7.6.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/143


RICHTLINIE (EU) 2019/884 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 17. April 2019

zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI des Rates im Hinblick auf den Austausch von Informationen über Drittstaatsangehörige und auf das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS), sowie zur Ersetzung des Beschlusses 2009/316/JI des Rates

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe d,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Union verfolgt das Ziel, ihren Bürgerinnen und Bürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen zu bieten. Dieses Ziel sollte unter anderem mittels geeigneter Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität, einschließlich der organisierten Kriminalität und des Terrorismus, erreicht werden.

(2)

Hierzu ist es nötig, dass Informationen zu Verurteilungen, die in den Mitgliedstaaten erfolgt sind, auch außerhalb des Urteilsmitgliedstaats herangezogen werden, und zwar zur Berücksichtigung in neuen Strafverfahren, wie es im Rahmenbeschluss 2008/675/JI (2) vorgesehen ist, sowie zur Verhütung neuer Straftaten.

(3)

Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen Informationen aus den Strafregistern zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ausgetauscht werden. Ein entsprechender Informationsaustausch wird gemäß den Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI des Rates (3) und über das Europäische Strafregisterinformationssystem (European Criminal Records Information System, ECRIS), das mit dem Beschluss 2009/316/JI (4) des Rates eingerichtet wurde, durchgeführt und erleichtert.

(4)

Der geltende Rechtsrahmen für das ECRIS trägt jedoch den Besonderheiten von Anfragen zu Drittstaatsangehörigen nicht in ausreichendem Maße Rechnung. Zwar ist ein Austausch von Informationen zu Drittstaatsangehörigen über ECRIS bereits möglich, jedoch gibt es kein einheitliches Unionsverfahren, um diesen Austausch effizient, schnell und präzise abzuwickeln.

(5)

Innerhalb der Union werden Informationen zu Drittstaatsangehörigen nicht — wie bei Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten im jeweiligen Herkunftsmitgliedstaat — erhoben, sondern nur in den Mitgliedstaaten gespeichert, in denen die Verurteilungen erfolgt sind. Ein vollständiger Überblick über die Vorstrafen eines Drittstaatsangehörigen lässt sich daher nur gewinnen, wenn solche Informationen aus allen Mitgliedstaaten angefordert werden.

(6)

Derartige „generelle Auskunftsersuchen“ stellen einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand für alle Mitgliedstaaten dar, auch für diejenigen, die über keine Informationen zu dem betreffenden Drittstaatsangehörigen verfügen. In der Praxis hält dieser Aufwand die Mitgliedstaaten von Auskunftsersuchen zu Drittstaatsangehörigen bei anderen Mitgliedstaaten ab, wodurch der Informationsaustausch zwischen ihnen stark beeinträchtigt wird, und führt dazu, dass sie nur Zugang zu Strafregisterinformationen haben, die im jeweiligen nationalen Strafregister gespeichert sind. In der Folge erhöht sich die Gefahr eines ineffizienten und unvollständigen Austauschs von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten.

(7)

Zur Verbesserung der Situation hat die Kommission einen Vorschlag vorgelegt, der zur Annahme der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) geführt hat, mit der ein zentralisiertes System auf Unionsebene eingerichtet wurde, das die personenbezogenen Daten von verurteilten Drittstaatsangehörigen enthält, um die Mitgliedstaaten ermitteln zu können, in denen Informationen über ihre früheren Verurteilungen vorliegen („ECRIS-TCN“).

(8)

Mit dem ECRIS-TCN kann die Zentralbehörde eines Mitgliedstaats rasch und effizient feststellen, in welchen anderen Mitgliedstaaten Strafregisterinformationen zu einem Drittstaatsangehörigen gespeichert sind, sodass auf den bestehenden ECRIS-Rahmen zurückgegriffen werden kann, um die betreffenden Mitgliedstaaten gemäß dem Rahmenbeschluss 2009/315/JI um diese Strafregisterinformationen zu ersuchen.

(9)

Der Austausch von Informationen über strafrechtliche Verurteilungen ist wichtig für jede Strategie zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus. Wenn die Mitgliedstaaten das Potenzial des ECRIS voll ausschöpften, wäre das ein Beitrag zum strafrechtlichen Vorgehen gegen Radikalisierung, die zu Terrorismus und gewaltbereitem Extremismus führt.

