30.6.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 173/1 |
VERORDNUNG (EU) 2022/1031 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 23. Juni 2022
über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus Drittländern zum Unionsmarkt für öffentliche Aufträge und Konzessionen und über die Verfahren zur Unterstützung von Verhandlungen über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge und Konzessionen von Drittländern (Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen — IPI)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Gemäß Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) legt die Europäische Union die gemeinsame Politik sowie Maßnahmen fest, führt diese durch und verbessert die Zusammenarbeit auf allen Gebieten der internationalen Beziehungen, um unter anderem die Integration aller Länder in die Weltwirtschaft zu fördern, auch durch den schrittweisen Abbau internationaler Handelshemmnisse. |
(2) |
Gemäß Artikel 206 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) trägt die Union durch die Schaffung einer Zollunion im gemeinsamen Interesse zur harmonischen Entwicklung des Welthandels, zur schrittweisen Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr und bei den ausländischen Direktinvestitionen sowie zum Abbau der Zollschranken und anderer Schranken bei. |
(3) |
Gemäß Artikel 26 AEUV erlässt die Union die erforderlichen Maßnahmen, um den Binnenmarkt zu verwirklichen beziehungsweise dessen Funktionieren zu gewährleisten, der einen Raum ohne Binnengrenzen umfasst, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Verträgen gewährleistet ist. Der Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus Drittländern zum Unionsmarkt für öffentliche Aufträge und Konzessionen fällt in den Anwendungsbereich der gemeinsamen Handelspolitik. |
(4) |
Artikel III:8 des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 und Artikel XIII des Allgemeinen Übereinkommens über den Handel mit Dienstleistungen schließen die öffentliche Auftragsvergabe aus zentralen multilateralen Disziplinen der Welthandelsorganisation (WTO) aus. |
(5) |
Im Rahmen der WTO sowie in ihren bilateralen Beziehungen spricht sich die Union stets für eine ambitionierte Öffnung der internationalen Märkte für öffentliche Aufträge und Konzessionen der Union und ihrer Handelspartner im Geiste der Reziprozität und des gegenseitigen Nutzens aus. |
(6) |
Im Rahmen des plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen und der Handelsabkommen der Union, die Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe enthalten, wird den Wirtschaftsteilnehmern der Union lediglich Zugang zu den Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen von Drittländern, die Vertragsparteien dieser Abkommen sind, gewährt. |
(7) |
Ist ein Drittland Vertragspartei des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen oder hat es ein Handelsabkommen mit der Union geschlossen, das Bestimmungen über die öffentliche Auftragsvergabe enthält, sollte die Kommission die in den jeweiligen Übereinkommen/Abkommen vorgesehenen Konsultationsmechanismen oder Streitbeilegungsverfahren anwenden, wenn die restriktiven Praktiken öffentliche Vergabeverfahren betreffen, die Verpflichtungen dieses Drittlandes hinsichtlich des Marktzugangs gegenüber der Union unterliegen. |
(8) |
Viele Drittländer zögern, ihre Märkte für öffentliche Aufträge oder Konzessionen für den internationalen Wettbewerb zu öffnen oder den Zugang zu diesen Märkten zu verbessern. Infolgedessen stehen Wirtschaftsteilnehmer aus der Union in vielen Drittländern restriktiven öffentlichen Vergabepraktiken gegenüber, die zu einem Verlust erheblicher Handelsmöglichkeiten führen. |
(9) |
In der Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) sind die Vorschriften und Verfahren zur Ausübung der Rechte festgelegt, welche die Union im Rahmen der von ihr geschlossenen internationaler Handelsübereinkünfte hat. Für die Behandlung von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen, die nicht unter solche internationalen Abkommen fallen, bestehen allerdings keine derartigen Vorschriften und Verfahren. |
(10) |
Die internationalen Verpflichtungen hinsichtlich des Marktzugangs, die die Union gegenüber Drittländern im Bereich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen eingegangen ist, machen u. a. die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer aus diesen Drittländern erforderlich. Dementsprechend können Maßnahmen, die im Rahmen dieser Verordnung erlassen werden, nur für Wirtschaftsteilnehmer, Waren oder Dienstleistungen aus Drittländern, die nicht Vertragspartei des mit der Union abgeschlossenen plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen oder mit der Union abgeschlossener bilateraler oder multilateraler Handelsabkommen — die Verpflichtungen hinsichtlich des Marktzugangs im Bereich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionen enthalten — sind, oder für Wirtschaftsteilnehmer, Waren oder Dienstleistungen aus Ländern, die Vertragspartei solcher Abkommen sind, gelten, allerdings nur in Bezug auf Beschaffungsverfahren für Waren, Dienstleistungen oder Konzessionen, die nicht unter diese Abkommen fallen. Im Einklang mit den Richtlinien 2014/23/EU (4), 2014/24/EU (5) und 2014/25/EU (6) des Europäischen Parlaments und des Rates und wie in der Mitteilung der Kommission vom 24. Juli 2019 mit dem Titel „Leitlinien zur Teilnahme von Bietern und Waren aus Drittländern am EU-Beschaffungsmarkt“ präzisiert, haben Wirtschaftsteilnehmer aus Drittländern, die über keine Vereinbarung über die Öffnung des Beschaffungsmarkts der Union verfügen oder deren Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen nicht unter ein solches Abkommen fallen, keinen gesicherten Zugang zu den Beschaffungsverfahren in der Union und können ausgeschlossen werden. |
(11) |
Die wirksame Anwendung aller im Rahmen dieser Verordnung erlassenen Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen bestimmter Drittländer erfordert klare Ursprungsregeln für Wirtschaftsbeteiligte, Waren und Dienstleistungen. |
(12) |
Die Herkunft einer Ware sollte gemäß Artikel 60 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) bestimmt werden. |
(13) |
Die Herkunft einer Dienstleistung sollte anhand der Herkunft der natürlichen oder juristischen Person, die die Dienstleistung erbringt, bestimmt werden. Als Herkunft einer juristischen Person sollte das Land gelten, nach dessen Recht eine juristische Person gegründet oder anderweitig errichtet wurde und in dessen Hoheitsgebiet die juristische Person in erheblichem Umfang Geschäftstätigkeiten ausübt. Juristische Personen, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet oder anderweitig errichtet wurden, sollten nur dann als aus der Union stammend angesehen werden, wenn sie eine direkte und tatsächliche Verbindung zur Wirtschaft eines Mitgliedstaats haben. Um einer möglichen Umgehung einer Maßnahme im Rahmen des Instruments betreffend das internationale Beschaffungswesen (IPI) vorzubeugen, kann es erforderlich sein, die Herkunft von juristischen Personen, die unter ausländischer Kontrolle stehen oder sich in ausländischem Besitz befinden und die keine wesentliche Geschäftstätigkeit im Hoheitsgebiet eines Drittlandes oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ausüben, nach dessen Rechtsvorschriften sie gegründet oder anderweitig errichtet wurden, auch unter Berücksichtigung anderer Faktoren zu bestimmen, etwa der Herkunft der Eigentümer oder anderer Personen, die einen beherrschenden Einfluss auf diese juristische Person ausüben. |
