52009DC0489

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Bestimmungen über das Abstempeln der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen gemäß den Artikeln 10 und 11 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) /* KOM/2009/0489 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 21.9.2009

KOM(2009) 489 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Anwendung der Bestimmungen über das Abstempeln der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen gemäß den Artikeln 10 und 11 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex)

Einleitung

Am 13. Oktober 2006 trat die Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex)[1] (im Folgenden „SGK“) in Kraft. Im SGK wird die mit der Verordnung (EG) Nr. 2133/2004[2] eingeführte Verpflichtung zum systematischen Abstempeln der Reisedokumente von Drittausländern beim Überschreiten der Außengrenzen im Rahmen der Ein- und Ausreise bestätigt. Ferner enthält der SGK eine Liste der Dokumente, in denen der Ein- oder Ausreisestempel angebracht werden muss, sowie der Dokumente, die von der Stempelpflicht ausgenommen sind. Zudem wurde für die zuständigen nationalen Behörden die Möglichkeit eingeführt, beim Fehlen des Einreisestempels im Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen von der Annahme auszugehen, dass der Inhaber des Reisedokuments die im betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht erfüllt. Der Drittstaatsangehörige hat die Möglichkeit, diese Annahme zu widerlegen. Widerlegt er sie nicht, kann er aus dem Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats ausgewiesen werden.

Am 6. November 2006 verabschiedete die Kommission ihre Empfehlung für einen gemeinsamen „Leitfaden für Grenzschutzbeamte“[3] mit konkreten Anweisungen zum Abstempeln von Reisedokumenten (Teil 2 Abschnitt 1 Ziffer 4), in dem insbesondere auf folgende Aspekte eingegangen wird: Befreiungen von der Stempelpflicht; Vorgehensweise in Fällen, in denen im Reisedokument kein freier Platz mehr für einen Stempel ist; Abstempeln der Reisedokumente visumpflichtiger Drittstaatsangehöriger; usw.

Gemäß Artikel 10 Absatz 6 SGK „ (erstattet) die Kommission (...) dem Europäischen Parlament und dem Rat bis Ende 2008 über die Anwendung der Bestimmungen über das Abstempeln der Reisedokumente Bericht “ .

Zu diesem Zweck führte die Kommission im August 2008 bei den Mitgliedstaaten eine Umfrage anhand eines Fragebogens durch, um Informationen über die Anwendung der Bestimmungen über das Abstempeln der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen zu erlangen. Mehrere Erinnerungsschreiben waren erforderlich, bis die erbetenen Informationen übermittelt wurden. Dieser Bericht wurde auf der Grundlage der Antworten von 25 Schengen-Mitgliedstaaten erstellt. Zwei Mitgliedstaaten (Malta und Portugal) haben die erbetenen Informationen nicht mitgeteilt.[4]

Die wichtigsten Elemente der Regelung zum Abstempeln von Reisedokumenten

Zunächst ist festzustellen, dass die Verpflichtung zum systematischen Abstempeln der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen im Rahmen der Ein- und Ausreise bei kurzfristigen Aufenthalten von höchstens drei Monaten im Schengen-Gebiet einzuhalten ist.

Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Grenzschutzbeamten auch bei einer Lockerung der Grenzübertrittskontrollen gemäß Artikel 8 SGK zum Abstempeln der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen sowohl bei der Einreise als auch bei der Ausreise verpflichtet sind.

Artikel 10 Absatz 3 SGK sieht Ausnahmen von der Verpflichtung zum systematischen Abstempeln vor, die unter anderem Reisedokumente von Staatsoberhäuptern und Würdenträgern, deren Eintreffen im Voraus auf diplomatischem Wege offiziell angekündigt wurde, und von weiteren im genannten Artikel aufgeführten Personengruppen betreffen.

Die Reisedokumente von Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten, Norwegens, Islands, Liechtensteins und der Schweiz werden nicht mit einem Ein- bzw. Ausreisestempel versehen. Gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1931/2006[5] gilt dies auch für die Dokumente von Grenzbewohnern im Rahmen der Regelung für den kleinen Grenzverkehr. Nach Artikel 10 der Richtlinie 2004/38/EG[6] sind auch Drittstaatsangehörige und Familienangehörige von EU-Bürgern von der Stempelpflicht bei der Ein- und Ausreise ausgenommen, wenn sie eine von einem Mitgliedstaat ausgestellte Aufenthaltskarte vorweisen.

