52008DC0495

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über Bulgariens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens {SEK(2008) 2350} /* KOM/2008/0495 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 23.7.2008

KOM(2008) 495 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über Bulgariens Fortschritte im Rahmen des Kooperations- und Kontrollverfahrens

{SEK(2008) 2350}

1. EINLEITUNG

Als Bulgarien 2007 der EU beitrat, stand es vor der großen Herausforderung, für ein funktionierendes Justizwesen zu sorgen und gegen Korruption und das organisierte Verbrechen vorzugehen. Die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten hielten diese Herausforderungen für lösbar, und die bulgarischen Behörden verpflichteten sich, Defizite auf diesen Gebieten zu beheben, damit Bulgarien in vollem Umfang seine aus der Mitgliedschaft erwachsende Rechte wahrnehmen und seinen diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann. Die bulgarischen Behörden und die übrigen Mitgliedstaaten waren sich darin einig, dass eine weit reichende Justizreform sowie ein konzertiertes Vorgehen gegen Korruption und das organisierte Verbrechen unumgänglich sind, damit die Bulgaren ihre Rechte als Unionsbürger uneingeschränkt ausüben und in vollem Umfang von den Möglichkeiten, auch finanzieller Natur, die sich mit der EU-Mitgliedschaft eröffnen, profitieren können. Generell wurde anerkannt, dass die wesentlichen Grundsätze, auf die sich die EU stützt – Rechtstaatlichkeit, gegenseitige Anerkennung und Zusammenarbeit auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens – in der Praxis nur dann zum Tragen kommen, wenn die genannten Probleme an der Wurzel angegangen werden.

Die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten hielten es für erforderlich, nach dem Beitritt eng mit Bulgarien zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die nötigen Reformen zur Stärkung der Justiz und zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität in Angriff genommen werden. Von der Kommission wurde ein Kooperations- und Kontrollverfahren eingerichtet, das der Fortschrittsüberwachung und der Unterstützung bei der Behebung der Defizite dient. Der vorliegende Bericht, der sich auf Beiträge der bulgarischen Behörden und ergänzende Besuche von Fachleuten vor Ort stützt, fasst die Fortschritte zusammen, die Bulgarien bei der Erfüllung der Vorgaben des Kooperations- und Kontrollverfahrens erzielt hat, und gibt eine ausführliche Bewertung ab. Es ist dies der dritte Bericht in einer Reihe von Berichten, die im Sechsmonatsrhythmus zu erstellen sind.

Der Bewertungsteil lässt erkennen, dass sich die bulgarischen Behörden schwer damit tun, echte Fortschritte bei der Justizreform und der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität zu erzielen. Trotz erkennbarer Bemühungen, das erforderliche institutionelle Instrumentarium zu schaffen und die verlangten Verfahren und Abläufe einzuführen, gibt es nur wenige Anhaltspunkte dafür, dass das System richtig funktioniert. Davon auszugehen, dass ein so tief greifender Wandel rasch vonstatten gehen könnte, wäre unrealistisch gewesen. Trotz der Bemühungen der bulgarischen Behörden verlaufen die Fortschritte langsamer und fallen mithin geringer aus als erwartet, so dass die Notwendigkeit der Kontrolle und Zusammenarbeit noch eine Weile bestehen bleiben wird. Justizwesen und Verwaltung müssen deutlich gestärkt werden. Dies ist ein langwieriger Prozess.

2. DER REFORMPROZESS IN BULGARIEN

2.1. Erfolgsbilanz

Bulgarien hat Anstrengungen unternommen, um in institutioneller und verfahrenstechnischer Hinsicht die Voraussetzungen zu schaffen, die bei ausreichender personeller Ausstattung bzw. ordnungsgemäßer Handhabung zu dem gewünschten Ergebnis einer frei von Korruption und Bedrohungen durch das organisierte Verbrechen arbeitenden Justiz und Verwaltung führen könnten.

Im Rahmen der Justizreform hat Bulgarien inzwischen Änderungen an der Verfassung vorgenommen und die Zivilprozessordnung, das Gerichtsverfassungsgesetz und die zugehörigen Durchführungsbestimmungen verabschiedet. Sie schreiben die Unabhängigkeit der Justiz fest und bilden die Grundlage für die Einsetzung des Obersten Justizrates als gewähltes unabhängiges Gremium, das das gute Funktionieren der Justiz insgesamt garantieren soll. Ihre Arbeit aufgenommen hat inzwischen auch eine unabhängige Justizaufsichtsbehörde, die bereits erste Kontrollmaßnahmen eingeleitet hat.

