52008DC0767

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - EU Strategie für eine Verbesserung des Abwrackens von Schiffen {SEK(2008) 2846} {SEK(2008) 2847} /* KOM/2008/0767 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 19.11.2008

KOM(2008) 767 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

EU-Strategie für eine Verbesserung des Abwrackens von Schiffen

{SEK(2008) 2846}

{SEK(2008) 2847}

1. EINLEITUNG

Am 22. Mai 2007 nahm die Europäische Kommission ein Grünbuch zur Verbesserung der Abwrackung von Schiffen[1] an, das eine Vielfalt möglicher Maßnahmen enthält, mit denen die EU weltweit zu einer sichereren und umweltgerechteren Behandlung von Altschiffen beitragen könnte. Die darauf folgende öffentliche Konsultation bot den übrigen europäischen Einrichtungen, den Mitgliedstaaten, interessierten Kreisen und den Bürgern die Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen. Einrichtungen und interessierte Kreise von sowohl außerhalb als auch innerhalb der EU machten von dieser Gelegenheit umfassend Gebrauch. Am 21. Mai 2008 verabschiedete das Europäische Parlament eine Entschließung[2], in der die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert wurden, umgehend Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Abwracken von Schiffen zu treffen.

Diese Mitteilung basiert auf den Ergebnissen der Konsultation, den zwischenzeitlichen Entwicklungen, die in Bezug auf den Entwurf eines internationalen Übereinkommens über das Recycling von Schiffen zu verzeichnen sind, und den jüngsten Forschungsergebnissen, wie die Studie der Kommission über „Schiffsabwrackung und Vorreinigung von Schiffen“[3]. Eine Folgenabschätzung[4], in der die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen der geplanten Maßnahmen analysiert werden, ist beigefügt. Diese Mitteilung steht auch im Einklang mit den Verpflichtungen der Kommission, die sie in dem Aktionsplan für eine integrierte Meerespolitik der Union[5] eingegangen ist.

Im Vergleich zu 2006, als sich die Kommission veranlasst sah, mit der Ausarbeitung einer Schiffsabwrackstrategie zu beginnen, lassen sich heute einige positive Entwicklungen aufzeigen. So erzielte die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (International Maritime Organisation - IMO) bei der Ausarbeitung einer allgemein geltenden Regelung für das Schiffsrecycling beachtliche Fortschritte. In Europa und Asien gibt es inzwischen mehr Abwrackanlagen mit guten oder zumindest verbesserten Standards. Schließlich ist das Problem und seine vordringliche Lösung stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gedrungen. Allerdings enden die meisten Seeschiffe trotz der Fortschritte nach wie vor in Abwrackwerften, die nicht über eine angemessene Infrastruktur zum Schutz der Arbeitnehmer vor Gesundheitsrisiken und zum Schutz der Umwelt vor Verschmutzung verfügen.

2. DIE WICHTIGSTEN HERAUSFORDERUNGEN MIT BLICK AUF EIN SICHERES UND UMWELTGERECHTES ABWRACKEN VON SCHIFFEN

2.1 Wirtschaftlichkeit als Triebfeder für schlechtes Abwracken

Wie dem Grünbuch vom Mai 2007 zu entnehmen ist, wird die Ökonomie der Schiffsabwrackung in erster Linie bestimmt durch Faktoren wie Frachtraten, Stahlschrottpreise und Instandhaltungskosten einer alternden Flotte; anhand dieser Faktoren wird entschieden, wann ein Schiff ausgemustert wird. Die Wahl des Abwrackorts hängt insbesondere vom Metallpreis ab, den eine Anlage dem Schiffseigner oder dem zwischengeschalteten „Barkäufer“ bieten kann. Dieser Preis wiederum hängt von der Nachfrage nach Recyclingstahl in dem betreffenden Gebiet und den Recyclingkosten ab.

Die Schiffsrecyclingkosten sind je nach Lohnkosten und Aufwendungen für die Sicherheit der Arbeitnehmer sowie den Umweltschutz sehr unterschiedlich. Außerdem kann ein höherer Metallpreis gezahlt werden, wenn der Stahlschrott ohne energieintensives und somit teures Wiedereinschmelzen in Elektroöfen „kalt“ recycelt werden kann.

Weltweit wurden seit 2004 mehr als 80 % der größeren Altschiffe (in Tonnage) in Indien, Bangladesch und Pakistan abgewrackt. In diesen Ländern wird nach der Strandungsmethode vorgegangen, bei der man Schiffe - in der Regel aus eigener Kraft – auf Sandstrände auflaufen lässt, wo sie ohne schweres Gerät und ohne weitere Sicherheitsbehälter als den Schiffsköper selbst abgewrackt werden. Auf andere Länder wie China, die Türkei und mehrere EU-Mitgliedstaaten, die über Möglichkeiten für ein Abwracken in Trockendocks, an Abwrackpiers oder auf befestigten Aufschlepphellingen verfügen, entfällt nur ein kleiner Teil des Marktes.