Die praktischen Bedingungen für das Abstempeln sind in Anhang IV „Abstempelungsmodalitäten“ zum SGK festgelegt und beinhalten beispielsweise gemeinsame Vorschriften für das Abstempeln der Reisedokumente visumpflichtiger Drittstaatsangehöriger und die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, nationale Kontaktstellen zu bezeichnen, die für den Informationsaustausch über die Sicherheitscodes der Ein- und Ausreisestempel an den Grenzübergangsstellen zuständig sind.

Artikel 10 Absatz 3 letzter Unterabsatz SGK sieht die Möglichkeit vor, auf Antrag eines Drittstaatsangehörigen ausnahmsweise von der Anbringung des Stempels abzusehen, wenn der Stempelabdruck zu erheblichen Schwierigkeiten für den Drittstaatsangehörigen (z. B. zu Problemen politischer Natur) führen würde. In diesem Fall ist die Ein- oder Ausreise auf einem gesonderten Blatt zu beurkunden, das dem Drittstaatsangehörigen ausgehändigt wird.

Artikel 11 SGK sieht die Möglichkeit der Annahme eines illegalen Aufenthalts vor, wenn ein Drittstaatsangehöriger im Hoheitsgebiet eines Schengen-Mitgliedstaats oder bei Verlassen des Schengen-Gebiets ohne Einreisestempel angetroffen wird. In diesem Fall erhält der Drittstaatsangehörige Gelegenheit, diese Annahme durch einen glaubhaften Nachweis zu widerlegen, insbesondere durch Belege wie Beförderungsnachweise oder Hotelrechnungen oder Nachweise über seine Anwesenheit außerhalb des Schengen-Gebiets, aus denen hervorgeht, dass er die Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts im Schengen-Gebiet eingehalten hat. Die zuständigen nationalen Behörden vermerken in diesem Fall entsprechend ihren nationalen Rechtsvorschriften und Praktiken in dem Reisedokument das Datum, zu dem der Betreffende die Außengrenze eines der Mitgliedstaaten überschritten hat, sowie den Ort des Grenzübertritts.

Außerdem kann dem Drittstaatsangehörigen ein Formular nach dem Muster in Anhang VIII zum SGK ausgehändigt werden. Dies geschieht nur dann, wenn der Drittstaatsangehörige den Nachweis dafür erbringt, dass er die Bedingungen hinsichtlich der Dauer des zulässigen kurzfristigen Aufenthalts eingehalten hat, obwohl sein Reisedokument keinen Einreisestempel trägt.

Kann der Betreffende die Annahme des illegalen Aufenthalts nicht widerlegen, können die zuständigen Behörden ihn aus dem Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats ausweisen.

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, sich gegenseitig sowie die Kommission und das Generalsekretariat des Rates über ihre nationalen Praktiken bezüglich der Annahme des illegalen Aufenthalts und der Widerlegung dieser Annahme zu unterrichten.

A LLGEMEINE INFORMATIONEN ÜBER DIE ANWENDUNG DER BESTIMMUNGEN ÜBER DAS ABSTEMPELN DER REISEDOKUMENTE VON DRITTSTAATSANGEHÖRIGEN UND AUFGETRETENE SCHWIERIGKEITEN

In ihren Antworten erklären die Mitgliedstaaten, die Bestimmungen über das Abstempeln der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Ein- und Ausreise vollständig, korrekt und systematisch anzuwenden. Die Mitgliedstaaten teilen ferner mit, dass hierbei keine größeren Probleme aufgetreten seien. Es wurden somit keine besonderen Schwierigkeiten mit langen Wartezeiten an den Außengrenzen oder mit dem Abstempeln bei einer Lockerung der Grenzübertrittskontrollen gemäß Artikel 8 SGK gemeldet.