Zur Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen wurde eine nationale Sicherheitsbehörde (SANS) eingerichtet, die bereits seit Anfang 2008 ihre investigativen Befugnisse konkret ausübt. Von der Behörde wurde eine Liste mit Fällen erstellt, die derzeit unter der Aufsicht der Staatsanwaltschaft untersucht werden. Außerdem haben die Ermittlungen Bulgariens in zwei groß angelegten Fällen, denen ein gewisser Symbolcharakter innewohnt, Fortschritte gemacht.

Um der Korruption auf lokaler Ebene zu begegnen, hat Bulgarien hat auf administrativer Ebene, insbesondere bei der Grenzpolizei, Veränderungen vorgenommen, durch die die Möglichkeiten für Korruption eingeschränkt werden und die inzwischen Wirkungen zeigen. Läden und Tankstellen, in denen zollfrei eingekauft werden konnte und die im Verdacht standen, eine Drehscheibe für Korruption und organisiertes Verbrechen auf lokaler Ebene zu sein, wurden von Bulgarien geschlossen.

2.2. Ergebnisse

Obwohl viel Mühe auf die Schaffung einschlägiger Institutionen und Verfahren verwendet wurde, fehlt es nach wie vor an zufrieden stellenden Ergebnissen. Die Verabschiedung neuer Gesetze, die Einführung neuer Verfahren und die Schaffung neuer Institutionen ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung - Gesetze müssen praktisch umgesetzt und Institutionen müssen richtig funktionieren, um konkretere Ergebnisse zu produzieren.

Was die Justizreform betrifft, so weisen das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung immer noch Mängel auf. Die 2006 verabschiedete Strafprozessordnung hat wenig zur Verbesserung der Effizienz der Ermittlungsverfahren beigetragen. Um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren zu verleichtern, fehlt es an einer hinreichend klaren Aufgabenverteilung. Wichtige Fälle gehen wegen geringfügiger Verfahrensfehler wieder zurück an die Ermittlungsbehörden. Prozesse werden häufig verschleppt und es gibt keine Verfahrensgarantien, die die Gerichte daran hindern, Urteile hinauszuzögern. Das Strafgesetzbuch ist überholt und einer der Gründe für die Überlastung der Justiz.

Im April 2008 wurde eine Reform der Strafverfolgung vorgeschlagen, die das Innenministerium und mithin auch die Polizei betraf. Dieser Schritt ist zu begrüßen, doch sorgt die unklare Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen Ermittlungsbehörden bei der Sammlung von Erkenntnissen sowie der Untersuchung und Verfolgung von Straftaten nach für vor für Gesprächsstoff. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den verschiedenen zuständigen Stellen in Bezug auf ihre Rolle und ihre Zuständigkeiten haben ein Gefühl der Unsicherheit erzeugt und Erfolge verhindert. Die neu geschaffene Institution SANS hat zwar erste Ermittlungsfälle zu Tage befördert, ohne dass sich jedoch die Justiz dieser Fälle ernsthaft angenommen hätte.

Strafverfolgungsbehörden und Justiz verfügen über keinen ausgedehnten Verwaltungsapparat. Die Polizei hat nicht genügend gut ausgebildete Mitarbeiter und ist nicht gut genug ausgerüstet, um komplexe Fälle bearbeiten zu können. Es fehlt an zuverlässigen Informationen über durchgeführte Ermittlungen, Anklageerhebungen und Verurteilungen. Infolgedessen können Justiz und Justizministerium denn auch nicht auf besondere Erfolge in ihrer Arbeit verweisen.

Was die Korruption auf lokaler Ebene betrifft , so wurde dem weithin geäußerten Verdacht auf Korruption und Stimmenkauf bei den Kommunalwahlen 2007 nur in geringem Maße nachgegangen – es wurden kaum Ermittlungen durchgeführt und es gab kaum Verurteilungen. Dasselbe ereignete sich vermutlich Anfang Juni 2008 bei den Nachwahlen in mindestens zwei Städten. Es gibt Anzeichen für Korruption im Gesundheitswesen und im Bildungssektor. Trotz Maßnahmen, die das Bewusstsein für dieses Problem schärfen sollen, gab es keine offiziellen Beschwerden und keine Meldung von Missständen. Interessenkonflikte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bleiben weithin unbeachtet. Es fehlt an einem klaren Konzept zur Bekämpfung der Korruption auf lokaler Ebene und der Antikorruptionsausschuss des Ministerrates ist diesbezüglich bisher untätig geblieben.

