52006DC0631

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Die Beziehungen EU – China: Mit der engeren Partnerschaft wächst die Verantwortung {KOM(2006) 632 endgültig} /* KOM/2006/0631 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 24.10.2006

KOM(2006) 631 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Die Beziehungen EU – China: Mit der engeren Partnerschaft wächst die Verantwortung

{KOM(2006) 632 endgültig}

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Die Beziehungen EU – China: Mit der engeren Partnerschaft wächst die Verantwortung

1. Worum geht es?

China hat sich in den letzten zehn Jahren als Weltmacht zurückgemeldet. Es belegt als Weltwirtschaftsmacht Platz 4 und als Exporteur Platz 3, und gleichzeitig gewinnt es politisch zunehmend an Gewicht. China hat mit seinem Wirtschaftswachstum einer mehr und mehr aktiven und geschickten Außenpolitik Nachdruck verliehen. Das Hauptmotiv hinter seiner Politik ist der Wunsch zu wachsen und sich einen Platz in der Welt zu verschaffen, der seiner politischen und wirtschaftlichen Macht angemessen ist. In Anbetracht der Größe Chinas und seines phänomenalen Wirtschaftswachstums wirken sich diese Veränderungen nachhaltig auf Weltpolitik und Welthandel aus.

Die EU bietet der Welt den größten Markt. Ihre Währung ist eine Reservewährung von Weltrang. Sie ist in wichtigen Spitzentechnologien und fachlichen Kompetenzen führend. Die EU spielt eine zentrale Rolle bei der Suche nach zukunftsfähigen Lösungen zur Bewältigung aktueller Aufgaben, beispielsweise in den Bereichen Umweltschutz, Energie oder wirtschaftliche Globalisierung. Sie hat sich als fähig erwiesen, fortschrittlichen Einfluss auf die Welt jenseits ihrer Grenzen auszuüben, und sie ist weltweit der wichtigste Geber von Entwicklungshilfe.

Europa muss mit den richtigen Antworten auf die wiedergewonnene Stärke Chinas reagieren. Wenn Europa die sich ihm heute stellenden Großaufgaben - wie z. B. Klimawandel, Beschäftigung, Migration und Sicherheit – in Angriff nehmen will, dann muss es dabei auf der Grundlage europäischer Wertvorstellungen das Potential dynamischer Beziehungen zu China ins Spiel bringen. Das bedeutet – neben der Erkenntnis, dass es auch in Europas Interesse liegt, China in seinen Reformen zu unterstützen - dass Europa den Faktor China in eine ganze Reihe seiner intern und extern verfolgten Strategien einbeziehen muss. Das bedeutet ebenfalls, dass zwecks Gewährleistung eines kohärenten Gesamtkonzepts eine enge Koordinierung innerhalb der EU erforderlich ist.

Um die Wichtigkeit ihrer Beziehungen zu dokumentieren, haben die EU und China 2003 eine strategische Partnerschaft vereinbart. Einige Differenzen bleiben bestehen, doch man hat gelernt, pragmatisch mit ihnen umzugehen, und so gewinnen die Beziehungen mehr und mehr an Reife und bewegen sich mehr und mehr auf dem Boden der Realität. Gleichzeitig ist China ebenso wie die EU eng in den Globalisierungsprozess verwoben und integriert sich immer stärker in das Weltwirtschaftssystem.

Engagement und Partnerschaft müssen auch weiterhin das Fundament für die Annäherung der EU an China bleiben. Bei enger werdender strategischer Partnerschaft wächst jedoch für beide Seiten auch die Verantwortung. Die Partnerschaft muss den Interessen beider Seiten dienen, und die EU und China müssen – während sie weltweit immer aktiver werden und mehr und mehr Verantwortung übernehmen, indem sie für ein starkes und erfolgreiches multilaterales System eintreten und ein jeder auf seine Weise einen Beitrag dazu leistet - eng zusammenarbeiten. Diese Entwicklung müsste in eine Situation einmünden, in der China und die EU jeweils ihr Gewicht einbringen, um gemeinsam Lösungen weltweiter Probleme vorzuschlagen.

Mit ziemlicher Gewissheit wird die Handels- und Wirtschaftspartnerschaft der EU ebenso Vorteile bringen wie China. Sobald man das in der Partnerschaft vorhandene Potential voll ermisst, dann bleibt nur der Schluss, dass eine Abschottung Europas gegen den chinesischen Wettbewerb nicht die Antwort sein kann. Politische Unterstützung für ein Konzept der Öffnung gegenüber China lässt sich jedoch nur gewinnen und bewahren, wenn sich Europa der Vorteile eines solchen Engagements voll gewahr wird. China muss seine Märkte öffnen und für einen gerechten Wettbewerb erforderliche Rahmenbedingungen gewährleisten. Im jetzt beginnenden Jahrzehnt wird die Anpassung an den Wettbewerb über die Schaffung eines gerechten Ausgleichs mit China die zentrale handelspolitische Aufgabe der EU sein. Diese entscheidende bilateral zu lösende Aufgabe ist die Nagelprobe für die europäisch-chinesische Partnerschaft, womit sich das handelspolitische Strategiepapier "Wettbewerb und Partnerschaft" im Einzelnen auseinandersetzt, das dieser Mitteilung beigegeben ist.

Europa und China können für ihre Interessen als Partner mehr tun als sie bei getrenntem Vorgehen je erreichen könnten.

2. China meldet sich zurück

Stabilität im Innern ist nach wie vor die oberste Priorität der chinesischen Politik. In den letzten Jahrzehnten hat das starke Wirtschaftswachstum auch mehr Stabilität gebracht. Seit 1980 fährt China jährlich Wachstumsraten von durchschnittlich 9 % ein, und der Anteil am Welt-BIP hat sich mit der Zeit verzehnfacht und macht nun 5 % aus. Das Wirtschaftswachstum hat zum rasantesten Rückgang der Armut geführt, der je registriert wurde, und gleichzeitig ist eine breite Mittelschicht entstanden, die über bessere Ausbildung, steigende Kaufkraft und immer vielfältigere Möglichkeiten verfügt.

