52003XC0416(03)

Allgemeine Leitlinien für die Zusammenarbeit zwischen CEN, Cenelec und ETSI sowie der Europäischen Kommission und der Europäischen Freihandelsgemeinschaft vom 28. März 2003

Amtsblatt Nr. C 091 vom 16/04/2003 S. 0007 - 0011


Allgemeine Leitlinien für die Zusammenarbeit zwischen CEN, Cenelec und ETSI sowie der Europäischen Kommission und der Europäischen Freihandelsgemeinschaft

vom 28. März 2003

(2003/C 91/04)

1. ALLGEMEINES

CEN, Cenelec und ETSI einerseits sowie die Europäische Kommission und die Europäische Freihandelsgemeinschaft (EFTA) andererseits bekräftigen, dass die Normung eine freiwillige, vom Konsens getragene Tätigkeit ist, die von den und für die interessierten Parteien auf der Grundlage von Offenheit und Transparenz im Rahmen unabhängiger und anerkannter Normungsorganisationen durchgeführt wird und zur Verabschiedung von Normen führt, deren Befolgung freiwillig ist(1). Sie nehmen zur Kenntnis, dass sich so erlassene Normen (EN) von anderen, freiwillig vereinbarten technischen Vorschriften unterscheiden; Ursache hierfür ist die öffentliche Anerkennung(2) der erlassenden Organisationen und die Einhaltung spezifischer Verfahren, darunter eine öffentliche Anhörung und eine Abstimmung.

CEN, Cenelec, ETSI, die Europäische Kommission und die EFTA erkennen an, dass Normen zweckmäßig sein, aufgrund der umfassenden Beteiligung aller interessierten Parteien am Normungsprozess einen hohen Akzeptanzgrad aufweisen, untereinander kohärent sein und technologische Innovation und Wettbewerb zulassen sollten; deshalb sollten sie auf fundierten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen basieren, in regelmäßigen Abständen auf den neuesten Stand gebracht werden und nach Möglichkeit leistungsbezogen sein(3).

Auch wenn es sich bei der Normung um eine freiwillige und unabhängige Tätigkeit handelt, erkennen CEN, Cenelec, ETSI, die Europäische Kommission und die EFTA an, dass durch sie verschiedene Bereiche von öffentlichem Interesse beeinflusst werden, darunter die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, das Funktionieren des Binnenmarktes und die Umwelt. Durch Einrichtungen der EU und der EFTA wurde wiederholt festgestellt, dass die Normung politische Aufgaben erfuellen und die Gesetzgebung unterstützen kann.

Diese Auffassung wurde erstmalig im Jahr 1984 vertreten und in die allgemeinen Leitlinien für die Zusammenarbeit zwischen der Kommission, CEN und Cenelec aufgenommen, die am 13. November 1984 vereinbart und dann als Teil 1 des CEN/Cenelec-Memorandums Nr. 4 veröffentlicht worden sind. Seither hat sich die Lage aber verändert, und die Beteiligten sind sich einig, dass die Leitlinien der veränderten Lage anzupassen sind.

Zwischen der EFTA, CEN und Cenelec wurden gleichwertige Leitlinien vereinbart und am 30. April 1985 unterzeichnet (sie sind als Teil 2 des CEN/Cenelec-Memorandums Nr. 4 veröffentlicht worden). Eine revidierte Fassung dieser Leitlinien wurde am 30. Oktober 1992 vom EFTA-Rat verabschiedet. Darin wird insbesondere der erweiterte Status berücksichtigt, den Normen in den EFTA-Staaten durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erhalten haben.

2. DIE ENTWICKLUNG DER EUROPÄISCHEN NORMUNG

Nach Auffassung von CEN, Cenelec, ETSI, der Europäischen Kommission und der EFTA sollten die neuen Leitlinien folgende Elemente berücksichtigen, die wesentlichen Änderungen gegenüber der Lage in den Jahren 1984 bzw. 1985 darstellen:

- Im Jahr 1984 gab es nur zwei europäische Normungsorganisationen. Nachdem mit der Richtlinie 98/34/EWG auch das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (European Telecommunications Standards Institute - ETSI) anerkannt worden ist, gibt es jetzt drei: CEN, Cenelec und ETSI.

