52008DC0207

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über den Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen /* KOM/2008/0207 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 22.04.2008

KOM(2008) 207 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über den Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über den Schutz der Verbraucher, insbesondere Minderjähriger, bei der Nutzung von Videospielen

EINLEITUNG

In seiner Entschließung zum Schutz der Verbraucher durch Kennzeichnung bestimmter Video- und Computerspiele[1] betonte der Rat schon im Jahr 2002 die Notwendigkeit, eindeutige Informationen über den Inhalt und die Altersgruppeneinstufung zu geben. Eindeutige und einfache Einstufungssysteme müssen in allen Mitgliedstaaten gefördert werden, um eine größere Transparenz und den freien Warenverkehr der Videospiele zu gewährleisten. Außerdem hob der Rat die große Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen allen interessierten Seiten hervor.

In der Entschließung wird die Kommission aufgefordert, die verschiedenen Methoden zur inhaltlichen Bewertung von Video- und Computerspielen sowie die entsprechenden Einstufungs- und Kennzeichnungssysteme zu prüfen und dem Rat hierüber Bericht zu erstatten.

Die Beschäftigung mit Videospielen ist für Europäer unterschiedlicher Altersgruppen und Gesellschaftsschichten eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten[2]. Solche Spiele werden zwar zur Unterhaltung gekauft, die besten von ihnen haben aber durchaus auch andere positive Wirkungen, denn sie fördern analytische und strategische Fähigkeiten und gewöhnen die Jugendlichen an den interaktiven Umgang mit der Informatik. Überdies gibt es vielversprechende Perspektiven für das Entstehen einer starken Industrie für interaktive Spiele in Europa, die einen besonderen europäischen Charakter hat und zum Träger der kulturellen Vielfalt werden kann. Die zunehmende Popularität der Online-Videospiele ist zudem eine wichtige Triebkraft für die Verbreitung von Breitband-Telekommunikationsnetzen und Mobiltelefonen der dritten Generation.

Im Jahr 2006 wies der Markt für Videospiele, zu dem auch Spielkonsolen, tragbare Spiele, PC-Spiele und Onlinespiele (einschließlich drahtlos verbundener Spiele) gehören, einen Gesamtumsatz von über 6,3 Milliarden Euro auf und dürfte 2008 voraussichtlich auf über 7,3 Milliarden Euro ansteigen. Dies entspricht der Hälfte des auf dem gesamten europäischen Musikmarkt erzielten Umsatzes[3] und übersteigt bereits die Kasseneinnahmen der Kinos. Videospiele bilden den am schnellsten wachsenden und dynamischsten Sektor der europäischen Inhalteindustrie mit einer höher Wachstumsrate als in den USA[4]. Ferner zeichnet sich ein neuer Trend ab, von beliebten Videospielen im Internet kostenlose, vor allem werbefinanzierte Onlineversionen anzubieten.

Wie bei allen anderen Medien muss es ein Hauptanliegen der Politik sein, die Meinungsfreiheit sowohl der Schöpfer als auch der Spieler zu wahren. Dabei sind die Marktveränderungen zu berücksichtigen, denn Videospiele werden zunehmend zu einer generationsübergreifenden Erscheinung. Sie werden gleichermaßen von Kindern wie Eltern gespielt und finden ihren Weg aus dem Kinderzimmer ins Wohnzimmer[5]. Das Durchschnittsalter der europäischen Spieler ist angestiegen, und immer mehr Erwachsene spielen heute Videospiele mit nur für Erwachsene bestimmten Inhalten. Gleichzeitig tragen politische Entscheidungsträger eine hohe Verantwortung für die Gesundheit der Spieler und müssen ein hohes Schutzniveau für Minderjährige gewährleisten. Wegen der großen psychologischen Wirkung der Videospiele auf Kinder und Jugendliche muss dafür gesorgt sein, dass solche Spiele von Minderjährigen sicher gespielt werden können. Dies erfordert insbesondere einen abgestuften Zugang zu Videospielen für Minderjährige und Erwachsene.

Im April 2003 wurde nach intensiven Konsultationen mit der Industrie, der Zivilgesellschaft (z. B. Eltern- und Verbraucherverbände) und Religionsgemeinschaften im Rahmen der Selbstregulierung das Alterseinstufungssystem PEGI (Pan European Games Information) [6] eingeführt. PEGI ist ein System der freiwilligen Selbstregulierung, das verhindern soll, dass Kindern und Jugendlichen Spiele zugänglich gemacht werden, die für ihre jeweilige Altersgruppe ungeeignet sind. Mit PEGI wird eine große Anzahl bestehender nationaler Alterseinstufungssysteme durch ein einheitliches europäisches System ersetzt.

