28.11.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 289/1


GEMEINSAMER STANDPUNKT (EG) NR. 19/2006

vom Rat festgelegt am 24. Juli 2006

im Hinblick auf den Erlass der Verordnung (EG) Nr. …/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom … über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr

(2006/C 289 E/01)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik ist es wichtig, die Nutzerrechte der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu schützen und die Qualität und Effektivität der grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrsdienste zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, um dazu beizutragen, den Verkehrsanteil der Eisenbahn im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern zu erhöhen.

(2)

In der Mitteilung der Kommission „Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006“ (4) ist das Ziel festgelegt, gemäß Artikel 153 Absatz 2 des Vertrags ein hohes Verbraucherschutzniveau im Bereich des Verkehrs zu erreichen.

(3)

Da der Fahrgast die schwächere Partei eines Beförderungsvertrags ist, sollten seine Rechte in dieser Hinsicht geschützt werden.

(4)

Zu den Rechten der Nutzer von Eisenbahnverkehrsdiensten gehört das Erhalten von Informationen über den Verkehrsdienst sowohl vor als auch während der Fahrt. Wann immer möglich sollten Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer diese Informationen im Voraus und so schnell wie möglich bereitstellen.

(5)

Ausführlichere Anforderungen für die Bereitstellung von Reiseinformationen werden in den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) nach der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen Eisenbahnsystems (5) festgelegt.

(6)

Bei der Stärkung der Rechte der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sollte das bereits bestehende einschlägige internationale Regelwerk im Anhang A — Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV) zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 3. Juni 1999 (Protokoll 1999) — zugrunde gelegt werden.

(7)

Die Eisenbahnunternehmen sollten zusammenarbeiten, um den Fahrgästen im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr das Umsteigen zwischen Betreibern dadurch zu erleichtern, dass — wann immer möglich — Durchgangsfahrkarten angeboten werden.

(8)

Die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten für Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sollte dadurch erleichtert werden, dass rechnergestützte Systeme an gemeinsamen Spezifikationen ausgerichtet werden.

(9)

Die Weiterentwicklung der Reiseinformations- und Buchungssysteme sollte nach den TSI erfolgen.

(10)

Grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste sollten den Bürgern allgemein zugute kommen. Daher sollten Personen mit eingeschränkter Mobilität unabhängig davon, ob die Ursache dafür eine Behinderung, das Alter oder andere Faktoren sind, Bahnreisemöglichkeiten haben, die denen anderer Bürger vergleichbar sind. Personen mit eingeschränkter Mobilität haben das gleiche Recht auf Freizügigkeit, Entscheidungsfreiheit und Nichtdiskriminierung wie alle anderen Bürger. Unter anderem sollte besonders darauf geachtet werden, dass Personen mit eingeschränkter Mobilität Informationen über die Zugänglichkeit von Eisenbahnverkehrsdiensten, über die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen und über deren Ausstattung erhalten. Damit auch Fahrgäste mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung bestmöglich über Verspätungen unterrichtet werden, sollten zur Informationsübermittlung gegebenenfalls akustische und optische Systeme genutzt werden. Personen mit eingeschränkter Mobilität sollten die Möglichkeit haben, Fahrkarten im Zug ohne Aufschlag zu kaufen.

(11)

Eisenbahnunternehmen sollten die Pflicht haben, hinsichtlich ihrer Haftung gegenüber Fahrgästen im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr bei Unfällen versichert zu sein oder gleichwertige Vorkehrungen zu treffen. Der Mindestversicherungsbetrag für Eisenbahnunternehmen sollte künftig überprüft werden.

(12)

Die Stärkung der Rechte auf Entschädigung und Hilfeleistung bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen oder Zugausfällen im Rahmen von grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten sollte auf dem Markt für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste zu größeren Anreizen zum Nutzen der Fahrgäste führen.

(13)

Es ist wünschenswert, dass durch diese Verordnung ein System für die Entschädigung von Fahrgästen bei Verspätungen geschaffen wird, das mit der Haftung des Eisenbahnunternehmens verknüpft ist und auf der gleichen Grundlage beruht wie das internationale System, das im Rahmen des COTIF, insbesondere in dessen Anhang betreffend die Fahrgastrechte (CIV), besteht.

(14)

Es ist auch wünschenswert, für Unfallopfer und ihre Angehörigen kurzfristige finanzielle Härten unmittelbar nach einem Unfall zu mildern.

(15)

Im Interesse der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sollten im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten.

(16)

Die Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr sollten die Möglichkeit haben, hinsichtlich der durch diese Verordnung begründeten Rechte und Pflichten bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen oder Fahrkartenverkäufer eine Beschwerde einzureichen, auf die ihnen innerhalb einer angemessenen Frist eine Antwort erteilt werden muss.

(17)

Die Eisenbahnunternehmen sollten Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste festlegen, anwenden und überwachen.

(18)

Der Inhalt dieser Verordnung sollte im Hinblick auf die inflationsbezogene Anpassung der darin genannten Beträge und die Anforderungen an die Informationsbereitstellung und die Qualität der Verkehrsdienste im Lichte der Marktentwicklungen ebenso überprüft werden wie im Lichte der Auswirkungen der Verordnung auf die Qualität der Verkehrsdienste.

(19)

Diese Verordnung sollte die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (6) unberührt lassen.

(20)

Die Mitgliedstaaten sollten für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen festlegen und die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Sanktionen, zu denen auch die Zahlung einer Entschädigung an die betreffende Person gehören könnte, sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(21)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Entwicklung der Eisenbahnen der Gemeinschaft und die Einführung von Fahrgastrechten im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr, auf Ebene der Mitgliedstaaten angesichts der erheblichen internationalen Dimension und der Notwendigkeit einer internationalen Koordinierung im grenzüberschreitenden Personenverkehr nicht ausreichend erreicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(22)

Diese Verordnung soll die grenzüberschreitende Integration in Gebieten fördern, in denen Bürger von zwei oder mehr benachbarten Staaten arbeiten und — zu einem großen Teil — in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres Arbeitsplatzes wohnen. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, vorübergehend Ausnahmen für einzelne grenzüberschreitende Dienste zu gewähren. Bei diesen Diensten könnte es sich um Beförderungsleistungen handeln, die in Ballungsräumen oder Gebieten mit einer Ausdehnung auf Teile von zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder in Gebieten, bei denen ein erheblicher Teil des Verkehrsdienstes außerhalb der Gemeinschaft erfolgt oder bei denen ein kurzer Abschnitt der Strecke durch einen anderen Mitgliedstaat führt oder lediglich die Endhaltestelle in einem anderen Mitgliedstaat liegt, durchgeführt werden.

(23)

Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (7) erlassen werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINES

Artikel 1

Gegenstand

Diese Verordnung enthält Vorschriften für

a)

die von den Eisenbahnunternehmen bereitzustellenden Informationen, den Abschluss von Beförderungsverträgen, die Ausgabe von Fahrkarten und die Umsetzung eines rechnergestützten Informations- und Buchungssystems für den Eisenbahnverkehr,

b)

die Haftung von Eisenbahnunternehmen und ihre Versicherungspflicht gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck,

c)

die Pflichten von Eisenbahnunternehmen gegenüber den Fahrgästen bei Verspätungen,

d)

den Schutz von und Hilfeleistungen für Bahnreisende mit eingeschränkter Mobilität,

e)

die Festlegung und Überwachung von Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Verkehrsdienste, die Beherrschung von Risiken für die persönliche Sicherheit der Fahrgäste und die Bearbeitung von Beschwerden, und

f)

allgemeine Durchsetzungsvorschriften.

Artikel 2

Anwendungsbereich

1.   Vorbehaltlich der Absätze 2, 3 und 4 gilt diese Verordnung gemeinschaftsweit für grenzüberschreitende Fahrten mit inländischen und grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten, die von einem oder mehreren nach der Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (8) genehmigten Eisenbahnunternehmen erbracht werden.

2.   Kapitel IV und Artikel 25 gelten nur für grenzüberschreitende Fahrten mit grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten.

3.   Kapitel V gilt auch für inländische Fahrten mit grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten.

4.   Ein Mitgliedstaat kann in transparenter und nichtdiskriminierender Weise vorübergehend eine auf höchstens fünf Jahre befristete aber verlängerbare Ausnahme von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf bestimmte grenzüberschreitende Verkehrsdienste oder grenzüberschreitende Fahrten gewähren, für die außergewöhnliche Umstände vorliegen, weil

a)

der grenzüberschreitende Verkehrsdienst Verkehrsleistungen zur Deckung des Verkehrsbedarfs eines Ballungsraums oder eines Gebiets mit einer Ausdehnung auf Teile von zwei oder mehr Mitgliedstaaten erbringt, oder

b)

ein erheblicher Teil des grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes, der mindestens einen planmäßigen Bahnhofshalt umfasst, außerhalb der Gemeinschaft betrieben wird, oder

c)

der grenzüberschreitende Verkehrsdienst in ein und demselben Mitgliedstaat beginnt und endet und dabei einen anderen Mitgliedstaat auf einer Strecke von weniger als 100 km durchquert, wobei es unerheblich ist, ob in dem anderen Mitgliedstaat in kommerzieller Absicht Haltepunkte angefahren werden oder nicht, oder

d)

der grenzüberschreitende Verkehrsdienst die Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet und am grenznächsten Bahnhof endet.

Die Mitgliedstaaten melden der Kommission solche Ausnahmen. Die Kommission stellt fest, ob eine Ausnahme diesem Artikel entspricht.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1.

„Eisenbahnunternehmen“ ein Eisenbahnunternehmen im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 2001/14/EG (9) sowie jedes öffentlich-rechtliche oder private Unternehmen, dessen Tätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss; dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung erbringen;

2.

„Beförderer“ das vertragliche Eisenbahnunternehmen, mit dem der Fahrgast den Beförderungsvertrag geschlossen hat, oder eine Reihe aufeinander folgender Eisenbahnunternehmen, die auf der Grundlage dieses Vertrages haften;

3.

„ausführender Beförderer“ ein Eisenbahnunternehmen, das mit dem Fahrgast den Beförderungsvertrag nicht geschlossen hat, dem aber das vertragliche Eisenbahnunternehmen die Durchführung der Beförderung auf der Schiene ganz oder teilweise übertragen hat;

4.

„Betreiber der Infrastruktur“ jede Einrichtung oder jedes Unternehmen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 91/440/EWG (10), die bzw. das insbesondere für die Einrichtung und die Unterhaltung der Fahrwege der Eisenbahn oder Teilen davon zuständig ist; dies kann auch den Betrieb der Steuerungs- und Sicherheitssysteme der Infrastruktur einschließen; mit den bei einem Netz oder einem Teilnetz wahrzunehmenden Aufgaben des Betreibers der Infrastruktur können verschiedene Einrichtungen oder Unternehmen betraut werden;

5.

„Bahnhofsbetreiber“ eine Stelle in einem Mitgliedstaat, der die Verantwortung für die Leitung eines Bahnhofes übertragen wurde und bei der es sich um den Betreiber der Infrastruktur handeln kann;

6.

„Reiseveranstalter“ einen Veranstalter oder Vermittler, der kein Eisenbahnunternehmen ist, im Sinne des Artikels 2 Nummern 2 und 3 der Richtlinie 90/314/EWG (11);

7.

„Fahrkartenverkäufer“ jeden Vermittler von Eisenbahnverkehrsdiensten, der für ein Eisenbahnunternehmen oder für eigene Rechnung Beförderungsverträge schließt und Fahrkarten verkauft

8.

„Beförderungsvertrag“ einen Vertrag über die entgeltliche oder unentgeltliche Beförderung zwischen einem Eisenbahnunternehmen oder einem Fahrkartenverkäufer und dem Fahrgast über die Durchführung einer oder mehrerer Beförderungsleistungen;

9.

„Buchung“ eine in Papierform oder elektronisch erteilte Beförderungsberechtigung aufgrund einer zuvor bestätigten personenbezogenen Beförderungsvereinbarung;

10.

„Durchgangsfahrkarte“ eine oder mehrere Fahrkarten, die einen Beförderungsvertrag für aufeinander folgende Eisenbahnverkehrsdienste belegen, der durch ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen geschlossen wurde;

11.

„grenzüberschreitende Fahrt“ eine Personenbeförderung mit der Eisenbahn zwischen zwei Mitgliedstaaten aufgrund eines einzigen Beförderungsvertrags, bei der ein Fahrgast zwischen dem Ausgangsort und dem Zielort mindestens eine Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet und im Rahmen desselben Vertrags mit mindestens einem grenzüberschreitenden Verkehrsdienst reist. Je nachdem, welcher Ausgangsort und welcher Zielort im Beförderungsvertrag genannt sind, kann der Fahrgast auch mit einem oder mehreren inländischen Verkehrsdiensten reisen;

12.