- Die EFTA-Signatarstaaten des EWR-Abkommens haben sich zur Teilnahme am Binnenmarkt mit denselben Rechten und Pflichten wie die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet. Das Abkommen hat in den EFTA-EWR-Staaten dieselbe Rechtsgrundlage für die Anwendung von Normen wie in der EU geschaffen.

- Die Normungsaktivitäten in Europa haben sich in erheblichem Umfang von der nationalen auf die europäische und die internationale Ebene verlagert. Die nationalen Normungsorganisationen haben deshalb im Zusammenhang mit der europäischen und internationalen Normung neue Aufgaben übernommen und werden darin auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Sie tragen zum nationalen Konsens bei, unterstützen häufig auch technische Arbeiten, stellen eine ständige Verbindung zwischen den Marktakteuren (insbesondere KMU, Verbraucher und Umweltschützer) her und ermöglichen den Zugang zu internationalen und Europäischen Normen, zu denen sie auch Rat erteilen. Die offizielle Annahme Europäischer Normen (EN) durch öffentliche Anhörung und förmliche Abstimmung obliegt den nationalen Normungsorganisationen.

- Gruppen mit wirtschaftlichen und sozialen Interessen sowie einschlägige Organisationen wie etwa Nichtregierungsorganisationen (NGO) nehmen an der europäischen Normung zunehmend Anteil. Da sie auf europäischer Ebene organisiert sind, haben sie mehr Zugangsmöglichkeiten zum Erstellungsprozess Europäischer Normen und zu den verschiedenen Strukturen von CEN, Cenelec und ETSI. Die Notwendigkeit ihrer Beteiligung auf nationaler Ebene wird dadurch aber nicht gemindert.

- Umwelt- und Verbraucherschutz auf hohem Niveau sind fundamentale Ziele des EG-Vertrags geworden. Entsprechende Überlegungen müssen folglich in andere Bereiche von Politik und Gesellschaft systematisch eingebunden werden. Diese Entwicklung betrifft auch die europäische Normung.

- Die europäische Normung ist für die wirtschaftliche und politische Integration der Beitrittsländer in die Europäische Union anerkanntermaßen von zentraler Bedeutung; umgekehrt beteiligen sich diese Länder zunehmend an der Arbeit der europäischen Normungsorganisationen.

- Mit der Globalisierung der Wirtschaft sind internationale Normen für Europa zu einem wichtigen Faktor geworden. Die Bedeutung internationaler Normen ist sowohl von der WTO bestätigt worden (hier sind das Übereinkommen über technische Handelshemmnisse und die WTO-Entscheidung über Grundsätze für die Entwicklung internationaler Normen, die in das Übereinkommen eingeht, hervorzuheben(4)) als auch von den Dienststellen der Kommission (in ihrem Arbeitspapier SEK(2001) 1296 vom 26. Juli 2001 über die Prinzipien der europäischen Politik betreffend internationale Normung).

- Der Bedarf des Marktes an technischen Vorschriften hat sich geändert und ist je nach Sektor unterschiedlich. Außerdem nehmen die Verflechtungen zwischen den industriellen Sparten zu, und die traditionellen Abgrenzungen werden durchlässiger. Die europäischen Normungsorganisationen müssen deshalb enger zusammenarbeiten und das Verfahren der Normenerstellung anpassen.

- Die politische Nutzung von Normen hat sich fortentwickelt. Neben bewährten Anwendungsbereichen (Vollendung des Binnenmarktes, Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Unterstützung von Informationstechnologien) entstehen neue, in denen die Politik zunehmend auf Normen zurückgreift: Sicherheit am Arbeitsplatz, Umwelt- und Verbraucherschutz, der Transfer von Forschungsergebnissen in den Markt und die Einrichtung transeuropäischer Netze.

