16.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 309/26


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010“

KOM(2005) 629 endg.

(2006/C 309/06)

Die Kommission beschloss am 1. Dezember 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen: „Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010“

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 31. Mai 2006 an. Berichterstatter war Herr IOZIA.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 428. Plenartagung am 5./6. Juli 2006 (Sitzung vom 5. Juli) mit 152 gegen 1 Stimme bei 9 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Vorschläge

1.1

Der EWSA befürwortet den Vorschlag der Kommission, in den kommenden fünf Jahren im Wege der Umsetzung und Ergänzung der geltenden Rechtsvorschriften eine „dynamische Konsolidierung“ des Finanzdienstleistungsgewerbes zu ermöglichen und dabei zu viele regulatorische Maßnahmen, d.h. das so genannte „Goldplating“, zu vermeiden, wobei dem Geist der Lissabon-Strategie entsprochen werden muss und den Besonderheiten des europäischen Sozialmodells Rechnung zu tragen ist.

1.2

Der EWSA teilt die Auffassung, dass es wesentlich ist, die Rolle und die Arbeit der Aufsichtsbehörden sorgfältig zu bewerten und im Einklang mit den Bestimmungen über die Ausschüsse der Stufe 3 des Lamfalussy-Prozesses die bestmögliche Koordinierung zu fördern.

1.2.1

Nach Auffassung des EWSA ist es zum derzeitigen Zeitpunkt noch verfrüht, die Einsetzung einer einzigen europäischen Aufsichtsbehörde, die in Zukunft zur Erleichterung der Integration der Märkte beitragen könnte, in Erwägung zu ziehen. Er hält es zum heutigen Zeitpunkt hingegen für zweckmäßig, den europäischen Behörden die Benennung einer Hauptaufsichtsbehörde (des Herkunftslandes des Mutterkonzerns) vorzuschlagen, die damit betraut würde, auch die Tätigkeit jener Tochtergesellschaften und verbundenen Unternehmen zu überwachen, die in einem anderen Mitgliedstaat beaufsichtigt werden. Die Vorteile für Unternehmen europäischen Ausmaßes sowie für die Verbraucher wären offenkundig.

1.3

Die Verbesserung der Effizienz bei Finanztransaktionen bildet die Grundlage für den zunehmenden Einfluss der Finanzgeschäfte auf die Wirtschaft (man spricht schon von einer Verlagerung der Wirtschaftstätigkeit auf die Finanzen). Dieses Phänomen hat zur Folge, dass sich im Finanzsektor ein erhebliches wirtschaftliches und beschäftigungsrelevantes Entwicklungspotenzial auftut, doch kann es sich auch negativ auf die Gesamtwirtschaft auswirken. Durch den großen Einfluss der vom „shareholder value“ getriebenen Aktienmärkte können die Ziele der Unternehmen durchkreuzt werden. Der kommerzielle und finanzielle Druck, der auf den Führungsgremien der Unternehmen lastet, kann langfristig zu Problemen führen und in unüberlegte Unternehmensübernahmen münden, von denen nach den bisherigen Beobachtungen schon ein beträchtlicher Teil innerhalb kurzer Zeit zu einer Zerstörung von Vermögenssubstanz geführt hat.

1.3.1

Andererseits darf nicht vergessen werden, dass es im Finanzdienstleistungssektor infolge der Konsolidierungsprozesse zumindest kurz- und mittelfristig zu einem Beschäftigungsrückgang kommen und dies zu einer zunehmenden Verunsicherung der Beschäftigten führen wird. Der EWSA betont, dass im Rahmen der Konsolidierungsprozesse die sozialen Auswirkungen berücksichtigt werden müssen, und spricht sich dafür aus, dass die Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen zur sozialen Abfederung ergreifen und Ausbildungs- und Umschulungspläne unterstützen, die für die Erreichung der Ziele von Lissabon unerlässlich sind.

1.4

Der EWSA befürwortet die Ziele der Vereinfachung, Kodifizierung und Klärung, die der Erreichung einer „besseren Gesetzgebungspraxis“ dienen, und begrüßt in diesem Zusammenhang die Selbstverpflichtung der Kommission, regelmäßige, häufige und offene Konsultationen mit allen Interessengruppen durchzuführen und jedem Vorschlag eine zuverlässige Folgenabschätzung vorangehen zu lassen, bei der auch die Wirkung sozialer und ökologischer Aspekte sowie externer Faktoren auf die Gesamtwirtschaft berücksichtigt wird.

1.4.1

Der EWSA dringt darauf, die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Aktionsplan für Finanzdienstleistungen einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen und auch außerhalb von Fachkreisen darüber zu diskutieren.

1.5

Der EWSA begrüßt die von der Kommission vorgeschlagene Initiative, eine Mitteilung/Empfehlung bezüglich der OGAW zu veröffentlichen, in der nach Wegen zur Beseitigung der derzeitigen Hindernisse beim freien Verkehr dieser Finanzinstrumente gesucht wird.