Doch hinter diesem phänomenalen Wirtschaftswachstum verbergen sich Ungewissheiten und Risiken. Die chinesische Führung vollbringt bei der Bewältigung zahlreicher wichtiger Aufgaben, namentlich im innenpolitischen Bereich - die jedoch mehr und mehr auch jenseits der chinesischen Grenzen Wirkung zeigen - Tag für Tag eine Gratwanderung:

- Die Verwerfungen werden immer gravierender. Das Einkommensgefälle ist erheblich und wird immer größer, dasselbe gilt auch für die Schieflagen im sozialen und regionalen Bereich und im Zusammenhang mit der Gleichstellung der Geschlechter. Der Gesundheitssektor und das Bildungswesen sind gewaltigen Spannungen ausgesetzt, die demographische Situation beginnt bereits erheblich aus dem Lot zu geraten, und auf das Land kommen die Belastungen zu, die sich aus der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung ergeben;

- Chinas Nachfrage nach Energie – China ist zweitgrößter Energieverbraucher der Welt - und Rohstoffen ist bereits jetzt erheblich und wird sich weiter steigern; gleichzeitig wird immer offensichtlicher, welcher Preis für ungehemmtes Wachstum von Wirtschaft und Gewerbe zu entrichten sein wird. Das Wachstumsmuster ist unausgewogen, denn das Schwergewicht liegt auf dem Export, und die Binnennachfrage wird vernachlässigt.

Das Wirtschaftswachstum steht zwar noch im Mittelpunkt des Reformprogramms, doch immer häufiger wird es durch Maßnahmen abgemildert, die der Steuerung der sozialen Ungerechtigkeiten und der Ermöglichung einer stärker auf Zukunftsfähigkeit ausgerichteten wirtschaftlichen und politischen Entwicklung dienen. Paradoxerweise gewinnen bei sich lockerndem Zugriff von Partei- und Staatsapparat einige Bereiche an Stabilität. Wenn die Justiz unabhängiger wird, die Bürgergesellschaft an Stehvermögen gewinnt und die Presse freier wird, ist damit das notwendige Maß an Kontrolle gegeben, und am Ende gewinnt die Stabilität. Die Einsicht in die Notwendigkeit einer ausgewogeneren Entwicklung und der Wille, eine "harmonische Gesellschaft" zu errichten, sind Zeichen einer ermutigenden Entwicklung, doch es wird noch weiterer Reformen bedürfen.

Die von China in der Region und international verfolgte Politik wird ebenfalls von dringenden innenpolitischen Erfordernissen diktiert, denn Sicherheit und Frieden mit den Nachbarn kommen dem Wirtschaftswachstum zugute; mit seinem Engagement in der Welt verfolgt China nach wie vor sehr spezifische Ziele, zu denen auch die Absicht zählt, sich die für das mächtige Wachstum erforderlichen natürlichen Ressourcen zu sichern. Gleichzeitig wird auch Chinas Wunsch deutlich erkennbar, in der Welt Respekt und Anerkennung zu gewinnen. Bei Ereignissen wie den Olympischen Spielen 2008 in Beijing und der Weltausstellung 2010 in Shanghai werden sich die Augen der ganzen Welt auf Chinas Errungenschaften richten.

Traditionell war Chinas Außenpolitik eine Politik der strikten Nichteinmischung; angesichts einer weltpolitisch immer aktiveren Rolle Chinas und seines immer selbstbewussteren Auftretens wird es immer schwieriger, diesen Grundsatz aufrechtzuerhalten. Die chinesische Regierung erkennt dies allmählich und wird sich - wie die zunehmende diplomatische Aktivität bezeugt – der Verantwortung im internationalen Bereich bewusst, die mit Chinas wirtschaftlicher Bedeutung und seiner Funktion als ständigem Mitglied des WSR einhergeht.

Die EU und China profitieren beide von der Globalisierung und haben beide ein Interesse daran, dass sie gelingt. Auf beide Seiten kommen damit Aufgaben und zusätzliche Verantwortung zu. Die EU und China sind sich ferner im dem Wunsch einig, dass ein erfolgreich arbeitendes multilaterales System entsteht. Differenzen gibt es dagegen weiterhin in Bezug auf gewisse Wertvorstellungen, und der Dialog darüber muss weitergehen.

Je stärker die Partnerschaft wird, umso größer sind die Erwartungen und die Verantwortung auf beiden Seiten. Die EU als größter Handelspartner Chinas wirkt mit ihrer Handelspolitik in erheblicher Weise auf China ein, und umgekehrt wirkt sich auch das Vorgehen Chinas auf die EU aus. Auf beiden Seiten nimmt die Erwartung zu, dass der jeweilige Partner diese Auswirkungen bei der Formulierung seiner Strategie in Rechnung stellt.

3. Der Weg voran

Mit Blick auf ein starkes stabiles China, das die Grundrechte und Grundfreiheiten uneingeschränkt wahrt, die Minderheiten schützt und die Rechtsstaatlichkeit gewährleistet, sollte die EU das Land bei seinen internen politischen und wirtschaftlichen Reformen weiter unterstützen. Die EU wird die Zusammenarbeit zwecks Gewährleistung einer zukunftsfähigen Entwicklung verstärken, eine faire offensive Handelspolitik betreiben sowie auf eine Festigung der bilateralen Beziehungen und gleichzeitig mehr Ausgewogenheit hinwirken. Die EU und China müssen zum Erhalt von Frieden und Stabilität zusammenarbeiten. Die EU müsste sich um mehr Koordinierung und gemeinsamer Aktionen bemühen und die Zusammenarbeit mit der Industrie und der Bürgergesellschaft in Europa verbessern.

Rechtsgrundlage für die Beziehungen war bislang das Handels- und Kooperationsabkommen aus dem Jahr 1985. Da dieses Abkommen nicht mehr den derzeitigen Dimensionen der Beziehungen entspricht, haben die politisch Verantwortlichen anlässlich des 9. Gipfels EU-China beschlossen, mit der Aushandlung eines neuen erweiterten Partnerschafts- und Kooperationsabkommens (PKA) zu beginnen, um so die Grundlage der Zusammenarbeit zu aktualisieren. Dieses neue Abkommen eröffnet neue Möglichkeiten, denn mit ihm entsteht ein einheitlicher Rahmen für die Beziehungen und alle ihre vielfältigen Aspekte; gleichzeitig muss das neue Abkommen der Zukunft zugewandt sein und alle in dieser Mitteilung skizzierten Prioritäten berücksichtigen.