Im Jahr 2003 wurde im Auftrag der Kommission eine unabhängige Untersuchung „Study on the rating practice used for audiovisual works in the European Union“ [7] (Studie über Bewertungsverfahren für audiovisuelle Werke in der Europäischen Union) durchgeführt. Darin wird auf einen zunehmenden technologischen und gesellschaftlichen Druck in Richtung auf einheitliche Einstufungen verwiesen, was durch gemeinsame Einstufungskriterien erreicht werden könnte. Eine weitere Schlussfolgerung bezieht sich auf den regelmäßigen Austausch bewährter Verfahren zwischen unterschiedlichen Medienplattformen als ersten Schritt zur Vereinheitlichung der Einstufungspraxis in den verschiedenen Medien.

Die Europäische Union hat sich mit Legislativvorschlägen und anderen Maßnahmen unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips darum bemüht, für die Kinder den bestmöglichen Schutz zu garantieren: In der Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz Minderjähriger und den Schutz der Menschenwürde und über das Recht auf Gegendarstellung (2006/952/EG)[8] wird verwiesen auf Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Aktivitäten im Internet, die für Minderjährige schädlich sein könnten, und auf die Zusammenarbeit zwischen allen Stellen, die sich mit der Bewertung oder Einstufung befassen. Das vom Programm „Sicheres Internet“[9] kofinanzierte und von der Kommission moderierte INSAFE-Netz bemüht sich um die Sensibilisierung für Fragen der Nutzung neuer Medien, einschließlich Videospiele, durch Kinder.

Das Internet ermöglicht neue Formen des Medienkonsums und bietet neue Möglichkeiten für die kulturelle Vielfalt, zu der auch Videospiele gehören, es kann aber auch zur Verbreitung illegaler und insbesondere für Minderjährige schädlicher Inhalte missbraucht werden. Daraus ergeben sich besondere Herausforderungen in Bezug auf den Schutz der Kinder und Jugendlichen. PEGI Online[10], das im Juni 2007 an den Start ging und vom Programm „Sicheres Internet“ kofinanziert wird, ist die logische Weiterentwicklung des PEGI-Systems. Es dient dem besseren Schutz der Kinder und Jugendlichen vor für sie ungeeigneten Inhalten in Onlinespielen und soll Eltern helfen, die Risiken und möglichen Gefahren innerhalb dieser Spielumgebung zu verstehen.

Im Dezember 2007 nahm die Kommission eine Mitteilung[11] über ein europäisches Konzept für die Medienkompetenz im digitalen Umfeld an. Medienkompetenz ist – kurz gesagt – die Fähigkeit, Medieninhalte zu nutzen, zu verstehen, zu bewerten und selbst zu schaffen. Sie bezieht sich auf alle Arten von Medien, einschließlich Videospiele. In der Mitteilung wird die große Bedeutung der Medienkompetenz für die jüngeren Generationen insbesondere im Hinblick auf Online-Inhalte hervorgehoben. Darüber hinaus finden Videospiele zunehmend auch Eingang in die Lehrpläne der Schulen[12].

KONSULTATION UND DARAUS GEZOGENE SCHLUSSFOLGERUNGEN

An alle Mitgliedstaaten wurde ein Fragebogen verschickt, um Informationen und Material für eine gründliche Berichterstattung über die Entwicklungstrends auf dem Gebiet des Schutzes der Verbraucher bei der Nutzung von Video- und Computerspielen seit der Annahme der genannten Entschließung des Rates einzuholen. Die gestellten Fragen bezogen sich auf Alterseinstufungs- und Inhaltsbewertungssysteme, den Verkauf von Videospielen im Einzelhandel, das Verbot von Videospielen, die Wirksamkeit der derzeitigen Jugendschutzmaßnahmen, Online-Videospiele und ein plattformübergreifendes europaweites Einstufungssystem. Alle 27 Mitgliedstaaten haben darauf geantwortet.

Alterseinstufungs-/Inhaltsbewertungssysteme

Das PEGI-System wird von den großen Spielkonsolenherstellern[13] unterstützt. Es findet in der großen Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten[14] Anwendung, selbst wenn nicht alle Länder entsprechende Rechtsvorschriften erlassen haben.

