52005DC0543

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU /* KOM/2005/0543 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 07.11.2005

KOM(2005) 543 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU

Vorschlag für einen

VERHALTENSKODEX

zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU

(von der Kommission vorgelegt)

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU

1. EINLEITUNG

1. Der Zweck dieser Mitteilung ist es, über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungpreisforums (nachstehend „Forum“ genannt) von Januar 2004 bis Mai 2005 im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU zu berichten und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen der Kommission darzulegen.

2. HINTERGRUND

2. Als Folgemaßnahme zu ihrer Studie „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“[1] schlug die Kommission in ihrer Mitteilung von 2001 mit dem Titel „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU“ [2] vor, ein Gemeinsames EU-Verrechnungspreisforum ins Leben zu rufen. Der Rat begrüßte diesen Vorschlag in seinen Schlussfolgerungen vom 11. März 2002.

Das Forum wurde von der Kommission im Juni 2002 offiziell eingerichtet und besteht aus je einem Experten aus den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten und insgesamt 10 Experten aus der Wirtschaft. Vertreter der Bewerberländer und des OECD-Sekretariats nehmen als Beobachter teil. Die Niederschriften über die Arbeiten des Forums können auf der Website der Kommission eingesehen werden[3].

3. Wie bereits in den Schlussfolgerungen des Rates zum Ausdruck gebracht, sollte das Forum konsensorientiert arbeiten und innerhalb des von den OECD-Verrechnungspreisleitlinien vorgegebenen Rahmens pragmatische, nicht legislative Lösungen für die praktischen Probleme bei der Verrechnungspreisgestaltung innerhalb der EU entwickeln.

4. Das Forum traf im Oktober 2002 zum ersten Mal zusammen und stellte ein Arbeitsprogramm für die folgenden zwei Jahre auf.

5. Die wichtigsten Ergebnisse dieser ersten Arbeitsphase des Forums waren die Schlussfolgerungen und Empfehlungen zu Aspekten des Schiedsübereinkommens (Übereinkommen 90/436/EWG vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen) und bestimmten damit verbundenen Aspekten der Verständigungsverfahren nach den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten.

6. Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Forums erarbeitete die Kommission eine Mitteilung[4] über die Tätigkeit des Forums von Oktober 2002 bis Dezember 2003, die auch einen Vorschlag für einen Verhaltenskodex zur effektiven Durchführung des Schiedsübereinkommens sowie zu bestimmten damit verbundenen Aspekten der Verständigungsverfahren nach den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten enthielt. Die Kommission legte diese Mitteilung am 23. April 2004 vor. Der vorgeschlagene Verhaltenskodex wurde vom Rat am 7. Dezember 2004 genehmigt.

7. Angesichts der konstruktiven Ergebnisse und der wichtigen noch nicht behandelten Punkte des Arbeitsprogramms des Forums verlängerte die Kommission im Dezember 2004 das Mandat des Forums um weitere zwei Jahre (von Januar 2005 bis Dezember 2006).

3. TÄTIGKEIT DES GEMEINSAMEN EU-VERRECHNUNGSPREISFORUMS VON JANUAR 2004 BIS MAI 2005

8. Ein Tätigkeitsbericht des Forums, der im Mai 2005 einstimmig angenommen wurde und die Arbeiten zum Thema Dokumentationspflichten betrifft, ist in einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen enthalten[5]. Der Tätigkeitsbericht fasst die Beratungen des Forums zusammen. Darin wird der Schluss gezogen, dass eine standardisierte und teilweise zentralisierte Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU der Entwicklung des Binnenmarktes zuträglich sein könnte.

9. Die Untersuchung von Verrechnungspreisdokumentationen für verbundene Unternehmen in der EU bildete von Januar 2004 bis Mai 2005 den Tätigkeitsschwerpunkt des Forums. Dabei wurde festgestellt, dass die Dokumentationsanforderungen in der EU zugenommen haben und zwischen den Mitgliedstaaten deutlich voneinander abweichen.

10. Die Existenz unterschiedlicher Dokumentationsvorschriften im Binnenmarkt ist ein Hindernis für Unternehmen, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind und beabsichtigen, in einem anderen Mitgliedstaat ein Unternehmen zu gründen oder dort mit einem verbundenen Unternehmen Geschäfte zu machen. Die Erstellung separater Einzeldokumentationen für die einzelnen Mitgliedstaaten ist unwirtschaftlich. Dieses Problem kann vor allem kleine und mittlere Unternehmen besonders hart treffen.

11. Um Abhilfe zu schaffen, hat das Forum verschiedene Ansätze zur Regelung der Dokumentationspflichten untersucht und nach Prüfung ihrer Vor- und Nachteile, vor allem im Hinblick auf Rechtssicherheit und Flexibilität, beschlossen, das Konzept einer standardisierten „EU-Verrechnungspreisdokumentation“ (EU Transfer Pricing Documentation – EUTPD) weiter zu verfolgen. Die Hauptmerkmale der EU-Verrechnungspreisdokumentation sind: Standardisierung der Anforderungen, die eine Dokumentation erfüllen muss, damit die Steuerverwaltung eine Risikoanalyse durchführen kann und genügend Informationen zur Beurteilung der konzerninternen Verrechnungspreise erhält; Möglichkeit, die Kerndokumentation („Masterfile“) auf Konzernebene zu zentralisieren; Verfügbarkeit einheitlicher standardisierter Verrechnungspreisinformationen über alle verbundenen Unternehmen eines multinationalen Konzerns in der EU für alle betroffenen EU-Mitgliedstaaten.

12. Das Forum erörterte außerdem folgende Themen: Einsatz von Datenbanken zur Ermittlung von Vergleichsdaten, Risikoanalyse, Vorschläge für allgemeinere Empfehlungen zu zeitlichen Aspekten der Dokumentation und zur Dokumentationserstellung, Zusammenfassung von Transaktionen, Vereinfachung der Dokumentationsanforderungen für KMU, sprachliche Anforderungen, Sanktionen wegen Verletzung der Dokumentationspflichten, Anwendung der Dokumentationsvorschriften auf Betriebsstätten und Auswirkungen des Wiederinkrafttretens des Schiedsübereinkommens am 1. November 2004.

3.1. Einsatz von Datenbanken zur Ermittlung von Vergleichsdaten

13. Steuerpflichtige und Steuerverwaltungen können die Übereinstimmung mit dem Fremdvergleichsgrundsatz konzerninterner Transaktionen auf unterschiedliche Weise belegen. Ihre Möglichkeiten reichen von der Verwendung leicht zugänglicher und deshalb bevorzugter unternehmens- bzw. konzerninterner Daten (interne Vergleichsdaten) bis zur Verwendung externer Vergleichsdaten aus unterschiedlichsten Quellen; denkbar ist z. B. auch die Abfrage von Datenbanken, sofern letztere dem Erfordernis der Vergleichbarkeit und den Regeln über die Zusammenfassung von Transaktionen genügen. Das Forum kam überein, dass die Steuerverwaltungen interne und externe Vergleichsdaten unter Berücksichtigung der spezifischen Fakten und Umstände des jeweiligen Einzelfalles bewerten sollten. So sollten beispielsweise Vergleichsdaten, die gesamteuropäischen Datenbanken entnommen sind, nicht automatisch abgelehnt werden. Die Verwendung externer Vergleichsdaten allein sollte nicht dazu führen, dass ein Steuerpflichtiger wegen Verletzung der Dokumentationspflichten mit Strafzuschlägen belegt wird.

