17.11.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 408/3


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2021/1998 DES RATES

vom 15. November 2021

zur Ermächtigung Estlands, eine von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a sowie den Artikeln 168 und 168a der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Regelung anzuwenden

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (1), insbesondere auf Artikel 395 Absatz 1 Unterabsatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Artikel 168 und 168a der Richtlinie 2006/112/EG regeln das Recht Steuerpflichtiger, die Mehrwertsteuer auf die Gegenstände und Dienstleistungen, die ihnen für die Zwecke ihrer besteuerten Umsätze geliefert bzw. erbracht werden oder wurden, abzuziehen. Gemäß Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a der genannten Richtlinie ist die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke der Erbringung einer Dienstleistung gleichgestellt.

(2)

Mit dem Durchführungsbeschluss 2014/797/EU des Rates (2) wurde Estland ermächtigt, bis zum 31. Dezember 2017 das Recht auf den Abzug der Mehrwertsteuer bei Ausgaben für den Kauf, das Leasing, den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Einfuhr bestimmter Personenkraftwagen auf 50 % zu begrenzen und die Steuerpflichtigen von der Pflicht zu entbinden, über die unternehmensfremde Nutzung dieser Personenkraftwagen zu Steuerzwecken Buch zu führen.

(3)

Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2017/1854 des Rates (3) wurde die Geltungsdauer des Durchführungsbeschlusses 2014/797/EU bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.

(4)

Mit einem bei der Kommission am 12. Februar 2021 registrierten Schreiben übermittelte Estland der Kommission einen Antrag auf die Ermächtigung, eine von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a sowie den Artikeln 168 und 168a der Richtlinie 2006/112/EG abweichende Sondermaßnahme anzuwenden, um das Recht auf den Abzug der Mehrwertsteuer bei Ausgaben für den Kauf, das Leasing, den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Einfuhr bestimmter Personenkraftwagen, die nicht ausschließlich für Unternehmenszwecke genutzt werden, zu begrenzen (im Folgenden „Sondermaßnahme“).

(5)

Mit Schreiben vom 19. März 2021 setzte die Kommission die anderen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 395 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/112/EG über den Antrag Estlands in Kenntnis. Mit Schreiben vom 23. März 2021 teilte die Kommission Estland mit, dass sie über alle für die Beurteilung des Antrags erforderlichen Informationen verfügt.

(6)

In vielen Fällen ist es sehr schwierig, die unternehmensfremde Nutzung von Personenkraftwagen genau zu bestimmen, und selbst wenn dies möglich ist, gestaltet sich das entsprechende Verfahren häufig umständlich. Durch die beantragte Ermächtigung sollte für den Betrag des Vorsteuerabzugs bei Ausgaben für nicht ausschließlich zu Unternehmenszwecken genutzte Personenkraftwagen bis auf einige Ausnahmen ein pauschaler Satz festgelegt werden. Auf Grundlage der zurzeit verfügbaren Informationen halten die estnischen Behörden einen Satz von 50 % für gerechtfertigt. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, sollte zugleich die Anforderung, über die unternehmensfremde Nutzung dieser Personenkraftwagen zu Steuerzwecken Buch zu führen, ausgesetzt werden, wenn das Fahrzeug dem beschränkten Vorsteuerabzugsrecht unterliegt. Durch diese Sondermaßnahme entfällt die Notwendigkeit, über die private Nutzung von Unternehmensfahrzeugen Aufzeichnungen zu führen, und sie verhindert gleichzeitig Steuerhinterziehung durch nicht ordnungsgemäß geführte Aufzeichnungen.

(7)

Die Beschränkung des Rechts auf den Abzug der Mehrwertsteuer sollte bei Ausgaben für den Kauf, das Leasing, den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Einfuhr bestimmter Kategorien von Personenkraftwagen sowie bei Ausgaben im Zusammenhang mit diesen Fahrzeugen, einschließlich des Erwerbs von Kraftstoff, gelten.

