20.5.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 120/30


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung bestimmter polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe in Weichmacherölen und Reifen (Siebenundzwanzigste Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates)“

(KOM(2004) 98 endg. – 2004/0036 (COD))

(2005/C 120/07)

Der Rat beschloss am 22. März 2004 gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu dem obenerwähnten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 21. September 2004 an. Berichterstatter war Herr Sears.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 412. Plenartagung am 27./28. Oktober 2004 (Sitzung vom 27. Oktober) mit 154 gegen 3 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind natürlich auftretende Substanzen, die bei der unkontrollierten Verbrennung kohlenstoffhaltiger Verbindungen bei niedrigen Temperaturen entstehen. Dies geschieht bei Waldbränden, in Vulkanausbrüchen, bei menschlichen Aktivitäten wie etwa Rauchen, bei der Gebäudeheizung, der Stromerzeugung und beim Autofahren infolge der Verbrennung fossiler Brennstoffe, beim Kochen und bei der Abfallverbrennung sowie bei bestimmten Industrieverfahren. PAK kommen in der Natur in Erdöl und Kohle vor und reichern sich als leicht entstehende, stabile Verbindungen in den ersten Cracking- und Destillationsstufen an.

1.2

Dieser Prozess der teilweisen Oxidation führt zu einem Gemisch an Verbindungen mit ungesättigten aromatischen 5er- und 6er-Ringen, die sich quasi in alle Richtungen fortsetzen können (polyzyklische aromatische Ringmoleküle). Es wurden ca. 600 verschiedene Molekülstrukturen identifiziert, von denen aber nur einige wenige für die Verwendung als Zwischenprodukt eingestuft oder isoliert wurden. Keine dieser Substanzen wurde bewusst in größeren Mengen hergestellt. Bei weiterer Oxidation entsteht Ruß (d.h. unreine KW-Partikel) womit PAK häufig gleichgesetzt werden.

1.3

Da sie durchweg in undifferenzierten Stoffgemischen auftreten, lassen sich die Eigenschaften von PAK im Einzelnen nur schwer bestimmen (und aus ebendiesem Grund sind sie auch weitgehend irrelevant). Nachdem einige PAK nachweislich bei Tieren krebserregend sind, erscheint es vernünftig, diese Stoffgemische als für den Menschen krebsgefährdend einzustufen. Bei Ölen und einigen anderen Zubereitungen, die bekanntermaßen PAK enthalten, ist eine Etikettierung mit Gefahr- und Sicherheitshinweisen erforderlich sowie ein entsprechender Umgang mit diesen Substanzen geboten, damit die Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleistet ist. Verfahren, bei denen mit der Freisetzung von PAK in die Umwelt zu rechnen ist, sollten nach Möglichkeit in Grenzen gehalten oder ganz vermieden werden.

1.4

Ein solches Verfahren ist die Verwendung von Weichmacherölen bei der Herstellung von Reifen für Personen- und Lastkraftwagen, Motorräder, Rennwagen und Luftfahrzeuge. Diese Öle, die bis zu 28 % der Laufflächenzusammensetzung ausmachen können, sorgen für die entsprechende Bodenhaftungseigenschaften, die bei der Karkasse nicht erforderlich sind. Wenn die Lauffläche nicht das gewünschte Verhalten aufweist bzw. seine Praxiseigenschaften sich im Lauf der Zeit ändern, werden Sicherheit und Reifenleistung beeinträchtigt, was sich für die Kfz-Führer auswirkt.

1.5

Technisch gesehen müssen diese Öle in der Lage sein, Natur- und Synthetikkautschuk und andere bei der Herstellung von Reifen verwendeten Stoffe zu lösen, langzeitbeständig und stabil sein, sich gut verteilen und in der Kautschukmasse gebunden bleiben, bei verschiedenen Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen ihre Wirkung entfalten und bei der Reifenherstellung und in der praktischen Anwendung sicher zu handhaben sein. Ferner müssen diese Öle in großen Mengen verfügbar sein, entsprechend weltweit anerkannten Normen hergestellt werden und von mehreren miteinander konkurrierenden Lieferanten zu Kosten bezogen werden können, die niedriger sind als der Kautschukpreis, um so die Gesamtkosten der Reifen zu senken.