Die von den Mitgliedstaaten beschriebenen Probleme sind folgende:

- Fehlende Einreisestempel anderer Mitgliedstaaten

Die Kommission betont, dass es nur bei einem systematischen Abstempeln mit Sicherheit möglich ist, Datum und Ort des Überschreitens der Außengrenze festzustellen, und dass daher das systematische Abstempeln notwendig ist, um prüfen zu können, ob die Dauer des kurzfristigen Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen im Schengen-Gebiet eingehalten wurde (siehe auch fünften Aufzählungspunkt).

- Probleme mit der Lesbarkeit; nicht ordnungsgemäße Anbringung von Stempeln (z. B. über der Visummarke, so dass der maschinenlesbare Bereich des Visums überdeckt und eine Prüfung mithilfe optischer Lesegeräte nicht möglich ist); Anbringung von Stempeln über bereits vorhandenen Stempeln; mangelhaftes Abstempeln (ein Teil des Stempels fehlt); ungeordnete und nicht chronologische, unklare und unlogische Anbringung von Stempeln (z. B. über den Rand des Reisepasses hinaus oder aufgrund fehlender Stempelfarbe mit nicht lesbaren Teilen)

Die Kommission erinnert daran, dass in Ziffer 4.6 des Leitfadens für Grenzschutzbeamte folgende Vorgehensweisen für die Anbringung der Stempel empfohlen werden, um die Dauer des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen problemlos und korrekt feststellen zu können:

- Die Stempel sollten nach Möglichkeit in chronologischer Reihenfolge angebracht werden, damit leichter festgestellt werden kann, wann der Betreffende zuletzt die Grenze überschritten hat.

- Der Ausreisestempel sollte in der Nähe des Einreisestempels angebracht werden.

- Im Interesse der besseren Lesbarkeit sollte der Stempel waagerecht angebracht werden.

- Kein Stempel sollte über bereits vorhandenen Stempeln, einschließlich der Stempel anderer Länder, angebracht werden.

Ferner ist Ziffer 3 in Anhang IV zum SGK mit Vorschriften für das Abstempeln von Reisedokumenten mit Visa in Erinnerung zu rufen. Hiernach „ (...) wird der Stempelabdruck nach Möglichkeit so angebracht, dass er den Rand des Visums bedeckt, ohne die Eintragungen im Visum unleserlich zu machen oder die sichtbaren Sicherheitselemente der Visummarke zu beeinträchtigen. Ist die Anbringung mehrerer Stempelabdrucke erforderlich (...), so werden diese auf der dem Visum gegenüberliegenden Seite angebracht. Kann diese Seite nicht verwendet werden, so wird der Stempel auf der unmittelbar folgenden Seite angebracht. In der maschinenlesbaren Zone wird kein Stempel angebracht .“

- Kein freier Platz mehr im Reisedokument für die Anbringung des Stempels – insbesondere bei Lkw-Fahrern oder Grenzpendlern, die die Außengrenze häufig überschreiten, – und fehlende Regelung auf EU-Ebene für diesen Fall

Bei der Vorlage des Leitfadens für Grenzschutzbeamte war sich die Kommission bewusst, dass Fälle eintreten könnten, in denen das Dokument, das einem Drittstaatsangehörigen den Grenzübergang ermöglicht, keine freien Seiten mehr für die Anbringung von Stempeln hat. In einem solchen Fall wird dem Drittstaatsangehörigen empfohlen, einen neuen Reisepass zu beantragen, damit die Stempel künftig in diesem Dokument angebracht werden können. Enthält der Reisepass, in dem kein Platz mehr für weitere Stempel vorhanden ist, ein gültiges Visum, sollte ein neues Visum beantragt und in dem neuen Reisepass angebracht werden.