3.1. Unterstützung Chinas auf dem Weg in eine offenere pluralistische Gesellschaft

Die chinesische Führung hat sich wiederholt für Reformen – eingeschlossen Grundrechte und Grundfreiheiten - ausgesprochen, doch in der Praxis sind im letzteren Bereich nur begrenzt Fortschritte zu verzeichnen. Die EU muss darüber nachdenken, wie sie China am wirkungsvollsten bei seinen Reformen helfen kann, was einschließt, dass sie damit wirbt, dass eine stärkere Respektierung der Menschenrechte, eine offenere Gesellschaft und eine mehr dem Grundsatz der Rechenschaftspflicht zugetane Regierung für China von Vorteil und für fortgesetztes Wirtschaftswachstum eine wichtige Voraussetzung sind.

Demokratische Verhältnisse, Menschenrechte und die Werbung für gemeinsame Wertvorstellungen gehören zum Grundbestand der EU-Strategie und sind für bilaterale Beziehungen von zentraler Bedeutung. Die EU sollte China darin unterstützen und ermutigen, sich für die Entwicklung einer voll anerkannten, gut organisierten und unabhängigen Bürgergesellschaft einzusetzen. Ferner ginge es darum, Bemühungen zu unterstützen, um zu mehr Rechtsstaatlichkeit – dies ist das eigentliche Fundament für jede Art von Reform – zu gelangen.

Die EU wird außerdem fortfahren, für die uneingeschränkte Einhaltung der Grundrechte und Grundfreiheiten - Redefreiheit, Glaubensfreiheit, Koalitionsfreiheit, das Recht auf gerechte Gerichtsverfahren und der Schutz der Minderheiten sind in diesem Zusammenhang an vorderster Stelle zu nennen – in allen Teilen Chinas einzutreten. Sie wird sich ferner bemühen, China für eine Mitarbeit als aktiver, sich konstruktiv verhaltender Partner im Menschenrechtsrat zu gewinnen und China für die Einhaltung der von den Vereinten Nationen verkündeten ethischen Normen zu gewinnen, wozu auch das Internationale Übereinkommen über bürgerliche und politische Rechte gehört.

Der zweimal jährlich stattfindende Dialog über die Menschenrechte wurde in einem früheren Stadium der Beziehungen EU-China als Idee geboren. Dieser Dialog hat immer noch seine Daseinsberechtigung, doch die Erwartungen, die die EU an ihn knüpft – und die mit zunehmender Qualität der Partnerschaft größer geworden sind – werden immer weniger erfüllt. Dieser Dialog müsste wie folgt aussehen:

- Stärkere Konzentration auf weniger Themen und stärkere Ausrichtung auf Resultate - höheres Niveau des Austauschs und konkretere Ergebnisse;

- Größere Flexibilität und Nutzung der in gesonderten Seminaren und nachgeordneten Arbeitsgruppen erarbeiteten Ergebnisse;

- bessere Abstimmung mit dem gleichzeitig von Mitgliedstaaten geführten Dialog.

3.2. Zukunftsfähige Entwicklung

Eine der Kernaufgaben für die gesamte Welt besteht heutzutage darin, die Zukunftsfähigkeit der Entwicklung zu gewährleisten. Es liegt vor allem bei China, ob diese Aufgabe erfolgreich erfüllt werden kann. Die Strategie der inneren Reformen in China ist in dieser Beziehung wichtig, und die Kommission wird diese Reformen auch weiterhin mit ihrem Kooperationsprogramm unterstützen, wobei auch die soziale Verantwortung der Unternehmen eine Rolle spielt. In Angelegenheiten wie Energie, Umweltschutz und Klimawandel, Einhaltung internationaler sozialer Normen, Entwicklungshilfe und weitergespannte, die Makroökonomie berührende Themen, müssen die EU und China sicherstellen, dass eine enge internationale Kooperation stattfindet. Beide zusammen müssten

- eine sichere und zukunftsfähige Energieversorgung gewährleisten . Als wichtige Akteure der Weltenergiemärkte haben die EU und China gleichermaßen ein Interesse an einer sicheren und zukunftsfähigen Energieversorgung, an besserer Energieeffizienz und einer Abschwächung der Umweltfolgen der Energieerzeugung und des Energieverbrauchs, und beide tragen in dieser Sache Verantwortung. Die EU müsste vorrangig darauf hinwirken, dass China in die Weltenergiemärkte und die multilateralen Steuerungsmechanismen und Institutionen eingebunden wird, und sie sollte China dafür gewinnen, in Sachen Energie die Rolle eines aktiven Partners zu übernehmen, der sich seiner Verantwortung bewusst ist. Von dieser Basis aus sollten beide Partner auf Folgendes hinarbeiten:

- Verstärkte internationale Kooperation und gezielte Bemühungen um mehr Transparenz und größere Zuverlässigkeit der Energiedaten sowie besserer Informationsaustausch mit dem Ziel einer größeren Energieversorgungssicherheit in den Entwicklungsländern, namentlich auch in Afrika;

- Ausbau der Expertise Chinas im technischen und regulatorischen Bereich mit dem Ziel, eine Verlangsamung des Ansteigens der Energienachfrage, größere Energieeffizienz und Einsatz sauberer erneuerbarer Energieträger wie Windenergie, Biomasse und Biobrennstoffe, Verbesserung der Energiestandards und stärkere Energieeinsparungen durch Entwicklung und verbreiteten Einsatz einer Kohletechnologie mit Immissionsniveau nahe Null;

- Engagement für größere Stabilität durch ein marktorientiertes Investitions- und Auftragsvergabekonzept; Dialog mit anderen Großabnehmern; Förderung der Einführung transparenter und diskriminierungsfreier Regulierungsrahmen - eingeschlossen uneingeschränkte Öffnung des Energiemarkts - und durch Werbung für die Verabschiedung international anerkannter Normen und Standards.

- gegen den Klimawandel und für eine Verbesserung der Umweltsituation kämpfen . Die anlässlich des EU-China-Gipfels von 2005 geschlossene Partnerschaft ist bereits eine gute Ausgangsbasis für eine Zusammenarbeit in Fragen des Umweltschutzes und des Klimawandels.