1.6

Hocharomatische Öle, die diese Voraussetzungen erfüllen, werden seit langem von führenden Ölherstellern unter der Bezeichnung aromatische Extrakte (DAE) angeboten. Für das erforderliche Lösungsvermögen ist ein entsprechender Gesamtaromatizitätsgrad erforderlich, der wiederum eine hohen PAK-Anteil bedingt. Da die Laufflächen sich im Fahrbetrieb allmählich abnutzen, ist anzunehmen, dass mit dem Reifenabrieb diese PAK in die Umwelt gelangen. Ob diese Emissionen gegenüber anderen Freisetzungsformen ins Gewicht fallen, darüber sind die Meinungen geteilt. Inzwischen ist der Umstieg auf andere Öle in Europa zwar bereits im Gange, muss aber noch zu einem befriedigenden Ende geführt werden.

1.7

Dies ist umso wichtiger, als nämlich auch das weltweite Angebot an DAE allmählich knapp wird, da bei der Modernisierung der Raffinerietechnik der Schwerpunkt inzwischen auf die Gewinnung hochwertigerer vollständig hydrogenierte Erzeugnisse (sprich mit niedrigerem Anteil an aromatischen Bestandteilen und geringerem Lösungsvermögen) und 'saubere' Kraft- und Brennstoffe gelegt wird.

1.8

Bei einer Jahresproduktion von etwa 300 Millionen Reifen in Europa und einem Weltmarkt für Weichmacher- und Prozessöle für die Reifenindustrie in einer Größenordnung von nahezu 1 Million Tonnen ist diese kosteneffiziente Verwirklichung dieses Unterfangens für die Öllieferanten, Reifenhersteller und die Regulierungsinstanzen gleichermaßen eine große Herausforderung, wenn gleichzeitig die Sicherheit und hohe Leistungsfähigkeit zu niedrigen oder vertretbaren Kosten gewahrt bleiben soll.

1.9

Bislang wurden zwei Arten nicht-karzinogener Öle entwickelt, die unterschiedliche Investitionen seitens der Öllieferanten und diverse Produktionsumstellungen seitens der Reifenhersteller implizieren. Diese Stoffgruppen sind unter dem Namen milde Extraktionslösungsmittel (MES) bzw. behandelter Aromatenextrakt aus behandeltem Destillat (TDAE) bekannt. Möglicherweise werden Anbieter aus Drittländern noch andere Ölarten entwickeln.

1.10

So weit es sich ausmachen lässt (denn nähere Einzelheiten sind bei dem äußerst umkämpften Reifenmarkt nicht öffentlich zugänglich), hat ein gewisser Übergang zu Ersatzstoffen bereits stattgefunden – beispielsweise bei Winter- und LKW-Reifen, bei denen es weniger auf die Traktion der Lauffläche bei Nässe ankommt. Generell wird jedoch angenommen, dass die Umstellung bei den von den Eigenschaften her anspruchsvolleren Sommerreifen und erst recht bei Reifen für Rennwagen und Luftfahrzeuge weitaus mehr Zeit brauchen wird. Außerdem gibt es nicht genügend Produktionskapazität für MES und TDAE, was noch erschwerend zu der bereits angesprochenen beschränkten Verfügbarkeit von DAE hinzukommt.

1.11

Um die gewünschten Veränderungen in einer zeitgerechten und mit sonstigen EU-Rechtsvorschriften über Wettbewerb bzw. Sicherheit und Gesundheitsschutz vereinbaren Weise auf den Weg zu bringen, haben Vertreter der betroffenen Industriezweige (CONCAWE, IISRP and BLIC) mit der Kommission und anderen Regulierungsgremien zusammengearbeitet, um einvernehmlich zu einem geeigneten Herstellungskonzept und Regulierungsrahmen zu gelangen. Was noch aussteht, sind Tests zur Ermittlung der für die Verwendung in Europa akzeptablen Öle bzw. Tests für jegliche auf den Markt gebrachte Reifen – sprich EU-Erzeugnisse und Drittlandsware – zum Nachweis der Verwendung von Ölen mit entsprechend niedrigem PAK-Anteil in den Fertigerzeugnissen.

