf alle Angaben zu übermitteln, die für die Prüfung des Beihilfevorhabens notwendig sind. Mit Blick auf eine zügige Bearbeitung der Beihilfesache werden Vorabkontakte (per E-Mail oder Telefonkonferenz) gegenüber Treffen grundsätzlich bevorzugt. Die Kommissionsdienststellen organisieren in der Regel innerhalb von zwei Wochen nach Empfang des Anmeldungsentwurfs einen ersten Vorabkontakt her. |
14. |
Vorabkontakte sollten im Allgemeinen nicht länger als 2 Monate dauern und die Übermittlung einer vollständigen Anmeldung zur Folge haben. Führen die Vorabkontakte nicht zu den gewünschten Ergebnissen, so können die Kommissionsdienststellen die Voranmeldephase für abgeschlossen erklären. Da der zeitliche Ablauf und die Form der Vorabkontakte jedoch von der Komplexität des Einzelfalls abhängen, können sich Vorabkontakte unter Umständen auch über mehrere Monate erstrecken. In besonders schwierigen Fällen (z. B. Rettungsbeihilfen, hohe Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen, hohe Einzelbeihilfen oder besonders umfassende oder komplexe Beihilferegelungen) empfiehlt die Kommission daher, dass der Mitgliedstaat die Vorabkontakte so früh wie möglich aufnimmt, um konstruktive Gespräche zu ermöglichen. |
15. |
Nach den Erfahrungen der Kommission ist es äußerst nützlich, den Beihilfeempfänger in die Vorabkontakte einzubinden, zumal wenn die Beihilfemaßnahme erhebliche technische, finanzielle und vorhabenbezogene Auswirkungen hat. Daher empfiehlt die Kommission, die Empfänger von Einzelbeihilfen an den Vorabkontakten zu beteiligen. |
16. |
Außer in Fällen, die wesentliche Neuerungen beinhalten oder besonders komplex sind, ist die Kommission bestrebt, dem betreffenden Mitgliedstaat am Ende der Voranmeldephase informell ihre erste Einschätzung des Vorhabens mitzuteilen. Diese Einschätzung bindet die Kommission nicht und ist nicht als deren offizieller Standpunkt zu werten; vielmehr erläutern die Kommissionsdienststellen mündlich und informell die Vollständigkeit des Anmeldungsentwurfs und auf Prima-facie-Grundlage die Vereinbarkeit des geplanten Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt. In besonders komplexen Fällen können die Kommissionsdienststellen auf Antrag des Mitgliedstaats auch schriftliche Erläuterungen zu den noch fehlenden Angaben geben. |
17. |
Vorabkontakte sind strikt vertraulich. Die Erörterungen erfolgen auf freiwilliger Basis und greifen der Bearbeitung und Prüfung der Beihilfesache nach Übermittlung der förmlichen Anmeldung nicht vor. |
18. |
Im Interesse der Qualität der Anmeldungen sind die Kommissionsdienststellen auch bestrebt, Anfragen der Mitgliedstaaten auf Fortbildungsveranstaltungen nachzukommen. Außerdem wird die Kommission regelmäßige Kontakte mit den Mitgliedstaaten unterhalten, damit geprüft werden kann, wie sich die Beihilfeverfahren insbesondere im Hinblick auf die Ausführlichkeit und den Inhalt der Anmeldeformulare weiter verbessern lassen. |
4. EINVERNEHMLICHE PLANUNG
19. |
In Fällen, die wesentliche Neuerungen beinhalten, technisch sehr komplex sind oder aus anderen Gründen als besonders sensibel anzusehen sind oder deren Prüfung absolut dringlich ist, bieten die Kommissionsdienststellen dem anmeldenden Mitgliedstaat eine einvernehmliche Planung an, damit transparenter und berechenbarer wird, wie lange eine Beihilfeprüfung voraussichtlich dauern wird. |
4.1. Gegenstand
20. |
Bei der einvernehmlichen Planung handelt es sich um eine Form der strukturierten Zusammenarbeit zwischen dem betreffenden Mitgliedstaat und den Kommissionsdienststellen, die sich in diesem Rahmen auf den voraussichtlichen Ablauf und die voraussichtliche Dauer des Prüfverfahrens verständigen. |
21. |
In diesem Rahmen können die Kommissionsdienststellen und der anmeldende Mitgliedstaat insbesondere über folgende Punkte übereinkommen:
|
22. |