3.2. Risikoanalyse

14. Die Globalisierung kompliziert die Besteuerung und erschwert es den Steuerverwaltungen, Handels- und Einkommensströme nachzuvollziehen. Sie bewirkt, dass immer mehr Einkommen unterschiedlichster Art im Ausland erzielt wird, wodurch die Steuerverwaltungen zunehmende Schwierigkeiten haben, die Korrektheit der Verrechnungspreisgestaltung eines Steuerpflichtigen nachzuprüfen. Auf der einen Seite müssen die Steuerverwaltungen angesichts begrenzter Ressourcen so effizient wie möglich arbeiten. Auf der anderen Seite sehen sich die Unternehmen mit unterschiedlichen und oft sehr umfassenden Dokumentationspflichten konfrontiert und laufen immer mehr Gefahr, wegen Nichterfüllung dieser Pflichten oder Verstoßes gegen den Fremdvergleichsgrundsatz Strafzuschläge zahlen zu müssen. Deshalb befasste sich das Forum kurz mit der Risikoanalyse im Zusammenhang mit den Dokumentationspflichten, und zwar aus Sicht der Steuerverwaltungen und der Wirtschaft, und erarbeitete konkrete, gemeinsame Ziele.

15. Für die Steuerverwaltungen ist die Risikoanalyse das wichtigste Instrument zur Fallauswahl sowie bei spezifischen Anfragen und Steuerprüfungen. Aus der Perspektive der Unternehmen hingegen lassen sich mit Hilfe einer Risikoanalyse bestimmte „Risiko-Geschäfte“ im Vorhinein feststellen, die unter Umständen ausführlichere Erläuterungen und eine genauere Dokumentation erfordern; außerdem kann sie dazu beitragen, das angewandte Verrechnungspreissystem zu verbessern.

16. Das gemeinsame Ziel des Risikomanagements von Unternehmen und Steuerverwaltungen besteht darin festzustellen, wie viel Aufwand und Kosten unter bestimmten Umständen für die Ermittlung des fremdüblichen Ergebnisses einer Transaktion zwischen verbundenen Unternehmen angemessen sind und wie der Nachweis zur Untermauerung dieses Ergebnisses geführt werden sollte. Die Risikoanalyse ermöglicht es mit anderen Worten Steuerverwaltungen und Unternehmen, ihre knappen Ressourcen so effizient und wirksam wie möglich einzuteilen und einzusetzen.

17. Das Forum kam zu dem Ergebnis, dass der Nutzen der Risikoanalyse für alle Beteiligten um so größer ist, je größer die Übereinstimmung ist zwischen Unternehmen und Steuerverwaltung über die Grundlagen der Risikoanalyse. Nach Ansicht des Forums wäre ein gemeinsam vereinbartes Verfahren zur Beurteilung steuerlicher Risiken zusammen mit dem Unternehmen insbesondere bei Verrechnungspreisfragen hilfreich.

18. Das Forum untersuchte den Risikoanalyseprozess, überprüfte Risikoindikatoren und –koeffizienten und erörterte die Anwendungsmöglichkeiten eines EU-weiten Risikoanalyseverfahrens sowie die möglichen Vorteile eines einheitlichen Vordrucks zur Risikoanalyse. Die Arbeiten zum Thema Risikoanalyse konnten jedoch nicht zu Ende geführt werden, da das Forum angesichts des knappen zeitlichen Rahmens beschloss, zunächst die Arbeiten zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU fortzusetzen.

3.3. Die EU-Verrechnungspreisdokumentation: Beschreibung des Konzepts

19. Nach Ansicht des Forums wäre ein gemeinsamer EU-weiter Ansatz bei den Dokumentationspflichten sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Steuerverwaltungen von Vorteil: Die Steuerpflichtigen hätten geringere Befolgungskosten und könnten Strafzuschläge wegen Nichterfüllung der Dokumentationspflichten besser vermeiden, und den Steuerverwaltungen würden größere Transparenz und Kohärenz die Arbeit erleichtern. Aus diesem Grund prüfte das Forum das Potenzial und die Vorteile mehrerer möglicher gemeinsamer Ansätze („beste Praxis“, „standardisierte“ Dokumentation, „zentralisierte (integrierte globale)“ Dokumentation). Das Forum stützte sich bei seinen Beratungen auf die Erfahrungen der Pacific Association of Tax Administrators (PATA) und die OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen und bemühte sich, dem Recht der Steuerverwaltungen, vom Steuerpflichtigen die Informationen zu verlangen, die sie zur Beurteilung der Fremdüblichkeit der Verrechnungspreis benötigen, und den Befolgungskosten des Steuerpflichtigen in ausgewogener Weise Rechnung zu tragen.

20. Nach Erörterung der Vor- und Nachteile einer standardisierten bzw. zentralisierten Dokumentation entwickelte das Forum einen neuen Ansatz, der als „EU-Verrechnungspreisdokumentation“ bezeichnet wird, in dem Aspekte der standardisierten Dokumentation und der zentralisierten (integrierten globalen) Dokumentation kombiniert sind. Die EU-Verrechnungspreisdokumentation besteht aus zwei Hauptteilen: Der erste Teil umfasst eine standardisierte Einheit mit den Informationen, die für alle in der EU ansässigen Konzerngesellschaften relevant sind (das so genannte „Masterfile“), und der zweite Teil besteht aus mehreren standardisierten Dokumentationseinheiten, die jeweils landesspezifische Informationen enthalten ("landesspezifische Dokumentation"). Beim Konzept der EU-Verrechnungspreisdokumentation hätte ein multinationaler Konzern demnach eine standardisierte und kohärente Dokumentation („Masterfile“ ergänzt durch die landesspezifische Dokumentation) auf Unternehmensebene.

21. Das „Masterfile“ sollte die wirtschaftliche Realität des Unternehmens abbilden und damit sozusagen eine „Blaupause“ des Unternehmens und seines Verrechnungspreissystems sein, die für alle beteiligten EU-Mitgliedstaaten relevant wäre. Das „Masterfile“ und die landesspezifische Dokumentation zusammen bilden die Gesamtdokumentation für den jeweiligen EU-Mitgliedstaat.

22. Die EU-Verrechnungspreisdokumentation sollte alle in der EU ansässigen Konzerngesellschaften sowie alle konzerninternen Transaktionen zwischen Unternehmen außerhalb der EU und Konzerngesellschaften, die in der EU ansässig sind, abdecken.

23. Sie wäre zum einen die Grundlage für die Beurteilung der Verrechnungspreise eines multinationalen Konzerns und zum anderen für den Steuerpflichtigen ein Instrument zur Risikoanalyse, d.h. zur Ermittlung von Transaktionen, die ausführlichere Erläuterungen und eine ausführlichere Dokumentation erfordern. Für die Steuerverwaltung wäre sie ein Instrument zur Fallauswahl sowie Ausgangspunkt für die Prüfung der Verrechnungspreisgestaltung eines Unternehmens. Die EU-Verrechnungspreisdokumentation könnte auch bewirken, dass sich die Qualität der Dokumentation verbessert und die Steuerpflichtigen ihren Dokumentationspflichten in den EU-Mitgliedstaaten besser nachkommen. Die Gefahr einer Doppelbesteuerung würde damit geringer und es würden auch seltener Strafzuschläge wegen Nichterfüllung der Dokumentationsvorschriften verhängt. Für die Steuerverwaltungen liegt der wichtigste Vorteil der EU-Verrechnungspreisdokumentation darin, dass alle beteiligten Steuerverwaltungen zu derselben Dokumentation und denselben Informationen im Masterfile Zugang hätten.

24. Das Konzept der EU-Verrechnungspreisdokumentation ist insofern flexibel, als die Steuerpflichtigen zu seiner Anwendung nicht verpflichtet sind und die Mitgliedstaaten beschließen können, auf jegliche Verrechnungspreisdokumentation zu verzichten oder aber weniger Informationen und Unterlagen zu verlangen als für die EU-Verrechnungspreisdokumentation vorgeschrieben.