- Wegen der raschen Entwicklung von Technologien und Prozessen in der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) mussten ebenso rasch neue Formen von Veröffentlichungen erarbeitet werden. Daraufhin haben die europäischen Normungsorganisationen neue Leistungsanforderungen geschaffen, die nicht den Status förmlicher Normen (EN) besitzen.

- Zu möglichen Wettbewerbseinschränkungen durch Vereinbarungen über die horizontale Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die auf einer oder mehreren Marktebenen tätig sind, hat die Kommission eine Bekanntmachung zur Anwendbarkeit von Artikel 81 EG-Vertrag veröffentlicht(5). In dieser Bekanntmachung werden Vereinbarungen über Normen als eine Art von Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit behandelt; sie können zwischen Privatunternehmen, unter Aufsicht öffentlicher Einrichtungen oder von Einrichtungen geschlossen werden, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, wie die gemäß der Richtlinie 98/34/EG anerkannten Normenorganisationen. In der Bekanntmachung wird außerdem festgestellt, dass Vereinbarungen über Normen den Wettbewerb normalerweise nicht beschränken, wenn die Normen von anerkannten Organisationen erlassen werden und auf nicht diskriminierenden, offenen und transparenten Verfahren beruhen.

- Die Normung hat stark an politischem Profil gewonnen. Dies wird durch die im Vergleich mit anderen Formen technischer Vorschriften einzigartige Position der Norm belegt und führt im Gegenzug zu einer entsprechend größeren Verbindlichkeit, den Grundsätzen von Transparenz, Offenheit, Konformität, Unabhängigkeit, Effizienz und Kohärenz zu entsprechen.

Deshalb möchten CEN, Cenelec, ETSI, die Europäische Kommission und die EFTA bekräftigen, dass sie zu bestimmten politischen Zielen, zur Funktion von Normen in diesem Umfeld, zu den ihre Beziehungen und ihre Zusammenarbeit bestimmenden Grundsätzen sowie zu ihren derzeitigen Plänen für die Verwirklichung dieser Ziele dieselbe Auffassung vertreten.

3. GEMEINSAME POLITISCHE ZIELE

CEN, Cenelec, ETSI, die Europäische Kommission und die EFTA sind gemeinsam der Auffassung, dass die Normung einerseits für den europäischen Markt und für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen von großer Bedeutung ist und dass sie andererseits einer europäischen Politik, die öffentliche Interessen verfolgt, als wichtiges Instrument dient. Die europäische Normungspolitik hat deshalb folgende Ziele:

- Sie soll auf einem hohen Sicherheits- und Qualitätsniveau und unter Berücksichtigung aller wirtschaftlichen, sozialen und umweltbezogenen Aspekte der Vollendung des Binnenmarktes dienen, den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen erleichtern und eine nachhaltige Entwicklung gewährleisten. Im Rahmen des neuen Konzepts bieten harmonisierte Europäische Normen technische Lösungen dafür, wann von der Konformität mit den rechtlichen Anforderungen ausgegangen werden kann; sie bilden einen gemeinsamen und transparenten Bezugsrahmen für die öffentliche Beschaffung; sie tragen zur Beseitigung technischer Handelshemmnisse bei; sie ermutigen die Entwicklung umweltfreundlicher Produkte und sie fördern die technische Integration Europas, indem sie für den Handel sowie für die nationale und die europäische Gesetzgebung einen einheitlichen Bezugsrahmen vorgeben.

- Sie soll zur Verwirklichung eines hochwertigen Umweltschutzes beitragen.

- Sie soll ein Instrument bilden, das die europäische Wettbewerbsfähigkeit fördert und technologische Innovationen ermöglicht. Europäische Normen bilden ein einheitliches, aber flexibles technisches Umfeld für den gesamten Binnenmarkt und einen anerkannten Bezugsrahmen für die Konformität mit Qualitäts-, Zertifizierungs- und regulatorischen Anforderungen; sie erleichtern die technische Zusammenarbeit und den Austausch von Fachwissen und sie bieten Unternehmen Gelegenheit zur Nutzung größenbedingter Kostenvorteile.

