16.7.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 179/1


VERORDNUNG (EU) 2018/973 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 4. Juli 2018

zur Festlegung eines Mehrjahresplans für Grundfischbestände in der Nordsee und für die Fischereien, die diese Bestände befischen, zur Präzisierung der Umsetzung der Pflicht zur Anlandung in der Nordsee und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 676/2007 und (EG) Nr. 1342/2008 des Rates

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982, dessen Vertragspartei die Union ist, sieht Bestandserhaltungspflichten vor, zu denen auch gehört, dass die Populationen der befischten Arten auf einem den höchstmöglichen Dauerertrag (maximum sustainable yield, MSY) sichernden Stand erhalten oder auf diesen zurückgeführt werden.

(2)

Auf dem 2015 in New York abgehaltenen Gipfel der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung haben sich die Union und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, bis 2020 die Befischung wirksam zu regulieren, Überfischung, illegaler, nicht gemeldeter und unregulierter Fischerei sowie zerstörerischen Fangpraktiken ein Ende zu setzen und wissenschaftsbasierte Bewirtschaftungspläne umzusetzen, um die Fischbestände in der kürzestmöglichen Zeit wieder auf ein Niveau zu bringen, das zumindest den durch die jeweiligen biologischen Eigenschaften bestimmten MSY ermöglicht.

(3)

In der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) sind die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Union festgelegt. Die GFP hat zum Schutz der Meeresumwelt und zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung aller kommerziell genutzten Arten sowie insbesondere zum Erreichen des Ziels eines guten Umweltzustands bis 2020 im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) beizutragen.

(4)

Zu den Zielen der GFP gehört unter anderem, die langfristige Umweltverträglichkeit von Fischfang und Aquakultur sicherzustellen sowie bei der Bestandsbewirtschaftung nach dem Vorsorgeansatz vorzugehen und den ökosystembasierten Ansatz zu verfolgen.

(5)

Um die Ziele der GFP zu erreichen, müssen eine Reihe von Erhaltungsmaßnahmen, gegebenenfalls auch Kombinationen von Maßnahmen, beschlossen werden, wie Mehrjahrespläne, technische Maßnahmen und Festlegung und Aufteilung von Fangmöglichkeiten.

(6)

Gemäß den Artikeln 9 und 10 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 sind Mehrjahrespläne auf der Grundlage wissenschaftlicher, technischer und wirtschaftlicher Gutachten festzulegen. Im Einklang mit diesen Bestimmungen sollte der durch die vorliegende Verordnung festgelegte Mehrjahresplan (im Folgenden „Plan“) Ziele, bezifferbare Zielwerte mit klaren Zeitrahmen, Referenzpunkte für die Bestandserhaltung, Sicherheitsmechanismen und technische Maßnahmen enthalten, die darauf ausgerichtet sind, unerwünschte Fänge zu vermeiden und zu verringern.

(7)

„Beste verfügbare wissenschaftliche Gutachten“ sollte so verstanden werden, dass sie sich auf öffentlich verfügbare wissenschaftliche Gutachten beziehen, die durch die aktuellsten wissenschaftlichen Daten und Methoden belegt sind und von einem unabhängigen wissenschaftlichen Gremium, das auf Unionsebene oder internationaler Ebene anerkannt ist, entweder vorgelegt oder überprüft wurden.

(8)

Die Kommission sollte für die Bestände im Rahmen des Plans die besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten einholen. Dazu schließt sie mit dem Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) Absichtserklärungen. Den wissenschaftlichen Gutachten des ICES sollte der Plan zugrunde liegen, und es sollten darin insbesondere Spannen von FMSY und Referenzpunkte für die Biomasse, d. h. MSY Btrigger und Blim, angegeben werden. Diese Werte sollten in den Gutachten zu dem betreffenden Bestand sowie gegebenenfalls in sonstigen öffentlich verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten angegeben werden, etwa in Gutachten des ICES zu gemischten Fischereien.

(9)

Die Verordnungen (EG) Nr. 676/2007 (5) und (EG) Nr. 1342/2008 (6) des Rates enthalten die Vorschriften für die nachhaltige Bewirtschaftung der Bestände von Kabeljau, Scholle und Seezunge in der Nordsee und den an sie angrenzenden Gewässern. Diese und andere Grundfischbestände werden in gemischten Fischereien gefangen. Daher sollte ein einheitlicher Mehrjahresplan erstellt werden, in dem solche technischen Wechselwirkungen berücksichtigt werden.

(10)

Ein solcher Mehrjahresplan sollte zudem für die Grundfischbestände und deren Befischung in der Nordsee gelten. Dabei handelt es sich um Rundfisch-, Plattfisch- und Knorpelfischarten sowie Kaisergranat (Nephrops norvegicus) und Tiefseegarnele (Pandalus borealis), die im untersten Bereich der Wassersäule leben.

(11)

Einige Grundfischbestände werden sowohl in der Nordsee als auch in an sie angrenzenden Gewässern befischt. Deshalb sollte der Anwendungsbereich der in dem Plan enthaltenen Regelungen über Zielwerte und Sicherheitsmechanismen für Bestände, die hauptsächlich in der Nordsee befischt werden, so ausgeweitet werden, dass sie auch für diese Gebiete außerhalb der Nordsee gelten. Zudem müssen für in der Nordsee vorkommende Bestände die jedoch hauptsächlich außerhalb der Nordsee befischt werden, die Zielwerte und Sicherheitsmechanismen in Mehrjahresplänen für Gebiete außerhalb der Nordsee festgelegt werden, in denen diese Bestände hauptsächlich befischt werden, wobei der Geltungsbereich dieser Mehrjahrespläne auf die Nordsee ausgedehnt werden muss.