Folgende Mitgliedstaaten wenden das PEGI-System an und haben besondere Rechtsvorschriften[15] für die Alterseinstufung erlassen oder in Vorbereitung: Finnland, Griechenland, Italien, Lettland, Niederlande, Polen, Portugal, Slowakei und Vereinigtes Königreich . In den Niederlanden und Polen sind zudem strafrechtliche Sanktionen vorgesehen.

Im Vereinigten Königreich nutzt die Computerspiele-Industrie PEGI für die meisten Videospiele. Videospiele, die Material sexueller Art oder Darstellungen brutaler Gewalt enthalten, bedürfen einer Zulassung durch das British Board of Film Classification (BBFC), das dann eine Alterseinstufung festsetzt, die sich von der PEGI-Einstufung unterscheiden kann.

In Frankreich wird PEGI zur Klassifizierung und Kennzeichnung von Videospielen verwendet. Nach den 2007 vorgenommenen Änderungen im französischen Strafrecht[16] ist nun die Alterseinstufung und Kennzeichnung von Videospielen nach Altersgruppen vorgeschrieben.

Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Ungarn, Irland, Spanien und Schweden wenden PEGI an, haben dazu aber keine besonderen Rechtsvorschriften erlassen. Obwohl es in der Tschechischen Republik offiziell kein besonderes System gibt, wird PEGI von allen großen Anbietern angewandt, gilt allerdings nicht für alle vertriebenen Videospiele.

Deutschland und Litauen haben besondere verbindliche Vorschriften erlassen. In Deutschland wird das auf Selbstregulierung beruhende PEGI-System nicht verwendet. Das deutsche Jugendschutzrecht[17] enthält besondere Vorschriften für die Alterseinstufung und Kennzeichnung von Videospielen, welche in die Zuständigkeit der 16 Bundesländer fällt. Gemeinsam mit der branchengetragenen USK („Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“) haben sie ein Einstufungssystem etabliert, mit dem eine gemeinsame Klassifizierung in allen Bundesländern angestrebt wird. Dazu haben die Bundesländer einen gemeinsamen Vertreter, dessen Kennzeichnungsentscheidungen verbindlich sind.

In Österreich fällt der Jugendschutz in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesländer. Es bestehen daher große Unterschiede im Jugendschutzrecht und dessen Anwendung.

In Malta , wo PEGI nicht angewandt wird, fallen Videospiele unter die allgemeinen Rechtsvorschriften.

Zypern, Luxemburg, Rumänien und Slowenien haben berichtet, dass sie keine Alterseinstufungs- oder Inhaltsbewertungssysteme und auch keine entsprechenden Vorschriften haben.

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass es hinsichtlich der Übernahme des PEGI-Klassifizierungssystems in den EU-Mitgliedstaaten und der Vereinbarkeit der geltenden nationalen Vorschriften mit PEGI noch erheblichen Verbesserungsspielraum gibt.

Verkauf von Videospielen im Einzelhandel

Die Kommission ist besorgt über die zunehmende Zahl der von Minderjährigen gespielten Gewalt-Videospiele. Hier kommt es darauf an, den Zugang zu solchen Spielen zu analysieren. In der Hälfte der Mitgliedstaaten[18] gelten besondere zivil- und strafrechtliche Vorschriften für den physischen Verkauf von Videospielen mit jugendgefährdenden Inhalten, zu deren Durchsetzung es auch verschiedene Sanktionsmöglichkeiten gibt[19].

Zu den Mitgliedstaaten, die eine auf der Alterseinstufung/Inhaltsbewertung beruhende Klassifizierung für Vertrieb, Umlauf und Werbung anstreben oder bereits anwenden, gehören Italien (im Gesetzgebungsverfahren), das Vereinigte Königreich, Deutschland, Estland, Griechenland, Lettland, Litauen [20] und die Slowakei .

In Frankreich, Schweden und den Niederlanden sind bestimmte Gewalt-Videospiele strafrechtlich verboten (in Schweden auch verfassungsrechtlich). Für den Verkauf rechtmäßiger Spiele haben sich die schwedischen Einzelhändler zur Anwendung des PEGI-Einstufungssystems verpflichtet. Sie sind berechtigt, den Verkauf von einer elterlichen Zustimmung abhängig zu machen.

In Belgien und Malta gibt es eine Reihe von Rechtsvorschriften über den Verkauf von Videospielen, darunter Gesetze über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Handel und Verbraucherschutz und die öffentliche Ordnung.

