52005PC0438

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG {SEK(2005) 1131} /* KOM/2005/0438 endg. - COD 2005/0182 */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 21.9.2005

KOM(2005) 438 endgültig

2005/0182 (COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG

(von der Kommission vorgelegt) {SEK(2005) 1131}

BEGRÜNDUNG

1. HINTERGRUND

- Ausgangspunkt und Ziele des Vorschlags

Zur Abwicklung ihrer Tagesgeschäfte und Transaktionen bedienen sich die Bürger in zunehmendem Maße elektronischer Kommunikationsnetze und –dienste. Dabei werden sogenannte Verkehrs- oder Standortdaten erzeugt, beispielsweise der genaue Standort des Anrufers, die angewählte Rufnummer sowie Zeitpunkt und Dauer des Gesprächs. Verkehrsdaten in Kombination mit Daten, die die Identifizierung des Teilnehmers oder Nutzers des Dienstes ermöglichen, sind wichtig für die Strafverfolgung und Aufrechterhaltung der Sicherheit, namentlich zur Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten wie beispielsweise Terrorakte und kriminelle Handlungen im Rahmen des organisierten Verbrechens.

Mit den Veränderungen in den Unternehmensmodellen und Serviceangeboten im Bereich der elektronischen Kommunikation wie beispielsweise der Zunahme von Pauschaltarifen, Prepaid- und Gratisdiensten, lassen sich Verkehrsdaten von den Betreibern je nach Art der angebotenen Dienstleistung nicht immer in demselben Umfang speichern wie in früheren Jahren. Dieser Trend wird noch durch neue Dienstleistungen wie Sprachübertragung über das Internet (VoIP) oder sogar Pauschaltarife für Gespräche im Festnetz verstärkt. Bei derartigen Arrangements besteht für die Betreiber im Prinzip keine Veranlassung mehr, Verkehrsdaten für Fakturierungszwecke zu speichern. Erfolgt jedoch keine Speicherung von Verkehrsdaten für Fakturierungs- oder sonstige Unternehmenszwecke mehr, können die Behörden im berechtigten Einzelfall auch nicht mehr auf die Daten zugreifen. Diese Entwicklungen erschweren den Behörden die Erfüllung ihrer Pflichten im Zusammenhang mit der Verhütung und Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des Terrorismus, während die Straftäter miteinander kommunizieren können, ohne befürchten zu müssen, dass die Strafverfolgungsbehörden ihnen durch Auswertung der Daten auf die Spur kommen.

Deshalb ist es nunmehr dringend erforderlich, diesbezüglich auf EU-Ebene eine einheitliche Regelung zu schaffen. Eine Reihe von Mitgliedstaaten haben bereits oder wollen Maßnahmen erlassen, durch die bestimmte oder alle Anbieter bzw. Betreiber zur Vorratsspeicherung bestimmter Arten von Daten verpflichtet werden, damit sie bei Bedarf zu den oben genannten Zwecken herangezogen werden können. Unterschiedliche Rechts-, Verwaltungs- und technische Vorschriften in den Mitgliedstaaten in Bezug auf die Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten behindern jedoch den Binnenmarkt für elektronische Kommunikationsdienste, da die Diensteanbieter mit unterschiedlichen Anforderungen sowohl an die Art der auf Vorrat zu speichernden Daten als auch an die für die Vorratsspeicherung geltenden Bedingungen konfrontiert sind. In Übereinstimmung mit Artikel 14 EG-Vertrag ist daher eine weitere Harmonisierung dieser Bestimmungen angezeigt.

- Allgemeiner Rahmen

Die Notwendigkeit, EU-weit gültige Vorschriften zu haben, die allen 25 Mitgliedstaaten den Zugriff auf Verkehrsdaten zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung ermöglichen, wurde auch vom Europäischen Rat in seiner Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus vom 25. März 2004 bekräftigt. Nach den Madrider Terroranschlägen forderte der Europäische Rat den Rat auf, „Vorschläge für Rechtsvorschriften über die Aufbewahrung von Verkehrsdaten durch Diensteanbieter“ zu prüfen und bis 2005 zu verabschieden. Die Dringlichkeit der Annahme eines geeigneten Rechtsinstruments in dieser Sache wurde kürzlich noch einmal in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 16. und 17. Juni sowie in der Sondersitzung des Rates Justiz und Inneres am 13. Juli 2005 im Anschluss an die Terroranschläge von London hervorgehoben.

- Bestehende einschlägige Rechtsvorschriften

Die Richtlinie 2002/58/EG über den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation sorgt in den Artikeln 6 und 9 für eine Harmonisierung der Datenschutzbestimmungen bei der Verarbeitung von Verkehrs- und Standortdaten, die durch die Inanspruchnahme elektronischer Kommunikationsdienste erzeugt werden. Diese Daten müssen gelöscht oder anonymisiert werden, sobald sie für die Übertragung nicht mehr benötigt werden, es sei denn, sie sind für die Abrechnung von Gebühren oder Zusammenschaltungsentgelten erforderlich. Mit Einwilligung des Betroffenen dürfen bestimmte Daten auch für Vermarktungszwecke oder die Bereitstellung von Diensten mit einem Zusatznutzen verarbeitet werden. Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten, den Anwendungsbereich u.a. der Artikel 5, 6 und 9 einzuschränken, sofern eine solche Beschränkung für die nationale Sicherheit, die Landesverteidigung, die öffentliche Sicherheit sowie die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, angemessen und verhältnismäßig ist.