Einige Mitgliedstaaten fragten, ob Artikel 10 Absatz 3, nach dem von der Anbringung des Ein- oder Ausreisestempels ausnahmsweise abgesehen werden kann, wenn der Stempelabdruck zu erheblichen Schwierigkeiten für den Drittstaatsangehörigen führen würde, anwendbar ist, wenn im Reisedokument eines Drittstaatsangehörigen keine freien Seiten für die Anbringung eines Stempels sind. Nach Auffassung der Kommission ist diese Bestimmung in diesem Fall nicht anwendbar, da die Befreiung von der Stempelpflicht ausschließlich bei Schwierigkeiten (z. B. politischer Art) gewährt wird, die dem Betreffenden aufgrund des Stempelabdrucks entstehen könnten. Die im Leitfaden für Grenzschutzbeamte[7] enthaltenen Empfehlungen der Kommission sehen jedoch ausnahmsweise und insbesondere bei Grenzpendlern die Möglichkeit vor, ein gesondertes Blatt für weitere Stempel anzulegen. Dieses Blatt ist dem Drittstaatsangehörigen auszuhändigen und sollte die im Leitfaden für Grenzschutzbeamte aufgeführten Angaben enthalten. In jedem Fall ist das Fehlen freier Seiten in einem Reisepass an sich noch kein ausreichender Grund, um einer Person die Einreise zu verweigern.

Einige Mitgliedstaaten geben an, solche gesonderten Blätter für die Anbringung von Ein- bzw. Ausreisestempeln auf Anfrage von Drittstaatsangehörigen zu verwenden, insbesondere von Lkw-Fahrern, die die Außengrenzen häufig passieren. Ein weiterer Sonderfall sind die Grenzpendler, die nicht für eine Grenzübertrittsgenehmigung im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs in Betracht kommen. Ungarn und Slowenien stempeln aufgrund bilateraler Vereinbarungen aus dem Jahr 1997 gesonderte Blätter ab, die einem kroatischen Personalausweis beigefügt werden. Den Angaben Sloweniens zufolge beantragen statistisch gesehen weniger als 0,5 % der Lkw-Fahrer pro Jahr die Anbringung der Stempel auf gesonderten Blättern. Als Grund für einen solchen Antrag nennen Drittstaatsangehörige überwiegend die hohen Kosten eines neuen Reisepasses. Manchmal bitten Drittstaatsangehörige darum, eine Seite für künftige Visa oder einen Aufenthaltstitel frei zu halten.

Die Kommission ist der Auffassung, dass die beschriebenen Fälle nicht für eine Befreiung von der Stempelpflicht in Frage kommen, da sie nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 10 Absatz 3 letzter Unterabsatz SGK fallen.

- Fehlen eines stärker vereinheitlichten Verfahrens zur Abstempelung der Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen, die mit Kindern reisen

Die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation legte einige nicht verbindliche Empfehlungen vor, zu denen die Anwendung des Prinzips „eine Person – ein Pass“ gehört. Dieses Prinzip wurde auf Gemeinschaftsebene übernommen[8]. Bei der Anwendung durch Drittstaaten wäre es nach diesem Prinzip möglich, die Bestimmungen über das Abstempeln der Reisedokumente bei jedem Einzelnen anzuwenden.

- Infragestellen der Notwendigkeit, die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen abzustempeln, die im Besitz eines gültigen von einem Schengen-Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind

Die Kommission ist der Auffassung, dass Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen, die im Besitz eines gültigen von einem Schengen-Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, nicht abgestempelt werden sollten. Die Anbringung eines Stempels in einem Reisepass dient dem Zweck, feststellen zu können, ob ein Drittstaatsangehöriger die zulässige Dauer eines kurzfristigen Aufenthalts im Schengen-Gebiet eingehalten hat. Diese Schlussfolgerung ist auf Drittstaatsangehörige mit einem gültigen Aufenthaltstitel nicht übertragbar, da sich die zulässige Dauer des Aufenthalts in dem Schengen-Mitgliedstaat, der den Titel ausgestellt hat, nach der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels richtet. Die Anbringung eines Stempels im Reisepass bei der Aus- und Wiedereinreise hat keinen Einfluss auf die Dauer des zulässigen Aufenthalts auf der Grundlage eines von einem Schengen-Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels. Die Einhaltung der Aufenthaltsdauer durch Personen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels sind, der die Überschreitung von Außengrenzen und Reisen in andere Schengen-Mitgliedstaaten beinhaltet, muss anhand der Meldung der Anwesenheit in einem anderen Schengen-Mitgliedstaat gemäß Artikel 22 des Schengen-Abkommens[9] überprüft werden. Die Aufenthaltsdauer dürfte auf diese Weise nicht so problemlos zu kontrollieren sein wie anhand von Stempeln. Dies ist jedoch eine Folge der Schaffung eines Gebiets ohne Grenzkontrollen an den Binnengrenzen. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die Kommission bislang keine Kenntnis von Drittstaatsangehörigen hat, die als Inhaber eines von einem Schengen-Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels ihr Reiserecht missbraucht hätten, um sich länger als drei Monate in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten.