25. Multinationale Unternehmen, die für die EU-Verrechnungspreisdokumentation optieren, sollten dieses Konzept generell in allen verbundenen Unternehmen anwenden, für die Verrechnungspreisvorschriften gelten. Es gibt jedoch multinationale Konzerne, die eine dezentralisierte organisatorische, rechtliche oder operative Struktur aufweisen oder aus mehreren großen Abteilungen mit völlig unterschiedlichen Produktlinien und Verrechnungspreisstrategien bestehen. Denkbar ist auch, dass gar keine konzerninternen Transaktionen zwischen den einzelnen Teilen eines multinationalen Konzerns stattfinden. Überdies braucht es unter Umständen eine gewisse Zeit, die EU-Verrechnungspreisdokumentation in einem multinationalen Konzern oder einem neu erworbenen Unternehmen umzusetzen. In all diesen Fällen könnte ein einziges Masterfile für alle EU-Konzerngesellschaften nicht angemessen sein. In hinreichend begründeten Fällen sollte es daher einem multinationalen Konzern gestattet werden, mehr als ein Masterfile zu erstellen oder bestimmte Konzerngesellschaften von der EU-Verrechnungspreisdokumentation auszunehmen.

26. Ein multinationaler Konzern sollte nicht willkürlich zwischen dem EUTPD-Konzept und anderen Dokumentationsansätzen wechseln, sondern eine kohärente, kontinuierliche Dokumentationspolitik verfolgen. Wenn also ein multinationaler Konzern für die EU-Verrechnungspreisdokumentation optiert, sollte er dieses Konzept in einer Weise anwenden, die EU-weit und in den jeweiligen Jahren kohärent ist.

27. Die Mitgliedstaaten müssen entscheiden, wie die EU-Verrechnungspreisdokumentation auf nationaler Ebene eingeführt werden soll (durch Gesetz, Verwaltungsanweisung, Verwaltungspraxis usw.), um deren Akzeptanz auf nationaler Ebene zu erreichen. Die Anwendung der EU-Verrechnungspreisdokumentation sollte flexibel gestaltet werden und den Besonderheiten des betroffenen Unternehmens Rechnung tragen. Vor allem von kleineren und weniger komplexen Unternehmen (einschließlich KMU) sollte nicht erwartet werden, dass sie genauso umfangreiche oder komplexe Dokumentationen vorlegen wie sie von größeren, komplexeren Unternehmen erwartet werden.

28. Das Masterfile sollte in einer Sprache vorgelegt und akzeptiert werden, die von den beteiligten Mitgliedstaaten verstanden wird. Übersetzungen des Masterfiles sollten nur vorgelegt werden, wenn dies ausdrücklich verlangt wird. Die landesspezifische Dokumentation sollte in der Sprache erstellt werden, die von dem jeweils betroffenen Mitgliedstaat vorgeschrieben ist, auch wenn der Steuerpflichtige dafür optiert hat, die landesspezifische Dokumentation in das Masterfile aufzunehmen.

29. Der Steuerpflichtige sollte der Steuerverwaltung seine EU-Verrechnungspreisdokumentation erst bei Beginn der Steuerprüfung oder auf ausdrückliche Anforderung vorlegen müssen. Dennoch bleibt jedem Mitgliedstaat das Recht vorbehalten, in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorzuschreiben, dass der Steuerpflichtige auf ausdrückliche Anforderung oder während einer Steuerprüfung zusätzlich zur EU-Verrechnungspreisdokumentation weitere Informationen und Unterlagen vorlegen muss.

30. Die Mitgliedstaaten sollten keine Strafzuschläge wegen Nichterfüllung der Dokumentationspflichten verhängen, wenn Steuerpflichtige in gutem Glauben, auf vernünftige Weise und in angemessener Zeit die Erfordernisse einer ordnungsgemäßen EU-Verrechnungspreisdokumentation oder die innerstaatlichen Dokumentationsanforderungen erfüllen und die fremdüblichen Preise ordnungsgemäß anhand ihrer Dokumentation ermitteln.

31. Steuerpflichtige vermeiden Strafzuschläge wegen mangelnder Mitwirkung, wenn sie für die EU-Verrechnungspreisdokumentation optiert haben und auf ausdrückliche Anforderung oder während einer Steuerprüfung in angemessener Weise und vertretbarer Zeit zusätzlich zur EU-Verrechnungspreisdokumentation weitere Informationen und Unterlagen vorlegen.

3.4. Wiederinkrafttreten des Schiedsübereinkommens

32. Nach seiner Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten ist das Protokoll zum Schiedsübereinkommen, das unter anderem dessen Geltungsdauer um jeweils fünf Jahre verlängert, am 1. November 2004 (rückwirkend zum 1. Januar 2000) in Kraft getreten.

33. Angesichts der unterschiedlichen Positionen, die die Mitgliedstaaten während des Übergangszeitraums einnahmen, in dem das Protokoll nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert war (vgl. Anhang 1 zum ersten Bericht des Forums[6]), vertrat das Forum die Ansicht, dass es sinnvoll sein könnte, die Probleme in Verbindung mit dem Wiederinkrafttreten dieses Instruments, insbesondere der steuerlichen Behandlung anhängiger Fälle, zu erörtern, um gemeinsame Lösungen zu finden und den Steuerpflichtigen Rechtssicherheit zu geben.

34. Den Antworten auf einen Fragebogen über anhängige Verständigungsverfahren nach dem EU-Schiedsübereinkommen zufolge, der den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten übermittelt worden war, waren am 31. Dezember 2004 insgesamt 109 Fälle anhängig. In 64 dieser Fälle dauerten die Verständigungsverfahren bereits mehr als zwei Jahre an und in 24 Fällen hatte der Steuerpflichtige den Antrag vor dem 1. Januar 2000 gestellt, so dass diese Fälle bereits mehr als fünf Jahre anhängig waren (es sei denn, die Zweijahresfrist wurde gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Schiedsübereinkommens verlängert).

35. Das Resultat dieser Fragebogenaktion unterstreicht die Bedeutung der Arbeiten des Forums an dem Verhaltenskodex zur wirksamen Durchführung des Schiedsübereinkommens[7]. Die Mitgliedstaaten werden daher dringend aufgefordert, sich in den bei ihnen anhängigen Verständigungsverfahren nach dem Schiedsübereinkommen rasch zu einigen, vor allem, wenn die Verfahren bereits länger als zwei Jahre dauern. Diejenigen Mitgliedstaaten, die an den 24 Fällen beteiligt sind, bei denen der Steuerpflichtige seinen Antrag vor dem 1. Januar 2000 gestellt hat, werden dringend aufgefordert, für diese Fälle umgehend beratende Ausschüsse einzusetzen und das Schlichtungsverfahren einzuleiten, damit die Doppelbesteuerung rasch beseitigt wird. Bei Anträgen, die vor dem 1. November 2004 gestellt wurden, sollte im Einklang mit dem Verlängerungsprotokoll das Schlichtungsverfahren (zweite Phase nach dem Übereinkommen) wie folgt eingeleitet werden (es sei denn, die Zweijahresfrist wurde gemäß Artikel 7 Absatz 4 des Übereinkommens verlängert):

- in den Fällen, in denen das Verständigungsverfahren mehr als zwei Jahre vor dem 1. November 2004 eingeleitet wurde: möglichst bald nach Inkrafttreten des Protokolls, d.h. nach dem 1. November 2004, und

- in den Fällen, in denen das Verständigungsverfahren weniger als zwei Jahre vor dem 1. November 2004 eingeleitet wurde: zwei Jahre nach Beginn des Verständigungsverfahrens.

3.5. Arbeitsprogramm des Forums für die Zukunft

36. In seiner Sitzung vom 14. Dezember 2004 beschloss das Forum, sich in den Jahren 2005 und 2006 mit folgenden Themen zu befassen:

- Alternative Streitvermeidungs- und Streitbeilegungsverfahren (einschließlich APA und Vorabkonsultation);

- Zinsen und Strafzuschläge im Zusammenhang mit Verrechnungspreisanpassungen;

- Bestimmte Aspekte der Beziehung zwischen Verständigungs- und Schlichtungsverfahren und gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsbehelfen und

- Einfluss der Rechnungslegungssysteme auf die Verrechnungspreisgestaltung (Folgen und Möglichkeiten stärker harmonisierter und integrierter Rechnungslegungssysteme für die Verrechnungspreisgestaltung).