- Vereinbarkeit mit den anderen Politikbereichen und Zielen der Union

Der Vorschlag steht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht und der EU-Grundrechtscharta. Es steht zwar außer Frage, dass der Richtlinienvorschlag Auswirkungen auf das in Artikel 7 der Charta geschützte Recht der Bürger auf Achtung ihres Privatlebens und auf den in Artikel 8 der Charta garantierten Schutz personenbezogener Daten hat, doch ist der Eingriff in diese Rechte durch Artikel 52 der Charta gedeckt. Konkret heißt dies, dass die durch den Vorschlag verursachten Einschränkungen dieser Rechte sowohl verhältnismäßig als auch notwendig sind, um das gemeinhin anerkannte Ziel der Verhütung und Bekämpfung von Straftaten und Terrorakten zu erreichen.

Ferner wird der Eingriff in das Privatleben von Bürgern begrenzt: erstens dadurch, dass eindeutig definiert wird, zu welchem Zweck die Daten vorgehalten werden, zweitens dadurch, dass nur ganz bestimmte Datentypen auf Vorrat gespeichert werden dürfen, und drittens durch eine Begrenzung der Speicherungsfrist. Eine weitere wichtige Garantie ist der Umstand, dass die Richtlinie auf den Inhalt der Nachrichtenübermittlung nicht anwendbar ist – dies käme einem Abhören der Telekommunikationsverbindungen gleich, wofür dieses Rechtsinstrument keinerlei Rechtsgrundlage bietet.

Für die Verarbeitung der nach dieser Richtlinie von Diensteanbietern und Netzbetreibern auf Vorrat gespeicherten personenbezogenen Daten gelten die allgemeinen und besonderen Datenschutzbestimmungen der Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG. Konkret heißt dies, dass sich spezielle Zusatzbestimmungen zu allgemeinen Datenschutzgrundsätzen und zur Datensicherheit erübrigen. Es bedeutet auch, dass die Verarbeitung der Daten der uneingeschränkten Aufsicht durch die Datenschutzbehörden der Mitgliedstaaten unterliegt.

2. ANHÖRUNG INTERESSIERTER KREISE UND WIRKUNGSANALYSE

- Anhörung interessierter Kreise

Methoden und Hauptadressaten der Anhörung sowie allgemeines Profil der Auskunftspersonen

Die Anhörungen zur Frage der Vorratsdatenspeicherung begannen bereits 2001 mit den Treffen des Cybercrime Forums. Zu Wort kamen Vertreter von Strafverfolgungsbehörden, Vertreter der Branche für elektronische Kommunikation und Datenschutzexperten.

Am 14. Juni 2004 fand unter der Schirmherrschaft des Europäischen Forums zur Verhütung von organisierter Kriminalität ein Ad-hoc-Rundtischgespräch statt, an dem Vertreter von Strafverfolgungs- und Datenschutzbehörden sowie Branchenvertreter teilnahmen. Am 30. Juli 2004 legten die Generaldirektionen INSFO und JLS im Vorfeld eines öffentlichen Workshops, der am 21. September 2004 stattfand, ein gemeinsames Konsultationspapier zum Thema Vorratsdatenspeicherung vor. Hierzu gingen zahlreiche Beiträge und Reaktionen insbesondere von Branchenverbänden und Bürgerrechtsvereinigungen ein. Der Workshop vom 21. September lieferte der Kommission weiteres Material, auf das sie sich stützen konnte.

Im Rahmen der Ausarbeitung des Vorschlags hat die Kommission auch die breite öffentliche Debatte zu diesem Thema und die Debatten hierzu im Europäischen Parlament berücksichtigt.

Zusammenfassung und Berücksichtigung der Antworten

Das Konsultationsverfahren bestätigte, dass die Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten für die Strafverfolgungsbehörden ein außerordentlich wichtiges Instrument bei der Verhütung und Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus ist. Die Strafverfolgungsbehörden erklärten, die Vorhaltungszeiträume müssten hinreichend lang sein und es müssten alle nötigen Daten gespeichert werden können. Speziell bei umfangreichen Ermittlungen im Fall von Kapitalverbrechen, die sich über mehrere Jahre erstrecken könnten, würden regelmäßig auch länger zurückliegende Daten benötigt. Es wurde eine Reihe von Beispielsfällen – überwiegend Bombenanschläge und Tötungsdelikte - angeführt, in denen sich solche Daten für die strafrechtlichen Ermittlungen als äußerst wertvoll erwiesen hatten.

Vertreter der europäischen Dachverbände der Telekommunikations- und Internetbranche sowie einzelne in der elektronischen Kommunikation tätige Unternehmen erklärten ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, gaben aber zu bedenken, dass lange Vorratsspeicherungszeiten erhebliche Kosten verursachen würden und eine Datensicherung ausreichen würde. Davon abgesehen plädierten sie für eine Speicherungsfrist von maximal sechs Monaten, da ein Großteil der von den Strafverfolgungsbehörden angeforderten Daten ohnehin nicht älter als sechs Monate sei, und forderten ein Ausgleich für die anfallenden Zusatzkosten.