Informationen über Drittstaatsangehörige, die von der Stempelpflicht befreit sind, (Artikel 10 Absatz 3) und Fälle von Befreiungen von der Stempelpflicht

Die meisten Mitgliedstaaten erstellen keine Statistiken über die Zahl der Anträge von Drittstaatsangehörigen auf Befreiung von der Stempelpflicht oder registrieren derartige Anträge überhaupt nicht. Einige Mitgliedstaaten melden nur wenige Anträge von Drittstaatsangehörigen, die individuell bearbeitet werden.

Ferner wurden Fragen zum Abstempeln der Reisedokumente und zur Berechnung der Aufenthaltsdauer von Drittstaatsangehörigen gestellt, die Familienangehörige von Unionsbürgern sind und mit einer Aufenthaltskarte gemäß Artikel 10 der Richtlinie 2004/38/EG reisen.

Die Kommission erinnert daran, dass Drittstaatsangehörige, die Familienangehörige von Unionsbürgern sind, von der Stempelpflicht bei der Ein- und Ausreise befreit sind, wenn sie mit einer gemäß Artikel 10 der Richtlinie 2004/38/EG ausgestellten Aufenthaltskarte in Begleitung von Unionsbürgern reisen, die ihr Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt wahrnehmen. Ein Drittstaatsangehöriger ist als Familienangehöriger eines Unionsbürgers hingegen nicht von der Stempelpflicht befreit, wenn er allein reist oder wenn er in Begleitung eines Unionsbürgers reist und die genannte Aufenthaltskarte nicht vorweist (z. B. wenn der Betreffende mit einem EU-Bürger außerhalb der EU lebt und keine Aufenthaltskarte hat).

Situationen, in denen ein Drittstaatsangehöriger, der Familienangehöriger eines Unionsbürgers ist, teilweise reist, um den EU-Bürger zu begleiten oder um ihm nachzuziehen, und teilweise allein unterwegs ist, sind unvermeidlich. Dies kann zwar verwirrend sein, stellt aber im Grunde kein Problem dar: Reist ein Drittstaatsangehöriger allein, darf er die Höchstdauer des Aufenthalts (von drei Monaten) im Schengen-Gebiet nicht überschreiten. Reist ein Drittstaatsangehöriger in Begleitung eines Unionsbürgers, ist die Dauer des zulässigen Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen nicht auf drei Monate in einem Zeitraum von sechs Monaten begrenzt.

Einige Mitgliedstaaten regen an, die Liste der Gruppen von Personen, deren Reisedokumente nicht abgestempelt werden, um das Zugpersonal im internationalen Personen- und Güterschienenverkehr zu erweitern. Die Kommission steht diesem Vorschlag positiv gegenüber und wird Maßnahmen ergreifen, um Zugpersonal ebenso wie schon Piloten und Seeleute bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit von der Stempelpflicht auszunehmen, da die Züge nach einem festen Fahrplan verkehren.

INFORMATIONEN ÜBER DRITTSTAATSANGEHÖRIGE, DIE IM HOHEITSGEBIET EINES MITGLIEDSTAATS ODER BEI VERLASSEN DES SCHENGEN-GEBIETS OHNE EINREISESTEMPEL IM REISEDOKUMENT ANGETROFFEN WERDEN UND DIE ANNAHME DES ILLEGALEN AUFENTHALTS WIDERLEGEN BZW. NICHT WIDERLEGEN KÖNNEN (ARTIKEL 11)

Eine große Anzahl von Mitgliedstaaten erfasst weder statistische Daten über die Zahl der Drittstaatsangehörigen, die auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder bei Verlassen des Schengen-Gebiets ohne Einreisestempel im Reisedokument angetroffen werden, noch darüber, in wie vielen Fällen die Annahme des illegalen Aufenthalts widerlegt bzw. nicht widerlegt werden konnte.