1.6

Von entscheidender Bedeutung wird es sein, die Information und die Finanzkultur zu verbessern und das Bewusstsein der Verbraucher zu stärken. Die Absicht der Kommission, mit den europäischen Verbraucherverbänden spezifische Aktionen durchzuführen, ist begrüßenswert. Im Hinblick auf die Mitgliedstaaten sollte die Kommission jedoch aktiver werden und sie dazu bewegen, zwingendere Formen der Beteiligung der Interessengruppen auf nationaler Ebene einzuführen. Der EWSA ist bereit, an diesen Initiativen mitzuwirken und sich diesbezüglich mit den Verbraucherorganen und den nationalen Wirtschafts- und Sozialräten ins Benehmen zu setzen.

1.7

Gemäß den geltenden Aufsichtsbestimmungen, die von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat variieren, sind die Unternehmen zur Abschlussprüfung und Rechnungslegung verpflichtet. Die Einführung der internationalen Rechnungslegungsnormen IFRS könnte einen geeigneten Rahmen bilden, um diese Informationspflicht auf europäischer Ebene zu vereinheitlichen. Der EWSA weist darauf hin, dass die Zusammensetzung des IASB (ein privates internationales Normungsgremium) die weltwirtschaftliche Realität nicht vollständig widerspiegelt, und spricht sich dafür aus, dass sich das Gremium für eine internationalen Zusammenarbeit mit anderen Akteuren, beispielsweise mit der Europäischen Kommission, öffnet.

1.8

Was die vorgeschlagenen Richtlinien zum Privatkundengeschäft betrifft, so wird der EWSA gesondert Stellung nehmen zur Verbraucherkreditrichtlinie, die so bald wie möglich verabschiedet werden sollte, und zu der Richtlinie über die Zahlungsdienstleistungen, die er in einer in Ausarbeitung befindlichen Stellungnahme bewertet. In Bezug auf die Hypothekarkredit-Richtlinie stimmt der EWSA zwar den Zielsetzungen zu, bringt jedoch ernsthafte Bedenken hinsichtlich der kurzfristigen Realisierbarkeit eines integrierten Kreditmarktes zum Ausdruck. Im Hinblick auf die Clearing- und Abrechnungssysteme hingegen würde der EWSA die Verabschiedung einer Rahmenrichtlinie begrüßen.

1.9

Hinsichtlich der Einführung der sogenannten 26. Regelung im Finanzdienstleistungsbereich hat die Kommission ihre Skepsis zum Ausdruck gebracht. Der EWSA nimmt dies zur Kenntnis und erklärt sich bereit zu prüfen, wann die vorschlagenden Gremien die Voraussetzungen für eine effektive Durchführbarkeit schaffen, bei der den tatsächlichen Vorteilen für die Verbraucher sowie ihren Interessen in jedem Fall Rechnung zu tragen ist.

1.10

Was zukünftige Initiativen anbelangt, so verweist der EWSA

auf den Nutzen von Maßnahmen im Zusammenhang mit den OGAW, die auf eine Angleichung der Regulierungsstandards für die fondsgebundenen Lebensversicherungen an die anderen Finanzprodukte abzielen,

auf die Bedeutung der Gewährleistung des Rechts auf ein Bankkonto sowie

auf die Notwendigkeit der Beseitigung der Hindernisse bei der grenzüberschreitenden Nutzung von Bankkonten.

1.11

Der EWSA ist überzeugt, dass die Qualität der europäischen Standards im Bereich der Regulierung der Finanzdienstleistungen sehr hoch ist und dass die EU durchaus als Bezugspunkt für alle anderen Länder dienen kann. Neben dem Dialog mit den neuen Industrieländern (zum Beispiel Indien, Brasilien und China) müsste Europa im Einklang mit dem Kommissionsvorschlag auch einen Dialog mit den Entwicklungsländern aufnehmen, die auf eine beträchtliche Unterstützung angewiesen sind, um ihren Finanzdienstleistungsmarkt ausbauen zu können.

1.12

Der EWSA unterstützt alle europäischen und nationalen Institutionen bei der Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus. Auch jetzt, da die Kommission betont, dass das Finanzsystem umfassend und kontinuierlich mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten muss, unterstützt und bekräftigt der EWSA diesen Appell an die Finanzinstitute, aber auch an die zuständigen Behörden, die bekannt machen sollten, welche Maßnahmen sie im Anschluss an die von den Finanzvermittlern erhaltenen Informationen ergriffen haben.

2.   Vorbemerkung

2.1

Im Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010 werden einige Ziele zur Förderung der dynamischen Konsolidierung des Finanzdienstleistungsgewerbes festgelegt, da ein effizienter Finanzmarkt ein entscheidendes Element bei der Verfolgung einer Entwicklungs- und Wirtschaftswachstumsstrategie ist. Das Motto des Weißbuchs lautet „dynamische Konsolidierung“ und steht für das Ziel der Beseitigung der Hindernisse, die einem freien Finanzdienstleistungs- und Kapitalverkehr ungeachtet der bereits mit dem FSAP 1999-2005 (Aktionsplan für Finanzdienstleistungen) erzielten beachtlichen Ergebnisse nach wie vor im Wege stehen.

2.2

Da die Gesetzgebung für das Funktionieren der Finanzmärkte eine wesentliche Rolle spielt, ist es durchaus gerechtfertigt, dass im Weißbuch nachdrücklich die Notwendigkeit herausgestellt wird, die geltenden Rechtsvorschriften anzuwenden und zu stärken und gleichzeitig zu viele regulatorische Maßnahmen, insbesondere durch die Mitgliedstaaten (das so genannte „Goldplating“), zu vermeiden.