Die Vertreter der Datenschutzbehörden und Bürgerrechtsvereinigungen bezeichneten die Vorratsdatenspeicherung als einen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger, weshalb die Speicherungsfristen so kurz wie möglich sein müssten. Überhaupt sei es ihrer Ansicht nach zweifelhaft, ob Speicherungsfristen von mehr als sechs Monaten noch als verhältnismäßig gelten könnten. Sie äußerten auch Vorbehalte gegenüber dem Zweck und den Zielen der Vorratsspeicherung; diese müssten genauestens dargelegt werden.

Der vorliegende Vorschlag ist ausgewogen und stützt sich auf die beigefügte Wirkungsanalyse. Mit Speicherungsfristen von einem Jahr für Verkehrsdaten für Gespräche im Fest- und Mobilfunknetz bzw. von sechs Monaten für Verkehrsdaten, die sich auf die Nutzung des Internet beziehen, wird den Bedürfnissen der Strafverfolgungsbehörden weitgehend Genüge getan, während sich der Kostenaufwand für die Branche und der Eingriff in die Privatsphäre der Bürger in Grenzen hält. Eine Speicherungsfrist von sechs Monaten für alle Daten wäre zu kurz gewesen, da, obgleich sich ein groβer Teil der Anfragen der Strafverfolgungsbehörden auf Daten beziehen, die nicht älter als sechs Monate sind, Daten, die älter als sechs Monate sind, im allgemeinen im Zusammenhang mit den schwersten Verbrechen wie Terrorismus, organisierter Kriminalität oder Mord angefordert werden.

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Externes Fachwissen wurde nicht benötigt.

- Wirkungsanalyse

Es wurden verschiedenen Möglichkeiten in Betracht gezogen. Im Jahr 2002 hatte der Rat ausdrücklich dazu aufgerufen, im Rahmen eines Dialogs auf nationaler und EU-Ebene nach einer Lösung für die Frage der Vorratsdatenspeicherung zu suchen, die sowohl dem Bedarf nach einem wirksamen Instrument zur Verhütung, Untersuchung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten als auch der Notwendigkeit des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere ihres Rechts auf Schutz des Privatlebens, Datenschutz und Wahrung des Briefgeheimnisses gerecht wird. Trotz der öffentlichen Anhörung und breiten öffentlichen Debatte zu diesem Thema - auch im Europäischen Parlament - ließen sich jedoch keine vorbehaltlos akzeptierten Lösungen finden.

Es damit bewenden zu lassen würde jedoch bedeuten, dass das derzeitige Sammelsurium unterschiedlicher Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung bestehen bliebe. Eine unverbindliche Regelung (“soft law”) wurde verworfen, da sie nicht das nötige Maß an Rechtssicherheit bietet. Eine auf der dritten Säule beruhenden Maßnahme zur Vorratsdatenspeicherungspflicht kam deshalb nicht in Frage, weil damit gegen bestehendes Gemeinschaftsrecht verstoßen worden wäre. Auch der Europäische Rat forderte in seiner Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus letztlich eine gesetzliche Regelung.

Der Erlass einer Richtlinie bietet das im Binnenmarkt erforderliche Maß an Harmonisierung. Anders als bei einer Verordnung bleibt den Mitgliedstaaten bei der Durchführung ein gewisser Handlungsspielraum. Eine Verordnung hätte vor allem angesichts der Unterschiede in der von den Betreibern verwendeten technischen Architektur ein zu starres Korsett geliefert. Die Richtlinie hingegen lässt den Mitgliedstaaten ausreichenden Spielraum für eine Anpassung an nationale Zwänge. Der Status quo ist jedenfalls in Anbetracht der durch unterschiedliche einzelstaatliche Vorschriften in diesem Bereich erzeugten Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs nicht länger haltbar. Die Wahl dieses Rechtsinstruments sowie von Artikel 95 EGV als Rechtsgrundlage ergibt sich auch aus dem internen Arbeitspapier der Kommission SEK(2005) 420 vom 22. März 2005, das eine rechtliche Würdigung hierzu enthält. Der Bericht über die von der Kommission durchgeführte Wirkungsanalyse ist abrufbar unter http://europa.eu.int/comm/dgs/justice_home/evaluation/dg_coordination_evaluation_annexe_en.htm.

3. RECHTLICHE ASPEKTE DES VORSCHLAGS

- Zusammenfassung des Vorschlags

Durch die geplante Richtlinie sollen die Pflichten für Anbieter von öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdiensten bzw. Betreiber eines öffentlichen Kommunikationsnetzes im Zusammenhang mit der Vorratsspeicherung bestimmter Daten zwecks Weiterleitung an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten mit dem Ziel der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten wie Terrorismus und organisierter Kriminalität harmonisiert werden.

- Rechtsgrundlage

Artikel 95 EG-Vertrag.

- Subsidiaritätsprinzip

Es gilt das Subsidiaritätsprinzip, da der Vorschlag nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt.

Die Ziele des Vorschlags können aus folgenden Gründen nicht hinreichend von den Mitgliedstaaten verwirklicht werden:

Die Mitgliedstaaten können die Vorratsspeicherungsfristen für Verkehrsdaten allein nicht angleichen. Durch das vom Europäischen Rat geforderte Tätigwerden der EU wird sichergestellt, dass die Verkehrsdaten in der gesamten Europäischen Union auf Vorrat gespeichert und den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt werden können.

Da der Erfolg der Arbeit der Strafverfolgungsbehörden von der internationalen Zusammenarbeit abhängt und sich unterschiedliche nationale Vorgehensweisen negativ auf den Markt für elektronische Kommunikation auswirken, stellt eine europaweite Harmonisierung der Vorratsdatenspeicherungsregelungen die zweckmäßigste politische Lösung dar. Der Grundsatz der Kostenerstattung schafft gleiche Bedingungen für die im Binnenmarkt tätigen Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste.