(8)

Die beantragte Ermächtigung sollte nur für Personenkraftwagen mit einem zulässigen Höchstgewicht von 3 500 kg und höchstens acht Sitzplätzen zusätzlich zum Fahrersitz gelten, da die unternehmensfremde Nutzung von Personenkraftwagen mit einem zulässigen Höchstgewicht über 3 500 kg oder mehr als acht Sitzplätzen zusätzlich zum Fahrersitz aufgrund der Beschaffenheit dieser Fahrzeuge oder der Art der Tätigkeit, für die sie genutzt werden, vernachlässigbar ist. Es sollte eine detaillierte Liste von Personenkraftwagen vorgelegt werden, die aufgrund ihres Verwendungszwecks von dieser Ermächtigung ausgenommen sind.

(9)

Die Geltungsdauer der Ermächtigung sollte bis zum 31. Dezember 2024 befristet sein, damit eine Überprüfung der Notwendigkeit und der Wirksamkeit der Sondermaßnahme sowie des Aufteilungsschlüssels zwischen der Nutzung zu Unternehmenszwecken und unternehmensfremder Nutzung erfolgen kann.

(10)

Falls Estland eine Verlängerung der Ermächtigung über das Jahr 2024 hinaus für erforderlich hält, sollte es der Kommission spätestens bis zum 31. März 2024 zusammen mit dem Verlängerungsantrag einen Bericht vorlegen, der eine Überprüfung des angewandten Prozentsatzes enthält.

(11)

Die Sondermaßnahme wird nur geringfügige Auswirkungen auf den Gesamtbetrag der auf der Stufe des Endverbrauchs erhobenen Steuer und keine nachteiligen Auswirkungen auf die Mehrwertsteuer-Eigenmittel der Union haben —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Abweichend von den Artikeln 168 und 168a der Richtlinie 2006/112/EG wird Estland ermächtigt, das Recht auf den Abzug der Mehrwertsteuer bei Ausgaben für Personenkraftwagen, die nicht ausschließlich für Unternehmenszwecke genutzt werden, auf 50 % zu begrenzen, wenn diese Ausgaben den Kauf, das Leasing, den innergemeinschaftlichen Erwerb oder die Einfuhr von nicht ausschließlich für Unternehmenszwecke genutzten Personenkraftwagen sowie die Wartung und Reparatur dieser Fahrzeuge und den Erwerb von Kraftstoff für diese Personenkraftwagen betreffen.

Artikel 2

Abweichend von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2006/112/EG behandelt Estland die Nutzung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Personenkraftwagens für den unternehmensfremden Bedarf nicht als Dienstleistung gegen Entgelt, wenn dieses Fahrzeug einer Einschränkung gemäß Artikel 1 dieses Beschlusses unterliegt.

Artikel 3

(1)   Dieser Beschluss gilt nur für Personenkraftwagen mit einem zulässigen Höchstgewicht von 3 500 kg und höchstens acht Sitzplätzen zusätzlich zum Fahrersitz.

(2)   Dieser Beschluss gilt nicht für folgende Kategorien von Personenkraftwagen:

a)

Fahrzeuge, die zwecks Weiterverkauf, Vermieten oder Verleasen erworben wurden;

b)

Fahrzeuge, die für die entgeltliche Beförderung von Fahrgästen genutzt werden, einschließlich Taxidiensten;

c)

Fahrzeuge, die für Fahrunterricht genutzt werden.

Artikel 4

Dieser Beschluss gilt bis zum 31. Dezember 2024. Ein etwaiger Antrag auf Verlängerung der mit diesem Beschluss erteilten Ermächtigung ist der Kommission zusammen mit einem Bericht, der eine Überprüfung des in Artikel 1 festgelegten Prozentsatzes enthält, bis zum 31. März 2024 vorzulegen.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an die Republik Estland gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 15. November 2021.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. BORRELL FONTELLES


(1)  ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

(2)  Durchführungsbeschluss 2014/797/EU des Rates vom 7. November 2014 zur Ermächtigung der Republik Estland, eine von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a, Artikel 168 und Artikel 168a der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Regelung anzuwenden (ABl. L 330 vom 15.11.2014, S. 48).

(3)  Durchführungsbeschluss (EU) 2017/1854 des Rates vom 10. Oktober 2017 zur Änderung des Durchführungsbeschlusses 2014/797/EU zur Ermächtigung der Republik Estland, eine von Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe a, Artikel 168 und Artikel 168a der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Regelung anzuwenden (ABl. L 265 vom 14.10.2017, S. 17).