Die Bekämpfung von Korruption auf höchster Ebene sowie der organisierten Kriminalität kommt nicht in ausreichendem Maße voran. In einige Fälle ist zwar Bewegung geraten und außerdem fand eine groß angelegte Öffentlichkeitskampagne unter dem Motto 'Kampf der Korruption' statt, aber dies trifft nur auf einen geringfügigen Teil derartiger Straftaten zu. Die vorgelegten statistischen Daten sind unzuverlässig und bisweilen widersprüchlich. Wenig Fortschritte gab es bei der Einfrierung oder Beschlagnahme von durch kriminelle Handlungen erworbenen Vermögenswerten.

Hinweise auf Korruption und Betrug beeinträchtigen die Bereitstellung von Mitteln aus EU-Finanzhilfeprogrammen. Bulgarien muss noch sehr viel stärker unter Beweis stellen, dass es EU-Mittel ordnungsgemäß verwalten kann. So mussten Fördergelder mehrerer EU-Finanzierungsprogramme entzogen bzw. eingefroren werden. Das europäische Amt für Betrugbekämpfung OLAF berichtet, dass der Aufbau verfahrenstechnischer Hindernisse, die Verschleppung von Gerichtsverfahren sowie Informationslecks und Fälle mutmaßlicher Einflussnahme auf Verwaltung und Justiz die zügige und wirksame Ahndung von Korruptions- und Betrugsfällen behindern. Beschlüsse im Zusammenhang mit der Verwaltung der EU-Mittel unterliegen bestimmten Kontrollerfordernissen, die sich aus den einschlägigen EU-Finanzvorschriften ergeben, sowie den entsprechenden Verfahren. Den Problemen, die im Zusammenhang mit EU-Fördermitteln aufgetreten sind, ist ein gesonderter Bericht gewidmet.

2.3. Erforderliche Abhilfemaßnahmen

Vonnöten wären einige grundsätzliche Verbesserungen, wenngleich trotz der strukturellen Mängel zunächst konkrete Ergebnisse gefragt sind. Voraussetzung hierfür sind fortgesetzter politischer Wille und Entschlossenheit.

Die Rechtspflege muss verbessert werden. Dies erfordert Korrekturen, auch an der Strafprozessordnung, damit die Ermittlungen effizienter werden und Verfahren durch den Einbau entsprechender Garantien nicht verschleppt werden können. Des Weiteren muss das Strafgesetzbuch gründlich überarbeitet werden; so muss z.B. eine genauere Unterscheidung zwischen Bagatelldelikten und schweren Straftaten getroffen werden und die Beschreibung der Tatbestandsmerkmale muss dergestalt aktualisiert werden, dass auch neue Formen der Kriminalität erfasst werden. Wichtig ist ferner die wirksamere gesetzliche Regelung von Interessenkonflikten und der Offenlegung von Vermögensverhältnissen. Verabschiedete Gesetze sollten so zügig wie möglich in die Praxis umgesetzt werden.

Der neu geschaffene Oberste Justizrat muss die Verantwortung für den Reformprozess übernehmen und durch konkrete Maßnahmen dafür sorgen, dass die Justiz ohne große Verzögerungen Entscheidungen fällt, die Wirkung zeigen. Der Bericht der dem Obersten Justizrat angeschlossenen Justizaufsichtsbehörde über konkret ermittelte verfahrensrechtliche Defizite und Verstöße gegen das Disziplinarrecht, der dann sofort vom Obersten Justizrat weiterbehandelt werden soll, lässt noch auf sich warten.

Die Strafverfolgung muss besser organisiert werden, damit sie in die Lage ist, auch mit schwierigen Fällen fertig zu werden. Die Aufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen Ermittlungsbehörden müssen genauer abgegrenzt werden, um zu erreichen, dass Polizei, Kriminalbeamte, Sondereinsatzdienste und Staatsanwaltschaft besser zusammenarbeiten. Die derzeitige Debatte über die Reform der Ermittlungsverfahren erzeugt Unsicherheit und trägt nicht dazu bei, dass die laufenden Ermittlungen erfolgreich zu Ende gebracht werden. Vor allem sollte gesetzlich geregelt werden, wie die Zusammenarbeit zwischen Polizei, SANS und Staatsanwaltschaft im Einzelnen ablaufen soll. Geklärt werden muss ferner, welche Ermittlungsaufgaben der nationalen Sicherheitsbehörde (SANS) zufallen. Diese Aufgaben sind klar von ihren nachrichtendienstlichen Tätigkeiten zu trennen. Es muss eine Kontrolle durch das Parlament geben, nicht im Sinne einer Einmischung in die Ermittlungsarbeit, sondern um der üblichen Rechenschaftspflicht Genüge zu tun. Wichtig ist ferner die genaue Festlegung der Rolle der Staatsanwälte und ihrer Oberaufsicht bei Sonderermittlungen. Die Mängel bei der vertraulichen Behandlung von Informationen und beim Zeugenschutz während des Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens ist ein immer wiederkehrendes Problem, das behoben werden muss.