Im Gegenzug zu den Bemühungen des Mitgliedstaates, alle notwendigen Informationen entsprechend der einvernehmlichen Planung fristgerecht zu übermitteln, bemühen sich die Kommissionsdienststellen, den einvernehmlich festgelegten Zeitplan für die weitere Prüfung der Beihilfesache einzuhalten; dies setzt voraus, dass die vom Mitgliedstaat oder von Beteiligten übermittelten Informationen keine unerwarteten Fragen aufwerfen. |
4.2. Umfang und zeitlicher Ablauf
23. |
Eine einvernehmliche Planung beschränkt sich grundsätzlich auf Fälle, die so neu, so technisch komplex oder aus anderen Gründen als so sensibel anzusehen sind, dass die Kommissionsdienststellen am Ende der Voranmeldephase nicht in der Lage sind, eine eindeutige erste Einschätzung abzugeben. In diesen Fällen kommt es am Ende der Voranmeldephase zu einer einvernehmlichen Planung, an die sich die Übermittlung der förmlichen Anmeldung anschließt. |
24. |
Die Kommissionsdienststellen und der betreffende Mitgliedstaat können jedoch auf dessen Antrag hin auch zu Beginn des förmlichen Prüfverfahrens eine einvernehmliche Planung für das weitere Vorgehen in dieser Beihilfesache vereinbaren. |
5. VORLÄUFIGES PRÜFVERFAHREN FÜR ANGEMELDETE BEIHILFEMAßNAHMEN
5.1. Auskunftsersuchen
25. |
Die Kommissionsdienststellen bemühen sich, Auskunftsersuchen während des vorläufigen Prüfverfahrens zu bündeln, um den Ablauf der Untersuchung zu straffen. Grundsätzlich wird nur ein einziges umfassendes Auskunftsersuchen übermittelt, und zwar normalerweise 4 bis 6 Wochen nach der Anmeldung. Vorbehaltlich anderslautender Vereinbarungen im Rahmen der einvernehmlichen Planung sollte eine Voranmeldung die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, eine vollständige Anmeldung zu übermitteln, so dass sich der Bedarf an ergänzenden Informationen verringert. Allerdings kann die Kommission insbesondere zu Aspekten, die sich aus den Antworten der Mitgliedstaaten ergeben, weitere Fragen stellen; dies muss jedoch nicht bedeuten, dass die Kommission bei der Prüfung der Beihilfesache ernste Schwierigkeiten hat. |
26. |
Versäumt es der Mitgliedstaat, die angeforderten Informationen innerhalb der gesetzten Frist zu übermitteln, so wenden die Kommissionsdienststellen — nach einem Erinnerungsschreiben — üblicherweise Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 an und setzen den Mitgliedstaat davon in Kenntnis, dass die Anmeldung als zurückgezogen gilt. Üblicherweise werden förmliche Prüfverfahren eingeleitet, sobald alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind; dies geschieht in der Regel spätestens nach zwei Fragerunden. |
5.2. Einvernehmliche Aussetzung des vorläufigen Prüfverfahrens
27. |
Das vorläufige Prüfverfahren kann ausgesetzt werden, wenn ein Mitgliedstaat dies beantragt, um sein Beihilfevorhaben zu ändern oder mit den Beihilfevorschriften in Einklang zu bringen, oder wenn dies einvernehmlich beschlossen wird. Die Aussetzung erfolgt für einen vorab festgelegten Zeitraum. Legt der Mitgliedstaat am Ende der Aussetzungsfrist kein vollständiges und prima facie vereinbares Vorhaben vor, so nimmt die Kommission das Verfahren in dem Stadium, in dem es ausgesetzt wurde, wieder auf. Dabei wird der betreffende Mitgliedstaat üblicherweise davon unterrichtet, dass seine Anmeldung als zurückgezogen gilt, bzw. wird im Falle ernster Zweifel unverzüglich das förmliche Prüfverfahren eingeleitet. |
5.3. Kontakte zur Unterrichtung über den Stand der Untersuchung
28. |
Die anmeldenden Mitgliedstaaten werden auf ihren Antrag hin über den Stand eines laufenden vorläufigen Prüfverfahrens unterrichtet. Die Mitgliedstaaten sollten Empfänger von Einzelbeihilfen in diese Kontakte einbinden. |
6. FÖRMLICHES PRÜFVERFAHREN
29. |
Angesichts der generell komplexen Natur von Beihilfesachen, die Gegenstand eines förmlichen Prüfverfahrens sind, hat es für die Kommission äußerste Priorität, in dieser Phase für mehr Transparenz, Berechenbarkeit und Effizienz zu sorgen und so zu einer konstruktiven Entscheidungsfindung beizutragen, die den Bedürfnissen einer modernen Wirtschaft gerecht wird. Die Kommission ist daher bestrebt, das förmliche Prüfverfahren unter Anwendung aller verfahrensrechtlichen Mittel zu straffen, die ihr nach der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 zur Verfügung stehen. |