2.3

Im Rahmen der Analyse des Rechtsrahmens müssen Überlegungen zu den Grenzen, den Aufgaben und der Koordinierungsverantwortung von Aufsichtsbehörden in der EU angestellt werden: Zum derzeitigen Zeitpunkt mag die Aufsicht auf nationaler Ebene zwar noch die beste Form der Schutzes und der Garantie für die Verbraucher und Investoren darstellen. Zwei wichtige Probleme, die mit einem solchen Ansatz einhergehen, dürfen jedoch nicht außer Acht gelassen werden.

2.3.1

Eine mangelnde Integration der Aufsicht auf supranationaler Ebene schränkt die Integration der Märkte stark ein. Deshalb muss eine enge Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten gefördert und gestärkt werden. Das Risikomanagement der großen europäischen Banken, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, erfolgt auf der Ebene der Gruppe auf einer konsolidierten Grundlage. Die Aufsichtsbehörden müssen in der Lage sein, das Risikoprofil dieser großen europäischen Gruppen richtig zu bewerten.

2.3.2

Die Beibehaltung erheblicher Vorrechte der nationalen Aufsichtsbehörden darf nicht als Anlass dazu dienen, jene Barrieren zu erhöhen, die einer „dynamischen Konsolidierung“ auf EU-Ebene entgegenstehen und für deren schrittweise Beseitigung im Weißbuch plädiert wird.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

In einer unlängst veröffentlichten Stellungnahme hat sich der EWSA zum Grünbuch zur Finanzdienstleistungspolitik (2005-2010) geäußert. Da im Weißbuch zahlreiche Vorschläge aus dem Grünbuch enthalten sind, bekräftigt der EWSA seine in jener Stellungnahme (1) zum Ausdruck gebrachten Bemerkungen und fasst sie in dieser Stellungnahme zusammen.

3.1.1

Im Weißbuch wird herausgestellt, dass das Finanzdienstleistungsgewerbe wirtschaftlich und im Hinblick auf die Beschäftigung ein hohes Wachstumspotenzial hat. Der Ausschuss ist allerdings der Auffassung, dass über diese wesentliche Prämisse des Dokuments sorgfältig, wirklichkeitsnah und unter Berücksichtigung verschiedener bereits hinlänglich belegter Tatsachen nachgedacht werden muss.

3.2

Der Konsolidierungsprozess des Sektors kann die Effizienz steigern und Skaleneffekte bewirken, die letztendlich den Inhabern von Anteilen des Risikokapitals der Vermittler (dank einer höheren Rendite des investierten Kapitals) sowie jenen, die die Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen (dank niedrigerer Preise für die Dienstleistungen), zugute kommen können.

3.3

Gleichzeitig gibt es jedoch umfassende empirische Belege für einen durch die Konsolidierungsprozesse bedingten Beschäftigungsrückgang im Finanzdienstleistungssektor, der zu einer zunehmenden Verunsicherung der Beschäftigten führt. Es lässt sich nicht leugnen, dass in den Geschäftsplänen bei Zusammenschlüssen und Übernahmen der Schwerpunkt insbesondere auf Einsparungen durch geringere Personalkosten gelegt wird. Kurzfristig führen die Konsolidierungsprozesse zu einem Nettoverlust von Arbeitsplätzen; andererseits ist einzuräumen, dass sie den Weg ebnen für einen Ausbau von Dienstleistungen und Bereichen innovativer Aktivitäten, die sich wiederum positiv auf die Beschäftigungslage auswirken. Der Abbau der Hürden, die die Finanzdienstleister daran hindern, in vollem Umfang von den Synergien grenzüberschreitender Zusammenschlüsse zu profitieren, würde es den Banken ermöglichen, ihre Leistungen kostengünstiger zu produzieren, was eine kundenfreundlichere Preispolitik ermöglichen und somit die Nachfrage ankurbeln würde. Dies würde wiederum Investitionsanreize für die Finanzvermittler schaffen, was sich auch auf die Beschäftigungslage positiv auswirken würde. Mit Ausnahme von spezifischen Bereichen wie dem Callcenter und dem Back Office sind diese neuen Arbeitsplätze in der Regel für qualifiziertere und besser bezahlte Berufssparten interessant.

3.4

Selbst wenn angenommen wird, dass die Konsolidierung des Sektors keine Nettoverluste an Arbeitsplätzen zur Folge hat, möchte der Ausschuss nachdrücklich betonen, dass zwischen dem Verlust bestehender und der Schaffung neuer Arbeitsplätze eine zeitliche und durch Umschulung zu überwindende Qualifikationslücke entstehen wird, die nicht übersehen werden darf. In dem Moment, in dem nicht länger der Erhalt des Arbeitsplatzes, sondern die Möglichkeit, Arbeit zu finden, im Vordergrund steht, müssen die Mitgliedstaaten neben der Bereitstellung angemessener Maßnahmen zur sozialen Abfederung den Schwerpunkt vorrangig auch auf die Förderung von Weiterbildungs- und Umschulungsprogrammen legen.