Die personellen und technischen Kapazitäten von Strafverfolgungsbehörden und Justiz müssen ausgebaut werden. Die Polizei benötigt besser ausgebildetes Personal und die nötige technische Ausrüstung für Ermittlungen in komplexen Fällen. Die Informatisierung der Justizverwaltung muss weitergehen und in der Ermittlungsphase müssen effizientere Systeme zur Fallbearbeitung eingesetzt werden. Die Entwicklung eines einheitlichen Informationssystems würde nützliche Daten über die Effizienz der Justiz liefern und zugleich die Arbeit sowohl des Obersten Justizrates als auch des Justizministeriums, das die Politik bei der Kriminalitätsbekämpfung maßgeblich bestimmt, erleichtern.

Bulgarien muss bei Vermögensbewegungen und finanziellen Transaktionen die Transparenz sowie die Meldeverfahren und Abwicklungsvorgänge verbessern, um aus kriminellen Handlungen hervorgegangene Gelder leichter ausfindig machen und entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. In die gleiche Richtung zielt auch die Forderung an Bulgarien, intensiver gegen Betrug vorzugehen und für eine angemessene Finanzkontrolle zu sorgen. Ebenso wichtig ist es, dass Interessenkonflikte und unerwünschte Einflussnahme systematisch unterbunden werden, damit Bulgarien weiterhin in den vollen Genuss der EU-Finanzhilfen kommt. Bislang sind die Ergebnisse wenig überzeugend, weshalb von Seiten Bulgariens dringender Handlungsbedarf besteht.

3. FAZIT

Das Kooperations- und Kontrollverfahren mit seinen Vorgaben sollte Bulgarien Gelegenheit geben, in regelmäßigen Abständen unter Beweis zu stellen, dass es bei der Justizreform und bei der Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen Fortschritte erzielt hat. Es obliegt jetzt den bulgarischen Behörden zu zeigen, dass die bulgarische Justiz funktioniert und dass Ermittlungen zur Aufdeckung von Korruption und organisiertem Verbrechen tatsächlich zu Festnahmen, Anklageerhebungen und hinreichend abschreckenden Urteilssprüchen sowie gegebenenfalls der Beschlagnahme von Vermögenswerten führen. Bislang ist Bulgarien den Beweis, dass die Justiz in dieser Weise arbeitet, noch schuldig geblieben. Institutionen und Verfahren machen, wenn es nach der Papierform ginge, einen guten Eindruck; was fehlt, sind jedoch konkrete Ergebnisse. Es werden Empfehlungen ausgesprochen, die aber nicht befolgt werden. Die Kernprobleme bleiben somit bestehen und müssen dringend angegangen werden.

Bulgariens Bürger verdienen es, dass sie in den vollen Genuss der Vorteile kommen, die mit der Mitgliedschaft in der EU verbunden sind, welche dazu beitragen sollte, das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu stärken und Korruption zu beseitigen. Wenn es Bulgarien gelingt, die Zielvorgaben des Kooperations- und Kontrollverfahrens zu erfüllen und die Zweifel an seiner Fähigkeit zur rigorosen Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen auszuräumen, wird es von diesen Vorteilen profitieren können und das Vertrauen seiner Bürger in die Rechtsstaatlichkeit stärken. Außerdem hätte dies langfristige positive Auswirkungen auf die bulgarische Wirtschaft. Bulgarien trägt Verantwortung gegenüber anderen Mitgliedstaaten, beispielsweise im Rahmen der EU-Politik im Bereich Justiz und Inneres sowie bei der gemeinsamen Verwaltung der EU-Mittel. Angemessen ausgestattete Verwaltungsbehörden und die wirksame Kontrolle von Interessenkonflikten, Betrug und finanziellen Unregelmäßigkeiten sind eine notwendige Voraussetzung dafür, dass Bulgarien von der Heranführungshilfe der EU und den Zahlungen aus dem Strukturfonds in vollem Umfang profitiert. Durch Bereitstellung dieser Mittel beweist die Union ihre Solidarität mit Bulgarien. Es ist im Interesse aller, dass sie zur Unterstützung der strukturschwachen Regionen des Landes verwendet werden.