„inländische Fahrt“ eine Personenbeförderung mit der Eisenbahn aufgrund eines einzigen Beförderungsvertrags, bei der der Fahrgast keine Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet;

13.

„grenzüberschreitender Verkehrsdienst“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, der in der Gemeinschaft beginnt und endet und mindestens eine Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet;

14.

„inländischer Verkehrsdienst“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, der keine Grenze eines Mitgliedstaats überschreitet;

15.

„Verspätung“ die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft;

16.

„rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr“ ein rechnergestütztes System, das Informationen über alle von Eisenbahnunternehmen angebotenen Eisenbahnverkehrsdienste enthält; zu den im System gespeicherten Informationen über Personenverkehrsdienste gehören

a)

die Fahrpläne der Personenverkehrsdienste;

b)

die Verfügbarkeit von Plätzen auf Personenverkehrsdiensten;

c)

die Tarife und Sonderbedingungen;

d)

die Zugänglichkeit der Züge für Personen mit eingeschränkter Mobilität;

e)

die Möglichkeiten zur Vornahme von Buchungen oder zur Ausstellung von Fahrkarten oder Durchgangsfahrkarten, soweit einige oder alle dieser Möglichkeiten Benutzern zur Verfügung gestellt werden;

17.

„Person mit eingeschränkter Mobilität“ eine Person, deren Mobilität bei der Benutzung von Beförderungsmitteln wegen einer körperlichen (sensorischen oder motorischen, dauerhaften oder zeitweiligen) Behinderung, einer geistigen Behinderung oder Beeinträchtigung, wegen anderer Behinderungen oder aufgrund des Alters eingeschränkt ist und deren Zustand angemessene Unterstützung und eine Anpassung der für alle Fahrgäste bereitgestellten Dienstleistungen an die besonderen Bedürfnisse dieser Person erfordert;

18.

„Allgemeine Beförderungsbedingungen“ die in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Tarifen in jedem Mitgliedstaat rechtsgültigen Bedingungen des Beförderers, die mit Abschluss des Beförderungsvertrages dessen Bestandteil geworden sind;

19.

„Fahrzeug“ Kraftfahrzeuge oder Anhänger, die aus Anlass einer Personenbeförderung befördert werden.

KAPITEL II

BEFÖRDERUNGSVERTRAG, INFORMATIONEN UND FAHRKARTEN

Artikel 4

Beförderungsvertrag

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels unterliegen der Abschluss und die Ausführung eines Beförderungsvertrags sowie die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten den Bestimmungen in Anhang I Titel II und III.

Artikel 5

Ausschluss des Rechtsverzichts und der Rechtsbeschränkung

1.   Die Verpflichtungen gegenüber Fahrgästen gemäß dieser Verordnung dürfen — insbesondere durch abweichende oder einschränkende Bestimmungen im Beförderungsvertrag — nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

2.   Die Eisenbahnunternehmen können Vertragsbedingungen anbieten, die für den Fahrgast günstiger sind als die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen.

Artikel 6

Informationspflicht betreffend die Einstellung grenzüberschreitender Verkehrsdienste

Wenn die Eisenbahnunternehmen die Einstellung grenzüberschreitender Verkehrsdienste beschließen, veröffentlichen sie derartige Beschlüsse auf angemessenem Wege vor deren Umsetzung.

Artikel 7

Reiseinformationen

1.   Unbeschadet des Artikels 9 erteilen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer, die für ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen Beförderungsverträge anbieten, dem Fahrgast auf Anfrage mindestens die in Anhang II Teil I genannten Informationen zu den grenzüberschreitenden Fahrten, für die das betreffende Eisenbahnunternehmen einen Beförderungsvertrag anbietet. Fahrkartenverkäufer, die für eigene Rechnung Beförderungsverträge anbieten, und Reiseveranstalter erteilen diese Informationen, soweit sie verfügbar sind.

2.   Die Eisenbahnunternehmen erteilen dem Fahrgast während der grenzüberschreitenden Fahrt mindestens die in Anhang II Teil II genannten Informationen.

3.   Die Informationen nach den Absätzen 1 und 2 sind in der am besten geeigneten Form zu erteilen.

Artikel 8

Verfügbarkeit von Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen

1.   Die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer bieten, soweit verfügbar, Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen an. Unbeschadet des Absatzes 2 bieten die Eisenbahnunternehmen dem Fahrgast über mindestens einen der folgenden Verkaufswege Fahrkarten an:

a)

an Fahrkartenschaltern oder Fahrkartenautomaten,

b)

über das Telefon/Internet oder jede andere in weitem Umfang verfügbare Informationstechnik,

c)

in den Zügen.

2.   Die Eisenbahnunternehmen bieten die Möglichkeit an, Fahrkarten für den jeweiligen Verkehrsdienst im Zug zu erhalten, sofern dies nicht aus Gründen der Sicherheit, der Betrugsbekämpfung, der Reservierungspflicht oder aus vertretbaren kommerziellen Gründen eingeschränkt oder verwehrt wird.

Artikel 9

Reiseinformations- und Buchungssysteme

1.   Zur Erteilung von Informationen und zur Ausgabe von Fahrkarten gemäß dieser Verordnung nutzen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer das rechnergestützte Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr, das nach den in diesem Artikel genannten Verfahren eingerichtet wird.

2.   Die Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) gemäß der Richtlinie 2001/16/EG werden für die Zwecke dieser Verordnung angewendet.

3.   Die Kommission erlässt bis … (12) auf Vorschlag der Europäischen Eisenbahnagentur die TSI zu den Telematikanwendungen für Fahrgäste. Diese TSI ermöglichen die Erteilung der in Anhang II genannten Informationen und die Ausgabe von Fahrkarten gemäß dieser Verordnung.

4.   Die Eisenbahnunternehmen passen ihr rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr gemäß den in den TSI dargelegten Erfordernissen entsprechend einem in den TSI enthaltenen Einführungsplan an.

5.   Vorbehaltlich der Richtlinie 95/46/EG dürfen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer keine personenbezogenen Informationen über Einzelbuchungen an andere Eisenbahnunternehmen und/oder Fahrkartenverkäufer weitergeben.

KAPITEL III

HAFTUNG VON EISENBAHNUNTERNEHMEN FÜR FAHRGÄSTE UND DEREN GEPÄCK

Artikel 10

Haftung für Fahrgäste und Gepäck

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels ist die Haftung von Eisenbahnunternehmen in Bezug auf Fahrgäste und deren Gepäck in Anhang I Titel IV Kapitel I, III und IV sowie Titel VI und Titel VII geregelt.

Artikel 11

Versicherung

1.   Die in Artikel 9 der Richtlinie 95/18/EG festgelegte Pflicht bezüglich der Haftung für Fahrgäste ist als Pflicht eines Eisenbahnunternehmens zu verstehen, ausreichend versichert zu sein oder gleichwertige Vorkehrungen getroffen zu haben, um seine Haftung aufgrund dieser Verordnung zu decken.

2.   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis … (12) einen Bericht über die Festsetzung eines Mindestversicherungsbetrags für Eisenbahnunternehmen vor. Diesem Bericht werden gegebenenfalls geeignete Vorschläge oder Empfehlungen beigefügt.

Artikel 12

Vorschuss

1.   Wird ein Fahrgast getötet oder verletzt, so zahlt das Eisenbahnunternehmen unverzüglich, spätestens jedoch fünfzehn Tage nach der Feststellung der Identität der entschädigungsberechtigten natürlichen Person einen Vorschuss zur Deckung der unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse, und zwar im Verhältnis zur Schwere des erlittenen Schadens.

2.   Unbeschadet des Absatzes 1 beläuft sich dieser Vorschuss im Todesfall auf einen Betrag von mindestens 21 000 EUR je Fahrgast.

3.   Der Vorschuss stellt keine Haftungsanerkennung dar und kann mit den eventuell später auf der Grundlage dieser Verordnung gezahlten Beträgen verrechnet werden; er kann jedoch nur in den Fällen, in denen der Schaden durch Fahrlässigkeit oder Verschulden des Fahrgasts verursacht wurde, oder in denen die Person, die den Vorschuss erhalten hat, keinen Entschädigungsanspruch hatte, zurückgefordert werden.

KAPITEL IV

VERSPÄTUNGEN, VERPASSTE ANSCHLÜSSE UND ZUGAUSFÄLLE

Artikel 13

Haftung für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels ist die Haftung der Eisenbahnunternehmen für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle in Anhang I Titel IV Kapitel II geregelt.

Artikel 14

Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung

Muss vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Verspätung mehr als 60 Minuten betragen wird, so hat der Fahrgast unverzüglich die Wahl zwischen

a)

der Erstattung des vollen Fahrpreises unter den Bedingungen, zu denen er entrichtet wurde, für den Teil oder die Teile der Fahrt, die nicht durchgeführt wurden, und für den Teil oder die Teile, die bereits durchgeführt wurden, wenn die grenzüberschreitende Fahrt nach den ursprünglichen Reiseplänen des Fahrgasts sinnlos geworden ist, gegebenenfalls zusammen mit einer Rückfahrt zum ersten Ausgangspunkt bei nächster Gelegenheit. Die Erstattung erfolgt unter denselben Bedingungen wie die Entschädigung nach Artikel 15; oder

b)

der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort bei nächster Gelegenheit; oder

c)

der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgasts.

Artikel 15

Fahrpreisentschädigung

1.   Ohne das Recht auf Beförderung zu verlieren, kann ein Fahrgast bei Verspätungen vom Eisenbahnunternehmen eine Fahrpreisentschädigung verlangen, wenn er eine Verspätung erleidet, für die keine Fahrpreiserstattung nach Artikel 14 erfolgt ist. Die Mindestentschädigung bei Verspätungen beträgt

a)

25 % des Preises der Fahrkarte bei einer Verspätung von 60 Minuten bis 119 Minuten;

b)

50 % des Preises der Fahrkarte ab einer Verspätung von 120 Minuten.

Wurde der Beförderungsvertrag für eine Hin- und Rückfahrt abgeschlossen, so wird die Entschädigung für eine entweder auf der Hin- oder auf der Rückfahrt aufgetretene Verspätung auf der Grundlage des halben entrichteten Fahrpreises berechnet. In gleicher Weise wird der Preis für eine mit Verspätung erbrachte Leistung, die im Rahmen eines sonstigen Beförderungsvertrags mit mehreren Teilstrecken angeboten wird, anteilig zum vollen Preis berechnet.

Verspätungen, für die das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass sie außerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats eingetreten sind, werden bei der Berechnung der Verspätungsdauer nicht berücksichtigt.

2.   Die Zahlung der Entschädigung erfolgt innerhalb von vierzehn Tagen nach Einreichung des Antrags auf Entschädigung. Die Entschädigung kann in Form von Gutscheinen und/oder anderen Leistungen erfolgen, sofern die daran geknüpften Bedingungen (insbesondere bezüglich des Gültigkeitszeitraums und des Zielorts) flexibel sind. Die Entschädigung erfolgt auf Wunsch des Fahrgasts in Form eines Geldbetrags, wenn Gutscheine und/oder andere Leistungen für ihn wertlos sind.

3.   Der Entschädigungsbetrag darf nicht um Kosten der Finanztransaktion wie Gebühren, Telefonkosten oder Porti gekürzt werden. Die Eisenbahnunternehmen dürfen Mindestbeträge festlegen, unterhalb deren keine Entschädigungszahlungen vorgenommen werden. Dieser Mindestbetrag darf höchstens vier EUR betragen.

4.   Der Fahrgast hat keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn er bereits vor dem Kauf der Fahrkarte über eine bestehende Verspätung informiert wurde, oder wenn bei seiner Ankunft am Zielort eine Verspätung aufgrund der Fortsetzung der Reise mit einem anderen Verkehrsdienst oder mit geänderter Streckenführung weniger als 60 Minuten beträgt.

Artikel 16

Hilfeleistung

1.   Bei einer Verspätung bei der Abfahrt oder der Ankunft sind die Fahrgäste durch das Eisenbahnunternehmen oder den Bahnhofsbetreiber unverzüglich nach Bekanntwerden der Verspätung über die Situation und die geschätzte Abfahrts- und Ankunftszeit zu unterrichten.

2.   Bei einer Verspätung nach Absatz 1 von mehr als 60 Minuten ist den Fahrgästen Folgendes kostenlos anzubieten:

a)

Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, sofern im Zug oder im Bahnhof verfügbar;

b)

die Unterbringung in einem Hotel oder einer anderweitigen Unterkunft und die Beförderung zwischen dem Bahnhof und der Unterkunft in Fällen, in denen ein Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten notwendig wird oder ein zusätzlicher Aufenthalt notwendig wird, sofern dies praktisch durchführbar ist;

c)

ist der Zug auf der Strecke blockiert, die Beförderung vom Zug zum Bahnhof, zu einem alternativen Abfahrtsort oder zum Zielort des Verkehrsdienstes, sofern dies praktisch durchführbar ist.