Durch Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene lassen sich die Ziele aus folgenden Gründen besser erreichen:

Die Ziele des Richtlinienvorschlags lassen sich insofern besser auf EU-Ebene verwirklichen, als dadurch sichergestellt wird, dass die Verkehrsdaten in der gesamten Europäischen Union unter denselben Bedingungen auf Vorrat gespeichert und bei Bedarf den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Dies kommt auch der Branche zugute, vor allem jenen Unternehmen, die in mehreren Mitgliedstaaten elektronische Kommunikationsdienste anbieten, da sie ihre Technologie vereinheitlichen können.

Ein qualitativer Maßstab, der beweist, dass sich das Ziel besser auf Ebene der Union erreichen lässt, ist die Effizienz der Strafverfolgungsbehörden bei der Verhütung und Bekämpfung von Straftaten, vor allem in Fällen wie der organisierten Kriminalität und dem Terrorismus, die oft vor keinen Grenzen halt machen.

Der Vorschlag beschränkt sich auf das, was die Mitgliedstaaten selbst nicht in hinreichendem Maße leisten können und was die Union besser leisten kann, indem sie sich auf den Umfang der Vorratsspeicherungspflichten für Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste oder Betreiber eines öffentlichen Kommunikationsnetzes beschränkt. Der Vorschlag stellt es den Mitgliedstaaten anheim zu entscheiden, welche Behörden unter welchen Bedingungen Zugang zu den vorgehaltenen Daten erhalten. Fragen des Zugangs zu den Informationen und des Austauschs zwischen den einschlägigen Strafverfolgungsbehörden fallen nicht in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags.

In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass die Kommission dabei ist, auf der Grundlage des Vertrags über die Europäische Union Legislativvorschläge zum Grundsatz der Verfügbarkeit von Information für Strafverfolgungsbehörden und zur Festlegung von Datenschutzgrundsätzen für die dritte Säule auszuarbeiten. Ferner sei angemerkt, dass diese Richtlinie den Zugriff auf die auf Vorrat gespeicherten Daten zu keinem anderen Zweck als zu Strafverfolgungszwecken gestattet; so ist beispielsweise Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste der Zugang verwehrt.

Der Vorschlag entspricht daher dem Subsidiaritätsprinzip.

- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag steht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang, da seine Auswirkungen auf die Bürger und die Wirtschaft so gering wie möglich gehalten wurden. Außerdem bezieht sich dieses Rechtsinstrument ausschließlich auf die von den Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste verarbeiteten Verkehrsdaten. Der Inhalt der elektronischen Nachrichtenübermittlungen ist vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen.

Die Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten, insbesondere des Rechts auf Leben, und ein möglichst geringer Eingriff in die Privatsphäre – dies waren die beiden Eckpunkte, von denen sich die Kommission bei dem Versuch, einen bestmöglichen Ausgleich zwischen den einschlägigen sozialen, wirtschaftlichen, individuellen und Sicherheitsinteressen zu schaffen, hat leiten lassen.

Der Richtlinienvorschlag trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung; dies spiegelt sich vor allem in den vorgeschlagenen Speicherungsfristen, der Unterscheidung zwischen Telefon- und Internetdaten, der geringen Menge der auf Vorrat zu speichernden Datenkategorien und der Kostenerstattungsregelung wider. Vor allem aber dürfen die vorgehaltenen Daten den Strafverfolgungsbehörden nur für einen genau definierten Zweck zur Verfügung gestellt werden. Auf die auf Vorrat gespeicherten Daten finden die Datenschutzbestimmungen uneingeschränkt Anwendung; die Auswirkungen auf die Rechte des Einzelnen und der Wirtschaftsteilnehmer sind infolge der Beschränkung auf einige wenige Arten von Verkehrsdaten begrenzt. Mit den kürzeren Speicherungsfristen für internetspezifische Verkehrsdaten im Vergleich zu den im Zuge der ‚herkömmlichen’ Sprachübermittlung im Fest- und Mobilfunknetz erzeugten Verkehrsdaten wird den gegenwärtigen Unternehmenspraktiken insofern Rechnung getragen, als dadurch die Menge der auf Vorrat zu speichernden Daten merklich gesenkt wird.

Die finanzielle und administrative Belastung für Staat, Wirtschaft und Bürger wurde auf ein Minimum reduziert. So sorgt die Richtlinie zum einen für eine Harmonisierung, wodurch die den Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste bzw. Betreibern eines öffentlichen Kommunikationsnetzes infolge der Umsetzung der Richtlinie entstehenden Kosten geringer ausfallen. Außerdem halten sich die Kosten infolge der kurzen Speicherungsfristen und der geringen Menge an auf Vorrat zu speichernden Datenkategorien in Grenzen. Die durch die Kostenerstattungsregelung für die Mitgliedstaaten entstehenden Zusatzkosten sind angesichts der Bedeutung der Maßnahme für die Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus als verhältnismäßig anzusehen (siehe die Wirkungsanalyse).

Die vorliegende Richtlinie lässt das Recht der Mitgliedstaaten, in Ausnahmefällen, beispielsweise, wenn der Tatverdächtige oder die kriminelle Vereinigung bereits bekannt sind, oder bei Terroranschlägen, besondere Datensicherungsmaßnahmen zu verlangen, unberührt.

