19.3.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 98/3


EMPFEHLUNG (EU) 2021/472 DER KOMMISSION

vom 17. März 2021

über einen gemeinsamen Ansatz zur Einführung einer systematischen Überwachung von SARS-CoV-2 und seinen Varianten im Abwasser in der EU

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 168 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (1) fällt die „Festlegung der Gesundheitspolitik“ sowie die „Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung“ in die Verantwortung der Mitgliedstaaten. Daher sind die Mitgliedstaaten dafür zuständig, unter Berücksichtigung ihrer epidemiologischen und sozialen Lage über Strategien zur Nachverfolgung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus in ihrer Bevölkerung zu entscheiden.

(2)

Wie am 11. November 2020 (2) angekündigt, beabsichtigt die Kommission, die Einrichtung einer Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion bei gesundheitlichen Notlagen (Health Emergency Preparedness and Response Authority — HERA) vorzuschlagen, die die Vorsorge- und Reaktionsfähigkeit der Union im Hinblick auf neue und aufkommende grenzüberschreitende Gefahren für die menschliche Gesundheit stärken wird. Aufgabe dieser Behörde wird es sein, die Union und ihre Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, im Fall einer Notlage im Bereich der öffentlichen Gesundheit rasch die fortschrittlichsten medizinischen und sonstigen Gegenmaßnahmen zu ergreifen, indem sie die gesamte Wertschöpfungskette von der Konzipierung bis zur Verteilung und Nutzung abdeckt.

(3)

In diesem Jahr leitet die Kommission mehrere vorbereitende Maßnahmen ein, die die Grundlage für HERA bilden werden und als Blaupause für die langfristige Vorbereitung der Union auf Notlagen im Bereich der öffentlichen Gesundheit dienen sollen. Am 17. Februar 2021 nahm die Kommission einen europäischen Plan zur Vorsorge gegen biologische Gefahren, den „HERA-Inkubator“, an, in dem ein Vorschlag für Sofortmaßnahmen zur Vorbereitung Europas auf die zunehmende Bedrohung durch SARS-CoV-2-Varianten enthalten ist (3).

(4)

Neue Virusvarianten entwickeln sich und breiten sich in Europa und der ganzen Welt aus. Die höhere Übertragbarkeit und Wahrscheinlichkeit einiger dieser Varianten, schwerwiegendere Krankheiten auszulösen, stellen eine Bedrohung für unsere Reaktionsfähigkeit auf das Virus dar. Daher ist es wichtig, alle verfügbaren Mittel zu nutzen, um diese Varianten so schnell wie möglich zu erkennen und angemessen und zeitnah darauf reagieren zu können.

(5)

Einer der Maßnahmenbereiche, auf die sich der HERA-Inkubator konzentrieren soll, ist der rasche Nachweis aktueller und künftiger bedenklicher SARS-CoV-2-Varianten. Die Erfahrungen der Mitgliedstaaten in diesem Bereich haben gezeigt, dass die Überwachung des im Abwasser nachweisbaren SARS-CoV-2-Virus und seiner Varianten eine kostengünstige, schnelle und zuverlässige Informationsquelle über die Ausbreitung von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung darstellen kann und dass solche Analysen einen wertvollen Beitrag zu einer verstärkten genomischen und epidemiologischen Überwachung leisten können.

(6)

Die Abwasserüberwachung sollte als ergänzender und unabhängiger Ansatz für die COVID-19-Überwachung und -Teststrategien betrachtet werden. Wie in der Empfehlung der Kommission vom 28. Oktober 2020 zu den COVID-19-Teststrategien, einschließlich des Einsatzes von Antigen-Schnelltests (4) hervorgehoben wurde, sind wirksame Teststrategien und ausreichende Testkapazitäten wesentliche Aspekte der Vorbereitung und Reaktion auf COVID-19. Ebenso wurde in den Mitteilungen der Kommission vom 2. Dezember 2020 mit dem Titel „COVID-19 — sicher durch den Winter“ (5) und vom 19. Januar 2021 mit dem Titel „Gemeinsam gegen COVID-19“ (6) betont, dass Tests nach wie vor ein entscheidendes Instrument für die Überwachung, Abschwächung und Eindämmung der COVID-19-Pandemie sind. Aus diesem Grund und um neuen Varianten Rechnung zu tragen, müssen die nationalen Teststrategien, die im Rahmen der Gesamtstrategien zur Bekämpfung von COVID-19 von zentraler Bedeutung sind, dringend aktualisiert werden. Im Zusammenhang mit der anhaltenden COVID-19-Pandemie kann die Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser wichtige ergänzende und unabhängige Informationen für die Entscheidungsfindung im Bereich der öffentlichen Gesundheit liefern. Daher muss die Abwasserüberwachung systematischer in die nationalen Teststrategien für den Nachweis des SARS-CoV-2-Virus einbezogen werden.

