25.5.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 146/132


EMPFEHLUNG (EU) 2022/822 DER KOMMISSION

vom 18. Mai 2022

zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und zur Förderung von Strombezugsverträgen

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Erneuerbare Energien sind das Herzstück der Energiewende, die erforderlich ist, um die Ziele des europäischen Grünen Deals zu erreichen, Energie erschwinglich zu machen und die Abhängigkeit der Union von fossilen Brennstoffen und Energieeinfuhren zu verringern.

(2)

Erneuerbare Energien haben vielfältige Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger der Union. Sie tragen zu den Anstrengungen zur Bewältigung des Klimawandels und zum Schutz unserer Umwelt bei, sie sorgen für Wachstum und Beschäftigung, sie fördern die technologische und industrielle Führungsposition der Union und sie stärken die Resilienz der Wirtschaft der Union.

(3)

Mehr als 75 % der Treibhausgasemissionen in der Union entfallen auf den Energiesektor. Daher ist es von grundlegender Bedeutung, dass die Energieerzeugung durch die Entwicklung und den Bau von Anlagen für erneuerbare Energien schneller vorangetrieben wird, damit die Union ihr für 2030 gestecktes Ziel für erneuerbare Energie erreicht und zur Verwirklichung des in der Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) festgelegten Unionsziels, die THG-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu verringern, beigetragen wird.

(4)

Eine rasche Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien ist eine Voraussetzung für die Bewältigung des Problems der hohen Energiepreise. Dank der rückläufigen Fixkosten und der praktisch nicht ins Gewicht fallenden variablen Kosten erneuerbarer Energien schwanken die Kosten von Strom aus erneuerbaren Quellen weniger stark und sind niedriger als die Kosten fossiler Brennstoffe. Die schnellere Verbreitung erneuerbarer Energien wird die Abhängigkeit der Union von — vorwiegend importierten — fossilen Brennstoffen verringern.

(5)

In der Mitteilung „REPowerEU: gemeinsames europäisches Vorgehen für erschwinglichere, sichere und nachhaltige Energie“ (2) (im Folgenden „REPowerEU-Mitteilung“) heißt es, dass ein schnellerer vermehrter Einsatz von erneuerbarer Energie entscheidend dazu beiträgt, die Abhängigkeit der Union von fossilen Brennstoffen zu verringern und den Verbrauch russischen Gases zu beenden. Im REPowerEU-Plan sind entsprechende Maßnahmen vorgesehen. Dies gilt auch für das Europäische Semester, in dessen Rahmen länderspezifische, auf die jeweiligen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten zugeschnittene Empfehlungen für die Erteilung von Genehmigungen vorgeschlagen werden.

(6)

Die REPowerEU-Mitteilung sieht auch einen Wasserstoff-Accelerator vor, der die für 2030 gesteckten Ziele für erneuerbaren Wasserstoff verdoppelt, um die Abhängigkeit der Union von Importen fossiler Brennstoffe aus Drittländern zu verringern. Zur Erzeugung von 10 Mio. Tonnen erneuerbaren Wasserstoffs benötigt die Union bis 2030 80 GW an zusätzlichen Kapazitäten für erneuerbare Energien.

(7)

Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien sind grundsätzlich genehmigungspflichtig, damit das Vorhaben umgesetzt werden kann. Genehmigungsverfahren tragen dazu bei, dass die Projekte sicher sind. Allerdings sind die Kompliziertheit, Vielfalt und übermäßig lange Dauer dieser Verfahren ein wesentliches Hindernis für die erforderliche rasche Verbreitung erneuerbarer Energien und die Verwirklichung eines erschwinglicheren, sicheren und nachhaltigen Energiesystems in der Union.

(8)

Verzögerungen bei der Bearbeitung von Projektgenehmigungen gefährden das rechtzeitige Erreichen der Energie- und Klimaziele und erhöhen die Kosten der hierfür erforderlichen Projekte. In einem dynamischen Innovationsgeschehen können Verzögerungen auch dazu führen, dass weniger effiziente Anlagen für erneuerbare Energien installiert werden.