- Gewähltes Rechtsinstrument

Vorgeschlagen wird eine Richtlinie.

Andere Instrumente wären aus folgendem Grund nicht angemessen.

Die Frage, welches die richtige Rechtsgrundlage für einen Vorschlag über Vorratsdatenspeicherung ist, war erst kürzlich Gegenstand eines Arbeitspapiers der Kommission. Der darin vertretene Standpunkt lautet kurz gesagt, dass die Frage der Vorhaltung von Verkehrsdaten schon in früheren, auf der ersten Säule basierenden Rechtsinstrumenten (Richtlinien 2002/58/EG und 95/46/EG) behandelt wurde. Nur weil seinerzeit in der Frage der Dauer der Vorratsdatenspeicherung keine Einigung erzielt werden konnte, blieb eine weitergehende Angleichung der Vorschriften in der Richtlinie 2002/58/EG aus. Hieraus wird der Schluss gezogen, dass jedes weitere Rechtsinstrument zum Thema Vorratsdatenspeicherung (und nur dazu) ebenfalls auf der ersten Säule beruhen sollte (im Gegensatz zu etwaigen Vorschriften zur Regelung des Austauschs solcher Daten zwischen Strafverfolgungsbehörden und des Zugangs zu ihnen). Diese Sichtweise steht im Einklang mit Artikel 47 des Vertrags über die Europäische Union, der das Verhältnis zwischen dem Vertrag über die Europäische Union und dem EG-Vertrag regelt. Danach wird der nach dem EG-Vertrag angenommene Rechtsrahmen durch etwaige nach dem Vertrag über die Europäische Union angenommene Rechtsinstrumente nicht berührt.

4. AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt.

5. ERGÄNZENDE INFORMATIONEN

- Überprüfungs-/Revisions-/Verfallsklausel

Der Vorschlag enthält eine Überprüfungsklausel. Um die Kommission bei dieser Aufgabe zu unterstützen, soll eine Beratungsplattform geschaffen werden. Im Rahmen einer solchen Plattform könnten Experten für elektronische Kommunikation mit Vertretern von Strafverfolgungs- und Datenschutzbehörden zusammengebracht werden.

- Entsprechungstabelle

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission den Wortlaut ihrer nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie mitzuteilen und eine Tabelle der Entsprechungen zwischen diesen Vorschriften und denen der Richtlinie zu übermitteln.

2005/0182 (COD)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission[1],

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses[2],

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen[3],

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr [4]verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere zum Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, um den freien Verkehr personenbezogener Daten in der Gemeinschaft zu ermöglichen.

(2) Die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation[5] transponiert die Grundsätze der Richtlinie 95/46/EG in besondere Vorschriften für den Bereich der elektronischen Kommunikation.

(3) Die Artikel 5, 6 und 9 der Richtlinie 2002/58/EG enthalten Vorschriften für die Verarbeitung von Verkehrs- und Standortdaten, die im Zuge der Nutzung elektronischer Kommunikationsdienste erzeugt wurden, durch Netzbetreiber und Diensteanbieter. Daten dieser Art müssen gelöscht oder anonymisiert werden, sobald sie zur Nachrichtenübermittlung nicht mehr benötigt werden. Für die Abrechnung von Gebühren oder Zusammenschaltungsentgelten erforderliche Daten dürfen hingegen gespeichert werden. Mit Einwilligung des Betroffenen dürfen bestimmte Daten auch für Vermarktungszwecke oder die Bereitstellung von Diensten mit einem Zusatznutzen verarbeitet werden.

(4) In Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie 2002/58/EG ist festgelegt, unter welchen Bedingungen die Mitgliedstaaten die Rechte und Pflichten gemäß Artikel 5, Artikel 6, Artikel 8 Absätze 1, 2, 3 und 4 sowie Artikel 9 der Richtlinie beschränken dürfen. Danach müssen etwaige Abweichungen zum Zwecke der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, d. h. für die nationale Sicherheit (bzw. Landesverteidigung), die öffentliche Sicherheit oder die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten oder des unzulässigen Gebrauchs von elektronischen Kommunikationssystemen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, angemessen und verhältnismäßig sein.

(5) Einige Mitgliedstaaten haben Rechtsvorschriften über eine Vorratsspeicherung von Daten zum Zwecke der Vorhütung, Untersuchung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten erlassen, die jedoch untereinander stark variieren.

(6) Die sowohl rechtlich als auch technisch von Land zu Land unterschiedlich geregelte Vorratsdatenspeicherung zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten beeinträchtigt den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation, da Diensteanbieter mit unterschiedlichen Anforderungen in Bezug auf die zu speichernden Datentypen, die für die Vorratsspeicherung geltenden Bedingungen und die Dauer der Vorratsspeicherung konfrontiert sind.

(7) Der Rat „Justiz und Inneres“ hat sich in seinen Schlussfolgerungen vom 20. September 2001 dafür ausgesprochen, die Strafverfolgungsbehörden in die Lage zu versetzen, im Zusammenhang mit kriminellen Handlungen zu ermitteln, für die u. a. elektronische Kommunikationssysteme genutzt wurden, und rechtliche Schritte gegen die Urheber einzuleiten, wobei allerdings darauf zu achten ist, dass ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und der Notwendigkeit des Zugangs der Strafverfolgungsbehörden zu Daten für strafrechtliche Ermittlungszwecke gewährleistet wird.