(14) |
Bei der Prüfung des Vorliegens von spezifischen Maßnahmen oder Praktiken in einem Drittland, die zu einer Beeinträchtigung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge und Konzessionen dieses Drittlands führen könnten, sollte die Kommission berücksichtigen, inwieweit die Rechtsvorschriften, Regeln oder sonstigen Maßnahmen in Bezug auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen in dem betreffenden Drittland Transparenz im Einklang mit geltenden internationalen Standards gewährleisten und nicht zu schwerwiegenden und wiederkehrenden Beschränkungen für Wirtschaftsteilnehmer, Waren oder Dienstleistungen aus der Union führen. Darüber hinaus sollte die Kommission prüfen, inwieweit einzelne öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber aus Drittländern in Bezug auf Wirtschaftsteilnehmer, Waren oder Dienstleistungen aus der Union restriktive Praktiken einführen oder weiterhin anwenden. |
(15) |
Die Kommission sollte über die Möglichkeit verfügen, jederzeit eine transparente Untersuchung von mutmaßlich restriktiven Maßnahmen oder Praktiken bei der Vergabe, die von einem Drittland eingeführt oder beibehalten werden, einzuleiten. |
(16) |
Angesichts des allgemeinen politischen Ziels der Union, das Wirtschaftswachstum der am wenigsten entwickelten Länder und ihre Integration in globale Wertschöpfungsketten zu unterstützen, sollte die Kommission keine Untersuchung in Bezug auf die Länder einleiten, die von der Regelung „Alles außer Waffen“ gemäß Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 978/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) profitieren. |
(17) |
Bei der Durchführung der Untersuchung sollte die Kommission das betreffende Drittland zur Aufnahme von Konsultationen auffordern, um Abhilfe bei etwaigen restriktiven Maßnahmen oder Praktiken zu schaffen oder diese zu beseitigen und dadurch den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen in diesem Drittland zu verbessern. |
(18) |
Es ist von größter Bedeutung, dass die Untersuchung transparent durchgeführt wird. Daher sollte ein Bericht über die wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchung öffentlich verfügbar sein. |
(19) |
Wenn durch die Untersuchung das Vorliegen restriktiver Maßnahmen oder Praktiken bestätigt wird und die Konsultationen mit dem betreffenden Drittland nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne zu zufriedenstellenden Abhilfemaßnahmen führen, mit denen schwerwiegende und wiederkehrende Zugangsbeschränkungen für Wirtschaftsteilnehmer, Waren und Dienstleistungen aus der Union wirksam beseitigt werden, oder wenn das betreffende Drittland die Aufnahme von Konsultationen ablehnt, sollte die Kommission gemäß dieser Verordnung eine IPI-Maßnahme in Form einer Bewertungsanpassung oder eines Ausschlusses von Angeboten ergreifen, wenn dies angemessen ist und sie der Auffassung ist, dass dies im Interesse der Union liegt. |
(20) |
Die Feststellung, ob eine IPI-Maßnahme im Interesse der Union liegt, sollte sich auf eine Bewertung aller verschiedenen Interessen insgesamt stützen, einschließlich der Interessen der Wirtschaftsteilnehmer in der Union. Die Kommission sollte die Folgen des Erlasses einer solchen Maßnahme gegen ihre Auswirkungen auf die allgemeinen Interessen der Union abwägen. Es ist wichtig, dass dem allgemeinen Ziel, durch die Öffnung der Märkte von Drittländern und die Verbesserung der Marktzugangsmöglichkeiten für Wirtschaftsteilnehmer aus der Union Gegenseitigkeit zu erreichen besondere Beachtung gewidmet wird. Ebenso berücksichtigt werden sollte das Ziel, jeden unnötigen Verwaltungsaufwand für öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber sowie für Wirtschaftsteilnehmer zu begrenzen. |
(21) |
Eine Bewertungsanpassung sollte lediglich für die Zwecke der Bewertung der Angebote von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland angewandt werden. Eine derartige Maßnahme sollte nicht den Preis beeinflussen, der nach dem mit dem erfolgreichen Bieter abzuschließenden Vertrag zu zahlen ist. Beschließen öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber, ihre Bewertung der Angebote auf einen Preis oder Kosten als einziges Zuschlagskriterium zu stützen, sollte das Niveau der Bewertungsanpassung deutlich höher angesetzt werden, um eine vergleichbare Wirksamkeit der IPI-Maßnahme zu gewährleisten. |
(22) |
IPI-Maßnahmen sollten für öffentliche Beschaffungsverfahren gelten, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, einschließlich Rahmenvereinbarungen und dynamischer Beschaffungssysteme. Wird ein Einzelvertrag im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben, für das eine IPI-Maßnahme gilt, so sollten die IPI-Maßnahmen auch für diesen Einzelvertrag gelten. IPI-Maßnahmen sollten jedoch nicht für Aufträge gelten, die einen bestimmten Schwellenwert unterschreiten, damit der Verwaltungsaufwand für öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber insgesamt begrenzt wird. Um eine mögliche doppelte Anwendung von IPI-Maßnahmen zu vermeiden, sollten solche Maßnahmen nicht für Aufträge gelten, die auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung vergeben werden, wenn beim Abschluss dieser Rahmenvereinbarung bereits IPI-Maßnahmen angewandt wurden. |
(23) |
Um eine mögliche Umgehung einer IPI-Maßnahme zu verhindern, sollten erfolgreichen Bietern angemessene Verpflichtungen auferlegt werden. Diese Verpflichtungen sollten nur für Vergabeverfahren gelten, die einer IPI-Maßnahme unterliegen, sowie für Aufträge, die auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung vergeben werden, sofern deren Auftragswert einen bestimmten Schwellenwert erreicht oder überschreitet und sofern diese Rahmenvereinbarung einer IPI-Maßnahme unterliegt. |
(24) |
Führt ein Drittland substanzielle und fortgeschrittene Verhandlungen mit der Union über den Marktzugang im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens, um die Beeinträchtigung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen aus der Union zu seinen Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen zu beenden oder abzustellen, so sollte die Kommission während der Verhandlungen IPI-Maßnahmen, die sich auf das betreffende Drittland beziehen, aussetzen können. |
(25) |
Es ist wichtig, dass die IPI-Maßnahmen in der Union von öffentlichen Auftraggebern und Auftraggebern einheitlich angewendet werden. Um den unterschiedlichen Verwaltungskapazitäten der öffentlichen Auftraggeber und Auftraggeber Rechnung zu tragen, sollte es den Mitgliedstaaten unter bestimmten strengen Anforderungen möglich sein, zu beantragen, dass eine begrenzte Liste von lokalen öffentlichen Auftraggebern von IPI-Maßnahmen ausgenommen wird. Bei der Überprüfung der Listen von lokalen öffentlichen Auftraggebern, die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen wurden, ist es von Bedeutung, dass die Kommission die besondere Situation dieser öffentlichen Auftraggeber unter anderem in Bezug auf die Bevölkerungszahl und die geografische Lage berücksichtigt. Diese Ausnahme könnte sich auch auf öffentliche Vergabeverfahren beziehen, die diese öffentlichen Auftraggeber im Rahmen von Rahmenvereinbarungen oder dynamischen Beschaffungssystemen ausführen können sollten. |
(26) |