3.6. Überwachung

37. Das Forum kam außerdem überein, die Kommission bei der Überwachung der Einhaltung des Verhaltenskodex' zur effektiven Durchführung des Schiedsübereinkommens durch die Mitgliedstaaten sowie der Ratifizierung des Übereinkommens über den Betritt der zehn neuen Mitgliedstaaten zum Schiedsübereinkommen[8] zu unterstützen, um zu beurteilen, inwieweit diese Instrumente die Doppelbesteuerung aufgrund von Gewinnberichtigungen bei verbundenen Unternehmen wirksam beseitigen.

4. FAZIT DER KOMMISSION

38. Angesichts des vorstehenden Berichts über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums kann die Kommission erneut nur wieder ihre Zufriedenheit über die Tätigkeit dieses Gremiums zum Ausdruck bringen. Die Experten aus den Mitgliedstaaten und der Wirtschaft haben die verschiedenen Themen offen und konstruktiv erörtert und pragmatische Lösungsvorschläge und Empfehlungen erarbeitet.

39. Nach Ansicht der Kommission hat das Forum im Rahmen seiner Beratungen zum Thema Verrechnungspreisdokumentation eine pragmatische Lösung für die in der Kommissionsstudie „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“ dargelegten Probleme entwickelt, die durch die höchst unterschiedlichen Dokumentationsvorschriften der Mitgliedstaaten entstehen. Ein gemeinsames Konzept für die Verrechnungspreisdokumentation dürfte zu einer Verringerung der Befolgungskosten und einer größeren Kohärenz der Dokumentationsvorschriften für Verrechnungspreiszwecke in der EU führen.

40. Nach Auffassung der Kommission ist der EUTPD-Ansatz das am besten geeignete und wirksamste Konzept für die Verrechnungspreisdokumentation der wachsenden Zahl konzerninterner grenzüberschreitender Transaktionen in der EU. Dieses neue Konzept wird die steuerlichen Hemmnisse für die grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit im Binnenmarkt verringern.

41. Die Kommission trägt die Schlussfolgerungen und Vorschläge, die in diesem zweiten Bericht des Verrechnungspreisforums dargelegt sind, in vollem Umfang mit. Darauf aufbauend hat die Kommission den beigefügten Verhaltenskodex betreffend die Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU ausgearbeitet.

42. Die Kommission fordert den Rat auf, den vorgeschlagenen Verhaltenskodex für die Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU anzunehmen. Sie fordert ferner die Mitgliedstaaten auf, die im Verhaltenskodex enthaltenen Empfehlungen rasch in innerstaatliche Rechts- oder Verwaltungsvorschriften umzusetzen.

43. Die Kommission unterstützt auch uneingeschränkt das neue Arbeitsprogramm, das sich das Forum in seiner Sitzung im Dezember 2004 gegeben hat und erwartet deutliche Fortschritte bei der Vermeidung und Beilegung von Steuerstreitigkeiten. Die Kommission wird über dieses Thema Bericht erstatten, sobald das Forum seine Arbeiten hierzu abgeschlossen hat.

44. Die Mitgliedstaaten werden gebeten, der Kommission jährlich über sämtliche Maßnahmen zu berichten, die sie zusätzlich zu diesem Verhaltenskodex ergriffen haben, und wie sich dieser in der Praxis bewährt. Auf der Grundlage dieser Berichte wird die Kommission diesen Verhaltenskodex in regelmäßigen Abständen überprüfen.

BEGRÜNDUNG

Als Folgemaßnahme zu ihrer Studie "Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt"[9] schlug die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung von 2001 mit dem Titel "Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse – Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU"[10] vor, ein "Gemeinsames EU Verrechnungspreisforum" (nachstehend: "Forum" genannnt) ins Leben zu rufen. Der Rat begrüßte diesen Vorschlag in seinen Schlussfolgerungen vom 11. März 2002 und das Forum wurde von der Kommission im Juni 2002 offiziell eingerichtet.

Die Kommission legte im April 2004 eine erste Mitteilung[11] über die Aktivitäten des Forums von Oktober 2002 bis Dezember 2003 vor, die auch einen Vorschlag für einen Verhaltenskodex zur effektiven Durchführung des Schiedsübereinkommens[12] sowie zu bestimmten damit zusammenhängenden Aspekten der Verständigungsverfahren nach den bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten enthielt. Der vorgeschlagene Verhaltenskodex wurde vom Rat im Dezember 2004 angenommen.

Angesichts der konstruktiven Ergebnisse und der wichtigen noch nicht behandelten Punkte des Arbeitsprogramms des Forums beschloß die Kommission im Jahre 2004, das ursprünglich auf zwei Jahre angelegte Mandat des Forums bis Ende 2006 zu verlängern.

Die Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU war der zweite Bereich des Arbeitsprogramms, der vom Forum beraten wurde. Ein EU-weiter, gemeinsamer Ansatz zu Dokumentationspflichten wurde sowohl für Steuerzahler, insbesondere im Hinblick auf die Verringerung der Befolgungskosten und des Risikos dokumentationsbezogener Strafzuschläge, als auch - wegen der größeren Transparenz und Kohärenz - für Steuerverwaltungen als vorteilhaft betrachtet.

Das Forum erörterte den Zweck und den Inhalt einer guten und effektiven Dokumentation, den Nutzen einer Risikoanalyse und die Frage der Beweislast, Erstellung, Einreichung und Aufbewahrung der Dokumentation, die Frage, in welcher Sprache die Verrechnungspreisdokumentation vorgelegt werden sollte, den Einsatz von Datenbanken zur Ermittlung von Vergleichsdaten und die Anwendung der Vorschriften über die Verrechnungspreisdokumentation auf Betriebsstätten.

In Abwägung der Vor- und Nachteile der traditionellen Ansätze ("beste Praxis", EU-weite, "standardisierte" Dokumentationsvorschriften, "zentralisierte" (integrierte, globale) Dokumentation), insbesondere im Hinblick auf Rechtssicherheit und Flexibilität, betrachtete das Forum schließlich ein neues Konzept, und zwar die standardisierte "EU-Verrechnungspreisdokumentation" (EU Transfer Pricing Documentation – EU TPD) als am bestn geeignet. Die EU-Verrechnungspreisdokumentation besteht aus zwei Hauptteilen: Der erste Teil umfasst eine standardisierte Einheit mit den Informationen, die für alle in der EU ansässigen Konzerngesellschaften relevant sind (das so genannte „Masterfile“), und der zweite Teil besteht aus mehreren standardisierten Dokumentationseinheiten, die jeweils landesspezifische Informationen enthalten ("landesspezifische Dokumentation") und zum "Masterfile" passen.

Die Hauptmerkmale der EU-Verrechnungspreisdokumentation sind: Standardisierung der Anforderungen, die eine Dokumentation erfüllen muss, damit die Steuerverwaltung eine Risikoanalyse durchführen kann und genügend Informationen zur Beurteilung der konzerninternen Verrechnungspreise erhält; Möglichkeit, die Kerndokumentation („Masterfile“) auf Konzernebene zu zentralisieren; Zugang aller betroffenen EU-Mitgliedstaaten zu einheitlichen, standardisierten Verrechnungspreisinformationen über alle verbundenen Unternehmen eines multinationalen Konzerns in der EU einzusehen.

Das Forum nahm seinen Bericht und die Schlussfolgerungen im Mai 2005 einvernehmlich an. Das Ergebnis der Arbeiten des Forums zur Dokumentation von Verrechnungspreisen ist in einer Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen festgehalten[13].

