29.10.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 270/3


BESCHLUSS (EU) 2018/1616 DER KOMMISSION

vom 18. Mai 2018

über die Maßnahme SA.12594 (C13a/2003) (ex NN/2002), die Frankreich zugunsten von Orange (France Télécom) durchgeführt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2018) 2882)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

1.1.   Das Verwaltungsverfahren

(1)

Die Kommission setzte Frankreich mit Schreiben vom 31. Januar 2003 von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen der Finanzmaßnahmen der französischen Behörden zugunsten von France Télécom (im Folgenden „FT“) das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (2) einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“).

(2)

Der Einleitungsbeschluss wurde Frankreich am 31. Januar 2003 mitgeteilt. Nach der Korrektur inhaltlicher Fehler wurde Frankreich am 7. März 2003 eine Berichtigung zugestellt.

(3)

Frankreich übermittelte der Kommission mit Schreiben vom 4. April 2003, 15. Mai 2003 und 29. Januar 2004 zusätzliche Informationen.

(4)

Der Einleitungsbeschluss der Kommission wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (3). Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu den betreffenden Beihilfemaßnahmen Stellung zu nehmen.

(5)

Die Kommission leitete die daraufhin bei ihr eingegangenen Stellungnahmen am 16. Mai 2003 an Frankreich weiter. Die diesbezüglichen Stellungnahmen Frankreichs gingen mit den Schreiben vom 30. Juni 2003 und 29. Juli 2003 bei der Kommission ein.

(6)

Am 30. Mai 2003 veröffentlichte die Kommission eine Ausschreibung mit dem Titel „Unterstützung bei der Bewertung der Übereinstimmung der Finanzhilfe, die der französische Staat France Télécom eingeräumt hat, mit dem Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden privaten Investors und bei der ökonomischen Analyse des Turnaround-Plans von France Télécom“ (4). Am 24. September 2003 wurde der Dienstleistungsauftrag an das Beratungsunternehmen NERA (im Folgenden „NERA“ oder „Beratungsunternehmen“) vergeben.

(7)

Die Kommission übersandte den französischen Behörden das NERA-Gutachten vom 28. April 2004 (im Folgenden das „NERA-Gutachten“), das sich in einen rechtlichen und einen wirtschaftlichen Teil gliedert. Am 9. und 21. Juni 2004 legten die französischen Behörden ihre Stellungnahme zum NERA-Gutachten vor.

(8)

Am 3. August 2004 gab die Kommission den französischen Behörden ihre Entscheidung vom 2. August 2004 bekannt, wonach der Aktionärsvorschuss, den Frankreich France Télécom im Dezember 2002 in Form einer Kreditlinie von 9 Mrd. EUR gewährt hatte, eine staatliche Beihilfe darstellte, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar war (5).

1.2.   Die Gerichtsverfahren nach der Entscheidung vom 2. August 2004

(9)

Die französische Republik, FT und die Bouygues-Unternehmen erhoben beim Gericht jeweils Klage auf Nichtigerklärung der Kommissionsentscheidung. Mit dem Urteil vom 21. Mai 2010 (6) erklärte das Gericht die Entscheidung der Kommission für nichtig. Nach Auffassung des Gerichts hatte die Kommission nicht nachgewiesen, dass die Ankündigung vom 4. Dezember 2002 eine Übertragung staatlicher Mittel beinhaltete.

(10)

Die Kommission und die Bouygues-Unternehmen legten gegen das Urteil vom 21. Mai 2010 Berufung ein. Mit dem Urteil vom 19. März 2013 (7) (im Folgenden das „Bouygues-Urteil“) erklärte der Gerichtshof das Urteil vom 21. Mai 2010 für nichtig und verwies die Rechtssachen T-425/04, T-444/04 und T-450/04 zurück an das Gericht zur Entscheidung über die geltend gemachten Klagegründe und die bei ihm gestellten Klageanträge, über die der Gerichtshof nicht entschieden hatte.

(11)

In dieser Hinsicht stellte der Gerichtshof fest, dass die Kommission in der streitigen Entscheidung nicht zum Argument der Bouygues-Unternehmen in ihrer Beschwerde vom 22. Januar 2003 Stellung genommen hatte, wonach die seit Juli 2002 abgegebenen Erklärungen als solche staatliche Beihilfen darstellten.

(12)

Da staatliche Eingriffe in unterschiedlichen Formen vorlägen und nach ihrer Wirkung zu untersuchen seien, könne nach Auffassung des Gerichtshofs nicht ausgeschlossen werden, dass mehrere aufeinanderfolgende Maßnahmen des Staates für die Zwecke der Anwendung des Artikels 107 Absatz 1 AEUV als eine einzige Maßnahme anzusehen seien.