Es ist zwingend erforderlich, dass öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber Zugang zu einem breiten Spektrum hochwertiger Produkte haben, mit denen sie ihren Beschaffungsbedarf zu wettbewerbsfähigen Preisen decken können. Öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber sollten daher von der Anwendung von IPI-Maßnahmen absehen können, die den Zugang nicht erfasster Waren und Dienstleistungen beschränken, wenn keine erfassten Waren oder Dienstleistungen bzw. Waren oder Dienstleistungen aus der Union verfügbar sind, die den Anforderungen der öffentlichen Auftraggeber oder Auftraggeber entsprechen, oder wenn es gilt, wesentliche Erfordernisse im Bereich der öffentlichen Ordnung abzusichern, z. B. im Hinblick auf zwingende Gründe im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit oder dem Schutz der Umwelt. Wenn öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber diese Ausnahmen zur Anwendung bringen, sollte die Kommission rechtzeitig und umfassend darüber informiert werden, damit die Durchführung dieser Verordnung angemessen überwacht werden kann. |
(27) |
Bei einer fehlerhafter Anwendung von IPI-Maßnahmen durch öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber, die sich negativ auf die Chancen von Wirtschaftsteilnehmern auswirkt, die das Recht haben, an einem öffentlichen Vergabeverfahren teilzunehmen, sollten die Richtlinien 89/665/EWG (9) und 92/13/EWG (10) des Rates Anwendung finden. Die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer sollten ein Nachprüfungsverfahren nach dem nationalen Recht zur Umsetzung dieser Richtlinien anstrengen können, wenn diese Wirtschaftsteilnehmer beispielsweise der Auffassung sind, dass ein Mitbewerber hätte ausgeschlossen werden müssen oder ein Angebot aufgrund der Anwendung einer IPI-Maßnahme hätte weiter hinten gereiht werden müssen. Die Kommission sollte auch über die Möglichkeit verfügen, den Korrekturmechanismus nach Artikel 3 der Richtlinie 89/665/EWG bzw. nach Artikel 8 der Richtlinie 92/13/EWG anzuwenden. |
(28) |
Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) ausgeübt werden. |
(29) |
Für den Erlass von Durchführungsrechtsakten über die Verhängung, Zurücknahme, Aussetzung, Wiedereinsetzung oder Verlängerung einer IPI-Maßnahme sollte das Prüfverfahren angewandt werden, und die Kommission sollte von dem durch die Verordnung (EU) 2015/1843 des Europäischen Parlaments und des Rates (12) eingesetzten Ausschuss „Handelshemmnisse“ unterstützt werden. Da IPI-Maßnahmen unterschiedliche Auswirkungen auf die Märkte für öffentliche Aufträge oder Konzessionen der Union haben könnten, sollte das Ausschussverfahren für Entwürfe von Durchführungsrechtsakten, in denen der Ausschluss von Angeboten vorgesehen ist, angepasst werden, und in solchen Fällen sollte Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 Anwendung finden. |
(30) |
Bei Fragen, die die Anwendung des Rechtsrahmens der Union für das öffentliche Auftragswesen berühren, sollte sich die Kommission erforderlichenfalls an den Beratenden Ausschuss für das öffentliche Auftragswesen wenden können, der durch den Beschluss 71/306/EWG des Rates (13) eingesetzt wurde. |
(31) |
Die gemäß dieser Verordnung erhaltenen Informationen sollten nur für den Zweck, für den sie angefordert wurden, und unter gebührender Beachtung der geltenden Datenschutz- und Vertraulichkeitsanforderungen der Union und der Mitgliedstaaten verwendet werden. Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (14) sowie Artikel 28 der Richtlinie 2014/23/EU, Artikel 21 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 39 der Richtlinie 2014/25/EU sollten entsprechend gelten. |
(32) |
Im Einklang mit der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (15) und mit dem Ziel, unter anderem den Verwaltungsaufwand insbesondere für die Mitgliedstaaten zu verringern, sollte die Kommission regelmäßig den Anwendungsbereich, die Funktionsweise und die Wirksamkeit dieser Verordnung überprüfen. Gegenstand dieser Überprüfung wäre unter anderem die Möglichkeit, alle verfügbaren Mittel zu nutzen, um den Informationsaustausch zu erleichtern, einschließlich der Mittel der elektronischen Auftragsvergabe wie der Standardformulare für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 der Kommission (16), sowie die Belastung von öffentlichen Auftraggebern und Auftraggebern bei der Durchführung dieser Verordnung zu verringern. Die Kommission sollte dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Ergebnisse dieser Bewertung berichten und gegebenenfalls entsprechende Gesetzgebungsvorschläge vorlegen. |
(33) |
Die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge und die Grundsätze, die für von den Unionsorganen auf eigene Rechnung vergebene öffentliche Aufträge gelten, sind in der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates (17) festgelegt und fallen somit nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung. Gemäß der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 beruhen diese Vorschriften auf den Vorschriften, die in den Richtlinien 2014/23/EU und 2014/24/EU festgelegt sind. Daher sollte im Rahmen einer Überarbeitung der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 bewertet werden, ob die in der vorliegenden Verordnung festgelegten Vorschriften und Grundsätze für öffentliche Aufträge gelten sollten, die von Organen der Union vergeben werden. |
(34) |
Die Kommission sollte Leitlinien herausgeben, um die Anwendung dieser Verordnung durch öffentliche Auftraggeber, Auftraggeber und Wirtschaftsteilnehmer zu erleichtern. Diese Leitlinien sollten insbesondere Informationen über das Konzept der Herkunft natürlicher und juristischer Personen und der Herkunft von Waren und Dienstleistungen, zusätzliche Verpflichtungen und die Anwendung dieser Bestimmungen im Rahmen dieser Verordnung enthalten. Vor dem Hintergrund des allgemeinen politischen Ziels der Union, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu unterstützen, sollten diese Leitlinien auch den besonderen Informationsbedarf von KMU bei der Anwendung dieser Verordnung berücksichtigen, um eine Überlastung von KMU zu vermeiden. |
(35) |
Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zur Verwirklichung des grundlegenden Ziels der Verbesserung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge und Konzessionen in Drittländern durch Maßnahmen in Bezug auf nicht erfasste Beschaffungen zu verbessern, ist es notwendig und angemessen, Regeln festzulegen, die von der Kommission bei Verfahren zu befolgen sind, wenn sie Untersuchungen über gegen Wirtschaftsteilnehmer, Waren und Dienstleistungen aus der Union gerichtete, mutmaßliche Maßnahmen oder Praktiken von Drittländern einleitet und mit den betreffenden Drittländern Konsultationen aufnimmt. Diese Verordnung geht gemäß Artikel 5 Absatz 4 EUV nicht über das für die Verwirklichung der verfolgten Ziele erforderliche Maß hinaus. |
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
KAPITEL I
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich
(1) In dieser Verordnung sind Maßnahmen in Bezug auf nicht erfasste Beschaffungen festgelegt, die den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren und Dienstleistungen aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge und Konzessionen in Drittländern verbessern sollen. Sie enthält die von der Kommission zu befolgenden Verfahren, wenn sie Untersuchungen über gegen Wirtschaftsteilnehmer, Waren und Dienstleistungen aus der Union gerichtete, mutmaßliche Maßnahmen oder Praktiken von Drittländern einleitet und mit den betreffenden Drittländern Konsultationen aufnimmt.