(8) In seinen Schlussfolgerungen vom 19. Dezember 2002 stellt der Rat „Justiz und Inneres“ fest, dass die beträchtliche Ausweitung der Möglichkeiten bei der elektronischen Kommunikation dazu geführt hat, dass Daten über die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel heutzutage ein besonders wichtiges und hilfreiches Mittel bei der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten und insbesondere von organisierter Kriminalität darstellen.

(9) In der vom Europäischen Rat am 25. März 2004 angenommenen Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus wurde der Rat aufgefordert, Vorschläge für Rechtsvorschriften über die Aufbewahrung von Verkehrsdaten durch Diensteanbieter zu prüfen.

(10) In der vom Rat auf einer außerordentlichen Sitzung am 13. Juli 2005 verabschiedeten Erklärung wird nochmals auf die Notwendigkeit verwiesen, so rasch wie möglich Maßnahmen zur Vorratsspeicherung von im Rahmen elektronischer Nachrichtenübermittlungen erzeugter Verkehrsdaten zu erlassen.

(11) Sowohl wissenschaftliche Untersuchungen als auch praktische Erfahrungen in mehreren Mitgliedstaaten haben gezeigt, dass Verkehrsdaten für die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten wie Terrorakten und organisierter Kriminalität von großer Bedeutung sind. Aus diesem Grund muss sichergestellt werden, dass die Daten, die bei der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste von den Anbietern dieser Dienste verarbeitet werden, für einen bestimmten Zeitraum auf Vorrat gespeichert werden.

(12) Die Kategorien der auf Vorrat zu speichernden Daten wurden so gewählt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Nutzen für die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten und dem Grad des dadurch verursachten Eingriffs in die Privatsphäre besteht. Die geltende Speicherungsfrist von einem Jahr bzw. sechs Monaten bei Daten im Zusammenhang mit elektronischen Nachrichtenübermittlungen unter ausschließlicher Verwendung des Internetprotokolls stellt ebenfalls einen vernünftigen Kompromiss unter Berücksichtigung aller Interessen dar.

(13) In Anbetracht der Tatsache, dass die Vorratsspeicherung von Daten für die Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste bedeutende zusätzliche Kosten hervorruft, während sich die Nutzen hinsichtlich der öffentlichen Sicherheit auf die Gesellschaft im allgemeinen auswirken, ist es angemessen, vorzusehen, dass die Mitgliedstaaten den Anbietern die Zusatzkosten, welche ihnen in Erfüllung der aus der Richtlinie erwachsenden Verpflichtungen nachweislich entstehen, erstatten werden.

(14) Die technische Entwicklung in der elektronischen Kommunikation schreitet rasch voran und damit steigen auch die Anforderungen, die die zuständigen Behörden legitimerweise an die Vorratsspeicherung stellen. Die Kommission will daher eine Plattform einsetzen, die aus Vertretern von Strafverfolgungsbehörden, Branchenvertretern und Vertretern der europäischen Datenschutzbehörden besteht und sie in diesen Fragen berät.

(15) Die Richtlinie 95/46/EG sowie die Richtlinie 2002/58/EG sind auf die gemäß dieser Richtlinie auf Vorrat gespeicherten Daten uneingeschränkt anwendbar. Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe c) der Richtlinie 95/46/EG verlangt die Anhörung der durch Artikel 29 eingesetzten Datenschutzgruppe.

(16) Die Mitgliedstaaten müssen durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen sicherstellen, dass die gemäß dieser Richtlinie auf Vorrat gespeicherten Daten nur in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und unter vollständiger Achtung der Grundrechte der betroffenen Personen an die zuständigen nationalen Behörden weitergegeben werden. Der nationale Gesetzgeber muss insbesondere geeignete Bedingungen, Schranken und Garantien festlegen, die dafür sorgen, dass die Bereitstellung der auf Vorrat gespeicherten Daten mit den Grundrechten im Einklang steht, so wie sie unter anderem von der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantiert werden.

(17) Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse[6] beschlossen werden.

(18) Das Ziel der in Betracht gezogenen Maßnahme, nämlich Harmonisierung der Pflichten für Diensteanbieter bzw. Netzbetreiber im Zusammenhang mit der Vorratsspeicherung bestimmter Daten, die der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten wie Terrorismus und organisierter Kriminalität dienen, kann von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht und wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme daher besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden. Die Gemeinschaft darf daher gemäß dem in gemäß Artikel 5 EG-Vertrag verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(19) Die Richtlinie wahrt die vor allem mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Grundrechte und Grundsätze. In Verbindung mit der Richtlinie 2002/58/EG ist die Richtlinie bestrebt, die volle Wahrung des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens der Bürger und ihrer Kommunikation sowie auf Schutz personenbezogener Daten (Artikel 7 und 8 der Charta) zu gewährleisten ―

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1 Gegenstand und Anwendungsbereich

1. Mit dieser Richtlinie sollen die Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Pflichten von Anbietern öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder Betreibern eines öffentlichen Kommunikationsnetzes im Zusammenhang mit der Verarbeitung und Vorratsspeicherung bestimmter Daten harmonisiert werden, um sicherzustellen, dass die Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten wie Terrorismus und organisierter Kriminalität zur Verfügung stehen.