- Die EU müsste China ihre im Regulierungsbereich erlangte Expertise für Maßnahmen wie die Vermeidung von Umweltbeeinträchtigungen, die Wahrung der Biodiversität, den effizienten Einsatz von Energieträgern, Wasser und Rohstoffen und für die Einführung von mehr Transparenz und den wirksamen Vollzug der Umweltschutzgesetze zur Verfügung stellen. Die EU und China müssten zudem gemeinsam gegen die Abholzung der Wälder und den illegalen Holzeinschlag vorgehen, sowie für eine zukunftsfähige Bewirtschaftung der Fischereiressourcen und den Schutz der Meere eintreten;

- Beide Parteien müssten ausgehend von der Partnerschaft für den Kampf gegen den Klimawandel die bilaterale und internationale Kooperation verstärken, um so den im Klimawandelübereinkommen und im Protokoll von Kyoto eingegangenen gemeinsamen internationalen Verpflichtungen nachzukommen, und sie sollten aktiv am Dialog über die internationale Zusammenarbeit in dieser Frage nach dem Jahr 2012 teilnehmen. Beide Parteien sollten vermehrt auf den Immissionshandel und Methoden der "sauberen Entwicklung" zurückgreifen.

- sich mehr über Beschäftigung und soziale Fragen austauschen. China ist entschlossen, gegen die sozialen Verwerfungen einzuschreiten und sich für ausgewogenere Entwicklung einzusetzen. Die EU und China müssten:

- die Zusammenarbeit betreffend Beschäftigung und soziale Fragen intensivieren, und zwar durch Verstärkung des bilateralen Dialogs und Einbeziehung von Themen wie öffentliche Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die Bewältigung der Aufgaben, die sich aus der Überalterung der Bevölkerung ergeben.

- zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass internationale Verpflichtungen in Bezug auf Arbeits- und Sozialnormen eingehalten werden.

- die Behandlung weltweiter Entwicklungsfragen besser koordinieren . Eine engere Zusammenarbeit in internationalen Entwicklungsfragen wäre für die EU, China und die Partner unter den Entwicklungsländern von Vorteil. Sollten die Parteien sich als unfähig erweisen, diese Angelegenheiten erfolgreich zu koordinieren, so wäre dies vor allem in Afrika, aber auch in den Entwicklungsländern anderer Kontinente, mit erheblichen Nachteilen verbunden. Dazu müssten die EU und China

- in einen strukturierten Dialog über Fragen wie zukunftsfähige Entwicklung in Afrika eintreten. Die Aktivitäten und Prioritätensetzung beider Parteien müssen vollkommen transparent sein, damit die Grundlage für eine umfassende Diskussion entstehen kann;

- regionale Bemühungen für verantwortlichere Verwaltung und Regierung in Afrika unterstützen;

- Prüfung der Möglichkeiten für eine stärkere Integrierung Chinas in die internationalen Bemühungen, um zu einer wirksameren Entwicklungshilfe, zu besserer Koordinierung und zu besseren Aussichten für eine praktische bilaterale Kooperation vor Ort zu gelangen.

- Voraussetzungen für zukunftsfähiges Wirtschaftswachstum schaffen . China ist für die EU und die Welt zu einer Quelle des Wirtschaftswachstums geworden, doch gleichzeitig ist das derzeitige chinesische Wachstumsmodell Ursache für eine erhebliche Schieflage im EU-Chinahandel. Die chinesische Regierung hat erkannt, dass es wichtig ist, sich makroökonomischen Aufgaben zu stellen und eine vorausschauende Finanz-, Währungs- und Strukturstrategie zu verfolgen, mit der sich der Verbrauch ankurbeln und soziale Ungerechtigkeiten eindämmen lassen. Ein wichtiger Punkt wird die stärkere Flexibilisierung der Yuan-Parität sein; sie wird dazu beitragen, im Wirtschaftswachstum die Gewichte zugunsten der Binnennachfrage zu verschieben und die Kaufkraft der Haushaltungen zu erhöhen. Mit einer Strategie der Reduzierung des Leistungsbilanzüberhangs würde China mehr Kontrolle über seine Wirtschaft erlangen und besser in der Lage sein, das Risiko einer Überhitzung zu beherrschen; gleichzeitig käme China auch seiner Verantwortung nach, seinen Beitrag zu einer stabileren und ausgewogeneren Weltwirtschaft zu leisten.

Als einflussreiche Wirtschaftsmächte sollten die EU und China bei der Bewältigung globaler Wirtschaftsfragen ihre Partnerschaft ausbauen; dazu müssten sie

- die Zusammenarbeit vertiefen und bei der Formulierung und Umsetzung von Strategien im finanziellen, währungspolitischen, steuerpolitischen und strukturpolitischen Bereich sowie in Bezug auf Währungsparität ihre Expertise jeweils dem anderen Partner zugänglich machen;

- gemeinsam auf eine geordnete Beseitigung globaler Schieflagen hinarbeiten;

- ihren Dialog über makroökonomische Themen intensivieren und auf höherem Niveau führen.

3.3. Handels- und Wirtschaftsbeziehungen

Die Einbindung Chinas in das weltweite Handelssystem hat sowohl Europa als auch China Vorteile gebracht. Die EU ist mit einem Anteil von mehr als 19 % am chinesischen Außenhandel der wichtigste Handelspartner für das Land. Die europäischen Firmen, die mit China Handel treiben und dort investieren, haben zu Chinas Wachstum beigetragen, und die von ihnen ins Land gebrachten Kapitalgüter und der von ihnen getragene Wissens- und Technologieschub waren entscheidend für die von China durchlaufene Entwicklung.

Ein wirtschaftlich starkes China liegt in Europas Interesse. So ist China – und namentlich seine immer zahlreicher werdende Mittelschicht – mehr und mehr ein Absatzmarkt für Exportgüter aus der EU. Der Chinaexport der EU hat zwischen 2000 und 2005 um mehr als 100 % zugelegt – diese Exporte sind weit schneller gewachsen als die in die übrige Welt. Von 1994 bis 2004 hat sich der Export von Dienstleistungen aus der EU nach China versechsfacht. Die europäischen Firmen und Verbraucher profitieren von den preislich konkurrenzfähigen Einsatzgütern und Verbrauchsgütern aus China. Offenheit der Märkte bedeutet Vorteile sowohl für China als auch für die EU.