In dieser Verordnung ist vorgesehen, dass die Kommission im Zusammenhang mit derartigen Maßnahmen oder Praktiken von Drittländern IPI-Maßnahmen vorschreiben kann, um den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen aus Drittländern zu öffentlichen Vergabeverfahren der Union zu beschränken.
(2) Diese Verordnung gilt für öffentliche Vergabeverfahren, die folgenden Rechtsakten unterliegen:
a) |
der Richtlinie 2014/23/EU; |
b) |
der Richtlinie 2014/24/EU; |
c) |
der Richtlinie 2014/25/EU. |
(3) Diese Verordnung berührt nicht die internationalen Verpflichtungen der Union oder die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten oder ihre öffentlichen Auftraggeber oder Auftraggeber im Einklang mit den in Absatz 2 genannten Rechtsakten treffen können.
(4) Diese Verordnung gilt nur für öffentliche Vergabeverfahren, die nach ihrem Inkrafttreten eingeleitet werden. Eine IPI-Maßnahme gilt nur für öffentliche Vergabeverfahren, die unter die IPI-Maßnahme fallen und zwischen dem Inkrafttreten dieser IPI-Maßnahme und ihrem Auslaufen, ihrer Zurücknahme oder ihrer Aussetzung eingeleitet werden. Öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber nehmen bei Verfahren, die in den Anwendungsbereich einer IPI-Maßnahme fallen, in die Vergabeunterlagen einen Verweis auf die Anwendung dieser Verordnung und aller anwendbaren IPI-Maßnahmen auf.
(5) Für die Wirtschaftsteilnehmer gelten die sozialen, arbeits- oder umweltrechtlichen Anforderungen gemäß den Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU oder sonstigem Unionsrecht.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
(1) Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:
a) |
„Wirtschaftsteilnehmer“ bezeichnet einen Wirtschaftsteilnehmer im Sinne der Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU; |
b) |
„Waren“ bezeichnet die im Gegenstand eines öffentlichen Vergabeverfahrens und in den Spezifikationen des entsprechenden Vertrags genannten Waren, jedoch nicht die in den gelieferten Waren enthaltenen Vorleistungen, Materialien oder Bestandteile; |
c) |
„geschätzter Wert“ bezeichnet den geschätzten Auftragswert, der gemäß den Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU berechnet wird; |
d) |
„Bewertungsanpassung“ bezeichnet die relative Verringerung der Bewertung eines Angebots um einen bestimmten Prozentsatz, die sich aus seiner Bewertung durch einen öffentlichen Auftraggeber oder einen Auftraggeber auf der Grundlage der in den Vergabeunterlagen festgelegten Zuschlagskriterien ergibt. In Fällen, in denen der Preis oder die Kosten das einzige Zuschlagskriterium sind, bedeutet die Bewertungsanpassung die für die Bewertung der Angebote vorgenommene relative Erhöhung des Angebotspreises eines Bieters um einen bestimmten Prozentsatz; |
e) |
„Nachweise“ bezeichnet alle Informationen, Bescheinigungen, Belege oder Erklärungen, mit denen die Einhaltung der in Artikel 8 genannten Verpflichtungen nachgewiesen werden soll, unter anderem:
|
f) |
„öffentlicher Auftraggeber“ bezeichnet einen öffentlichen Auftraggeber gemäß den Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU; |
g) |
„Auftraggeber“ bezeichnet einen Auftraggeber gemäß den Richtlinien 2014/23/EU und 2014/25/EU; |
h) |
„Beteiligter“ bezeichnet jede Person oder Einrichtung, deren Interessen durch eine Maßnahme oder Praxis eines Drittlands beeinträchtigt werden könnten, beispielsweise Unternehmen, Unternehmensvereinigungen oder die wichtigsten branchenübergreifenden Organisationen, die die Sozialpartner auf Unionsebene vertreten; |
i) |
„Maßnahme oder Praxis eines Drittlands“ bezeichnet alle gesetzgeberischen, regulatorischen oder verwaltungstechnischen Maßnahmen, Verfahren oder Praktiken sowie jegliche Kombination daraus, die von öffentlichen Behörden, einzelnen öffentlichen Auftraggebern oder Auftraggebern in einem Drittland auf einer beliebigen Ebene eingeführt oder beibehalten werden und die eine schwerwiegende und wiederholte Behinderung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen dieses Drittlands mit sich bringen; |
j) |
„IPI-Maßnahme“ bezeichnet eine von der Kommission im Rahmen dieser Verordnung erlassene Maßnahme, mit der der Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen mit Ursprung in Drittländern zu den Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen der Union im Bereich der nicht erfassten Beschaffungen beschränkt wird; |
k) |
„nicht erfasste Beschaffungen“ bezeichnet öffentliche Vergabeverfahren für Waren, Dienstleistungen oder Konzessionen, für die die Union in internationalen Vereinbarungen im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge oder von Konzessionen keine Verpflichtungen hinsichtlich des Marktzugangs eingegangen ist; |
l) |
„Aufträge“ bezeichnet „öffentliche Aufträge“ im Sinne der Richtlinie 2014/24/EU, „Konzessionen“ im Sinne der Richtlinie 2014/23/EU und „Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge“ im Sinne der Richtlinie 2014/25/EU; |
m) |
„Bieter“ bezeichnet einen Bieter im Sinne der Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU; |
n) |
„Land“ bezeichnet jeden Staat und jedes gesonderte Zollgebiet, ohne dass die jeweiligen Hoheitsrechte dadurch berührt würden; |
o) |
„Unterauftragsvergabe“ bezeichnet die Ausführung eines Teils eines Vertrags durch einen Dritten und umfasst nicht die bloße Lieferung von Waren oder Teilen, die für die Erbringung einer Dienstleistung erforderlich sind. |
(2) Für die Zwecke dieser Verordnung, mit Ausnahme von Artikel 6 Absätze 3 und 7, werden die Ausführung von Bauleistungen oder die Ausführung eines Bauvorhabens im Sinne der Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU als Erbringung einer Dienstleistung betrachtet.