6.1. Veröffentlichung der Entscheidung und aussagekräftige Zusammenfassung
30. |
Sofern der betreffende Mitgliedstaat nicht die Streichung vertraulicher Informationen beantragt, ist die Kommission bestrebt, ihre Entscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens einschließlich der aussagekräftigen Zusammenfassung binnen zwei Monaten nach Erlass dieser Entscheidung zu veröffentlichen. |
31. |
Ist die Vertraulichkeit bestimmter Informationen umstritten, so wendet die Kommission die Grundsätze an, die in ihrer Mitteilung vom 1. Dezember 2003 zum Berufsgeheimnis in Beihilfeentscheidungen (11) dargelegt sind, und bemüht sich nach Kräften, ihre Entscheidung nach deren Erlass so schnell wie möglich zu veröffentlichen. Dies gilt auch für die Veröffentlichung aller abschließenden Entscheidungen. |
32. |
Im Interesse der Transparenz werden der Mitgliedstaat, der Beihilfeempfänger und andere Betroffene (insbesondere mögliche Beschwerdeführer) von allen Verzögerungen in Kenntnis gesetzt, die sich aus unterschiedlichen Ansichten über die Vertraulichkeit bestimmter Informationen ergeben. |
6.2. Stellungnahmen von Beteiligten
33. |
Gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 können Beteiligte innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat nach Bekanntmachung der Entscheidung zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens Stellung nehmen. Diese Frist wird in der Regel nicht verlängert, so dass die Kommissionsdienststellen verspätet übermittelte Informationen von Beteiligten einschließlich des Beihilfeempfängers normalerweise nicht berücksichtigen (12). Fristverlängerungen sind nur in ordnungsgemäß begründeten Ausnahmefällen möglich, so z. B. wenn besonders umfangreiches Faktenmaterial zu übermitteln ist oder wenn zuvor ein Kontakt zwischen den Kommissionsdienststellen und dem betreffenden Beteiligten stattgefunden hat. |
34. |
Im Interesse einer besseren Informationsgrundlage für die Untersuchung besonders komplexer Beihilfevorhaben können die Kommmissionsdienststellen bestimmten Beteiligten einschließlich Handels- und Wirtschaftsverbänden eine Kopie der Entscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens mit der Bitte übermitteln, zu bestimmten Aspekten der Beihilfesache Stellung zu nehmen (13). Die Mitwirkung seitens der Beteiligten ist freiwillig, doch wenn sich ein Beteiligter zu einer Stellungnahme entschließt, liegt es in seinem Interesse, diese Stellungnahme rechtzeitig zu übermitteln, damit die Kommission sie berücksichtigen kann. Die Kommission wird die Beteiligten auffordern, sich innerhalb eines Monats nach Versendung der Kopie des Schreibens der Kommissionsdienststellen zu äußern. Nach Ablauf dieser Frist wird sie nicht länger auf Stellungnahmen warten. Im Interesse der Gleichbehandlung aller Beteiligten wird die Kommission dem Beihilfeempfänger dieselbe Aufforderung zur Stellungnahme übermitteln. Zur Wahrung der Verteidigungsrechte des betreffenden Mitgliedstaates wird sie diesem ferner eine nichtvertrauliche Fassung aller Stellungnahmen von Beteiligten übermitteln und ihn auffordern, sich innerhalb eines Monats dazu zu äußern. |
35. |
Damit dem betreffenden Mitgliedstaat alle Stellungnahmen von Beteiligten so rasch wie möglich übermittelt werden können, werden die Mitgliedstaaten im Rahmen des Möglichen aufgefordert, der Übermittlung der Stellungnahmen von Beteiligten in ihrer Originalsprache zuzustimmen. Auf Wunsch des betreffenden Mitgliedstaates sorgen die Kommissionsdienststellen für eine Übersetzung, was sich auf den zeitlichen Ablauf des Verfahrens auswirken kann. |
36. |
Die Mitgliedstaaten werden auch unterrichtet, wenn keinerlei Stellungnahmen von Beteiligten eingegangen sind. |
6.3. Stellungnahmen von Mitgliedstaaten
37. |