Die Beratungen des Forums und sein Bericht über Dokumentationen haben eindeutig die Notwendigkeit gezeigt, allen Beteiligten (Mitgliedstaaten und Wirtschaft) ein Instrument an die Hand zu geben, das Empfehlungen zur Dokumentation von Verrechnungspreisen enthält.

Die Kommission unterstützt die Schlußfolgerungen und die Empfehlungen, die im zweiten Bericht des Forums enthalten sind. Der neue Ansatz zur EU-Verrechnungspreisdokumentation verringert in der Tat die Befolgungskosten und führt zu größerer Vereinfachung und Transparenz sowie Kohärenz im Bereich der Verrechnungspreise.

Da das Ziel der vorgeschlagenen Maßnahme, die Erstellung einer standardisierten und teilweise zentralisierten (integrierten, globalen) Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU den in Artikel 5 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft niedergelegten Grundsatz der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit beachtet und für Unternehmen optional bleiben sollte, wird eine Kommissionsempfehlung für einen Verhaltenskodex, der vom Rat angenommen werden soll, als das angemessenste Rechtsinstrument betrachtet.

Vorschlag für einen

VERHALTENSKODEX

zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION UND DIE IM RAT VEREINIGTEN VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN –

GESTÜTZT auf die Studie der Europäischen Kommission über die „Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt“[14], den Vorschlag der Kommission in ihrer Mitteilung „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse - Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU“[15] von 2001 betreffend die Einsetzung eines „Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums“ (nachstehend „Forum“ genannt) sowie auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 11. März 2002, worin der Rat diesen Vorschlag und die Einsetzung des Forums im Juni 2002 begrüßte,

IN ERWÄGUNG NACHSTEHENDER GRÜNDE:

1. Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist.

2. In einem Binnenmarkt, der die Merkmale eines Inlandsmarktes besitzt, sollten Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen, die in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ansässig sind, nicht ungünstiger behandelt werden als dieselben Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen innerhalb ein und desselben Mitgliedstaates.

3. Im Interesse des ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarktes ist es von größter Bedeutung, die Befolgungskosten im Zusammenhang mit der Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen zu senken.

4. Dieser Verhaltenskodex gibt den Mitgliedstaaten und den Steuerpflichtigen ein wertvolles Instrument zur Anwendung einer standardisierten und teilweise zentralisierten Verrechnungspreisdokumentation in der EU an die Hand, um die Erfordernisse im Zusammenhang mit den Verrechnungspreisen bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu vereinfachen.

5. Würden die Mitgliedstaaten eine standardisierte und teilweise zentralisierte Verrechnungspreisdokumentation als Nachweis für die Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise in der EU anerkennen, könnten die Unternehmen größeren Nutzen aus dem Binnenmarkt ziehen.

6. Die Verrechnungspreisdokumentation in der EU ist vor dem Hintergrund der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu sehen.

7. Die Anwendung der standardisierten und teilweise zentralisierten Dokumentation sollte flexibel gestaltet werden und den Besonderheiten des betroffenen Unternehmens Rechnung tragen.

8. Ein Mitgliedstaat kann beschließen, auf Vorschriften zur Regelung der Verrechnungspreisdokumentation gänzlich zu verzichten oder geringere Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation zu stellen als in diesem Verhaltenskodex empfohlen.

IN ANERKENNUNG der Tatsache, dass ein gemeinsamer EU-weiter Ansatz bei den Dokumentationspflichten für die Unternehmen und die Steuerverwaltungen von Vorteil wäre, da die Unternehmen geringere Befolgungskosten hätten und Strafzuschläge wegen Nichterfüllung der Dokumentationspflichten besser vermeiden könnten und den Steuerverwaltungen die Arbeit durch größere Transparenz und Kohärenz erleichtert würde,

IN KENNTNIS der Mitteilung der Kommission von 2005 über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Unternehmensbesteuerung und einen Vorschlag für einen Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass der Verhaltenskodex eine politische Verpflichtung darstellt und somit die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten sowie die jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft, wie sie sich aus dem EG-Vertrag ergeben, unberührt lässt,

IN ANERKENNUNG der Tatsache, dass die Anwendung dieses Verhaltenskodexes Lösungen auf globalerer Ebene nicht behindern sollte —

NEHMEN FOLGENDEN VERHALTENSKODEX AN:

Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft betrifft dieser Verhaltenskodex die Anwendung einer standardisierten und teilweise zentralisierten Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU.

1. Die Mitgliedstaaten akzeptieren für verbundene Unternehmen in der EU eine standardisierte und teilweise zentralisierte Verrechnungspreisdokumentation – die im Anhang beschriebene so genannte „EU-Verrechnungspreisdokumentation“ (European Transfer Pricing Documentation – EUTPD) – und legen sie bei der Beurteilung der Verrechnungspreise eines multinationalen Konzerns als Kerndokumentation zu Grunde.

2. Die Verwendung der EU-Verrechnungspreisdokumentation ist multinationalen Konzernen freigestellt.

3. Die Mitgliedstaaten wenden hinsichtlich der Dokumentationsanforderungen bei der Betriebsstättengewinnermittlung vergleichbare Grundsätze an wie bei der Verrechnungspreisdokumentation.

4. Die Mitgliedstaaten tragen den im Anhang dargelegten allgemeinen Grundsätzen und Anforderungen angemessen Rechnung und lassen sich dadurch leiten, wo dies erforderlich ist.

5. Die Mitgliedstaaten sagen zu, dass sie von kleineren, weniger komplexen Unternehmen (einschließlich KMU) keine genauso umfangreiche und komplexe Dokumentation verlangen werden wie sie von größeren, komplexeren Unternehmen erwartet werden kann.

6. Die Mitgliedstaaten sollten

a) den Unternehmen durch das Verlangen nach Erstellung oder Vorlage einer Dokumentation keine unangemessenen Befolgungskosten oder Verwaltungsbelastungen auferlegen;

b) keine Dokumentation verlangen, die für die überprüften Transaktionen nicht von Belang ist, und

c) sicherstellen, dass in der Dokumentation enthaltene vertrauliche Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangen.

7. Die Mitgliedstaaten sollten keine Strafzuschläge wegen Nichterfüllung der Dokumentationspflichten verhängen, wenn Steuerpflichtige in gutem Glauben, auf vernünftige Weise und in angemessener Zeit die Erfordernisse der im Anhang beschriebenen standardisierten und kohärenten Dokumentation oder die innerstaatlichen Dokumentationsanforderungen erfüllen und die fremdüblichen Preise ordnungsgemäß anhand ihrer Dokumentation ermitteln.

8. Dieser Verhaltenskodex ist an die Mitgliedstaaten gerichtet; außerdem soll er die multinationalen Unternehmen zur Anwendung des EUTPD-Ansatzes ermutigen.

9. Um die einheitliche und wirksame Anwendung dieses Verhaltenskodexes zu gewährleisten, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, der Kommission jährlich über sämtliche Maßnahmen zu berichten, die sie zusätzlich zu diesem Verhaltenskodex ergriffen haben, und wie sich dieser in der Praxis bewährt. Auf der Grundlage dieser Berichte wird die Kommission dem Rat Bericht erstatten und gegebenenfalls eine Überprüfung dieses Verhaltenskodexes vorschlagen.