Artikel 3
Bestimmung des Ursprungs
(1) Als Herkunft eines Wirtschaftsteilnehmers gilt:
a) |
bei natürlichen Personen das Land, dessen Staatsangehörigkeit die Person besitzt oder in dem diese Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht hat; |
b) |
bei juristischen Personen:
|
Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe b Ziffer ii wird vermutet, dass die betreffende Person oder die betreffenden Personen einen beherrschenden Einfluss auf die juristische Person ausübt bzw. ausüben, wenn die Person bzw. die Personen direkt oder indirekt
a) |
die Mehrheit des gezeichneten Kapitals der juristischen Person hält bzw. halten, |
b) |
über die Mehrheit der mit den Anteilen an der juristischen Person verbundenen Stimmrechte verfügt bzw. verfügen, oder |
c) |
mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans der juristischen Person ernennen kann bzw. können. |
(2) Handelt es sich bei einem Wirtschaftsteilnehmer um eine Gruppe natürlicher oder juristischer Personen oder öffentlicher Einrichtungen oder jedweder Kombination aus diesen, und stammt mindestens eine dieser Personen oder Einrichtungen aus einem Drittland, dessen Wirtschaftsteilnehmer, Waren oder Dienstleistungen einer IPI-Maßnahme unterliegen, so gilt diese IPI-Maßnahme auch für von dieser Gruppe eingereichte Angebote.
Wenn jedoch die Beteiligung solcher Personen oder Einrichtungen an einer Gruppe weniger als 15 % des Wertes eines von dieser Gruppe eingereichten Angebots ausmacht, so gilt diese IPI-Maßnahme nicht für dieses Angebot, es sei denn, diese Personen oder Einrichtungen sind erforderlich, um die Mehrheit von mindestens einem der Eignungskriterien in einem öffentlichen Vergabeverfahren zu erfüllen.
(3) Die öffentlichen Auftraggeber oder Auftraggeber können den Wirtschaftsteilnehmer während des öffentlichen Vergabeverfahrens jederzeit auffordern, die Informationen oder Unterlagen im Zusammenhang mit der Überprüfung der Herkunft des Wirtschaftsteilnehmers innerhalb einer angemessenen Frist vorzulegen, zu ergänzen, klarzustellen oder zu vervollständigen, sofern derartige Aufforderungen unter Einhaltung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz erfolgen. Wenn der Wirtschaftsteilnehmer diese Informationen oder Unterlagen, ohne dies plausibel zu erklären, nicht vorlegt und dadurch die Überprüfung der Herkunft des Wirtschaftsteilnehmers durch öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber verhindert oder eine solche Überprüfung praktisch unmöglich oder sehr schwierig macht, so wird dieser Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an dem betreffenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen.
(4) Der Ursprung einer Ware wird gemäß Artikel 60 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 bestimmt, und der Ursprung einer Dienstleistung wird anhand der Herkunft des Wirtschaftsteilnehmers, der diese Dienstleistung erbringt, bestimmt.
Artikel 4
Ausnahmen für Waren und Dienstleistungen aus den am wenigsten entwickelten Ländern
Die Kommission leitet keine Untersuchung in Bezug auf die am wenigsten entwickelten Länder ein, die in Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 978/2012 aufgeführt sind, es sei denn, es liegen Hinweise auf eine Umgehung einer dem aufgeführten Drittland oder seinen Wirtschaftsteilnehmern zuzurechnenden IPI-Maßnahme vor.
KAPITEL II
Untersuchungen, Konsultationen, Maßnahmen und Verpflichtungen
Artikel 5
Untersuchungen und Konsultationen
(1) Die Kommission kann auf eigene Initiative oder aufgrund einer mit Gründen versehenen Beschwerde eines Beteiligten der Union oder eines Mitgliedstaats eine Untersuchung einer mutmaßlichen Maßnahme oder Praxis eines Drittlands einleiten, indem sie eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Eine Bekanntmachung über die Einleitung enthält die vorläufige Bewertung der Maßnahme oder Praxis des Drittlands durch die Kommission, und die Beteiligten und fordert die Mitgliedstaaten auf, der Kommission innerhalb einer bestimmten Frist einschlägige Informationen zu übermitteln.
Die Kommission stellt auf ihrer Website ein Online-Tool zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten und die Beteiligten der Union nutzen dieses Tool, um eine mit Gründen versehene Beschwerde einzureichen.
(2) Nach der Veröffentlichung der in Absatz 1 genannten Bekanntmachung fordert die Kommission das betreffende Drittland auf, dazu Stellung zu nehmen, sachdienliche Informationen zu übermitteln und Konsultationen mit der Kommission aufzunehmen, um die mutmaßliche Maßnahme oder Praxis des Drittlands zu beenden oder abzustellen. Die Kommission informiert die Mitgliedstaaten in dem durch Artikel 7 der Verordnung (EU) 2015/1843 eingesetzten Ausschuss „Handelshemmnisse“ regelmäßig über die Fortschritte bei der Untersuchung und den Konsultationen.
(3) Die Untersuchung und die Konsultationen werden binnen neun Monaten nach dem Datum ihrer Einleitung abgeschlossen. In begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist um fünf Monate verlängern, indem sie eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und das Drittland, die Beteiligten und die Mitgliedstaaten über diese Verlängerung unterrichtet.
(4) Nach Abschluss der Untersuchung und der Konsultationen macht die Kommission einen Bericht mit den wichtigsten Ergebnissen der Untersuchung und einem Vorschlag für das weitere Vorgehen öffentlich verfügbar. Die Kommission übermittelt diesen Bericht dem Europäischen Parlament und dem Rat.
(5) Stellt die Kommission nach ihrer Untersuchung fest, dass die mutmaßliche Maßnahme oder Praxis des Drittlandes nicht beibehalten wird oder dass sie nicht zu einer schwerwiegenden und wiederkehrenden Beeinträchtigung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen der Union zum Markt des Drittlands für öffentliche Aufträge oder Konzessionen führt, beendet die Kommission die Untersuchung und veröffentlicht eine entsprechende Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union.
(6) Die Kommission kann die Untersuchung und die Konsultationen jederzeit aussetzen, wenn das betreffende Drittland
a) |
ausreichende Korrekturmaßnahmen zur Beendigung oder Abstellung der schwerwiegenden und wiederholten Beeinträchtigung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen der Union zum Markt des Drittlands für öffentliche Aufträge oder Konzessionen ergreift und dadurch der Zugang verbessert wird, oder |
b) |
sich gegenüber der Union verpflichtet, die Maßnahme oder Praxis des Drittlands innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch innerhalb von sechs Monaten nach Eingehen dieser Verpflichtungen, abzustellen oder schrittweise einzustellen, auch indem der Geltungsbereich einer bestehenden Vereinbarung auf die öffentliche Auftragsvergabe ausgedehnt wird. |
(7) Die Kommission nimmt die Untersuchung und die Konsultationen jederzeit wieder auf, wenn sie zu dem Schlussgelangt, dass die Gründe für die Aussetzung nicht mehr gegeben sind.