Im Interesse eines fristgerechten Abschlusses des förmlichen Prüfverfahrens wendet die Kommission alle Fristen, die nach der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 für diese Phase gelten, strikt an. Versäumt es ein Mitgliedstaat, sich innerhalb der in Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 festgelegten Frist von einem Monat zur Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens und zu den Stellungnahmen von Beteiligten zu äußern, so übermitteln die Kommissionsdienststellen dem betreffenden Mitgliedstaat unverzüglich ein Erinnerungsschreiben, in dem sie ihm eine weitere Frist von einem Monat einräumen und ihm mitteilen, dass außer in Ausnahmefällen keine weiteren Fristverlängerungen gewährt werden. Übermittelt der betreffende Mitgliedstaat keine aussagekräftige Antwort, so erlässt die Kommission im Einklang mit Artikel 7 Absatz 7 und Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 eine Entscheidung auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen. |
38. |
Nimmt ein Mitgliedstaat im Falle einer rechtswidrigen Beihilfe zur Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nicht Stellung, so erlässt die Kommission gemäß Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 ein Anordnung zur Auskunftserteilung. Versäumt es der Mitgliedstaat, auf dieses Anordnung innerhalb der darin festgelegten Frist zu antworten, so erlässt die Kommission eine Entscheidung auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen. |
6.4. Zusätzliches Auskunftsersuchen
39. |
Es ist nicht auszuschließen, dass die Kommissionsdienststellen in besonders komplexen Fällen aufgrund der Informationen, die der Mitgliedstaat nach der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens übermittelt, ein zusätzliches Auskunftsersuchen an den Mitgliedstaat richten müssen. Dem Mitgliedstaat wird eine Antwortfrist von einem Monat eingeräumt. |
40. |
Antwortet der Mitgliedstaat nicht innerhalb der gesetzten Frist, so übermitteln die Kommissionsdienststellen unverzüglich ein Erinnerungsschreiben, in dem sie dem betreffenden Mitgliedstaat eine letzte Frist von 15 Arbeitstagen einräumen und ihm mitteilen, dass die Kommission nach Ablauf dieser Frist eine Entscheidung auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen oder — im Falle einer rechtswidrigen Beihilfe — eine Anordnung zur Auskunftserteilung erlassen wird. |
6.5. Aussetzung des förmlichen Prüfverfahrens in gerechtfertigten Fällen
41. |
Das förmliche Prüfverfahren kann nur in Ausnahmefällen und durch Einvernehmen zwischen den Kommissionsdienststellen und dem betroffenen Mitgliedsstaat ausgesetzt werden. Zu einer Aussetzung kann es beispielsweise kommen, wenn der Mitgliedstaat dies förmlich beantragt, um sein Vorhaben mit den Beihilfevorschriften in Einklang zu bringen, oder wenn ähnlich gelagerte Fälle vor den Gemeinschaftsgerichten anhängig sind und das Ergebnis der Gerichtsverfahren wahrscheinlich Auswirkungen auf die Würdigung des betreffenden Beihilfevorhabens haben wird. |
42. |
Eine Aussetzung wird in der Regel nur einmal und nur für einen Zeitraum gewährt werden, auf den sich die Kommissionsdienststellen und der betreffende Mitgliedstaat vorab verständigt haben. |
6.6. Erlass der abschließenden Entscheidung und Verlängerung des förmlichen Prüfverfahrens in gerechtfertigten Fällen
43. |
Gemäß Artikel 7 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 bemüht sich die Kommission, eine Entscheidung möglichst innerhalb von 18 Monaten nach Eröffnung des Prüfverfahrens zu erlassen. Diese Frist kann im gegenseitigen Einvernehmen zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat verlängert werden. Eine Verlängerung der Dauer des Prüfverfahrens kann insbesondere bei neuartigen Beihilfevorhaben oder Vorhaben, die neue rechtliche Fragen aufwerfen, angemessen sein. |
44. |
Im Interesse einer wirksamen Anwendung von Artikel 7 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 bemüht sich die Kommission, die abschließende Entscheidung spätestens 4 Monate nach Übermittlung der letzten Informationen durch den Mitgliedstaat bzw. nach ergebnislosem Ablauf der letzten Frist zu erlassen. |