(7)

Am 30. November 2020 veranstaltete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Expertenkonsultation zu den Erfordernissen der öffentlichen Gesundheit im Zusammenhang mit der Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser (7). Die Experten kamen zu dem Schluss, dass die Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser wichtige ergänzende und unabhängige Informationen für die Gesundheitsbehörden liefern kann. Sie ersetzt jedoch nicht die bestehenden COVID-19-Testkonzepte und -strategien. Die Abwasserüberwachung ist ein Instrument zur Beobachtung von Trends, aber bietet keine allumfassenden Lösungen, die Schlussfolgerungen über die Prävalenz von COVID-19 in der Bevölkerung zulassen. Sie kann in verschiedenen Phasen einer Epidemie unterschiedlichen Zwecken dienen.

(8)

Die Abwasserüberwachung kann insbesondere zu Präventions- oder Frühwarnzwecken genutzt werden, da der Nachweis des Virus im Abwasser als ein Zeichen für eine mögliche Verschärfung oder Rückkehr der Pandemie dienen könnte. Ebenso könnten Ergebnisse, die auf ein Nichtvorhandensein des Virus hinweisen, darauf hindeuten, dass bei der im Einzugsgebiet lebende Bevölkerung von einem geringeren Risiko ausgegangen werden kann. Eine Analyse der Ergebnistrends ist auch für die Überwachung der Wirksamkeit der zur Eindämmung der Virusübertragung getroffenen Maßnahmen von Nutzen. Die Überwachung von Trends bei der Viruskonzentration von SARS-CoV-2-Varianten im Abwasser kann daher in die Vorsorge- und Reaktionsmaßnahmen einfließen.

(9)

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten wirksame Abwasserüberwachungssysteme einrichten, mit denen gewährleistet wird, dass die einschlägigen Daten den zuständigen Gesundheitsbehörden unverzüglich zur Verfügung gestellt werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Einrichtung eines neuen Abwasserüberwachungssystems innerhalb von höchstens sechs Monaten möglich sein kann, da die Abwasseranlagenbetreiber bereits an die Überwachung verschiedener Parameter in ihren Anlagen gewöhnt sind.

(10)

Gemeinsame Probenahme-, Mess- und Analysemethoden sollten zur Verfügung gestellt und in der Praxis angewandt werden, um sicherzustellen, dass die erhobenen Daten zuverlässig und vergleichbar sind.

(11)

Es ist von entscheidender Bedeutung, den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten, aber auch mit Drittländern, die möglicherweise nicht ohne Weiteres Zugang zu Daten aus den üblichen Testverfahren haben, zu unterstützen. Zu diesem Zweck ist es wichtig, die Mitgliedstaaten zur Teilnahme an der künftigen europäischen Austauschplattform zu ermutigen.

(12)

Um die Durchführung der in dieser Empfehlung genannten Tätigkeiten zu beschleunigen und zu unterstützen, werden erforderlichenfalls EU-Mittel bereitgestellt, um die Abwasserüberwachung zu unterstützen und eine systematische Analyse des Vorhandenseins von Virusvarianten im Abwasser sicherzustellen. Dies wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, die Abwasserüberwachung und -analyse zu beschleunigen und gleichzeitig eine regelmäßige Analyse von SARS-CoV-2 und seinen Varianten im Abwasser zu gewährleisten.