ANHANG ZUM VERHALTENSKODEX

EU-VERRECHNUNGSPREISDOKUMENTATION (EUTPD)

ABSCHNITT 1

INHALT DER EU-VERRECHNUNGSPREISDOKUMENTATION

1. Die standardisierte und kohärente EU-Verrechnungspreisdokumentation eines multinationalen Konzerns umfasst zwei Teile: (i) eine Dokumentationseinheit mit einheitlichen, standardisierten Informationen, die für alle in der EU ansässigen Konzerngesellschaften relevant sind (das so genannte „Masterfile“), und (ii) mehrere standardisierte Dokumentationseinheiten, die jeweils landesspezifische Informationen enthalten („landesspezifische Dokumentation“). Die EU-Verrechnungspreisdokumentation sollte hinreichend detailliert sein, damit die Steuerverwaltung in der Lage ist, eine Risikoanalyse zum Zwecke der Fallauswahl oder zu Beginn einer Steuerprüfung durchzuführen, zielführende und präzise Fragen zur Verrechnungspreisgestaltung der multinationalen Unternehmen zu stellen und die Verrechnungspreise für konzerninterne Transaktionen zu beurteilen. Vorbehaltlich der Bestimmungen unter Nummer 31 würde das Unternehmen für jeden betroffenen Mitgliedstaat eine einzige Gesamtdokumentation erstellen bestehend aus dem für alle Mitgliedstaaten anwendbaren einheitlichen Masterfile und der landesspezifischen Dokumentation für den jeweiligen Mitgliedstaat.

2. Die EU-Verrechnungspreisdokumentation sollte sämtliche nachstehend aufgeführten Elemente enthalten, wobei der Komplexität des Unternehmens und der Transaktionen Rechnung zu tragen ist. Soweit möglich, sollten konzernintern (z. B. für Managementzwecke) bereits verfügbare Daten verwendet werden. Ein multinationales Unternehmen kann jedoch aufgefordert werden, zum Zweck der EUTPD eine Dokumentation vorzulegen, die andernfalls nicht erstellt worden wäre.

3. Die EU-Verrechnungspreisdokumentation deckt alle in der EU ansässigen Konzerngesellschaften sowie die konzerninternen Geschäftsvorfälle zwischen Unternehmen außerhalb der EU und Konzerngesellschaften, die in der EU ansässig sind, ab.

4. Das Masterfile

4.1 Das „Masterfile“ sollte die wirtschaftliche Realität des Unternehmens abbilden und eine „Blaupause“ des multinationalen Konzerns und seines Verrechnungspreissystems liefern, die für alle beteiligten EU-Mitgliedstaaten relevant und verfügbar wäre.

4.2 Das Masterfile sollte folgende Elemente enthalten:

a) eine allgemeine Beschreibung des Unternehmens und der Unternehmensstrategie sowie der Änderungen der Unternehmensstrategie im Vergleich zum vorangegangenen Steuerjahr;

b) eine allgemeine Beschreibung der organisatorischen, rechtlichen und operativen Struktur des multinationalen Konzerns (einschließlich Organigramm, Verzeichnis der Konzerngesellschaften und Beschreibung der Beteiligungen der Muttergesellschaft an den Tochtergesellschaften);

c) die allgemeine Benennung aller verbundenen Unternehmen, die an konzerninternen Transaktionen mit Unternehmen in der EU beteiligt sind;

d) eine allgemeine Beschreibung der konzerninternen Transaktionen mit verbundenen Unternehmen in der EU, d. h. eine allgemeine Darstellung

(i) der Transaktionsströme (materielle und immaterielle Vermögenswerte, Dienstleistungen, Finanzgeschäfte);

(ii) der Rechnungsströme und

(iii) des Werts der Transaktionsströme;

e) eine allgemeine Beschreibung der wahrgenommenen Funktionen und der übernommenen Risiken sowie der diesbezüglichen Änderungen im Vergleich zum vorangegangenen Steuerjahr (z. B. Wandel von einer Vertriebsgesellschaft zum Kommissionär);

f) Übersicht über das Eigentum an immateriellen Vermögenswerten (z. B. Patente, Warenzeichen und Marken, Know-how) sowie über gezahlte oder vereinnahmte Lizenzgebühren;

g) Beschreibung der konzerninternen Verrechnungspreispolitik oder des konzerninternen Verrechnungspreissystems zur Erläuterung der Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise des Unternehmens;

h) eine Aufstellung der Kostenumlageverträge, APA und Rulings (verbindlichen Auskünfte) zu Verrechnungspreisaspekten, soweit Konzerngesellschaften in der EU betroffen sind;

(i) eine Selbstverpflichtung jedes inländischen Steuerpflichtigen, auf Anforderung innerhalb angemessener Zeit im Einklang mit den innerstaatlichen Vorschriften weitere Angaben zu machen.

5. Landesspezifische Dokumentation

5.1 Die landesspezifische Dokumentation ergänzt das Masterfile. Beide zusammen bilden die Gesamtdokumentation für den jeweiligen EU-Mitgliedstaat. Die landesspezifische Dokumentation wäre denjenigen Steuerverwaltungen zugänglich, die ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die von der Dokumentation erfassten Transaktionen angemessen besteuert werden.

5.2 Die landesspezifische Dokumentation sollte zusätzlich zum Masterfile folgende Elemente enthalten:

a) eine ausführliche Beschreibung des Unternehmens und der Unternehmensstrategie sowie der Änderungen der Unternehmensstrategie im Vergleich zum vorangegangenen Steuerjahr und

b) Informationen (d. h. Beschreibung und Erläuterung) zu landesspezifischen konzerninternen Transaktionen einschließlich:

(i) Transaktionsströme (materielle und immaterielle Vermögenswerte, Dienstleistungen, Finanzgeschäfte);

(ii) Rechnungsströme und

(iii) Wert der Transaktionsströme;

c) eine Vergleichbarkeitsanalyse, d. h.:

(i) spezifische Merkmale von Gütern und Dienstleistungen;

(ii) Funktionsanalyse (ausgeübte Funktionen, eingesetzte Vermögenswerte, übernommene Risiken);

(iii) Vertragsbedingungen;

(iv) wirtschaftliches Umfeld;

(v) spezifische Unternehmensstrategien;

d) Erläuterungen zur Auswahl und Anwendung der Verrechnungspreismethode(n), d. h. warum eine bestimmte Verrechnungspreismethode gewählt und wie sie angewendet wurde;

e) sachdienliche Angaben zu den internen und/oder externen Vergleichsdaten (sofern vorhanden);

f) Beschreibung der Umsetzung und Durchführung der konzerninternen Verrechnungspreispolitik.

6. Ein multinationales Unternehmen sollte die Möglichkeit haben, einzelne Elemente in das Masterfile aufzunehmen anstatt in die landesspezifische Dokumentation, wobei jedoch derselbe Grad an Detailliertheit gegeben sein muss wie in der landesspezifischen Dokumentation. Die landesspezifische Dokumentation sollte in der Sprache erstellt werden, die von dem jeweils betroffenen Mitgliedstaat vorgeschrieben ist, auch wenn das multinationale Unternehmen dafür optiert hat, die landesspezifische Dokumentation in das Masterfile zu integrieren.

7. Sämtliche landesspezifischen Informationen und Dokumente zu einer konzerninternen Transaktion, die einen oder mehr Mitgliedstaaten betrifft, müssen entweder in der landesspezifischen Dokumentation jedes betroffenen Mitgliedstaates erfasst sein oder im gemeinsamen Masterfile.

8. Multinationale Unternehmen sollten die Möglichkeit haben, die landespezifische Dokumentation wahlweise in einer einzigen Dokumentationseinheit zusammenzufassen (die Informationen über sämtliche Unternehmen in diesem Land enthält) oder separate Einheiten für jedes Unternehmen oder jeden Tätigkeitsbereich in dem betreffenden Land zu erstellen.

9. Die landesspezifische Dokumentation sollte in einer von dem betroffenen Mitgliedstaat vorgeschriebenen Sprache erstellt werden.

ABSCHNITT 2

ALLGEMEINE ANWENDUNGSVORSCHRIFTEN UND ANFORDERUNGEN AN DIE MULTINATIONALEN UNTERNEHMEN

10. DIE VERWENDUNG DER EU-VERRECHNUNGSPREISDOKUMENTATION IST MULTINATIONALEN KONZERNEN FREIGESTELLT. EIN MULTINATIONALER KONZERN SOLLTE JEDOCH NICHT WILLKÜRLICH ZWISCHEN DEM KONZEPT DER EU-VERRECHNUNGSPREISDOKUMENTATION UND ANDEREN DOKUMENTATIONSANSÄTZEN WECHSELN, SONDERN DIESES KONZEPT IN EINER WEISE ANWENDEN, DIE EU-WEIT und in den jeweiligen Jahren kohärent ist.