(13)

Für den Gerichtshof folgte daraus, dass dem Gericht mit der Ansicht, es müsse eine Verringerung eines Postens des Staatshaushalts oder eines hinreichend konkreten, diesen Haushalt belastenden wirtschaftlichen Risikos festgestellt werden, das eng mit einem spezifischen Vorteil verknüpft ist, der sich entweder aus der Ankündigung vom 4. Dezember 2002 oder dem Angebot eines Aktionärsvorschusses vom 20. Dezember 2002 ergibt, und ihm entspricht oder diesem gegenübersteht, ein Rechtsfehler unterlaufen sei, indem es ein Kriterium angewandt habe, das von vornherein ausschließe, dass diese staatlichen Maßnahmen nach Maßgabe ihrer Verknüpfung miteinander und ihrer Wirkungen als eine einzige Maßnahme betrachtet werden könnten. Demgegenüber hatte die Kommission diese beiden Maßnahmen in ihrer Entscheidung zu Recht gemeinsam geprüft, da erstere ganz offensichtlich von der zweiten nicht getrennt werden konnte.

(14)

Im Urteil vom 2. Juli 2015 stellte das Gericht fest, dass die Entscheidung der Kommission bei der Anwendung des Kriteriums des umsichtigen privaten Kapitalgebers (8) mit Rechtsfehlern und offensichtlichen Ermessensfehlern behaftet war. Daher erklärte es die Kommissionsentscheidung für nichtig.

(15)

Die Kommission legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Diese Berufung wurde vom Gerichtshof mit dem Urteil vom 30. November 2016 (9) abgewiesen.

(16)

Daher muss die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV, das sie am 31. Januar 2003 eingeleitet hat, durch einen neuen Beschluss abschließen.

2.   BESCHREIBUNG DES SACHVERHALTS

(17)

FT, Netzbetreiber und Anbieter von Telekommunikationsnetzen und -diensten, wurde 1991 als öffentliches Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit gegründet und bestand seit dem 31. Dezember 1996 in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Seit Oktober 1997 wurde FT an der Börse notiert. Im Laufe des Jahres 2002 war der französische Staat mit 56,45 % am Kapital von FT beteiligt, die restlichen Anteile entfielen auf Privatanleger (32,25 %), Eigenbesitz (8,26 %) und Belegschaftsaktien (3,04 %). Am 1. Juli 2013 firmierte FT in Orange um.

(18)

Eine ausführliche Beschreibung der finanziellen Lage von FT findet sich unter den Erwägungsgründen 16-61 der aufgehobenen Entscheidung vom 2. August 2004.

2.1.   Die finanzielle Lage von FT in der ersten Jahreshälfte 2002 und die Ereignisse in diesem Zeitraum

(19)

Die Analyse des staatlichen Verhaltens anhand der beihilferechtlichen Vorschriften muss auf der Grundlage der Daten und Informationen erfolgen, die zum Zeitpunkt des jeweiligen staatlichen Eingriffs vorlagen. Da sich die hier zu behandelnde Angelegenheit auf Ereignisse aus dem Jahre 2002 bezieht, bedarf es einer chronologischen Darstellung der verfügbaren Daten und Informationen ab Veröffentlichung der Konzernergebnisse zum Geschäftsjahr 2001.

(20)

FT war ab Juni 2002 als ein von schwerwiegenden strukturellen Problemen gekennzeichnetes Unternehmen mit unausgeglichener Bilanz anzusehen. Der Abschluss für 2001 zeigte einen weiteren Anstieg des operativen Ergebnisses und einen soliden Cashflow.

(21)

Am 21. März 2002 musste FT nicht nur eine größere Bilanzbereinigung durch Rückstellungen und Veräußerungen in Höhe von 27,2 Mrd. EUR, sondern auch eine starke Zunahme des freien Cashflows in Höhe von 14 Mrd. EUR für den Zeitraum 2002-2005 bekannt geben.

2.1.1.   Das Rating von FT

(22)

Im ersten Halbjahr 2002 verschlechterte sich die Lage von FT zusehends, sodass die Kreditwürdigkeit des Unternehmens wiederholt herabgesetzt wurde. So gab die Ratingagentur Moody's am 27. März 2002 eine Herabstufung von FT bei den langfristigen Verbindlichkeiten bekannt. Standard & Poor's („S&P“) beließ das Rating von FT am 28. März 2002 auf dem gleichen Stand, setzte jedoch den Ausblick nach den Meldungen über Mobilcom auf negativ (10).

(23)

Angesichts der Zweifel, ob das Unternehmen seine Schuldenabbaustrategie erfolgreich bewältigen könne, kündigte Moody's am 13. Mai 2002 eine mögliche Herabstufung des Ratings für die kurzfristigen Verbindlichkeiten von FT an. Standard & Poor's ließ das Rating von FT am 14. Mai 2002 unverändert.

(24)

Am 24. Juni 2002 senkte Moody's das Rating von FT. Den Ausblick für das Unternehmensrating beließ es auf negativ. Ausschlaggebend für die damalige Entscheidung von Moody's war, dass die Ratingagentur nicht erwartete, dass FT in der Lage ist, ausreichend Cashflow für den Abbau der konsolidierten Schuldenlast des Konzerns zu erzeugen. Wie die Ratingagentur betonte, musste FT rund 15 Mrd. EUR 2003 fällig werdende Verbindlichkeiten bedienen.

(25)

Am 25. Juni 2002 stufte Standard & Poor's das Rating für die kurz- und die langfristigen Verbindlichkeiten von FT herunter und begründete diese Entscheidung mit den Schwierigkeiten bei Mobilcom und der Unfähigkeit von FT, seine Schulden schnell genug und in ausreichendem Umfang abzubauen. Daneben verwies S&P auf die im Laufe des Jahres 2003 fällig werdenden Verbindlichkeiten von 15 Mrd. EUR.