(8) Die Kommission veröffentlicht eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union, wenn die Untersuchung und die Konsultationen ausgesetzt oder wieder aufgenommen werden.
Artikel 6
IPI-Maßnahmen
(1) Gelangt die Kommission im Anschluss an eine Untersuchung und an Konsultationen gemäß Artikel 5 zu dem Schluss, dass eine Maßnahme oder Praxis eines Drittlands besteht, erlässt sie — wenn dies ihrer Ansicht nach im Interesse der Union liegt — im Wege eines Durchführungsrechtsakts eine IPI-Maßnahme. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 11 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
(2) Die Feststellung, ob es im Interesse der Union ist, eine IPI-Maßnahme zu erlassen, stützt sich auf eine Bewertung aller Interessen, einschließlich der Interessen der Wirtschaftsteilnehmer der Union. IPI-Maßnahmen dürfen nicht erlassen werden, wenn die Kommission auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen zu dem Schluss kommt, dass die Annahme solcher Maßnahmen nicht im Interesse der Union liegt.
(3) Die IPI-Maßnahme wird unter Berücksichtigung der verfügbaren Informationen auf der Grundlage der folgenden Kriterien festgelegt:
a) |
der Verhältnismäßigkeit der IPI-Maßnahme gegenüber der Maßnahme oder Praxis des Drittlands; |
b) |
der Verfügbarkeit alternativer Bezugsquellen für die betreffenden Waren und Dienstleistungen, um erhebliche negative Auswirkungen auf die öffentlichen Auftraggeber und die Auftraggeber zu vermeiden oder auf ein Mindestmaß zu reduzieren. |
(4) Die IPI-Maßnahme gilt nur für öffentliche Vergabeverfahren mit einem geschätzten Wert über einem Schwellenwert, der von der Kommission unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Untersuchung und Konsultationen sowie der in Absatz 3 festgelegten Kriterien festgelegt wird. Dieser geschätzte Wert sollte bei Bauleistungen und Konzessionen mindestens 15 000 000 EUR ohne Mehrwertsteuer und bei Waren und Dienstleistungen mindestens 5 000 000 EUR ohne Mehrwertsteuer betragen.
(5) Die IPI-Maßnahme gilt für einzelne Aufträge, die im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben werden, wenn die IPI-Maßnahme auch für diese dynamischen Beschaffungssysteme gilt, mit Ausnahme von einzelnen Aufträgen, deren geschätzter Wert unter den jeweils in Artikel 8 der Richtlinie 2014/23/EU, Artikel 4 der Richtlinie 2014/24/EU oder Artikel 15 der Richtlinie 2014/25/EU festgelegten Werten liegt. Die IPI-Maßnahme gilt nicht für öffentliche Vergabeverfahren zur Vergabe von Aufträgen auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung oder für einzelne Lose, die gemäß Artikel 5 Absatz 10 der Richtlinie 2014/24/EU oder Artikel 16 Absatz 10 der Richtlinie 2014/25/EU vergeben werden.
(6) Im Rahmen der in Absatz 1 genannten IPI-Maßnahme kann die Kommission innerhalb des in Absatz 8 festgelegten Anwendungsbereichs beschließen, den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen aus einem Drittland zu öffentlichen Vergabeverfahren zu beschränken, indem sie öffentliche Auftraggeber oder Auftraggeber verpflichtet,
a) |
bei Angeboten von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland eine Bewertungsanpassung vorzunehmen, oder |
b) |
Angebote von Wirtschaftsteilnehmern aus dem betreffenden Drittland auszuschließen. |
(7) Die Bewertungsanpassung gemäß Absatz 6 Buchstabe a gilt nur zum Zweck der Bewertung und Reihung der Angebote. Sie beeinflusst nicht den Preis, der nach dem mit dem erfolgreichen Bieter abzuschließenden Vertrag zu zahlen ist.
(8) In der in Absatz 1 genannten IPI-Maßnahme legt die Kommission den Anwendungsbereich der IPI-Maßnahme fest, einschließlich
a) |
der Sektoren oder Kategorien von Waren, Dienstleistungen und Konzessionen auf der Grundlage des Gemeinsamen Vokabulars für öffentliche Aufträge gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (18) sowie etwaiger geltender Ausnahmen; |
b) |
der bestimmten Kategorien von öffentlichen Auftraggebern oder Auftraggebern; |
c) |
der bestimmten Kategorien von Wirtschaftsteilnehmern; |
d) |
der spezifischen Schwellenwerte, die den in Absatz 4 genannten entsprechen oder darüber liegen; |
e) |
gegebenenfalls der prozentualen Werte der in Absatz 6 Buchstabe a genannten Bewertungsanpassung. |
Der in Unterabsatz 1 Buchstabe e genannte prozentuale Wert der Anpassung wird je nach Drittland und Sektor der geplanten Waren, Dienstleistungen, Bauleistungen oder Konzessionen auf bis zu 50 % der Bewertung des Angebots festgesetzt. Bei öffentlichen Vergabeverfahren, bei denen der Preis oder die Kosten das einzige Zuschlagskriterium sind, beträgt die Bewertungsanpassung das Doppelte des in Satz 1 des vorliegenden Unterabsatzes genannten prozentualen Werts. Eine IPI-Maßnahme gibt die jeweiligen prozentualen Werte getrennt an.
(9) Bei der Bestimmung der IPI-Maßnahme auf der Grundlage der Optionen nach Absatz 6 Buchstabe a oder b wählt die Kommission die Art von Maßnahme, die verhältnismäßig ist und mit der der Grad der Beeinträchtigung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern aus der Union, Waren oder Dienstleistungen zu den Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen eines Drittlands am wirksamsten abgestellt werden kann.
(10) Gelangt die Kommission zu der Auffassung, dass das Drittland ausreichende Korrekturmaßnahmen ergreift, um die Beeinträchtigung des Zugangs von Wirtschaftsteilnehmern, Waren oder Dienstleistungen der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen dieses Drittlands zu beenden oder abzustellen, und damit den Zugang zu diesen Märkten verbessert, oder wenn das Drittland sich verpflichtet, die betreffende Maßnahme oder Praxis einzustellen, kann die Kommission die IPI-Maßnahme zurücknehmen oder ihre Anwendung aussetzen.
Gelangt die Kommission zu der Auffassung, dass die ergriffenen Korrekturmaßnahmen oder die eingegangenen Verpflichtungen widerrufen, ausgesetzt oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurden, so veröffentlicht sie ihre Feststellungen und kann die IPI-Maßnahme jederzeit wieder in Kraft setzen.