3.   Besteht keine Möglichkeit zur Fortsetzung eines grenzüberschreitenden Verkehrsdienstes mehr, so organisiert das Eisenbahnunternehmen so rasch wie möglich einen alternativen Beförderungsdienst für die Fahrgäste.

4.   Die Eisenbahnunternehmen haben auf Anfrage des Fahrgasts auf der Fahrkarte im jeweiligen Fall zu bestätigen, dass der Verkehrsdienst verspätet war, zum Verpassen eines Anschlusses geführt hat oder ausgefallen ist.

5.   Bei der Anwendung der Absätze 1, 2 und 3 richten die Eisenbahnunternehmen besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse von Personen mit eingeschränkter Mobilität und etwaigen Begleitpersonen.

KAPITEL V

PERSONEN MIT EINGESCHRÄNKTER MOBILITÄT

Artikel 17

Informationsweitergabe an Personen mit eingeschränkter Mobilität

1.   Auf Anfrage informieren die Eisenbahnunternehmen, die Fahrkartenverkäufer oder die Reiseveranstalter über die Zugänglichkeit der Eisenbahnverkehrsdienste für Personen mit eingeschränkter Mobilität, die Bedingungen für den Zugang zu den Wagen und über deren Ausstattung.

2.   Die Eisenbahnunternehmen stellen nichtdiskriminierende Zugangsregeln für die Beförderung von Personen mit eingeschränkter Mobilität auf, um den geltenden gesetzlich festgelegten Sicherheitsanforderungen nachzukommen. Auf Anfrage stellen die Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und/oder Reiseveranstalter diese Regeln unverzüglich zur Verfügung.

Artikel 18

Anspruch auf Beförderung

1.   Ein Eisenbahnunternehmen, ein Fahrkartenverkäufer oder ein Reiseveranstalter darf sich nicht aus Gründen der eingeschränkten Mobilität des Fahrgasts weigern, eine Buchung zu akzeptieren oder eine Fahrkarte auszustellen. Buchungen und Fahrkarten werden für Fahrgäste mit eingeschränkter Mobilität ohne Aufpreis angeboten.

2.   Ungeachtet des Absatzes 1 darf ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und/oder Reiseveranstalter sich gemäß den Zugangsregeln nach Artikel 17 Absatz 2 weigern, eine Buchung einer Person mit eingeschränkter Mobilität zu akzeptieren oder ihr eine Fahrkarte auszustellen, oder verlangen, dass sie von einer anderen Person begleitet wird.

3.   Macht ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und/oder Reiseveranstalter von der Ausnahmeregelung nach Absatz 2 Gebrauch, so informiert es/er die betroffene Person mit eingeschränkter Mobilität auf Anfrage innerhalb von fünf Werktagen nach der Ablehnung einer Buchung oder der Ausstellung eines Fahrscheins oder der Auflage, von einer anderen Person begleitet zu werden, schriftlich über die entsprechenden Gründe.

Artikel 19

Hilfeleistung an Bahnhöfen

1.   Unbeschadet der Zugangsregeln nach Artikel 17 Absatz 2 hat der Bahnhofsbetreiber bei Abfahrt, Umsteigen oder Ankunft einer Person mit eingeschränkter Mobilität in einem mit Personal ausgestatteten Bahnhof für kostenlose Hilfeleistung in einer Weise zu sorgen, dass die Person in den abfahrenden Verkehrsdienst einsteigen, zum Anschlussverkehrsdienst umsteigen und aus dem ankommenden Verkehrsdienst aussteigen kann, für den sie eine Fahrkarte erworben hat. Für die Zwecke dieses Artikels gilt ein Bahnhof als nicht mit Personal ausgestattet, wenn die Pflichten des Dienst habenden Personals in Bezug auf Sicherheitsaufgaben, Fahrkartenverkauf oder Schutz der Einnahmen dieses zwingend davon abhalten, solche Hilfeleistungen auszuführen.

2.   Die Mitgliedstaaten können für Personen, die einen Verkehrsdienst nutzen, der Gegenstand eines gemeinwirtschaftlichen Vertrags im Sinne des geltenden Gemeinschaftsrechts ist, eine Ausnahme von Absatz 1 vorsehen, sofern die zuständige Behörde alternative Einrichtungen geschaffen oder Regelungen getroffen hat, die eine gleichwertige oder bessere Zugangsmöglichkeit zu den Beförderungsdiensten sicherstellen.

Artikel 20

Hilfeleistung im Zug

Unbeschadet der Zugangsregeln nach Artikel 17 Absatz 2 hat ein Eisenbahnunternehmen einer Person mit eingeschränkter Mobilität im Zug und während des Ein- und Aussteigens kostenlos Hilfe zu leisten.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als Hilfeleistung im Zug die Hilfe, die einer Person mit eingeschränkter Mobilität geleistet wird, damit diese im Zug Zugang zu denselben Diensten hat wie die anderen Fahrgäste, wenn die Person aufgrund der Einschränkung ihrer Mobilität nicht in der Lage ist, diese Dienste ohne fremde Hilfe und gefahrlos in Anspruch zu nehmen.

Artikel 21

Voraussetzungen für das Erbringen von Hilfeleistungen

Die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter arbeiten nach Maßgabe der Artikel 19 und 20 und der nachstehenden Buchstaben bei der Hilfeleistung für Personen mit eingeschränkter Mobilität zusammen:

a)

Die Hilfeleistung wird unter der Voraussetzung erbracht, dass der Hilfsbedarf einer Person dem Eisenbahnunternehmen, dem Bahnhofsbetreiber oder dem Fahrkartenverkäufer oder dem Reiseveranstalter, bei dem die Fahrkarte erworben wurde, spätestens 48 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung benötigt wird, gemeldet wurde. Im Falle einer Mehrfahrtenkarte ist eine einzige Meldung ausreichend, sofern geeignete Informationen über den Zeitplan für die späteren Fahrten vorgelegt werden.

b)

Die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um Meldungen des Hilfsbedarfs entgegennehmen zu können.

c)

Ist keine Meldung nach Buchstabe a erfolgt, so bemühen sich das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber nach besten Kräften, die Hilfeleistung so zu erbringen, dass die Person mit eingeschränkter Mobilität ihre Reise durchführen kann.

d)

Unbeschadet der Zuständigkeiten anderer Einrichtungen für Bereiche, die außerhalb des Bahnhofsgeländes liegen, legt der Bahnhofsbetreiber Punkte innerhalb und außerhalb des Bahnhofs fest, an denen Personen mit eingeschränkter Mobilität ihre Ankunft am Bahnhof melden und gegebenenfalls Hilfe anfordern können.

e)

Eine Hilfeleistung wird dann erbracht, wenn die betreffende Person sich an dem festgelegten Punkt einfindet, und zwar

zu dem vom Eisenbahnunternehmen festgelegten Zeitpunkt, der höchstens 90 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit liegen darf, oder

wenn kein Zeitpunkt festgelegt wurde, spätestens 30 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit.

Artikel 22

Entschädigung für Mobilitätshilfen oder sonstige spezielle Ausrüstungen

Haftet das Eisenbahnunternehmen für den vollständigen oder teilweisen Verlust oder die Beschädigung einer Mobilitätshilfe oder einer sonstigen speziellen Ausrüstung, die von einer Person mit eingeschränkter Mobilität verwendet wird, so gilt keine Haftungsobergrenze.

KAPITEL VI

SICHERHEIT, BESCHWERDEN UND QUALITÄT DES VERKEHRSDIENSTES

Artikel 23

Persönliche Sicherheit der Fahrgäste

Im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen ergreifen das Eisenbahnunternehmen, der Betreiber der Infrastruktur und der Bahnhofsbetreiber in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich geeignete Maßnahmen, um die persönliche Sicherheit des Fahrgasts in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten und Risikomanagement zu betreiben, und passen diese Maßnahmen an das von den staatlichen Stellen festgelegte Sicherheitsniveau an. Sie arbeiten zusammen und tauschen Informationen über vorbildliche Verfahren zur Verhinderung von Handlungen aus, die das Sicherheitsniveau beeinträchtigen können.

Artikel 24

Beschwerden

1.   Die Eisenbahnunternehmen richten ein Verfahren zur Beschwerdebearbeitung im Zusammenhang mit den in dieser Verordnung festgelegten Rechten und Pflichten ein. Hierbei arbeiten sie mit dem Fahrkartenverkäufer zusammen. Sie machen den Fahrgästen in weitem Umfang bekannt, wie diese mit der Beschwerdestelle in Verbindung treten können und welche Sprachen ihre Arbeitssprachen sind.

2.   Der Fahrgast kann seine Beschwerde bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen oder Fahrkartenverkäufer einreichen. Der Adressat der Beschwerde gibt innerhalb von 20 Tagen eine mit Gründen versehene Antwort oder teilt — in begründeten Fällen — dem Fahrgast mit, wann innerhalb eines Zeitraums von höchstens drei Monaten ab dem Tag, an dem die Beschwerde vorgebracht wurde, mit einer Antwort zu rechnen ist.

3.   Das Eisenbahnunternehmen veröffentlicht in seinem in Artikel 25 genannten jährlichen Geschäftsbericht die Zahl und die Art der eingegangenen und der bearbeiteten Beschwerden, die Beantwortungsdauer und durchgeführte Abhilfemaßnahmen.

Artikel 25

Qualitätsstandards

1.   Die Eisenbahnunternehmen legen Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Verkehrsdienste fest und wenden ein Qualitätsmanagementsystem zur Aufrechterhaltung der Qualität der Dienste an. Die Qualitätsstandards decken mindestens die in Anhang III aufgeführten Bereiche ab.

2.   Die Eisenbahnunternehmen überwachen die eigene Leistung anhand der Qualitätsstandards. Die Eisenbahnunternehmen veröffentlichen jedes Jahr zusammen mit ihrem jährlichen Geschäftsbericht einen Bericht über die erreichte Qualität der Dienste. Die Ergebnisse sind auch auf den Internetseiten der Eisenbahnunternehmen zu veröffentlichen.

KAPITEL VII

DURCHSETZUNG

Artikel 26

Durchsetzung

1.   Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder mehrere für die Durchsetzung dieser Verordnung zuständige Stellen. Jede dieser Stellen ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Rechte der Fahrgäste gewahrt werden.

Jede Stelle ist in Aufbau, Finanzierung, Rechtsstruktur und Entscheidungsfindung von den Betreibern der Infrastruktur, den Entgelt erhebenden Stellen, den Zuweisungsstellen und den Eisenbahnunternehmen unabhängig.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die gemäß diesem Absatz benannte Stelle oder benannten Stellen und ihre jeweiligen Zuständigkeiten mit.

2.   Jeder Fahrgast kann bei der geeigneten nach Absatz 1 benannten Stelle oder jeder anderen geeigneten von einem Mitgliedstaat benannten Stelle Beschwerde über einen mutmaßlichen Verstoß gegen diese Verordnung einreichen.

Artikel 27

Zusammenarbeit der Durchsetzungsstellen

Die in Artikel 26 genannten Durchsetzungsstellen tauschen Informationen über ihre Arbeit und Entscheidungsgrundsätze und -praktiken aus, um die Entscheidungsgrundsätze gemeinschaftsweit zu koordinieren. Die Kommission unterstützt sie bei dieser Aufgabe.

KAPITEL VIII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 28

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen bis … (13) mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.

Artikel 29

Anhänge

Änderungen der Anhänge, mit Ausnahme des Anhangs I, erfolgen nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren.

Artikel 30

Änderungsbestimmungen

1.   Die zur Durchführung der Artikel 2, 9 und 11 erforderlichen Maßnahmen werden nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren erlassen.

2.   Die in dieser Verordnung genannten Beträge, mit Ausnahme der Beträge in Anhang I, werden nach dem in Artikel 31 Absatz 2 genannten Verfahren inflationsbezogen angepasst.

Artikel 31

Ausschussverfahren

1.   Die Kommission wird von dem in Artikel 11a der Richtlinie 91/440/EWG eingesetzten Ausschuss unterstützt.

2.   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.

3.   Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.

Artikel 32

Berichterstattung

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis … (14) über die Durchführung der Verordnung und deren Ergebnis, insbesondere bezüglich des Qualitätsniveaus der Dienste, Bericht.

Dem Bericht werden die gemäß dieser Verordnung sowie gemäß Artikel 10b der Richtlinie 91/440/EWG erteilten Informationen zugrunde gelegt. Notwendigenfalls werden dem Bericht geeignete Vorschläge beigefügt.

Artikel 33

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt 18 Monate nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

Im Namen des Rates

Der Präsident


(1)  ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 8.

(2)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28.9.2005 (ABl. …) (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24.7.2006 (ABl. …) (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom ... (ABl. ...) (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)  ABl. C 137 vom 8.6.2002, S. 2.