(26)

Am 12. Juli 2002 meldete Standard & Poor's sogar, dass FT Probleme mit der Refinanzierung der 2003 fälligen Verbindlichkeiten haben könnte.

(27)

In der Tabelle sind die verschiedenen Positionen von S&P, Moody's und Fitch in Bezug auf das Rating von FT zusammengestellt:

Ereignisse in Verbindung mit den Kreditratings

 

S&P

Moody's

Fitch

Kurzfristig

Langfristig

Kurzfristig

Langfristig

Kurzfristig

Langfristig

Stand Mai 2002

A2

BBB+

P2

Baa1

F2

BBB+

24. Juni 2002

 

 

P3

Baa3

 

 

25. Juni 2002

A3

BBB

 

 

 

 

5. Juli 2002

 

 

 

 

F3

BBB-

12. Juli 2002

 

BBB-

 

 

 

 

Quelle: NERA.

2.1.2.   Der Börsenkurs der FT-Aktie

(28)

Parallel dazu sank der Kurs der FT-Aktie im ersten Halbjahr 2002 erheblich und erreichte seinen Tiefststand in einer ersten Phase am 27. Juni 2002 (7,79 EUR) und in einer zweiten Phase am 30. September 2002 (6,01 EUR).

2.2.   Die Ereignisse im Juli 2002

(29)

In einem Interview, das am 12. Juli 2002 in Les Echos erschien, erklärte und bestätigte der französische Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie (im Folgenden der „Wirtschafts- und Finanzminister“) mehrmals, dass der Staat, falls FT in Finanzschwierigkeiten geraten sollte, die erforderlichen Maßnahmen zu deren Überwindung ergreifen würde. In dem veröffentlichten Text heißt es im Einzelnen:

„Sie sprechen die Auswüchse der Märkte an. Der Börsenkurs von France Télécom ist sehr großen Schwankungen unterworfen. Sie sind Mehrheitsaktionär dieses Unternehmens. Haben Sie ein Statement abzugeben?

Wir sind mit 55 % Kapitalanteil Mehrheitsaktionär. Es geht sicherlich nicht darum, das Unternehmen „wieder zu verstaatlichen“, wie hier und da zu hören war. Ich fühle mich für die Vermögensinteressen des Staats verantwortlich. Der Staat in seiner Eigenschaft als Aktionär wird sich als umsichtiger Kapitalgeber verhalten, und wenn France Télécom in Schwierigkeiten geraten sollte, würden wir die geeigneten Maßnahmen ergreifen.

Hat sich der Staat marktwirtschaftlich klug verhalten, indem er es zuließ, dass sich France Télécom z. B. durch sein Engagement in Deutschland verschuldete?

Es steht mir nicht zu, meine Vorgänger zu kritisieren. Ich möchte anmerken, dass die gesamte Branche gleichzeitig dieselbe Strategie verfolgt hat. Allerdings hat der ideologisch begründete Wille, die Kapitalmehrheit zu behalten, France Télécom den Einstieg ins internationale Geschäft nicht leicht gemacht, da es seine Firmenzukäufe nicht in Aktien bezahlen konnte. Dies ist auch der Grund für die Verschuldung. Ich wiederhole: Sollte France Télécom Finanzierungsprobleme haben, was bislang nicht der Fall ist, so würde der Staat alles Notwendige für ihre Überwindung veranlassen.

Sie leisten hier wieder dem Gerücht einer Kapitalerhöhung Vorschub …

Nein, bestimmt nicht! Ich bekräftige lediglich, dass wir zu gegebener Zeit die geeigneten Maßnahmen ergreifen werden. Soweit dies notwendig ist …“  (11).

(30)

Noch am selben Tag stufte S&P FT auf BBB- herunter. Trotz dieser Herabstufung verblieb FT weiterhin in der Kategorie „Investment Grade“; mit jeder weiteren Herabstufung wären die Verbindlichkeiten des Unternehmens jedoch bis in die Kategorie spekulativer Schuldverschreibungen („Junk Bonds“) abgerutscht, d. h., sie wären nicht mehr als sichere Anlageform eingestuft gewesen.

(31)

In der S&P-Pressemitteilung vom 12. Juli 2002 heißt es: Für die Entscheidung, FT weiterhin als „Investment Grade“ einzustufen, waren die Absichtserklärungen ausschlaggebend, die der Staat in Bezug auf das Unternehmen abgegeben hat: „FT could face certain difficulties refinancing its debt obligations coming due in 2003. Nevertheless, the State's indication underpins France Télécom's investment-grade credit quality.“ (FT könnte gewisse Schwierigkeiten bei der Refinanzierung seiner 2003 fällig werdenden Anleihen haben. Die Hinweise des Staates stützen jedoch die Bewertung der Kreditqualität von FT als sichere Anlage). Diese Zusicherung hatte die französische Regierung zum einen direkt gegenüber S&P abgegeben: „The French State — which owns 55 % of France Télécom — has clearly indicated to Standard & Poor's that it will behave as an aware investor and would take appropriate steps if France Télécom were to face any difficulties. France Télécom LT rating cut to BBB-“ (Der französische Staat, der 55 % an France Télécom hält, hat Standard & Poor's gegenüber deutlich erklärt, er werde sich wie ein umsichtiger Kapitalgeber verhalten und die geeigneten Maßnahmen ergreifen, falls FT in Schwierigkeiten geraten sollte. Langfristiges Rating von France Télécom auf BBB- gesenkt) (12); und zum anderen öffentlich in dem Interview, das in Erwägungsgrund 29 angeführt wird.