- Sie soll ein abgestuftes Artenspektrum von Leistungsanforderungen bereitstellen, die unterschiedlichen Markterfordernissen gerecht werden.

- Sie soll für ausgewählte Fragen einen flexiblen und transparenten Mechanismus zur europäischen Konsensbildung bereitstellen. Die Grundlage eines solchen Konsenses, der den Erfordernissen der Beteiligten (darunter auch öffentliche Stellen) gerecht werden muss, ist je nach industrieller Branche, den Beziehungen zum regulatorischen Umfeld und Faktoren wie Sicherheit und potenzieller Umweltschädlichkeit verschieden.

- Sie soll durch Beteiligung der für ihre Gestaltung zuständigen Parteien an der internationalen Arbeit die europäischen Interessen in der Weltwirtschaft fördern und Bedingungen schaffen, die einen Zugang zu den Weltmärkten erlauben; Normen bilden einen Bezugsrahmen für die Zusammenarbeit mit Drittländern und ihre Unterstützung im technischen Bereich sowie für den Abschluss von Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (Mutual Recognition Agreement - MRA). An der einheitlichen Verabschiedung und Anwendung internationaler Normen besteht außerordentliches Interesse, sofern die Legitimität ihrer Ziele gewährleistet werden kann, wie dies etwa beim Schutz der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, von Tieren oder Pflanzen und/oder der Umwelt möglich ist.

- Sie soll Beitritts- und Nachbarländern ein wichtiges Instrument verschaffen, das ihnen die wirtschaftliche Anpassung an den Gemeinschaftsmarkt erleichtert und ihre nachhaltige Entwicklung ebenso wie die wirtschaftliche und technologische Eingliederung oder Zusammenarbeit fördert.

- Sie soll den europäischen Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie anderen wichtigen Interessengruppen wie etwa Nichtregierungsorganisationen einen Mechanismus für die Beteiligung am Normungsprozess bieten, damit diese ungeachtet ihres berechtigten Interesses an seinen Ergebnissen nicht davon ausgeschlossen werden. Damit können sie öffentliche Belange wie den Umwelt-, Arbeits- und Verbraucherschutz aktiv einbringen und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zum Schutz öffentlicher Interessen in Bereichen leisten, in denen die Koregulierung oder Selbstverpflichtung einer bindenden Regelung vorzuziehen ist.

4. GRUNDSÄTZE DER BEZIEHUNGEN UND DER ZUSAMMENARBEIT

Damit sich diese Ziele verwirklichen lassen, ist nach einhelliger Auffassung von CEN, Cenelec, ETSI, der Europäischen Kommission und der EFTA Folgendes erforderlich:

- Die Beziehungen zwischen den europäischen Normungsorganisationen und den öffentlichen Stellen auf europäischer Ebene müssen sich auf die gemeinsame Anerkennung der weiter oben in Abschnitt 3 dargelegten Ziele stützen, wobei die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Kompetenzen zu berücksichtigen sind. Die Beteiligten unterstreichen, dass der ständige, offene und transparente Gedankenaustausch zwischen ihnen unverzichtbare Grundlage ihrer Zusammenarbeit ist.

- Die nationalen Mitgliedsorganisationen von CEN und Cenelec sowie die Mitglieder von ETSI übernehmen in der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Normungsorganisationen, der Europäischen Kommission und der EFTA wesentliche Aufgaben. Die Zusammenarbeit zwischen allen sachdienlichen Gremien und die einheitliche Auffassung der weiter oben in Abschnitt 3 dargelegten Ziele ist für den Erfolg dieser Leitlinien von entscheidender Bedeutung.