2. Die Richtlinie gilt für Verkehrs- und Standortdaten sowohl von natürlichen als auch von juristischen Personen sowie für alle damit in Zusammenhang stehende Daten, die zur Feststellung des Teilnehmers oder registrierten Nutzers erforderlich sind. Sie gilt nicht für den Inhalt elektronischer Nachrichtenübermittlungen einschließlich solcher Informationen, die mit Hilfe eines elektronischen Kommunikationsnetzes abgerufen werden.

Artikel 2 Begriffsbestimmungen

1. Für die Zwecke dieser Richtlinie finden die Begriffsbestimmungen der Richtlinien 95/46/EG, 2002/21/EG[7] und 2002/58/EG Anwendung.

2. Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a) ‚Daten’ Verkehrsdaten und Standortdaten sowie alle damit in Zusammenhang stehende Daten, die zur Feststellung des Teilnehmers oder Nutzers erforderlich sind,

b) ‚Nutzer’, jede natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst für private oder geschäftliche Zwecke nutzt, ohne diesen Dienst notwendigerweise abonniert zu haben.

Artikel 3 Vorratsspeicherungspflicht

1. Abweichend von den Artikeln 5, 6 und 9 der Richtlinie 2002/58/EG tragen die Mitgliedstaaten durch entsprechende Maßnahmen dafür Sorge, dass Daten, die in ihrem Rechtsraum im Zuge der Bereitstellung von Kommunikationsdiensten von Anbietern öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder Betreibern eines öffentlichen Kommunikationsnetzes erzeugt oder verarbeitet werden, gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie auf Vorrat gespeichert werden.

2. Die Mitgliedstaaten tragen durch entsprechende Maßnahmen dafür Sorge, dass die gemäß dieser Richtlinie zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten wie Terrorismus und organisierter Kriminalität auf Vorrat gespeicherten Daten nur in ganz bestimmten Fällen und in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften an die zuständigen nationalen Behörden weitergegeben werden.

Artikel 4 Für die Vorratsspeicherung in Frage kommende Datenkategorien

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass gemäß dieser Richtlinie folgende Datenkategorien auf Vorrat gespeichert werden:

1. zur Rückverfolgung und Identifizierung der Quelle einer Nachricht benötigte Daten

2. zur Rückverfolgung und Identifizierung des Adressaten einer Nachricht benötigte Daten

3. zur Bestimmung von Datum, Uhrzeit und Dauer einer Nachrichtenübermittlung benötigte Daten

4. zur Bestimmung der Art einer Nachrichtenübermittlung benötigte Daten

5. zur Bestimmung der (mutmaßlichen) Endeinrichtung benötigte Daten

6. zur Bestimmung des Standorts mobiler Geräte benötigte Daten.

Die gemäß den oben genannten Datenkategorien auf Vorrat zu speichernden Datentypen sind im Anhang im Einzelnen aufgeführt.

Artikel 5 Überarbeitung des Anhangs

Der Anhang wird gemäß dem in Artikel 6 Absatz 2 festgelegten Verfahren regelmäßig überarbeitet.

Artikel 6 Ausschuss

1. Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.

2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

3. Der in Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG vorgesehene Zeitraum wird auf drei Monate festgesetzt.

Artikel 7 Speicherungsfristen

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Artikel 4 genannten Datenkategorien für den Zeitraum eines Jahres ab dem Zeitpunkt der Kommunikation auf Vorrat gespeichert werden. Dies gilt nicht für Daten im Zusammenhang mit elektronischen Nachrichtenübermittlungen, die ganz oder überwiegend unter Verwendung des Internet-Protokolls vorgenommen werden. Für letztgenannte Daten beträgt die Speicherungsfrist sechs Monate.

Artikel 8 Anforderungen an die Vorratsdatenspeicherung

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Daten gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie so gespeichert werden, dass sie und alle sonstigen damit zusammenhängenden erforderlichen Informationen unverzüglich an die zuständigen Behörden auf deren Anfrage hin weitergeleitet werden können.

Artikel 9 Statistik

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Europäischen Kommission jährlich eine Statistik über die Vorratsspeicherung von in Verbindung mit der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste verarbeiteten Daten übermittelt wird. Aus dieser Statistik muss hervorgehen,

- in welchen Fällen im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht Daten an die zuständigen Behörden weitergegeben worden sind,

- wie viel Zeit zwischen der Vorratsspeicherung der Daten und dem Zeitpunkt, zu dem sie angefordert wurden, vergangen ist und

- wie viele Anfragen der Behörden ergebnislos geblieben sind.

Die Statistik darf keine personenbezogenen Daten enthalten.

Artikel 10 Kosten

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste oder Betreibern eines öffentlichen Kommunikationsnetzes die Zusatzkosten, die ihnen in Erfüllung der ihnen aus dieser Richtlinie erwachsenden Verpflichtungen nachweislich entstanden sind, erstattet werden.

Artikel 11 Änderung der Richtlinie 2002/58/EG

In Artikel 15 der Richtlinie 2002/58/EG wird folgender Absatz 1a eingefügt:

“1a. Absatz 1 gilt nicht für Pflichten im Zusammenhang mit der Vorratsspeicherung von Daten zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten wie Terrorismus und organisierte Kriminalität, die durch die Richtlinie 2005/../EG geregelt werden*. *ABl. L … vom …, S. ..