(5)  ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1. Geändert durch die Richtlinie 2004/50/EG (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 114).

(6)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(7)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

(8)  ABl. L 143 vom 27.6.1995, S. 70. Zuletzt geändert durch die Verordnung 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44).

(9)  Richtlinie 2004/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur (ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/49/EG.

(10)  Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. L 273 vom 24.8.1991, S. 25). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 164).

(11)  Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. L 158 vom 23.6.1990, S. 59).

(12)  Ein Jahr nach Annahme dieser Verordnung.

(13)  Sechs Monate nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung.

(14)  Drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung.


ANHANG I

AUSZUG AUS DEN EINHEITLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN FÜR DEN VERTRAG ÜBER DIE INTERNATIONALE EISENBAHNBEFÖRDERUNG VON PERSONEN UND GEPÄCK (CIV)

 

Anhang A

Zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr Vom 3. Juni 1999

TITEL II

ABSCHLUSS UND AUSFÜHRUNG DES BEFÖRDERUNGSVERTRAGES

Artikel 6

Beförderungsvertrag

1.   Durch den Beförderungsvertrag wird der Beförderer verpflichtet, den Reisenden sowie gegebenenfalls Reisegepäck und Fahrzeuge zum Bestimmungsort zu befördern und das Reisegepäck und die Fahrzeuge am Bestimmungsort auszuliefern.

2.   Der Beförderungsvertrag ist in einem oder mehreren Beförderungsausweisen festzuhalten, die dem Reisenden auszuhändigen sind. Unbeschadet des Artikels 9 berührt jedoch das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Beförderungsausweises weder den Bestand noch die Gültigkeit des Vertrages, der weiterhin diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt.

3.   Der Beförderungsausweis dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für den Abschluss und den Inhalt des Beförderungsvertrages.

Artikel 7

Beförderungsausweis

1.   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen bestimmen Form und Inhalt der Beförderungsausweise sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind.

2.   In den Beförderungsausweis sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, Abschluss und Inhalt des Beförderungsvertrages zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus diesem Vertrag geltend zu machen.

3.   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Beförderungsausweises zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

4.   Der Beförderungsausweis ist übertragbar, wenn er nicht auf den Namen lautet und die Reise noch nicht angetreten ist.

5.   Der Beförderungsausweis kann auch in elektronischen Datenaufzeichnungen bestehen, die in lesbare Schriftzeichen umwandelbar sind. Die zur Aufzeichnung und Verarbeitung der Daten verwendeten Verfahren müssen, insbesondere hinsichtlich der Beweiskraft des verkörperten Beförderungsausweises, funktional gleichwertig sein.

Artikel 8

Zahlung und Erstattung des Beförderungspreises

1.   Soweit zwischen dem Reisenden und dem Beförderer nichts anderes vereinbart ist, ist der Beförderungspreis im Voraus zu zahlen.

2.   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen die Bedingungen fest, unter denen ein Beförderungspreis zu erstatten ist.

Artikel 9

Berechtigung zur Fahrt. Ausschluss von der Beförderung

1.   Der Reisende muss vom Beginn der Reise an mit einem gültigen Beförderungsausweis versehen sein und ihn bei der Prüfung der Beförderungsausweise vorzeigen. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können vorsehen,

a)

dass ein Reisender, der keinen gültigen Beförderungsausweis vorzeigt, außer dem Beförderungspreis einen Zuschlag zu zahlen hat;

b)

dass ein Reisender, der die sofortige Zahlung des Beförderungspreises oder des Zuschlages verweigert, von der Beförderung ausgeschlossen werden kann;

c)

ob und unter welchen Bedingungen ein Zuschlag zu erstatten ist.

2.   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können vorsehen, dass Reisende, die

a)

eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Betriebes oder für die Sicherheit der Mitreisenden darstellen,

b)

die Mitreisenden in unzumutbarer Weise belästigen,

von der Beförderung ausgeschlossen sind oder unterwegs davon ausgeschlossen werden können, und dass diese Personen keinen Anspruch auf Erstattung des Beförderungspreises und der Gepäckfracht haben.

Artikel 10

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Der Reisende hat die zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften zu erfüllen.

Artikel 11

Ausfall und Verspätung eines Zuges. Anschlussversäumnis

Der Beförderer hat gegebenenfalls den Ausfall des Zuges oder das Versäumnis des Anschlusses auf dem Beförderungsausweis zu bescheinigen.

TITEL III

BEFÖRDERUNG VON HANDGEPÄCK, TIEREN, REISEGEPÄCK UND FAHRZEUGEN

KAPITEL I

Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 12

Zugelassene Gegenstände und Tiere

1.   Der Reisende darf leicht tragbare Gegenstände (Handgepäck) und lebende Tiere gemäß den Allgemeinen Beförderungsbedingungen mitnehmen. Der Reisende darf darüber hinaus sperrige Gegenstände gemäß den besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen mitnehmen. Gegenstände und Tiere, die andere Reisende behindern oder belästigen oder Schäden verursachen können, dürfen nicht mitgenommen werden.

2.   Der Reisende kann Gegenstände und Tiere gemäß den Allgemeinen Beförderungsbedingungen als Reisegepäck aufgeben.

3.   Der Beförderer kann aus Anlass einer Personenbeförderung Fahrzeuge gemäß den besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen zur Beförderung zulassen.

4.   Die Beförderung gefährlicher Güter als Handgepäck, Reisegepäck sowie in oder auf Fahrzeugen, die gemäß diesem Titel auf der Schiene befördert werden, ist nur gemäß der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) zugelassen.

Artikel 13

Nachprüfung

1.   Der Beförderer ist berechtigt, bei begründeter Vermutung einer Nichtbeachtung der Beförderungsbedingungen nachzuprüfen, ob die beförderten Gegenstände (Handgepäck, Reisegepäck, Fahrzeuge einschließlich Ladung) und Tiere den Beförderungsbedingungen entsprechen, wenn es die Gesetze und Vorschriften des Staates, in dem die Nachprüfung stattfinden soll, nicht verbieten. Der Reisende ist einzuladen, der Nachprüfung beizuwohnen. Erscheint er nicht oder ist er nicht zu erreichen, so hat der Beförderer zwei unabhängige Zeugen beizuziehen.

2.   Wird festgestellt, dass die Beförderungsbedingungen nicht beachtet wurden, so kann der Beförderer vom Reisenden die Zahlung der Kosten der Nachprüfung verlangen.

Artikel 14

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Bei der Beförderung von Gegenständen (Handgepäck, Reisegepäck, Fahrzeuge einschließlich Ladung) und Tieren aus Anlass seiner Beförderung hat der Reisende die zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften zu erfüllen. Er hat der Untersuchung dieser Gegenstände beizuwohnen, soweit die Gesetze und Vorschriften jedes Staates keine Ausnahme vorsehen.

KAPITEL II

Handgepäck und Tiere

Artikel 15

Beaufsichtigung

Das Handgepäck und mitgenommene Tiere sind vom Reisenden zu beaufsichtigen.

KAPITEL III

Reisegepäck

Artikel 16

Gepäckaufgabe

1.   Die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung von Reisegepäck sind in einem Gepäckschein festzuhalten, der dem Reisenden auszuhändigen ist.

2.   Unbeschadet des Artikels 22 berührt das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Gepäckscheins weder den Bestand noch die Gültigkeit der Vereinbarungen über die Beförderung des Reisegepäcks, die weiterhin diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegen.

3.   Der Gepäckschein dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für die Aufgabe des Reisegepäcks und die Bedingungen seiner Beförderung.

4.   Es wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass das Reisegepäck bei der Übernahme durch den Beförderer äußerlich in gutem Zustande war und dass die Anzahl und die Masse der Gepäckstücke mit den Angaben im Gepäckschein übereinstimmten.

Artikel 17

Gepäckschein

1.   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen Form und Inhalt des Gepäckscheins sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind, fest. Artikel 7 Absatz 5 gilt entsprechend.

2.   In den Gepäckschein sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung des Reisegepäcks zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag geltend zu machen.

3.   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Gepäckscheins zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

Artikel 18

Abfertigung und Beförderung

1.   Soweit die Allgemeinen Beförderungsbedingungen keine Ausnahme vorsehen, wird Reisegepäck nur gegen Vorzeigen eines mindestens bis zum Bestimmungsort des Reisegepäcks gültigen Beförderungsausweises abgefertigt. Im Übrigen erfolgt die Abfertigung des Reisegepäcks nach den am Aufgabeort geltenden Vorschriften.

2.   Lassen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen die Annahme von Reisegepäck zur Beförderung ohne Vorzeigen eines Beförderungsausweises zu, so gelten hinsichtlich des Reisegepäcks die Bestimmungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften über die Rechte und Pflichten des Reisenden sinngemäß für den Absender von Reisegepäck.

3.   Der Beförderer kann das Reisegepäck mit einem anderen Zug oder mit einem anderen Beförderungsmittel und über einen anderen Weg befördern, als sie vom Reisenden benutzt werden.

Artikel 19

Zahlung der Gepäckfracht

Ist zwischen dem Reisenden und dem Beförderer nichts anderes vereinbart, ist die Gepäckfracht bei der Aufgabe zu zahlen.

Artikel 20

Kennzeichnung des Reisegepäcks

Der Reisende hat auf jedem Gepäckstück, an gut sichtbarer Stelle, haltbar und deutlich anzugeben:

a)

seinen Namen und seine Anschrift,

b)

den Bestimmungsort.

Artikel 21

Verfügungsrecht über das Reisegepäck

1.   Wenn es die Umstände gestatten und keine zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften entgegenstehen, kann der Reisende gegen Rückgabe des Gepäckscheins und, wenn es die Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorsehen, gegen Vorzeigen des Beförderungsausweises die Rückgabe des Gepäcks am Aufgabeort verlangen.

2.   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können andere Bestimmungen betreffend das Verfügungsrecht vorsehen, insbesondere die Änderung des Bestimmungsortes und allfällige damit zusammenhängende Kostenfolgen für den Reisenden.

Artikel 22

Auslieferung

1.   Das Reisegepäck wird gegen Rückgabe des Gepäckscheins und gegen Zahlung der gegebenenfalls die Sendung belastenden Kosten ausgeliefert.

Der Beförderer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet nachzuprüfen, ob der Inhaber des Gepäckscheins berechtigt ist, das Reisegepäck in Empfang zu nehmen.

2.   Der Auslieferung an den Inhaber des Gepäckscheins stehen gleich eine gemäß den am Bestimmungsort geltenden Vorschriften erfolgte

a)

Übergabe des Reisegepäcks an die Zoll- oder Steuerverwaltung in deren Abfertigungs- oder Lagerräumen, wenn diese nicht unter der Obhut des Beförderers stehen,

b)

Übergabe von lebenden Tieren an einen Dritten zur Verwahrung.

3.   Der Inhaber des Gepäckscheins kann am Bestimmungsort die Auslieferung des Reisegepäcks verlangen, sobald die vereinbarte und die gegebenenfalls zur Abfertigung durch die Zoll- oder sonstigen Verwaltungsbehörden erforderliche Zeit abgelaufen ist.

4.   Wird der Gepäckschein nicht zurückgegeben, so braucht der Beförderer das Reisegepäck nur demjenigen auszuliefern, der seine Berechtigung nachweist; bei unzureichendem Nachweis kann der Beförderer eine Sicherheitsleistung verlangen.

5.   Das Reisegepäck ist an dem Bestimmungsort auszuliefern, nach dem es abgefertigt worden ist.

6.   Der Inhaber des Gepäckscheins, dem das Reisegepäck nicht ausgeliefert wird, kann verlangen, dass ihm auf dem Gepäckschein Tag und Stunde bescheinigt werden, zu denen er die Auslieferung gemäß Absatz 3 verlangt hat.

7.   Leistet der Beförderer dem Verlangen des Berechtigten, das Reisegepäck in seiner Gegenwart nachzuprüfen, um einen von ihm behaupteten Schaden festzustellen, nicht Folge, so kann der Berechtigte die Annahme des Reisegepäcks verweigern.

8.   Im Übrigen erfolgt die Auslieferung des Reisegepäcks gemäß den am Bestimmungsort geltenden Vorschriften.

KAPITEL IV

Fahrzeuge

Artikel 23

Beförderungsbedingungen

Die besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen insbesondere die Bedingungen für die Annahme zur Beförderung, die Abfertigung, das Verladen und die Beförderung, das Entladen und die Auslieferung sowie die Verpflichtungen des Reisenden fest.

Artikel 24

Beförderungsschein

1.   Die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung von Fahrzeugen sind in einem Beförderungsschein festzuhalten, der dem Reisenden auszuhändigen ist. Der Beförderungsschein kann Teil des Beförderungsausweises des Reisenden sein.