In Europa hat man jedoch mehr und mehr den Eindruck, dass die bislang unvollständige Erfüllung der WTO-Verpflichtungen durch China und neue den Marktzugang behindernde Hemmnisse echten auf Gegenseitigkeit beruhenden Handelsbeziehungen im Wege stehen. Die Importe aus China haben den Druck auf Europa erhöht, sich der Globalisierung anzupassen. Da China in das Segment höherwertiger Waren vordringt, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Trend vorhält.

Damit die Beziehungen politisch und wirtschaftlich langfristig ihre Tragfähigkeit behalten, muss Europa auch weiterhin den Exporten aus China ungehinderten Zugang gewähren und sich auf den Wettbewerbsdruck einrichten. Die EU muss Bereiche mit komparativem Vorteil entwickeln und ausbauen, indem sie sich auf die Projektierung und Produktion von hochwertigen Produkten des Hochtechnikbereichs konzentriert und Arbeitnehmer bei der beruflichen Neuqualifizierung unterstützt. Die Antwort Chinas müsste darin bestehen, dass es sich noch stärker für die Öffnung der Märkte und gerechten Wettbewerb engagiert. Beide Parteien sollten sich der besorgniserregenden Auswirkungen des Wirtschaftswachstums auf die natürlichen Ressourcen und die Umwelt annehmen. Die EU sieht ihr weiteres Vorgehen wie folgt:

Schwerpunkt Öffnung der Märkte . Die EU wird gemeinsam mit China auch weiterhin auf eine uneingeschränkte Erfüllung aller WTO-Verpflichtungen hinarbeiten. Die EU wird China dazu auffordern, über die eingegangenen WTO-Verpflichtungen hinaus seinen Markt noch weiter zu öffnen, um den EU-Firmen zusätzliche Chancen zu geben. Die EU wird akzeptieren, dass sie von China keine Öffnung des Markts fordern kann, während sie selbst sich hinter eigenen Barrieren verschanzt. Die EU wird China dazu auffordern, sich an seine Zusage zu halten, 2008 die Verhandlungen über einen Beitritt zum Übereinkommen über das öffentliche Auftragswesen aufzunehmen und diese möglichst rasch und erfolgreich abzuschließen.

Schaffung von Chancengleichheit . Prioritäten der EU sind der bessere Schutz von Rechten an geistigem Eigentum in China und ein Ende des forcierten Technologietransfers, wobei der Schutz auch dadurch zu verbessern ist, dass China seine WTO-Verpflichtungen erfüllt; als Ergebnis wird eine Verbesserung des Investitionsklimas in China erwartet. Die EU wird China dazu drängen, die Gewährung von unzulässigen Subventionen einzustellen und sein Bankensystem zu reformieren; ferner wird sie China davon zu überzeugen suchen, dass es seinen Rohstoffhandel den Marktkräften überlässt.

Unterstützung des europäischen Firmen . Die Kommission wird in einer besonderen Kraftanstrengung die im Chinageschäft tätigen Firmen - namentlich die mittelständischen Unternehmen – unterstützen und die Einhaltung korrekter Arbeitsnormen anmahnen. Die EU wird die derzeitige Informations-, Schulungs- und Beratungstätigkeiten zum Schutz und zur Verteidigung der Rechte an geistigem Eigentum in China ausweiten und verstärken. In Beijing sollte es ein Europazentrum geben, und das Austausch- und Schulungsprogramm EU-China für Führungskräfte sollte erweitert werden.

Schutz der EU-Interessen – vor allem durch Dialog . Die EU zieht es ganz eindeutig vor, Irritationen im Handel mit China im Dialog und auf dem Verhandlungswege auszuräumen. Der bisherige handelsbezogene Dialog EU-China muss in allen seinen Formen und auf allen Ebenen ausgebaut werden, wobei es darum geht, ihn stärker auf Handelsförderung und Erleichterung des Marktzugangs auszurichten und seinen Aktionsradius zu erweitern. Es liegt auch im Interesse der EU und Chinas, in internationalen rechtsetzenden und globale Standards setzenden Gremien mit vereinten Kräften vorzugehen. Die EU wird sich aktiv für globale Kontroll- und Regulierungslösungen zwecks Förderung der Marktöffnung und der regulatorischen Konvergenz einsetzen und die Zusammenarbeit mit China im Wege des Dialogs über Regulierung ausbauen. Dies wird dazu beitragen, dass China sich bei seinen Exporten an die EU-üblichen Normen für Lebensmittel und andere Erzeugnisse hält.

Doch in Fällen, in denen alles Bemühen vergeblich war, wird die Kommission auf das Streitbeilegungssystem der WTO zurückgreifen, um die Einhaltung multilateral vereinbarter Regeln und Verpflichtungen durchzusetzen. Schutzmaßnahmen werden ein Instrument der Handelspolitik bleiben, um Handel zu fairen Bedingungen zu gewährleisten. Die EU arbeitet mit China aktiv an der Schaffung der Voraussetzungen für eine baldige Zuerkennung des Status einer Marktwirtschaft. In Bezug auf einige dieser Voraussetzungen konnten in letzter Zeit Fortschritte erzielt werden. Die Kommission wird auch weiterhin über die von der EU eingerichteten Kanäle mit den chinesischen Behörden zusammenarbeiten, und sie hält sich bereit, rasch zu handeln, sobald alle Voraussetzungen erfüllt sind.

Aufbau engerer Beziehungen . Kernziel der Aushandlung eines neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens, mit dem das Handels- und Kooperationsabkommen von 1985 aktualisiert wird, ist der über die WTO-Verpflichtungen hinausgehende leichtere Zugang europäischer Exporteure und Investoren zum chinesischen Markt, ein besserer Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und die beiderseitige Anerkennung geographischer Ursprungsbezeichnungen. China profitiert bereits in erheblichem Maße vom Welthandelssystem und sollte deshalb diesen Vorteilen entsprechend Verantwortung übernehmen und substantiell zur Wiederankurbelung und zum erfolgreichen Abschluss der Doha-Runde beitragen.