(10)

Damit aus Informationen über Verurteilungen und Rechtsverluste aufgrund von Verurteilungen wegen Sexualdelikten an Kindern noch größerer Nutzen gezogen werden kann, wurden die Mitgliedstaaten durch die Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (6) verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit zum Zweck der Einstellung einer Person für eine Tätigkeit, bei der es zu direktem und regelmäßigem Kontakt mit Kindern kommt, Informationen über im Strafregister eingetragene bestehende Verurteilungen wegen Sexualdelikten an Kindern, oder über bestehende Rechtsverluste gemäß den im Rahmenbeschluss 2009/315/JI festgelegten Verfahren übermittelt werden. Ziel dieses Mechanismus ist es, zu gewährleisten, dass eine wegen eines Sexualdelikts an Kindern verurteilte Person nicht in der Lage ist, diese Verurteilung oder diesen Rechtsverlust mit dem Ziel zu verheimlichen, in einem anderen Mitgliedstaat eine berufliche Tätigkeit im Zusammenhang mit direktem und regelmäßigem Kontakt mit Kindern auszuüben.

(11)

Ziel dieser Richtlinie ist es, an dem Rahmenbeschluss 2009/315/JI die Änderungen vorzunehmen, die für einen effizienten Austausch von Informationen über Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen über ECRIS erforderlich sind. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit den Verurteilungen Informationen über die Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeiten der verurteilten Person beigefügt werden, soweit die Mitgliedstaaten über diese Informationen verfügen. Mit dieser Richtlinie werden auch Verfahren zur Beantwortung von Auskunftsersuchen eingeführt, wird gewährleistet, dass ein von einem Drittstaatsangehörigen angeforderter Auszug aus dem Strafregister um Informationen aus anderen Mitgliedstaaten ergänzt wird, und sieht die für den Betrieb des Informationsaustauschsystems erforderlichen technischen Änderungen vor.

(12)

Die Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) sollte für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen nationalen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor Gefahren für die öffentliche Sicherheit und deren Abwehr, gelten. Sofern die Verarbeitung personenbezogener Daten durch nationale Behörden nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2016/680 fällt, sollte für diese Verarbeitung die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) gelten.

(13)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI sollten die Grundsätze des Beschlusses 2009/316/JI in jenen Rahmenbeschluss übernommen und der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) ausgeübt werden.

(14)

Als gemeinsame Kommunikationsinfrastruktur für den Austausch von Strafregisterinformationen sollten die gesicherten transeuropäischen Telematikdienste für Behörden (sTESTA), eine Weiterentwicklung davon oder ein alternatives sicheres Netz verwendet werden.

(15)

Unbeschadet der Möglichkeit, die Finanzprogramme der Union nach Maßgabe der geltenden Vorschriften in Anspruch zu nehmen, sollten die Mitgliedstaaten ihre eigenen Kosten tragen, die mit der Durchführung, Verwaltung, Verwendung und Wartung ihrer Strafregisterdatenbanken sowie mit der Durchführung, Verwaltung, Verwendung und Wartung der für die Nutzung von ECRIS benötigten technischen Änderungen verbunden sind.

(16)

Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und -freiheiten, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert wurden, darunter das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten, das Recht auf gerichtliche und behördliche Rechtsbehelfe, der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz, das Recht auf ein faires Verfahren, die Unschuldsvermutung sowie das allgemeine Diskriminierungsverbot. Diese Richtlinie sollte im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen umgesetzt werden.

(17)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Ermöglichung eines raschen und effizienten Austauschs von präzisen Strafregisterinformationen über Drittstaatsangehörige, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr durch die Einführung gemeinsamer Vorschriften auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV)verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(18)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(19)

Nach den Artikeln 1 und 2 sowie Artikel 4a Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(20)

Nach Artikel 3 und Artikel 4a Absatz 1 des Protokolls Nr. 21 hat das Vereinigte Königreich mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchte.

(21)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) gehört und hat am 13. April 2016 (11) eine Stellungnahme abgegeben.

(22)

Der Rahmenbeschluss 2009/315/JI sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Änderungen des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI

Der Rahmenbeschluss 2009/315/JI wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 erhält folgende Fassung:

„Artikel 1

Gegenstand

Mit diesem Rahmenbeschluss

a)

wird festgelegt, unter welchen Bedingungen ein Urteilsmitgliedstaat anderen Mitgliedstaaten Informationen über Verurteilungen übermittelt;

b)

werden die Pflichten des Urteilsmitgliedstaats und des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit die verurteilte Person besitzt (im Folgenden: „Herkunftsmitgliedstaat“) und die Modalitäten für die Beantwortung eines Ersuchens um Informationen aus Strafregistern festgelegt;

c)

wird ein dezentrales Informationstechnologiesystem, das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS), für den Austausch von Informationen über strafrechtliche Verurteilungen auf der Grundlage der Strafregisterdatenbanken der einzelnen Mitgliedstaaten eingerichtet.“

2.