(32)

Angesichts der oben dargestellten Sachlage scheint unstrittig, dass sich FT im Juli 2002 in einer Vertrauenskrise befand. Ratingagenturen und Analysten waren überzeugt, dass FT womöglich nicht in der Lage sein werde, den anstehenden Zahlungsverpflichtungen mit dem von der Konzernleitung vorgelegten Refinanzierungsplan nachzukommen. FT hatte also ein akutes Finanzierungsproblem im Zusammenhang mit seinen Schulden zu bewältigen. Trotzdem hatten die Ratingagenturen unter Berücksichtigung der Statements des Staates die Bewertung „Investment Grade“ für das Unternehmen beibehalten. Bei der Herabstufung auf ein noch niedrigeres Niveau hätte sich diese Krise verschärft und dem Unternehmen kaum noch Möglichkeiten zur Krisenbewältigung gelassen.

2.3.   Die ab dem 13. September 2002 veröffentlichten Daten und die Ereignisse in diesem Zeitraum

2.3.1.   Am 13. September 2002 veröffentlichte Daten

(33)

Im September 2002 zeigte der Halbjahresabschluss von FT steigende Zahlen im ersten Halbjahr 2002 gegenüber dem Vorjahr: + 10 % beim Umsatz, + 13,2 % beim EBITDA und + 17,3 % beim operativen Ergebnis. Auch ein anhaltendes Wachstum im Bereich Mobiltelefonie und eine verbesserte Performance im Internet-Geschäft waren festzustellen. Dafür ging aber das operative Ergebnis im Festnetzsegment in Frankreich, auf das 31 % des Umsatzes im selben Zeitraum entfielen, um 12,2 % zurück. Das Ergebnis nach Abzug des Zinsaufwands (1,75 Mrd. EUR), aber vor Steuern, Eigenkapital- und Minderheitsanteilen belief sich, abgesehen von Sonderposten, auf 718 Mio. EUR gegenüber 271 Mio. EUR zum 30. Juni 2001. Der verfügbare Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit war mit 3,6 Mrd. EUR um 15 % höher als im ersten Halbjahr 2001.

(34)

Den oben dargestellten positiven operativen Ergebnissen stand die unausgeglichene Finanzlage gegenüber, die von FT bestätigt wurde. Für das Minus in Höhe von 12,2 Mrd. EUR zum 30. Juni 2002 waren in erster Linie die hohen Investitionsrückstellungen verantwortlich. Dieser derart hohe Halbjahresverlust führte dazu, dass das konsolidierte Eigenkapital von FT zum 30. Juni 2002 mit 440 Mio. EUR ins Minus geriet.

(35)

Bei der Analyse des Cashflows zum 30. Juni 2002 zeigte sich, dass die Nettoverschuldung im ersten Halbjahr 2002 um 6,3 Mrd. EUR angestiegen war, da die Ausgaben für folgende Posten nicht durch das EBITDA von 6,87 Mrd. EUR gedeckt waren:

Schuldzinsen (3,099 Mrd. EUR),

Investitionen (3,82 Mrd. EUR),

Rückkauf von FT-Aktien von Vodafone (4,973 Mrd. EUR),

Rückkauf von Orange-Aktien von E.On (950 Mio. EUR) und

Steuerzahlungen (608 Mio. EUR).

(36)

Von der Nettoverschuldung von 69,69 Mrd. EUR zum 30. Juni 2002 entfiel der Hauptteil auf Anleihen (50,6 Mrd. EUR).

(37)

Für diese Verbindlichkeiten waren kurze Restlaufzeiten kennzeichnend, da 2003 12,9 Mrd. EUR zur Fälligkeit anstanden. Im ersten Halbjahr 2004 wurden 11,9 Mrd. EUR, im zweiten Halbjahr 2004 insgesamt 5,4 Mrd. EUR und im Jahr 2005 schließlich insgesamt 18,6 Mrd. EUR fällig.

(38)

Aus dem Blickwinkel von September 2002 gesehen, musste FT im Zeitraum 2003–2005 also fällige Außenstände von insgesamt 48,9 Mrd. EUR bedienen.

2.3.2.   Die Ereignisse im September und Oktober 2002

(39)

Am 12. September 2002 gaben die französischen Behörden bekannt, dass sie dem Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden von FT zugestimmt hätten.