(9)

Diese Hindernisse waren bereits Gegenstand der Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3), gemäß der die Mitgliedstaaten die Genehmigungsverfahren evaluieren mussten, um die rechtlichen und anderen Hindernisse für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen abzubauen. Mit der Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) wurden Anforderungen zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren für Entwickler erneuerbarer Energien eingeführt, und mit der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) wurden diese Anforderungen verschärft. Die lückenlose und rasche Umsetzung dieser Anforderungen durch alle Mitgliedstaaten trägt erheblich zur Verkürzung der Verwaltungsverfahren bei und hat höchste Priorität und Dringlichkeit.

(10)

Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten mit dem Instrument für technische Unterstützung (6), über das sie bedarfsgerecht angepasstes Fachwissen für die Konzeption und Umsetzung von Reformen bereitstellt, und zwar auch für Reformen zur Straffung des Rahmens und der Verfahren zur Erteilung von Genehmigungen für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und zur Förderung von auf Unternehmensebene geschlossenen Bezugsverträgen für erneuerbare Energie. Die technische Unterstützung umfasst beispielsweise die Stärkung der Verwaltungskapazitäten, die Harmonisierung der Rechtsrahmen und den Austausch über einschlägige bewährte Verfahren.

(11)

Die in der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegten Fristen für Genehmigungsverfahren lassen Verpflichtungen nach dem geltenden Umweltrecht der Union, gerichtliche Berufungsverfahren, Rechtsbehelfe und andere Gerichtsverfahren sowie alternative Streitbeilegungsverfahren, nichtgerichtliche Berufungsverfahren und Rechtsbehelfe unberührt und können sich um die Dauer dieser Verfahren verlängern.

(12)

Die mangelnde öffentliche Akzeptanz von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien stellt in vielen Mitgliedstaaten ein weiteres erhebliches Hindernis für die Umsetzung solcher Projekte dar. Um dieses Hindernis auszuräumen, muss den Bedürfnissen und Sichtweisen der Bürgerinnen und Bürger und gesellschaftlichen Interessenträger in allen Phasen der Entwicklung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien — von der Politikgestaltung bis hin zur Raumplanung und Projektentwicklung — Rechnung getragen werden. Ferner sollte die Anwendung bewährter Verfahren, die eine gerechte Verteilung der verschiedenen Auswirkungen der Anlagen in der lokalen Bevölkerung gewährleisten, gefördert werden.

(13)

Die meisten Hindernisse im Zusammenhang mit der Erteilung von Genehmigungen für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und für die entsprechende Netzinfrastruktur, aber auch bewährte Verfahren zu ihrer Überwindung wurden auf der Ebene der Mitgliedstaaten festgestellt.

(14)

Verwaltungshürden fallen inzwischen stärker ins Gewicht, weil es bei anderen Hindernissen zu Verbesserungen gekommen ist, wie z. B. bei den Technologiekosten, die in den letzten zehn Jahren stark zurückgegangen sind, oder bei den Finanzierungsproblemen, die durch niedrigere Kosten und die steigende Zahl der auf Unternehmensebene geschlossenen Vereinbarungen über den Bezug erneuerbarer Energie abgefedert werden.

(15)

In dieser Empfehlung wird auf diese Hindernisse eingegangen und dazu aufgerufen, Lösungen innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens zu finden. Sie lässt das Unionsrecht insbesondere in den Bereichen Energie und Umwelt und die daraus erwachsenden Verpflichtungen unberührt. Sie lässt auch die Wettbewerbsvorschriften der Union, insbesondere die Artikel 101, 102 und 106 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, sowie die Beschlusspraxis der Kommission bei der Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften der Union unberührt.