In Artikel 2 werden die folgenden Buchstaben angefügt:

„d)

„Urteilsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dem eine Verurteilung erfolgt ist;

e)

„Drittstaatsangehöriger“ eine Person, die kein Bürger der Union im Sinne des Artikels 20 Absatz 1 AEUV ist, oder eine staatenlose Person oder eine Person, deren Staatsangehörigkeit nicht bekannt ist;

f)

„Fingerabdruckdaten“ die Daten zu den flachen und abgerollten Abdrücken aller Finger einer Person;

g)

„Gesichtsbild“ ein digitales Bild des Gesichts einer Person;

h)

„ECRIS-Referenzimplementierung“ die Software, die die Kommission entwickelt und den Mitgliedstaaten für den Austausch von Strafregisterinformationen über das ECRIS zur Verfügung stellt.“

3.

Artikel 4 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Jeder Urteilsmitgliedstaat trifft alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass den in seinem Hoheitsgebiet erfolgten Verurteilungen Informationen über die Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeiten der verurteilten Person beigefügt werden, wenn es sich um einen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats oder einen Drittstaatsangehörigen handelt. Falls die Staatsangehörigkeit einer verurteilten Person unbekannt oder die verurteilte Person staatenlos ist, so ist das im Strafregister anzugeben.“

4.

Artikel 6 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Richtet ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats einen Antrag auf Informationen über ihn betreffende Eintragungen in das Strafregister an die Zentralbehörde eines anderen Mitgliedstaats, so stellt diese Zentralbehörde an die Zentralbehörde des Herkunftsmitgliedstaats ein Ersuchen um Informationen und damit zusammenhängende Auskünfte aus dem Strafregister, und nimmt diese Informationen und damit zusammenhängende Auskünfte in den der betroffenen Person bereitzustellenden Auszug auf.“

b)

Folgender Absatz wird angefügt:

„(3a)   Richtet ein Drittstaatsangehöriger einen Antrag auf Informationen über ihn betreffende Eintragungen in das Strafregister an die Zentralbehörde eines Mitgliedstaats, so stellt diese Zentralbehörde nur an die Zentralbehörden der Mitgliedstaaten, die über Strafregisterinformationen dieser Person verfügen, ein Ersuchen um Informationen und damit zusammenhängende Auskünfte aus dem Strafregister, und nimmt diese in den der betroffenen Person bereitzustellenden Auszug auf.“

5.

Artikel 7 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 4 erhält folgende Fassung:

„(4)   Werden Informationen aus dem Strafregister über Verurteilungen, die gegen einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats erfolgt sind, nach Artikel 6 von der Zentralbehörde eines anderen Mitgliedstaats als des Herkunftsmitgliedstaats angefordert, so übermittelt der ersuchte Mitgliedstaat diese Informationen im gleichen Umfang wie in Artikel 13 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vorgesehen.“

b)

Folgender Absatz wird eingefügt:

„(4a)   Werden Informationen aus dem Strafregister über Verurteilungen, die gegen einen Drittstaatsangehörigen erfolgt sind, nach Artikel 6 für die Zwecke eines Strafverfahrens angefordert, so übermittelt der ersuchte Mitgliedstaat Informationen über alle im ersuchten Mitgliedstaat erfolgten und ins Strafregister eingetragenen Verurteilungen sowie über alle Verurteilungen, die in Drittstaaten erfolgt sind und die ihm anschließend übermittelt und ins Strafregister eingetragen wurden.

Werden solche Informationen für andere Zwecke als ein Strafverfahren angefordert, so gilt Absatz 2 des vorliegenden Artikels entsprechend.“

6.

Artikel 8 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Antworten auf die Ersuchen nach Artikel 6 Absätze 2, 3 und 3a werden innerhalb einer Frist von 20 Arbeitstagen ab Eingang des Ersuchens übermittelt.“

7.

Artikel 9 wird wie folgt geändert:

a)

In Absatz 1 wird „Artikel 7 Absätze 1 und 4“ durch „Artikel 7 Absätze 1, 4 und 4a“ ersetzt;

b)

in Absatz 2 wird „Artikel 7 Absätze 2 und 4“ durch „Artikel 7 Absätze 2, 4 und 4a“ ersetzt;

c)

in Absatz 3 wird „Artikel 7 Absätze 1, 2 und 4“ durch „Artikel 7 Absätze 1, 2, 4 und 4a“ ersetzt.

8.