(40)

Am 13. September bekräftigte die Regierung in einem Pressekommuniqué ihre Unterstützung für FT und wies ausdrücklich auf ihre Entscheidung hin, sich an einer künftigen Eigenkapitalaufstockung bei FT zu beteiligen: „… Nach den außerordentlichen Verlustfeststellungen im ersten Halbjahr sieht sich France Télécom mit einer schwerwiegenden Eigenkapitalunterdeckung konfrontiert. … Die Regierung ist daher entschlossen, ihrer Verantwortung in vollem Umfang gerecht zu werden … Der neue Firmenchef wird dem Verwaltungsrat einen Plan zur Sanierung der Finanzen vorschlagen, der einen Schuldenabbau und die Wiederherstellung seiner Finanzstruktur unter Beibehaltung seiner strategischen Stärken ermöglicht. Der Staat wird France Télécom bei der Umsetzung dieses Plans unterstützen und seinen Teil zu einer sehr substanziellen Aufstockung des Eigenkapitals des Unternehmens nach einem Zeitplan und auf eine Weise beitragen, die abhängig von den Marktbedingungen noch zu klären sind. Bis dahin wird der Staat — bei Bedarf — die Maßnahmen ergreifen, die das Unternehmen vor Finanzproblemen bewahren“ (13).

(41)

Noch am selben Tag setzte Moody's den Ausblick für die Verbindlichkeiten von FT von negativ wieder auf stabil, da die zugesagte Unterstützung für FT bestätigt worden war (14).

(42)

Am 2. Oktober 2002 bekräftigte die Regierung in einem Pressekommuniqué ihre Zusagen: „Der neue Vorstandsvorsitzende wird unverzüglich eine Bestandsaufnahme im Unternehmen in die Wege leiten, deren Ergebnisse er dem Verwaltungsrat … mitteilen wird und auf deren Grundlage ein Plan zur Sanierung der Finanzen und zur strategischen Entwicklung erarbeitet werden wird, der einen Schuldenabbau im Unternehmen bei gleichzeitigem Ausbau seiner Stärken ermöglicht. Dafür wird Thierry Breton die Unterstützung des Staats als Anteilseigner erhalten, der entschlossen ist, seiner Verantwortung in vollem Umfang gerecht zu werden. Der Staat wird bei der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen behilflich sein und seinerseits zur Aufstockung des Eigenkapitals des Unternehmens beitragen, deren Modalitäten in engem Einvernehmen mit dem Vorstandsvorsitzenden und dem Verwaltungsrat festgelegt werden. Wie bereits angedeutet, wird der Staat in der Zwischenzeit, soweit erforderlich, die Maßnahmen ergreifen, um das Unternehmen vor Finanzproblemen zu bewahren“ (15).

(43)

Nach Bekanntgabe der Berufung des neuen Konzernchefs zog der Kurs der FT-Aktie am 2. Oktober 2002 (um mehr als 10,4 % in der Woche vom 2. Oktober) wieder an.

2.4.   Die Ereignisse im Dezember 2002 und Januar 2003 und der Plan „Ambition FT 2005“

(44)

Am 4. Dezember 2002 legte die neue Konzernleitung von FT einen Aktionsplan „Ambition FT 2005“ (16) (im Folgenden der „Plan Ambition 2005“) vor, der darauf ausgerichtet war, die operative Performance des Unternehmens spürbar zu verbessern und zufriedenstellende Rentabilitätsaussichten für die angelegten Eigenmittel zu sichern. Mittelfristig lautete das Ziel, den Finanzierungsbedarf von FT zu decken, eine Netto-Entschuldung zu erreichen und das Eigenkapital wieder aufzustocken.

(45)

Der Aktionsplan beruhte auf folgenden Komponenten: i) dem Plan „Total Operational Performance“ (im Folgenden der „TOP-Plan“), durch den FT aus eigener Kraft 15 Mrd. EUR zusätzlichen Cashflow erwirtschaften sollte; ii) den Aktionären, die aufgefordert wurden, sich mit 15 Mrd. EUR an einer Eigenkapitalverstärkung zu beteiligen; und iii) den Renten- und Bankenmärkten, die einen gleich hohen Betrag von 15 Mrd. EUR aufbringen sollten.

(46)

Hinsichtlich der Eigenmittel umfasste der TOP-Plan interne Einsparmaßnahmen zur Verbesserung der operativen Performance des Unternehmens und zur Steigerung des freien Cashflows für den Schuldenabbau in Höhe von 15 Mrd. EUR bis 2005, die durch die Veräußerung von Vermögenswerten ergänzt wurden. Der TOP-Plan bildete den Eckpfeiler des Gesamtplans für die Sanierung von FT und musste den Willen des Unternehmens erkennen lassen, dass es in erheblichem Umfang und zeitnah die notwendigen Anstrengungen unternehmen würde, um bis Ende 2005 wieder zu einem für die Branche normalen Schuldenstand zurückzukehren. Die Steigerung des Cashflows in drei Jahren sollte laut TOP-Plan über eine Verringerung und eine Optimierung der Investitionen (40 %-45 % der Einsparungen), eine Senkung der Betriebskosten (35 %-40 % der Einsparungen) und eine Optimierung des Bedarfs an Umlaufvermögen (20 %-25 % der Einsparungen) erreicht werden

(47)

Laut TOP-Plan waren erhebliche betriebswirtschaftliche und strukturelle Einschnitte im Unternehmen vorgesehen, insbesondere im Hinblick auf Betriebsausgaben, Arbeitsplätze und Investitionen. Bei Umsatz, EBITDA und operativem Cashflow im Zeitraum 2003-2005 ging er fest von einem jährlichen Wachstum aus.

(48)

Der Vermögenswertveräußerungsplan knüpfte an die bereits laufenden Veräußerungen bei FT an, um die Geschäftsfelder des Konzerns im Laufe des Jahres 2001 neu zu ordnen. Damit wurde ein größtmöglicher Schuldenabbau angestrebt, ohne die Fähigkeit des Unternehmens zu beeinträchtigen, mehr freien Cashflow zu erzeugen. Die Erreichung dieses Ziels setzte eine Strategie zur Neuausrichtung des Unternehmens auf seine Kernkompetenzen voraus, ohne den Auftrag von FT als universeller Telekommunikationsanbieter für alle Telekommunikationsdienste zu gefährden.

(49)

Die Verstärkung des Eigenkapitals von FT sollte dagegen über eine umfangreiche Kapitalerhöhung bewerkstelligt werden. Die Beteiligung des Staats und der übrigen privaten Anteilseigner würde im Verhältnis zu dem von ihnen gehaltenen Kapitalanteil erfolgen und sich jeweils auf 9 Mrd. EUR bzw. 6 Mrd. EUR belaufen.

(50)

Zu diesem Zweck bildeten der Staat und FT ein Bankenkonsortium, das sich verpflichtete, zu gegebener Zeit für die erfolgreiche Abwicklung des Teils der Kapitalerhöhung zu bürgen, der für die privaten Kapitalgeber bestimmt war. Auch die Investitionsentscheidung des Staats und die Zusage der Banken war an die marktweite Ankündigung eines für glaubwürdig gehaltenen Plans zur Absicherung der betriebswirtschaftlichen Maßnahmen und der strategischen Richtungsvorgaben geknüpft, die den Markt überzeugen sollten; das Gleiche galt für die Cashflow-Prognosen, die zufriedenstellende Aussichten auf freien Cashflow erkennen ließen.

(51)

Der Staat und die privaten Kapitalgeber, die sich an der Aufstockung des Eigenkapitals auf der Grundlage des TOP-Plans beteiligen würden, könnten eine Verzinsung von 16,7 % (2004) bis 21,5 % (2005) für die angelegten Gelder erwarten, wenn man das operative Ergebnis von FT von 11,1 Mrd. EUR für 2004 bzw. von 13,9 Mrd. EUR für 2005 zugrunde lege.

(52)

Den französischen Behörden zufolge sei eine sofortige Aufstockung des Eigenkapitals nicht möglich gewesen, hauptsächlich aufgrund der allgemeinen Lage an den Finanzmärkten insbesondere bei Telekom-Werten, aber auch aufgrund der technischen Fristen für die Durchführung einer derartigen Maßnahme, wie durch die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung und den jährlichen Rechnungsabschluss, ohne die eine derartige Maßnahme nicht möglich sei.

(53)

Wie die französischen Behörden weiter betonten, sei es nicht nur für FT, sondern auch für dessen Aktionäre wünschenswert, eine derartige Maßnahme erst dann anzusetzen, wenn der Markt die Chancen der angestrebten operativen Verbesserungen voll erfasst oder gar die ersten Ergebnisse oder greifbare Anzeichen dafür hätte sehen können.

(54)

Unter diesen Voraussetzungen und um FT bei der Durchführung der Maßnahme am Markt größtmögliche Handlungsfreiheit zu lassen, hätten sich die französischen Behörden als Mehrheitseigner bereit erklärt, für ihre Beteiligung an der Eigenkapitalaufstockung in Vorleistung zu treten und in diesem Sinne dafür zu sorgen, dass FT ein befristeter Aktionärsvorschuss in Form einer Kreditlinie zur Verfügung gestellt würde; in welchem Umfang FT dann bei Bedarf hieraus Gelder abrufen würde, müsste zum Zeitpunkt der Ausgabe von neuem Eigenkapital abschließend geklärt werden. Maximal hätten 9 Mrd. EUR als Vorschuss für FT bereitgestellt werden können, was dem Beteiligungsumfang des Staates an der künftigen Verstärkung des Eigenkapitals entspreche. Die Umwandlung dieses Vorschusses in Anteilsscheine müsste sofort bei Durchführung der Eigenkapitalaufstockung erfolgen.

(55)

Laut Aktionsplan durfte der Vorschuss gegebenenfalls nur in dem Umfang abgerufen werden, wie das Unternehmen Geld für seinen Liquiditätsplan brauchte. Der Vorschuss werde zudem nach geltenden Marktkonditionen verzinst, und die Zinsen würden thesauriert. Wie damit deutlich werde, wären die Gewährung und die Bereitstellung des Aktionärsvorschusses als solche nicht verzinst worden, sondern erst beim Abruf von Geldern wäre ein Zinssatz in Höhe des damaligen Euribor zzgl. einer Marge angefallen, die unter Zugrundelegung des Spreads-Durchschnitts — wie er in den vier Haupt-Anleihenlinien von FT bezogen auf den entsprechenden Swap-Satz ermittelt werde — festgelegt werden würde, zzgl. 1 % Aufschlag. Außerdem sei unabhängig von dem Zeitpunkt, an dem entsprechende Gelder abgerufen würden, ein prozentualer Strafaufschlag auf die für die Geldabrufe geltenden Margen von Rechts wegen vorgesehen gewesen: 0,35 % ab dem 6. Monat nach dem ersten Abruf und 0,7 % ab dem 12. Monat nach dem ersten Abruf. Die französischen Behörden betonten in diesem Zusammenhang, dass für die Ausgabe der Anleihen im Dezember günstigere Konditionen für FT galten, als der Staat dies in seiner Eigenschaft als Hauptaktionär für die Geldbeschaffung über einen möglichen Vorschuss zugestanden hatte. So habe die EUR-Tranche der Anleiheemission, wie die französischen Behörden klarstellten, bei vergleichbaren Bedingungen (variabel verzinslicher Swap) einem Zinssatz von Euribor + 290 Bp entsprochen, das seien ca. 100 Bp weniger als für den Aktionärsvorschuss, obwohl die Anleihe im Vergleich zur Fälligkeit des Vorschusses eine weitaus längere Laufzeit hatte.

(56)

Für die Abwicklung des Aktionärsvorschusses planten die französischen Behörden die Einschaltung einer Zweckgesellschaft, der ERAP („Entreprise de Recherches et d'Activités Pétrolières“), einem staatlichen Industrie- und Handelsbetrieb, dessen Aufgabe darin bestehen sollte, die staatliche Beteiligung bei FT zu verwalten; darin spiegele sich der Wille des Staats wider, den zugestandenen Vermögensaufwand durch Ausgliederung in einer eigens dafür geschaffenen Struktur klar nachvollziehbar zu machen.

(57)

Laut Darstellung der französischen Behörden würde sich ERAP zunächst beim Staat verschulden und dann direkt an den Rentenmärkten Geld aufnehmen, um die Eigenkapitalaufstockung zu zeichnen.

(58)

Zur Vorstellung des Plans Ambition 2005 gab der Wirtschafts- und Finanzminister am 5. Dezember 2002 ein Pressekommuniqué heraus; darin bekräftigte die Regierung ihre Unterstützung für den fraglichen Plan, ihre Zusage, sich an der Aufstockung des Eigenkapitals zu beteiligen, und die Bereitstellung eines Aktionärsvorschusses in Form einer Kreditlinie über 9 Mrd. EUR. Im Folgenden sind die maßgeblichen Abschnitte dieses Pressekommuniqués wiedergegeben: „Der Wirtschafts-, Finanz- und Industrieminister Francis Mer bekräftigt die Unterstützung des Staates für den Aktionsplan, den der Verwaltungsrat von France Télécom am 4. Dezember gebilligt hat. 1) Der France Télécom-Konzern bildet eine zusammenhängende wirtschaftliche Einheit mit bemerkenswerten Leistungen. Dennoch sieht sich das Unternehmen heute einer unausgeglichenen Finanzstruktur gegenüber und muss mittelfristig einen Bedarf an Eigenkapital und Refinanzierung bewältigen. Verantwortlich dafür sind Fehlinvestitionen in der Vergangenheit, die auf dem Höhepunkt der „Finanzblase“ und im weiteren Sinne bei Eintritt der Marktwende getätigt wurden. Da es für France Télécom nicht anders möglich ist, seine weitere Entwicklung als über die Kreditaufnahme zu finanzieren, hat sich die Lage weiter verschärft. 2) Als Mehrheitsaktionär hat der Staat die neue Konzernleitung aufgefordert, wieder für ausgeglichene Finanzen im Unternehmen zu sorgen, ohne den Konzern als Einheit zu zerschlagen … 3) Aufbauend auf dem von der Konzernleitung erarbeiteten Aktionsplan und angesichts der zu erwartenden Rendite wird sich der Staat an der Eigenkapitalaufstockung von 15 Mrd. EUR in dem Umfang beteiligen, wie dies seinem Kapitalanteil entspricht, d. h. mit 9 Mrd. EUR. Damit bringt der Staat als Anteilseigner zum Ausdruck, dass er nach dem Grundsatz des umsichtigen Kapitalgebers handelt. Es liegt nun bei France Télécom, die Modalitäten und den genauen Zeitplan für die Aufstockung seines Eigenkapitals festzulegen. … Um dem Unternehmen die Möglichkeit zu geben, zum günstigsten Zeitpunkt Kapital am Markt aufzunehmen, ist der Staat bereit, seine Beteiligung an der Eigenkapitalaufstockung durch einen befristeten Aktionärsvorschuss vorwegzunehmen, den er France Télécom zu marktüblichen Konditionen zur Verfügung stellen wird. 4) Die gesamte Beteiligung des Staates an France Télécom wird in ERAP, einen öffentlichen Industrie- und Handelsbetrieb, eingebracht, der dann für die staatliche Beteiligung an der Eigenkapitalaufstockung des Unternehmens Kredite an den Finanzmärkten aufnehmen wird.“

(59)

Mit Bekanntgabe des TOP-Plans und des neuen Geschäftsvorstands am 5. Dezember 2002 stieg der FT-Aktienkurs weiter auf breiter Front, was zu einer Kurssteigerung von über 25 % in zwei Tagen führte.