Bulgarien [21] , die Tschechische Republik [22] , Zypern, Dänemark [23] , Ungarn, Luxemburg, Polen und Rumänien haben keine besonderen Rechtsvorschriften über den Verkauf von Videospielen.

Unter diesen Umständen ist der nächste logische Schritt die Aufstellung eines Verhaltenskodex für Videospiel-Einzelhändler. In den USA erfolgt die Beratung der Eltern und anderer Verbraucher zu Fragen der Einstufung durch das „Entertainment Software Rating Board“ (ESRB) sowie die nationalen Einzelhändler unter dem Dach des „ESRB Retail Council“ (ERC). Das Ziel ihres „Ratings Education and Enforcement Code“ [24] besteht darin, die Einzelhändler zu informieren und dafür zu sorgen, dass sie die Einstufungen durchsetzen, u. a. durch Sensibilisierung und Schulung des Verkaufsstellenpersonals. Die Verbraucher können Verstöße bei den Einzelhändlern oder auf der ESRB-Website melden. Der ESRB leitet Beschwerden an das verantwortliche ERC-Mitglied zur zügigen Bearbeitung weiter und kann Mitglieder, die gegen die Regeln verstoßen, aus dem ERC ausschließen.

Verbot von Videospielen

Nur vier Mitgliedstaaten, das Vereinigte Königreich, Irland, Deutschland und Italien , haben bislang bestimmte Videospiele verboten, indem sie entweder ein förmliches Verbot ausgesprochen oder dementsprechende Maßnahmen wie Beschlagnahmung, Einstufungsverweigerung oder Handelsbeschränkungen getroffen haben.

In Irland können Videospiele, die wegen ihres gewalttätigen Charakters als ungeeignet gelten, durch eine Untersagungsverfügung des Irish Film Censor’s Office (IFCO) verboten werden. Dies war beispielsweise beim Videospiel „Manhunt 2“ im Juni 2007[25]der Fall.

Das erste Videospiel, für das im Vereinigten Königreich das BBFC die Einstufung verweigerte, war 1997 der Titel „Carmageddon“. Eine veränderte Version erhielt später aber doch eine Einstufung.

Im Juni 2007 lehnte das BBFC die Einstufung des Titels „Manhunt 2“ ab. Diese Entscheidung wurde vom Video Appeals Committee im Dezember 2007 aufgehoben. Dagegen wandte sich das BBFC und beantragte eine gerichtliche Überprüfung beim High Court , der den Fall das Video Appeals Committee zurückverwies, welches schließlich im März 2008 seine vorherige Entscheidung bestätigte. Daraufhin erteilte das BBFC eine Einstufung „ab 18“[26]. Allerdings wurde nicht die ursprüngliche, sondern eine veränderte Version eingestuft. Das Zugänglichmachen eines nicht eingestuften Videospiels wird mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren und einer nicht begrenzten Geldstrafe bedroht.

In Italien wurde die Verbreitung von „Manhunt 2“ im Juni 2007 durch den Kommunikationsminister untersagt[27].

In Deutschland verfügte das Amtsgericht München[28] im Juli 2004 die Beschlagnahme aller „Manhunt“-Versionen wegen Verstoßes gegen eine Strafrechtsbestimmung, die die Darstellung und Verherrlichung von Gewalt verbietet. Es gab weitere Fälle, beispielsweise das Spiel „Dead Rising“, das auf den Index gesetzt und per Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom Juni 2007[29] beschlagnahmt wurde.

Die Kommission ist der Ansicht, dass solche Verbote die Ausnahme bleiben sollten. Sie sollten angemessen sein und daher auf schwere Verletzungen der Menschenwürde beschränkt werden.

Wirksamkeit der derzeitigen Jugendschutzmaßnahmen

Die Hälfte der Mitgliedstaaten[30] hält die derzeit geltenden Maßnahmen im Allgemeinen für wirksam. Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen und Polen haben ihre nationale Gesetzgebung erst kürzlich verbessert oder sind gerade damit befasst. Es wird die Meinung vertreten, dass diese Änderungen ausreichen, wenn sie mit einer Selbstregulierung verbunden sind. So wurde das französische Strafgesetzbuch im Jahr 2007 geändert. Es wurden drei Grundsätze eingeführt: ein Selbstregulierungssystem, in dem die Industrie Verantwortung trägt, neue Befugnisse für das Innenministerium und strafrechtliche Sanktionen.