(16)

Neben dieser Empfehlung wurde ein Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung und Stärkung der Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2018/2001 in Bezug auf Verwaltungsverfahren angenommen. Da die Umsetzung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien dringend beschleunigt werden muss, sollten die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 15b des Vorschlags zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/2001 über Genehmigungen so bald wie möglich geeignete Land- und Meeresgebiete ermitteln und Pläne für besonders geeignete Gebiete („‚go-to‘-Gebiete für Erneuerbare“) ausarbeiten.

(17)

Die maritime Raumplanung ist ein wichtiges Instrument zur Ermittlung künftiger Gebiete für die Nutzung erneuerbarer Energien sowie zur Förderung der Mehrfachnutzung des Meeresraums, einschließlich der Erhaltung und des Schutzes der Meeresumwelt. Die Mitgliedstaaten mussten ihre maritimen Raumordnungspläne gemäß der Richtlinie über die maritime Raumplanung (7) (MRP-Richtlinie) bis zum 31. März 2021 verabschieden. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten, die die MRP-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt haben, auf, ihre nationalen Pläne zu erstellen und zu verabschieden (8).

(18)

Hindernisse aufgrund von Genehmigungsverfahren können auch die künftige Einführung innovativer, für die Klimaneutralität erforderlicher Dekarbonisierungstechnologien beeinträchtigen. Die Einrichtung von Reallaboren zur Erprobung innovativer Technologien, Produkte, Dienste oder Ansätze, die nicht in vollem Umfang mit dem geltenden Rechts- und Regulierungsrahmen im Einklang stehen, könnte innovationsfördernd wirken und die anschließende Anpassung des Regelungsumfelds erleichtern.

(19)

Die teilweise oder vollständig durch Bezugsverträge auf Unternehmensebene finanzierte Entwicklung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien wird zu einer schnelleren Verbreitung erneuerbarer Energien beitragen. Auf Unternehmensebene geschlossene Bezugsverträgen bieten auch direkte Vorteile für die Endverbraucher, weil sie unter anderem für einen wettbewerbsfähigen und vorhersehbaren Energiepreis sorgen und zur Agenda der sozialen Verantwortung von Unternehmen in der Union beitragen.

(20)

Die Zahl der Bezugsverträge auf Unternehmensebene ist in den letzten fünf Jahren zwar jährlich gestiegen, aber der Anteil der unmittelbar durch abnehmende Unternehmen finanzierten Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien beläuft sich auf lediglich 15-20 % des jährlichen Marktes. Der Abschluss von Bezugsverträgen auf Unternehmensebene beschränkt sich zudem in erster Linie auf bestimmte Mitgliedstaaten, auf den Energieträger Strom und auf große multinationale verbraucherorientierte Unternehmen.

(21)

Zusammen mit dieser Empfehlung stellt die Kommission über das „Energy and Industry Geography Lab“ (9) (EIGL) digital konsolidierte Datensätze zu verschiedensten relevanten Energie- und Umweltfaktoren zur Verfügung, um den Mitgliedstaaten bei der Ermittlung von „go-to“-Gebieten für Erneuerbare für die rasche Umsetzung neuer einschlägiger Projekte zu helfen. Die Kommission plant, dieses Kartierungsinstrument durch die Aufnahme weiterer Datensätze und Links zu den digitalen Raumplanungsinstrumenten der Mitgliedstaaten weiterzuentwickeln —

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

BEGRIFFSBESTIMMUNG

(1)

Für die Zwecke dieser Empfehlung und des dazugehörigen Leitfadens umfasst der Begriff „Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien“ Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im Sinne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (einschließlich erneuerbarem Wasserstoff) sowie die erforderlichen Netzanschlüsse und Anlagen zur Speicherung der erzeugten Energie.

SCHNELLERE UND KÜRZERE VERFAHREN

(2)

Angesichts des Gesetzgebungsvorschlags zur Änderung und Stärkung der Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2018/2001 in Bezug auf Verwaltungsverfahren und unbeschadet des Unionsrechts sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, ihr Anschluss an das Strom-, Gas- oder Wärmenetz und das entsprechende Netz selbst sowie die Speicheranlagen für das günstigste ihrer Planungs- und Genehmigungsverfahren infrage kommen und dass davon ausgegangen wird, dass sie im überwiegenden öffentlichen Interesse und im Interesse der öffentlichen Sicherheit liegen.