2.   Zusammenfassung des Kommissionsvorschlags

2.1

Im Juli 2003 schlug die Kommission eine generelle Beschränkung der Luftbelastung durch Schwermetalle und PAK vor. Der EWSA verabschiedete seine Stellungnahme zu diesem ersten Vorschlag im Februar 2004. Der jetzige Vorschlag, der ebenfalls im Februar 2004 veröffentlicht wurde, bezweckt die Einrichtung eines Binnenmarktes in diesem Bereich und die Herbeiführung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus durch die Aufnahme bestimmter PAK in Anhang 1 der Richtlinie 76/769/EWG. Bei den aufgelisteten PAK handelt es sich nicht um in großen Mengen hergestellte chemische Stoffe (HPV), und außerdem erschienen sie bislang noch in keiner der vier Prioritätenlisten für die Bewertung bestehender Substanzen. Sie werden jedoch allesamt als persistent organische Schadstoffe (POP) im Sinne des diesbezüglichen UN/ECE-Protokolls bzw. -Übereinkommens angesehen.

2.2

Ein spezifischer PAK, und zwar Benzo(a)pyren (BaP, CAS-Nummer 50-32-8) wird aufgrund der Richtlinie 67/548/EWG als krebserregender, mutagener and reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 2 eingestuft und wird in der Kommissionsvorlage als qualitativer und quantitativer Marker für das Vorhandensein von PAK ausgewiesen.

2.3

Weichmacheröle dürfen nicht für die Reifenherstellung in den Verkehr gebracht und verwendet werden, wenn sie mehr als 1 mg/kg BaP oder mehr als 10 mg/kg aller aufgeführten PAK zusammen enthalten.

2.4

Die Kommission erkennt an, dass noch einige technischen Probleme gelöst werden müssen, weswegen als Termin für die allgemeine Einführung der Bestimmungen der 1. Januar 2009 festgelegt wird. Für Rennfahrzeugreifen für offizielle Sportveranstaltungen sollen die Bestimmungen ab 1. Januar 2012 gelten, für Flugzeugreifen soll der Einführungstermin zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden. Das Fehlen etwa vom CEN oder der ISO festgelegter einschlägiger harmonisierter Prüfmethoden zur Bestimmung des PAK-Gehalts in Weichmacherölen und Reifen soll bezüglich der Einführungsfrist keine aufschiebende Wirkung haben.

2.5

Die Kommission weist darauf hin, dass sie den Wissenschaftlichen Ausschuss für Toxizität, Ökotoxizität und Umwelt der EU (CSTEE) über wissenschaftliche Erkenntnisse zur gesundheitsschädigenden Wirkung von PAK befragt hat.

2.6

Die Mitgliedstaaten haben ein Jahr Zeit, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu veröffentlichen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Und zwar gerechnet ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorgeschlagenen Richtlinie nach Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) und dem Verfahren der Mitentscheidung des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Dieser Vorschlag ergänzt bestehende PAK-Beschränkungen und stützt sich auf einen Bericht des Umweltbundesamts vom 18. März 2003 und des schwedischen Chemikalien-Inspektorats (KEMI) vom 27. März 2003 über die angeblichen gesundheits- und umweltgefährdenden Auswirkungen von Reifenabrieb. Der CSTEE hat diese Berichte einer auf seiner 40. Plenartagung am 12./13. November 2003 verabschiedeten Stellungnahme zufolge geprüft.

3.2

Der CSTEE schloss sich davon ausgehend dem Standpunkt an, dass PAK als Stoffgruppe als wahrscheinlich krebserregend einzustufen sind und dass PAK durch Reifenabrieb freigesetzt werden. Jedoch unterstützte er die Verwendung von BaP als qualitativen und quantitativen Marker für das Vorhandensein anderer PAK nur zum Teil und äußerste ernste Zweifel ob der globalen Relevanz dieses Emissionswegs.

3.3

Insgesamt machen Emissionen aus Reifenabrieb weniger als 2 % der Exposition des Menschen gegenüber PAK aus, während die restlichen 98 % auf die in Ziffer 1.1 genannten Emissionsquellen entfallen. Dies deckt sich mit wiederholten Einschätzungen der WHO, dass Luftverschmutzung und damit zusammenhängende Erkrankungen einschließlich Krebs in erster Linie auf Rauchen, Verfeuerung von Holz und Kohle für Heizung und Nahrungsmittelzubereitung zurückzuführen sind. Der CSTEE gelangte daher zu dem Schluss, dass eine Beschränkung des PAK-Gehalts von Reifen keine wesentliche Auswirkung auf die PAK-Belastung der Luft und des Bodens haben wird.

3.4

Die routinemäßige Aussage, diese Richtlinie „gewährleistet ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt“, trifft daher in diesem Falle ganz und gar nicht zu. Die Kennzeichnung und sichere arbeitstechnische Handhabung von Weichmacherölen ist in den geltenden Rechtsvorschriften über gefährliche Stoffe bereits geregelt. Dieser Vorschlag bringt daher kein Mehr an Sicherheit am Arbeitsplatz und nur minimale ökologische Nutzeffekte.