Betreiber in Südasien beschäftigen zahlreiche ungelernte Arbeiter zu extrem niedrigen Löhnen von rund 1 Dollar pro Tag. Investitionen in permanente Strukturen und Maschinen in den Werften sind sehr begrenzt. Von den drei genannten Ländern hat in den vergangenen zwei bis drei Jahren nur Indien eine zentrale Infrastruktur für die Bewirtschaftung gefährlicher Abfälle aufgebaut und in die Ausbildung der Arbeiter und die Gesundheitsvorsorge investiert. Den höchsten Preis für Schiffsstahlschrott durchschnittlicher Qualität in den ersten Monaten des Jahres 2008 – rund 700 Dollar pro Tonne - zahlten Betreiber in Bangladesch, wo die Sicherheits- und Umweltschutznormen am niedrigsten sind und der meiste Stahl in Walzwerken „kalt“ verarbeitet wird. Es besteht daher ein starker wirtschaftlicher Anreiz für Schiffseigner, sich für Recyclinganlagen mit besonders niedrigem Sozial- und Umweltstandard zu entscheiden.

2.2 Unzureichende Umsetzung der Rechtsvorschriften für die Abfallverbringung

Das Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung aus dem Jahr 1989 sieht ein weltweites System für die vorherige schriftliche Notifizierung und Genehmigung der Verbringung gefährlicher Abfälle zwischen Ländern vor. Eine 1995 angenommene Änderung, die noch nicht in Kraft getreten ist, verbietet die Ausfuhr gefährlicher Abfälle aus der EU und aus OECD-Mitgliedstaaten in Nicht-OECD-Länder. Die EU hat das Basler Übereinkommen sowie das „Basler Ausfuhrverbot“ in ihre Rechtsvorschriften aufgenommen und verbietet seit 1998 die Ausfuhr gefährlicher Abfälle aus der Gemeinschaft in Nicht-OECD-Länder. Das Verbot ist derzeit in den Artikeln 34 und 36 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen[6] festgeschrieben.

Die Abfallverbringungsvorschriften gelten auch für Schiffe; in Beschlüssen des Basler Übereinkommens wurde anerkannt, dass ein Schiff nach Artikel 2 des Basler Übereinkommens als Abfall eingestuft und gleichzeitig gemäß anderen internationalen Vorschriften als Schiff definiert sein kann. Das eigentliche „Ausrangieren“, das für die Definition von Abfall in den EU-Rechtsvorschriften von grundlegender Bedeutung ist, fällt häufig mit der Entscheidung eines Schiffseigners – beispielsweise in einem diesbezüglichen Vertrag – zusammen, das Schiff abzuwracken. Da so gut wie alle Schiffe beachtliche Mengen von Gefahrstoffen wie Öl und Ölschlamm, Asbest, Glaswolle, PCB, TBT, Schwermetalle in Farben usw. enthalten, sind Schiffe, die abgewrackt werden sollen, als gefährlicher Abfall anzusehen.

Einige nationale Gerichte — der französische Conseil d’Etat in der Rechtssache Clemenceau und der niederländische Raad van State in den Rechtssachen Sandrien und Otapan[7] — haben diese Rechtsauslegung bestätigt. Allerdings werden die Abfallverbringungsvorschriften bei Schiffen, die abgewrackt werden sollen, nur selten angewendet. Die meisten Recyclingländer - mit Ausnahme der Türkei – wenden das Notifizierungs- und Genehmigungsverfahren des Basler Übereinkommens für Schiffe, die zwecks Abwrackens eingeführt werden, nur ungern an. Die EG-Abfallverbringungsverordnung sowie das Ausfuhrverbot lassen sich nur schwierig anwenden, wenn das Schiff außerhalb der europäischen Hoheitsgewässer als Abfall eingestuft wird. Einige jüngere Fälle zeigen, dass nationale Behörden bisweilen unsicher sind, wann und wie sie die Abfallverbringungsvorschriften bei mutmaßlichen Altschiffen durchsetzen sollen.

2.3 Ein fluktuierender Markt und künftige Risiken

Die Zahl und die Tonnage von Schiffen, die von 2004 bis 2007 recycelt wurden, blieben deutlich hinter den Vorausschätzungen der vorangehenden Jahre zurück. Von 1993 bis 2003 wurden jährlich mindestens 10 Millionen BRZ (Bruttotonnage) recycelt, während seit 2005 höchstens 5 Millionen BRZ ermittelt wurden. Parallel dazu ist das Durchschnittsalter eines abgewrackten Schiffs von weniger als 27 Jahren in den neunziger Jahren auf mehr als 32 Jahren im Jahr 2006 gestiegen. Diese Entwicklung spiegelt den durch den Wirtschaftsaufschwung in Asien bedingten, unerwarteten Anstieg der Frachtraten wider.

Die gestiegene Nachfrage führte in den vergangenen Jahren auch zu einer Hochkonjunktur im Schiffbau. Die genauen Folgen lassen sich nur schwer vorhersagen, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die steigende Zahl alter Schiffe in ein paar Jahren zu einer Belebung der Abwracktätigkeiten führen wird.