Artikel 11 wird wie folgt geändert:

a)

In Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c wird folgende Ziffer angefügt:

„iv)

Gesichtsbild.“;

b)

die Absätze 3 bis 7 erhalten folgende Fassung:

„(3)   Die Zentralbehörden der Mitgliedstaaten übermitteln folgende Informationen elektronisch unter Verwendung des ECRIS und eines Standardformats nach Maßgabe der in Durchführungsrechtsakten festzulegenden Standards:

a)

Informationen gemäß Artikel 4,

b)

Ersuchen gemäß Artikel 6,

c)

Antworten gemäß Artikel 7, und

d)

sonstige einschlägige Informationen.

(4)   Ist die in Absatz 3 genannte Übermittlungsart nicht verfügbar, so übermitteln die Zentralbehörden der Mitgliedstaaten alle Informationen gemäß Absatz 3 in einer Form, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die der Zentralbehörde des empfangenden Mitgliedstaats die Feststellung der Echtheit der Informationen gestatten, wobei der Sicherheit der Übermittlung Rechnung zu tragen ist.

Steht die Übermittlungsart nach Absatz 3 für längere Zeit nicht zur Verfügung, so setzt der betreffende Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission in Kenntnis.

(5)   Jeder Mitgliedstaat nimmt die technischen Anpassungen vor, die erforderlich sind, damit er das Standardformat verwenden und alle in Absatz 3 genannten Informationen den anderen Mitgliedstaaten auf elektronischem Wege über das ECRIS übermitteln kann. Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission den Zeitpunkt mit, ab dem er derartige Übermittlungen vornehmen kann.“

9.

Folgende Artikel werden eingefügt:

„Artikel 11a

Europäisches Strafregisterinformationssystem (ECRIS)

(1)   Um Informationen aus Strafregistern gemäß diesem Rahmenbeschluss elektronisch auszutauschen, wird ein dezentrales Informationstechnologiesystem, das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS), auf der Grundlage der Strafregisterdatenbanken in den einzelnen Mitgliedstaaten eingerichtet. Es setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:

a)

der ECRIS-Referenzimplementierung;

b)

einer gemeinsamen Kommunikationsinfrastruktur zwischen den Zentralbehörden, die ein verschlüsseltes Netz bereitstellt.

Um die Vertraulichkeit und Integrität der Strafregisterinformationen, die anderen Mitgliedstaaten übermittelt werden, zu gewährleisten, werden geeignete technische und organisatorische Maßnahmen angewandt, wobei der Stand der Technik, die Durchführungskosten und die durch die Verarbeitung von Informationen entstehenden Risiken zu berücksichtigen sind.

(2)   Alle Strafregisterdaten werden ausschließlich in von den Mitgliedstaaten betriebenen Datenbanken gespeichert.

(3)   Die Zentralbehörden der Mitgliedstaaten haben keinen direkten Zugriff auf die Strafregisterdatenbanken anderer Mitgliedstaaten.

(4)   Für die ECRIS-Referenzimplementierung und die Datenbanken für das Speichern, Senden und Empfangen von Strafregisterinformationen ist der betreffende Mitgliedstaat verantwortlich. Die Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA), die mit Verordnung (EU) 2018/1726 der Europäischen Union und des Rates (*1) errichtet wurde, unterstützt die Mitgliedstaaten gemäß ihren Aufgaben nach der Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates (*2).

(5)   Für den Betrieb der gemeinsamen Kommunikationsinfrastruktur ist die Kommission verantwortlich. Diese Infrastruktur muss die erforderlichen Sicherheitsanforderungen erfüllen und den Bedürfnissen des ECRIS vollumfänglich gerecht werden.

(6)   Die ECRIS-Referenzimplementierung wird von eu-LISA gestellt, weiterentwickelt und gewartet.

(7)   Jeder Mitgliedstaat trägt seine eigenen Kosten, die mit der Durchführung, Verwaltung, Verwendung und Wartung seiner Strafregisterdatenbank und mit der Installation und Verwendung der ECRIS-Referenzimplementierung verbunden sind.

Die Kommission trägt die Kosten für die Durchführung, Verwaltung, Verwendung, Wartung und künftige Weiterentwicklung der gemeinsamen Kommunikationsinfrastruktur.

(8)   Die Mitgliedstaaten, die ihre nationale ECRIS- Implementierungssoftware gemäß Artikel 4 Absätze 4 bis 8 der Verordnung (EU) 2019/816 verwenden, dürfen weiterhin ihre nationale ECRIS-Implementierungssoftware anstelle der ECRIS-Referenzimplementierung verwenden, sofern sie alle Bedingungen der genannten Absätze erfüllen.