(3)

Die Mitgliedstaaten sollten klar definierte, zeitnahe und möglichst kurze Fristen für alle Schritte festlegen, die für die Erteilung von Genehmigungen für den Bau und Betrieb von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien vorgeschrieben sind, und angeben, in welchen Fällen und unter welchen Umständen diese Fristen verlängert werden können. Die Mitgliedstaaten sollten für alle relevanten Phasen der Umweltverträglichkeitsprüfung verbindliche Höchstfristen festlegen. Die Dauer der Genehmigungsverfahren für die Installation von Solarenergieanlagen in künstlichen Strukturen sollte auf höchstens drei Monate begrenzt werden.

(4)

Die Mitgliedstaaten sollten Zeitrahmen und spezifische Verfahrensregeln festlegen, damit die Wirksamkeit der gerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit dem Zugang zur Justiz für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien gewährleistet ist.

(5)

Die Mitgliedstaaten sollten ein einheitliches Antragsverfahren einführen, das das gesamte Verwaltungsverfahren für die Beantragung und Erteilung von Genehmigungen abdeckt. Wenn verschiedene Genehmigungen erforderlich sind, sollte gleichzeitig gestellten Anträgen Vorrang vor nacheinander gestellten Anträgen eingeräumt werden; dies gilt auch für damit verbundene Netzprojekte.

(6)

Die Mitgliedstaaten sollten Antragstellern gestatten, die Technologiespezifikationen ihrer Projekte in der Zeit zwischen der Antragstellung und dem Bau des Projekts zu aktualisieren, um die Einführung innovativer Technologien zu fördern.

(7)

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten den in Kapitel I Abschnitt 2 des Leitfadens im Anhang dieser Empfehlung beschriebenen Vorgehensweisen folgen.

ERLEICHTERUNG DER BÜRGER- UND GEMEINSCHAFTSBETEILIGUNG

(8)

Die Mitgliedstaaten sollten die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern auch aus Haushalten mit niedrigem oder mittlerem Einkommen und von Energiegemeinschaften an Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien anregen und Maßnahmen ergreifen, um die Weitergabe der Vorteile der Energiewende an lokale Gemeinschaften zu fördern und auf diese Weise die Akzeptanz und das Engagement der Öffentlichkeit zu verbessern.

(9)

Die Mitgliedstaaten sollten vereinfachte Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften umsetzen, auch für den Netzanschluss von Anlagen im Besitz von Gemeinschaften, und die Produktionszulassungsverfahren und -anforderungen, auch für Eigenversorger, auf ein Minimum reduzieren.

(10)

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten den in Kapitel I Abschnitt 5 Buchstabe c und Abschnitt 6 Buchstabe a des Leitfadens im Anhang dieser Empfehlung beschriebenen Vorgehensweisen folgen.

VERBESSERUNG DER INTERNEN KOORDINIERUNG

(11)

Die Mitgliedstaaten sollten für eine Straffung und wirksame Koordinierung zwischen der nationalen, der regionalen und der kommunalen Ebene in Bezug auf die Aufgaben und Zuständigkeiten der zuständigen Behörden sowie hinsichtlich der geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Verfahren für die Genehmigung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien sorgen.

(12)

Die Mitgliedstaaten sollten eine zentrale Anlaufstelle für die Erteilung von Genehmigungen für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien gemäß der Richtlinie (EU) 2018/2001 so gestalten, dass die Zahl der beteiligten Behörden auf das notwendige Minimum beschränkt ist und die Wirksamkeit optimiert wird, unter Berücksichtigung der öffentlichen Ressourcen und der Vorteile einer Zusammenführung technologischen, ökologischen und rechtlichen Fachwissens.