3.5

Wenn die Arbeitnehmer das Gefühl haben, dass ihre Qualifikationen und Kompetenzen auch in einem sich rasch verändernden wirtschaftlichen Umfeld gebraucht werden, werden sie die geringere Sicherheit ihres Arbeitsplatzes, die die „dynamische Konsolidierung“ des Sektors mit sich bringt, bereitwilliger akzeptieren. Aufgrund dieser Feststellung muss die berufliche Bildung nicht nur als ein Instrument zur Eindämmung der sozialen Instabilität gesehen werden, sondern auch als ein wesentliches und unabdingbares Element des langfristigen Erfolgs der „dynamischen Konsolidierung“ und der Lissabon-Strategie im Allgemeinen, die darauf abzielt, die europäische Wirtschaft zur wichtigsten wissensbasierten Wirtschaft der Welt zu machen. Aus diesem Grund muss ein angemessenes soziales Netz zur Abschwächung der oftmals schwerwiegenden Folgen solcher Übergangsphasen geschaffen werden.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1   Bessere Gesetzgebungspraxis

4.1.1

Die drei Leitgrundsätze der besseren Gesetzgebungspraxis sind die Vereinfachung, die Kodifizierung und die Bemühung um Klarheit. Es ist wichtig, auf diesem Weg fortzuschreiten, um die erforderliche Kohärenz zwischen dem Inhalt der Maßnahmen, einer unkomplizierten Durchführung und einer einheitlichen Übernahme in das einzelstaatliche Recht zu gewährleisten.

4.1.2

Der EWSA begrüßt die Kommissionsvorschläge zur „besseren Gesetzgebungspraxis“. Insbesondere begrüßt er die Selbstverpflichtung der Kommission, häufige und offene Konsultationen mit allen Beteiligten durchzuführen und jedem Vorschlag eine Folgenabschätzungsstudie über das Kosten-Nutzen-Verhältnis im weitesten Sinne vorangehen zu lassen, wobei auch dem Einfluss der sozialen und ökologischen Dimension sowie externer Faktoren auf die Gesamtwirtschaft Rechnung getragen wird. Von wesentlicher Bedeutung sind ferner auch die zusammen mit dem Rat und dem Parlament zu unternehmenden Anstrengungen zur Verbesserung der Qualität der Rechtsvorschriften.

4.1.3

Der EWSA teilt die Auffassung der Kommission bezüglich der Herausforderung, die sowohl die korrekte und fristgemäße Übernahme der europäischen Rechtsvorschriften durch die 25 Mitgliedstaaten als auch die anschließende korrekte Umsetzung darstellt, auch mit Blick auf die künftigen Erweiterungen. Ferner ist er — ebenso wie die Kommission — der Ansicht, dass das „Goldplating“ (d.h. die einseitige Verabschiedung weiterer Bestimmungen, die dem Grundsatz des Binnenmarktes widersprechen) vermieden werden muss. Die unbegründete Vielfalt an nationalen Vorschriften zum Schutz der Verbraucher stellt in der Tat eines der Haupthindernisse bei der Integration der Finanzdienstleistungen in der Europäischen Union dar.

4.1.4

Auch der EWSA hält es für wesentlich, ex post zu prüfen, ob mit den Vorschriften tatsächlich das gesteckte Ziel erreicht wurde und ob die Entwicklung der Märkte zumindest in den Sektoren, die in den Rahmen des sogenannten „Lamfalussy-Prozesses“ fallen, den Vorhersagen entspricht.

4.1.5

Bei der Überprüfung der Kohärenz zwischen den gemeinschaftlichen und den nationalen Rechtsvorschriften müssen zunächst die relevantesten Sektoren unter die Lupe genommen werden, bzw. solche, in denen die Probleme im Zusammenhang mit der Harmonisierung und Konsolidierung von Rechtsvorschriften erheblich sein können, wie im Falle der Vertriebs- und Werbemaßnahmen der OGAW (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren). Vorbedingung für mehr Wettbewerb und Effizienz in diesem Sektor ist u.a. ein größerer Spielraum in den Bereichen Vertrieb und Vermarktung, in denen aufgrund eines noch nicht klar festgelegten Rechtsrahmens große Hindernisse verzeichnet werden. Besonders zweckmäßig ist deshalb die Initiative der Kommission, im Jahr 2006 eine entsprechende Mitteilung bzw. Empfehlung und im November ein Weißbuch zur Vermögensverwaltung auszuarbeiten.

4.1.6

Die Kommission wird vorschlagen, die sechzehn geltenden Versicherungsrichtlinien in einer einzigen Versicherungsrichtlinie zusammenzufassen. Der EWSA unterstützt diesen Kodifizierungsvorschlag und hält ihn für ein hervorragendes Beispiel, das auch in anderen Bereichen nachgeahmt werden sollte, indem Rechtsakte verabschiedet werden, die die bisher auf mehrere Richtlinien verteilte Materie zusammenfassen, vereinfachen und neu strukturieren.

4.1.7

Der EWSA hält im Falle einer unkorrekten Übernahme bzw. Umsetzung des Gemeinschaftsrechts die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren ebenfalls für zweckmäßig. Er stellt jedoch fest, dass die Kommission in letzter Zeit unter einem sehr großen Einfluss des Rates stand und immer seltener auf solche Maßnahmen zurückgegriffen hat.