Ein besonderes Risiko stellen die Öltankschiffe dar. Aufgrund internationaler und gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften für die Ausmusterung von Einhüllen-Öltankschiffen wurden für die Jahre 2010 und 2015 zwei Spitzen bei der Verschrottung vorhergesagt. Weltweit wird die Zahl solcher Tankschiffe derzeit auf 800 geschätzt. Es ist jedoch ungewiss, in welchem Umfang ein unmittelbares Abwracken notwendig ist, da viele zu Doppelhüllen-Tankschiffen umgebaut, für Nichtöltransporte eingesetzt oder zur Lagerung verwendet werden können.

3. INTERNATIONALE BESTANDSAUFNAHME

Die IMO beabsichtigt, ihre Arbeiten an einem internationalen Übereinkommen über das sichere und umweltverträgliche Recycling von Schiffen im Oktober 2008 abzuschließen. Die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten beteiligen sich aktiv an den Verhandlungen über dieses Übereinkommen, das auf einer Diplomatischen Konferenz im Mai 2009 angenommen werden soll. Die Ratifizierungsvorschriften für das Inkrafttreten des Übereinkommens werden derzeit noch erörtert. Ergänzende Leitlinien für die Zertifizierung von Schiffen und den Betrieb von Schiffsrecyclinganlagen sollen vom Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC) der IMO im Juli 2009 angenommen werden.

Das Schiffsrecyclingübereinkommen gilt – wie auch andere IMO-Instrumente – nicht für Schiffe mit weniger als 500 BRZ oder für Kriegsschiffe, Marineversorgungsschiffe und andere in staatlichem Besitz befindliche oder staatlich betriebene Schiffe, die ausschließlich im nicht gewerblichen Staatsdienst verwendet werden. Außerdem fallen Schiffe im Binnenverkehr, d. h. Schiffe, die ausschließlich in den Hoheitsgewässern eines Flaggenstaats fahren, nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens. Allerdings sieht das Übereinkommen vor, dass diese Schiffe im Einklang mit dem Übereinkommen betrieben werden.

Das Übereinkommen soll für eine umfassende Kontroll- und Durchsetzungsregelung „von der Wiege bis zur Bahre“ sorgen und beruht insbesondere auf der Besichtigung und der Zertifizierung von Schiffen sowie der Zulassung von Schiffsrecyclinganlagen. Die Verwendung von Gefahrstoffen im Schiffbau soll eingeschränkt werden, und die gefährlichsten Stoffe sollten aus bestehenden Schiffen noch während ihres Betriebs entfernt werden.

Der derzeit vorliegende Entwurf des Übereinkommens enthält bestimmte Anforderungen an die Sicherheit und den Umweltschutz in Schiffsrecyclinganlagen, schließt die Strandung als Abwrackmethode aber nicht ausdrücklich aus. Umsetzungs- und Durchsetzungsmechanismen werden zurzeit erörtert, jedoch wurde eine obligatorische Prüfung der Recyclinganlagen durch Dritte von den IMO-Vertragsparteien abgelehnt. Die Entscheidung, ob vor Beginn eines Recyclingvorgangs das Einverständnis der zuständigen Behörde einzuholen ist, wird wahrscheinlich dem Recyclingstaat als Opt-in-Klausel des Übereinkommens überlassen werden.

Im Zusammenhang mit dem Basler Übereinkommen stellt sich die Frage, ob das vorgeschlagene IMO-Schiffsrecyclingübereinkommen ein ebenso hohes Maß an Kontrolle und Durchsetzbarkeit gewährleistet wie das Basler Übereinkommen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten arbeiten auf IMO- und Basler-Ebene darauf hin, die Einführung eines äquivalenten Kontrollniveaus sicherzustellen. Dies könnte die Voraussetzung dafür sein, dass Schiffe, die unter die neue internationale Regelung fallen, vom Anwendungsbereich des Basler Übereinkommens ausgenommen werden.

4. ZIEL DER EU-AKTION

Das übergeordnete Ziel einer EU-Strategie für das Abwracken von Schiffen ist es sicherzustellen, dass Schiffe, die wegen ihrer Flagge oder ihres Eigners in einer engen Beziehung zur EU stehen, im Einklang mit dem Entwurf des Schiffsrecyclingübereinkommens weltweit nur in sicheren und umweltgerechten Abwrackwerften abgewrackt werden.

Darunter fallen die folgenden Einzelziele: Im Einklang mit der EU-Verordnung über die Verbringung von Abfällen soll die Ausfuhr gefährlicher Altschiffe aus der EU in Entwicklungsländer verhindert werden, und die negativen Folgen des Abwrackens von Schiffen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, insbesondere in Südasien, sollen deutlich und nachhaltig verringert werden, ohne dadurch unnötige wirtschaftliche Belastungen zu verursachen

Um diese Ziele zu erreichen, sind folgende Maßnahmen notwendig:

- Schaffung der notwendigen Anreize und Anleitung bei der Durchführung der EU-Abfallverbringungsverordnung in Bezug auf Altschiffe;

- effektive und zeitige Umsetzung des neuen internationalen Schiffsrecyclingübereinkommens in der EU;

- Bewertung der Notwendigkeit und der möglichen Optionen für eine Ergänzung des Schiffsrecyclingübereinkommens mit Maßnahmen, die notwendig sind, um die negativen Folgen, die nicht unter das Übereinkommen fallen, anzugehen, und Förderung der praktischen Wirksamkeit.