Nötig sind eine klare Strategie und ein klares Bekenntnis zu Reformen auf allen Ebenen. Es geht nicht nur darum, den neuen Institutionen und Verfahren die nötige Zeit zu geben, um sich zu bewähren. Bulgarien müsste trotz aller Unzulänglichkeiten auch mit den bestehenden Strukturen imstande sein, konkrete Erfolge bei der Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen zu erzielen, Interessenkonflikte zu vermeiden und der vermuteten Verquickung von Politik, Wirtschaft und organisiertem Verbrechen überzeugend entgegenzutreten. Um sicherzustellen, dass die EU-Mittel ihren Bestimmungszweck erreichen und Wirkung entfalten, muss Bulgarien nicht nur seine Verwaltungskapazitäten erheblich vergrößern, sondern auch die Möglichkeiten für Korruption in großem und in kleinem Stil drastisch einschränken und mit allen Mitteln gegen das organisierte Verbrechen vorgehen.

Fortgesetzter Bedarf an Zusammenarbeit

Eine gesunde, in der Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens erfolgreiche Verwaltung und Justiz liegt nicht nur im Interesse Bulgariens, sondern im Interesse der gesamten EU. Deswegen sind Zusammenarbeit und Unterstützung so wichtig und deswegen ist die Kommission bislang der Ansicht, dass Hilfe mehr bewirkt als Sanktionen, weshalb sie darauf verzichtet, die Schutzbestimmungen aus dem Beitrittsvertrag anzuwenden. Klar ist aber auch, dass das Kooperations- und Kontrollverfahren noch längere Zeit wird weiterbestehen müssen.

Im Februarbericht zum Kooperations- und Kontrollverfahren wurde auf die weit reichende sowohl finanzielle als auch fachliche Unterstützung hingewiesen, die Bulgarien in den letzten Jahren von den Mitgliedstaaten und der Kommission erhalten hat. Diese Unterstützung hat jedoch nicht immer die erwarteten Ergebnisse erzielt, weshalb sich unter den Mitgliedstaaten, die ihre Hilfe angeboten haben, wegen der mangelnden Transparenz und Resonanz im Umgang mit den bulgarischen Behörden sowie der geringen Ergebnisse zunehmend ein Gefühl der Ernüchterung breit macht.

Es ist somit wichtig, den Reformprozess neu zu beleben und die angebotene Unterstützung besser zu nutzen. Alle Seiten sind aufgefordert, erneut Anstrengungen zu unternehmen, um Bulgarien zum Erfolg zu verhelfen. Bulgarien räumt ein, dass es nach wie vor auf hochrangiges unabhängiges Expertenwissen angewiesen ist. Die Kommission ist bereit, diese Unterstützung in Zusammenarbeit mit Bulgarien und den übrigen Mitgliedstaaten zu gewähren. Das setzt aber voraus, dass die Empfängerseite Zugang zu Informationen gewährt und sich die Ratschläge strategisch so zunutze macht, dass die Reformen vorankommen.

Ausblick

Die Bilanz für Bulgarien fällt gemischt aus. Die Reform des Justizwesens und der Strafverfolgungsstrukturen ist eine notwendige und längst überfällige Maßnahme, die mit großen Chancen verbunden ist. Die Fortschritte werden daran zu messen sein, ob spürbare Ergebnisse bei der Untersuchung, strafrechtlichen Verfolgung und Aburteilung von Korruptionsfällen auf höchster Ebene und Fällen von organisierter Kriminalität erzielt werden.

Bulgarien hat mit der Schaffung der Behörde für nationale Sicherheit und der geplanten Reform des Innenministeriums sowie mit der Ernennung eines Vizepremiers, der für die Koordinierung der ordnungsgemäßen Verwaltung der EU-Mittel zuständig ist, Schritte in die richtige Richtung unternommen. Es muss nun Worten Taten folgen lassen und sein Bekenntnis zu tiefgreifenden Reformen in konkrete Ergebnisse ummünzen.

Die Kommission fordert Bulgarien nachdrücklich auf, seine Reformen zu intensivieren und die enge Zusammenarbeit mit den übrigen Mitgliedstaaten und der Kommission fortzusetzen, um die verbleibenden großen Herausforderungen gemeinsam erfolgreich bewältigen zu können. Bei diesem Prozess kann Bulgarien auf die volle und aktive Unterstützung der Kommission zählen.