4.1.8

Trotz der Verbesserungen und Rationalisierungen im Privatkundengeschäft darf das Problem der Unterrichtung, der Bildung und des Bewusstseins der Verbraucher nicht ausgeblendet werden; dies sind nämlich die wesentlichen Elemente eines funktionierenden Rechtsrahmens. Die Absicht, gemeinsam mit den Verbraucherverbänden und Vertretern des Finanzsektors spezifische Aktionen auf europäischer Ebene durchzuführen, ist deshalb sehr zweckdienlich, wobei die Kommission verstärkt darauf hinwirken sollte, dass solche Praktiken auf nationaler Ebene, wenn nicht vorgeschrieben, dann zumindest nachdrücklich empfohlen werden. Der europäische Verbrauchernewsletter ist grundsätzlich eine sehr gute Initiative. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass sich die Informationsinstrumente durch eine echte Verbrauchernähe auszeichnen müssen. Der EWSA ersucht die Kommission, beim Rat und beim Parlament darauf hinzuwirken, dass nach dem Vorbild der Vorhaben auf europäischer Ebene verbindlichere Formen der Beteiligung der Interessengruppen auf nationaler Ebene ins Auge gefasst werden. Die Entwicklung von FIN-NET (ein Instrument, das die große Mehrheit der Verbraucher bislang nicht kennt) geht in die richtige Richtung. Im Hinblick auf eine Überarbeitung der Funktion dieses Instruments empfiehlt der EWSA, die Verbraucherverbände und die Organisationen der Zivilgesellschaft sowie die Sozialpartner einzubeziehen, und erklärt sich bereit, sich beispielsweise bei den nationalen Verbraucherorganen und den Wirtschafts- und Sozialräten gezielt für diese Initiative einzusetzen.

4.1.9

Nach Auffassung des EWSA darf die Kommission, wenn sie der Verbreitung von Informationen, insbesondere unter den Verbrauchern, Investoren und Beschäftigten des Finanzgewerbes, Bedeutung beimisst, das Problem der Sprache, in der die Dokumente verfasst werden, nicht unterschätzen. Die Kommission muss diesem Problem ihre Aufmerksamkeit schenken und die erforderlichen Anstrengungen unternehmen, um zumindest die wichtigsten Dokumente in möglichst vielen Sprachen verfügbar zu machen.

4.1.10

Der EWSA begrüßt, dass die Verbraucher und Beschäftigten von Banken und Finanzunternehmen Beachtung finden und regelmäßig zu Themen konsultiert werden, die für sie von Belang sind. Der Mehrwert der Integration der Märkte liegt in der Zufriedenheit der Verbraucher, wobei jedoch auch den Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen auf die Gesellschaft Beachtung geschenkt werden muss. In der Vergangenheit trugen die Richtlinien im Finanzbereich diesem Ansatz jedoch nicht immer Rechnung. Mit den Anregungen im Abschnitt „Allgemeine Bemerkungen“ soll dieser Perspektive besonderer Nachdruck verliehen werden.

4.1.11

In Bezug auf die Interaktion mit anderen Bereichen der europäischen Wirtschaftspolitik hat der EWSA bereits betont, dass die Mehrwertsteuerregelung für verschiedene Teile der großen europäischen Bankengruppen ein Hindernis bei der Stärkung der Finanzdienstleistungen darstellen kann (2), und nimmt die Absicht der Kommission, einen Legislativvorschlag in diesem Bereich zu unterbreiten, erfreut zur Kenntnis. Die potenziellen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen eines — durchaus erstrebenswerten — Prozesses der Harmonisierung der Mehrwertsteuerregelungen müssen jedoch mit besonderer Sorgfalt untersucht werden. Der EWSA hat allerdings bereits darauf hingewiesen, dass die derzeitige Situation ein Hindernis für die volle Integration und den vollen Ausbau des Finanzmarktes darstellen kann. Darüber hinaus möchte der Ausschuss erneut auf das Problem der Auslagerung aufmerksam machen, das durch eine fehlende Harmonisierung der steuerlichen Rahmenbedingungen übermäßig verschärft werden könnte und negative Auswirkungen auf die Beschäftigung, die Qualität der Dienstleistungen und die gesamte Zuverlässigkeit des Systems hätte. Nach Auffassung des EWSA sollte dieses Thema auch vor dem Hintergrund der oftmals alles andere als guten Ergebnisse der Auslagerungspraktiken sorgfältig beleuchtet werden.

4.2   Die richtigen Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen

4.2.1

Das Ziel einer stärkeren Koordinierung zwischen den Marktaufsichtsbehörden ist zweifelsohne begrüßenswert. Eine allmähliche Stärkung der Rolle der Ausschüsse der Stufe 3 könnte die Erreichung dieses Ziels erleichtern, wobei die Kompetenzen der Mitglieder im Rahmen des „Lamfalussy-Prozesses“ zu harmonisieren sind; auf diese Weise könnte der europäische Rechtsrahmen vervollständigt werden. Dadurch würde sowohl eine Entlastung der Kommission als auch eine Reduzierung des Risikos eines „Goldplating“ vonseiten der Mitgliedstaaten und der Aufsichtsbehörden ermöglicht.

4.2.2

Nach Auffassung des EWSA ist es zum derzeitigen Zeitpunkt noch verfrüht, die Einsetzung einer einzigen europäischen Aufsichtsbehörde, die für die Koordinierung zuständig wäre, in Erwägung zu ziehen. Gleichwohl müssen die nationalen Aufsichtsbehörden aktiv und kontinuierlich zusammenarbeiten und versuchen, gemeinsame Verhaltens- und Maßnahmeregeln aufzustellen. Das daraus resultierende größere gegenseitige Vertrauen wäre ein erster Schritt im Rahmen eines Prozesses, der in Zukunft in der Einrichtung einer europäischen Aufsichtsbehörde für große Finanz-, Banken- und Versicherungsgruppen, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind, münden würde. Zunächst ist es wichtig, eine Hauptaufsichtsbehörde zu benennen, die im Herkunftsland des Mutterkonzerns angesiedelt wäre und damit betraut würde, über die in anderen europäischen Ländern tätigen Tochtergesellschaften und verbundenen Unternehmen zu wachen. Multinationale Unternehmen und Aufsichtsbehörden könnten vom Binnenmarkt effektiv profitieren, weil sie dadurch eine mehrfache Rechnungslegung und Berichterstattung vermeiden würden und nicht unterschiedlichen nationalen Bestimmungen Rechnung tragen müssten.

4.2.3

Die Methode, die beispielsweise in der Marktmissbrauchsrichtlinie zum Tragen kommt, sollte gefördert werden. Dank eines sehr ausführlichen Richtlinienentwurfs war die Umsetzung in einzelstaatliches Recht sehr einheitlich, und den Regulierungsbehörden konnte eine wichtige Verantwortung auferlegt werden. Diese wurde auf europäischer Ebene mitgetragen, indem ermittelt wurde, welche spezifischen Maßnahmen von einer auf die andere Aufsichtsbehörde zu übertragen waren.

4.2.4

Die Verabschiedung der IFRS (International Financing Reporting Standards) bot eine gute Gelegenheit, die Rechnungslegung der Unternehmensführung zu vereinheitlichen und sie an moderne Standards anzupassen. Dies könnte auch die Gelegenheit zur Vereinheitlichung der Informationen sein, die die Vermittler den entsprechenden Aufsichtsbehörden vorlegen müssen. Angesichts der Verabschiedung der IFRS gibt es nach Auffassung des EWSA keine Rechtfertigung mehr für Aufschübe bzw. Verzögerungen bei der Erreichung dieses Ziels, das eine wesentliche Voraussetzung bildet für eine effiziente und erfolgreiche europaweite Koordinierung und Zusammenarbeit bei der Aufsichtstätigkeit. Erforderlich wäre allerdings eine Anpassung an die entsprechenden Ziele des europäischen Projekts „Solvabilität II“. Die Unternehmen, die ihre Abschlüsse und ihre konsolidierten Abschlüsse noch nicht an die IFRS angepasst haben, sollten allerdings gegenüber solchen, die diese Verpflichtung eingeführt haben, nicht benachteiligt werden.

4.3   Aktuelle und künftige Rechtsetzungsinitiativen

4.3.1   Laufende Vorhaben

4.3.1.1

Im Hinblick auf das Privatkundengeschäft wurden drei sehr wichtige Initiativen auf den Weg gebracht. In Bezug auf die Initiative im Bereich der Hypothekarkredite hat der EWSA (3) bereits einige ernste Zweifel an der konkreten Möglichkeit der Marktintegration zum Ausdruck gebracht. Diese hängen mit den rechtlichen Implikationen und den grundlegenden Schwierigkeiten zusammen, die in einer jüngst erarbeiteten Stellungnahme dargelegt wurden. Der EWSA wartet auf die Leitlinien der Kommission sowie ihre Antworten auf die vorgebrachten Einwände.

4.3.1.2

Die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen der Verbraucherkreditrichtlinie, die dem Parlament zur Prüfung vorliegen, tragen zur Verbesserung des vorhergehenden Vorschlags bei, obgleich sie die Verbraucher nicht in vollem Umfang zufrieden stellen. Der EWSA sieht dem Ausgang dieser Erörterung mit Interesse entgegen und hofft auf eine rasche Verabschiedung der Richtlinie.

4.3.1.3

Auch der Zahlungsverkehrsdienstleistungsrichtlinie kommt eine bedeutende Rolle zu. Im Hinblick auf die grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrsdienstleistungen besteht noch ein Mangel an Transparenz. Das Finanzsystem sollte sich den von der GD Wettbewerb erarbeiteten Wettbewerbs-, Transparenz- und Vergleichbarkeitsregeln unterwerfen. Die Einrichtung eines einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraums (SEPA) bis zum Jahr 2010 ist ein hochgestecktes, begrüßenswertes Ziel, das dem grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr mehr Effizienz verleihen und den Bürgern Sicherheit geben wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass einige Mitgliedstaaten bereits über effiziente und kostengünstige Systeme verfügen (beispielsweise das Lastschriftverfahren). Bei der Verwirklichung des SEPA gilt es, die Interessen der Verbraucher zu berücksichtigen und einen zusätzlichen Nutzen zu bieten. Der EWSA arbeitet gerade an einer Stellungnahme zu den Zahlungsverkehrsdienstleistungen, in der er seine Standpunkte umfassend darlegt.

4.3.1.4

Die Überprüfung der Regelungen für qualifizierte Beteiligungen mithilfe der Überarbeitung von Artikel 16 der Bankenrichtlinie und Artikel 15 der Versicherungsrichtlinie ist eine überaus wichtige Maßnahme, mit der verhindert wird, dass einige Aufsichtsbehörden unter dem Vorwand einer sorgfältigen Verwaltung der Finanzsysteme die ausgewogene Entwicklung des Binnenmarktes behindern können. Nach Auffassung des EWSA lässt sich die Stabilität eines Systems am wirksamsten durch eine Stärkung seiner Effizienz gewährleisten und nicht durch Beschränkungen beim Übergang der Kontrolle über ein Unternehmen.

4.3.1.5

Das Fehlen regulatorischer Rahmenvorschriften hat im Bereich der Clearing- und Abrechnungssysteme zum Fortbestehen hoher Kosten und regelrechten Missbrauchs beigetragen. Die grenzübergreifende Clearing- und Abrechnungsinfrastruktur ist kostenaufwändiger und weniger effizient als entsprechende nationale Einrichtungen. Der EWSA würde die Verabschiedung einer Rahmenrichtlinie begrüßen, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Akteure auch gegenüber der internationalen Konkurrenz zu steigern. Ein effizienter und geordneter Markt zieht Investitionen an, und Europa braucht Investitionen, wenn es das Ziel des Wirtschafts- und Beschäftigungswachstums tatsächlich erreichen will.

4.3.2   Aktuelle Überlegungen

4.3.2.1

Der EWSA teilt das Urteil der Kommission bezüglich der ungerechtfertigten Hemmnisse, die der uneingeschränkten Verwirklichung des freien Kapitalverkehrs und den grenzübergreifenden Investitionen im Wege stehen.

4.3.2.2

Die Kommission zeigt sich skeptisch bezüglich der sogenannten 26. Regelung im Bereich der Finanzdienstleistungen. Andererseits lässt der Grundsatz der minimalen Harmonisierung zu viel Raum für Differenzen. Das Herkunftslandprinzip war ein hervorragendes Mittel zur Liberalisierung und Wettbewerbsförderung in der EU. Dieses Prinzip wird von den Mitgliedstaaten umso mehr akzeptiert werden, je größer das gegenseitige Vertrauen in die Qualität der internen Gesetzgebung der einzelnen Mitgliedstaaten ist. Vor diesem Hintergrund trägt das Ziel der vollen Harmonisierung der Vorschriften dazu bei, das vorgenannte Vertrauensverhältnis, das das Fundament einer schrittweise entstehenden Aufsichtskultur bildet, zu nähren und zu festigen. Demzufolge sollten die wichtigsten Vertragsklauseln im Finanzdienstleistungsbereich harmonisiert werden. Der EWSA macht darauf aufmerksam, dass bislang noch kein Beweis für die (effektive) Durchführbarkeit der 26. Regelung erbracht wurde und dass die Kommission auf jeden Fall eine tiefgehende Untersuchung hinsichtlich der Durchführung einleiten sollte. In einer seiner früheren Stellungnahmen stellte der EWSA fest, dass „[die 26. Regelung] erst als eine echte Option in Betracht käme, nachdem in einer eingehenden Untersuchung der Rechtsvorschriften und Verträge aller 25 Mitgliedstaaten festgestellt wurde, dass das ‚parallele‘ Instrument nicht gegen die Vorschriften und gesetzlichen Regelungen eines von ihnen verstößt. Auf keinen Fall dürfen die Standardisierungsregeln das Angebot neuer Produkte behindern und sich somit in eine Innovationsbremse verwandeln (4).

4.3.3   Künftige Initiativen

4.3.3.1

In einer jüngst erarbeiteten Stellungnahme zum Grünbuch vom Juli 2005 hat der EWSA den Nutzen von Maßnahmen hinsichtlich der OGAW herausgestellt (5): „Investmentfonds konkurrieren mit Finanzprodukten wie den anteilsgebundenen Lebensversicherungen, die von den Anlegern ähnlich wahrgenommen werden, obwohl sie auf recht unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen beruhen. Das kann Verzerrungen in den Entscheidungen der Anleger bewirken, verbunden mit negativen Folgen auf der Kostenebene und hinsichtlich der Risiken der getätigten Anlagen. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass das Problem nicht mit einem Rabatt-Wettbewerb durch Lockerung der Auflagen und der bei Fondsanlagen geforderten Garantien gelöst werden kann. Vielmehr wäre es wünschenswert, eine Anhebung der Regulierungsstandards anzustreben, durch die Finanzprodukte, bei denen sich wirklich zeigt, dass sie als eine direkte Alternative zu Investmentfonds aufgefasst werden, vergleichbaren regulatorischen Anforderungen unterworfen werden wie Investmentfonds.“ Die Ungleichmäßigkeit der Auflagen für Fonds und fondsgebundene Lebensversicherungen, die erst unvollständige Entwicklung des europäischen Passes aufgrund der Hindernisse, die einige Aufsichtsbehörden weiterhin in den Weg legen, die mangelnde Transparenz bei den Kosten, insbesondere im Kündigungsfall, die Zersplitterung des Marktes und die entsprechenden hohen Kosten sind nur einige der aufgeführten Probleme. Der EWSA nimmt jedenfalls mit Sorge wahr, dass in einigen Mitgliedstaaten Kapitalschutzfonds eingeführt werden, ohne dass die Verwaltungsgesellschaften dazu verpflichtet werden, über ein angemessenes Eigenkapital zu verfügen. Dies könnte bei einer besonders ungünstigen Marktentwicklung zu einem unzureichenden Verbraucherschutz führen. Der EWSA ruft die Kommission auf, diesen Mangel zu beheben und angemessene Auflagen für die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaften, die Kapitalschutzfonds anbieten, festzulegen und ein spezifisches und angemessenes Aufsichtsmaß zu bestimmen. Das Streben nach einer größeren Effizienz der OGAW ist dem EWSA ein besonderes Anliegen, nicht zuletzt deshalb, weil die OGAW als wesentlicher Bestandteil der Pensionsfondssysteme einen wichtigen Beitrag zur Lösung eines zu Beginn des Weißbuchs angeführten Problems liefern können: der Finanzierung des enormen Defizits im Bereich der Altersversorgung, von dem die meisten europäischen Volkswirtschaften betroffen sind.

4.3.3.2

Der EWSA stimmt mit der Kommission überein, was die Bedeutung (nicht nur in finanzieller Hinsicht) des Rechts auf ein Bankkonto anbelangt. In der modernen Wirtschaft verleiht ein Bankkonto den einzelnen Bürgern de facto eine Art wirtschaftliches Bürgerrecht. In einigen Mitgliedstaaten ist ein solches Bürgerrecht gesetzlich anerkannt, und der Zugang zu den grundlegenden Dienstleistungen des Finanzsystems wird gegen geringe Gebühren gewährleistet. In anderen Staaten wächst im Hinblick auf dieses Thema das Bewusstsein der Unternehmen, die für wenige Euro pro Monat in Verbindung mit einem Bankkonto ein „Paket“ an Diensten anbieten.

4.3.3.3

Das Ziel der Beseitigung der Hindernisse bei der grenzüberschreitenden Nutzung von Bankkonten ist erstrebenswert und könnte zur Reduzierung der Bankgebühren beitragen. Dank der Möglichkeit, Online-Bankkonten zu eröffnen, ließe sich das Ziel der innereuropäischen Kontenmobilität tatsächlich erreichen. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass nicht alle Verbraucher in der Lage sind, die Informationstechnologien zu bedienen. Die Kommission sollte eine Lösung in Aussicht stellen, die auch für diese in der Regel den sozial schwächsten Bevölkerungsgruppen angehörenden Personen zufrieden stellend ist. Es sei betont, dass nur die Konsolidierung einer echten und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden dieser Möglichkeit konkrete Formen verleihen kann. Am 26. Mai 2006 hat die Kommission beschlossen (6), eine Expertengruppe damit zu betrauen, die Frage der grenzüberschreitenden Nutzung von Bankkonten zu analysieren und damit den im Weißbuch enthaltenen Vorschlägen Folge zu leisten.

4.4   Die internationale Dimension

4.4.1

Das ehrgeizige Ziel der Kommission, wonach die EU bei der Standardsetzung auf internationaler Ebene eine führende Rolle spielen muss, ist mit Sicherheit zu begrüßen. Im Einklang mit den Empfehlungen der Doha-Runde fordert der EWSA ferner, dass Europa die am meisten entwickelten Länder bei ihren Bemühungen anführt, den weniger entwickelten Staaten sowohl im Hinblick auf die Gesetzgebung als auch die Umsetzung der geschlossenen Vereinbarungen und angenommenen Standards eine angemessene technische und finanzielle Hilfestellung zu leisten. Beim Fortschreiten der internationalen Integration müssen auch die Bedürfnisse der schwächsten Volkswirtschaften, die auf Investitionen angewiesen sind, berücksichtigt werden. Der EWSA spricht sich dafür aus, dass die Kommission diesen Bedürfnissen bei den Verhandlungen und dem Dialog mit den anderen an der Spitze der Entwicklung stehenden Ländern Rechnung trägt.

4.4.2

Der EWSA engagiert sich aktiv für den Kampf gegen die kriminelle Nutzung der Finanzsysteme und unterstützt die Kommission und die anderen europäischen Institutionen bei der Bekämpfung jeglicher Form von Kriminalität, die im Übrigen oftmals mit dem internationalen Terrorismus zusammenhängt. Es gibt zahlreiche Formen der Wirtschaftskriminalität: Betrug in Unternehmen und im Handel, Geldwäsche, Steuerumgehung oder Korruption. Für die kriminellen Zwecke werden oftmals die Kanäle der Finanzdienstleistungen genutzt. Der EWSA appelliert an die Finanzinstitute, die zuständigen Behörden bestmöglich zu unterstützen. Diese sollten wiederum den Hinweisen der Finanzinstitute in ausreichendem Maße Rechnung tragen. Werden die Finanzinstitute nämlich über die Folgemaßnahmen unterrichtet, die die Behörden aufgrund der ihnen übermittelten Informationen über verdächtige Transaktionen ergreifen, so werden sie auch motivierter sein, weiterhin die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen und zu intensivieren.

Brüssel, den 5. Juli 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  ABl. C 65 vom 17.3.2006.

(2)  ABl. C 65 vom 17.3.2006.

(3)  ABl. C 65 vom 17.3.2006.

(4)  ABl. C 65 vom 17.3.2006.

(5)  ABl. C 110 vom 17.5.2006.

(6)  2006/355/EG: Beschluss der Kommission vom 16. Mai 2006 zur Einsetzung einer Expertengruppe „Kundenmobilität bei Bankkonten“ (ABl. L 132 vom 19.5.2006,).