5. AKTIONSBEREICHE UND INSTRUMENTE

5.1. Zeitige Umsetzung des bevorstehenden Schiffsrecyclingübereinkommens

Da die Abschlussverhandlungen über das Schiffsrecyclingübereinkommen im Mai 2009 noch bevorstehen und der Mechanismus für das Inkrafttreten noch festgelegt werden muss, ist es zurzeit ungewiss, wann das Übereinkommen völkerrechtlich verbindlich wird. Erfahrungsgemäß kann es mehrere Jahre dauern, bis ein solches Instrument nach seiner Annahme in Kraft tritt. Das bedeutet, dass die neue Regelung für das Schiffsrecycling etwa 2015 wirksam würde. Die neue internationale Regelung dürfte sogar zu einem noch späteren Zeitpunkt wirksam werden, da der Entwurf des Übereinkommens für die verschiedenen Anforderungen unterschiedliche Fristen vorsieht – so muss beispielsweise das Bestandsverzeichnis von Gefahrstoffen bei bestehenden Schiffen (im Gegensatz zu neuen Schiffen) spätesten fünf Jahre nach dem Inkrafttreten mitgeführt werden bzw. früher, wenn das Schiff vorher recycelt werden soll.

Ein Tätigwerden bzw. ein Nichttätigwerden der EU kann sich in der Praxis stark auf den Ratifizierungsprozess und die Wirksamkeit des Übereinkommens auswirken. Wird die EU nicht tätig, könnte die internationale Gemeinschaft dies als Zeichen einer geringen Priorität verstehen, so dass sich die Ratifizierung in den Mitgliedstaaten und in Drittländern noch weiter verzögert. Wird die EU hingegen im Einklang mit dem Schiffsrecyclingübereinkommen tätig, so würde diesen Arbeiten auf internationaler Ebene mehr Bedeutung beigemessen und könnte das Inkrafttreten des Übereinkommens beschleunigt werden. Die Erfahrungen mit IMO-Übereinkommen wie MARPOL[8] und AFS[9] haben gezeigt, dass Drittländer ein internationales Übereinkommen häufig ratifizieren und umsetzten, sobald die EU ihre Vorschriften für alle Schiffe in europäischen Gewässern rechtsverbindlich gemacht hat.

Zur möglichst raschen Verbesserung der derzeit inakzeptablen Situation ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Kernpunkte des geplanten Schiffsrecyclingübereinkommens (wie Besichtigung und Zertifikate im Hinblick auf die Erstellung eines Bestandsverzeichnisses von Gefahrstoffen an Bord von Schiffen und die Vorbereitung von Schiffen auf das Recycling, die umfassenden Auflagen für Schiffsrecyclinganlagen und die Meldevorschriften und die Informationsübermittlung) nach Annahme des Übereinkommens möglichst schnell übernommen werden. Die Anforderungen an die Schiffe müssen für alle Schiffe, die in EU-Gewässer einfahren, verbindlich sein, so dass Wettbewerbsnachteile für Schiffe unter der Flagge von Mitgliedstaaten und sich daraus ergebende Anreize für ein Umflaggen vermieden werden. Den Bestimmungen für Schiffsrecyclinganlagen sollten die geplanten Leitlinien, der der zuständige IMO-Ausschuss im Juli 2009 annehmen will, zugrunde liegen.

Von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme:

- Beginn der Vorbereitungen für die Einführung von Maßnahmen in Bezug auf die Kernpunkte des geplanten Schiffsrecyclingübereinkommens sobald es auf der für Mai 2009 vorgesehenen Diplomatischen Konferenz der IMO angenommen worden ist, insbesondere was die Besichtigungen von und die Zertifikate für Schiffe, die grundlegenden Anforderungen an Recyclinganlagen sowie die Melde- und Kommunikationsvorschriften angeht.

5.2. Sauberes Abwracken von Kriegsschiffen und anderen Schiffen in Staatsbesitz

Drei Schiffskategorien sind vom Anwendungsbereich des Schiffsrecyclingübereinkommens ausgenommen: kleine Schiffe mit weniger als 500 BRZ, Schiffe, die nur für nicht gewerbliche staatliche Dienste eingesetzt werden, einschließlich Kriegsschiffe, die verhältnismäßig stark mit Asbest und anderen schädlichen Stoffen belastet sind, und Schiffe, die ausschließlich in nationalen Gewässern fahren.

Im Gegensatz zur IMO, die normalerweise aus Gründen nationaler Souveränität eine „staatliche“ Ausnahme gewährt, ist es der EU nicht von vornherein untersagt, für Schiffe im Staatsbesitz Umweltschutz- und Sicherheitsvorschriften festzulegen. Nach Artikel 296 EG-Vertrag sind solche EU-Maßnahmen nicht verboten und ist eine solche Ausnahme nur in außergewöhnlichen und klar definierten Fällen zulässig, wenn sie für die Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen des Mitgliedstaats, „die die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen“, erforderlich ist. Da das künftige IMO-Übereinkommen auch die Bauart, die Konstruktion und den Betrieb von Schiffen (beispielsweise obligatorische Bestandsaufnahme von Gefahrstoffen) regelt, müssen jedoch Interessen militärischer Geheimhaltung berücksichtigt werden.