Die Kommission kann eine IPI-Maßnahme im Wege eines Durchführungsrechtsakts zurücknehmen, aussetzen oder wieder in Kraft setzen und veröffentlicht in diesem Fall eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 11 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
(11) Eine IPI-Maßnahme läuft fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten aus. Eine IPI-Maßnahme kann um fünf Jahre verlängert werden. Die Kommission leitet spätestens neun Monate vor dem Auslaufen der betreffenden IPI-Maßnahme eine Überprüfung dieser Maßnahme ein, indem sie im Amtsblatt der Europäischen Union eine Bekanntmachung veröffentlicht. Eine derartige Überprüfung muss innerhalb von sechs Monaten ab der Veröffentlichung der entsprechenden Bekanntmachung abgeschlossen sein. Nach einer derartigen Überprüfung kann die Kommission im Wege eines Durchführungsrechtsakts die Laufzeit der IPI-Maßnahme verlängern, sie entsprechend anpassen oder sie durch eine andere IPI-Maßnahme ersetzen. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 11 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Artikel 7
Liste der öffentlichen Auftraggeber, die von der Anwendung dieser Verordnung ausgenommen sind
(1) Auf mit Gründen versehenen Antrag eines Mitgliedstaats kann die Kommission im Hinblick auf eine gerechte Aufteilung der Vergabeverfahren unter den Mitgliedstaaten, die der IPI-Maßnahme unterliegen, eine Liste der lokalen öffentlichen Auftraggeber innerhalb von Verwaltungseinheiten mit weniger als 50 000 Einwohnern in diesem Mitgliedstaat annehmen, die von der Anwendung dieser Verordnung ausgenommen sind.
(2) In seinem Antrag übermittelt der Mitgliedstaat ausführliche Angaben zur Begründung des Antrags auf Ausnahme und zum Wert der Aufträge oberhalb der in Artikel 6 Absatz 4 dieser Verordnung festgelegten Schwellenwerte, die von allen aufgeführten öffentlichen Auftraggebern oder Auftraggebern in den letzten drei Jahren ab dem 31. Dezember vor dem Antrag auf Ausnahme vergeben wurden. Eine Ausnahme kann nur gewährt werden, wenn der Gesamtwert der Aufträge oberhalb der in Artikel 6 Absatz 4 dieser Verordnung festgelegten Schwellenwerte, die von den nicht ausgenommenen öffentlichen Auftraggebern oder Auftraggebern vergeben werden, 80 % des Gesamtwerts der Aufträge oberhalb dieser Schwellenwerte übersteigt, die in den Anwendungsbereich der Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU fallen und in demselben Dreijahreszeitraum in dem antragstellenden Mitgliedstaat vergeben wurden.
(3) Die Ausnahme ist auf das unter Berücksichtigung der Verwaltungskapazität der auszunehmenden öffentlichen Auftraggeber unbedingt erforderliche und verhältnismäßige Maß zu beschränken.
(4) Die Kommission informiert die Mitgliedstaaten, bevor sie die in Absatz 1 genannte Liste annimmt. Diese im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichende Liste ist für einen Zeitraum von drei Jahren gültig und kann alle drei Jahre auf mit Gründen versehenen Antrag des betroffenen Mitgliedstaats überarbeitet oder erneuert werden.
Artikel 8
Verpflichtungen des erfolgreichen Bieters
(1) Bei öffentlichen Vergabeverfahren, auf die eine IPI-Maßnahme Anwendung findet, sowie bei Verträge, die auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung vergeben werden, deren geschätzter Wert den in Artikel 8 der Richtlinie 2014/23/EU, Artikel 4 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 15 der Richtlinie 2014/25/EU festgelegten Werten entspricht oder diese übersteigt und bei denen diese Rahmenvereinbarungen der IPI-Maßnahme unterlagen, nehmen die öffentlichen Auftraggeber und Auftraggeber auch die folgenden Verpflichtungen für erfolgreiche Bieter in die Vergabeunterlagen auf:
a) |
nicht mehr als 50 % des Gesamtwerts des Vertrags an Wirtschaftsteilnehmer, die aus einem Drittland stammen, für das eine IPI-Maßnahme gilt, als Unteraufträge zu vergeben, |
b) |
bei Verträgen, deren Gegenstand die Lieferung von Waren umfasst, während der Laufzeit des Vertrags sicherzustellen, dass die in Ausführung des Vertrags gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen, die aus einem Drittland stammen, für das die IPI-Maßnahme gilt, nicht mehr als 50 % des Gesamtwerts des Vertrags ausmachen, unabhängig davon, ob diese Waren oder Dienstleistungen unmittelbar vom erfolgreichen Bieter oder von einem Unterauftragnehmer geliefert oder erbracht werden, |
c) |
dem öffentlichen Auftraggeber oder dem Auftraggeber spätestens bei Vertragserfüllung auf Verlangen geeignete Nachweise entsprechend den Buchstaben a oder b vorzulegen, |
d) |
im Falle einer Nichteinhaltung der unter den Buchstaben a oder b genannten Verpflichtungen eine anteilige Strafgebühr zwischen 10 % und 30 % des Gesamtwerts des Vertrags zu zahlen. |
(2) Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe c genügt es, den Nachweis zu erbringen, dass mehr als 50 % des Gesamtwerts des Vertrags aus anderen Ländern als dem Drittland, für das die IPI-Maßnahme gilt, stammen. Der öffentliche Auftraggeber oder der Auftraggeber fordert einschlägige Nachweise an, wenn es begründete Hinweise darauf gibt, dass Absatz 1 Buchstaben a oder b nicht eingehalten wurde, oder wenn der Vertrag an eine Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern vergeben wird, der eine juristische Person angehört, die aus einem Drittland stammt, für das eine IPI-Maßnahme gilt.
(3) Die öffentlichen Auftraggeber und Auftraggeber nehmen in die Unterlagen für öffentliche Vergabeverfahren, auf die eine IPI-Maßnahme anwendbar ist, einen Hinweis auf die in diesem Artikel festgelegten Verpflichtungen auf.
Artikel 9
Ausnahmen
(1) Öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber können in Ausnahmefällen beschließen, die IPI-Maßnahme bei einem öffentlichen Vergabeverfahren nicht anzuwenden, wenn
a) |
nur Angebote von Wirtschaftsteilnehmern aus einem Drittland, für das eine IPI-Maßnahme gilt, verfügbar sind, den Bedingungen der Ausschreibung entsprechen, oder |
b) |
die Entscheidung, die IPI-Maßnahme nicht anzuwenden, aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses wie der öffentlichen Gesundheit oder dem Umweltschutz gerechtfertigt ist. |
(2) Beschließt ein öffentlicher Auftraggeber oder ein Auftraggeber, eine IPI-Maßnahme nicht anzuwenden, teilt er/sie die folgenden Informationen der Kommission spätestens dreißig Tage nach der Bekanntmachung über die Vergabe des Auftrags in einer von dem jeweiligen Mitgliedstaat festzulegenden Weise mit:
a) |
Name und Kontaktangaben des öffentlichen Auftraggebers oder des Auftraggebers, |
b) |
Beschreibung des Auftragsgegenstands, |
c) |
Angaben zur Herkunft der Wirtschaftsteilnehmer, |
d) |
Grundlage für die Entscheidung, die IPI-Maßnahme nicht anzuwenden, und ausführliche Begründung der Anwendung der Ausnahmeregelung, |
e) |
gegebenenfalls jede andere vom öffentlichen Auftraggeber oder vom Auftraggeber für sinnvoll erachtete Angabe. |
Die Kommission kann von den betreffenden Mitgliedstaaten weitere Informationen anfordern.