(12)

Dem geografischen Anwendungsbereich des Plans sollte die geografische Verbreitung der Bestände zugrunde liegen, die im jüngsten wissenschaftlichen Bestandsgutachten des ICES beschrieben ist. Aufgrund eines besseren wissenschaftlichen Kenntnisstands oder einer Wanderung der Bestände kann es zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich sein, Änderungen an der im Plan angegebenen geografischen Verbreitung der Bestände vorzunehmen. Daher sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, delegierte Rechtsakte zur Anpassung der im Plan angegebenen geografischen Verbreitung der Bestände zu erlassen, wenn aus den wissenschaftlichen Gutachten des ICES hervorgeht, dass sich die geografische Verbreitung der betreffenden Bestände geändert hat.

(13)

Werden Bestände von gemeinsamem Interesse auch von Drittländern genutzt, so sollte die Union mit diesen Drittländern in Kontakt treten, um sicherzustellen, dass die betreffenden Bestände im Einklang mit den Zielen der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013, insbesondere mit Artikel 2 Absatz 2 der genannten Verordnung, sowie im Einklang mit der vorliegenden Verordnung nachhaltig bewirtschaftet werden. Wird keine formelle Einigung erzielt, so sollte sich die Union in jeder Weise darum bemühen, gemeinsame Vereinbarungen für die Befischung dieser Bestände zu erzielen, damit die nachhaltige Bewirtschaftung ermöglicht wird und dadurch gleiche Ausgangsbedingungen für die Betreiber in der Union gefördert werden.

(14)

Ziel des Plans sollte es sein, zur Verwirklichung der Ziele der GFP beizutragen, insbesondere zum Erreichen und Beibehalten des MSY für die Zielbestände bei gleichzeitiger Umsetzung der Pflicht zur Anlandung von Fangbeschränkungen unterliegenden Grundfischbeständen, zur Förderung — unter Berücksichtigung der Küstenfischerei sowie von sozioökonomischen Aspekten — eines angemessenen Lebensstandards jener Menschen, die von der Fischerei abhängig sind, und zur Umsetzung des ökosystembasierten Ansatzes bei der Bestandsbewirtschaftung. In dem Plan sollten außerdem die Einzelheiten für die Umsetzung der Pflicht zur Anlandung aller Bestände von Arten in den Unionsgewässern der Nordsee, für die die Pflicht zur Anlandung gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 gilt, festgelegt werden.

(15)

Gemäß Artikel 16 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 müssen die Fangmöglichkeiten im Einklang mit den Zielen gemäß Artikel 2 Absatz 2 jener Verordnung festgelegt werden und den in den Mehrjahresplänen enthaltenen Zielwerten, Zeitrahmen und Margen entsprechen.

(16)

Der Zielwert für die fischereiliche Sterblichkeit (F), der dem Ziel des Erreichens und der Beibehaltung des MSY entspricht, sollte in Form von Spannen angegeben werden, die mit dem Ziel des MSY (FMSY) vereinbar sind. Diese Spannen auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten sind erforderlich, um Entwicklungen bei den wissenschaftlichen Gutachten flexibel Rechnung tragen zu können, um zur Umsetzung der Pflicht zur Anlandung beizutragen und um die Besonderheiten gemischter Fischereien berücksichtigen zu können. Die Spannen von FMSY sollten vom ICES berechnet und vorgelegt werden, insbesondere im Rahmen seiner regelmäßigen Fanggutachten. Auf der Grundlage des Plans sollen sie eine Senkung des langfristigen Ertrags um nicht mehr als 5 % gegenüber dem MSY bewirken, wie der ICES in seiner Antwort auf das Ersuchen der EU an den ICES, Spannen von FMSY für bestimmte Bestände in der Nord- und Ostsee vorzulegen, ausführt. Der obere Grenzwert ist gedeckelt, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass der Bestand unter Blim abfällt, nicht mehr als 5 % beträgt. Dieser obere Grenzwert entspricht auch der Bestimmung für Gutachten des ICES (ICES „advice rule“), der zufolge F, wenn die Biomasse des Laicherbestands oder die Abundanz einen schlechten Wert aufweist, auf einen Wert zu senken ist, der einen oberen Grenzwert nicht überschreitet, welcher der Wert des FMSY-Punkts multipliziert mit der Biomasse des Laicherbestands im TAC-Jahr (TAC = zulässige Gesamtfangmenge) dividiert durch MSY Btrigger ist. Der ICES wendet diese Überlegungen und die Bestimmung für Gutachten an, wenn er wissenschaftliche Gutachten zur fischereilichen Sterblichkeit und zu Fangoptionen erstellt.

(17)

Für die Zwecke der Festlegung von Fangmöglichkeiten sollte es einen oberen Schwellenwert für Spannen von FMSY bei normalem Einsatz sowie, sofern der betreffende Bestand als in gutem Zustand befindlich erachtet wird, eine Obergrenze für bestimmte Fälle geben. Es sollten nur dann Fangmöglichkeiten bis zur Obergrenze festgelegt werden können, wenn dies aufgrund wissenschaftlicher Gutachten oder Erkenntnisse erforderlich ist, um die Ziele dieser Verordnung bei gemischten Fischereien zu erreichen oder um Schaden von einem Bestand abzuwenden, der durch Wechselwirkungen innerhalb des Bestands oder zwischen den Beständen hervorgerufen wurde, oder um die jährlichen Schwankungen bei den Fangmöglichkeiten zu beschränken.

(18)

Für Bestände, für die MSY-Zielwerte vorliegen, und für die Zwecke der Anwendung von Schutzmaßnahmen müssen Referenzpunkte für die Bestandserhaltung festgelegt werden, die für Fischbestände als Auslösegröße der Biomasse des Laicherbestands und für Kaisergranat als Auslösegröße der Abundanz ausgedrückt werden.

(19)

Für den Fall, dass die Bestandsgröße unter diese Werte sinkt, sollten angemessene Schutzmaßnahmen vorgesehen werden. Die Schutzmaßnahmen sollten die Verringerung der Fangmöglichkeiten und besondere Erhaltungsmaßnahmen umfassen, wenn aus wissenschaftlichen Gutachten hervorgeht, dass Abhilfemaßnahmen erforderlich sind. Diese Maßnahmen sollten durch alle weiteren angemessenen Maßnahmen ergänzt werden, wie Maßnahmen der Kommission gemäß Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 oder Maßnahmen der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 13 der genannten Verordnung.

(20)

Es sollte möglich sein, die TAC für Kaisergranat in der ICES-Division 2a und im Untergebiet 4 als die Summe der für jede Funktionseinheit und für die statistischen Rechtecke außerhalb der Funktionseinheiten innerhalb dieses TAC-Gebiets festgelegten Fangmengen festzulegen. Dies sollte jedoch nicht ausschließen, dass Maßnahmen zum Schutz bestimmter Funktionseinheiten angenommen werden.

(21)

Wenn der Rat im Rahmen der Fangmöglichkeiten in Bezug auf einen bestimmten Bestand beträchtlichen Auswirkungen der Freizeitfischerei Rechnung trägt, sollte er die Möglichkeit haben, eine TAC für kommerzielle Fänge festzulegen, bei welcher die Fangmenge der Freizeitfischerei berücksichtigt wird, und/oder andere Maßnahmen zur Beschränkung der Freizeitfischerei wie Fangquoten und Schonzeiten zu verabschieden.

(22)

Um der Pflicht zur Anlandung gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 nachzukommen, sollte der Plan zusätzliche Bewirtschaftungsmaßnahmen vorsehen, die im Einklang mit Artikel 18 der genannten Verordnung genauer festzulegen sind.

(23)

Damit es nicht zu einer störenden Verlagerung der Fangtätigkeit kommt, welche sich negativ auf den Zustand der Kabeljaubestände auswirken könnte, sollte das System von Fangerlaubnissen, die mit einer Begrenzung der Gesamtkapazität der Maschinenleistung der Fischereifahrzeuge in der ICES-Division 7d zusammenhängen, wie es zuvor im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1342/2008 anwendbar war, beibehalten werden.

(24)

Die Frist für die Vorlage gemeinsamer Empfehlungen von Mitgliedstaaten mit einem direkten Bewirtschaftungsinteresse sollte gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 festgelegt werden.

(25)

In Übereinstimmung mit Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 sollten die Vorschriften für die von der Kommission bis zum 6. August 2023 und danach alle fünf Jahre durchzuführende Überprüfung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Anwendung dieser Verordnung auf der Grundlage wissenschaftlicher Gutachten erlassen werden. Dieser Zeitraum ist lang genug, dass die Pflicht zur Anlandung vollständig umgesetzt und regionale Maßnahmen verabschiedet und umgesetzt werden können und ihre Auswirkungen auf die Bestände und Fischereien sichtbar werden. Wissenschaftliche Einrichtungen schreiben dies auch als Mindestzeitabstand vor.

(26)

Zur zeitgerechten und angemessenen Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt, zur Gewährleistung der Flexibilität, und um die Weiterentwicklung bestimmter Maßnahmen zu ermöglichen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte zu erlassen, sodass diese Verordnung im Bereich der Anpassungen bezüglich der unter diese Verordnung fallenden Bestände im Anschluss an Veränderungen der geografischen Verbreitung der Bestände, der Abhilfemaßnahmen und der Umsetzung der Pflicht zur Anlandung ergänzt werden kann. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (7) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(27)

Um Rechtssicherheit zu schaffen, sollte klargestellt werden, dass Maßnahmen zur vorübergehenden Einstellung der Fangtätigkeit, die erlassen wurden, um die Ziele des Plans zu erreichen, als für eine Unterstützung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) in Betracht kommend gelten können.

(28)

Die Verordnungen (EG) Nr. 676/2007 und (EG) Nr. 1342/2008 sollten aufgehoben werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

GEGENSTAND, GELTUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Geltungsbereich

(1)   Mit dieser Verordnung wird ein Mehrjahresplan (im Folgenden „Plan“) für die folgenden Grundfischbestände in den Unionsgewässern der Nordsee (ICES-Divisionen 2a und 3a und Untergebiet 4) einschließlich der Fischereien, die diese Bestände befischen, und dort, wo diese Bestände über die Nordsee hinausreichen, in den an sie angrenzenden Gewässern aufgestellt:

a)

Kabeljau (Gadus morhua) im Untergebiet 4 (Nordsee) und in den Divisionen 7d (östlicher Ärmelkanal) und 3a.20 (Skagerrak);

b)

Schellfisch (Melanogrammus aeglefinus) im Untergebiet 4 (Nordsee) und in den Divisionen 6a (Gewässer westlich von Schottland) und 3a.20 (Skagerrak);

c)

Scholle (Pleuronectes platessa) im Untergebiet 4 (Nordsee) und in der Division 3a.20 (Skagerrak);

d)

Seelachs (Pollachius virens) in den Untergebieten 4 (Nordsee) und 6 (Rockall und Gewässer westlich von Schottland) und in der Division 3a (Skagerrak und Kattegat);

e)

Seezunge (Solea solea) im Untergebiet 4 (Nordsee);

f)

Seezunge (Solea solea) in der Division 3a (Skagerrak und Kattegat) und in den Unterdivisionen 22–24 (westliche Ostsee);

g)

Wittling (Merlangius merlangus) im Untergebiet 4 (Nordsee) und in der Division 7d (östlicher Ärmelkanal);

h)

Seeteufel (Lophius piscatorius) in der Division 3a (Skagerrak und Kattegat) und in den Untergebieten 4 (Nordsee) und 6 (Rockall und Gewässer westlich von Schottland);

i)

Tiefseegarnele (Pandalus borealis) in den Divisionen 4a Ost (nördliche Nordsee, Norwegische Rinne) und 3a.20 (Skagerrak);

j)

Kaisergranat (Nephrops norvegicus) in der Division 3a (Funktionseinheiten 3-4);

k)

Kaisergranat im Untergebiet 4 (Nordsee), unterteilt nach Funktionseinheit:

Kaisergranat im Botney Gut-Silver Pit (Funktionseinheit 5),

Kaisergranat in den Farn Deeps (Funktionseinheit 6),

Kaisergranat auf dem Fladengrund (Funktionseinheit 7),

Kaisergranat im Firth of Forth (Funktionseinheit 8),

Kaisergranat im Moray Firth (Funktionseinheit 9),

Kaisergranat im Noup (Funktionseinheit 10),

Kaisergranat in den norwegischen Deeps (Funktionseinheit 32),

Kaisergranat im Horn's Reef (Funktionseinheit 33),

Kaisergranat im Devil's Hole (Funktionseinheit 34).

Weisen wissenschaftliche Gutachten auf eine Veränderung der geografischen Verbreitung der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Bestände hin, so kann die Kommission im Einklang mit Artikel 16 delegierte Rechtsakte zur Änderung dieser Verordnung erlassen und die in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes aufgeführten Gebiete so anpassen, dass dieser Veränderung Rechnung getragen wird. Durch solche Anpassungen werden die Bestandsgebiete nicht über die Unionsgewässer der Untergebiete 2 bis 7 hinaus erweitert.

(2)   Gelangt die Kommission aufgrund wissenschaftlicher Gutachten zu der Auffassung, dass die in Absatz 1 Unterabsatz 1 genannte Liste der Bestände überarbeitet werden muss, kann sie einen entsprechenden Vorschlag vorlegen.

(3)   In Bezug auf die in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten angrenzenden Gewässer gelten nur die Artikel 4 und 6 und die Maßnahmen im Zusammenhang mit den Fangmöglichkeiten gemäß Artikel 7.

(4)   Diese Verordnung gilt auch für Beifänge in der Nordsee, die bei der Befischung der in Absatz 1 Unterabsatz 1 genannten Bestände gefangen werden. Wenn jedoch durch andere Rechtsakte der Union zur Festlegung von Mehrjahresplänen für diese Bestände Spannen von FMSY und Sicherheitsmechanismen im Zusammenhang mit der Biomasse festgelegt werden, so gelten diese Spannen und Sicherheitsmechanismen.

(5)   In dieser Verordnung werden außerdem die Einzelheiten für die Umsetzung der Pflicht zur Anlandung aller Bestände von Arten in den Unionsgewässern der Nordsee, für die die Pflicht zur Anlandung gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 gilt, festgelegt.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten neben den Begriffsbestimmungen gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates (9), Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 des Rates (10) und Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 folgende Begriffsbestimmungen:

1.   „Spanne von FMSY: ein Wertebereich, der in den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten, die insbesondere vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) erstellt wurden, angegeben ist und bei dem jedes Ausmaß an fischereilicher Sterblichkeit innerhalb dieses Bereichs bei einem gegebenen Fangverhalten und unter den bestehenden durchschnittlichen Umweltbedingungen langfristig zu einem höchstmöglichen Dauerertrag (MSY) führt, ohne den Fortpflanzungsprozess des betreffenden Bestands wesentlich zu beeinträchtigen. Diese Spanne wird so berechnet, dass sie eine Senkung des langfristigen Ertrags um nicht mehr als 5 % gegenüber dem MSY bewirkt. Sie ist nach oben gedeckelt, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass der Bestand unter den Referenzpunkt für die Biomasse des Laicherbestands (Blim) abfällt, nicht mehr als 5 % beträgt;

2.   „MSY Flower: der niedrigste Wert innerhalb der Spanne von FMSY;

3.   „MSY Fupper: der höchste Wert innerhalb der Spanne von FMSY;

4.   „Wert des FMSY-Punkts“: der Wert der geschätzten fischereilichen Sterblichkeit, der bei einem gegebenen Fangverhalten und unter den bestehenden durchschnittlichen Umweltbedingungen langfristigen zu einem MSY führt;

5.   „untere Spanne von FMSY: eine Spanne, die Werte zwischen MSY Flower und dem Wert des FMSY-Punkts umfasst;

6.   „obere Spanne von FMSY: eine Spanne, die Werte zwischen dem Wert des FMSY-Punkts und MSY Fupper umfasst;

7.   „Blim: der in den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten, insbesondere des ICES, angegebene Referenzpunkt für die Biomasse des Laicherbestands, unterhalb dessen die Fähigkeit zur Reproduktion vermindert sein kann;

8.   „MSY Btrigger: der in den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten, insbesondere des ICES, angegebene Referenzpunkt für die Biomasse des Laicherbestands und in Bezug auf den Bestand von Kaisergranat für die Abundanz, bei dessen Unterschreiten spezifische und angemessene Bewirtschaftungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, damit gewährleistet ist, dass die Bestände über die Befischungsraten in Verbindung mit natürlichen Schwankungen wiederhergestellt und auf ein Niveau gebracht werden, das oberhalb des Niveaus liegt, das langfristig den MSY ermöglicht.

KAPITEL II

ZIELE

Artikel 3

Ziele

(1)   Der Plan trägt dazu bei, die in Artikel 2 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 aufgeführten Ziele der Gemeinsamen Fischereipolitik zu erreichen, insbesondere indem bei der Bestandsbewirtschaftung der Vorsorgeansatz zur Anwendung kommt, und zielt darauf ab, zu gewährleisten, dass bei der Nutzung der lebenden Meeresschätze die Populationen der befischten Arten in einem Umfang wiederhergestellt und erhalten werden, der oberhalb des Niveaus liegt, das den MSY ermöglicht.

(2)   Der Plan trägt zur Einstellung der Rückwürfe bei, indem unerwünschte Beifänge so weit wie möglich vermieden und minimiert werden, sowie zur Umsetzung der in Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 festgeschriebenen Pflicht zur Anlandung von Arten, für die Fangbeschränkungen gelten und auf die die vorliegende Verordnung Anwendung findet.

(3)   Mit dem Plan wird durch Anwendung des ökosystembasierten Ansatzes bei der Bestandsbewirtschaftung sichergestellt, dass die negativen Auswirkungen der Fischerei auf das Meeresökosystem auf ein Mindestmaß reduziert werden. Er muss im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Union im Umweltbereich stehen, insbesondere mit dem in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/56/EG vorgegebenen Ziel, spätestens 2020 einen guten Umweltzustand zu erreichen.

(4)   Insbesondere wird mit dem Plan das Ziel verfolgt,

a)

sicherzustellen, dass die im Deskriptor 3 in Anhang I der Richtlinie 2008/56/EG beschriebenen Bedingungen erfüllt sind, und

b)

zur Erfüllung weiterer relevanter Deskriptoren in Anhang I der Richtlinie 2008/56/EG im Verhältnis zu der Rolle, die die Fischereien für ihre Erfüllung spielen, beizutragen.

(5)   Maßnahmen im Rahmen des Plans werden im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten ergriffen. Wenn die vorliegenden Daten unzureichend sind, werden die betreffenden Bestände in vergleichbarem Umfang erhalten.

KAPITEL III

ZIELWERTE

Artikel 4

Zielwerte

(1)   Der Zielwert für die fischereiliche Sterblichkeit im Einklang mit den Spannen von FMSY nach der Begriffsbestimmung in Artikel 2 muss für die in Artikel 1 Absatz 1 aufgeführten Bestände so rasch wie möglich und schrittweise spätestens 2020 erreicht werden und ab diesem Zeitpunkt im Einklang mit dem vorliegenden Artikel innerhalb der Spannen von FMSY liegen.

(2)   Diese auf dem Plan beruhenden Spannen von FMSY werden beim ICES angefordert.

(3)   Gemäß Artikel 16 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 legt der Rat, wenn er die Fangmöglichkeiten für einen Bestand festlegt, diese Möglichkeiten innerhalb der unteren Spanne von FMSY, die zu jenem Zeitpunkt für den betreffenden Bestand verfügbar ist, fest.

(4)   Unbeschadet der Absätze 1 und 3 können die Fangmöglichkeiten für einen Bestand auf Niveaus festgelegt werden, die niedriger sind als die Spannen von FMSY.

(5)   Unbeschadet der Absätze 3 und 4 können die Fangmöglichkeiten für einen Bestand auf der Grundlage der zu jenem Zeitpunkt für den betreffenden Bestand verfügbaren oberen Spanne von FMSY festgelegt werden, sofern der in Artikel 1 Absatz 1 genannte Bestand oberhalb MSY Btrigger liegt,

a)

wenn dies aufgrund wissenschaftlicher Gutachten oder Erkenntnisse erforderlich ist, um die Ziele in Artikel 3 bei gemischten Fischereien zu erreichen;

b)

wenn dies aufgrund wissenschaftlicher Gutachten oder Erkenntnisse erforderlich ist, um ernsthaften Schaden von einem Bestand abzuwenden, der durch Wechselwirkungen innerhalb des Bestands oder zwischen den Beständen hervorgerufen wird, oder

c)

um die Schwankungen bei den Fangmöglichkeiten zwischen aufeinanderfolgenden Jahren auf höchstens 20 % zu beschränken.

(6)   Die Fangmöglichkeiten werden auf jeden Fall so festgelegt, dass gewährleistet ist, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Biomasse des Laicherbestands unter Blim sinkt, weniger als 5 % beträgt.

Artikel 5

Bewirtschaftung von Beifängen

(1)   Für die in Artikel 1 Absatz 4 genannten Bestände werden Bewirtschaftungsmaßnahmen einschließlich gegebenenfalls Fangmöglichkeiten unter Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten und im Einklang mit den Zielen gemäß Artikel 3 festgelegt.

(2)   Diese Bestände werden nach dem Vorsorgeansatz im Fischereimanagement gemäß der Begriffsbestimmung in Artikel 4 Absatz 1 Nummer 8 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 bewirtschaftet, wenn keine angemessenen wissenschaftlichen Daten vorliegen.

(3)   Gemäß Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 wird bei der Bewirtschaftung gemischter Fischereien in Bezug auf Bestände, die in Artikel 1 Absatz 4 der vorliegenden Verordnung genannt werden, der Schwierigkeit Rechnung getragen, alle Bestände gleichzeitig auf MSY-Niveau zu befischen, vor allem in Situationen, in denen dies zu einer frühzeitigen Sperrung der Fischerei führt.

KAPITEL IV

SICHERHEITSMECHANISMEN

Artikel 6

Referenzpunkte für die Bestandserhaltung

Die folgenden Referenzpunkte für die Bestandserhaltung zur Sicherung der vollen Reproduktionskapazität der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Bestände werden auf der Grundlage des Plans beim ICES angefordert:

a)

MSY Btrigger für die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Bestände;

b)

Blim für die in Artikel 1 Absatz 1 genannten Bestände.

Artikel 7

Sicherheitsmechanismen

(1)   Geht aus wissenschaftlichen Gutachten hervor, dass die Biomasse des Laicherbestands — und in Bezug auf den Bestand von Kaisergranat die Abundanz — eines der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Bestände in einem bestimmten Jahr unter MSY Btrigger liegen, so werden alle angemessenen Abhilfemaßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass der betreffende Bestand oder die betreffende Funktionseinheit schnell wieder Werte oberhalb des Niveaus erreicht, das den MSY ermöglicht. Abweichend von Artikel 4 Absätze 3 und 5 werden die Fangmöglichkeiten insbesondere auf einem Niveau festgelegt, das unter Berücksichtigung des Rückgangs der Biomasse einer fischereilichen Sterblichkeit entspricht, die auf Werte unterhalb der oberen Spanne von FMSY gesenkt wird.

(2)   Geht aus wissenschaftlichen Gutachten hervor, dass die Biomasse des Laicherbestands — und in Bezug auf den Bestand von Kaisergranat die Abundanz — eines der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Bestände unter Blim liegen, so werden weitere Abhilfemaßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass der betreffende Bestand oder die betreffende Funktionseinheit schnell wieder Werte oberhalb des Niveaus erreicht, das den MSY ermöglicht. Abweichend von Artikel 4 Absätze 3 und 5 können derartige Abhilfemaßnahmen insbesondere die Aussetzung der gezielten Befischung des betreffenden Bestands oder der betreffenden Funktionseinheit sowie eine angemessene Verringerung der Fangmöglichkeiten umfassen.

(3)   Die in diesem Artikel genannten Abhilfemaßnahmen können Folgendes umfassen:

a)

Sofortmaßnahmen gemäß den Artikeln 12 und 13 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013;

b)

Maßnahmen gemäß den Artikeln 8 und 9 der vorliegenden Verordnung.

(4)   Die Auswahl der in diesem Artikel genannten Maßnahmen erfolgt unter Berücksichtigung der Art, Schwere, Dauer und Wiederholung der Situation, in der die Biomasse des Laicherbestands — und in Bezug auf den Bestand von Kaisergranat die Abundanz -unterhalb der Werte gemäß Artikel 6 liegen.

Artikel 8

Besondere Erhaltungsmaßnahmen

Geht aus wissenschaftlichen Gutachten hervor, dass Abhilfemaßnahmen zur Erhaltung eines der in Artikel 1 Absatz 4 dieser Verordnung genannten Grundfischbestände erforderlich sind, oder liegt in einem bestimmten Jahr die Biomasse des Laicherbestands — und in Bezug auf den Bestand von Kaisergranat die Abundanz — eines der unter Artikel 1 Absatz 1 fallenden Bestände unter MSY Btrigger, ist die Kommission befugt, gemäß Artikel 16 der vorliegenden Verordnung und Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 delegierte Rechtsakte zu erlassen. Derartige delegierte Rechtsakte können diese Verordnung durch Festlegung von Bestimmungen ergänzen, die Folgendes betreffen:

a)

Merkmale von Fanggeräten, insbesondere Maschenöffnung, Hakengröße, Konstruktion der Fanggeräte, Garnstärke, Größe der Fanggeräte oder Einsatz von Selektionsvorrichtungen zur Gewährleistung oder Verbesserung der Selektivität;

b)

Einsatz von Fanggeräten, insbesondere Stellzeiten und Einsatztiefe von Fanggeräten, zur Gewährleistung oder Verbesserung der Selektivität;

c)

Verbot oder Beschränkung der Fangtätigkeiten in bestimmten Gebieten zum Schutz von laichenden Fischen und Jungfischen, von Fischen unterhalb der Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung oder von Nichtzielarten;

d)

Verbot oder Beschränkung der Fangtätigkeiten oder des Einsatzes bestimmter Fanggeräte zu bestimmten Zeiten zum Schutz von laichenden Fischen, von Fischen unterhalb der Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung oder von Nichtzielarten;

e)

Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung zum Schutz von jungen Meerestieren;

f)

sonstige Merkmale im Zusammenhang mit der Selektivität.

KAPITEL V

TECHNISCHE MAẞNAHMEN

Artikel 9

Technische Maßnahmen

(1)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 16 der vorliegenden Verordnung und Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um diese Verordnung im Hinblick auf die folgenden technischen Maßnahmen zu ergänzen:

a)

Spezifikationen zu Merkmalen von Fanggeräten und Vorschriften über ihren Einsatz, um die Selektivität sicherzustellen oder zu verbessern, unerwünschte Fänge zu verringern oder die negativen Auswirkungen auf das Ökosystem zu minimieren;

b)

Spezifikationen zu Änderungen oder zusätzlichen Vorrichtungen an den Fanggeräten, um die Selektivität sicherzustellen oder zu verbessern, unerwünschte Fänge zu verringern oder die negativen Auswirkungen auf das Ökosystem zu minimieren;

c)

Beschränkungen oder Verbote des Einsatzes bestimmter Fanggeräte und von Fangtätigkeiten in bestimmten Gebieten oder zu bestimmten Zeiten, um Laichfische, Fische unterhalb der Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung und Nichtzielarten zu schützen oder um die negativen Auswirkungen auf das Ökosystem zu minimieren; und

d)

Festlegung von Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung für alle Bestände im Geltungsbereich dieser Verordnung, um den Schutz von jungen Meerestieren zu gewährleisten.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Maßnahmen tragen dazu bei, die Ziele gemäß Artikel 3 zu erreichen.