3.5

Wie schon die 26. Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates betreffend die Beschränkung des natürlichen Chrom-VI-Gehalts in Zement (Stellungnahme des EWSA vom März 2003) geht auch dieser Vorschlag bis an die Grenzen der ursprünglichen Richtlinie oder sogar darüber hinaus. PAK werden weder vorsätzlich hergestellt noch als solche in Verkehr gebracht. Dieser Überlegung wird zwar im Anhang Rechnung getragen – in dem es richtigerweise um die Einschränkung PAK-haltiger Erzeugnisse geht –, nicht aber im Titel des Vorschlags, der dementsprechend geändert werden sollte.

3.6

Titel und Wortlaut des Richtlinienvorschlags sind auch in ihrer Bezugnahme auf „bestimmte PAK“ als konkrete Einzelgruppe irreführend. Wie der CSTEE feststellt, liegt nur für einige wenige PAK ein Eigenschaftsprofil vor, und selbst unter diesen PAK sind die wenigsten als vermutlich nicht krebserregend anzusehen; deshalb muss die gesamte Stoffgruppe als für den Menschen gesundheitsgefährdend eingestuft werden. Die Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung sollten deshalb für „bei der Reifenherstellung verwendete Öle mit hohem PAK-Gehalt und diese Öle enthaltende Reifen“ gelten.

3.7

Im Lichte der vorstehend beschriebenen Gegebenheiten und in Anbetracht der Überschneidung mit dem früheren Kommissionsvorschlag betreffend die Luftbelastung durch Schwermetalle und PAK wurde ins Feld geführt, dass diese Richtlinie überflüssig ist und zurückgezogen werden sollte. Der Markt wurde dadurch zersplittert, dass mindestens zwei Stoffe notwendig sind, um die bisher verwendete eine Substanz zu ersetzen. Es sind nicht genügend Kapazitäten vorhanden, um die Nachfrage zu decken. Außerdem gibt es noch immer Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Ersatzstoffe; wenn unter Verwendung von Ölen mit niedrigem PAK-Gehalt hergestellte Laufflächen im praktischen Einsatz versagen, wird es statt der hypothetischen Totenzahlen, die als Rechtfertigung der Vorbeugungsmaßnahmen herangezogen wurden, echte Todesfälle geben.

3.8

Der EWSA kann diese Bedenken nachvollziehen, ist aber der Ansicht, dass die Richtlinie in enger Abstimmung mit den betroffenen Industriezweigen unbedingt weiterverfolgt werden muss, um den Übergang zu einer weltweiten Verwendung von Weichmacherölen mit niedrigem PAK-Gehalt bei der Reifenherstellung erfolgreich ins Werk setzen zu können. Diese Ersatzstoffe müssen aber zweifelsfrei den selben Mindeststandards in Bezug auf sämtliche sicherheitsbezogenen Leistungsmerkmale genügen. Die Schaffung eines effizienten, wettbewerbsfähigen und zuverlässigen Binnenmarktes für diese neuen Erzeugnisse in Europa ist deswegen für sich genommen bereits ein hinreichender Rechtfertigungsgrund für diesen Vorschlag.

3.9

Es kommt nun vor allem darauf an, sich rechtzeitig darauf zu einigen, welche Tests zu verwenden sind, um zu bestimmen, welche Öle verwendet werden dürfen. Der Anhang der vorgeschlagenen Regelung sieht die Prüfung auf Anwesenheit einzelner PAK vor. Dies eignet sich nicht für kontinuierliche großmaßstäbliche Raffinerieprozesse, bei denen die chemischen Bestandteile der einzelnen Fraktionen von dem verwendeten Rohöl abhängen. Andere Tests wie etwa das Prüfverfahren IP-346 des Institute of Petroleum (zur Kontrolle des PAK-Gesamtanteils durch Messung des Gehalts an PAK mit 3er- bis 7er-Ringen im DMSO-Extrakt) werden in der Ölindustrie bereits als geeignete Methode für die Messung des Krebsgefährdungsgrades gemäß der Richtlinie 67/548/EWG angewandt. Im Auftrag der Ölindustrie von CONCAWE durchgeführte Studien bestätigen die Meinung des CSTEE, dass die einfache Messung des BaP-Gehalts wenig Aufschluss über das gesamte Karzinogenizitätspotenzial von PAK gibt. Deshalb empfiehlt der EWSA nachdrücklich die Verwendung des Prüfverfahrens IP-346 für die Ermittlung und Prüfung der verschiedenen Weichmacheröle.