2.   Die besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen Form und Inhalt des Beförderungsscheins sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind, fest. Artikel 7 Absatz 5 gilt entsprechend.

3.   In den Beförderungsschein sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung der Fahrzeuge zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag geltend zu machen.

4.   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Beförderungsscheins zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

Artikel 25

Anwendbares Recht

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels gelten für Fahrzeuge die Bestimmungen des Kapitels III über die Beförderung von Reisegepäck.

TITEL IV

HAFTUNG DES BEFÖRDERERS

KAPITEL I

Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden

Artikel 26

Haftungsgrund

1.   Der Beförderer haftet für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Reisende durch einen Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in den Eisenbahnwagen oder beim Ein- oder Aussteigen getötet, verletzt oder sonst in seiner körperlichen oder in seiner geistigen Gesundheit beeinträchtigt wird, unabhängig davon, welche Eisenbahninfrastruktur benutzt wird.

2.   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit,

a)

wenn der Unfall durch außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände verursacht worden ist und der Beförderer diese Umstände trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen nicht abwenden konnte;

b)

soweit der Unfall auf ein Verschulden des Reisenden zurückzuführen ist;

c)

wenn der Unfall auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen ist und der Beförderer dieses Verhalten trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter; Rückgriffsrechte bleiben unberührt.

3.   Ist der Unfall auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen und ist der Beförderer gleichwohl von seiner Haftung nicht gemäß Absatz 2 Buchst. c ganz befreit, so haftet er unter den Beschränkungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften voll, unbeschadet eines etwaigen Rückgriffsrechtes gegen den Dritten.

4.   Eine etwaige Haftung des Beförderers in den in Absatz 1 nicht vorgesehenen Fällen wird durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften nicht berührt.

5.   Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist, von aufeinander folgenden Beförderern ausgeführt, so haftet bei Tötung und Verletzung von Reisenden derjenige Beförderer, der die Beförderungsleistung, bei der sich der Unfall ereignet hat, gemäß Beförderungsvertrag zu erbringen hatte. Wurde diese Beförderungsleistung nicht vom Beförderer, sondern von einem ausführenden Beförderer erbracht, haften beide als Gesamtschuldner nach diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften.

Artikel 27

Schadenersatz bei Tötung

1.   Bei Tötung des Reisenden umfasst der Schadenersatz:

a)

die infolge des Todes des Reisenden entstandenen notwendigen Kosten, insbesondere für die Überführung und die Bestattung;

b)

bei nicht sofortigem Eintritt des Todes den in Artikel 28 vorgesehenen Schadenersatz.

2.   Haben durch den Tod des Reisenden Personen, denen gegenüber er kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder zukünftig unterhaltspflichtig geworden wäre, den Versorger verloren, so ist auch für diesen Verlust Ersatz zu leisten. Der Schadenersatzanspruch von Personen, denen der Reisende ohne gesetzliche Verpflichtung Unterhalt gewährt hat, richtet sich nach Landesrecht.

Artikel 28

Schadenersatz bei Verletzung

Bei Verletzung oder sonstiger Beeinträchtigung der körperlichen oder der geistigen Gesundheit des Reisenden umfasst der Schadenersatz:

a)

die notwendigen Kosten, insbesondere für Heilung und Pflege sowie für die Beförderung;

b)

den Vermögensnachteil, den der Reisende durch gänzliche oder teilweise Arbeitsunfähigkeit oder durch eine Vermehrung seiner Bedürfnisse erleidet.

Artikel 29

Ersatz anderer Personenschäden

Ob und inwieweit der Beförderer bei Personenschäden für andere als die in Artikel 27 und 28 vorgesehenen Schäden Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach Landesrecht.

Artikel 30

Form und Höhe des Schadenersatzes bei Tötung und Verletzung

1.   Der in Artikel 27 Absatz 2 und in Artikel 28 Buchst. b vorgesehene Schadenersatz ist in Form eines Kapitalbetrages zu leisten. Ist jedoch nach Landesrecht die Zuerkennung einer Rente zulässig, so wird der Schadenersatz in dieser Form geleistet, wenn der verletzte Reisende oder die gemäß Artikel 27 Absatz 2 Anspruchsberechtigten die Zahlung einer Rente verlangen.

2.   Die Höhe des gemäß Absatz 1 zu leistenden Schadenersatzes richtet sich nach Landesrecht. Es gilt jedoch bei Anwendung dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften für jeden Reisenden eine Höchstgrenze von 175 000 Rechnungseinheiten für den Kapitalbetrag oder eine diesem Betrag entsprechende Jahresrente, sofern das Landesrecht eine niedrigere Höchstgrenze vorsieht.

Artikel 31

Andere Beförderungsmittel

1.   Die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind, vorbehaltlich des Absatzes 2, nicht auf Schäden anzuwenden, die während einer Beförderung entstehen, die gemäß Beförderungsvertrag nicht auf der Schiene erfolgt.

2.   Werden jedoch Eisenbahnwagen auf einem Fährschiff befördert, so sind die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden auf die durch Artikel 26 Absatz 1 und Artikel 33 Absatz 1 erfassten Schäden anzuwenden, die der Reisende durch Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in diesen Wagen, beim Einsteigen in die Wagen oder beim Aussteigen aus den Wagen erleidet.

3.   Wenn der Eisenbahnbetrieb infolge außerordentlicher Umstände vorübergehend unterbrochen ist und die Reisenden mit einem anderen Beförderungsmittel befördert werden, haftet der Beförderer gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften.

KAPITEL II

Haftung bei Nichteinhaltung des Fahrplans

Artikel 32

Haftung bei Ausfall, Verspätung und Anschlussversäumnis

1.   Der Beförderer haftet dem Reisenden für den Schaden, der dadurch entsteht, dass die Reise wegen Ausfall, Verspätung oder Versäumnis des Anschlusses nicht am selben Tag fortgesetzt werden kann oder dass unter den gegebenen Umständen eine Fortsetzung am selben Tag nicht zumutbar ist. Der Schadenersatz umfasst die dem Reisenden im Zusammenhang mit der Übernachtung und mit der Benachrichtigung der ihn erwartenden Personen entstandenen angemessenen Kosten.

2.   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, wenn der Ausfall, die Verspätung oder das Anschlussversäumnis auf eine der folgenden Ursachen zurückzuführen ist:

a)

außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände, die der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte,

b)

Verschulden des Reisenden oder

c)

Verhalten eines Dritten, das der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen er nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter; Rückgriffsrechte bleiben unberührt.

3.   Ob und inwieweit der Beförderer für andere als die in Absatz 1 vorgesehenen Schäden Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach Landesrecht. Artikel 44 bleibt unberührt.

KAPITEL III

Haftung für Handgepäck, Tiere, Reisegepäck und Fahrzeuge

Abschnitt 1

Handgepäck und Tiere

Artikel 33

Haftung

1.   Bei Tötung und Verletzung von Reisenden haftet der Beförderer auch für den Schaden, der durch gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung von Sachen entsteht, die der Reisende an sich trägt oder als Handgepäck mit sich führt; dies gilt auch für Tiere, die der Reisende mit sich führt. Artikel 26 findet entsprechende Anwendung.

2.   Im Übrigen haftet der Beförderer für Schäden wegen gänzlichen oder teilweisen Verlusts oder wegen Beschädigung von Sachen, Handgepäck oder Tieren, zu deren Beaufsichtigung der Reisende gemäß Artikel 15 verpflichtet ist, nur dann, wenn den Beförderer ein Verschulden trifft. Die übrigen Artikel des Titels IV, mit Ausnahme des Artikels 51, und der Titel VI finden in diesem Fall keine Anwendung.

Artikel 34

Beschränkung des Schadenersatzes bei Verlust oder Beschädigung von Sachen

Haftet der Beförderer gemäß Artikel 33 Absatz 1, so hat er Schadenersatz bis zu einer Höchstgrenze von 1 400 Rechnungseinheiten für jeden Reisenden zu leisten.

Artikel 35

Ausschluss der Haftung

Der Beförderer haftet dem Reisenden gegenüber nicht für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Reisende seinen Verpflichtungen gemäß den zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften nicht nachgekommen ist.

Abschnitt 2

Reisegepäck

Artikel 36

Haftungsgrund

1.   Der Beförderer haftet für den Schaden, der durch gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung des Reisegepäcks in der Zeit von der Übernahme durch den Beförderer bis zur Auslieferung sowie durch verspätete Auslieferung entsteht.

2.   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, soweit der Verlust, die Beschädigung oder die verspätete Auslieferung durch ein Verschulden des Reisenden, eine nicht vom Beförderer verschuldete Anweisung des Reisenden, besondere Mängel des Reisegepäcks oder durch Umstände verursacht worden ist, welche der Beförderer nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte.

3.   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, soweit der Verlust oder die Beschädigung aus der mit einer oder mehreren der folgenden Tatsachen verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist:

a)

Fehlen oder Mängel der Verpackung;

b)

natürliche Beschaffenheit des Reisegepäcks;

c)

Aufgabe von Gegenständen als Reisegepäck, die von der Beförderung ausgeschlossen sind.

Artikel 37

Beweislast

1.   Der Beweis, dass der Verlust, die Beschädigung oder die verspätete Auslieferung durch eine der in Artikel 36 Absatz 2 erwähnten Tatsachen verursacht worden ist, obliegt dem Beförderer.

2.   Legt der Beförderer dar, dass der Verlust oder die Beschädigung nach den Umständen des Falles aus einer oder mehreren der in Artikel 36 Absatz 3 erwähnten besonderen Gefahren entstehen konnte, so wird vermutet, dass der Schaden daraus entstanden ist. Der Berechtigte hat jedoch das Recht nachzuweisen, dass der Schaden nicht oder nicht ausschließlich aus einer dieser Gefahren entstanden ist.

Artikel 38

Aufeinander folgende Beförderer

Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist, von mehreren aufeinander folgenden Beförderern durchgeführt, so tritt jeder Beförderer dadurch, dass er das Reisegepäck mit dem Gepäckschein oder das Fahrzeug mit dem Beförderungsschein übernimmt, hinsichtlich der Beförderung von Reisegepäck oder von Fahrzeugen in den Beförderungsvertrag nach Maßgabe des Gepäckscheins oder des Beförderungsscheins ein und übernimmt die sich daraus ergebenden Verpflichtungen. In diesem Falle haftet jeder Beförderer für die Ausführung der Beförderung auf der ganzen Strecke bis zur Auslieferung.

Artikel 39

Ausführender Beförderer

1.   Hat der Beförderer die Durchführung der Beförderung ganz oder teilweise einem ausführenden Beförderer übertragen, gleichviel, ob er auf Grund des Beförderungsvertrages dazu berechtigt war oder nicht, so bleibt der Beförderer dennoch für die gesamte Beförderung verantwortlich.

2.   Alle für die Haftung des Beförderers maßgeblichen Bestimmungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften gelten auch für die Haftung des ausführenden Beförderers für die von ihm durchgeführte Beförderung. Artikel 48 und Artikel 52 sind anzuwenden, wenn ein Anspruch gegen die Bediensteten und anderen Personen, deren sich der ausführende Beförderer bei der Durchführung der Beförderung bedient, geltend gemacht wird.

3.   Eine besondere Vereinbarung, wonach der Beförderer Verpflichtungen übernimmt, die ihm nicht durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften auferlegt werden, oder auf Rechte verzichtet, die ihm durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften gewährt werden, berührt den ausführenden Beförderer nur, wenn er dem ausdrücklich schriftlich zugestimmt hat. Unabhängig davon, ob der ausführende Beförderer eine solche Zustimmung erklärt hat, bleibt der Beförderer an die sich aus einer solchen besonderen Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen oder Verzichtserklärungen gebunden.

4.   Wenn und soweit sowohl der Beförderer als auch der ausführende Beförderer haften, haften sie als Gesamtschuldner.

5.   Der Gesamtbetrag der Entschädigung, der von dem Beförderer, dem ausführenden Beförderer sowie ihren Bediensteten und anderen Personen, deren sie sich bei der Durchführung der Beförderung bedienen, erlangt werden kann, übersteigt nicht die in diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Höchstbeträge.

6.   Dieser Artikel lässt die Rechte des Beförderers und des ausführenden Beförderers, untereinander Rückgriff zu nehmen, unberührt.

Artikel 40

Vermutung für den Verlust

1.   Der Berechtigte kann ein Gepäckstück ohne weiteren Nachweis als verloren betrachten, wenn es nicht binnen 14 Tagen, nachdem seine Auslieferung gemäß Artikel 22 Absatz 3 verlangt wurde, ausgeliefert oder zu seiner Verfügung bereitgestellt worden ist.