Die Ausweitung der Übereinkommensvorschriften auf kleine Schiffe und den EU-Binnenschiffsverkehr ist zwar eine mögliche Option, wird aber in der derzeitigen Phase als nicht dringend angesehen, weil solche Schiffe in der Regel nicht in asiatischen Anlagen abgewrackt werden und recyclingbedingte Sicherheitsrisiken in der EU nicht bekannt sind.

Zur Erhöhung der Wirksamkeit einer Regelung für die Verschrottung von Schiffen im Staatsbesitz besteht eine der Optionen darin, auch den Verkauf von Schiffen an Drittländer oder private Betreiber, bevor sie als Abfall eingestuft werden, an Bedingungen zu knüpfen. Gemäß der Schiffsrecycling-Strategie des Vereinigten Königreichs beispielsweise können Verkaufsverträge Klauseln enthalten, nach denen der neue Eigner verpflichtet ist, die Vorschriften der IMO und des Basler Übereinkommens für ein sauberes Abwracken der Schiffe einzuhalten und das Schiff nicht ohne das schriftliche Einverständnis der Regierung des Mitgliedstaats zu entsorgen. Außerdem könnten Verkäufe den Ländern oder privaten Eignern, die die Flagge dieser Länder führen, vorbehalten werden, die sich damit einverstanden erklärt haben, im Zusammenhang mit Altschiffen bis auf weiteres das Basler Übereinkommen anzuwenden.

- Von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme:

- Weitere Bewertung der Option, in die Schiffsrecyclingmaßnahmen unter anderem Vorschriften für das saubere Abwracken von Kriegsschiffen und anderen Schiffen im Staatsbesitz einzubeziehen.

5.3. Was kann die Industrie in der Zwischenzeit tun

Das Inkrafttreten des Schiffsrecyclingübereinkommens und dessen Umsetzung werden mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Es besteht also die Gefahr, dass die Spitze des Abwrackens von Schiffen, die wegen des Datums für die Einstellung des Betriebs von Einhüllen-Tankschiffen gemäß dem MARPOL-Übereinkommen (Anhang I) für 2010 erwartet wird, zu einer unkontrollierten Expansion nicht normgerechter Anlagen in Südasien und vermehrt zu negativen Folgen für die Umwelt und die menschliche Gesundheit führen wird. Der möglicherweise einfachste und schnellste Weg, um die Praktiken bis zum Inkrafttreten des Schiffsrecyclingübereinkommens und der Durchführungsbestimmungen zu ändern, wäre ein freiwilliges Engagement der jeweiligen Interessenkreise. Wenn die Schiffsrecyclinganlagen zustimmen würden, ihre Umweltschutz- und Sicherheitsleistungen im Sinne der sich in der Entwicklung befindlichen Normen zu verbessern, und sich die Schiffseigner mit dadurch bedingten niedrigeren Gewinnen begnügen würden, könnten der Umfang der Verschmutzung und die Zahl der tödlichen Unfälle und Berufskrankheiten deutlich reduziert werden.

Die finanzielle Belastung der Schiffseigner wäre nicht übermäßig groß. Die zusätzlichen Aufwendungen für ein Abwracken in einer umweltgerechten und sicheren Recyclinganlage statt auf dem Strand unter verschmutzenden und gefährlichen Arbeitsbedingungen werden mit 50 bis 150 USD je Tonne Schiffsstahl (ldt) veranschlagt. Dieser Betrag ist zu dem derzeitigen Preis von rund 700 USD/ldt in Bezug zu setzen, den Anlagen in Südasien Schiffseignern oder zwischengeschalteten Barkäufern zahlen.

Unter diesen Bedingungen und angesichts des Grundsatzes der Herstellerverantwortung und des „Verursacherprinzips“ können Fördermittel für ein sauberes Schiffsabwracken aus öffentlichen Mitteln nicht gerechtfertigt werden. Von europäischen Schiffseignern kann sogar erwartet werden, im Sinne der sozialen Verantwortung von Unternehmen zu handeln. Praktische Beispiele dafür gibt es bereits: So hat die Maersk–Gruppe für Schifffahrtsunternehmen eine Partnerschaft mit chinesischen Anlagen gebildet, deren Umweltschutz- und Sicherheitsstandards durch technische Hilfe und Schulung verbessert wurden. Einige der größten Ölgesellschaften verfolgen ein ähnliches Konzept.

Freiwillige Maßnahmen der europäischen Schiffseigner, ihrer Verbände und ihrer Kunden könnten mit einer EU-weiten öffentlichen Kampagne und systematischen hochrangigen Verhandlungen mit den wichtigsten Interessenkreisen gefördert werden. Eine neue spezifische Auszeichnung für beispielhaftes Schiffsrecycling oder die Einbeziehung des Abwrackens von Schiffen in die Umweltauszeichnung „Sauberer Seeverkehr“ könnte zur Folge haben, dass Recycling- und Schifffahrtsunternehmen mit einem deutlich umweltgerechten Profil öffentlich Anerkennung finden. Darüber hinaus könnte ein weltweites Verzeichnis „grüner“ Schiffsabwrackanlagen für die Schiffseigner Wissenslücken schließen und Benchmarks an die Hand geben.