Viele der hier aufgeführten Schritte liegen nicht nur im Interesse der EU. Durch sie werden auch die Interessen Chinas stark berührt und sie sind fester Bestandteil der Strategie, die China auf seinem Weg zu ausgewogenem Wachstum und zukunftsfähiger Entwicklung sowie zu einer bedeutenden Führungsrolle und zu Verantwortung in der Welt begleitet. In dem begleitenden handelspolitischen Strategiepapier wird das umfassende mittelfristige Konzept für die Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen der EU und China dargelegt.

3.4. Verstärkung der bilateralen Zusammenarbeit

Die bilaterale Zusammenarbeit umfasst eine Vielfalt von Bereichen und hat bereits zu 7 förmlichen Abkommen und zum Dialog in 22 Sektoren geführt, wobei es um eine Vielzahl so wichtiger Themen wie beispielsweise Luftverkehr, Seeschifffahrt, Regionalpolitik und Makroökonomie geht. Wichtig bleibt, dass ein strukturierter Dialog entwickelt wird, der Gelegenheit zum Austausch von Erfahrungen und Meinungen in Sachen Wettbewerb bietet und in Bezug auf die Durchsetzung von Maßnahmen zum Schutz des Wettbewerbs technische Beratung und eine Begleitung des Kapazitätenaufbaus ermöglicht. Die Bilanz dieser Kooperation ist positiv. Die Zusammenarbeit bedarf aber noch stärkerer Zielorientiertheit, und es müssen in allen Bereichen, besonders aber in Paradebereichen wie Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie Ausgewogenheit und ein für beide Seiten erkennbarer Nutzeffekt gewährleistet sein. Einer stärkeren Zusammenarbeit bedarf es zudem in Sachen Migration, Kontakte auf Bürgerebene und in Fragen betreffend die für die offiziellen Beziehungen zuständigen Strukturen. Die Bestrebungen beider Parteien müssten sich auf Folgendes richten:

Gewährleistung einer qualitätsvollen weiterreichenden Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie . Die Zusammenarbeit in Wissenschaft und Technologie ist eine der Prioritäten der chinesischen Regierung. China widmet seinem dynamischen, auf Wachstum angelegten F&E-Programm 1,5 % seines BIP. Es besteht bereits eine intensive bilaterale Zusammenarbeit: China ist eines der wichtigsten an Projekten des Sechsten Forschungsrahmenprogramms teilnehmenden Drittländer und erhält damit Zugang zu Forschungsprojekten im Wert von 600 Millionen Euro; ferner ist China ein wichtiger Partner bei Renommierprojekten wie ITER und Galileo. Es geht jetzt um eine stärkere Beteiligung der EU an chinesischen Programmen.

Die Gemeinsame Erklärung anlässlich des Forums für Wissenschaft und Technologie vom Mai 2005 steckt den Rahmen für eine weiterreichende Kooperation ab, die auf beiderseitigem Nutzen sowie Zugang und Beteiligung für beide Seiten beruht. Beide Parteien müssten dazu wie folgt handeln:

- Verbesserung der Wahrnehmbarkeit der Zusammenarbeit. Das ermöglicht beiden Seiten eine gezielte Schwerpunktwahl und Prioritätensetzung sowie eine frühzeitige Reaktion auf sich ausbreitende Pandemien, oder es gibt ihnen Gelegenheit, an der Entwicklung sauberer Energietechnologien zu arbeiten; ferner wird es dadurch leichter, den Spielraum für weiterreichende Reziprozität zu ermitteln; außerdem bietet dies eine Grundlage für erfolgreichere Koordinierung mit den Mitgliedstaaten;

- Verbesserung in der gemeinsamen Planung mit Blick auf Sicherstellung des beiderseitigen Nutzens; größere Flexibilität in der Finanzierung der Teilnahme europäischer Forscher an chinesischen Forschungsprogrammen. Beide Seiten müssten die Mobilität der Forscher fördern; die EU tut dies mit eigens dafür bereitgestellten Zuschüssen aus Mitteln des Rahmenprogramms.

Aufbau einer wirksamen Zusammenarbeit in Sachen Migration . Migranten aus China und anderen Ländern bedeuten kulturelle Horizonterweiterung und sind Träger wichtiger Fertigkeiten und von wertvollem Fachwissen. Verläuft der Prozess jedoch nicht in geordneten Bahnen, können sich gravierende nachteilige Auswirkungen einstellen. Die Förderung der Kontakte auf Bürgerebene bedarf eines strikten Rechtsrahmens. Doch es bedarf auch strikter Vorkehrungen, um Regelmissbrauch in den Griff zu bekommen: Schwerpunkte wären dabei Missbrauch, Prävention und Rückübernahme. Beide Parteien müssen auf einen schleunigen Abschluss eines praktikablen Rückübernahmeabkommens hinarbeiten.

- Der bisherige Konsultationsmechanismus ist beizubehalten und auf legale und illegale Migration zu erstrecken, bei neuerlicher Selbstverpflichtung der Politik, auf Fortschritte hinzuarbeiten;

- Vereinbarung und völlige Umsetzung spezifischer Kooperationsprojekte, wie z. B. Austausch auf Beamtenebene und Schulung; wünschenswert wäre ein Austausch im Bereich Biometrietechnologie;

- gezielter Dialog mit dem Ministerium für Staatssicherheit zum Thema Migration und Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Terrorismus und Korruption;

- zwecks Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Funktionierens des zwischen der EU und China geschlossenen Abkommens über die für Touristikreisen chinesischer Bürger zugelassenen Zielländer bedarf es fortgesetzter intensiver Zusammenarbeit.

Ausbau der Kontakte auf Bürgerebene . Beide Parteien müssen die für unsere Beziehungen so wichtigen Bürgerkontakte in der gesamten Breite des Angebots durch nachhaltige Maßnahmen wie Kulturaustausch, Tourismus und Austausch auf der Ebene der bürgergesellschaftlichen Organisationen und der Hochschulen pflegen.

- Von Kontakten auf der Ebene der Bürgergesellschaft und der Institutionen dürften die politischen und handelspolitischen Beziehungen unmittelbare Impulse empfangen. Auf beiden Seiten sollten direkte Kontakte zwischen zivilgesellschaftlichen Gruppen sämtlicher Bereiche und nach Möglichkeit deren Einbindung in den sektoralen Dialog gefördert werden. Offizielle regierungsunabhängige Kontakte müssten viel häufiger stattfinden und gefördert werden. Dem Europäischen Parlament fällt dabei eine zentrale Aufgabe zu, und es sollte seine Kontakte zum Nationalen Volkskongress in China ausbauen. Zu verstärken wäre zudem die Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU und dem Chinesischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie zwischen politischen Parteien und halbamtlichen Körperschaften.

