27.4.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 93/1


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates: Einführung eines Gemeinschaftsprogramms zur Verbesserung der Funktionsweise der Steuersysteme im Binnenmarkt (Fiscalis 2013)“

KOM(2006) 202 endg. — 2006/0076 (COD)

(2007/C 93/01)

Der Rat beschloss am 23. Juni 2006, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 7. Dezember 2006 an. Berichterstatter war Herr BURANI.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 432. Plenartagung am 17. und 18. Januar 2007 (Sitzung vom 17. Januar) mit 153 gegen 2 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Ausschuss ist im Großen und Ganzen mit dem von der Kommission vorgelegten Dokument einverstanden, möchte aber einige Überlegungen dazu vorbringen sowie einige Vorbehalte zu klärungsbedürftigen Aspekten äußern.

1.2

In Bezug auf den Ausbildungsbereich beziehen sich diese Überlegungen auf die bislang durchgeführten Maßnahmen: Es hat den Anschein, dass gemeinsame Seminare auf Unionsebene zu kostspielig sind, setzt man diese zu den Ergebnissen in Beziehung. Es stellt sich die Frage, ob die Ressourcen nicht vielmehr auf eine auf nationaler Ebene durchgeführte Fortbildung konzentriert werden sollten, bei der allerdings von der Kommission geschulte Fachleute eingesetzt werden. Die Ausbildung der Ausbilder sollte folglich zum Kernpunkt des Gemeinschaftsprogramms werden.

1.3

Die Vorbehalte betreffen nicht eindeutige Aspekte im Zusammenhang mit der Bereitstellung der Daten seitens der Steuerbehörden für andere Behörden: die Bedingungen und Modalitäten für den Datenzugang letztgenannter sind nicht geklärt und geben Anlass zu gewissen Bedenken, insbesondere in Bezug auf den Schutz der Privatsphäre. Auch die Frage des Eigentums und der Verfügbarkeit der Daten sollte geklärt werden, ebenso bleiben die Kriterien für die Ermittlung der Kosten, die Dritten für die Bereitstellung der Daten in Rechnung gestellt werden, unklar.

2.   Einleitung

2.1

Die Zoll- und Steuerbehörden spielen bei der Durchführung der Kontrollen an den Außengrenzen und beim Schutz der finanziellen und sonstigen Interessen der Gemeinschaft eine grundlegende Rolle. Angesichts neuer Herausforderungen und ständiger Veränderungen sind — besonders im EDV-Bereich — Verbesserungen und Weiterentwicklungen notwendig. In der Mitteilung wird ein Gemeinschaftsprogramm zur Verbesserung der Funktionsweise der Steuersysteme im Binnenmarkt (Fiscalis 2013) vorgestellt.

2.2

Die von der Gemeinschaft zu tragenden Betriebskosten lassen sich in zwei Hauptkategorien einteilen: gemeinsame Maßnahmen und IT-Maßnahmen. Zu den gemeinsamen Maßnahmen gehören Seminare, Projektgruppen, Arbeitsbesuche, multilaterale Prüfungen und Fortbildungsmaßnahmen. Zu den IT-Maßnahmen zählen der Betrieb und die Weiterentwicklung vorhandener transeuropäischer Systeme und die Entwicklung neuer Systeme. Für den Zeitraum 2008-2013 sind insgesamt 156,9 Mio. EUR aus dem Gemeinschaftshaushalt bereitzustellen. Das Programm 2013 läuft entsprechend der Geltungsdauer der Finanziellen Vorausschau 2007-2013 über sechs Jahre.

2.3

In der Einleitung des Dokuments „Zwischenevaluierung des Programms Fiscalis 2007“ (1) werden insbesondere zum einen die Kandidatenländer genannt, denen die Möglichkeit geboten wird, auf praktische Mittel zurückzugreifen, damit die Steuerverwaltungen dieser Länder allen ihnen nach dem Gemeinschaftsrecht obliegenden Aufgaben vom Tage ihres Beitritts an gerecht werden können. Zum anderen werden die Partnerländer der Europäischen Nachbarschaftspolitik erwähnt, die unter gewissen Bedingungen die Möglichkeit haben, an ausgewählten Aktivitäten des Programms teilzunehmen.