3.10

Um die Reifenindustrie in Europa – und, sofern es solche Nutzeffekte geben sollte – die Umwelt zu schützen, muss es ein solches Prüfverfahren auch für die bei der Herstellung von importierten Reifen verwendeten Öle geben. Ein Entwurf der Internationalen Normenorganisation (ISO TC 45/SC 3 N vom 29. Oktober 2003) schlägt ein Testverfahren für die Bestimmung der in Kautschukverbindungen verwendeten Ölarten vor, mit der Aufforderung zu etwaigen Bemerkungen und Abwandlungsvorschlägen. Die diesbezüglichen Arbeiten sollten zu einem zufriedenstellenden Ende gebracht werden, bevor die Richtlinie in Kraft gesetzt wird.

3.11

Angesichts dieser Sachlage müsste es eigentlich gelingen, die derzeitigen Versorgungsengpässe zu beseitigen, vor allem im TDAE-Bereich, wo ein viel höherer Investitionsaufwand erforderlich ist als bei MES. All dies braucht jedoch seine Zeit, und die derzeitige Anforderung, dass die Umstellung für alle normalen Autoreifen bis zum 1. Januar 2009 vonstatten gehen soll, erscheint immer unrealistischer. Da die Nutzeffekte des Vorschlags äußerst gering sein dürften und die Kosten und Risiken nicht erfolgreicher Umstellungen der Einsatzstoffe erheblich sind, sollte diese erste Frist um 12 Monate auf den 1. Januar 2010 verlängert werden. Aber selbst dann wird es zu zahlreichen Verhandlungen zwischen den verschiedenen miteinander konkurrierenden maßgeblichen Akteuren kommen. Der Kommission wird auch weiterhin eine Schlüsselrolle zukommen, um diesen Prozess im Rahmen der Zwänge des EU-Rechts zu erleichtern und letztlich zu einem guten Ende zu führen.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Angesichts der vorstehenden Ausführungen sollten der Titel und der Wortlaut des Kommissionsvorschlags im Einklang stehen mit dem Hauptziel, die Vermarktung und Verwendung von Ölen mit hohem PAK-Gehalt bei der Reifenherstellung bzw. von Reifen, die solche Öle enthalten, mit Beschränkungen zu belegen.

4.2

Dies sollte im Anhang dadurch zum Ausdruck gebracht werden, dass Beschränkungen für die Vermarktung und Verwendung von Ölen, die einen Anteil an DMSO-löslichen Substanzen nach IP-346 von mehr als 3 % aufweisen und daher gemäß der Richtlinie 67/548/EWG als krebserregend gelten, für die Herstellung von Reifen zur Auflage gemacht werden. Alle Bezugnahmen auf BaP als Markersubstanz und sonstige einzelnen PAK sollten gestrichen werden.

4.3

Es sollte ein internationales Standardtestverfahren für die Bestimmung der in Kautschukverbindungen, insbesondere Reifen, verwendeten Öle entwickelt und in die vorgeschlagene Richtlinie aufgenommen werden.

4.4

Es sollte entsprechend Zeit vorgesehen werden, damit die Kautschuk- und die Reifenindustrie ihre bereits angelaufenen Anstrengungen zur Umstellung ihrer Reifenmischungen vollenden können und die Ölindustrie die entsprechenden Investitionen tätigen und dann auch die erforderlichen Rohstoffe liefern kann. Aus heutiger Sicht wird angenommen, dass alle beteiligten Seiten diesen Anforderungen zum 1. Januar 2010 nachkommen können, und deswegen sollte dieser Termin als erste Fristvorgabe im Richtlinienvorschlag vorgesehen werden. Abweichungen bei Reifen für Rennwagen, Luftfahrzeuge und andere anspruchsvolle Endzwecke sollten im Einvernehmen mit den betreffenden maßgeblichen Akteuren festgelegt werden; angesichts der vorstehenden Ausführungen sind schwerlich irgendwelche messbaren Nutzeffekte dieser Korrekturen zu erkennen, ganz im Gegensatz zu den augenscheinlichen Risiken eines Untätigbleibens in diesem Bereich für alle betroffenen Seiten.

Brüssel, den 27. Oktober 2004

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND