30.10.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 271/6


DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/1619 DER KOMMISSION

vom 12. Juli 2018

zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2016/438 in Bezug auf die Verwahrungspflichten von Verwahrstellen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (1), insbesondere auf Artikel 26b,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Aufgrund der unterschiedlichen nationalen Wertpapier- und Insolvenzvorschriften, die auf Unionsebene nicht harmonisiert sind, bestehen für Finanzinstrumente, die für Kunden von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (im Folgenden „OGAW“) verwahrt werden, unterschiedliche Schutzniveaus in Bezug auf Insolvenzrisiken. Um das in der Richtlinie 2009/65/EG geforderte hohe Schutzniveau für die Vermögenswerte von Kunden zu gewährleisten und gleichzeitig strengere nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf diese nicht harmonisierten Bereiche zu erfüllen, ist es erforderlich, die in der Richtlinie 2009/65/EG festgelegten Verpflichtungen in Bezug auf die Verwahrung von Vermögenswerten zu präzisieren.

(2)

Derzeit wenden die zuständigen Behörden und die Branche die in der Delegierten Verordnung (EU) 2016/438 der Kommission (2) festgelegte Sonderverwahrungspflicht für Vermögenswerte unterschiedlich an. Während Verwahrstellen, die die erste Stufe einer Verwahrungskette bilden, für die Verwahrung der Vermögenswerte jedes OGAW-Kunden ein eigenes Konto zur Verfügung stellen müssen, sollte präzisiert werden, dass in Fällen, in denen die Verwahrungsfunktion einem Dritten übertragen wird, dieser die Möglichkeit haben sollte, die Vermögenswerte der Kunden einer Verwahrstelle, einschließlich der Vermögenswerte für OGAW und alternative Investmentfonds („AIF“), auf einem Sammelkonto zu halten. Dieses Sammelkonto sollte aber keinesfalls die eigenen Vermögenswerte der Verwahrstelle oder des Dritten und auch nicht Vermögenswerte anderer Kunden des Dritten umfassen. Ebenso sollte in Fällen, in denen die Verwahrungsfunktion weiterübertragen wird, der Unterverwahrer die Möglichkeit haben, Vermögenswerte der Kunden des übertragenden Verwahrers auf einem Sammelkonto zu halten. Dieses Sammelkonto sollte aber keinesfalls die eigenen Vermögenswerte des Unterverwahrers oder des übertragenden Verwahrers und auch nicht Vermögenswerte anderer Kunden des Unterverwahrers umfassen. Diese Vorkehrungen sind erforderlich, um für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Markteffizienz und Anlegerschutz zu sorgen.

(3)

Um das Risiko des Verlusts von Vermögenswerten, die von Dritten, denen die Verwahrungsfunktion übertragen wurde, auf Sammelkonten für Finanzinstrumente gehalten werden, auf ein Minimum zu begrenzen, sollte die Häufigkeit der Abstimmungen zwischen den Wertpapierkonten und den Aufzeichnungen der Verwahrstelle eines OGAW-Kunden und des Dritten — oder, wenn die Verwahrungsfunktion in der Verwahrungskette weiterübertragen wurde, zwischen Dritten — eine rasche Übermittlung der einschlägigen Informationen an die Verwahrstelle gewährleisten. Darüber hinaus sollte sich die Häufigkeit dieser Abstimmungen nach den Bewegungen auf diesem Sammelkonto richten, einschließlich der Transaktionen, die Vermögenswerte anderer Kunden der Verwahrstelle betreffen, die zusammen mit den Vermögenswerten des OGAW auf demselben Sammelkonto geführt werden.

(4)

Die Verwahrstelle sollte, wenn sie die Verwahrung von Vermögenswerten ihrer OGAW-Kunden einem Dritten überträgt, ihre Aufgaben weiterhin wirksam wahrnehmen können. Daher muss die Verwahrstelle in dem Konto für Finanzinstrumente, das sie im Namen eines OGAW oder im Namen der für den OGAW handelnden Verwaltungsgesellschaft eröffnet hat, Aufzeichnungen führen, aus denen hervorgeht, dass die von einem Dritten verwahrten Vermögenswerte zu diesem bestimmten OGAW gehören.

(5)

Um die Stellung der Verwahrstellen gegenüber Dritten zu stärken, denen die Verwahrung der Vermögenswerte übertragen wird, sollte diese Beziehung durch einen schriftlichen Übertragungsvertrag dokumentiert werden. Dieser Vertrag sollte es der Verwahrstelle ermöglichen, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die in Verwahrung befindlichen Vermögenswerte ordnungsgemäß geschützt sind und der Dritte zu jedem Zeitpunkt die Bestimmungen des Vertrags selbst und die Anforderungen der Richtlinie 2009/65/EG und der Delegierten Verordnung (EU) 2016/438 einhält. Darüber hinaus sollten die Verwahrstelle und der Dritte förmlich vereinbaren, ob der Dritte die Verwahrungsfunktionen weiterübertragen darf. In diesem Fall sollte der Vertrag zwischen dem übertragenden Dritten und dem Dritten, dem die Verwahrungsfunktionen weiterübertragen werden, Rechten und Pflichten unterliegen, die den zwischen der Verwahrstelle und dem übertragenden Dritten vereinbarten Rechten und Pflichten entsprechen.

(6)

Um den Verwahrstellen die Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, muss ihre Aufsicht über Dritte gestärkt werden, unabhängig davon, ob diese innerhalb oder außerhalb der Union ansässig sind. Es sollte vorgeschrieben werden, dass die Verwahrstellen prüfen, ob die Finanzinstrumente von OGAW in den Büchern dieser Dritten korrekt verbucht sind. Die von Dritten geführten Aufzeichnungen sollten hinreichend genau sein, um Art, Belegenheit und Eigentümerschaft des Vermögenswerts festzustellen. Um den Verwahrstellen die Erfüllung ihrer Pflichten zu erleichtern, sollten die Dritten ihnen zu allen Änderungen, die sich auf die für die OGAW-Kunden der Verwahrstellen verwahrten Vermögenswerte auswirken, einen Auszug vorlegen.

(7)

Um die Klarheit und Rechtssicherheit der Delegierten Verordnung (EU) 2016/438 zu verbessern, müssen bestimmte interne Verweise korrigiert werden. Die Delegierte Verordnung (EU) 2016/438 sollte daher entsprechend geändert werden.

(8)

Um den Verwahrstellen Zeit für die Anpassung an diese neuen Anforderungen zu gewähren, sollte der Beginn der Anwendung auf achtzehn Monate nach der Veröffentlichung dieser Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union festgelegt werden.

(9)

Die mit dieser Verordnung eingeführten Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (3).

(10)

Die mit dieser Verordnung eingeführten Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme der Sachverständigengruppe des Europäischen Wertpapierausschusses.

(11)

Die Delegierte Verordnung (EU) 2016/438 sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Delegierte Verordnung (EU) 2016/438 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 13 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 wird wie folgt geändert:

i)

Buchstabe c erhält folgende Fassung:

„c)

Abstimmungen zwischen den internen Konten und Aufzeichnungen der Verwahrstelle und denjenigen von Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen wurden, mit der erforderlichen Häufigkeit vorgenommen werden;“.

ii)

Folgender Unterabsatz 2 wird angefügt:

„Die Häufigkeit der Abstimmungen nach Unterabsatz 1 Buchstabe c wird anhand der folgenden Faktoren festgelegt:

a)

der normalen Handelstätigkeit des OGAW,

b)

jeder Transaktion, die außerhalb der normalen Handelstätigkeit stattfindet,

c)

jeder Transaktion, die im Namen eines anderen Kunden vorgenommen wird, dessen Vermögenswerte der Dritte auf demselben Konto für Finanzinstrumente hält wie die Vermögenswerte des OGAW.“

b)

Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Eine Verwahrstelle, die ihre Verwahrungsfunktionen in Bezug auf verwahrte Vermögenswerte gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG Dritten übertragen hat, unterliegt weiterhin den Anforderungen gemäß Absatz 1 Buchstaben a bis e. Die Verwahrstelle sorgt ferner dafür, dass solche Dritten die Anforderungen nach Absatz 1 Buchstaben b bis g erfüllen.“

2.

In Artikel 15 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a)   Ein Vertrag, durch den die Verwahrstelle einen Dritten beauftragt, Vermögenswerte ihrer OGAW-Kunden zu verwahren, enthält mindestens folgende Bestimmungen:

a)

die Zusicherung des Rechts der Verwahrstelle auf Information, Inspektion und Zugang zu den einschlägigen Aufzeichnungen und Konten für Finanzinstrumente des Dritten, der die Vermögenswerte verwahrt, damit die Verwahrstelle ihre Aufsichts- und Sorgfaltspflichten erfüllen und insbesondere die folgenden Handlungen ausführen kann:

i)

Ermittlung aller Glieder in der Verwahrungskette;

ii)

Prüfung, ob die Menge der identifizierten Finanzinstrumente, die auf den Konten für Finanzinstrumente, die in den Büchern der Verwahrstelle im Namen des OGAW oder der im Auftrag des OGAW handelnden Verwaltungsgesellschaft geführt werden, verzeichnet sind, der Menge der identifizierten Finanzinstrumente entspricht, die dieser Dritte gemäß dem Konto für Finanzinstrumente in seinen Büchern für den betreffenden OGAW verwahrt;

iii)

Prüfung, ob die Menge der identifizierten Finanzinstrumente, die auf einem Konto für Finanzinstrumente, das auf der Ebene der zentralen Verwahrstelle oder ihres Agenten im Namen des Dritten im Auftrag seiner Kunden eröffnet wurde, registriert und gehalten werden, der Menge der identifizierten Finanzinstrumente entspricht, die auf den Konten für Finanzinstrumente, die in den Büchern der Verwahrstelle im Namen jedes ihrer OGAW-Kunden oder der im Auftrag des OGAW handelnden Verwaltungsgesellschaft eröffnet wurden, verzeichnet sind;

b)

Einzelheiten der gleichwertigen Rechte und Pflichten, die im Falle einer Weiterübertragung von Verwahrungsfunktionen zwischen dem Dritten und einem anderen Dritten vereinbart wurden.“

3.

Artikel 16 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Wurden Verwahrungsfunktionen vollständig oder teilweise einem Dritten übertragen, stellt eine Verwahrstelle sicher, dass der Dritte, der gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG mit Verwahrungsfunktionen betraut wurde, gemäß der in Artikel 22a Absatz 3 Buchstabe c dieser Richtlinie festgelegten Sonderverwahrungspflicht handelt, indem sie sicherstellt und überprüft, dass dieser Dritte

a)

sämtliche identifizierten Finanzinstrumente korrekt auf dem Konto für Finanzinstrumente, das er in seinen Büchern eröffnet hat, um die Finanzinstrumente für die Kunden der Verwahrstelle zu verwahren, und das keine eigenen Finanzinstrumente der Verwahrstelle oder des Dritten oder anderer Kunden des Dritten umfasst, verbucht, sodass die Verwahrstelle die Menge der identifizierten Finanzinstrumente, die auf den Konten, die in ihren Büchern im Namen jedes ihrer OGAW-Kunden oder der im Auftrag des OGAW handelnden Verwaltungsgesellschaft eröffnet wurden, verzeichnet sind, zuordnen kann;

b)

alle erforderlichen Aufzeichnungen und Konten für Finanzinstrumente führt, die es der Verwahrstelle ermöglichen, jederzeit und unverzüglich Vermögenswerte ihrer Kunden von Vermögenswerten des Dritten, Vermögenswerten anderer Kunden des Dritten und von Vermögenswerten, die sie für eigene Rechnung hält, zu unterscheiden;

c)

Aufzeichnungen und Wertpapierkonten so führt, dass diese stets korrekt sind und insbesondere mit den für die OGAW-Kunden der Verwahrstelle gehaltenen Vermögenswerten in Einklang stehen und dass die Verwahrstelle auf deren Grundlage jederzeit die exakte Art, den Ort und den Eigentumsstatus dieser Vermögenswerte bestimmen kann;

d)

der Verwahrstelle regelmäßig und jeweils bei Eintreten einer Änderung der Umstände einen Auszug bereitstellt, in dem die Vermögenswerte der OGAW-Kunden der Verwahrstelle aufgeschlüsselt sind;

e)

mit der erforderlichen Häufigkeit Abstimmungen zwischen seinen Konten für Finanzinstrumente und internen Aufzeichnungen und den Konten und Aufzeichnungen eines Unterbeauftragten, dem er gemäß Artikel 22a Absatz 3 Buchstabe c der Richtlinie 2009/65/EG Verwahrungsfunktionen übertragen hat, vornimmt.

Die Häufigkeit der Abstimmungen ist gemäß Artikel 13 Absatz 1 festzulegen;

f)

geeignete organisatorische Vorkehrungen einführt, um das Risiko eines Verlusts oder einer Minderung der Finanzinstrumente oder der Rechte im Zusammenhang mit diesen Finanzinstrumenten aufgrund von Missbrauch der Finanzinstrumente, Betrug, mangelhafter Verwaltung, nicht angemessener Aufzeichnung oder Fahrlässigkeit zu minimieren;

g)

die Gelder des OGAW auf Konten bei einer Zentralbank eines Drittlands oder einem in einem Drittland zugelassenen Kreditinstitut verbucht, vorausgesetzt, dass die Aufsichts- und Regulierungsanforderungen, die in diesem Drittland auf Kreditinstitute Anwendung finden, nach Ansicht der zuständigen Behörden des Herkunftsmitgliedsstaats des OGAW mindestens den in der Union angewendeten Anforderungen gleichkommen, wie in Artikel 22 Absatz 4 Buchstabe c der Richtlinie 2009/65/EG festgelegt.“

4.

Artikel 17 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 2 Buchstabe a erhält folgende Fassung:

„Rechtsgutachten von einer unabhängigen natürlichen oder juristischen Person einholen, in denen bestätigt wird, dass nach geltendem Insolvenzrecht die Sonderverwahrung der Vermögenswerte der Kunden der Verwahrstelle getrennt von ihren eigenen Vermögenswerten, von den Vermögenswerten ihrer sonstigen Kunden und von den für Rechnung der Verwahrstelle gehaltenen Vermögenswerten anerkannt wird und dass die Vermögenswerte der OGAW-Kunden der Verwahrstelle nicht Teil des Vermögens der Dritten im Falle der Insolvenz sind und nicht für die Ausschüttung oder Realisierung zugunsten von Gläubigern der Dritten, denen die Verwahrungsfunktionen gemäß Artikel 22a der Richtlinie 2009/65/EG übertragen wurden, verfügbar sind;“.

b)

In Absatz 2 werden die Buchstaben d und e gestrichen.

c)

Absatz 3 wird gestrichen.

5.

Artikel 22 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„Die Verwaltungs- oder Investmentgesellschaft weist gegenüber der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedsstaats des OGAW nach, dass die Bestellung der Verwahrstelle zufriedenstellend ist und dass die Bestellung im alleinigen Interesse des OGAW und seiner Anleger liegt. Die Verwaltungs- oder Investmentgesellschaft stellt die in Absatz 2 genannten Nachweise der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedsstaats des OGAW zur Verfügung.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. April 2020.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 12. Juli 2018

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32.

(2)  Delegierte Verordnung (EU) 2016/438 der Kommission vom 17. Dezember 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Pflichten der Verwahrstellen (ABl. L 78 vom 24.3.2016, S. 11).

(3)  Stellungnahme der ESMA vom 20. Juli 2017, ESMA34-45-277.