2.   Wird ein für verloren gehaltenes Gepäckstück binnen einem Jahr nach dem Verlangen auf Auslieferung wieder aufgefunden, so hat der Beförderer den Berechtigten zu benachrichtigen, wenn seine Anschrift bekannt ist oder sich ermitteln lässt.

3.   Der Berechtigte kann binnen 30 Tagen nach Empfang der Nachricht gemäß Absatz 2 verlangen, dass ihm das Gepäckstück ausgeliefert wird. In diesem Fall hat er die Kosten für die Beförderung des Gepäckstückes vom Aufgabeort bis zum Ort zu zahlen, an dem das Gepäckstück ausgeliefert wird, und die erhaltene Entschädigung, gegebenenfalls abzüglich der in dieser Entschädigung enthaltenen Kosten, zurückzuzahlen. Er behält jedoch seine Ansprüche auf Entschädigung wegen verspäteter Auslieferung gemäß Artikel 43.

4.   Wird das wiederaufgefundene Gepäckstück nicht binnen der in Absatz 3 vorgesehenen Frist zurückverlangt oder wird es später als ein Jahr nach dem Verlangen auf Auslieferung wiederaufgefunden, so verfügt der Beförderer darüber gemäß den am Ort, an dem sich das Gepäckstück befindet, geltenden Gesetzen und Vorschriften.

Artikel 41

Entschädigung bei Verlust

1.   Bei gänzlichem oder teilweisem Verlust des Reisegepäcks hat der Beförderer ohne weiteren Schadenersatz zu zahlen:

a)

wenn die Höhe des Schadens nachgewiesen ist, eine Entschädigung in dieser Höhe, die jedoch 80 Rechnungseinheiten je fehlendes Kilogramm Bruttomasse oder 1 200 Rechnungseinheiten je Gepäckstück nicht übersteigt;

b)

wenn die Höhe des Schadens nicht nachgewiesen ist, eine Pauschalentschädigung von 20 Rechnungseinheiten je fehlendes Kilogramm Bruttomasse oder von 300 Rechnungseinheiten je Gepäckstück.

Die Art der Entschädigung, je fehlendes Kilogramm oder je Gepäckstück, wird in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt.

2.   Der Beförderer hat außerdem Gepäckfracht und sonstige im Zusammenhang mit der Beförderung des verlorenen Gepäckstückes gezahlte Beträge sowie bereits entrichtete Zölle und Verbrauchsabgaben zu erstatten.

Artikel 42

Entschädigung bei Beschädigung

1.   Bei Beschädigung des Reisegepäcks hat der Beförderer ohne weiteren Schadenersatz eine Entschädigung zu zahlen, die der Wertminderung des Reisegepäcks entspricht.

2.   Die Entschädigung übersteigt nicht,

a)

wenn das gesamte Reisegepäck durch die Beschädigung entwertet ist, den Betrag, der bei gänzlichem Verlust zu zahlen wäre;

b)

wenn nur ein Teil des Reisegepäcks durch die Beschädigung entwertet ist, den Betrag, der bei Verlust des entwerteten Teiles zu zahlen wäre.

Artikel 43

Entschädigung bei verspäteter Auslieferung

1.   Bei verspäteter Auslieferung des Reisegepäcks hat der Beförderer für je angefangene 24 Stunden seit dem Verlangen auf Auslieferung, höchstens aber für 14 Tage, zu zahlen:

a)

wenn der Berechtigte nachweist, dass daraus ein Schaden, einschließlich einer Beschädigung, entstanden ist, eine Entschädigung in der Höhe des Schadens bis zu einem Höchstbetrag von 0,80 Rechnungseinheiten je Kilogramm Bruttomasse oder von 14 Rechnungseinheiten je Stück des verspätet ausgelieferten Reisegepäcks;

b)

wenn der Berechtigte nicht nachweist, dass daraus ein Schaden entstanden ist, eine Pauschalentschädigung von 0,14 Rechnungseinheiten je Kilogramm Bruttomasse oder von 2,80 Rechnungseinheiten je Stück des verspätet ausgelieferten Reisegepäcks.

Die Art der Entschädigung, je Kilogramm oder je Gepäckstück, wird in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt.

2.   Bei gänzlichem Verlust des Reisegepäcks wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 nicht neben der Entschädigung gemäß Artikel 41 geleistet.

3.   Bei teilweisem Verlust des Reisegepäcks wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 für den nicht verlorenen Teil geleistet.

4.   Bei einer Beschädigung des Reisegepäcks, die nicht Folge der verspäteten Auslieferung ist, wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 gegebenenfalls neben der Entschädigung gemäß Artikel 42 geleistet.

5.   In keinem Fall ist die Entschädigung gemäß Absatz 1 zuzüglich der Entschädigungen gemäß Artikel 41 und 42 insgesamt höher als die Entschädigung bei gänzlichem Verlust des Reisegepäcks.

Abschnitt 3

Fahrzeuge

Artikel 44

Entschädigung bei Verspätung

1.   Wird ein Fahrzeug aus einem vom Beförderer zu vertretenden Umstand verspätet verladen oder wird es verspätet ausgeliefert, so hat der Beförderer, wenn der Berechtigte nachweist, dass daraus ein Schaden entstanden ist, eine Entschädigung zu zahlen, deren Betrag den Beförderungspreis nicht übersteigt.

2.   Ergibt sich bei der Verladung aus einem vom Beförderer zu vertretenden Umstand eine Verspätung und verzichtet der Berechtigte deshalb auf die Durchführung des Beförderungsvertrages, so wird ihm der Beförderungspreis erstattet. Weist er nach, dass aus dieser Verspätung ein Schaden entstanden ist, so kann er außerdem eine Entschädigung verlangen, deren Betrag den Beförderungspreis nicht übersteigt.

Artikel 45

Entschädigung bei Verlust

Bei gänzlichem oder teilweisem Verlust eines Fahrzeugs wird die dem Berechtigten für den nachgewiesenen Schaden zu zahlende Entschädigung nach dem Zeitwert des Fahrzeugs berechnet. Sie beträgt höchstens 8 000 Rechnungseinheiten. Ein Anhänger gilt mit oder ohne Ladung als ein selbstständiges Fahrzeug.

Artikel 46

Haftung hinsichtlich anderer Gegenstände

1.   Hinsichtlich der im Fahrzeug untergebrachten Gegenstände oder der Gegenstände, die sich in Behältnissen (z.B. Gepäckbehältern oder Skiboxen) befinden, die fest am Fahrzeug angebracht sind, haftet der Beförderer nur für Schäden, die auf sein Verschulden zurückzuführen sind. Die Gesamtentschädigung beträgt höchstens 1 400 Rechnungseinheiten.

2.   Für Gegenstände, die außen am Fahrzeug befestigt sind, einschließlich der Behältnisse gemäß Absatz 1, haftet der Beförderer nur, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Beförderers zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

Artikel 47

Anwendbares Recht

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Fahrzeuge die Bestimmungen des Abschnitts 2 über die Haftung für Reisegepäck.

Kapitel IV

Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 48

Verlust des Rechtes auf Haftungsbeschränkung

Die in diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Haftungsbeschränkungen sowie die Bestimmungen des Landesrechtes, die den Schadenersatz auf einen festen Betrag begrenzen, finden keine Anwendung, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Beförderers zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

Artikel 49

Umrechnung und Verzinsung

1.   Müssen bei der Berechnung der Entschädigung in ausländischer Währung ausgedrückte Beträge umgerechnet werden, so sind sie nach dem Kurs am Tag und am Ort der Zahlung der Entschädigung umzurechnen.

2.   Der Berechtigte kann auf die Entschädigung Zinsen in Höhe von fünf Prozent jährlich beanspruchen, und zwar vom Tag der Reklamation gemäß Artikel 55 oder, wenn keine Reklamation vorangegangen ist, vom Tag der Klageerhebung an.

3.   Für Entschädigungen gemäß Artikel 27 und 28 laufen jedoch die Zinsen erst von dem Tag an, an dem die für die Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgebenden Umstände eingetreten sind, wenn dieser Tag später liegt als derjenige der Reklamation oder der Klageerhebung.

4.   Bei Reisegepäck können die Zinsen nur beansprucht werden, wenn die Entschädigung 16 Rechnungseinheiten je Gepäckschein übersteigt.

5.   Legt der Berechtigte dem Beförderer bei Reisegepäck die zur abschließenden Behandlung der Reklamation erforderlichen Belege nicht innerhalb einer ihm gestellten angemessenen Frist vor, so ist der Lauf der Zinsen vom Ablauf dieser Frist an bis zur Übergabe dieser Belege gehemmt.

Artikel 50

Haftung bei nuklearem Ereignis

Der Beförderer ist von der ihm gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften obliegenden Haftung befreit, wenn der Schaden durch ein nukleares Ereignis verursacht worden ist und wenn gemäß den Gesetzen und Vorschriften eines Staates über die Haftung auf dem Gebiet der Kernenergie der Inhaber einer Kernanlage oder eine ihm gleichgestellte Person für diesen Schaden haftet.

Artikel 51

Personen, für die der Beförderer haftet

Der Beförderer haftet für seine Bediensteten und für andere Personen, deren er sich bei der Durchführung der Beförderung bedient, soweit diese Bediensteten und anderen Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Die Betreiber der Eisenbahninfrastruktur, auf der die Beförderung erfolgt, gelten als Personen, deren sich der Beförderer bei der Durchführung der Beförderung bedient.

Artikel 52

Sonstige Ansprüche

1.   In allen Fällen, auf die diese Einheitlichen Rechtsvorschriften Anwendung finden, kann gegen den Beförderer ein Anspruch auf Schadenersatz, auf welchem Rechtsgrund er auch beruht, nur unter den Voraussetzungen und Beschränkungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften geltend gemacht werden.

2.   Das Gleiche gilt für Ansprüche gegen die Bediensteten und anderen Personen, für die der Beförderer gemäß Artikel 51 haftet.

TITEL V

HAFTUNG DES REISENDEN

Artikel 53

Besondere Haftungsgründe

Der Reisende haftet dem Beförderer für jeden Schaden,

a)

der dadurch entsteht, dass er seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, die sich für ihn

1.

aus Artikel 10, 14 und 20,

2.

aus den besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen oder

3.

aus der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) ergeben, oder

b)

der durch Gegenstände oder Tiere verursacht wird, die er mitnimmt,

sofern er nicht beweist, dass der Schaden auf Umstände zurückzuführen ist, die er trotz Anwendung der von einem gewissenhaften Reisenden geforderten Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Diese Bestimmung berührt nicht die Haftung des Beförderers nach Artikel 26 und 33 Absatz 1.

TITEL VI

GELTENDMACHUNG VON ANSPRÜCHEN

Artikel 54

Feststellung eines teilweisen Verlustes oder einer Beschädigung

1.   Wird ein teilweiser Verlust oder eine Beschädigung eines unter der Obhut des Beförderers beförderten Gegenstandes (Reisegepäck, Fahrzeug) vom Beförderer entdeckt oder vermutet oder vom Berechtigten behauptet, so hat der Beförderer je nach Art des Schadens den Zustand des Gegenstandes und, soweit möglich, das Ausmaß und die Ursache des Schadens sowie den Zeitpunkt seines Entstehens unverzüglich und, wenn möglich, in Gegenwart des Berechtigten in einer Tatbestandsaufnahme festzuhalten.

2.   Dem Berechtigten ist eine Abschrift der Tatbestandsaufnahme unentgeltlich auszuhändigen.

3.   Erkennt der Berechtigte die Feststellungen in der Tatbestandsaufnahme nicht an, so kann er verlangen, dass der Zustand des Reisegepäcks oder des Fahrzeugs sowie die Ursache und der Betrag des Schadens von einem durch die Parteien des Beförderungsvertrages oder ein Gericht bestellten Sachverständigen festgestellt werden. Das Verfahren richtet sich nach den Gesetzen und Vorschriften des Staates, in dem die Feststellung erfolgt.

Artikel 55

Reklamationen

1.   Reklamationen betreffend die Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind schriftlich an den Beförderer zu richten, gegen den Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können. Im Falle einer Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrages war und von aufeinander folgenden Beförderern ausgeführt wurde, können Reklamationen auch an den ersten oder letzten Beförderer sowie an den Beförderer gerichtet werden, der im Staat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes des Reisenden seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist.

2.   Die anderen Reklamationen aus dem Beförderungsvertrag sind schriftlich an den in Artikel 56 Absätze 2 und 3 genannten Beförderer zu richten.

3.   Die Belege, die der Berechtigte der Reklamation beigeben will, sind im Original oder in Abschrift, auf Verlangen des Beförderers in gehörig beglaubigter Form, vorzulegen. Bei der Regelung der Reklamation kann der Beförderer die Rückgabe des Beförderungsausweises, des Gepäckscheins und des Beförderungsscheins verlangen.

Artikel 56

Beförderer, gegen die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können

1.   Schadenersatzansprüche auf Grund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden können nur gegen einen gemäß Artikel 26 Absatz 5 haftbaren Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden.