Die Niederlande halten PEGI und die Rechtsvorschriften für den Verkauf von Videospielen für ausreichend. Finnland, Deutschland, Irland und Spanien sind der Ansicht, dass die derzeitigen Vorschriften durchaus wirksam sind und große Akzeptanz finden, verstärken sie aber durch Maßnahmen zur Medienkompetenz und Sensibilisierung der Eltern sowie gerichtliche Überprüfungen. Schweden wendet PEGI an und vertritt die Ansicht, dass die Maßnahmen zur Sensibilisierung der Eltern, zur Förderung der Selbstregulierung der Branche und zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Staat und Industrie gut funktionieren.

Deutschland [31] and das Vereinigte Königreich [32] führen derzeit Studien über die Wirksamkeit der Rechtsvorschriften und die Gefahren für Kinder durch. Lettland, Polen und die Slowakei haben keine Erkenntnisse über den Erfolg des PEGI-Systems, weil bislang noch keine Bewertung stattgefunden hat.

In Österreich hält die Mehrheit der zuständigen regionalen Behörden – unabhängig davon, ob sie PEGI anwenden oder nicht – das derzeitige System für unzureichend. Das Bundesland Wien plant eine Gesetzesreform. Österreich vertritt die Ansicht, dass ein landesweites System nicht ausreicht, um den Problemen, die sich aus dem Internet oder aus der Nähe zu den Nachbarländern ergeben, entgegenzutreten. Weitere Probleme sind das geringe Problembewusstsein, die unzureichende polizeiliche Aufsicht und Mängel bei der Einstufung, die den Einzelhändlern ja eigentlich helfen soll.

In Belgien und Ungarn wird PEGI zwar angewandt, ist aber nicht rechtlich bindend, so dass beide Länder den Jugendschutz für unwirksam halten. Belgien würde eine rechtliche Regelung auf europäischer Ebene befürworten. Obwohl die PEGI-Einstufung auf den meisten Videospielen zu finden ist, hält Ungarn PEGI wegen der mangelnden Sensibilisierung der Eltern für unwirksam.

In Bulgarien wurden die Kinderschutzvorschriften[33] in den letzten zwei Jahren durch Anreize für Selbstregulierungsmechanismen ergänzt.

Online-Videospiele

Bei Online-Videospielen können die Spieler über eine Netzverbindung in Interaktion miteinander treten. In der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten[34] gibt es hierfür keine besonderen Rechtsvorschriften. Einige Länder[35] verwenden PEGI Online, mehrere Länder wenden allgemeine Vorschriften (einschließlich des Strafrechts) und die besonderen Vorschriften für Offline-Videospiele entsprechend an.

Zusätzlich zu den bereits genannten Selbst- und Koregulierungsverfahren gibt es in Deutschland mit „jugendschutz.net“ eine besondere gemeinsame Stelle für den Jugendschutz im Internet, die von den Bundesländern eingerichtet wurde. Sie überprüft Internetangebote, nimmt an Verhandlungen mit Herstellern und Anbietern teil und wirkt an Regulierungsverfahren mit.

In Italien gilt das Gesetz über den Jugendschutz bei Videospielen auch für Online-Spiele. Der im Zuge der Selbstregulierung vorgeschlagene „Verhaltenskodex Medien und Jugend“ verlangt eine klare und gut sichtbare Kennzeichnung von Online-Videospielen mit der von PEGI Online vergebenen Einstufung sowie Hinweise auf Filtermaßnahmen für die elterliche Kontrolle.

In Irland werden Offline- und Internet-Videospiele rechtlich gleich handelt. Die Internet-Diensteanbieter haben sich verpflichtet, Material und Dienste, die nach irischem Recht illegal sind, auf irischen Servern nicht abzulegen bzw. von dort zu entfernen. Eine Hotline wurde eingerichtet, bei der illegale oder schädliche Inhalte im Internet gemeldet werden können, und die Zusammenarbeit mit der Polizei funktioniert.

Lettland wendet besondere Bestimmungen über den Zugang zu Computerspielen im Internet an. Die Verbreitung solcher Spiele kann verboten werden, wenn beispielsweise der Nutzerkreis nicht festzustellen ist oder der wenn die Nutzer über Altersbeschränkungen nicht aufgeklärt werden. Außerdem sind die Internetanbieter verpflichtet, die Nutzer über die Möglichkeit der Installation von Inhaltsfiltern zu informieren.

Die Kommission ist insgesamt der Ansicht, dass auf dem Gebiet der Online-Videospiele zusätzliche Anstrengungen unternommen werden müssen, um deren Besonderheiten Rechnung zu tragen: Gebraucht wird ein schneller und wirksamer Mechanismus für die Altersüberprüfung. Außerdem sollte den Chatrooms besondere Beachtung geschenkt werden. Ein europaweiter Dialog aller Beteiligten wäre in dieser Beziehung äußerst nützlich.

In diesem Zusammenhang könnte die EU-Politik zur Stärkung der öffentlich-privaten Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Computer- und Netzkriminalität sowie insbesondere illegaler und schädlicher Inhalte im Internet als Ausgangspunkt dienen.

Ein plattformübergreifendes, gesamteuropäisches Einstufungssystem

Die Mehrheit der Mitgliedstaaten[36] befürwortet eine plattformübergreifende gesamteuropäische Alterseinstufung, die zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beitragen und einer Verwirrung der Verbraucher vorbeugen würde. PEGI wird als nützlich und machbar betrachtet und bietet gute Voraussetzungen für die Weiterentwicklung.

Polen und die Tschechische Republik sind zwar skeptisch, würden aber eine Harmonisierung und Zusammenarbeit bis zu einem gewissen Grad unterstützen. Nur Frankreich , Ungarn und Portugal halten ein plattformübergreifendes System für unmöglich. Nach ihrem Dafürhalten erfordern unterschiedliche Medienarten auch unterschiedliche Verbreitungs- und Zugangsbedingungen und weisen Nutzungsbesonderheiten auf, die unterschiedliche Klassifizierungen und Vorschriften notwendig machen. Darüber hinaus betreffen sie unterschiedliche kulturelle und moralische Empfindlichkeiten, die ein Hindernis für ein einziges Einstufungssystem darstellen. Deutschland schätzt sein eigenes System als zufriedenstellend ein. Belgien erklärte, dass es zur Behebung des Mangels an Kontrolle und in Bezug auf die richtige Anwendung der Kennzeichnungen eine EU-Regelung begrüßen würde. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten befürwortet die Förderung von Selbst- und Koregulierungssystemen. Die Situation im Vereinigten Königreich wird gegenwärtig geprüft.

SCHLUSSFOLGERUNGEN

In den meisten EU-Mitgliedstaaten findet heute das 2003 im Zuge der Selbstregulierung geschaffene PEGI-Einstufungssystem für Offline-Videospiele Anwendung. Die große Mehrheit dieser Mitgliedstaaten hat entsprechende Vorschriften erlassen, mehrere von ihnen haben ihre Gesetzgebung erst kürzlich verbessert oder sind gerade dabei, dies zu tun. In einigen Mitgliedstaaten beruhen die Rechtsvorschriften sogar auf PEGI.

Bei den Online-Spielen zeigt sich ein anderes Bild. Das Internet schafft wegen des leichten Zugangs und seines globalen Charakters ganz neue Herausforderungen. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten hat keine besonderen Rechtsvorschriften für Online-Videospiele erlassen. Einige Mitgliedstaaten sind aber der Ansicht, dass die Vorschriften über Offline-Videospiele entsprechend anzuwenden sind, während andere das im Juni 2007 geschaffene PEGI Online-System anwenden.

Es bleibt festzustellen, dass PEGI offenbar gute Ergebnisse erzielt hat und auch PEGI Online eine vielversprechende Initiative ist. PEGI ist somit ein gutes Beispiel der Selbstregulierung ganz im Einklang mit den Bemühungen um eine bessere Rechtsetzung. Daher sollten die Mitgliedstaaten, die Branche und die anderen Beteiligten, darunter auch die Eltern, weitere Anstrengungen unternehmen, um das Vertrauen in Videospiele zu erhöhen und den Schutz der Kinder und Jugendlichen zu verbessern.