2.4

Bei der Zwischenevaluierung wurde ferner bestätigt, dass das Teilen von Informationen und der Austausch von Kenntnissen zwischen den Verwaltungen sowie zwischen den Verwaltungen und der Kommission besser strukturiert und das auf den Programmveranstaltungen erworbene Wissen konsolidiert werden muss. Diese Aspekte sollten daher in ganz besonderem Maße beachtet werden.

3.   Wesentlicher Inhalt des Vorschlags für eine Entscheidung

3.1

Nach einer kurzen Erläuterung des Aktionsprogramms Fiscalis 2013, die auf die Begriffsbestimmungen und die Inhalte eingeht, werden die Ziele des Programms genannt. Diese umfassen:

a)

im Bereich der Mehrwertsteuer, der Verbrauchsteuer, der Einkommens- und Kapitalsteuer:

i)

die Gewährleistung, dass der Informationsaustausch und die Verwaltungszusammenarbeit auf effiziente, wirksame und umfassende Weise erfolgen;

ii)

die Schaffung der Voraussetzungen dafür, dass die Beamten einen gemeinsamen hohen Kenntnisstand in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht und seine Anwendung in den Mitgliedstaaten erwerben;

iii)

die stetige Verbesserung der Verwaltungsverfahren zur Berücksichtigung der Bedürfnisse der Verwaltungen und der Steuerzahler durch Entwicklung und Verbreitung von bewährten Verwaltungspraktiken;

b)

im Bereich der Steuern auf Versicherungsprämien die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen zur Gewährleistung einer besseren Anwendung der geltenden Vorschriften;

c)

im Bereich der Kandidatenländer und möglicher Kandidatenländer, die Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse dieser Länder im Bereich des Steuerrechts und der Verwaltungskapazitäten;

d)

im Bereich der Drittländer, insbesondere der Partnerländer der Europäischen Nachbarschaftspolitik, die Verbesserung der Zusammenarbeit der Steuerbehörden dieser Länder.

3.2

Die Kommission erlässt jährlich ein Arbeitsprogramm, um diese Ziele erreichen zu können. Das Programm entwickelt sich mithilfe der Kommunikations- und Informationsaustauschsysteme, die von der Kommission für alle Teilnehmerländer zur Verfügung gestellt werden. Diese umfassen verschiedene Netzwerke und gemeinsame Systeme wie z.B. CCN/CSI, MIAS und EMCS. Die nichtgemeinschaftlichen Elemente dieser Systeme umfassen die angeschlossenen einzelstaatlichen Datenbanken, die Vernetzung zwischen den gemeinschaftlichen und den nichtgemeinschaftlichen Elementen sowie die Hard- und Software, die die betreffenden Mitgliedstaaten für erforderlich halten, um deren Funktionstüchtigkeit für ihre eigenen Verwaltungen zu gewährleisten. Die teilnehmenden Länder stellen die ständige Einsatzbereitschaft der nichtgemeinschaftlichen Elemente sicher und gewährleisten die Interoperabilität zwischen diesen und den gemeinschaftlichen Elementen. Die Kommission koordiniert ihrerseits in Zusammenarbeit mit den Teilnehmerländern die verschiedenen Aspekte von Installation und Betrieb der gemeinschaftlichen und nichtgemeinschaftlichen Elemente der Systeme und Infrastrukturen.

3.3

Die Kommission und die Teilnehmerländer organisieren gemeinsam Seminare und Projektgruppen und sorgen für die Verbreitung der Ergebnisse. Die Teilnehmerländer organisieren ihrerseits Arbeitsbesuche für ihre Beamten. Ferner gewährleistet die Kommission in Zusammenarbeit mit den Teilnehmerländern die systematische und strukturierte gemeinsame Nutzung der sich aus den Programmaktivitäten ergebenden Informationen.