7. BESCHWERDEN
45. |
Für alle Akteure, die von Beihilfeverfahren betroffen sind, ist es sehr wichtig, dass die Kommissionsdienststellen Beschwerden in effizienter und transparenter Weise bearbeiten. Mit Blick auf dieses gemeinsame Ziel schlägt die Kommission das im Folgenden beschriebene Vorgehen vor. |
7.1. Beschwerdeformular
46. |
Beschwerdeführer werden von den Kommissionsdienststellen systematisch aufgefordert, die neuen Beschwerdeformulare auf der Website der GD Wettbewerb (http://ec.europa.eu/comm/competition/forms/sa_complaint_de.html) zu verwenden und zugleich eine nichtvertrauliche Fassung der Beschwerde zu übermitteln. Die Übermittlung vollständig ausgefüllter Formulare wirkt sich in der Regel positiv auf die Qualität der Beschwerden aus. |
7.2. Voraussichtlicher Zeitrahmen für die Bearbeitung einer Beschwerde und Ergebnis
47. |
Die Kommission bemüht sich nach Kräften, eine Beschwerde innerhalb eines voraussichtlichen Zeitrahmens von 12 Monaten nach ihrem Eingang zu prüfen. Dabei handelt es sich nicht um eine verbindliche Frist. Je nach den Gegebenheiten des Einzelfalls kann die Prüfung einer Beschwerde einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, wenn der Beschwerdeführer, der Mitgliedstaat oder Beteiligte um die Übermittlung ergänzender Informationen ersucht werden müssen. |
48. |
Die Kommission darf den ihr vorliegenden Beschwerden unterschiedliche Priorität zuweisen (14), wobei unter anderem der Umfang der mutmaßlichen Zuwiderhandlung, die Größe des begünstigten Unternehmens, der betroffene Wirtschaftszweig oder das Vorliegen ähnlicher Beschwerden maßgeblich sind. Unter Berücksichtigung ihrer Arbeitsbelastung und der von ihr zu beurteilenden Prioritäten bei der Prüfung darf sie somit die Behandlung einer nichtprioritären Maßnahme aufschieben. (15) Die Kommission wird sich daher grundsätzlich darum bemühen, binnen zwölf Monaten:
|
49. |
Im Interesse der Transparenz bemühen sich die Kommissionsdienststellen nach Kräften, den Beschwerdeführer innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Beschwerde darüber zu unterrichten, inwieweit seine Beschwerde Priorität genießt. Im Falle unbegründeter Beschwerden setzen die Kommmissionsdienststellen den Beschwerdeführer innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Beschwerde davon in Kenntnis, dass keine ausreichenden Gründe vorliegen, um in dieser Sache Stellung zu nehmen, und dass die Beschwerde als zurückgezogen gilt, wenn innerhalb eines Monats keine weiteren substanziellen Informationen übermittelt werden. Auch im Falle von Beschwerden, die sich auf genehmigte Beihilfen beziehen, bemühen sich die Kommissionsdienststellen, dem Beschwerdeführer innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Beschwerde zu antworten. |
50. |
Im Falle rechtswidriger Beihilfen werden die Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass sie Klage bei einem einzelstaatlichen Gericht erheben können, das die Aussetzung oder Rückforderung der Beihilfe anordnen kann (16). |
51. |
Soweit notwendig wird dem betreffenden Mitgliedstaat die nichtvertrauliche Fassung einer Beschwerde zur Stellungnahme übermittelt. Die Mitgliedstaaten und die Beschwerdeführer werden systematisch über die Entscheidung unterrichtet, ein Beschwerdeverfahren einzustellen oder in anderer Form auf die Beschwerde zu reagieren. Im Gegenzug werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Fristen zur Übermittlung von Stellungnahmen bzw. Informationen betreffend die an sie weitergeleiteten Beschwerden einzuhalten. Sie werden auch aufgefordert, der Übermittlung von Beschwerden in ihrer Originalsprache im Rahmen des Möglichen zuzustimmen. Auf Wunsch des betreffenden Mitgliedstaates sorgen die Kommissionsdienststellen für eine Übersetzung, was sich auf den zeitlichen Ablauf des Verfahrens auswirken kann. |
8. INTERNE ENTSCHEIDUNGSFINDUNGSVERFAHREN
52. |
