41995D0553

95/553/EG: Beschluß der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 19. Dezember 1995 über den Schutz der Bürger der Europäischen Union durch die diplomatischen und konsularischen Vertretungen

Amtsblatt Nr. L 314 vom 28/12/1995 S. 0073 - 0076


BESCHLUSS DER IM RAT VEREINIGTEN VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN vom 19. Dezember 1995 über den Schutz der Bürger der Europäischen Union durch die diplomatischen und konsularischen Vertretungen (95/553/EG)

DIE IM RAT VEREINIGTEN VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN DER EUROPÄISCHEN UNION -

entschlossen, die Errichtung einer immer bürgernäheren Union voranzutreiben,

unter Berücksichtigung des mit dem Vertrag über die Europäische Union eingeführten Status der Unionsbürgerschaft, der sich von der nationalen Staatsbürgerschaft unterscheidet und in keiner Weise an ihre Stelle tritt,

in dem Wunsch, die Verpflichtung nach Artikel 8c des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zu erfuellen,

in der Erwägung, daß diese gemeinsame Schutzregelung dazu führen wird, daß die Identität der Union in Drittländern stärker wahrgenommen wird,

eingedenk dessen, daß die europäische Solidarität durch die Einführung einer gemeinsamen Regelung für den Schutz der Unionsbürger in Drittländern für die betroffenen Bürger noch deutlicher wahrnehmbar wird -

BESCHLIESSEN:

Artikel 1

Jeder Bürger der Europäischen Union genießt den konsularischen Schutz jeder diplomatischen oder konsularischen Vertretung eines Mitgliedstaats, wenn es in dem Hoheitsgebiet, in dem er sich befindet,

- weder eine erreichbare ständige Vertretung

- noch einen erreichbaren zuständigen Honorarkonsul

seines Mitgliedstaats oder eines anderen Staates gibt, der die ständige Vertretung für seinen Mitgliedstaat wahrnimmt.

Artikel 2

(1) Die um Schutz ersuchten diplomatischen und konsularischen Vertretungen geben dem Ersuchen statt, sofern der Betreffende durch die Vorlage eines Reisepasses oder eines Personalausweises nachweist, daß er die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Union besitzt.

(2) Bei Verlust oder Diebstahl der Dokumente kann jeder andere Nachweis für die Staatsangehörigkeit zugelassen werden, nötigenfalls nach Überprüfung bei den Zentralbehörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Betreffende beansprucht, oder bei der nächstgelegenen diplomatischen oder konsularischen Vertretung dieses Staates.

Artikel 3

Die diplomatischen und konsularischen Vertretungen, die Schutz gewähren, behandeln den Schutzersuchenden wie einen Staatsangehörigen des Mitgliedstaats, den sie vertreten.

Artikel 4

Unbeschadet des Artikels 1 können die diplomatischen und konsularischen Vertretungen praktische Vereinbarungen treffen, die eine effiziente Behandlung der Schutzersuchenden ermöglichen.

Artikel 5

(1) Der Schutz gemäß Artikel 1 umfaßt:

a) Hilfe bei Todesfällen,

b) Hilfe bei schweren Unfällen oder schwerer Erkrankung,

c) Hilfe bei Festnahme oder Haft,

d) Hilfe für Opfer von Gewaltverbrechen,

e) Hilfeleistungen für Unionsbürger in Not sowie ihrer Rückführung.

(2) Darüber hinaus können die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen der Mitgliedstaaten in einem Drittland, soweit sie hierfür zuständig sind, einem Unionsbürger auf dessen Ersuchen auch in anderen Fällen Hilfe gewähren.

Artikel 6

(1) Ungeachtet des Artikels 3 und abgesehen von äußersten Notfällen dürfen einem Unionsbürger ohne eine Genehmigung der zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, keine finanziellen Vorleistungen oder Hilfen gewährt werden und keine Ausgaben für ihn übernommen werden; die Genehmigung wird vom Ministerium für auswärtige Angelegenheiten oder von der nächstgelegenen diplomatischen Vertretung erteilt.

(2) Der Schutzersuchende muß sich verpflichten, die finanziellen Vorleistungen oder Hilfen sowie die getätigten Ausgaben und gegebenenfalls eine von den zuständigen Behörden angegebene Konsulargebühr in vollem Umfang zu erstatten, sofern die Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, nicht ausdrücklich von dieser Anforderung absehen.

(3) Die Rückzahlungsverpflichtung wird in einem Schriftstück festgehalten, mit dem der in Schwierigkeit geratene Schutzersuchende sich verpflichtet, der Regierung des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, für ihn übernommene Kosten sowie ihm ausgezahlte Geldbeträge zuzüglich etwaiger Gebühren zu erstatten.

(4) Die Regierung des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Schutzersuchende besitzt, erstattet alle Kosten auf Antrag der Regierung des Mitgliedstaats, der die Hilfe leistet.

(5) Die zu verwendenden einheitlichen Formulare für die Rückzahlungsverpflichtung sind in den Anhängen I und II enthalten.

Artikel 7

Dieser Beschluß wird fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten unter Berücksichtigung der gesammelten Erfahrungen und der Ziele des Artikels 8c des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft überprüft.

Artikel 8

Dieser Beschluß tritt in Kraft, wenn alle Mitgliedstaaten dem Generalsekretariat des Rates den Abschluß der Verfahren notifiziert haben, die nach ihrer Rechtsordnung für die Anwendung dieses Beschlusses erforderlich sind.

Artikel 9

Dieser Beschluß wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 19. Dezember 1995.

Im Namen des Rates

Der Präsident

L. ATIENZA SERNA

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