(13)

Die Mitgliedstaaten sollten festlegen, dass das Ausbleiben einer Antwort von den zuständigen Behörden innerhalb der festgelegten Fristen bedeutet, dass dem betreffenden Antrag in der entsprechenden Phase des Genehmigungsverfahrens für Erneuerbaren-Projekte stattgeben wird („stillschweigende Genehmigung“), es sei denn, die Antwort ist nach Unions- oder nationalem Recht vorgeschrieben.

(14)

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten den in Kapitel I Abschnitt 3 des Leitfadens im Anhang dieser Empfehlung beschriebenen Vorgehensweisen folgen.

KLARE UND DIGITALISIERTE VERFAHREN

(15)

Die Mitgliedstaaten sollten den Antragstellern zu Beginn des Genehmigungsverfahrens für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien klare, vollständige und transparente Informationen über alle Anforderungen und Verfahrensschritte, einschließlich Beschwerdeverfahren, übermitteln.

(16)

Die Mitgliedstaaten sollten vollständig digitale Genehmigungsverfahren und elektronische Kommunikationswege einführen, damit auf Papier verzichtet werden kann. Die einschlägigen Informationen sollten Projektentwicklern zentral als Teil eines Online-Verfahrenshandbuchs, einschließlich Vorlagen für Anträge, Umweltstudien und Daten sowie Informationen über Optionen für eine Bürgerbeteiligung und über Verwaltungsgebühren, zur Verfügung gestellt werden.

(17)

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten den in Kapitel I Abschnitt 3 des Leitfadens im Anhang dieser Empfehlung beschriebenen Vorgehensweisen folgen.

AUSREICHENDE PERSONELLE RESSOURCEN UND KOMPETENZEN

(18)

Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass ihre Genehmigungsstellen und Umweltprüfbehörden über ausreichende und angemessene personelle Ressourcen mit einschlägigen Kompetenzen und Qualifikationen verfügen.

(19)

Die Mitgliedstaaten sollten die von der Union und auf nationaler Ebene angebotenen Finanzierungsmöglichkeiten für Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen insbesondere auf regionaler und lokaler Ebene nutzen und in Erwägung ziehen, eine Allianz für die sektorale Zusammenarbeit im Bereich Kompetenzen zu gründen, um die Kompetenzlücken des Genehmigungsanträge bearbeitenden und Umweltprüfungen durchführenden Personals zu schließen.

(20)

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten den in Kapitel I Abschnitt 4 des Leitfadens im Anhang dieser Empfehlung beschriebenen Vorgehensweisen folgen.

BESSERE ERMITTLUNG UND PLANUNG VON PROJEKTSTANDORTEN

(21)

Die Mitgliedstaaten sollten nach Maßgabe ihrer nationalen Energie- und Klimapläne und ihres Beitrags zur Verwirklichung des neuen Erneuerbaren-Ziels bis 2030 rasch geeignete Land- und Meeresgebiete für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien ermitteln. Im Rahmen dieses Kartierungsprozesses sollten begrenzte und klar definierte Gebiete als für die Entwicklung erneuerbarer Energien besonders geeignet ausgewiesen werden („go-to“-Gebiete für Erneuerbare), wobei ökologisch wertvolle Flächen so weit wie möglich ausgenommen werden und unter anderem geschädigte, landwirtschaftlich nicht nutzbare Flächen Vorrang haben sollten. Die Mitgliedstaaten sollten zu diesem Zweck die aktualisierten Datensätze des „Energy and Industry Geography Lab“ (10) (EIGL) nutzen.

(22)

Die Mitgliedstaaten sollten „Ausschlusszonen“, in denen erneuerbare Energien nicht entwickelt werden dürfen, auf das notwendige Minimum beschränken. Sie sollten klare und transparente Informationen übermitteln und Gründe für Beschränkungen aufgrund des Abstands zu Wohngebieten oder zu Militär- oder Zivilluftfahrtgebieten angeben. Die Beschränkungen sollten auf Fakten beruhen und so gestaltet sein, dass sie ihren Zweck erfüllen und gleichzeitig der Raum maximiert wird, der für die Entwicklung von Projekten zur Verfügung steht, unter Berücksichtigung anderer Raumplanungszwänge.

(23)

Die Mitgliedstaaten sollten die Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien so weit wie rechtlich möglich straffen, dabei die verfügbaren technischen Leitlinien zur Vereinbarkeit der Nutzung erneuerbarer Energien mit dem Umweltrecht der Union anwenden und die Umweltverträglichkeitsprüfung mit anderen vorgeschriebenen Umweltbewertungen zu einem Verfahren zusammenführen. Die Mitgliedstaaten sollten systematisches „Scoping“ (11) betreiben oder verbindlich vorschreiben, um die Qualität der Umweltverträglichkeitsprüfung zu verbessern.

(24)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass das Töten oder Stören einzelner Exemplare wildlebender Vögel und geschützter Arten, die unter die Richtlinie 92/43/EWG des Rates (12) fallen, kein Hindernis für die Entwicklung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien darstellt, indem sie vorschreiben, dass solche Projekte gegebenenfalls Gegenmaßnahmen umfassen, die das Töten oder Stören so weit wie möglich verhindern, deren Wirksamkeit überwachen und bei Bedarf weitere Maßnahmen auf der Grundlage der im Rahmen der Überwachung gewonnenen Informationen ergreifen, um sicherzustellen, dass es nicht zu erheblichen negativen Auswirkungen auf die Population der betreffenden Art kommt. Ist dies gegeben, sollte die unbeabsichtigte Tötung oder Störung einzelner Exemplare nicht als absichtlich betrachtet werden und daher weder unter Artikel 12 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG noch unter Artikel 5 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (13) fallen.

(25)

Die Mitgliedstaaten sollten eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit bei der Raumplanung fördern, die Mehrfachnutzung von Standorten unterstützen und für Transparenz hinsichtlich der Frage sorgen, wo und wie Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, einschließlich kleiner Anlagen auf kommunaler Ebene, gebaut oder installiert werden können. Die Mitgliedstaaten sollten auf allen Ebenen, darunter auch im Kontext der regionalen Zusammenarbeit, in Bezug auf Netze und die Kapazitäten zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen eine koordinierte Planung verfolgen.

(26)

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten den in Kapitel I Abschnitt 5 des Leitfadens im Anhang dieser Empfehlung beschriebenen Vorgehensweisen folgen.

UNKOMPLIZIERTERER NETZANSCHLUSS

(27)

Die Mitgliedstaaten sollten eine langfristige Netzplanung und langfristige Netzinvestitionen umsetzen im Einklang mit dem geplanten Ausbau der Kapazitäten zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen und unter Berücksichtigung der künftigen Nachfrage und des Ziels der Klimaneutralität.

(28)

Die Mitgliedstaaten sollten vereinfachte Verfahren für das Repowering bestehender Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen einführen, einschließlich gestraffter Verfahren für Umweltbewertungen, und für die Fälle, in denen keine erheblichen negativen ökologischen oder sozialen Auswirkungen erwartet werden, ein Verfahren der einfachen Mitteilung für deren Netzanschlüsse annehmen.

(29)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Netzbetreiber i) ein transparentes und digitales Verfahren für die Beantragung eines Netzanschlusses anwenden, ii) Informationen über Netzkapazitäten bereitstellen und iii) die Nutzung von Netzkapazität optimieren, indem sie deren Nutzung durch Kraftwerke mit mehreren, sich ergänzenden Technologien zulassen.

(30)

Die Mitgliedstaaten sollten für Rechtssicherheit für die Umwidmung von Erdgasleitungen zu Wasserstoff sorgen, indem sie klar angeben, welche Genehmigungen erforderlich sind, und den Bestandsschutz ihrer bestehenden Genehmigungen zulassen.

(31)

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten den in Kapitel I Abschnitt 6 des Leitfadens im Anhang dieser Empfehlung beschriebenen Vorgehensweisen folgen.

INNOVATIVE PROJEKTE

(32)

Die Mitgliedstaaten sind angehalten, Reallabore zu errichten, um für innovative Technologien, Produkte, Dienste oder Ansätze gezielte Ausnahmen vom nationalen, regionalen oder lokalen Rechts- oder Verwaltungsrahmen zu gewähren, um im Einklang mit dem Unionsrecht zur Unterstützung der Verbreitung und der Systemintegration erneuerbarer Energien, der Speicherung und anderer Dekarbonisierungstechnologien die Genehmigungserteilung zu fördern.

FÖRDERUNG VON STROMBEZUGSVERTRÄGEN

(33)

Die Mitgliedstaaten sollten rasch alle ungerechtfertigten Verwaltungs- und Markthindernisse für auf Unternehmensebene geschlossene Verträge über den Bezug erneuerbarer Energie beseitigen, insbesondere um das Schließen solcher Verträge durch kleine und mittlere Unternehmen zu beschleunigen.

(34)

Die Mitgliedstaaten sollten Förderregelungen und Herkunftsnachweise in einer Weise ausgestalten, zeitlich planen und umsetzen, dass sie mit auf Unternehmensebene geschlossenen Verträgen über den Bezug erneuerbarer Energie kompatibel sind, diese ergänzen und ermöglichen.

(35)

Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen sollten die Mitgliedstaaten den in Kapitel II des Leitfadens im Anhang dieser Empfehlung beschriebenen Vorgehensweisen folgen.

ÜBERWACHUNG, BERICHTERSTATTUNG UND ÜBERPRÜFUNG

(36)

Die Mitgliedstaaten sollten eine Kontaktstelle einrichten und mit der Aufgabe betrauen, regelmäßig die größten Engpässe im Genehmigungsverfahren zu überwachen und sich mit den Problemen zu befassen, mit denen Entwickler von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien konfrontiert werden.

(37)

Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission ab März 2023 alle zwei Jahre im Rahmen der integrierten nationalen energie- und klimabezogenen Fortschrittsberichte, die gemäß Artikel 17 der Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates (14) vorzulegen sind, alle verfügbaren Detailinformationen über den Stand der Umsetzung dieser Empfehlung übermitteln.

(38)

Die Kommission wird die Umsetzung dieser Empfehlung zwei Jahre nach ihrer Annahme überprüfen und unter Berücksichtigung der von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen bewerten, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.

Brüssel, den 18. Mai 2022

Für die Kommission

Kadri SIMSON

Mitglied der Kommission


(1)  Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 („Europäisches Klimagesetz“) (ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1).

(2)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — REPowerEU: gemeinsames europäisches Vorgehen für erschwinglichere, sichere und nachhaltige Energie (COM(2022) 108 final).

(3)  Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 283 vom 27.10.2001, S. 33).

(4)  Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16).

(5)  Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82).

(6)  Verordnung (EU) 2021/240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Februar 2021 zur Schaffung eines Instruments für technische Unterstützung (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 1).

(7)  Richtlinie 2014/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Schaffung eines Rahmens für die maritime Raumplanung (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 135).

(8)  Vgl. Bericht der Kommission über den Fortschritt bei der Umsetzung der MRP-Richtlinie, COM(2022) 185 vom 3. Mai 2022.

(9)  https://energy-industry-geolab.jrc.ec.europa.eu/

(10)  https://ec.europa.eu/energy-industry-geography-lab

(11)  „Scoping“ bezeichnet die Erstellung einer Stellungnahme zum Umfang und zur Detailtiefe der in Form eines Berichts über die Umweltverträglichkeitsprüfung vorzulegenden Umweltinformationen.

(12)  Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).

(13)  Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).

(14)  Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 663/2009 und (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 94/22/EG, 98/70/EG, 2009/31/EG, 2009/73/EG, 2010/31/EU, 2012/27/EU und 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2009/119/EG und (EU) 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 1).