- Die institutionellen Regeln der europäischen Normungsorganisationen müssen gewährleisten, dass die europäische Normung insbesondere dort, wo sie europäische Politikkonzepte und gemeinschaftliche Regelungen unterstützt, gegenüber allen europäischen Interessengruppen voll verantwortlich bleibt: das heißt, dass beim Entwurf von Normen und anderen Dokumenten ein möglichst breites Meinungsspektrum berücksichtigt wird und dass die Entwicklungs-, Anhörungs- und Abstimmungsverfahren offen und transparent sind.

- Das europäische Normungssystem trägt umfassende Verantwortung für alle Interessen, darunter die von Industrie, Arbeitnehmern, Verbrauchern, Umweltschützern und öffentlichen Stellen, und darf deshalb nicht in Verfolgung persönlicher Interessen tätig werden.

- Auf allen Ebenen und zwischen den drei europäischen Normungsorganisationen ist die Kohärenz der Planung, Durchführung und Umsetzung von Normungsprogrammen und -aktivitäten der europäischen Normungsorganisationen zu gewährleisten, gegebenenfalls auch durch Genehmigungs- und Umsetzungsmaßnahmen auf nationaler Ebene.

- Dass das europäische Normungssystem bereitwillig und angemessen auf unterschiedliche Markterfordernisse in den verschiedenen Sektoren reagiert und dabei die weiter oben in Abschnitt 3 dargelegten Grundsätze der europäischen Normung berücksichtigt, ist von entscheidender Bedeutung. Insbesondere können unterschiedliche Markterfordernisse unterschiedliche Arten von Leistungsanforderungen erforderlich machen. Bei allen Arten von Leistungsanforderungen ist aber den Grundsätzen von Transparenz, Zugänglichkeit, Offenheit, Effizienz, Kohärenz sowie freiwilliger Mitarbeit und Anwendung zu folgen.

- Die internationale Normung muss unter Schutz der europäischen Interessen ausgebaut werden. Internationale Normen müssen einheitlich angewendet werden, sofern dies angesichts ihrer Ziele nicht ineffizient oder unangemessen wäre.

- Die wirtschaftliche Eingliederung der Beitrittsländer in die Gemeinschaft ist zu fördern.

- Die Nutzung europäischer Normen als Instrument der wirtschaftlichen und technologischen Integration innerhalb und außerhalb des europäischen Marktes, als Instrument der Arbeit auf dem Markt und als technische Grundlage der Gesetzgebung und insbesondere der Festlegung technischer Vorschriften für Produkte und Dienstleistungen sowie für Prüfverfahren ist weiter zu fördern.

5. UMSETZUNG

Nach den Ausführungen der vorigen Abschnitte erwarten die europäischen Normungsorganisationen von der Europäischen Kommission und der EFTA, dass diese

- für die europäische Normung als einer unabhängigen, am Konsens orientierten und freiwilligen Tätigkeit einen transparenten rechtlichen und politischen Rahmen aufrecht erhalten;

- von europäischen Normen Gebrauch machen, wenn diese zur Unterstützung europäischer Regelungen und anderer Politikkonzepte geeignet sind, und ihre Politik der umfassenderen Anwendung von Normen fortsetzen;

- nach Maßgabe der Bestimmungen aus der Richtlinie 98/34/EG auf rechtliche und politische Anforderungen an Normen hinweisen;

- keine technischen Vorschriften in Bereichen erlassen, für die den europäischen Normungsorganisationen Aufträge erteilt wurden, sofern dies im öffentlichen Interesse nicht erforderlich ist. Außerdem sollen sie, soweit dies machbar ist, die europäischen Normungsorganisationen und gegebenenfalls ihre Mitglieder bei Normungsangelegenheiten und erforderlichenfalls auch bei europäischen und globalen technischen Handelshemmnissen zur Stellungnahme auffordern;

- den europäischen Normungsorganisationen vorbehaltlich der durch die verfügbaren Haushaltsmittel gesetzten Grenzen weiterhin gezielte finanzielle Unterstützung zukommen lassen, um eine geeignete europäische Normungsinfrastruktur zu erhalten und die Qualität, Effizienz und Sichtbarkeit der europäischen Normungsorganisationen zu verbessern;

- den Rat der europäischen Normungsorganisationen zur Notwendigkeit pränormativer Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen einholen und Anreize dafür schaffen, dass Ergebnisse der von der Gemeinschaft und/oder EFTA finanzierten pränormativen direkten und indirekten Forschungsmaßnahmen in Europäischen Normen genutzt werden;

- die Teilnehmer europäischer FundE-Programme ermutigen, ihre Ergebnisse den europäischen Normungsorganisationen in geeigneter Weise zur Verfügung zu stellen;

- im Bedarfsfall den Rat der europäischen Normungsorganisationen einholen und aktiv mit ihnen zusammenarbeiten, um europäische Programme für die Zusammenarbeit mit Drittländern und ihre Unterstützung im technischen Bereich zu entwickeln und umzusetzen;

- den Einsatz von Normen in der Politik und in den Regelwerken der Handelspartner Europas fördern.

Ihrerseits erwarten die Europäische Kommission und die EFTA von den europäischen Normungsorganisationen CEN, Cenelec und ETSI, dass diese

- die Normungsinfrastrukturen und -verfahren aufrechterhalten, die für die Befriedigung legitimer europäischer Bedürfnisse (darunter Sicherheit sowie Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltschutz) benötigt werden, und aktiv mit dem Ziel zusammenarbeiten, dass die Interessengruppen maximalen Nutzen aus der europäischen Normungsinfrastruktur und ihren Verbindungen zu anderen Normungsorganisationen ziehen können;

- ihre Strukturen und Verfahren so offen, transparent und repräsentativ wie möglich gestalten. Die Verfahren müssen transparent sein und die Unabhängigkeit von persönlichen Interessen gewährleisten. Außerdem sind die Bemühungen um eine stärkere Beteiligung interessierter Kreise - insbesondere öffentliche Stellen, Hersteller, kleine und mittlere Unternehmen, Verbraucher, Arbeitnehmer und Umweltschützer - am Entwurf von Normen und anderen Leistungsanforderungen und an der angemessenen Berücksichtigung ihrer Meinungen fortzusetzen;

- allen am Entwicklungsprozess interessierten und beteiligten Parteien Zugang zu den Unterlagen gewähren, um die Effizienz ihrer Mitwirkung zu sichern;

- das öffentliche Interesse und insbesondere die Sicherheit und den Gesundheitsschutz sowie den Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Umweltschutz berücksichtigen;

- bei der Durchführung der Normungsarbeiten den Gedankenaustausch mit der Kommission und der EFTA fortführen;

- die Umwelt umfassend berücksichtigen und erforderlichenfalls bei der Normenentwicklung einbeziehen, um zu einem Umweltschutz auf hohem Niveau beizutragen;

- die Beteiligung der einschlägigen Interessengruppen an der Normungsarbeit auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene proaktiv unterstützen;

- institutionelle Regeln und Verfahren festlegen und einhalten, die eine kohärente, schnelle und qualitativ hochwertige Erstellung, Ausarbeitung bzw. Umsetzung von Programmen, Normen, anderen Leistungsanforderungen und Aktivitäten gewährleisten, um den Erfordernissen sich entwickelnder Märkte gerecht zu werden. Dies betrifft insbesondere kohärente Regelungen für Stillhaltefristen, für die Unterrichtung über Aktivitäten, für die einheitliche Überführung und für die Rücknahme widersprüchlicher nationaler Normen (soweit es sich um EN handelt);

- nach Erteilung eines gemeinsamen Auftrags durch die Kommission und die EFTA diesen in konsistenter Weise annehmen und ausführen oder ablehnen;