11. Ein multinationaler Konzern, der für die EU-Verrechnungspreisdokumentation optiert, sollte dieses Konzept generell für alle verbundenen Unternehmen anwenden, die an konzerninternen Transaktionen mit Unternehmen in der EU beteiligt sind, für die Verrechnungspreisvorschriften gelten. Vorbehaltlich der Bestimmungen in Nummer 31 müsste also ein multinationaler Konzern, der für die EU-Verrechnungspreisdokumentation optiert, die in Abschnitt 1 beschriebene Dokumentation für alle Konzerngesellschaften einschließlich Betriebsstätten in den betroffenen EU-Mitgliedstaaten erstellen.

12. Hat ein multinationaler Konzern dafür optiert, in einem bestimmten Steuerjahr das Konzept der EU-Verrechnungspreisdokumentation anzuwenden, sollte jede Konzerngesellschaft ihre Steuerverwaltung hiervon unterrichten.

13. Die multinationalen Unternehmen sollten sich verpflichten, das Masterfile rechtzeitig zu erstellen, um jeglicher berechtigten Anforderung einer der beteiligten Steuerverwaltungen nachzukommen.

14. Der Steuerpflichtige in einem gegebenen Mitgliedstaat sollte seine EU-Verrechnungspreisdokumentation auf Anforderung einer Steuerverwaltung innerhalb einer in Anbetracht der Komplexität der Transaktionen angemessenen Zeit vorlegen.

15. Für die Vorlage der Dokumentation bei der Steuerverwaltung ist der Steuerpflichtige verantwortlich, der zur Einreichung der Steuererklärung verpflichtet wäre und dem bei Nichtvorlage einer angemessenen Dokumentation Strafzuschlägen auferlegt würden. Dies gilt auch dann, wenn die Dokumentation innerhalb des Konzerns von einer Konzerngesellschaft für eine andere erstellt und aufbewahrt wird. Mit seiner Entscheidung für die EU-Verrechnungspreisdokumentation ist ein multinationaler Konzern gegenüber allen verbundenen Unternehmen in der EU dazu verpflichtet, seiner nationalen Steuerverwaltung das Masterfile und die jeweilige landesspezifische Dokumentation vorzulegen.

16. Berichtigt ein Steuerpflichtiger in seiner Steuererklärung seinen Bilanzgewinn, der sich aus der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ergibt, sollte er Unterlagen vorhalten, aus der zu entnehmen ist, wie die Berichtigung berechnet wurde.

17. Werden Geschäftsvorfälle zusammengefasst, so muss diese Zusammenfassung kohärent erfolgen, für die Steuerverwaltung nachvollziehbar und mit Punkt 1.42 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien vereinbar sein (wonach eine Zusammenfassung von Geschäftsvorfällen dann zulässig ist, wenn die Geschäftsvorfälle so eng miteinander verbunden sind oder so eng aufeinander folgen, dass eine sachgerechte Beurteilung jeder einzelnen Transaktion nicht möglich ist). Diese Regeln sind unter Berücksichtigung insbesondere der Anzahl und Komplexität der Geschäftsvorfälle in vernünftiger Weise anzuwenden.

ABSCHNITT 3

ALLGEMEINE ANWENDUNGSVORSCHRIFTEN UND ANFORDERUNGEN AN DIE MITGLIEDSTAATEN

18. Da es sich bei der EU-Verrechnungspreisdokumentation um eine Basisdokumentation für die Beurteilung der Verrechnungspreise eines multinationalen Konzerns handelt, könnte ein Mitgliedstaat in seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften festlegen, dass auf ausdrückliche Anforderung oder während einer Steuerprüfung zusätzlich zu der EU-Verrechnungspreisdokumentation weitere Informationen und Unterlagen vorzulegen sind.

19. Die Frist, innerhalb deren auf ausdrückliche Anforderung zusätzliche Informationen und Dokumente (vgl. Nummer 18) vorzulegen sind, sollte unter Berücksichtigung der Anzahl und der Detailliertheit der angeforderten Informationen und Unterlagen in jedem Einzelfall festgelegt werden. Nach Maßgabe spezifischer innerstaatlicher Vorschriften sollte die Frist so bemessen sein, dass dem Steuerpflichtigen ein angemessener Zeitraum (der je nach Komplexität der Transaktion unterschiedlich ausfallen kann) bleibt, um die zusätzlichen Informationen zusammenzustellen.

20. Steuerpflichtige vermeiden Strafzuschläge wegen mangelnder Mitwirkung, wenn sie für die EU-Verrechnungspreisdokumentation optiert haben und auf ausdrückliche Anforderung oder während einer Steuerprüfung in angemessener Weise und Zeit zusätzlich zur EU-Verrechnungspreisdokumentation weitere Informationen und Unterlagen (vgl. Nummer 18) vorlegen.

21. Die Steuerpflichtigen sollten der Steuerverwaltung ihre EU-Verrechnungspreisdokumentation, d. h. Masterfile und landesspezifische Dokumentation, erst bei Beginn einer Steuerprüfung oder auf ausdrückliche Anforderung vorlegen müssen.

22. Verlangt ein Mitgliedstaat von einem Steuerpflichtigen, zusammen mit der Steuererklärung auch Informationen über die Verrechnungspreisgestaltung vorzulegen, sollte sich dies auf einen kurzen Fragebogen oder einen angemessenen Vordruck zur Risikoanalyse beschränken.

23. Unterlagen müssen nicht grundsätzlich in eine Landessprache übersetzt werden. Um durch die Übersetzung bedingte Kosten und Verzögerungen zu vermeiden, sollten die Mitgliedstaaten soweit möglich fremdsprachige Unterlagen akzeptieren. Das Masterfile der EU-Verrechnungspreisdokumentation sollten die Steuerverwaltungen in einer Sprache akzeptieren, die in allen betroffenen Mitgliedstaaten verstanden wird. Übersetzungen des Masterfiles sollten nur dann vorgelegt werden, wenn dies unbedingt notwendig ist und ausdrücklich verlangt wird.

24. Die Mitgliedstaaten sollten die Steuerpflichtigen nicht verpflichten, ihre Dokumentation unangemessen lange und in keinem Fall länger aufzubewahren, als dies in den für die einzelnen Konzerngesellschaften anwendbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgeschrieben ist.

25. Die Mitgliedstaaten sollten interne und externe Vergleichsdaten vor dem Hintergrund der konkreten Fakten und Umstände des jeweiligen Einzelfalles bewerten. So sollten beispielsweise Vergleichsdaten, die gesamteuropäischen Datenbanken entnommen sind, nicht automatisch abgelehnt werden. Die Verwendung externer Vergleichsdaten allein sollte nicht dazu führen, dass der Steuerpflichtige wegen Nichterfüllung seiner Pflichten mit Strafzuschlägen belegt wird.

Abschnitt 4

ALLGEMEINE ANWENDUNGSVORSCHRIFTEN UND ANFORDERUNGEN AN MULTINATIONALE UNTERNEHMEN UND MITGLIEDSTAATEN

26. Ist die für einen bestimmten Zeitraum vorgelegte Dokumentation auch für spätere Zeiträume gültig und belegt sie auch für diese Zeiträume die Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise, kann es angemessen sein, in der Dokumentation für die späteren Zeiträume einfach auf die frühere Dokumentation Bezug zu nehmen, anstatt die gesamte Dokumentation zu reproduzieren.

27. Unterlagen, die aus Verhandlungen (z. B. über einen Darlehensvertrag oder einen Großauftrag) zwischen fremdüblich handelnden Unternehmen stammen, müssen der Dokumentation nicht nochmals beigefügt werden, solange die in der Dokumentation enthaltenen Informationen angemessen sind, um die Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu überprüfen.