Die Kommission ist bestrebt, ihre interne Entscheidungsfindung zu straffen und weiter zu verbessern und damit dazu beizutragen, dass die Beihilfeverfahren insgesamt verkürzt werden. |
53. |
Zu diesem Zweck werden die internen Entscheidungsfindungsverfahren so effektiv wie möglich angewandt. Die Kommission wird auch ihren derzeitigen internen Rechtsrahmen mit Blick auf die Optimierung ihrer Entscheidungsfindungsverfahren überprüfen. |
54. |
Die Kommissionsdienststellen werden ihre interne Entscheidungsfindungspraxis kontinuierlich überprüfen und gegebenenfalls anpassen. |
9. KÜNFTIGE ÜBERPRÜFUNG
55. |
Ein Verhaltenskodex für die Durchführung von Verfahren kann nur dann seine Wirkung entfalten, wenn er auf der gemeinsamen Entschlossenheit der Kommission und der Mitgliedstaaten aufbaut, Beihilfeprüfungen sorgfältig durchzuführen, die entsprechenden Fristen einzuhalten und dadurch die erforderliche Transparenz und Berechenbarkeit der Verfahren zu gewährleisten. Dieser Verhaltenskodex und die darin festgelegten Vorgehensweisen sind ein erster Beitrag, um dieser gemeinsamen Entschlossenheit Ausdruck zu verleihen. |
56. |
Die Kommission wird diesen Verhaltenskodex für Maßnahmen anwenden, die ab dem 1. September 2009 bei ihr angemeldet oder ihr auf andere Weise zur Kenntnis gebracht werden. |
57. |
Dieser Verhaltenskodex kann geändert werden, um Änderungen bei den Rechtsinstrumenten, den Auslegungshilfen und den Verwaltungsmaßnahmen oder der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte, die die Grundlage für die Beihilfeverfahren sind, bzw. Erfahrungen bei seiner Anwendung Rechnung zu tragen. Die Kommission beabsichtigt, mit den Mitgliedstaaten und anderen betroffenen Akteuren einen regelmäßigen Dialog über die Erfahrungen mit der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 im Allgemeinen und dieses Verhaltenskodex im Besonderen zu führen. |
(1) KOM(2005) 107 endgültig.
(2) ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.
(3) Siehe Seite 3 dieses Amtsblatts.
(4) ABl. C 85 vom 9.4.2009, S. 1.
(5) Anlässlich der Bankenkrise hat die Kommission 2008 geeignete Maßnahmen ergriffen, um nach der Übermittlung vollständiger Anmeldungen Entscheidungen rasch, und zwar notfalls binnen 24 Stunden oder im Verlauf eines Wochenendes, erlassen zu können. Siehe Mitteilung der Kommission – Die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise (ABl. C 270 vom 25.10.2008, S. 8). Im Hinblick auf die Realwirtschaft siehe Mitteilung der Kommission – Vorübergehender Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise (ABl. C 83 vom 7.4.2009, S. 1).
(6) ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.
(7) Diese Frist kann nicht eingehalten werden, wenn die Kommissionsdienststellen aufgrund unvollständiger Anmeldungen mehrfach um Auskünfte ersuchen müssen.
(8) Siehe Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Verfahren für die Würdigung bestimmter Kategorien staatlicher Beihilfen.
(9) Siehe Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999.
(10) Beispielsweise in Fällen, in denen die Finanzinstitutionen der Europäischen Union als Holdingfonds fungieren.
(11) ABl. C 297 vom 9.12.2003, S. 6.
(12) Dies gilt unbeschadet von Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999.
(13) Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission befugt, die Entscheidung zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens Beteiligten zu übermitteln, siehe zum Beispiel Rechtssache T-198/01, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, Slg. 2004, II-2717, Randnummer 195; T-198/01R, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, Slg. 2002, II-2153; verbundene Rechtssachen C-74/00 P und C-75/00 P, Falck Spa und andere/Kommission, Slg. 2002, I-7869, Randnummer 83.
(14) Rechtssache C-119/97, Ufex u. a./Kommission, Slg. 1999, I-1341, Randnummer 88.
(15) Rechtssache T-475/04, Bouygues SA/Kommission, Slg. 2007, II-2097, Randnummern 158 und 159.
(16) Siehe Bekanntmachung über die Durchsetzung des Beihilfenrechts durch die einzelstaatlichen Gerichte.