- durch die Regeln der Entscheidungsverfahren weiterhin die Verantwortlichkeit der Europäischen Gemeinschaft, der EFTA-Mitglieder und der einschlägigen Wirtschafts- und Sozialpartner für Arbeiten erhalten, die im Auftrag der Europäischen Kommission und der EFTA ausgeführt werden;

- ihre Aufgaben mit höchster Effizienz und in höchster Qualität wahrnehmen, wobei für die Ausarbeitung und Verbreitung ihrer Produkte moderne Methoden und Technologien eingesetzt werden;

- ihre Sammlung von Veröffentlichungen auf dem neuesten Stand der technologischen Entwicklung halten; diese werden dazu in regelmäßigen Überprüfungen je nach Sachlage bestätigt, ergänzt, revidiert oder zurückgezogen;

- zusammen mit ihren Mitgliedern ihre Strukturen, Verfahren und Veröffentlichungen den Entwicklungen in den legitimen Bedürfnissen der interessierten Parteien anpassen. Außerdem sollen sie geeignete Mechanismen entwickeln, mit denen sie Unterlagen von Interessengruppen und anderen Parteien entgegennehmen, die sie dann gegebenenfalls in Leistungsanforderungen der europäischen Normungsorganisationen überführen;

- allen Interessenten Zugang zu den Normen gewähren, indem sie umfassende Informationen zu ihrer Verfügbarkeit bereitstellen und dafür sorgen, dass die Normen - einschließlich gegebenenfalls damit verbundener Rechte an geistigem Eigentum - von den Marktakteuren unter gerechten, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen genutzt werden können;

- Maßnahmen einleiten und unterstützen, mit denen die Sichtbarkeit der europäischen Normung verbessert wird;

- erforderlichenfalls auf die Entwicklung und allgemeine Nutzung eines einheitlichen Zeichens für die Konformität mit Europäischen Normen hinarbeiten;

- die Normungsorganisationen der Länder, die der EU oder der EFTA beitreten wollen, bei einer umfassenden Beteiligung an den europäischen Normungsorganisationen und beim Erwerb ihrer Mitgliedschaft unterstützen. Sobald diese die hierfür angemessenen und akzeptierten Bedingungen erfuellen, ist ihnen die Vollmitgliedschaft zu gewähren;

- aktiv mit den internationalen Normungsgremien zusammenarbeiten, die Bedingungen der WTO-Leitlinien für die Erarbeitung, Annahme und Anwendung von Normen einhalten, internationale Normungsorganisationen und die Anwendung internationaler Normen bei ihrer eigenen Arbeit und auf globaler Ebene fördern, wenn die Legitimität ihrer Ziele gewährleistet werden kann, wie dies etwa beim Schutz der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, von Tieren oder Pflanzen und/oder der Umwelt möglich ist. Außerdem sollen sie den Zugang interessierter Kreise zu internationalen Normungsprozessen nach besten Kräften fördern;

- mit der Europäischen Kommission und der EFTA an der Entwicklung und Umsetzung von Gemeinschafts- und EFTA-Programmen für die Zusammenarbeit mit Drittländern und ihre Unterstützung im technischen Bereich zusammenarbeiten und nach Möglichkeit dafür sorgen, dass die einschlägigen Politikkonzepte ihrer Mitgliedsorganisationen kohärent sind;

- den Gedankenaustausch mit der Europäischen Kommission und der EFTA über alle strategischen, politischen oder technischen Fragen von gemeinsamem Interesse pflegen und ausbauen.

(1) Entschließung des Rates vom 28. Oktober 1999 zur Funktion der Normung in Europa, Punkt 11 (ABl. C 141 vom 19.5.2000).

(2) Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften (ABl. L 204 vom 21.7.1998).

(3) Entschließung des Rates vom 28. Oktober 1999 zur Funktion der Normung in Europa, Punkt 12 (ABl. C 141 vom 19.5.2000).

(4) Anhang 4 zu G/TBT/9 vom 10.11.2000.

(5) ABl. C 3 vom 6.1.2001, S. 2.