Artikel 10
Rechtsbehelfe
Die Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG gelten entsprechend, um den Rechtsschutz der Wirtschaftsteilnehmer, die an einem bestimmten Auftrag, der in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt, interessiert sind oder waren, sicherzustellen.
KAPITEL III
Durchführungsbefugnisse, Berichterstattung und Schlussbestimmungen
Artikel 11
Ausschussverfahren
(1) Die Kommission wird von dem durch Artikel 7 der Verordnung (EU) 2015/1843 eingesetzten Ausschuss unterstützt. Bei dem Ausschuss handelt es sich um einen Ausschuss im Sinne des Artikels 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
(3) Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme für die Annahme des Entwurfs einer IPI-Maßnahme in Form eines Ausschlusses von Angeboten gemäß Artikel 6 Absatz 6 Buchstabe b der vorliegenden Verordnung ab, so nimmt die Kommission den Entwurf des Durchführungsrechtsakts nicht an, und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.
Artikel 12
Leitlinien
Um die Anwendung dieser Verordnung durch öffentliche Auftraggeber und Auftraggeber sowie durch Wirtschaftsteilnehmer zu erleichtern, gibt die Kommission innerhalb von sechs Monaten ab dem 29. August 2022 Leitlinien heraus.
Artikel 13
Berichterstattung
(1) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 30. August 2025 und danach mindestens alle zwei Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung und über die Fortschritte, die bei internationalen Verhandlungen über den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern aus der Union zu den Märkten für öffentliche Aufträge oder Konzessionen in Drittländern im Rahmen dieser Verordnung erzielt wurden. Dieser Bericht wird veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission auf Anforderung die Informationen über die Anwendung von Maßnahmen im Rahmen dieser Verordnung, einschließlich der Zahl der Vergabeverfahren auf zentraler und dezentraler Ebene, bei denen eine bestimmte IPI-Maßnahme angewandt wurde, der Zahl der eingegangenen Angebote aus Drittländern, die dieser IPI-Maßnahme unterliegen, sowie der Fälle, in denen eine spezifische Ausnahme von der IPI-Maßnahme angewandt wurde.
(2) Die öffentlichen Auftraggeber und Auftraggeber berichten der Kommission im Rahmen der Informationen über die Auftragsvergabe über die Anwendung von IPI-Maßnahmen im Rahmen von Tender Electronic Daily. Dieser Bericht enthält für jedes einschlägige Verfahren Informationen über die Anwendung der IPI-Maßnahmen, die Zahl der Angebote aus Drittländern, die der betreffenden IPI-Maßnahme unterliegen, die Zahl der Angebote, bei denen der Ausschluss des Angebots oder eine Bewertungsanpassung vorgenommen wurde, und die Anwendung spezifischer Ausnahmen von der IPI-Maßnahme. Die Kommission verwendet diese Daten bei ihrer regelmäßigen Berichterstattung gemäß diesem Artikel. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission auf Anforderung zusätzliche Informationen über die Anwendung von Maßnahmen im Rahmen dieser Verordnung.
Artikel 14
Überprüfung
Die Kommission überprüft spätestens vier Jahre nach Annahme eines Durchführungsrechtsakts oder spätestens 30. August 2027, je nachdem, was zuerst eintritt, und danach alle fünf Jahre den Anwendungsbereich, die Funktionsweise und die Wirksamkeit dieser Verordnung und berichtet dem Europäischen Parlament und dem Rat über ihre Erkenntnisse.
Artikel 15
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am sechzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am 23. Juni 2022.
Im Namen des Europäischen Parlaments
Die Präsidentin
R. METSOLA
Im Namen des Rates
Der Präsident
F. RIESTER
(1) ABl. C 264 vom 20.7.2016, S. 110.
(2) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 9. Juni 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates 17. Juni 2022.
(3) Verordnung (EU) Nr. 654/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (ABl. L 189 vom 27.6.2014, S. 50).
(4) Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1).
(5) Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).
(6) Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).
(7) Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).
(8) Verordnung (EU) Nr. 978/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 732/2008 des Rates (ABl. L 303 vom 31.10.2012, S. 1).
(9) Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 33).
(10) Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 76 vom 23.3.1992, S. 14).
(11) Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
(12) Verordnung (EU) 2015/1843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 2015 zur Festlegung der Verfahren der Union im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Union nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln (ABl. L 272 vom 16.10.2015, S. 1).
(13) Beschluss 71/306/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 zur Einsetzung eines Beratenden Ausschusses für öffentliche Bauaufträge (ABl. L 185 vom 16.8.1971, S. 15).
(14) Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43).
(15) ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.
(16) Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 der Kommission vom 23. September 2019 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen für öffentliche Aufträge und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 („elektronische Formulare — eForms“) (ABl. L 272 vom 25.10.2019, S. 7).
(17) Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1).
(18) Verordnung (EG) Nr. 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über das Gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV) (ABl. L 340 vom 16.12.2002, S. 1).
Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates gemäß Verordnung (EU) 2022/1031 des Europäischen Parlaments und des Rates
Das Europäische Parlament und der Rat erkennen an, dass die in diesem Instrument vereinbarten Komitologieregeln dem Ergebnis anderer laufender oder künftiger legislativer Verhandlungen nicht vorgreifen und nicht als Präzedenzfall für andere Gesetzgebungsdossiers zu betrachten sind.
Erklärung der Kommission zur Überprüfung der Verordnung über das Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen (Verordnung (EU) 2022/1031 des Europäischen Parlaments und des Rates)
Im Zuge der Überprüfung des Anwendungsbereichs, der Funktionsweise und der Wirksamkeit der Verordnung (EU) 2022/1031 des Europäischen Parlaments und des Rates gemäß Artikel 14 der genannten Verordnung wird die Kommission auch prüfen, ob Entwicklungsländer, die von der allgemeinen Regelung nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr.o978/2012 profitieren, und insbesondere diejenigen, die unter die Sonderregelung für nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung im Sinne von Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr.o978/2012 fallen, von der Anwendung dieser Verordnung ausgenommen werden müssen. Bei dieser Überprüfung wird die Kommission den Sektoren besondere Aufmerksamkeit schenken, die unter dem Blickwinkel des öffentlichen Beschaffungswesens der Union als strategisch erachtet werden.