28. Die Dokumentation, die von einer Tochtergesellschaft eines Konzerns vorzulegen ist, kann sich von der Art der Dokumentation, die die Muttergesellschaft vorlegen muss, unterscheiden; so müsste z. B. eine Tochtergesellschaft nicht sämtliche grenzüberschreitenden Beziehungen und Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen innerhalb des multinationalen Konzerns dokumentieren, sondern nur die sie selbst betreffenden Beziehungen und Transaktionen.

29. Die Steuerverwaltungen sollten es dem Steuerpflichtigen überlassen, wo er seine Dokumentation erstellt und aufbewahrt, solange die Dokumentation ausreichend ist und den betroffenen Steuerverwaltungen auf Anfrage rechtzeitig vorgelegt wird. Es sollte den Steuerpflichtigen folglich freistehen, ob sie ihre Dokumentation einschließlich der EU-Verrechnungspreisdokumentation zentral oder dezentral aufbewahren.

30. Die Art der Aufbewahrung der Dokumentation – ob in Papierform, elektronischer Form oder anderer Form – sollte dem Steuerpflichtigen überlassen bleiben, solange die Dokumentation der Steuerverwaltung in angemessener Weise vorgelegt werden kann.

31. In hinreichend begründeten Fällen, z. B., wenn ein multinationaler Konzern eine dezentralisierte organisatorische, rechtliche oder operative Struktur aufweist oder aus mehreren großen Abteilungen mit völlig unterschiedlichen Produktlinien und Verrechnungspreisstrategien besteht oder wenn gar keine konzerninternen Transaktionen stattfinden oder wenn ein Unternehmen neu erworben wurde, sollte es dem multinationalen Konzern gestattet werden, mehr als ein Masterfile zu erstellen oder bestimmte Konzerngesellschaften von der EU-Verrechnungspreisdokumentation auszunehmen .

ABSCHNITT 5

GLOSSAR

MULTINATIONALES UNTERNEHMEN UND MULTINATIONALER KONZERN

Gemäß den OECD-Verrechnungspreisleitlinien ist

- ein multinationales Unternehmen eine Gesellschaft, die zu einem multinationalen Konzern gehört, und

- ein multinationaler Konzern eine Gruppe verbundener Gesellschaften mit Geschäftsorten in zwei oder mehreren Staaten.

STANDARDISIERTE DOKUMENTATION

EU-weit einheitliche Dokumentationsvorschriften bilden die Grundlage, auf der alle Unternehmen in EU-Mitgliedstaaten ihre eigene spezifische Dokumentation erstellen. Ziel dieses eher normierenden Ansatzes ist eine dezentralisierte, aber standardisierte Gesamtdokumentation; dabei erstellt zwar jede Gesellschaft eines multinationalen Konzerns ihre eigene Dokumentation, dies geschieht jedoch auf der Grundlage einheitlicher Regeln.

Zentralisierte (integrierte Globale) Dokumentation

Die Muttergesellschaft oder die Hauptverwaltung eines Konzerns erstellt auf globaler oder regionaler Ebene eine einzige Dokumentation (Kerndokumentation) in einer EU-weit standardisierten, kohärenten Form. Diese Dokumentation kann als Grundlage für die Erstellung landesspezifischer Dokumentationen anhand lokaler und zentraler Quellen dienen.

EU-Verrechnungspreisdokumentation (EUTPD)

Die EU-Verrechnungspreisdokumentation kombiniert Aspekte des standardisierten und des zentralisierten (integrierten globalen) Dokumentationskonzepts. Danach würde ein multinationaler Konzern eine standardisierte, kohärente Verrechnungspreisdokumentation erstellen, die aus zwei Teilen besteht: (i) einer Kerndokumentation mit vereinheitlichten standardisierten Informationen, die für alle Unternehmen der Gruppe relevant ist (das so genannte „Masterfile“) und (ii) mehrere standardisierte Dokumentationen mit landesspezifischen Informationen (die „landesspezifische Dokumentation“). Die Gesamtdokumentation für ein Land bestünde infolgedessen aus dem gemeinsamen Masterfile, das durch eine standardisierte landesspezifische Dokumentation für das jeweilige Land ergänzt würde.

Strafzuschlag wegen Nichterfüllung der Dokumentationspflichten

Verwaltungs- oder zivilrechtliche Sanktion wegen Nichterfüllung der Erfordernisse der EU-Verrechnungspreisdokumentation oder der innerstaatlichen Dokumentationsvorschriften eines Mitgliedstaates (je nachdem, für welches Dokumentationssystem sich das multinationale Unternehmen entschieden hat) zu dem Zeitpunkt, zu dem die EU-Verrechnungspreisdokumentation oder die Dokumentation nach innerstaatlichem Recht der Steuerverwaltung vorliegen muss.

Strafzuschlag wegen mangelnder Mitwirkung

Verwaltungs- oder zivilrechtliche Sanktion, die verhängt wird, wenn der Steuerpflichtige der ausdrücklichen Aufforderung einer Steuerverwaltung nicht nachkommt, zusätzlich zur EU-Verrechnungspreisdokumentation oder zur nach innerstaatlichem Recht in einem Mitgliedstaat vorgeschriebenen Dokumentation (je nachdem, für welches Dokumentationssystem sich das multinationale Unternehmen entschieden hat) weitere Informationen oder Unterlagen vorzulegen.

STRAFZUSCHLAG IM ZUSAMMENHANG MIT EINER GEWINNBERICHTIGUNG

Sanktion, die bei Verletzung des Fremdvergleichsgrundsatzes verhängt wird, in der Regel in Form eines Zuschlags in fester Höhe oder in Form eines Prozentsatzes der Verrechnungspreiskorrektur oder der Steuerdifferenz.

[1] "Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt", Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, SEK(2001) 1681, 23. Oktober 2001.

[2] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse - Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU", KOM (2001) 582 endg., 23. Oktober 2001.

[3] http://europa.eu.int/comm/taxation_customs/taxation/company_tax/transfer_pricing/index_de.htm

[4] KOM(2004) 297 endg. vom 23. April 2004: "Mitteilung über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Unternehmensbesteuerung von Oktober 2002 bis Dezember 2003 und über den Vorschlag eines Verhaltenskodexes zur effektiven Durchführung des Schiedsübereinkommens (90/436/EWG vom 23. Juli 1990)."

[5] SEC (2005) Report on transfer pricing documentation prepared by the EU Joint Transfer Pricing Forum.

[6] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Unternehmensbesteuerung von Oktober 2002 bis Dezember 2003 und über den Vorschlag eines Verhaltenskodexes zur effektiven Durchführung des Schiedsübereinkommens (90/436/EWG vom 23. Juli 1990), KOM(2004) 297 endg. vom 23. April 2004.

[7] Übereinkommen 90/436/EWG vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen, ABl. Nr. L 255 vom 20. August 1990, S. 10-24

[8] Noch nicht im ABl. veröffentlicht.

[9] "Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt", Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, SEK(2001) 1681, 23. Oktober 2001.

[10] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse - Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU", KOM (2001) 582 endg., 23. Oktober 2001.

[11] KOM(2004) 297 endg. vom 23. April 2004: "Mitteilung über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Unternehmensbesteuerung von Oktober 2002 bis Dezember 2003 und über den Vorschlag eines Verhaltenskodexes zur effektiven Durchführung des Schiedsübereinkommens (90/436/EWG vom 23. Juli 1990)."

[12] Übereinkommen 90/436/EWG vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen, ABl. Nr. L 255 vom 20. August 1990, S. 10-24.

[13] SEC(2005) Report on transfer pricing documentation prepared by the EU Joint Transfer Pricing Forum.

[14] "Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt", Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, SEK(2001) 1681, 23. Oktober 2001.

[15] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss „Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse - Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU" , KOM (2001) 582 endg., 23. Oktober 2001.