3.4

Die Ausgaben für die Durchführung des Programms werden zwischen der Gemeinschaft und den teilnehmenden Ländern aufgeteilt.

Die Gemeinschaft übernimmt folgende Ausgaben:

a)

die Kosten für die Anschaffung, Entwicklung, Einrichtung, Wartung und den täglichen Betrieb der gemeinschaftlichen Elemente der in Artikel 6 Absatz 3 genannten Kommunikations- und Informationsaustauschsysteme;

b)

die den Teilnehmerländern im Zusammenhang mit multilateralen Prüfungen, Arbeitsbesuchen, Seminaren und Projektgruppen entstehenden Reise- und Aufenthaltskosten der Beamten;

c)

die bei der Organisation von Seminaren entstehenden Kosten sowie die durch die Teilnahme von externen Sachverständigen und der in Artikel 11 genannten Vertreter entstehenden Reise- und Aufenthaltskosten;

d)

die Kosten für die Anschaffung, Entwicklung, Einrichtung und Wartung der Schulungssysteme und -module, sofern sie allen Teilnehmerländern gemeinsam sind;

e)

die Kosten für alle sonstigen in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe f genannten Tätigkeiten.

Die Teilnehmerländer übernehmen folgende Kosten:

a)

die Kosten für die Entwicklung, den Erwerb, die Einrichtung und Wartung der nichtgemeinschaftlichen Elemente für die in Artikel 6 Absatz 4 beschriebenen Kommunikations- und Informationsaustauschsysteme;

b)

die Kosten der beruflichen Grund- und Fortbildung ihrer Beamten, einschließlich Sprachkurse.

3.5

Bezüglich der Kontrolle wird — ohne Nennung weiterer Details — angegeben, dass das Programm einem laufenden Monitoring unterzogen wird, das von den Teilnehmerländern und der Kommission gemeinsam durchgeführt wird. Ferner sind zwei Evaluierungen in Form eines Zwischen- und eines Abschlussberichts vorgesehen.

4.   Einleitung: Die Leitprinzipien des Programms

4.1

Die Vorlage des Kommissionsdokuments stellt eine Bringschuld dar, da die Kommission damit ihrer gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat eingegangenen Verpflichtung gemäß Artikel 15 Absatz 4 Buchstabe a der Entscheidung über das Programm Fiscalis 2003-2007 nachkommt. Auf der Grundlage dieser Verpflichtung hat die Kommission eine Mitteilung (KOM(2005) 111 endg. vom 6.4.2005) angenommen, in der sie die erforderliche Neuauflage der beiden Programme Fiscalis 2013 und Zoll 2013 als Folgeprogramme der Programme Fiscalis 2003-2007 und Zoll 2007 bekräftigt. Der Ausschuss befasst sich in dem vorliegenden Dokument mit dem Programm Fiscalis, auf das Programm Zoll 2013 geht er in einer gesonderten Stellungnahme ein.

4.2

Mit dem Programm 2013, das den Zeitraum 2008-2013 abdeckt, werden keine wesentlichen Neuerungen in Bezug auf das laufende Programm eingeführt. Vielmehr soll gemäß der Neubelebung der Lissabon-Strategie dessen Wirksamkeit verbessert werden. Es zielt folglich darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten (und der künftigen Beitrittsländer) weiterzuentwickeln, damit die bereits im anfänglichen Programm aufgestellten Ziele erreicht werden:

die gemeinsame Anwendung der steuerlichen Vorschriften der Gemeinschaft;

den Schutz der finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft;

das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes durch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung;

die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und

die Senkung der Kosten, die den Verwaltungen und Steuerpflichtigen durch die Beachtung der Rechtsvorschriften entstehen.