Die finanzielle Unterstützung von Drittländern aus staatlichen Mitteln könnte im Rahmen von Entwicklungshilfeprogrammen begrenzt zum Tragen kommen: Technische Hilfe könnte insbesondere der Sicherheitsschulung von Arbeitern zugute kommen und dem Aufbau einer grundlegenden Infrastruktur für den Umwelt- und Gesundheitsschutz in einem armen Land wie Bangladesch förderlich sein. Eine solche finanzielle Unterstützung hängt jedoch zwangsläufig davon ab, ob die betroffenen Regierungen und die Industrie zu einer Zusammenarbeit zwecks Verbesserung der Abwrackpraktiken bereit sind und diese nachhaltig unterstützen. Außerdem könnten zusätzliche Maßnahmen erforderlich werden, mit denen die Wirksamkeit der technischen Hilfe und der freiwilligen Maßnahmen sichergestellt werden kann, beispielsweise ein politisches Follow-up, Anreize, wie Vorteile für Anlagen mit hohen Normen.

Von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme:

- Förderung freiwilliger Aktionen der Industrie durch verschiedene Maßnahmen wie EU-weite öffentliche Kampagnen, eine Auszeichnung für beispielhafte Aktivitäten und Leitlinien mit einem Verzeichnis sauberer Schiffsabwrackanlagen.

5.4. Bessere Durchsetzung der Abfallverbringungsvorschriften

Die derzeitigen Anstrengungen für ein internationales Schiffsrecyclingübereinkommen zielen u. a. darauf ab, Doppelregulierungen zu vermeiden und Altschiffe (zumindest Handelsschiffe) von den Vorschriften des Basler Übereinkommens über die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen auszunehmen. Unter der Voraussetzung, dass das Schiffsrecyclingübereinkommen in Kraft tritt und die Vertragsparteien des Basler Übereinkommens von der Gleichwertigkeit der Kontrollen überzeugt sind, unterlägen größere gewerblich genutzte Schiffe auf ihrer letzten Fahrt zu der Abwrackwerft nicht mehr den Abfallverbringungsvorschriften.

Allerdings würde es einige Jahre dauern, bis das Balser Übereinkommen entsprechend geändert ist, und sogar noch länger, bis diese Änderung in nationales Recht umgesetzt wird. Kurz- und mittelfristig wird die EG-Abfallverbringungsverordnung nach wie vor für Altschiffe gelten. Bei einer EU-Strategie für das Abwracken von Schiffen müssen daher Maßnahmen ausgearbeitet werden, mit denen die Umsetzung der Abfallverbringungsvorschriften für Altschiffe verbessert und insbesondere vermieden werden kann, dass solche Schiffe aus der EU direkt in Entwicklungsländer ausgeführt werden.

Die Durchsetzung der EG-Abfallverbringungsverordnung durch die Mitgliedstaaten könnte durch kombinierte Maßnahmen verbessert werden: Anleitung durch die Kommission bei der Anwendung der Abfallverbringungsverordnung im Fall von Altschiffen, gezielte Projekte im Rahmen von IMPEL-TFS[10] und stärkere Zusammenarbeit zwischen den Behörden in der EU sowie mit Durchfuhr- und Bestimmungsländern. Die Kommission könnte auch Vorschläge für spezifische Mindestanforderungen bei Inspektionen vorlegen.

Die Wirksamkeit des EU-Kontrollsystems für die Abfallverbringung könnte unter Berücksichtigung der Verfahren im Rahmen des künftigen Schiffsrecyclingübereinkommens durch die Aufstellung und die Führung eines Verzeichnisses der Schiffe, deren Verschrottung bevorsteht, weiter verbessert werden. Die Kommission muss noch näher prüfen, ob sich ein solches Verzeichnis in die Praxis umsetzen lässt; außerdem sind die Pflichten und Rechte der Behörden beim Austausch von Daten über solche Schiffe rechtlich zu klären. Angesichts des durch diese Maßnahme bedingten unvermeidlichen Verwaltungsaufwands sollte ihre Einführung davon abhängig gemacht werden, ob die freiwilligen Maßnahmen der Schifffahrtsindustrie in den kommenden ein bis zwei Jahren zu einer deutlichen Verbesserung der Situation führen. Eine bessere Umsetzung der geltenden Abfallverbringungsvorschriften wird für die Schifffahrtsindustrie ein zusätzlicher Anreiz sein, um ihre Praktiken zwischenzeitlich zu verbessern, so dass die negativen antizipatorischen Auswirkungen der anstehenden Schiffsrecyclingmaßnahmen begrenzt werden können.

Von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme:

- Bessere Durchsetzung der derzeitigen Abfallverbringungsvorschriften im Fall von Altschiffen mittels Anleitung durch die Kommission und vermehrter multilateraler Zusammenarbeit sowie Prüfung der Möglichkeit, Regeln für die Aufstellung eines Verzeichnisses der Schiffe festzulegen, die abgewrackt werden sollen.

5.5. Audit und Zertifizierung von Abwrackanlagen

Das anstehende internationale Schiffsrecyclingübereinkommen wird sich insbesondere auf ein System für die Besichtigung und Zertifizierung von Schiffen sowie auf die von den zuständigen Behörden des Recyclingstaates erteilte Zulassung von Schiffsrecyclinganlagen stützen. Dieser Ansatz spiegelt den hohen Stellenwert der nationalen Souveränität im Völkerrecht wider. Eine mögliche Schwäche des Kontrollsystems besteht darin, dass die bestehenden Staatsführungsprobleme in einigen Entwicklungsländern und das Fehlen eines bei Zuwiderhandlungen greifenden Mechanismus im Entwurf des Übereinkommens seine Wirksamkeit in der Praxis beeinträchtigen könnten.

Eine Studie der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) hat mögliche Lösungen für dieses Dilemma untersucht und ein Zertifizierungs- und Auditsystem für Schiffsrecyclinganlagen vorgeschlagen, um so zu einer größeren Transparenz zu gelangen und mit Hilfe unabhängiger anerkannter Organisationen weltweit vergleichbare Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen[11]. Unter Berücksichtigung der internationalen Entwicklungen lägen diesem System die Bestimmungen des künftigen Schiffsrecyclingübereinkommens und die geplante spezifische ISO-Norm 30001 für Schiffsrecyclinganlagen zugrunde, und es würde ein System mit verschiedenen Qualitätsebenen einschließen. Ein wichtiges Element wäre die Veröffentlichung der Zertifizierungskategorien in Verbindung mit einem weltweiten Verzeichnis aller Schiffsabwrackanlagen.

Die Audit- und die Zertifizierungsvorschriften für Abwrackanlagen werden zurzeit auf IMO-Ebene erörtert. Je nach Ergebnis dieser Diskussionen wird die Kommission prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass Schiffe, die in Europa in Betrieb sind, einem europäischen Eigner gehören oder unter der Flagge von EU-Mitgliedstaaten fahren, in Anlagen abgewrackt werden, die im Rahmen dieses Systems zertifiziert und geprüft worden sind, wobei jedoch dafür Sorge zu tragen ist, dass mögliche negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Seeschifffahrtsindustrie so gering wir möglich gehalten werden. Dies ist für eine rasche und umfassende Wirksamkeit des Systems unumgänglich.

- Von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme:

- Weitere Bewertung der Möglichkeit, ein weltweites Zertifizierungs- und Auditsystem für Schiffsrecyclinganlagen zu entwickeln, und Evaluierung - auf der Grundlage der derzeitigen Erörterungen zum Schiffsrecyclingübereinkommen – wie sichergestellt werden kann, dass möglichst viele Schiffe, einschließlich der Schiffe unter der Flagge von EU-Mitgliedstaaten, in Anlagen abgewrackt werden, die im Rahmen dieses System zertifiziert und geprüft worden sind.

5.6. Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung

Ausgangspunkt des künftigen Schiffsrecyclingübereinkommens ist, dass seine Vorschriften und die Marktkräfte ausreichen werden, um in den kommenden Jahren ein sicheres und umweltgerechtes Abwracken von Schiffen zu ermöglichen. Als Antwort auf die im Grünbuch der Kommission vorgeschlagene Option eines „Abwrackfonds für Schiffe“ argumentierte die Schifffahrtsindustrie, dass ein solcher Fonds und die entsprechenden Gebühren zu unnötigem Verwaltungsaufwand führen würden. Die Schifffahrtsindustrie erwartet, dass der Marktumstrukturierungsprozess nach Maßgabe der neuen Vorschriften und Standards für die Mittel sorgen wird, die notwendig sind, um die Schiffsrecyclinganlagen weltweit dahingehend zu modernisieren, dass sie mit dem Übereinkommen im Einklang stehen.

Es besteht jedoch die Gefahr, dass unklare Vorschriften für Recyclingstandards (z. B. allgemeine Auflage der Unfallverhütung und der sicheren und umweltgerechten Entfernung von Gefahrstoffen jedoch kein ausdrückliches Verbot der Strandungsmethode) und das wahrscheinliche Fehlen von bei Zuwiderhandlungen greifenden Mechanismen in dem Übereinkommen auch weiterhin schlechte Praktiken ermöglichen und dafür sorgen, dass von Investitionen abgesehen wird.

Die weiteren Entwicklungen sollten aufmerksam beobachtet werden. Stellt sich heraus, dass die neuen internationalen Rechtsvorschriften und die Reaktionen der Marktteilnehmer nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen, sollte die Option eines Finanzierungssystems nach dem Verursacherprinzip in Erwägung gezogen werden. Auch wenn eine Lösung auf IMO-Ebene vorzuziehen wäre, sollte ein EU-weites System für alle in EU-Gewässern betriebenen Schiffe nicht ausgeschlossen werden.

Die Kommission wird in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 eine Studie zum Thema „Abwrackfonds für Schiffe“ in die Wege leiten, um die möglichen Instrumente und deren Auswirkungen genauer beurteilen zu können.

Von der Kommission vorgeschlagene Maßnahme:

- Bewertung der möglichen Einführung eines obligatorischen internationalen Finanzierungssystems für ein sauberes Abwracken von Schiffen („Abwrackfonds für Schiffe“) auf der Grundlage der Ergebnisse einer von der Kommission in die Wege zu leitenden Studie.

6. FAZIT: EINE INTEGRIERTE STRATEGIE FÜR DIE VERBESSERUNG DES ABWRACKENS VON SCHIFFEN

Wenn das Ziel eines sicheren und umweltgerechten Abwrackens europäischer Schiffe bis zum Jahr 2015 erreicht werden soll, so ist eine politische Gesamtstrategie erforderlich. Vorschriften für die Umsetzung der Kernpunkte des geplanten Schiffsrecyclingübereinkommens und – sofern erforderlich – mögliche Ergänzungen müssen mit Maßnahmen kombiniert werden, die einem zwischenzeitlichen freiwilligen Engagement der Schifffahrtsindustrie förderlich sind und die Durchsetzung der bestehenden Abfallverbringungsvorschriften im Fall von Schiffen verbessern.

Die Kommission schlägt vor, mit der Ausarbeitung von Vorschriften für das Schiffsrecycling zu beginnen, mit denen sich die im Übereinkommen vorgesehenen wesentlichen Auflagen für Schiffe (Besichtigungen, Zertifikate, Bestandsaufnahme von Gefahrstoffen) und Schiffsrecyclinganlagen sowie die Meldevorschriften und die Informationsübermittlung umsetzen lassen. Es gilt zu bewerten, ob auch Kriegsschiffe und andere Schiffe im Staatsbesitz, die nicht Gegenstand des Schiffsrecyclingübereinkommens sind, in den Geltungsbereich dieser Vorschriften einbezogen werden sollten. Je nach Ausgang der Diskussionen über das Schiffsrecyclingübereinkommen sowie das Audit und die Zertifizierung von Abwrackanlagen wird die Kommission prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass möglichst viele Schiffe, einschließlich der Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaats, in Anlagen abgewrackt werden, die im Rahmen dieses Systems zertifiziert und geprüft worden sind.

Die Schifffahrtsindustrie hat die Mittel und – angesichts des Verursacherprinzips – auch die Pflicht, die Schiffsabwrackpraktiken bis zum Wirksamwerden der neuen internationalen Regelung zu verbessern. Im Interesse eines schnellen Handelns schlägt die Kommission vor, freiwillige Verpflichtungen mit verschiedenen Maßnahmen, beispielsweise öffentliche Kampagnen, Auszeichnungen und Anleitung von Schiffseignern, zu fördern. Auch die technische Hilfe für Entwicklungsländer zur Verbesserung ihrer einschlägigen Infrastruktur kann eine Rolle spielen, wird jedoch von der Mitarbeit der Recyclingstaaten abhängen.

Andererseits kann eine bessere Durchsetzung der geltenden Abfallverbringungsvorschriften mit besserer Anleitung und multilateraler Zusammenarbeit den Übergangsprozess erleichtern und die negativen antizipatorischen Auswirkungen begrenzen. Die Kommission wird die Durchführbarkeit von Maßnahmen prüfen, die die Erstellung eines Verzeichnisses der Schiffe vorsehen, die verschrottet werden sollen.

Die vorliegende Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen soll zu Diskussionen anregen und den Weg für einen Legislativvorschlag ebnen, der nach der geplanten Annahme des Schiffsrecyclingübereinkommens auf der Diplomatischen Konferenz der IMO im Mai 2009 vorgelegt werden soll. Die Kommission fordert die übrigen EU-Organe daher auf, Stellung zu nehmen und zu einer wirksamen EU-Politik für eine Verbesserung des Abwrackens von Schiffen beizutragen.

[1] KOM(2007) 269 endgültig, mit Anhang und Verweisen im Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen SEK(2007) 645.

[2] http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P6-TA-2008

0222+0+DOC+XML+V0//EN&language=EN.

[3] COWI/DHI, Abschlussbericht vom Juni 2007, auf der Kommissionswebsite veröffentlicht unter

http://ec.europa.eu/environment/waste/ships//index.htm. Weitere Hinweise finden sich auf derselben Webseite.

[4] Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen […].

[5] SEK (2007) 1278 vom 10. Oktober 2007, Aktion 4.6, S.16.

[6] Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen, ABl. L 190 vom 12.7.2006, S. 1 („Abfallverbringungsverordnung“).

[7] Conseil d’Etat, Urteil vom 15. Februar 2006, http://www.conseil-etat.fr/ce/jurispd/index_ac_ld0607.shtml; Raad van State, Urteile vom 19. Juni 2002 (Sandrien) und vom 21. Februar 2007 (Otapan), englische Fassung unter: http://www.basel.int/ships/relevcaselaw.html.

[8] Internationales Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe, geändert durch das Protokoll von 1978.

[9] Übereinkommen über Verbots- und Beschränkungsmaßnahmen für schädliche Bewuchsschutzsysteme von Schiffen.

[10] IMPEL = Netz der Europäischen Union zur Durchführung und Durchsetzung des Umweltrechts;

TFS = Cluster grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen.

[11] https://extranet.emsa.europa.eu/index.php?option=com_docman&task=cat_view&gid=135&Itemid=3 .