KAPITEL VI

FANGMÖGLICHKEITEN

Artikel 10

Fangmöglichkeiten

(1)   Bei der Zuteilung der ihnen im Einklang mit Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 zugewiesenen Fangmöglichkeiten berücksichtigen die Mitgliedstaaten die voraussichtliche Zusammensetzung der Fänge der an gemischten Fischereien beteiligten Schiffe.

(2)   Gemäß Artikel 16 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 können die Mitgliedstaaten nach Notifizierung der Kommission alle oder einen Teil der ihnen zugeteilten Fangmöglichkeiten tauschen.

(3)   Unbeschadet des Artikels 7 dieser Verordnung kann die zulässige Gesamtfangmenge (TAC) für den Kaisergranatbestand in den ICES-Gebieten 2a und 4 die Summe der zulässigen Fangmengen in den Funktionseinheiten und in den statistischen Rechtecken außerhalb der Funktionseinheiten sein.

(4)   Geht aus wissenschaftlichen Gutachten hervor, dass die Freizeitfischerei erhebliche Auswirkungen auf die fischereiliche Sterblichkeit eines bestimmten Bestands hat, berücksichtigt der Rat sie und kann bei der Festlegung der Fangmöglichkeiten die Freizeitfischerei beschränken, um zu verhindern, dass der Gesamtzielwert für die fischereiliche Sterblichkeit überschritten wird.

KAPITEL VII

BESTIMMUNGEN IM ZUSAMMENHANG MIT DER PFLICHT ZUR ANLANDUNG

Artikel 11

Bestimmungen im Zusammenhang mit der Pflicht zur Anlandung in den Unionsgewässern der Nordsee

In Bezug auf alle Bestände der Arten in der Nordsee, für die eine Pflicht zur Anlandung gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 gilt, ist die Kommission befugt, gemäß Artikel 16 der vorliegenden Verordnung und Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die vorliegende Verordnung durch eine Präzisierung dieser Pflicht gemäß Artikel 15 Absatz 5 Buchstaben a bis e der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 zu ergänzen.

KAPITEL VIII

ZUGANG ZU GEWÄSSERN UND RESSOURCEN

Artikel 12

Fangerlaubnisse und Kapazitätsobergrenzen

(1)   Für jedes der in Artikel 1 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung genannten ICES-Gebiete stellt jeder Mitgliedstaat gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 Fangerlaubnisse für die Fischereifahrzeuge unter seiner Flagge aus, die in diesem Gebiet Fischfang betreiben. In diesen Fangerlaubnissen können die Mitgliedstaaten auch die in kW ausgedrückte Gesamtkapazität der Schiffe begrenzen, die ein bestimmtes Fanggerät einsetzen.

(2)   Für Kabeljau im östlichen Ärmelkanal (ICES-Division 7d) darf die in kW ausgedrückte Gesamtkapazität der Schiffe, die über gemäß Absatz 1 dieses Artikels ausgestellte Fangerlaubnisse verfügen, unbeschadet der Kapazitätsobergrenzen gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 die maximale Kapazität der Schiffe, die 2006 oder 2007 mit einem der nachstehenden Fanggeräte in dem betreffenden ICES-Gebiet Fischfang betrieben haben, nicht überschreiten:

a)

Grundschleppnetze und Wadennetze (OTB, OTT, PTB, SDN, SSC, SPR) mit einer Maschenöffnung von

i)

100 mm oder mehr,

ii)

70 mm oder mehr, aber weniger als 100 mm,

iii)

16 mm oder mehr, aber weniger als 32 mm;

b)

Baumkurren (TBB) mit einer Maschenöffnung von

i)

120 mm oder mehr,

ii)

80 mm oder mehr, aber weniger als 120 mm;

c)

Kiemennetze, verwickelnde Netze (GN);

d)

Spiegelnetze (GT);

e)

Langleinen (LL).

(3)   Jeder Mitgliedstaat erstellt und führt ein Verzeichnis der Schiffe, die im Besitz der Fangerlaubnis gemäß Absatz 1 sind, und macht es der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten auf seiner offiziellen Website zugänglich.

KAPITEL IX

BEWIRTSCHAFTUNG VON BESTÄNDEN VON GEMEINSAMEM INTERESSE

Artikel 13

Grundsätze und Ziele der Bewirtschaftung von Beständen von gemeinsamem Interesse von Union und Drittländern

(1)   Werden Bestände von gemeinsamem Interesse auch von Drittländern genutzt, so tritt die Union mit diesen Drittländern in Kontakt, um sicherzustellen, dass die betreffenden Bestände im Einklang mit den Zielen der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013, insbesondere mit Artikel 2 Absatz 2 der genannten Verordnung, sowie im Einklang mit der vorliegenden Verordnung nachhaltig bewirtschaftet werden. Wird keine formelle Einigung erzielt, so bemüht sich die Union in jeder Weise darum, gemeinsame Vereinbarungen für die Befischung dieser Bestände zu erzielen, damit die nachhaltige Bewirtschaftung ermöglicht wird und dadurch gleiche Ausgangsbedingungen für die Betreiber in der Union gefördert werden.

(2)   Im Rahmen der gemeinsamen Bewirtschaftung von Beständen mit Drittländern kann die Union gemäß Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 Fangmöglichkeiten mit Drittländern tauschen.

KAPITEL X

REGIONALISIERUNG

Artikel 14

Regionale Zusammenarbeit

(1)   Für die Maßnahmen gemäß den Artikeln 8, 9 und 11 der vorliegenden Verordnung gilt Artikel 18 Absätze 1 bis 6 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013.

(2)   Für die Zwecke von Absatz 1 des vorliegenden Artikels können Mitgliedstaaten mit einem direkten Bewirtschaftungsinteresse gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 erstmalig spätestens am 6. August 2019 und danach jeweils zwölf Monate nach Vorlage der Bewertung des Plans gemäß Artikel 15 der vorliegenden Verordnung gemeinsame Empfehlungen vorlegen. Sie können diese Empfehlungen auch vorlegen, wenn sie dies für erforderlich halten, insbesondere im Fall einer plötzlichen Änderung der Lage der Bestände, auf die die vorliegende Verordnung Anwendung findet. Gemeinsame Empfehlungen in Bezug auf Maßnahmen, die ein bestimmtes Kalenderjahr betreffen, sind spätestens am 1. Juli des vorangegangenen Jahres vorzulegen.

(3)   Die der Kommission gemäß den Artikeln 8, 9 und 11 der vorliegenden Verordnung übertragenen Befugnisse berühren nicht die der Kommission gemäß anderen Bestimmungen des Unionsrechts, einschließlich der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013, übertragenen Befugnisse.

KAPITEL XI

FOLGEMAẞNAHMEN

Artikel 15

Bewertung des Plans

Bis zum 6. August 2023 und danach alle fünf Jahre erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht über die Ergebnisse und die Auswirkungen des Plans auf die Bestände, auf die diese Verordnung Anwendung findet, und auf die Fischereien, die diese Bestände befischen, insbesondere in Bezug auf die Verwirklichung der Ziele gemäß Artikel 3.

KAPITEL XII

VERFAHRENSBESTIMMUNGEN

Artikel 16

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 1 Absatz 1 und den Artikeln 8, 9 und 11 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 5. August 2018 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 1 Absatz 1 und den Artikeln 8, 9 und 11 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 1 Absatz 1 und den Artikeln 8, 9 und 11 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

KAPITEL XIII

UNTERSTÜTZUNG DURCH DEN EUROPÄISCHEN MEERES- UND FISCHEREIFONDS

Artikel 17

Unterstützung durch den Europäischen Meeres- und Fischereifonds

Maßnahmen zur vorübergehenden Einstellung der Fischereitätigkeit, die zur Erreichung der Ziele des Plans erlassen wurden, gelten als eine vorübergehende Einstellung der Fangtätigkeit im Sinne von Artikel 33 Absatz 1 Buchstaben a und c der Verordnung (EU) Nr. 508/2014.

KAPITEL XIV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 18

Aufhebungen

(1)   Die Verordnungen (EG) Nr. 676/2007 und (EG) Nr. 1342/2008 werden aufgehoben.

(2)   Bezugnahmen auf die aufgehobenen Verordnungen gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung.

Artikel 19

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 4. Juli 2018.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

K. EDTSTADLER


(1)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 109.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 29. Mai 2018 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 18. Juni 2018 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22).

(4)  Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19).

(5)  Verordnung (EG) Nr. 676/2007 des Rates vom 11. Juni 2007 zur Einführung eines Mehrjahresplans für die Fischereien auf Scholle und Seezunge in der Nordsee (ABl. L 157 vom 19.6.2007, S. 1).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 1342/2008 des Rates vom 18. Dezember 2008 zur Festlegung eines langfristigen Plans für die Kabeljaubestände und die Fischereien, die diese Bestände befischen, sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2004 (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 20).

(7)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(8)  Verordnung (EU) Nr. 508/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2328/2003, (EG) Nr. 861/2006, (EG) Nr. 1198/2006 und (EG) Nr. 791/2007 des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 1255/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149 vom 20.5.2014, S. 1).

(9)  Verordnung (EG) Nr. 850/98 des Rates vom 30. März 1998 zur Erhaltung der Fischereiressourcen durch technische Maßnahmen zum Schutz von jungen Meerestieren (ABl. L 125 vom 27.4.1998, S. 1).

(10)  Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 des Rates vom 20. November 2009 zur Einführung einer Kontrollregelung der Union zur Sicherstellung der Einhaltung der Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 847/96, (EG) Nr. 2371/2002, (EG) Nr. 811/2004, (EG) Nr. 768/2005, (EG) Nr. 2115/2005, (EG) Nr. 2166/2005, (EG) Nr. 388/2006, (EG) Nr. 509/2007, (EG) Nr. 676/2007, (EG) Nr. 1098/2007, (EG) Nr. 1300/2008, (EG) Nr. 1342/2008 sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 2847/93, (EG) Nr. 1627/94 und (EG) Nr. 1966/2006 (ABl. L 343 vom 22.12.2009, S. 1).


Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates zu verbotenen Arten

Die Verordnung, die auf der Grundlage des Vorschlags der Kommission zu den technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen (2016/0074(COD)) erlassen werden soll, sollte unter anderem Vorschriften über die Arten enthalten, die nicht befischt werden dürfen. Daher haben die beiden Organe entschieden, keine Liste in Bezug auf die Nordsee in die vorliegende Verordnung aufzunehmen (2016/0238(COD)).


Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Kontrolle

Das Europäische Parlament und der Rat werden die folgenden Kontrollbestimmungen in die bevorstehende Überarbeitung der Kontrollverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1224/2009) aufnehmen, sofern diese auf die Nordsee zutreffen: Anmeldungen, Logbuchanforderungen, bezeichnete Häfen und andere Kontrollbestimmungen.