Artikel 12 Bewertung

1. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens drei Jahre nach dem in Artikel 13 Absatz 1 genannten Zeitpunkt eine Bewertung der Anwendung dieser Richtlinie sowie ihrer Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Verbraucher vor, um festzustellen, ob die Bestimmungen dieser Richtlinie und insbesondere die in Artikel 7 festgelegte Speicherungsfrist gegebenenfalls geändert werden müssen. Hierzu greift sie auf die ihr gemäß Artikel 9 der Richtlinie zur Verfügung gestellten statistischen Daten zurück.

2. Die Kommission prüft zu diesem Zweck sämtliche Kommentare, die ihr von den Mitgliedstaaten oder der gemäß Artikel 29 der Richtlinie 95/46/EG eingesetzten Arbeitsgruppe für den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten übermittelt werden.

Artikel 13 Umsetzung

1. Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie bis spätestens fünfzehn Monate nach ihrer Annahme nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit und fügen eine vergleichende Tabelle zwischen diesen Vorschriften und den der vorliegenden Richtlinie bei.Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf dieser Richtlinie Bezug. Einzelheiten der Bezugnahme werden von den Mitgliedstaaten selbst geregelt.

2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 14 Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 15 Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am

Für das Europäische Parlament Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident

Anhang

Auf Vorrat zu speichernde Datentypen, aufgeschlüsselt nach den in Artikel 4 dieser Richtlinie genannten Datenkategorien:

a) zur Rückverfolgung und Identifizierung der Quelle einer Nachricht benötigte Daten:

7. Festnetz:

8. Rufnummer des anrufenden Anschlusses

9. Name und Anschrift des Teilnehmers bzw. registrierten Nutzers

10. Mobilfunk:

11. Rufnummer des anrufenden Anschlusses

12. Name und Anschrift des Teilnehmers bzw. registrierten Nutzers

13. Internetzugang, E-Mail per Internet und Sprachübermittlung per Internet:

14. die vom Internet-Provider für eine Nachrichtenübermittlung zugewiesene dynamische oder statische Internet-Protokoll-Adresse

15. die Benutzerkennung der Quelle einer Nachricht

16. die Anschlusskennung oder Rufnummer, die jeder Nachrichtenübermittlung über das öffentliche Telefonnetz zugewiesen wird

17. Name und Anschrift des Teilnehmers bzw. registrierten Nutzers, dem die IP-Adresse, Anschlusskennung oder Benutzerkennung zum Zeitpunkt der Nachrichtenübermittlung zugewiesen war

b) zur Rückverfolgung und Identifizierung des Adressaten einer Nachricht benötigte Daten:

18. Festnetz:

19. die angerufene(n) Rufnummer(n)

20. Name und Anschrift des bzw. der Teilnehmer bzw. registrierten Nutzer

21. Mobilfunk:

22. die angerufene(n) Rufnummer(n)

23. Name und Anschrift des bzw. der Teilnehmer bzw. registrierten Nutzer

24. Internetzugang, E-Mail per Internet und Sprachübermittlung per Internet:

25. Anschluss- oder Benutzerkennung des bzw. der geplanten Empfänger einer Nachricht

26. Name und Anschrift des bzw. der Teilnehmer oder registrierten Nutzer, an die die Nachricht gerichtet ist

c) zur Bestimmung von Datum, Uhrzeit und Dauer einer Nachrichtenübermittlung benötigte Daten:

27. Fest- und Mobilfunknetz:

28. Datum sowie der genaue Beginn und das genaue Ende der Nachrichtenübermittlung

29. Internetzugang, E-Mail per Internet und Sprachübermittlung per Internet:

30. Datum und Uhrzeit der An- und Abmeldung für eine Internet-Sitzung ausgehend von einer bestimmten Zeitzone

d) zur Bestimmung der Art einer Nachrichtenübermittlung benötigte Daten:

31. Festnetz:

32. der in Anspruch genommene Telefondienst, z.B. Sprachtelefonie, Telefonkonferenz, Telefax, Nachrichtenübermittlungsdienste

33. Mobilfunk:

34. der in Anspruch genommene Mobilfunkdienst, z.B. Sprachtelefonie, Telefonkonferenz, Kurznachrichtendienste (SMS, EMS oder MMS)

e) zur Bestimmung der (mutmaßlichen) Endeinrichtung benötigte Daten:

35. Mobilfunk:

36. internationale Mobilfunkteilnehmerkennung (IMSI) des anrufenden und angerufenen Anschlusses

37. internationale Mobilfunkgerätekennung (IMEI) des anrufenden und des angerufenen Anschlusses

38. Internetzugang, E-Mail per Internet und Sprachübermittlung per Internet:

39. die für die Einwahl verwendete Rufnummer

40. der DSL-Anschluss oder eine andere Endpunktkennung des Urhebers der Nachrichtenübermittlung

41. die MAC-Adresse (Media Access Control) oder sonstige Gerätekennung des vom Urheber der Nachrichtenübermittlung verwendeten Geräts

f) zur Bestimmung des Standorts mobiler Geräte benötigte Daten:

42. Funkzellen-Identifikationsnummer zu Beginn und am Ende der Nachrichtenübermittlung

43. Kartierung der Funkzellen-Identifikationsnummern zu Beginn und am Ende der Nachrichtenübermittlung.

[1] ABl. C […], […], S. […].

[2] ABl. C […], […], S. […].

[3] ABl. C […], […], S. […].

[4] ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

[5] ABl. L 201 vom 30.7.2002, S. 37.

[6] ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

[7] ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33.