(13)

Während sich die Infrastruktur zur Datenerhebung im Rahmen der Abwasserüberwachung vor dem Hintergrund der anhaltenden Pandemie im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf die Überwachung von SARS-CoV-2 konzentriert, wird die Einführung des empfohlenen Überwachungssystems und der empfohlenen Überwachungsverfahren auch über die SARS-CoV-2-Überwachung hinaus einen Mehrwert haben. Das Überwachungssystem wird frühzeitig vor einer möglichen künftigen Verbreitung anderer bedenklicher Krankheitserreger oder vor Bedrohungen durch andere Schadstoffe, die zunehmend Anlass zur Besorgnis geben, warnen.

(14)

Angesichts der laufenden Überarbeitung der Richtlinie 91/271/EWG des Rates (8) ist es wichtig, von den Mitgliedstaaten Informationen über ihre Erfahrungen bei der Überwachung gesundheitsrelevanter Parameter in ihrem Abwasser zu sammeln. Dies könnte dazu beitragen, gesundheitsrelevante Parameter zu ermitteln, die regelmäßig im Abwasser überwacht werden müssen.

(15)

Diese Empfehlung ist Teil einer Reihe von COVID-19-Maßnahmen, die die Kommission wie in ihrer Mitteilung vom 17. März 2021 über einen gemeinsamen Ansatz für eine sichere und dauerhafte Öffnung angekündigt, angenommen hat. Die mit dieser Empfehlung geförderten Maßnahmen sind im Kontext der umfassenderen Initiative der Union auszulegen und werden auf den von den Mitgliedstaaten und Ländern auf der ganzen Welt eingeführten bewährten Verfahren aufbauen. Die Maßnahmen stützen sich auch auf die Ergebnisse eines Kommissionsprojekts zur Abwasserüberwachung (9) und auf die Ergebnisse der WHO-Konsultation zu den Erfordernissen der öffentlichen Gesundheit im Zusammenhang mit der Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser (10)

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ABGEGEBEN:

Zweck der Empfehlung

(1)

Zweck der Empfehlung ist es, die Mitgliedstaaten bei der Einrichtung von Abwasserüberwachungssystemen in der gesamten Union als ergänzendes Instrument für die Datenerhebung und -verwaltung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zu unterstützen, wobei der Schwerpunkt auf dem Vorhandensein und der Verbreitung von SARS-CoV-2-Varianten liegt.

(2)

Diese Empfehlung enthält Leitlinien, mit denen den Mitgliedstaaten nahegelegt wird, die Abwasserüberwachung systematischer zu nutzen und sie in die nationalen Teststrategien einzubeziehen.

(3)

Sie enthält insbesondere Leitlinien für die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Konzeption und Verwaltung von SARS-CoV-2-Abwasserüberwachungssystemen und die rasche Übermittlung der erhobenen Daten an die zuständigen Gesundheitsbehörden. Die Empfehlung fördert zudem Mindestanforderungen für effiziente Abwasserüberwachungsstrategien und die Anwendung gemeinsamer Probenahme-, Test- und Datenanalysemethoden. Des Weiteren unterstützt sie den Austausch von Ergebnissen und bewährten Verfahren über eine europäische Austauschplattform.

Abwasserüberwachung

(4)

Die Mitgliedstaaten werden nachdrücklich aufgefordert, so bald wie möglich, spätestens jedoch bis zum 1. Oktober 2021 ein nationales Abwasserüberwachungssystem einzurichten, das auf die Erhebung von Daten über SARS-CoV-2 und seine Varianten im Abwasser abzielt.

(5)

Das Abwasserüberwachungssystem sollte einen erheblichen Teil der Bevölkerung des jeweiligen Mitgliedstaats erfassen. Es sollte mindestens das Abwasser aus Großstädten mit mehr als 150 000 Einwohnern abdecken und möglichst mindestens zwei Probenahmen pro Woche umfassen. Erforderlichenfalls können zusätzliche Probenahmestellen ausgewählt werden, um entweder einen ausreichenden Teil der Bevölkerung zu erfassen oder um die Virusverbreitung im Zusammenhang mit einem möglichen veränderten Personenaufkommen in verschiedenen Gebieten (z. B. während der Sommersaison an touristisch beliebten Orten) besser zu verstehen.