Einige Mitgliedstaaten (Slowenien, Belgien, Ungarn, Rumänien, Italien und Estland) lieferten präzise statistische Daten mit Diagrammen, aus denen die genaue Zahl der Drittstaatsangehörigen sowie jeweils Ort und Datum ihrer Einreise in das Schengen-Gebiet hervorgehen. Andere Mitgliedstaaten übermittelten nur allgemeine Angaben über eine signifikante bzw. eine geringe Zahl von Drittstaatsangehörigen, die ohne Einreisestempel in ihrem Reisedokument angetroffen wurden.

Gemäß Artikel 11 Absatz 1 SGK können die zuständigen nationalen Behörden annehmen, dass der Inhaber eines Reisedokuments, das nicht mit einem Einreisestempel versehen ist, die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Voraussetzungen hinsichtlich der Aufenthaltsdauer nicht erfüllt. Aus den Antworten der Mitgliedstaaten geht jedoch nicht hervor, ob sie sich in allen Fällen, in denen der Reisepass eines Drittstaatsangehörigen keinen Einreisestempel enthält, auf die Annahme des illegalen Aufenthalts berufen.

Die meisten Mitgliedstaaten geben an, bei fehlendem Einreisestempel im Reisedokument das Formular in Anhang VIII zum SGK zur Bestätigung des Nachweises für die Einhaltung der Voraussetzungen für die Dauer eines zulässigen kurzfristigen Aufenthalts zu verwenden. Einige Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Slowenien und Dänemark) erklären, das Formular nicht zu verwenden, sondern in dem Reisedokument des Drittstaatsangehörigen einen Korrekturstempel mit Datum und Ort der Einreise in das Schengen-Gebiet anzubringen. Andere Mitgliedstaaten setzen ihren Angaben zufolge beide Instrumente ein (Formular und Stempel).

Ungarn gab an, ein Grenzregistrierungssystem entwickelt zu haben, in dem alle Drittstaatsangehörigen bei der Ein- oder Ausreise über die Außengrenzen des Landes erfasst werden. Die Information kann herangezogen werden, um die Annahme des illegalen Aufenthalts zu widerlegen, wenn die Person über Ungarn in das Schengen-Gebiet eingereist ist. Bulgarien beschreibt ein ähnliches automatisches Informationssystem „Grenzkontrollen“, und auch Rumänien hat eine ähnliche Einreise-/Ausreise-Datenbank im Einsatz.

Die meisten Mitgliedstaaten erklären, keine Statistiken über die Zahl der Drittstaatsangehörigen, die die Annahme des illegalen Aufenthalts nicht widerlegen konnten, zu führen, und diesen Personenkreis auch nicht in einer Datenbank zu erfassen. Einige Mitgliedstaaten geben an, nicht zwischen Personen, die aufgrund der Tatsache, dass sie die Annahme des illegalen Aufenthalts nicht haben widerlegen können, und Personen, die aus einem anderen Grund ausgewiesen wurden, unterscheiden zu können. Die meisten Mitgliedstaaten verweisen explizit auf die von ihnen eingeführten Verfahren zur Ausweisung illegaler Einwanderer. Mitgliedstaaten, die konkrete Informationen über die Zahl rückgeführter Drittstaatsangehöriger lieferten (Estland, Lettland, Slowenien, die Niederlande und Litauen), teilten mit, dass in allen Fällen Personen aus dem Schengen-Gebiet abgeschoben oder ausgewiesen wurden.

Sonstige Informationen über die Anwendung der Bestimmungen der Artikel 10 und 11

Griechenland berichtete, dass eine EDV-Anwendung entwickelt wird, mit deren Hilfe die tägliche automatische Änderung der Nummer des Sicherheitscodes für den Ein- und Ausreisestempel erfolgen kann.

Polen hat kürzlich in der mit Grenzfragen befassten Arbeitsgruppe des Rates um Klärung gebeten, wie Reisedokumente abzustempeln seien, wenn der Reisepass des Elternteils zwei oder mehr Schengen-Visa des Typs C für ein Elternteil und ein Kind enthalte. Anhand der verfügbaren Informationen der Mitgliedstaaten lässt sich feststellen, dass die Mitgliedstaaten in diesen Fällen in der Praxis unterschiedliche Verfahren anwenden und z. B. die Anzahl der Personen oder den Namen des Kindes neben dem Stempel vermerken. Im SGK ist für diesen Fall kein spezifisches Verfahren vorgesehen. Nach Auffassung der Kommission ist grundsätzlich jede Visummarke im Reisepass bei der Ein- und Ausreise gemäß Artikel 10 SGK und Ziffer 3 in Anhang IV zum SGK systematisch abzustempeln. Schwierigkeiten bei der Bestimmung, welcher Stempel zur Einreise welcher Person gehört, könnten bei Mehrfachvisa auftreten oder wenn beide Personen oft reisen. Da jedoch keine Informationen der Mitgliedstaaten über die Häufigkeit derartiger Fälle an den Außengrenzen und über hierbei aufgetretene praktische Probleme vorliegen, hält es die Kommission für nicht erforderlich, auf eine Harmonisierung der Verfahren über das Abstempeln von Reisedokumenten in den beschriebenen Fällen hinzuwirken.

Die Kommission möchte auf das Problem des Abstempelns der Reisedokumente bei der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen gemäß Artikel 23 ff SGK eingehen. In Artikel 28 heißt es: „ Bei Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen finden die einschlägigen Bestimmungen des Titels II entsprechend Anwendung “. Dies bedeutet, dass bestimmte mit den Kontrollen an den Außengrenzen zusammenhängende relevante Vorschriften z. B. zu Personengrenzkontrollen oder zum Einreiseverbot Anwendung finden. Allerdings sollten beim Überschreiten der Grenzen zwischen Schengen-Mitgliedstaaten keine Stempel angebracht werden, da die betreffende Person im Schengen-Gebiet verbleibt. Die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen kann keine Auswirkung auf die Dauer des zulässigen Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen im Schengen-Gebiet haben. Die Anbringung eines Stempels wäre irreführend, da ein zweiter Einreisestempel angebracht würde, ohne dass eine Ausreise stattgefunden hätte. Deshalb ist die Kommission der Auffassung, dass Artikel 10 während der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen nicht anwendbar ist.

Schlussfolgerungen

Die Kommission zieht aus den übermittelten Informationen folgende Schlussfolgerungen:

1. Die geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft schreiben verbindlich vor, dass Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen bei der Ein- und Ausreise systematisch abgestempelt werden müssen. Der SGK enthält eine Liste der Reisedokumente, in denen ein Ein- oder Ausreisestempel angebracht werden muss, und der Dokumente, die von der Stempelpflicht ausgenommen sind. Zudem wurde für die nationalen Behörden die Möglichkeit eingeführt, von der Annahme auszugehen, dass eine Person die Bestimmungen für die Dauer des Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht einhält, wenn ihr Reisedokument keinen Einreisestempel aufweist, und für den Drittstaatsangehörigen die Möglichkeit, diese Annahme zu widerlegen. Gemäß Artikel 10 Absatz 6 SGK erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat bis Ende 2008 Bericht über die Anwendung der Bestimmungen über das Abstempeln der Reisedokumente. Die Kommission bedauert, dass es nicht möglich war, diesen Termin einzuhalten. Die Verzögerung ist darauf zurückzuführen, dass mehrere Mitgliedstaaten die Informationen verspätet übermittelt haben.

2. Die Kommission wie auch eine ganze Reihe von Mitgliedstaaten betonen, dass die im SGK und im Leitfaden für Grenzschutzbeamte enthaltenen Vorschriften zum systematischen, chronologischen und korrekten Abstempeln strikt eingehalten werden müssen. Die Einhaltung dieser Vorschriften erleichtert die ordnungsgemäße Durchführung von Grenzkontrollen und trägt dazu bei, die Wartezeiten an den Außengrenzen der EU zu verkürzen.

3. Die Kommission erinnert daran, dass die allgemeinen Vorschriften für das Abstempeln der mit einer Visummarke versehenen Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen in Ziffer 3 in Anhang IV zum SGK festgelegt sind.

4. Die Kommission weist darauf hin, dass die Reisedokumente von Drittstaatsangehörigen, die im Besitz eines von einem Schengen-Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels sind, von der Stempelpflicht bei der Ein- und Ausreise ausgenommen sind.

5. Die Kommission ist der Auffassung, dass Artikel 10 SGK bei einer vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen gemäß Artikel 23 ff SGK nicht anwendbar ist.

6. Die Kommission räumt ein, dass bei Drittstaatsangehörigen wie Lkw-Fahrern oder Grenzpendlern, die die Grenze häufig überschreiten, Probleme auftreten. Das Problem mit den freien Seiten für die Anbringung der Stempel ließe sich jedoch nur durch Einführung eines automatischen Registrierungssystems für die Ein- und Ausreise lösen, das das Anbringen von Stempeln überflüssig machen würde. Die Kommission sieht keine Notwendigkeit, Lkw-Fahrer von der Stempelpflicht zu befreien, insbesondere wegen der von den Mitgliedstaaten vorgebrachten Bedenken in Bezug auf das Risiko von illegaler Einwanderung und Beschäftigung.

7. Die Kommission hält es nicht für notwendig, zusätzliche Befreiungen von der Stempelpflicht in Erwägung zu ziehen, außer - in Anlehnung an die Regelung für Piloten und Seeleute - für Zugpersonal im internationalen Personen- und Güterschienenverkehr bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit, da diese Züge nach einem festen Fahrplan verkehren. Die Kommission wird Maßnahmen einleiten, um diese Personengruppe von der Stempelpflicht auszunehmen.

8. Aus den Antworten geht hervor, dass eine große Zahl von Mitgliedstaaten weder die Zahl der Drittstaatsangehörigen, die in ihrem Hoheitsgebiet oder bei Verlassen des Schengen-Gebiets ohne Einreisestempel angetroffen wurden, noch die Zahl der Drittstaatsangehörigen, die die Annahme des illegalen Aufenthalts (nicht) widerlegen konnten, statistisch erfasst. Die Kommission ersucht die Mitgliedstaaten, diese Daten zu sammeln und zu melden, um die Anwendung der Bestimmungen über das Abstempeln besser analysieren zu können.

9. Abschließend ist festzustellen, dass einige Mitgliedstaaten ihrer Verpflichtung nach Artikel 11 Absatz 2 letzter Unterabsatz nicht nachgekommen sind, sich gegenseitig sowie die Kommission und das Generalsekretariat des Rates über ihre Art der Handhabung der Annahme des illegalen Aufenthalts und der Widerlegung dieser Annahme zu unterrichten. Die Kommission ersucht diese Mitgliedstaaten, dies innerhalb eines Monats nach Annahme des Berichts nachzuholen.

[1] ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.

[2] Verordnung (EG) Nr. 2133/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verpflichtung der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zum systematischen Abstempeln der Reisedokumente von Drittausländern beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten, ABl. L 369 vom 16.12.2004, S.5.

[3] Empfehlung der Kommission vom 6. November 2006 über einen gemeinsamen „Leitfaden für Grenzschutzbeamte (Schengen-Handbuch)“, der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Grenzkontrollen bei Personen heranzuziehen ist, K (2006) 5186 endg.

[4] Da die Schweiz den Schengen-Besitzstand erst seit dem 12. Dezember 2008 anwendet, wurde darauf verzichtet, das Land um Informationen über seine Erfahrungen mit dem Abstempeln von Reisedokumenten zu ersuchen.

[5] Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Festlegung von Vorschriften über den kleinen Grenzverkehr an den Landaußengrenzen der Mitgliedstaaten, ABl. L 405 vom 30.12.2006, S.1.

[6] Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77.

[7] Ziffer 4.5 des Leitfadens für Grenzschutzbeamte.

[8] Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten, ABl. L 385 vom 29.12.2004, S.1. Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Österreich und den Niederlanden wenden diesen Grundsatz an.

[9] ABl. L 239 vom 22.9.2000, S.19.