2.   Vorbehaltlich des Absatzes 4 können sonstige Ansprüche des Reisenden auf Grund des Beförderungsvertrages nur gegen den ersten, den letzten oder denjenigen Beförderer geltend gemacht werden, der den Teil der Beförderung ausgeführt hat, in dessen Verlauf die den Anspruch begründende Tatsache eingetreten ist.

3.   Ist bei Beförderungen durch aufeinander folgende Beförderer der zur Auslieferung verpflichtete Beförderer mit seiner Zustimmung im Gepäckschein oder im Beförderungsschein eingetragen, können Ansprüche gemäß Absatz 2 auch dann gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden, wenn er das Gepäck nicht erhalten oder das Fahrzeug nicht übernommen hat.

4.   Ansprüche auf Erstattung von Beträgen, die auf Grund des Beförderungsvertrages gezahlt worden sind, können gegen den Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden, der den Betrag erhoben hat, oder gegen den Beförderer, zu dessen Gunsten der Betrag erhoben worden ist.

5.   Im Wege der Widerklage oder der Einrede können Ansprüche auch gegen einen anderen als die in den Absätzen 2 und 4 genannten Beförderer geltend gemacht werden, wenn sich die Klage auf denselben Beförderungsvertrag gründet.

6.   Soweit diese Einheitlichen Rechtsvorschriften auf den ausführenden Beförderer Anwendung finden, können die Ansprüche auch gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden.

7.   Hat der Kläger die Wahl unter mehreren Beförderern, so erlischt sein Wahlrecht, sobald die Klage gegen einen der Beförderer erhoben ist; dies gilt auch, wenn der Kläger die Wahl zwischen einem oder mehreren Beförderern und einem ausführenden Beförderer hat.

Artikel 58

Erlöschen der Ansprüche bei Tötung und Verletzung

1.   Alle Ansprüche des Berechtigten auf Grund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind erloschen, wenn er den Unfall des Reisenden nicht spätestens zwölf Monate, nachdem er vom Schaden Kenntnis erlangt hat, einem der Beförderer anzeigt, bei denen die Reklamation gemäß Artikel 55 Absatz 1 eingereicht werden kann. Zeigt der Berechtigte dem Beförderer den Unfall mündlich an, so hat dieser ihm über die mündliche Anzeige eine Bestätigung auszustellen.

2.   Die Ansprüche erlöschen jedoch nicht, wenn

a)

der Berechtigte innerhalb der in Absatz 1 vorgesehenen Frist eine Reklamation an einen der in Artikel 55 Absatz 1 genannten Beförderer gerichtet hat;

b)

der haftbare Beförderer innerhalb der in Absatz 1 vorgesehenen Frist auf andere Weise vom Unfall des Reisenden Kenntnis erhalten hat;

c)

infolge von Umständen, die dem Berechtigten nicht zuzurechnen sind, der Unfall nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt worden ist;

d)

der Berechtigte nachweist, dass der Unfall durch ein Verschulden des Beförderers verursacht worden ist.

Artikel 59

Erlöschen der Ansprüche bei Beförderung von Reisegepäck

1.   Mit der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten sind alle Ansprüche gegen den Beförderer aus dem Beförderungsvertrag bei teilweisem Verlust, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung erloschen.

2.   Die Ansprüche erlöschen jedoch nicht:

a)

bei teilweisem Verlust oder bei Beschädigung, wenn

1.

der Verlust oder die Beschädigung vor der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten gemäß Artikel 54 festgestellt worden ist;

2.

die Feststellung, die gemäß Artikel 54 hätte erfolgen müssen, nur durch Verschulden des Beförderers unterblieben ist;

b)

bei äußerlich nicht erkennbarem Schaden, der erst nach der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten festgestellt worden ist, wenn er

1.

die Feststellung gemäß Artikel 54 sofort nach der Entdeckung des Schadens und spätestens drei Tage nach der Annahme des Reisegepäcks verlangt und

2.

außerdem beweist, dass der Schaden in der Zeit zwischen der Übernahme durch den Beförderer und der Auslieferung entstanden ist;

c)

bei verspäteter Auslieferung, wenn der Berechtigte binnen 21 Tagen seine Rechte gegen einen der in Artikel 56 Absatz 3 genannten Beförderer geltend gemacht hat;

d)

wenn der Berechtigte nachweist, dass der Schaden auf ein Verschulden des Beförderers zurückzuführen ist.

Artikel 60

Verjährung

1.   Schadenersatzansprüche auf Grund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden verjähren:

a)

Ansprüche des Reisenden in drei Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Unfall;

b)

Ansprüche der anderen Berechtigten in drei Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Tod des Reisenden, spätestens aber in fünf Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Unfall.

2.   Andere Ansprüche aus dem Beförderungsvertrag verjähren in einem Jahr. Die Verjährungsfrist beträgt jedoch zwei Jahre bei Ansprüchen wegen eines Schadens, der auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

3.   Die Verjährung gemäß Absatz 2 beginnt bei Ansprüchen

a)

auf Entschädigung wegen gänzlichen Verlustes mit dem vierzehnten Tag nach Ablauf der Frist gemäß Artikel 22 Absatz 3;

b)

auf Entschädigung wegen teilweisen Verlustes, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung mit dem Tag der Auslieferung;

c)

in allen anderen die Beförderung des Reisenden betreffenden Fällen mit dem Tag des Ablaufes der Geltungsdauer des Beförderungsausweises.

Der als Beginn der Verjährung bezeichnete Tag ist in keinem Fall in der Frist inbegriffen.

4.   […]

5.   […]

6.   Im Übrigen gilt für die Hemmung und die Unterbrechung der Verjährung Landesrecht.

TITEL VII

BEZIEHUNGEN DER BEFÖRDERER UNTEREINANDER

Artikel 61

Aufteilung des Beförderungspreises

1.   Jeder Beförderer hat den beteiligten Beförderern den ihnen zukommenden Anteil am Beförderungspreis zu zahlen, den er erhoben hat oder hätte erheben müssen. Die Art und Weise der Zahlung wird durch Vereinbarungen zwischen den Beförderern geregelt.

2.   Artikel 6 Absatz 3, Artikel 16 Absatz 3 und Artikel 25 gelten auch für die Beziehungen zwischen aufeinander folgenden Beförderern.

Artikel 62

Rückgriffsrecht

1.   Hat ein Beförderer gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften eine Entschädigung gezahlt, so steht ihm ein Rückgriffsrecht gegen die Beförderer, die an der Beförderung beteiligt gewesen sind, gemäß den folgenden Bestimmungen zu:

a)

der Beförderer, der den Schaden verursacht hat, haftet ausschließlich dafür;

b)

haben mehrere Beförderer den Schaden verursacht, so haftet jeder für den von ihm verursachten Schaden; ist eine Zuordnung nicht möglich, so wird die Entschädigung unter den Beförderern gemäß Buchstabe c) aufgeteilt;

c)

kann nicht bewiesen werden, welcher der Beförderer den Schaden verursacht hat, wird die Entschädigung auf sämtliche Beförderer aufgeteilt, mit Ausnahme derjenigen, die beweisen, dass der Schaden nicht von ihnen verursacht worden ist; die Aufteilung erfolgt im Verhältnis der den Beförderern zustehenden Anteile am Beförderungspreis.

2.   Bei Zahlungsunfähigkeit eines dieser Beförderer wird der auf ihn entfallende, aber von ihm nicht gezahlte Anteil unter allen anderen Beförderern, die an der Beförderung beteiligt gewesen sind, im Verhältnis des ihnen zustehenden Anteils am Beförderungspreis aufgeteilt.

Artikel 63

Rückgriffsverfahren

1.   Ein Beförderer, gegen den gemäß Artikel 62 Rückgriff genommen wird, kann die Rechtmäßigkeit der durch den Rückgriff nehmenden Beförderer geleisteten Zahlung nicht bestreiten, wenn die Entschädigung gerichtlich festgesetzt worden ist, nachdem dem erstgenannten Beförderer durch gehörige Streitverkündung die Möglichkeit gegeben war, dem Rechtsstreit beizutreten. Das Gericht der Hauptsache bestimmt die Fristen für die Streitverkündung und für den Beitritt.

2.   Der Rückgriff nehmende Beförderer hat sämtliche Beförderer, mit denen er sich nicht gütlich geeinigt hat, mit ein und derselben Klage zu belangen; andernfalls erlischt das Rückgriffsrecht gegen die nicht belangten Beförderer.

3.   Das Gericht hat in ein und demselben Urteil über alle Rückgriffe, mit denen es befasst ist, zu entscheiden.

4.   Der Beförderer, der sein Rückgriffsrecht gerichtlich geltend machen will, kann seinen Anspruch vor dem zuständigen Gericht des Staates erheben, in dem einer der beteiligten Beförderer seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist.

5.   Ist die Klage gegen mehrere Beförderer zu erheben, so hat der klagende Beförderer die Wahl unter den gemäß Absatz 4 zuständigen Gerichten.

6.   Rückgriffsverfahren dürfen nicht in das Entschädigungsverfahren einbezogen werden, das der aus dem Beförderungsvertrag Berechtigte angestrengt hat.

Artikel 64

Vereinbarungen über den Rückgriff

Den Beförderern steht es frei, untereinander Vereinbarungen zu treffen, die von den Artikeln 61 und 62 abweichen.


ANHANG II

VON EISENBAHNUNTERNEHMEN UND/ODER FAHRKARTENVERKÄUFERN ANZUGEBENDE MINDESTINFORMATIONEN

TEIL 1: INFORMATIONEN VOR FAHRTANTRITT

Allgemeine Vertragsbedingungen

Fahrpläne und Bedingungen der Fahrt mit der kürzesten Fahrtzeit

Fahrpläne und Bedingungen der Fahrt zum günstigsten Fahrpreis

Zugänglichkeit, Zugangsbedingungen und Verfügbarkeit von Einrichtungen für Personen mit eingeschränkter Mobilität im Zug

Zugänglichkeit und Zugangsbedingungen für Fahrgäste, die Fahrräder mitführen

Verfügbarkeit von Sitzen in Raucher- und Nichtraucherzonen, erster und zweiter Klasse sowie Liege- und Schlafwagen

Aktivitäten, die voraussichtlich zu Störungen oder Verspätungen von Verkehrsdiensten führen

Verfügbarkeit von Dienstleistungen im Zug

Verfahren zur Anzeige des Gepäckverlusts

Beschwerdeverfahren

TEIL II: INFORMATIONEN WÄHREND DER FAHRT

Dienstleistungen im Zug

Nächster Haltebahnhof

Verspätungen

Wichtigste Anschlussverbindungen

Sicherheit


ANHANG III

MINDESTNORMEN FÜR DIE QUALITÄT DER DIENSTE

Informationen und Fahrkarten

Pünktlichkeit der grenzüberschreitenden Verkehrsdienste, allgemeine Grundsätze für die Bewältigung von Betriebsstörungen

Zugausfälle im grenzüberschreitenden Verkehr

Sauberkeit des Fahrzeugmaterials und der Bahnhofseinrichtungen (Luftqualität in den Wagen, Hygiene der sanitären Einrichtungen usw.)

Befragung zur Kundenzufriedenheit

Beschwerdebearbeitung, Erstattungen und Ausgleichszahlungen bei Nichterfüllung der Qualitätsanforderungen

Hilfeleistung für Personen mit eingeschränkter Mobilität


BEGRÜNDUNG DES RATES

I.   EINLEITUNG

Die Kommission hat am 3. März 2004 ihren Vorschlag für eine Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr — einen von insgesamt vier Vorschlägen des Dritten Eisenbahnpakets (1) — vorgelegt.

Das Europäische Parlament hat am 28. September 2005 in erster Lesung Stellung genommen.

Der Rat hat seinen Gemeinsamen Standpunkt gemäß Artikel 251 des Vertrags am 24. Juli 2006 festgelegt.

Bei seinen Beratungen hat der Rat die Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2) und des Ausschusses der Regionen (3) berücksichtigt.

II.   ANALYSE DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS

1.   Hintergrund

Die Verhandlungen über die Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr fanden unter Berücksichtigung von zwei Veröffentlichungen der Europäischen Kommission statt, nämlich des Weißbuchs „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ (4) und der Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament „Schaffung eines integrierten europäischen Eisenbahnraums“ (5). Darin hebt die Kommission hervor, dass die Verkehrsnutzer wieder in den Mittelpunkt der europäischen Verkehrspolitik gerückt und die Mängel bei der Dienstequalität im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr beseitigt werden müssen. Der Verordnungsvorschlag ist auch eine Reaktion auf die bei der Kommission eingegangenen Beschwerden europäischer Bürger über die unzureichende Dienstequalität der Eisenbahnunternehmen im grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehr.