Angesichts dessen und in Anbetracht des Werts der Videospiele für die kulturelle Vielfalt

- ruft die Kommission die Mitgliedstaaten auf, die Tatsache anzuerkennen, dass Videospiele als Medium in den Vordergrund gerückt sind, und dafür zu sorgen, dass ein hohes Niveau der Meinungsfreiheit sowie ein wirksamer und angemessener Jugendschutz gewahrt werden und sich gegenseitig verstärken;

- ruft die Kommission folglich die Mitgliedstaaten auf, das im Rahmen der PEGI-Initiative und der PEGI Online-Initiative geschaffene Informations- und Einstufungssystem in ihre nationalen Systeme einzubinden;

- ruft die Kommission die Hersteller von Videospielen und Spielkonsolen auf, das PEGI-System und das PEGI Online-System weiter zu verbessern und insbesondere regelmäßig die Kriterien für die Alterseinstufung und Kennzeichnung auf den neuesten Stand zu bringen, PEGI aktiver bekannt zu machen und die Liste der Unterzeichner zu erweitern;

- erkennt die Kommission an, dass Online-Videospiele neue Herausforderungen mit sich bringen, z. B. die Frage einer wirksamen Altersüberprüfung und mögliche Gefahren für junge Verbraucher im Zusammenhang mit den Chatrooms zu solchen Spielen, und ruft die Mitgliedstaaten und Akteure auf, gemeinsam an innovativen Lösungen zu arbeiten;

- ruft die Kommission die Mitgliedstaaten und die Akteure auf, mögliche negative und positive Auswirkungen von Videospielen insbesondere auf die Gesundheit zu bewerten;

- ruft die Kommission alle am Verkauf von Videospielen im Einzelhandel Beteiligten auf, innerhalb von zwei Jahren einen europaweit geltenden Verhaltenskodex für den Verkauf solcher Spiele an Minderjährige zu vereinbaren, sich auf Maßnahmen zur Bekanntmachung des PEGI-Systems unter Eltern und Kindern zu verständigen und dafür zu sorgen, dass ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, um die Verhaltensregeln durchzusetzen;

- ermuntert die Kommission die Mitgliedstaaten und alle Akteure, Initiativen zur Verbesserung der Medienkompetenz in Bezug auf Videospiele im Einklang mit der Mitteilung der Kommission vom 20. Dezember 2007 zu ergreifen;

- begrüßt und unterstützt die Kommission weitere Bemühungen, ein medienübergreifendes, europaweites Alterseinstufungssystem im Rahmen der Selbst- oder Koregulierung aufzubauen. So hat die Kommission insbesondere die Absicht, die Einstufungsstellen zu Treffen einzuladen, um den Austausch bewährter Verfahren auf diesem Gebiet zu fördern.

- beabsichtigt die Kommission, auf die Hilfe vorhandener Netze und Plattformen der Verbraucherverbände zurückzugreifen, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für PEGI und diese Mitteilung zu wecken.

[1] Entschließung des Rates zum Schutz der Verbraucher, insbesondere von Jugendlichen, durch Kennzeichnung bestimmter Video- und Computerspiele nach Zielaltersgruppen, 1. März 2002 (ABl. C 65 vom 14.3.2002, S. 2).

[2] Nielsen-Bericht „Video Games in Europe – 2007“ (Videospiele in Europa – 2007), S. 12–15 (http://www.isfe-eu.org/index.php?PHPSESSID=lf6urj9ke66pqp2preebf0rb13&oidit=T001:662b16536388a7260921599321365911).

[3] „Interactive content and convergence: Implications for the information society. A Study for the European Commission (DG Information Society and Media)“ (Interaktive Inhalte und Konvergenz: Auswirkungen auf die Informationsgesellschaft) von Screen Digest Ltd, CMS Hasche Sigle, Goldmedia GmbH, Rightscom Ltd, S. 34, 45, 96 –http://ec.europa.eu/information_society/eeurope/i2010/docs/studies/interactive_content_ec2006.pdf.

[4] PricewaterhouseCoopers, Global Entertainment and Media Outlook: 2007–2011 (Globale Aussichten der Unterhaltungs- und Medienbranche: 2007–2011), S. 38.

[5] Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 13.5.2007, S. 28: „Computerspiele erobern das Wohnzimmer“(FAZ.NET: http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~EB0EA103E1BD44C65A4DB322974B1AC06~ATpl~Ecommon~Scontent.html).

[6] http://www.pegi.info.

[7] http://ec.europa.eu/avpolicy/docs/library/studies/finalised/studpdf/rating_finalrep2.pdf.

[8] ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 72.

[9] http://ec.europa.eu/information_society/activities/sip/programme.

[10] http://www.pegionline.eu.

[11] KOM(2007) 833.

[12] Die Interactive Software Federation of Europe arbeitet z. B. mit dem European Schoolnet an einer Bewertung des Einsatzes bildungsorientierter Spiele in Schulen und hilft beim Austausch bewährter Verfahren.