(6)

Die Mindesthäufigkeit der Probenahmen und die geografische Abdeckung sollten folgendermaßen an die epidemiologische Lage angepasst werden:

a)

Gelangen die zuständigen Gesundheitsbehörden aufgrund der lokalen epidemiologischen Lage zu der Einschätzung, dass die Pandemie kein Risiko für die lokale Bevölkerung darstellt, sollte die Mindesthäufigkeit der Probenahmen auf eine Probe pro Woche verringert werden.

b)

Tritt die Krankheit nur in einigen Teilen des Hoheitsgebiets auf, sollte die Mindesthäufigkeit der Probenahmen je nach den örtlichen Gegebenheiten entweder verringert oder erhöht werden.

(7)

Die Proben sollten am Kläranlagenzulauf oder gegebenenfalls bereits eher im Kanalisationsnetz entnommen werden. Das Vorhandensein des SARS-CoV-2-Virus und seiner Varianten sollte regelmäßig analysiert werden, idealerweise zweimal im Monat.

(8)

Wenn spezifischere Informationen benötigt werden, um das Vorhandensein des Virus und seiner Varianten, auch unter besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen, besser erfassen zu können, sollten rechtzeitig zusätzliche Proben an den Orten des Kanalisationsnetzes, an denen das Abwasser der betreffenden Bevölkerungsgruppen eingeleitet wird, entnommen und analysiert werden. Die Festlegung dieser Orte und die Probenahmehäufigkeit sollten an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden (z. B. wenn Hauptabwasserkanäle und relevante Teilsysteme mit bestimmten Stadtteilen, mit Krankenhäusern, Schulen, Universitäten, Flughäfen, anderen Verkehrsknotenpunkten, Seniorenzentren, Gefängnissen usw. verbunden sind).

(9)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Ergebnisse der Abwasserüberwachung unverzüglich auf elektronischem Wege an die zuständigen Gesundheitsbehörden und danach an die europäische Austauschplattform, sobald diese betriebsbereit ist, übermittelt werden. Für die Zwecke der Frühwarnung sollten die Ergebnisse für jede Probe so bald wie möglich, vorzugsweise spätestens 48 Stunden nach der Probenahme, aufgezeichnet werden.

(10)

Um eine angemessene Auswertung der Ergebnisse zu gewährleisten, aber auch um das Überwachungssystem an die Erfordernisse der öffentlichen Gesundheit anzupassen, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, geeignete Strukturen unter Einbeziehung der für Gesundheit und Abwasser zuständigen Behörden einzurichten, um relevante Datensätze zusammenzuführen und miteinander zu verknüpfen und die Auswertung und Übermittlung der Ergebnisse zu koordinieren.

(11)

Die Mitgliedstaaten sollten ethischen Erwägungen besondere Aufmerksamkeit widmen. Die Abwasserüberwachung ist ein fester Bestandteil der Überwachung der öffentlichen Gesundheit und sollte daher denselben ethischen Grundsätzen entsprechen, wie sie in den WHO-Leitlinien zu ethischen Fragen bei der Überwachung der öffentlichen Gesundheit (11) aus dem Jahr 2017 festgelegt sind.

Probenahme- und Analysemethoden

(12)

Um zu gewährleisten, dass die Probenahme- und Analysemethoden vergleichbar und zuverlässig sind, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass

a)

die Proben über einen Zeitraum von 24 Stunden unter Verwendung eines Mischprobenehmers zur zeitgesteuerten oder durchflussproportionalen Probenahme möglichst während eines trockenen Zeitraums entnommen werden oder der Einfluss meteorologischer Ereignisse unter Berücksichtigung des 24h-Abwasserdurchsatzes während der Probenahmedauer und der an das betreffende Kanalisationsnetz angeschlossenen Bevölkerungszahl durch Normalisierung korrigiert wird, um die Viruslast pro Kopf und Tag zu berechnen,

b)

die Analysen in Laboratorien durchgeführt werden, die im Rahmen der Standardverfahren des Qualitätsmanagements geeignete RT-PCR-Methoden anwenden,

c)

der Nachweis von Virusvarianten auf der Grundlage ordnungsgemäß dokumentierter Gensequenzierungsmethoden erfolgt,

d)

die Laboratorien an entsprechenden Leistungstests teilnehmen, die von akkreditierten Anbietern organisiert werden, und gegebenenfalls (zertifizierte) Referenzmaterialien verwenden,

e)

die im Anhang aufgeführten spezifischen Qualitätsstandards eingehalten werden.

Unterstützung der Koordinierung auf Unionsebene

(13)

Die Mitgliedstaaten werden darin bestärkt, die Bemühungen der Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und anderen Agenturen der Union aktiv zu unterstützen, um sicherzustellen, dass ein Austausch über bewährte Verfahren und Ergebnisse, die angemessene und rechtzeitige Reaktionen im Bereich der öffentlichen Gesundheit ermöglichen, sowie über die Auswertung oder Nutzung dieser Ergebnisse stattfindet. Zu diesem Zweck werden die Mitgliedstaaten nachdrücklich aufgefordert, sich an der von der Kommission einzurichtenden europäischen Austauschplattform zu beteiligen, die sich auf Folgendes konzentrieren wird:

a)

Sammlung und Austausch bewährter Verfahren aus den Mitgliedstaaten und darüber hinaus,

b)

Sammlung der Ergebnisse der Abwasserüberwachung,

c)

Veröffentlichung und regelmäßige Aktualisierung von Probenahme- und Analysemethoden,

d)

Erstellung einer freiwilligen Liste von Sachverständigen, die sich mittels Abwasserüberwachung an der Überwachung von Abwasser und der Prävention und Kontrolle von Krankheiten beteiligen,

e)

Organisation eines kooperativen Umfelds zur Förderung der Interkalibrierung von Konzepten und des Austauschs bewährter Verfahren.

(14)

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Rückmeldungen zu ihren Erfahrungen in diesem Bereich zu übermitteln, um die Kommission bei der Festlegung einschlägiger gesundheitsbezogener Parameter, die regelmäßig im Abwasser zu überwachen sind, zu unterstützen. In diesem Zusammenhang sollte eine umfassendere Überwachung in Erwägung gezogen werden, die über die die öffentliche Gesundheit betreffenden Parameter hinausgeht. Die Mitgliedstaaten werden insbesondere aufgefordert, Informationen über die Ergebnisse der Abwasserüberwachung in Bezug auf neu aufkommende Schadstoffe, neu auftretende Krankheitserreger, Arzneimittel, Medikamente, Mikroplastik oder den Verbrauch antimikrobieller Mittel bereitzustellen.

Internationale Dimension

(15)

Die Mitgliedstaaten werden nachdrücklich aufgefordert,

a)

durch Förderung einer weiteren Harmonisierung der Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser bewährte Verfahren auf internationaler Ebene auszutauschen,

b)

Drittländer zu unterstützen, die nur begrenzten Zugang zu anderen Informationsquellen haben, um die Verbreitung von Viren in ihrer Bevölkerung durch Abwasserüberwachung nachzuverfolgen,

c)

in enger Abstimmung mit der WHO eine ständige Zusammenarbeit auch mit anderen fortschrittlichen Partnern, die eigene Überwachungssysteme eingerichtet haben, zu fördern.

Berichterstattung — Austausch bewährter Verfahren

(16)

Zur Koordinierung der Reaktionen auf diese Empfehlung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, bis zum 1. April 2021 höchstens zwei Kontaktstellen zu benennen, die die für öffentliche Gesundheit und Abwasser zuständigen Behörden vertreten.

(17)

Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, der Kommission bis zum 15. Mai 2021 über die im Rahmen dieser Empfehlung getroffenen Maßnahmen Bericht zu erstatten.

Brüssel, den 17. März 2021

Für die Kommission

Virginijus SINKEVIČIUS

Mitglied der Kommission


(1)  https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:12012E/TXT:de:PDF

(2)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52020DC0724&qid=1605690513438

(3)  COM(2021) 78 final, „HERA Incubator: unsere gemeinsame proaktive Antwort auf die Bedrohung durch COVID-19-Varianten“ https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52021DC0078

(4)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32020H1595

(5)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=COM:2020:786:FIN

(6)  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=COM:2021:35:FIN

(7)  https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/339487/WHO-EURO-2021-1965-41716-57097-eng.pdf

(8)  Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (ABl. L 135 vom 30.5.1991, S. 40).

(9)  https://ec.europa.eu/environment/water/water-urbanwaste/info/pdf/Waste%20Waters%20and%20Covid%2019%20MEMO.pdf

(10)  https://www.euro.who.int/en/health-topics/environment-and-health/water-and-sanitation/publications/2021/expert-consultation-on-public-health-needs-related-to-surveillance-of-sars-cov-2-in-wastewater-summary-report-virtual-meeting,-30-november-2020

(11)  WHO-Leitlinien zu ethischen Fragen bei der Überwachung der öffentlichen Gesundheit, http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/255721/1/9789241512657-eng.pdf?ua=1


ANHANG

Spezifische Qualitätsstandards

(1)   Standards für PCR/Digital-PCR (Polymerase-Kettenreaktion)

a)

Der Zyklusschwellenwert der Echtzeit-Polymerase-Kettenreaktion (RT-qPCR) sollte unter 40 liegen, um eine Probe für die qPCR-Analyse (quantitative Polymerase-Kettenreaktion) oder für die Sequenzierung als positiv zu melden.

b)

Alternative Quantifizierungsansätze für RT-qPCR (wie die digitale Polymerase-Kettenreaktion, dPCR) könnten verwendet werden, sofern sie Ergebnisse erzielen, die mit der RT-qPCR vergleichbar sind, und den gleichen Qualitätsanforderungen wie RT-qPCR genügen.

c)

Die Untersuchung aller Proben sollte mindestens in Duplikaten erfolgen, um falsch positive oder falsch negative Ergebnisse zu vermeiden.

d)

Das angewandte analytische Verfahren der Echtzeit-Polymerase-Kettenreaktion sollte angemessene Kontrollen umfassen, um zumindest die Wirksamkeit der Konzentrations-/Extraktionsschritte zu bewerten und zu prüfen, dass keine signifikante Reaktionshemmung vorliegt.

e)

Jeder Durchlauf sollte nach geeigneten Standards (mindestens 3-fach Verdünnungsreihen als Triplikate mit synthetischer SARS-CoV-2-RNA) durchgeführt werden sowie Positiv- und Negativkontrollen umfassen, um festzustellen, ob die durchgeführte PCR/qPCR zu zuverlässigen Ergebnissen geführt hat.

f)

Vor Beendigung des Amplifikationsverfahrens sollte für den Quantifizierungszyklus (Cq) für positive Proben ein Grenzwert von 5 Zyklen festgelegt werden, um eine Fehlzuordnung verspäteter Fluoreszenzsignale zu vermeiden.

g)

Eine negative Extraktionskontrolle sollte verwendet werden, um jede Kontamination während der RNA-Extraktion zu erfassen.

(2)   Standards für die Sequenzierung der nächsten Generation

a)

Es sollten mindestens 1 Million Reads (lesbare Fragmente) pro Probe erzeugt werden, und die Leselänge sollte mehr als 100 Basenpaare betragen (1).

b)

Um eine bessere Charakterisierung von Mutationen im Rahmen der Abwasseranalyse mittels Hochdurchsatz-Sequenzierung zu ermöglichen, sollten pro Virusvariante mindestens drei genetische Marker gemeldet werden.

(3)   Standards für die Normalisierung

a)

Für eine bessere Vergleichbarkeit der Messungen an verschiedenen Standorten sollte die Viruszahl der Genkopien unter Berücksichtigung der an das Kanalisationssystem angeschlossenen Bevölkerungszahl und des Abwasserdurchsatzes normalisiert werden.

b)

Zu diesem Zweck werden zusätzliche Normalisierungskontrollen mit crAssphage (c) (crAss-ähnliche Phagen) oder dem „pepper mild mottle virus“ (PMMoV) empfohlen.

c)

Wenn für keine der unter Buchstabe b genannten Viren Daten gewonnen werden können, könnten alternative Parameter verwendet werden, sofern sie gleichwertige Korrekturen für meteorologische oder andere Einflüsse (Niederschläge oder anderer meteorologische Auswirkungen) ermöglichen, die nicht mit der Pandemie in Zusammenhang stehende Schwankungen der Viruslast verursachen.


(1)  https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/Sequencing-of-SARS-CoV-2-first-update.pdf