4.3

Das Kommissionsdokument basiert auf einer eingehenden Untersuchung der gegenwärtigen Lage, die durch Besuche in mehreren Mitgliedstaaten sowie Kontakte mit den Verwaltungen, Fachleuten sowie Steuerpflichtigen ergänzt wurde. Im Ergebnis wird das Programm konzipiert als „Weiterführung des 2007-Programms, verstärkt durch zusätzliche finanzielle Mittel zur Unterstützung neuer politischer Initiativen auf der einen Seite und eine geringfügige Erhöhung des Budgets aller anderen Teilrubriken auf der anderen Seite“. Der Ausschuss erklärt sich mit der Wahl dieser Option einverstanden.

4.4

Wie bereits unter Ziffer 2.2 ausgeführt, belaufen sich die Gesamtkosten des Programms 2008-2013 auf 168,47 Mio. EUR: der Großteil dieses Betrags, 156,9 Mio. EUR, entfällt auf die Betriebskosten zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts. Zu den gemeinsamen Maßnahmen gehören Seminare, Projektgruppen, Arbeitsbesuche, multilaterale Prüfungen, Fortbildungsmaßnahmen und alle sonstigen Aktivitäten zur Realisierung der Ziele. Zu den IT-Maßnahmen zählen der Betrieb und die Weiterentwicklung der vorhandenen transeuropäischen Systeme und die Entwicklung neuer Systeme.

5.   Allgemeine Bemerkungen

5.1

Der Ausschuss teilt voll und ganz die Auffassung, dass das Programm Fiscalis gemäß den bereits aufgezeigten Grundzügen weitergeführt werden muss. Die Kommissionsinitiative ist folglich zu unterstützen, insbesondere in der Hoffnung auf die Verbesserung einiger Aspekte, vor allem in Bezug auf die Wirksamkeit der gemeinsamen Fortbildungsprogramme und den Sprachengebrauch. Andererseits hat die Kommission bereits selbst in einem Dokument auf diese Defizite hingewiesen und dabei auch Lösungen zur Abhilfe aufgezeigt (2).

5.2

Die Fortbildung kann in zwei maßgebliche Kategorien unterteilt werden: in gemeinschaftliche Fortbildungsmaßnahmen, die durch den Gemeinschaftshaushalt finanziert werden, und in die einzelstaatliche Fortbildung, die im Prinzip von den entsprechenden Mitgliedstaaten finanziert werden. Der Begriff „Fortbildung “umfasst die eigentliche Schulung (d.h. die Unterrichtung in bestimmten technischen, rechtlichen oder verwaltungsspezifischen Themenbereichen unter der Anleitung von Fachleuten), Seminare (die im Allgemeinen einen interdisziplinären Ansatz haben und für Akteure verschiedener Länder offen stehen) sowie den Austausch von Bediensteten (Einzelpersonen oder Gruppen).

5.3

Die Kommission gibt in dem in Ziffer 3.1 zitierten Vorschlag für eine Entscheidung einen detaillierten Bericht über die ersten Ergebnisse der Fortbildungsprogramme, der einen nur in Maßen zufrieden stellenden Gesamteindruck vermittelt. In dem Dokument werden verschiedene Mängel und Missstände keineswegs verschwiegen und Lösungswege zur Beseitigung oder Reduzierung der Defizite aufgezeigt. Andererseits können diese Probleme aufgrund der Komplexität des Programms, der Anzahl der beteiligten Mitgliedstaaten, der Unterschiedlichkeit der bestehenden Systeme, des unterschiedlichen Erfahrungs- und Organisationsstands der nationalen Verwaltungen sowie schließlich aufgrund der Sprachenvielfalt auch gar nicht ausgeschlossen werden. Letztgenannter Aspekt stellt schließlich auch ein Hindernis für alle gemeinschaftsübergreifenden Programme dar, dessen Bedeutung viel zu häufig unterschätzt wird. Die Hauptaufgabe besteht nach wie vor darin, ein gemeinsames Mindestniveau für Kenntnisse und berufliche Fähigkeiten festzulegen, das sich zumindest mit Mindestparametern, die von allen Mitgliedstaaten akzeptiert und angewandt werden können, messen lässt.

5.4

Wie unter Ziffer 3.5 bereits ausgeführt, sorgt die Kommission für die Überwachung der korrekten Durchführung der Programme; nach Auffassung des Ausschusses ist es besonders wichtig, dass die korrekte Umsetzung gemeinschaftlicher Normen und die umfassende Berücksichtigung gemeinschaftlicher Werte überprüft wird. Diese Kontrollen sind von grundlegender Bedeutung: nicht nur aufgrund der notwendigen Überwachung der korrekten Verwendung von Gemeinschaftsmitteln gemäß den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechnungswesens, sondern auch, weil das Ausbildungsniveau der Beamten nicht nur dem Ermessen der Mitgliedstaaten überlassen bleiben sollte.

5.5

Angesichts der Vielschichtigkeit der Materie möchte der Ausschuss keine diesbezüglichen Empfehlungen aussprechen und beschränkt sich vielmehr auf einige möglichst objektive Bemerkungen, ohne sich über Gebühr darum zu kümmern, ob diese auch politisch korrekt sind.

5.5.1

Zunächst ist doch bekannt, dass das Niveau der Erfahrung und der beruflichen Fähigkeiten der einzelstaatlichen Beamten je nach Mitgliedstaat erhebliche Unterschiede aufweist. Deshalb ist es äußerst schwierig, ein gemeinsames Modul für Fortbildungsmaßnahmen zu finden, die in Form von Seminaren durchgeführt werden, die für eine Vielzahl von Teilnehmern offen stehen. Des Weiteren trägt die Sprachenvielfalt zur Verwirrung bei: Die aus dem direkten Kontakt mit der Sprache des Vortragenden resultierende Wahrnehmung ist eine Sache, eine ganz andere ist die über einen Dolmetscher vermittelte Botschaft. Ferner ist festzustellen, dass audiovisuelle Hilfsmittel (wie z.B. Dias, Schaubilder und Folien) von den Teilnehmern nicht in ihrer Muttersprache aufgenommen werden können (bekanntlich ist die visuelle Speicherung von Botschaften sehr wichtig). Kurzum, man kann sich durchaus fragen, ob diese Seminare — deren Veranstaltung mit einem hohen Aufwand in puncto Human- und Finanzressourcen verbunden ist — nicht auf ein Minimum beschränkt — oder zumindest auf eine spätere, durch größere „Reife “des Programms gekennzeichnete Phase verschoben werden sollten. Die aufgrund dieser Entscheidung erzielten Einsparungen an finanziellen Mitteln und Humanressourcen könnten eventuell zur — zumindest partiellen — Finanzierung der Fortbildung auf nationaler Ebene in denjenigen Ländern verwendet werden, die sich in einer relativ benachteiligten Lage befinden, was insbesondere die unlängst beigetretenen Mitgliedstaaten betrifft.

5.5.2

Im Evaluierungsdokument der Kommission bleibt ein Aspekt unerwähnt, der hingegen von grundlegender Bedeutung zu sein scheint: Die Fortbildung auf Gemeinschaftsebene der nationalen Ausbilder, die eine zentrale Funktion für das gesamte System haben sollte: Nur ein der Sprache der Teilnehmer mächtiger Ausbilder kann die umfassende Wirkung der Aussagen und insbesondere der Diskussionen, zentraler Bestandteil der Fortbildung, gewährleisten. Vor allem aber ist nur ein nationaler Ausbilder in der Lage, ein didaktisches Konzept für die Überleitung vom eigenen nationalen System — das er ausgezeichnet kennt — zum Gemeinschaftssystem anzuwenden. Die Auswahl des für diese Aufgabe geeigneten Personals sollte Aufgabe der einzelstaatlichen Behörden sein. Hohe berufliche Qualifikation und didaktische Fähigkeiten sollten grundlegende Voraussetzungen sein; dasselbe gilt für diejenigen, die für die gemeinschaftsspezifische Fortbildung der nationalen Ausbilder zuständig sind. Schließlich kann diese Art von Fortbildung nach Auffassung der Sachverständigen nicht im Rahmen von kurz andauernden Seminaren bewerkstelligt werden: dafür sind vielmehr Lehrgänge mit einer Laufzeit von mindestens mehreren Monaten erforderlich.

5.6

Ein ganz anderer, ebenfalls wichtiger Aspekt betrifft die Verbindung des Fiscalis-Systems mit dem System „Zoll 2013“, insbesondere in Bezug auf die MwSt und die Verbrauchsteuer. Der Ausschuss hat in seiner Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein papierloses Arbeitsumfeld für Zoll und Handel (3) auf den zweiten Erwägungsgrund des Vorschlags aufmerksam gemacht (4): „Im Rahmen der europaweiten Aktion “e-Government „[…] sind Maßnahmen erforderlich, […] um die Bekämpfung von Betrug, organisiertem Verbrechen und Terrorismus zu unterstützen.“In der Stellungnahme wird damit verdeutlicht, dass es mit einer engen und strukturierten Verbindung zwischen den Zollarchiven und den Mehrwertsteuerbehörden möglich wäre, etwaige Betrügereien bezüglich aus Drittstaaten eingeführter Waren — insbesondere die Fälschung von Ursprungskennzeichnungen — aufzudecken.

5.6.1

Im Programm Fiscalis fehlt jedweder Hinweis auf strukturierte Verbindungen des Fiscalis-Systems mit den Systemen anderer Verwaltungen; lediglich in Erwägungsgrund (5) des Vorschlags für eine Entscheidung über die Einführung des Gemeinschaftsprogramms heißt es, dass „es möglich sein (sollte), in dieses Programm weitere steuerbezogene Informationsaustauschsysteme, wie das System zur Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (EMCS) “einzuschließen. Offensichtlich sind aber nur Informationen gemeint, die sich auf den Datenaustausch zwischen den Steuerbehörden beschränken.

5.6.2

In der unter Ziffer 5.6 genannten Stellungnahme verweist der Ausschuss auch auf Empfehlungen des Europäischen Parlaments und des Rates (5), in der eine Reihe von Maßnahmen zur „Aufnahme der Zusammenarbeit im Polizei-, Zoll- und Justizbereich “zur Umsetzung des Haager Programms  (6) im Bereich der Sicherheit der Union genannt werden; der Begriff Sicherheit schließt dabei auch die Bekämpfung des grenzüberschreitenden Handels mit verbotenen oder beschränkt handelbaren Waren ein. Eine Verbindung, wie in der vorstehenden Ziffer genannt, würde Kontrollen durch den Zoll ermöglichen, die gegenwärtig nicht möglich sind: Dies wäre ein indirekter Beitrag der Zollbehörden zum Haager Programm. Der Ausschuss ist sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass ein solches Vorhaben bei bereits laufenden Programmen und mittlerweile konsolidierten Verfahren nicht mehr verwirklicht werden kann. Bleibt nur die Empfehlung auszusprechen, dass strukturierte Verknüpfungen zwischen den verschiedenen Datenbanken der EU und der Mitgliedstaaten Bestandteil der strategischen Programme der Union werden sollten, und zwar nicht nur aus Gründen der Sicherheit, sondern auch aufgrund anderer wirtschafts- und sozialpolitischer Zielsetzungen.

6.   Besondere Bemerkungen

6.1

Artikel 3: Teilnahme am Programm. Das Programm steht — neben den Mitgliedstaaten — offen für die Kandidatenländer, auch für die potenziellen Kandidatenländer, sowie für einige Partnerländer der Europäischen Nachbarschaftspolitik, falls sie ein ausreichendes Niveau der Anpassung der betroffenen Gesetzgebung erreicht haben. Der Zweck dieser Vorschrift ist sicherlich begrüßenswert und steht in Übereinstimmung mit der Schaffung eines möglichst großen „Raums der Steuer“. Der Ausschuss fragt sich indes, ob das Projekt angesichts der beschränkten Ressourcen und der bereits bei der Durchführung aufgetretenen Schwierigkeiten — die durch die Aufnahme weiterer Teilnehmer noch zunehmen würden — nicht zu ambitiös ist.