Der Gemeinsame Standpunkt des Rates umfasst daher Vorschriften zu folgenden Punkten:

von den Eisenbahnunternehmen bereitzustellende Informationen, Abschluss von Beförderungsverträgen, Ausgabe von Fahrkarten und Einführung eines rechnergestützten Informations- und Buchungssystems für den Eisenbahnverkehr;

Haftung der Eisenbahnunternehmen und ihre Versicherungspflicht gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck;

Mindestverpflichtungen von Eisenbahnunternehmen gegenüber den Fahrgästen bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen und Zugausfällen;

Schutz und Betreuung von Bahnreisenden mit eingeschränkter Mobilität;

Festlegung und Überwachung von Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Verkehrsdienste, Beherrschung von Risiken für die persönliche Sicherheit der Fahrgäste und Bearbeitung von Beschwerden;

allgemeine Durchsetzungsvorschriften.

2.   Zentrale politische Fragen

i)   Vereinbarkeit mit dem COTIF/CIV

Einige der im Kommissionsvorschlag vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an den Bestimmungen des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) und dem dazugehörigen CIV-Anhang (Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck).

Um die Kohärenz zwischen den Gemeinschaftsvorschriften und dem internationalen Übereinkommen zu gewährleisten, hat der Rat auf seiner Tagung am 21. April 2005 beschlossen, einige Bestimmungen des COTIF/CIV in die neue Verordnung zu übernehmen. Hierzu wurden Einführungsartikel (die Artikel 4, 10 und13) aufgenommen, in denen auf die COTIF/CIV-Auszüge in Anhang I der Verordnung verwiesen wird. Mit den betreffenden Bestimmungen wird zum einen die Vereinbarkeit mit dem COTIF/CIV gewährleistet und zum anderen vermieden, dass Rechtsvorschriften zu Aspekten erlassen werden, die bereits im COTIF/CIV abgedeckt sind (Vorschriften über Beförderungsverträge, Haftung der Eisenbahnunternehmen gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck sowie bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen und Zugausfällen).

Das Europäische Parlament hat bei seiner Stellungnahme in erster Lesung einen ähnlichen Ansatz verfolgt und Abänderungen angenommen, die darauf hinauslaufen, dass die entsprechenden COTIF/CIV-Bestimmungen ganz oder teilweise angewandt werden (Abänderungen 138/rev + 32, 50, 80, 81, 83 und 108). Zudem hat sich das Europäische Parlament dafür ausgesprochen, einige mit dem CIV unvereinbare Vorschriften der ursprünglichen Kommissionsfassung zu streichen (z.B. Abänderungen 34, 35, 52, 53, 54 und 108).

ii)   Anwendungsbereich

Nach dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates gilt die Verordnung grundsätzlich gemeinschaftsweit für grenzüberschreitende Fahrten mit inländischen und grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten, die von einem oder mehreren Eisenbahnunternehmen erbracht werden.

a)

Begrenzung für inländische Verkehrsdienste

Der Rat hat beschlossen, den Anwendungsbereich in Bezug auf Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle (Kapitel IV) und auf die Qualitätsstandards (Kapitel VI Artikel 25) zu begrenzen. Um eine übertriebene finanzielle Belastung zu vermeiden, sollen die folgenden Bestimmungen nur für grenzüberschreitende Fahrten mit grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten, nicht aber für inländische Verkehrsdienste gelten:

(für Teile einer grenzüberschreitenden Fahrt) die Verpflichtungen betreffend die Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung, Fahrpreisentschädigung und Hilfeleistung im Falle einer Verspätung bei der Abfahrt oder Ankunft),

alle Verpflichtungen betreffend die Einrichtung von Qualitätssicherungssystemen und ihre Überwachung, die diesbezügliche Berichterstattung sowie den Betrieb dieser Systeme.

b)

Begrenzung in Form befristeter Ausnahmen

Der Rat beschloss des Weiteren, den Anwendungsbereich seines Gemeinsamen Standpunkts insoweit zu begrenzen, als darin den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird, für bestimmte regionale grenzüberschreitende Dienste sowie für grenzüberschreitende Dienste, die zu einem erheblichen Teil außerhalb der Gemeinschaft erbracht werden, befristete Ausnahmenregelungen einzuführen. Mitgliedstaaten, die hiervon Gebrauch machen, müssen dies der Kommission mitteilen, die daraufhin prüft, ob die betreffende Ausnahme im Einklang mit der Verordnung steht.

Mit der Möglichkeit, solche Ausnahmen zu gewähren, wollte der Rat es den Mitgliedstaaten überlassen, wie sie diese Fälle, in denen derart außergewöhnlichen Umständen vorliegen, regeln, um zusätzliche finanzielle Belastungen für die Beförderer zu vermeiden.

c)

Ausweitung des Anwendungsbereichs in Bezug auf Personen mit eingeschränkter Mobilität

Eines der Hauptziele der vorgeschlagenen Verordnung ist es, Personen mit eingeschränkter Mobilität leichten Zugang zu Bahnreisen zu ermöglichen. Daher hat der Rat beschlossen, über den Kommissionsvorschlag hinaus festzulegen, dass die Bestimmungen zugunsten von Personen mit eingeschränkter Mobilität auch für inländische Fahrten mit grenzüberschreitenden Verkehrsdiensten gelten sollen.

Das Europäische Parlament hat sich in seiner Stellungnahme in erster Lesung für einen anderen Weg entschieden, nämlich dafür, dass die Bestimmungen der vorgeschlagenen Verordnung für alle Fahrgäste im Eisenbahnverkehr gelten sollen (Abänderung 11 u.a.). Der Rat hält dies für verfrüht; er versteht seinen Gemeinsamen Standpunkt als Ergänzung zur Marktzugangsrichtlinie, in der lediglich die Öffnung des Marktes für grenzüberschreitende Schienenpersonenverkehrsdienste geregelt wird.

iii)   Rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr

Der Rat hat überdies beschlossen, dass die Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer zur Erteilung von Auskünften und zur Ausgabe von Tickets gemäß der vorgeschlagenen Verordnung das rechnergestützte Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr nutzen müssen. Die Verfahren für die Einrichtung dieses Systems sind in Artikel 9 Absätze 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts des Rates festgelegt und beruhen auf den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) gemäß der Richtlinie 2001/16/EG (6) (Kapitel II und Anhang II Nr. 2.5). Mit der Einführung dieses Systems ist der Rat vom Vorschlag der Kommission abgewichen, die sich in Bezug auf den Zugang zu Reiseinformationen für das Konzept der Systemverkäufer entschieden hatte. Der Rat hält die Beteiligung solcher Intermediäre für überflüssig und hat daher beschlossen, dass sich die betreffenden Bestimmungen direkt an die Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer richten sollen.

iv)   Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle

Wie bereits erwähnt hat sich der Rat dafür entschieden, die Bestimmungen über die Haftung der Eisenbahnunternehmen bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen und Zugausfällen an das betreffende Kapitel des COTIF/CIV anzupassen. Darüber hinaus hat er beschlossen, besondere Bestimmungen über die Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung, Fahrpreisentschädigung und die Pflicht zur Hilfeleistung im Falle einer Verspätung bei der Abfahrt oder Ankunft aufzunehmen. Was die Fahrpreisentschädigung betrifft, so sieht der Gemeinsame Standpunkt des Rates eine einfachere und transparentere Regelung vor als der Kommissions-vorschlag und entspricht damit eher dem Standpunkt des Europäischen Parlaments (Abänderung 61). Nach der vom Rat angenommenen Bestimmung ist der Umfang der Verspätung ausschlag-gebend für die Höhe der Entschädigung. Außerdem hat der Rat die Frage, in welcher Form die Entschädigung zu erfolgen hat (Gutscheine und/oder andere Leistungen oder Geldbetrag), flexibler geregelt, was ebenfalls einer Forderung des Europäischen Parlaments (Abänderung 124) entspricht.

v)   Besondere Bestimmungen für Personen mit eingeschränkter Mobilität

Um Personen mit eingeschränkter Mobilität das Reisen mit der Eisenbahn zu erleichtern, hat der Rat in seinen Gemeinsamen Standpunkt besondere Bestimmungen über ihren Anspruch auf Beförderung, die Hilfeleistung an Bahnhöfen und im Zug, die Voraussetzungen für das Erbringen dieser Hilfeleistungen, die Entschädigung für Mobilitätshilfen sowie die an diesen Personenkreis zu erteilenden Auskünfte aufgenommen. Damit wollte er sicherstellen, dass die betreffenden Fahrgäste ohne Mehrkosten gleichberechtigten Zugang zu Bahnreisen haben. Der Rat ist davon überzeugt, dass diese Bestimmungen dazu beitragen werden, dass Personen mit eingeschränkter Mobilität die selben Reisemöglichkeiten in Anspruch nehmen können wie andere Bürger auch.

3.   Sonstiges

i)   Sicherheit, Beschwerden und Dienstequalität

Die persönliche Sicherheit der Fahrgäste hat sich in jüngster Zeit zu einem Leitprinzip des Verkehrswesens entwickelt. Daher enthält der Gemeinsame Standpunkt des Rates Bestimmungen, nach denen alle Beteiligten verpflichtet sind, im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten, und Risikomanagement zu betreiben. Dabei ist der Rat der Empfehlung des Europäischen Parlaments (Abänderung 100) gefolgt und hat diese Verpflichtung auf die Bahnhofsbetreiber ausgedehnt.

Nach dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates sind die Eisenbahnunternehmen zudem verpflichtet, in Zusammenarbeit mit den Fahrkartenverkäufern ein Verfahren zur Bearbeitung von Beschwerden im Zusammenhang mit den im Verordnungsentwurf festgelegten Rechten und Pflichten einzuführen. Überdies müssen sie jährlich einen Bericht über die eingegangenen Beschwerden und ihre Bearbeitung veröffentlichen.

Was die Dienstequalität betrifft, so sind die Eisenbahnunternehmen nach dem Gemeinsamen Standpunkt gehalten, Qualitätsstandards für ihre Dienste festzulegen und ein System zur Aufrechterhaltung der Dienstequalität einzuführen. In Anhang III des Verordnungsentwurfs sind die Aspekte aufgeführt, die mit diesen Standards mindestens abgedeckt werden müssen. Die Eisenbahnunternehmen sind ferner verpflichtet, jährlich einen Bericht über die von ihnen erreichte Dienstequalität zu veröffentlichen.

Mit diesen Maßnahmen will der Rat den Verbraucherschutz im Bereich des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs vorantreiben und auf strengere Qualitätsstandards bei den Eisenbahnunternehmen hinwirken.

ii)   Durchsetzung

Nach dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates sind die Mitgliedstaaten ferner verpflichtet, eine oder mehrere Stellen zu benennen, die für die Durchsetzung der Verordnung zuständig sind. Außerdem sollen diese Stellen nach dem Gemeinsamen Standpunkt zusammenarbeiten und Informationen austauschen, um gemeinschaftsweit abgestimmte Entscheidungsgrundsätze zu fördern.

III.   FAZIT

Bei der Festlegung seines Gemeinsamen Standpunkts hat der Rat den Kommissionsvorschlag und die vom Europäischen Parlament in erster Lesung abgegebene Stellungnahme uneingeschränkt berücksichtigt. Bezüglich der vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Abänderungen stellt der Rat fest, dass diese mit seinem Gemeinsamen Standpunkt bereits zu einem erheblichen Teil sinngemäß, teilweise oder ganz abgedeckt werden. Die Entscheidung, sich überschneidende Rechtsvorschriften zu vermeiden und bestimmte COTIF/CIV-Bestimmungen in die Verordnung aufzunehmen, ist ein klares Zeichen für das Einvernehmen zwischen den beiden Gesetzgebern.

Was den Hauptstreitpunkt betrifft, nämlich die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Verordnungsentwurfs auf den inländischen Schienenpersonenverkehr, so hält der Rat seinen Ansatz für eine ausgewogene und angemessene Lösung.


(1)  Bei den drei anderen vorgeschlagenen Rechtsakten handelt es sich um

eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (Dok. 7147/04 TRANS 107 CODEC 335),

eine Richtlinie über die Zertifizierung von mit dem Führen von Triebfahrzeugen und Zügen im Eisenbahnnetz der Gemeinschaft betrautem Zugpersonal (Dok. 7148/04 TRANS 108 CODEC 336),

eine Verordnung über die Qualitätsanforderungen im Schienengüterverkehr (Dok. 7150/04 TRANS 110 CODEC 338).

(2)  ABl. C 221 vom 8.9.2005, S. 8.

(3)  ABl. C 71 vom 22.3.2005, S. 26.

(4)  Dok. 11932/01 TRANS 131 AVIATION 70 MAR 76.

(5)  KOM (2002) 18 endg. vom 23.1.2002.

(6)  ABl. L 110 vom 20.4.2001, S. 1.