- Im Bildungssektor kann die Zusammenarbeit bei 170 000 chinesischen Studierenden im Jahre 2005 in der EU einen großen Erfolg verzeichnen. Die bereits stattfindende Zusammenarbeit ist im Wege von Programmen einzelner Mitgliedstaaten und mit Hilfe eines eigens auf China ausgerichteten Kapitels des Erasmus Mundus-Programms fortzusetzen. Es ist auf positive Erfahrungen beim Aufbau gemeinsamer Qualifizierungslehrgänge und gemeinsamer Hochschulen hinzuweisen. Wünschenswert wären auch spezifische Projekte wie die Einrichtung einer europäischen Rechtsakademie. Beide Seiten werden fortfahren, Studienaufenthalte von Studierenden aus der EU in China zu fördern. Die Kommission wird zur Verbreitung der chinesischen Sprache ein Programm zur Ausbildung von chinesischen Lehrern für Europa unterstützen.

- Das Fachwissen an den Hochschulen der EU über China muss besser werden und bedarf einer systematischeren Koordinierung. Beide Parteien sind gefordert, die Zusammenarbeit der europäischen und der chinesischen Hochschullehrer zu verbessern. Die Kommission müsste fortfahren, im Fachbereich Chinakunde den Aufbau eines Netzes von Hochschulangehörigen zu unterstützen, die die politischen Entscheidungsgremien der EU in Sachen China beraten, wozu auch der Informationsaustausch auf der Ebene der Hochschulangehörigen zu koordinieren wäre; ferner wäre an europäischen Universitäten eine ganze Anzahl von hochkarätigen Lehrstühlen für Chinastudien einzurichten. Es besteht Bedarf für einen permanenten Dialog zwischen europäischen und chinesischen Reflexionsgruppen.

Leistungsfähigere bilaterale Strukturen . Beide Partner müssen darüber nachdenken, inwieweit sich die Strukturen der beiderseitigen Beziehungen gegebenenfalls verschlanken oder verbessern lassen. Das Strategiepapier der Kommission von 2003 zielte auf eine Ausweitung des sektorspezifischen Dialogs mit China ab. Der Erfolg ist überzeugend, und die Einrichtung funktioniert in den meisten Fällen gut, und der Zugewinn für die Partnerschaft ist ein erheblicher. Die Fortschritte bedürfen jedoch der Kontrolle. Beide Parteien sollten zudem darüber nachdenken, ob es neue Gremien oder Einrichtungen gibt, die zu ihren Beziehungen noch zusätzlich beitragen könnten.

- Die jährlichen Gipfeltreffen eignen sich gut für eine Pflege der Kontakte auf der Ebene der Regierungschefs. Diese Begegnungen müssten durch einen regelmäßigen, alle Bereiche umfassenden Gedankenaustausch und durch einen Dialog auf Experten- und Ministerebene sowie auf übergeordneter Ebene ergänzt werden. Beide Seiten müssten noch über weitere Wege für Ad hoc-Begegnungen und informell zu organisierende Besprechungen und Gelegenheiten zum Gedankenaustausch nachdenken;

- der kürzlich vereinbarte Dialog auf Ebene des stellvertretenden Außenministers sollte zur zentralen Einrichtung werden und sich mit regionaler und geopolitischer Thematik befassen, um den Beziehungen eine stärkere Zielrichtung, größere Wirkungsmöglichkeiten und einen noch größeren Nutzeffekt zu verleihen;

- Beide Parteien müssten gründlich überprüfen, inwieweit der in den einzelnen Sektoren geführte Dialog sinnvoll ist, inwieweit sich ein Zusammenhang zwischen den in den verschiedenen Sektoren geführten Gesprächen herstellen lässt und inwieweit tatsächlich Ergebnisse erzielt werden, um so zu einer Optimierung der Synergien und der Vorteile für beide Seiten zu gelangen und um sicherzustellen, dass alle interessierten Beteiligten wo immer möglich involviert sind. Die Kommission wird zu einer Reihe von sektorspezifischen Aufgaben Arbeitsdokumente vorlegen;

- Es wäre angebracht, ein neues unabhängiges Forum Europa-China ins Leben zu rufen. Auf der Seite der EU sollte es genügend Abstand zu den Institutionen halten und sich bei der Beratung der politischen Führung und Belebung der bilateralen Beziehungen die Expertise der Bürgergesellschaft, der akademischen Fachwelt, der Geschäftswelt und der Kultursphäre zunutze machen.

Die EU sollte darauf achten, dass sie mit einer Stimme spricht, wenn sie zu den vielfältigen Angelegenheiten Stellung nimmt, die ihre Beziehungen zu China ausmachen. In Anbetracht der Komplexität der Beziehungen und der Wichtigkeit, Kontinuität zu wahren, kommt es entscheidend darauf an, dass eine systematische, durch alle Bereiche gehende interne Koordinierung stattfindet.

Das Kooperationsprogramm der EU, das mit dem Länderstrategiepapier und dem Richtprogramm umgesetzt wird, muss auch weiterhin die Funktion erfüllen, die Partnerschaft zwischen der EU und China und den Reformprozess in China zu fördern. In dem Maße wie China allmählich den Status eines typischen Empfängers ausländischer Hilfe hinter sich lässt, so muss auch die EU dazu übergehen, ihr Kooperationsprogramm sorgfältig zu dosieren und ständig zu überprüfen. Die Kooperation muss beiden Seiten zum Vorteil gereichen, in ihr müssen sich die Grundsätze und ethischen Normen der Europäischen Union widerspiegeln und sie muss das tragende Element der Partnerschaft sein.