6.2

Artikel 6: Kommunikations- und Informationsaustauschsysteme. Die gemeinschaftlichen Elemente des Systems beschränken sich auf die Hardware, die Software und die Vernetzung aller Teilnehmerländer. Sämtliche sonstigen Bestandteile (die Datenbanken, die Vernetzung zwischen den gemeinschaftlichen und den nichtgemeinschaftlichen Elementen sowie die Hard- und Software, die die Mitgliedstaaten für die Funktionstüchtigkeit ihrer Systeme benötigen) werden den nichtgemeinschaftlichen Elementen zugerechnet.

6.2.1

Die oben genannte Klassifizierung scheint korrekt zu sein; jedoch weckt die in Absatz 6 genannte Bestimmung gewisse Zweifel, derzufolge „die Kommission (...) beschließen (kann), das Kommunikations- und Informationsaustauschsystem anderen öffentlichen Verwaltungen für steuerrelevante oder andere Zwecke zur Verfügung zu stellen, sofern sie einen finanziellen Beitrag zum Programmbudget leisten“. Die Formulierung „oder andere Zwecke “ist ausgesprochen vieldeutig: Die Kommission muss angeben, welche andere öffentlichen Verwaltungen berechtigt sind, Informationen zu erhalten und welche Garantien sie zu geben haben bzw. welche Kontrollen dabei durchzuführen sind. Der Ausschuss empfiehlt, zur Beseitigung aller Zweifel auszuführen, dass Informationen nur im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit und gemäß den geltenden Vorschriftenund stets gemäß den Bestimmungen zum Schutz der Privatsphärezur Verfügung gestellt werden können.

6.2.2

Nach Auffassung des Ausschusses muss die Vorschrift klarer werden: Auf den ersten Blick scheint die Kommission nicht die Befugnis zu haben, Informationen, die sicherlich Eigentum der Mitgliedstaaten sind, wenn sie in den Datenbanken dieser Länder enthalten sind, Dritten — wer auch immer diese sein mögen — zur Verfügung zu stellen. Wenn es sich hingegen um Informationen handelt, die sich in unmittelbarem Besitz der Kommission befinden, stellt sich die Frage, ob diese frei und ohne Zustimmung oder Benachrichtigung der Mitgliedstaaten über diese verfügen kann. Anders ausgedrückt: Sind die der Kommission übermittelten oder von ihr aufbereiteten Daten automatisch rechtmäßiges Eigentum der Kommission? Mit welchen Kriterien werden die Kosten ermittelt, die Dritten auferlegt werden, und wem stehen die dadurch eingenommenen Beträge zu? Und können Daten im Besitz der Kommission überhaupt Dritten zur Verfügung gestellt werden, ohne dass die betroffenen Mitgliedstaaten hierüberim Voraus oder im Nachhineininformiert werden? Der Ausschuss misst diesen Fragen grundlegende Bedeutung bei und ist der Auffassung, dass sie eine Antwort erforderlich machen, die die Haltung der Kommission unmissverständlich klärt.

Brüssel, den 17. Januar 2007

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  SEK(2005) 1045, Arbeitsdokument der KommissionsdienststellenZwischenevaluierung des Programms Fiscalis 2007.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Stellungnahme des EWSA zum Thema „Papierloses Arbeitsumfeld für Zoll und Handel“, ABl. C 318 vom 23.12.2006, Ziffer 2.5.

(4)  „Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein papierloses Arbeitsumfeld für Zoll und Handel“, KOM(2005) 609 endg.

(5)  „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament — Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts: Bilanz des Tampere-Programms und Perspektiven “(KOM(2004) 401 endg.).

(6)  „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Das Haager Programm: Zehn Prioritäten für die nächs-ten fünf Jahre. Die Partnerschaft zur Erneuerung Europas im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts “(KOM(2005) 184 endg.).