Artikel 11b

Durchführungsrechtsakte

(1)   Die Kommission legt Folgendes in Durchführungsrechtsakten fest:

a)

das in Artikel 11 Absatz 3 genannte Standardformat, auch für Informationen über die der Verurteilung zugrunde liegende Straftat und den Inhalt der Verurteilung;

b)

die Vorschriften über die technische Durchführung des ECRIS und den Austausch von Fingerabdruckdaten;

c)

die sonstigen technischen Mittel für die Durchführung und Erleichterung des Austauschs von Informationen über Verurteilungen zwischen den Zentralbehörden der Mitgliedstaaten, darunter:

i)

die Mittel für die Erleichterung des Verständnisses und die automatische Übersetzung der übermittelten Informationen;

ii)

die Mittel für den elektronischen Datenaustausch von Informationen, insbesondere die zugrunde zu legenden technischen Normen und gegebenenfalls die anzuwendenden Austauschverfahren.

(2)   Die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 12a Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(*1)  Verordnung (EU) 2018/1726 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 über die Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA), zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und des Beschlusses 2007/533/JI des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 99)."

(*2)  Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1).“"

10.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 12a

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht, und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.“

11.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 13a

Berichterstattung durch die Kommission und Überprüfung

(1)   Bis zum 29. Juni 2023 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieses Rahmenbeschlusses vor. In dem Bericht legt sie dar, inwieweit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um diesem Rahmenbeschluss nachzukommen, einschließlich seiner technischen Umsetzung.

(2)   Der Bericht wird gegebenenfalls zusammen mit einschlägigen Gesetzgebungsvorschlägen vorgelegt.

(3)   Die Kommission veröffentlicht regelmäßig einen Bericht über den Austausch von Strafregisterinformationen über das ECRIS und über die Nutzung des ECRIS-TCN, der sich insbesondere auf die von eu-LISA und den Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EU) 2019/816 vorgelegten Statistiken stützt. Der Bericht wird erstmals ein Jahr nach Vorlage des Berichts nach Absatz 1 veröffentlicht.

(4)   Die Kommission geht in ihrem Bericht nach Absatz 3 insbesondere auf den Umfang des Informationsaustauschs zwischen den Mitgliedstaaten ein, einschließlich des Informationsaustauschs über Drittstaatsangehörige sowie den Zweck der Ersuchen und ihre jeweilige Anzahl, einschließlich der Ersuchen zu anderen Zwecken als einem Strafverfahren wie etwa Hintergrundüberprüfungen und Anträge auf Erhalt von Informationen von betroffener Personen zu deren eigenen Strafregistereinträgen.“

Artikel 2

Ersetzung des Beschlusses 2009/316/JI des Rates

Der Beschluss 2009/316/JI wird für die Mitgliedstaaten ersetzt, die durch die vorliegende Richtlinie gebunden sind, unbeschadet der Pflichten dieser Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Frist für die Umsetzung des Beschlusses.

Artikel 3

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 28. Juni 2022 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die vorliegende Richtlinie Bezug. In diese Vorschriften fügen sie die Erklärung ein, dass Bezugnahmen in den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf den durch die vorliegende Richtlinie aufgehobenen Beschluss als Bezugnahme auf die vorliegende Richtlinie gelten. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme und die Formulierung dieser Erklärung.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

(3)   Die Mitgliedstaaten nehmen die technischen Änderungen nach Artikel 11 Absatz 5 des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI in der durch die vorliegende Richtlinie geänderten Fassung bis zum 28. Juni 2022 vor.

Artikel 4

Inkrafttreten und Geltungsbeginn

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 2 gilt ab dem 28. Juni 2022.

Artikel 5

Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 17. April 2019.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. CIAMBA


(1)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 12. März 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht)] und Beschluss des Rates vom 9. April 2019.

(2)  Rahmenbeschluss 2008/675/JI des Rates vom 24. Juli 2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren (ABl. L 220 vom 15.8.2008, S. 32).

(3)  Rahmenbeschluss 2009/315/JI des Rates vom 26. Februar 2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 93 vom 7.4.2009, S. 23).

(4)  Beschluss 2009/316/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Einrichtung des Europäischen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) gemäß Artikel 11 des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI (ABl. L 93 vom 7.4.2009, S. 33).

(5)  Verordnung (EU) 2019/816 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Einrichtung eines zentralisierten Systems für die Ermittlung der Mitgliedstaaten, in denen Informationen zu Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen (ECRIS-TCN) vorliegen, zur Ergänzung des Europäischen Strafregisterinformationssystems und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1726 (ABl. L 135 vom 22.5.2019, S. 1).

(6)  Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1).

(7)  Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).

(8)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(9)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(10)  Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).

(11)  ABl. C 186 vom 25.5.2016, S. 7.