3.5. Weltweite und regionale Kooperation

Die EU und China haben zwecks Förderung von Frieden und Sicherheit ein Interesse daran, dass sich das multilaterale System reformiert und leistungsfähiger wird. Beide müssten im Rahmen der VN gemeinsam multilaterale Lösungen für sich abzeichnende Krisen erarbeiten, den Terrorismus bekämpfen und die regionale Zusammenarbeit verstärken, auch durch gemeinsames Engagement in sich formierenden regionalen Strukturen. Diese Interessengemeinschaft in Bezug auf gestärkten Multilateralismus, Frieden und Sicherheit sollte auch in engerer Zusammenarbeit und einem stärker strukturierten Dialog in Nahost, Afrika und Ostasien sowie bei Querschnittsaufgaben wie der Nichtverbreitung ihren Niederschlag finden.

Ostasien . Es liegt auf der Hand, dass die EU ein erhebliches Interesse an der Sicherheit in Ostasien hat. Die GASP wird mehr und mehr zu einer Realität: dies gilt es unter Berücksichtigung der strategischen Interessen der EU in der Region durch Formulierung politischer Leitlinien weiter zu entwickeln.

China nimmt in der Region eine Schlüsselstellung ein und hat bereits Schritte unternommen, um seine Beziehungen zu den Nachbarn und so auch zu Russland, Indien und den zentralasiatischen Republiken (Shanghai-Gruppe für Zusammenarbeit) zu verbessern. Die Beziehungen zu Japan sind noch verbesserungsbedürftig. Die EU erachtet es als in ihrem Interesse liegend, dass die wichtigen regionalen Mächte enge Beziehungen zueinander unterhalten und dass die regionale Integration voranschreitet.

Taiwan . Der EU ist es sehr wichtig, dass beiderseits der Straße von Formosa Frieden und Stabilität herrschen. Ausgehend vom Einstaatenprinzip und mit Rücksicht auf das Mächtegleichgewicht in der Region sollte die EU weiter aktiv Anteil nehmen und beiden Seiten ihren Standpunkt darlegen. Die EU sollte ihre Politik ausgehend von folgenden Prinzipien entwickeln:

- strikte Ablehnung jeglicher Maßnahmen, die auf eine einseitige Veränderung des Status quo hinauslaufen könnten;

- strikte Ablehnung der Anwendung von Gewalt;

- Unterstützung pragmatischer Lösungen und vertrauensbildender Maßnahmen;

- Förderung der Dialogbereitschaft aller Beteiligten;

- Aufrechterhaltung von engen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu Taiwan.

Transparenz der Militärausgaben und der militärischen Ziele Chinas . Die Undurchsichtigkeit der chinesischen Verteidigungsausgaben sorgt zunehmend für Unruhe. Angesichts der ständig steigenden Ausgaben geht es darum, China zu der Einsicht zu bringen, dass damit auch die Transparenz immer dringender wird. Die EU sollte sich bemühen, ihre Analyse der Entwicklung des chinesischen Militärsektors besser zu justieren.

Waffenembargo . Das Waffenembargo wurde nach den Ereignissen auf dem Tiän'anmen Platz im Jahr 1989 verhängt. Die EU hat sich bereiterklärt, auf die Aufhebung des Embargos hinzuarbeiten. Beiden Parteien bleibt noch Einiges zu tun:

- Die derzeitige und die kommende Ratspräsidentschaft müssen die technischen Vorbereitungen abschließen, die gewährleisten, dass die Aufhebung des Embargos nicht zu einer qualitativen bzw. quantitativen Zunahme der Waffenverkäufe führt; ferner sollte sie weitere Möglichkeiten prüfen, um zu einem Konsens in der Frage der Aufhebung des Waffenembargos zu gelangen. Die EU müsste mit China daran arbeiten, das Klima für eine Aufhebung des Embargos durch Fortschritte in der Frage der Menschenrechte, durch Entspannung in der Taiwanfrage und durch größere Transparenz der Militärausgaben zu verbessern.

Nichtverbreitung . Die Nichtverbreitung ist ein wichtiger Faktor in der strategischen Partnerschaft. Die internationale und bilaterale Zusammenarbeit hat die WSR 1540 und die auf dem EU-China-Gipfel von 2004 verabschiedete Gemeinsame Erklärung über Nichtverbreitung zur Grundlage. Die EU unterstützt die zentrale Rolle, die China zurzeit auf der Koreanischen Halbinsel spielt; für Fortschritte im Atomstreit mit Iran wird die von China wahrgenommene Rolle auch weiterhin entscheidend sein. Ein guter Anfang wurde bei dem Dialog und in der praktischen Zusammenarbeit im Hinblick auf die Durchführung strengerer Exportkontrollen gemacht. Darauf aufbauend sollte die EU China dazu bewegen:

- sämtliche Nichtverbreitungs- und Abrüstungsübereinkommen und sonstige internationale Rechtsinstrumente zu respektieren und regional bzw. weltweit für deren Einhaltung einzutreten;

- die Kontrolle der Exporte von massenvernichtungswaffenfähigem Material, Gerät oder einschlägiger Technologien sowie der Exporte konventioneller Waffen sowie von Kleinwaffen und leichten Waffen zu verschärfen.

Beide Parteien müssen praktische Erfahrungen mit der Einführung und Umsetzung von Exportkontrollen austauschen, u. a. auch im Wege der Schulung von chinesischen Zollbeamten. Es wäre über Möglichkeiten für EU/Asien-Initiativen im Rahmen des Regionalforums der ASEAN nachzudenken.

4. Schlussfolgerung

China ist einer der wichtigsten Partner der EU. Die Rückkehr Chinas in das Weltgeschehen ist zu begrüßen. Um jedoch die positiven Aspekte dieser Entwicklung wahrnehmen zu können, muss die EU ihr Vorgehen auf allen Ebenen besser koordinieren und sicherstellen, dass Europa in allen wichtigen Angelegenheiten mit einer Stimme spricht.

Die bilateralen Beziehungen zu China sind bereits stark entwickelt und entwickeln sich weiter. Dies gilt es nutzen und weiter zu fördern. Die Empfehlungen dieser Mitteilung, die der Rat nun ersucht ist zu genehmigen und durch seine Schlussfolgerung zu ergänzen, stellen die EU vor große Aufgaben, für deren Bewältigung das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen als praktisches Instrument von großer Bedeutung ist.

Eine engere und stärkere strategische Partnerschaft liegt im Interesse sowohl der EU als auch Chinas. Das bedeutet jedoch auch mehr Verantwortung, und es erfordert Offenheit, zu deren Verwirklichung beide Seiten zu konzertiertem Vorgehen aufgefordert sind.