[13] Z. B. Nintendo, PlayStation, Xbox.

[14] Österreich (teilweise), Belgien, Bulgarien, Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Spanien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Italien, Irland, Lettland (auf PEGI beruhende Vorschriften), Niederlande, Polen, Portugal (auf PEGI beruhende Vorschriften), Slowakei, Schweden, Vereinigtes Königreich.

[15] Beispielsweise Gesetz über die Klassifizierung audiovisueller Programme, Videoaufzeichungsgesetz, Verbraucherschutzgesetz, Gesetz über öffentliche Informationen.

[16] Gesetz Nr. 98-468, geändert durch das Gesetz Nr. 2007-297.

[17] Jugendschutzgesetz, verkündet am 23. Juli 2002 (BGBl. I Nr. 51, S. 2730), geändert durch das Gesetz vom 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 1595).

[18] Österreich, Belgien, Spanien, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Slowakei, Schweden, Vereinigtes Königreich.

[19] In Rechtsvorschriften wie z. B. Kinderschutzgesetz, Gesetz über die Klassifizierung audiovisueller Programme, Verbraucherschutzgesetz, Verordnung über den Vertrieb von Computerspielen, Jugendschutzgesetz, Strafgesetzbuch.

[20] Litauen und die Slowakei haben Vorschriften für den Verkauf von ausschließlich für Erwachsene bestimmten Videospielen.

[21] Einzelhändler sind verpflichtet, die Produkte zu kennzeichnen und Angaben u. a. über den Hersteller sowie die Art und Merkmale des Produkts entsprechend den allgemeinen Bestimmungen des Verbraucherschutzgesetzes (Staatsanzeiger Nr. 99 vom 9. Dezember 2005) zu machen.

[22] Videospiele unterliegen den allgemeinen Beschränkungen, die für Werbung am Verkaufsort gelten.

[23] Dänemark erklärt in seiner Antwort auf den Fragebogen, dass die Verbreitung von Gewalt-Videospielen nach dem Strafgesetzbuch verfolgt werden kann.

[24] ESRB (Einstufungsausschuss für Unterhaltungssoftware): http://www.esrb.org/retailers/index.jsp; (Verhaltenskodex für Schulung und Durchsetzung: http://www.esrb.org/retailers/downloads/erc_code.pdf.

[25] http://www.ifco.ie/IFCO/ifcoweb.nsf/web/news?opendocument&news=yes&type=graphic.

[26] Entscheidung des Video Appeals Committee am 10. Dezember 2007; BBFC beantragt gerichtliche Überprüfung beim High Court am 17. Dezember 2007; Urteil des High Court am 24. Januar 2008 (Urteil CO/11296/2007 von Herrn Justice Mittins): mangelhafte Rechtsanwendung, Zurückverweisung an das Video Appeals Committee , das dann seine Entscheidung bestätigte (http://www.bbfc.co.uk/news/pressnews.php).

[27] http://www.comunicazioni.it/news.

[28] Beschluss vom 19.7.2004 (Aktenzeichen 853 Gs 261/04).

[29] Beschluss vom 11.6.2007 (Aktenzeichen 167 Gs 551/07).

[30] Tschechische Republik, Dänemark, Spanien, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Irland, Litauen, Niederlande, Portugal, Schweden.

[31] Gemeinsame Untersuchung des Bundesfamilienministeriums und der Bundesländer,http://www.hans-bredow-institut.de/forschung/recht/jugendmedienschutz.htm.

[32] Der Bericht des unabhängigen Byron Review „Safer Children in a Digital World“ (Sicherere Kinder in einer digitalen Welt) wurde am 27. März 2008 veröffentlicht. Siehe http://www.dfes.gov.uk/byronreview.

[33] Kinderschutzgesetz (Staatsanzeiger Nr. 48 vom 13. Juni 2000), Verbraucherschutzgesetz (Staatsanzeiger Nr. 99 vom 9. Dezember 2005).

[34] Österreich, Belgien, Bulgarien, Zypern, Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Vereinigtes Königreich.

[35] Dänemark, Finnland, Italien, Niederlande, Slowakei, Schweden, Vereinigtes Königreich.

[36] Österreich, Belgien, Bulgarien, Zypern, Tschechische Republik (teilweise), Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Italien, Irland, Lettland, Litauen, Malta, Niederlande, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden.