4.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 256/5


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2022/1847 DER KOMMISSION

vom 28. September 2022

betreffend den Antrag auf Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative mit dem Titel „Umgang mit spezifischen Lernstörungen auf EU-Ebene“ gemäß der Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2022) 6901)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative (1), insbesondere auf Artikel 6 Absätze 2 und 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 1. August 2022 wurde bei der Kommission ein Antrag auf Registrierung einer Europäischen Bürgerinitiative mit dem Titel „Umgang mit spezifischen Lernstörungen auf EU-Ebene“ eingereicht.

(2)

Die Ziele der Initiative werden von den Organisatoren wie folgt angegeben: „Mit dieser Initiative soll Menschen mit spezifischen Lernstörungen (d. h. Legasthenie, Dyskalkulie, Dysgraphie) der Zugang zu Bildung erleichtert werden. Schüler und Studierende mit solchen Lernstörungen sehen sich aufgrund unzureichender Kenntnisse zu dieser Thematik, fehlender geeigneter Lernmaterialien und unfairer Prüfungsbedingungen im Bildungssystem mit Problemen konfrontiert. Das Problem wurde von den Mitgliedstaaten zwar individuell angegangen, aufgrund der unterschiedlichen Definitionen von Lernstörungen sowie der unterschiedlichen Methoden zur Erkennung und zur Unterstützung Betroffener bestehen jedoch große Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Somit kann es beim Umgang mit Schülern und Studierenden Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten geben, was ihr in den Verträgen verankertes Recht auf Freizügigkeit einschränken und Auswirkungen auf ihre Bildung und ihre Integration in die Gesellschaft haben könnte. Hiermit ersuchen wir die Kommission, einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates gemäß Artikel 165 Absatz 4 zweiter Gedankenstrich AEUV mit gemeinsamen Leitlinien für die nationalen Regierungen zur Erkennung von Lernstörungen und zur Lösung der damit verbundenen Probleme vorzulegen. Eine bessere Integration von Menschen mit Lernstörungen in das Bildungssystem wäre ein wichtiger Schritt hin zur Chancengleichheit für alle EU-Bürgerinnen und -Bürger.“

(3)

Weitere Einzelheiten zum Gegenstand der Initiative sowie deren Zielen und Hintergründen sind im Anhang zu dieser Initiative zu finden, in dem die Gründe, aus denen die Initiative unterstützt werden sollte, dargelegt und erläutert werden. Im Anhang werden die folgenden drei Punkte der Initiative hervorgehoben: 1) mit der Initiative können die globale Dimension des Problems und die Notwendigkeit, dieses auf europäischer Ebene anzugehen, herausgestellt werden, 2) die Kommission kann mit ihrem Sachverständigenteam und ihrem umfassenderen Überblick über die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Forschung im Bereich spezifischer Lernstörungen beitragen — wobei diese Forschung sich auf eine europaweite Definition von Lernstörungen und die Festlegung von Fördermaßnahmen konzentrieren sollte —, und 3) mit der Initiative kann deutlich gemacht werden, wie wichtig der Einsatz neuer Technologien ist, um Schülern und Studierenden mit Lernstörungen das Lernen zu erleichtern.

(4)

Ein der Initiative beigefügtes zusätzliches Dokument enthält eine vergleichende Studie über Legasthenie in Europa.

(5)

Angesichts des allgemeinen Ziels der Initiative, Menschen mit Lernstörungen den Zugang zu Bildung durch die Entwicklung einer qualitativ hoch stehenden Bildung zu ermöglichen, indem die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt wird, ist die Kommission befugt, auf der Grundlage von Artikel 165 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen.

(6)

Die Punkte 1) und 3) des Anhangs der Initiative sind allgemeiner Art und erfordern offenbar keine konkreten Maßnahmen zur Unterstützung des allgemeinen Ziels der Initiative. Da die Kommission im zweiten Punkt des Anhangs durch die Initiative offenbar ersucht wird, „einen wesentlichen Beitrag zur Forschung über spezifische Lernstörungen zu leisten“, scheint es sich hier um eine vorbereitende Tätigkeit zur Verwirklichung des Hauptziels zu handeln, nach dem die Kommission gemäß Artikel 165 Absatz 4 zweiter Gedankenstrich AEUV einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates vorlegen soll, um Menschen mit Lernstörungen den Zugang zu Bildung zu erleichtern, wobei die Kommission Forschungselemente berücksichtigen könnte.

(7)

Somit liegt kein Teil der Initiative offenkundig außerhalb des Rahmens, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen.

(8)

Diese Schlussfolgerung greift der Beurteilung der Frage nicht vor, ob die konkreten materiellen Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Kommission, einschließlich der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Subsidiaritätsprinzip und den Grundrechten, in diesem Fall erfüllt sind.

(9)

Die Organisatorengruppe hat geeignete Nachweise dafür vorgelegt, dass sie die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) 2019/788 erfüllt, und die Kontaktpersonen gemäß Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 1 der genannten Verordnung benannt.

(10)

Die Initiative ist weder offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös, noch verstößt sie offenkundig gegen die Werte der Union, wie sie in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union festgeschrieben sind, oder gegen die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte.

(11)

Die Initiative „Umgang mit spezifischen Lernstörungen auf EU-Ebene“ sollte daher registriert werden.

(12)

Die Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen für eine Registrierung gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/788 erfüllt sind, bedeutet nicht, dass die Kommission die sachliche Richtigkeit des Inhalts der Initiative bestätigen würde, für die allein die Organisatorengruppe der Initiative verantwortlich ist. Der Inhalt der Initiative spiegelt nur die Ansichten der Organisatorengruppe wider und ist keinesfalls als Ausdruck der Ansichten der Kommission zu betrachten —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Europäische Bürgerinitiative „Umgang mit spezifischen Lernstörungen auf EU-Ebene“ wird registriert.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Organisatorengruppe der Bürgerinitiative „Umgang mit spezifischen Lernstörungen auf EU-Ebene“, vertreten durch Frau Rebecca LIZIER und Frau Nia RAYCHEVA als Kontaktpersonen, gerichtet.

Brüssel, den 28. September 2022

Für die Kommission

Věra JOUROVÁ

Vizepräsidentin


(1)   ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 55.