(60)

Einige Tage nach Vorlage des Plans Ambition 2005 legte FT nacheinander — am 11. Dezember und am 12. Dezember 2002 — zwei Anleiheemissionen im Gesamtwert von 2,9 Mrd. EUR auf. Die erste Anleihe hatte ein Gesamtvolumen von 2,5 Mrd. EUR mit 7-jähriger Laufzeit und einem festen Zinssatz von 7 %, d. h. Euribor + 290 Bp. Die zweite Anleihe wurde in Pfund Sterling (GBP) platziert und hatte ein Volumen von 250 Mio. GBP mit einer Laufzeit von 15 Jahren und einem festen Zinssatz von 8 %, d. h. LIBOR + 330 Bp. Am 15. Januar 2003 folgten weitere Emissionen im Gesamtvolumen von 5,5 Mrd. EUR. Am 10. Februar 2003 wurde der fällige Teil des 15-Mrd.-EUR-Konsortialkredits (ca. 5 Mrd. EUR) für 3 Jahre zum Zinssatz Euribor + 125 Bp verlängert.

(61)

Am 17. Dezember 2002 teilte S&P mit, dass für die weitere Einstufung von FT als „Investment Grade“ seit Juli 2002 die Unterstützung durch die Regierung ausschlaggebend gewesen sei (17), und ihre Ankündigung des Aktionärsvorschusses und die Zusage, entsprechend ihrem Beteiligungsumfang eine Rekapitalisierung über 15 Mrd. EUR zu zeichnen, diese Unterstützung bestätigt hätten (18).

(62)

Am 20. Dezember schickten die französischen Behörden den Vorschussvertrag von ERAP paraphiert und abgezeichnet an FT. FT hat diesen Vertrag nie unterschrieben.

(63)

FT schloss das Geschäftsjahr 2002 mit einem Verlust von rund 21 Mrd. EUR und Netto-Finanzverbindlichkeiten von knapp 68 Mrd. EUR ab.

(64)

Am 4. März 2003 startete die laut Plan Ambition 2005 vorgesehene Eigenkapitalaufstockung um 15 Mrd. EUR. Die Maßnahme lief bis zum 11. April und war ein großer Erfolg.

(65)

Die Kapitalerhöhung konnte den strukturellen Finanzierungsbedarf von FT weitgehend decken. Nach dieser Maßnahme begann sich das Rating von FT zu verbessern; am 14. Mai 2003 hob S&P seine Bewertung auf BBB mit Ausblick stabil an (Bewertung für kurzfristige Schulden von A-3 auf A-2), und Fitch stufte FT am 8. August 2003 von BBB- auf BBB hoch.

3.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(66)

Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von Cable & Wireless, Cégétel, AFORS Télécom, LDCOM, Tiscali, WorldCom France, Bouygues SA und Bouygues Télécom (im Folgenden „BT“), und Telecom Italia ein. Mehrere Beteiligte (A, B und C) blieben auf eigenen Wunsch anonym.

3.1.   Stellungnahme von Telecom Italia und WorldCom

(67)

Telecom Italia und WorldCom betonen, dass jede Beihilfemaßnahme zugunsten von FT geeignet ist, den Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten, insbesondere auf dem französischen Markt, zu beeinträchtigen. Daher sei es von wesentlicher Bedeutung, dass die von den französischen Behörden ergriffenen Maßnahmen von Gegenleistungen begleitet würden, mit denen ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb abgemildert würden.

3.2.   Stellungnahmen von A, B und C

(68)

A, B und C zufolge stellen die fraglichen Maßnahmen eine staatliche Beihilfe dar. C macht geltend, dass gemäß den Leitlinien für Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (19) (im Folgenden die „Leitlinien“) bei der Vergabe öffentlicher Mittel an ein Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten die Vermutung naheliege, dass Elemente einer Beihilfe gegeben seien. Wie A, B und C erläutern, seien die Ankündigung einer Kreditlinie in Höhe von 9 Mrd. EUR und die Bedingungen ihrer Bereitstellung durch den französischen Staat zugunsten von FT sowie die Beteiligung des französischen Staats an der Rekapitalisierung von FT beihilferechtlich relevant. Mit den Bereitstellungsmodalitäten der Kreditlinie werde gegen den Grundsatz des umsichtigen Kapitalgebers verstoßen, vor allem aufgrund des angebotenen Zinssatzes und der Höhe der Bereitstellungsprovision. B und C betonen auch, dass der Grundsatz der Gleichzeitigkeit insofern nicht gewahrt worden sei, als die französischen Behörden bereits vor Bekanntgabe des Plans Ambition 2005 und vor der verbindlichen Zusicherung der Kapitalgeber die Kreditlinie gewährt und ihre eigene Mitwirkung an der Kapitalaufstockung angekündigt hätten.

3.3.   Stellungnahme von Bouygues und Bouygues Télécom (BT)

(69)

BT macht geltend, dass die staatliche Unterstützung den Eckpfeiler des Rekapitalisierungsplans von FT bilde und die Sanierung des Unternehmens erst ermöglicht habe. Nur der französische Staat — so BT — habe das Vertrauen der Märkte wiederherstellen und eine positive Entwicklung herbeiführen können, die es FT ermöglichte, seinen kurzfristigen Verpflichtungen nachzukommen und eine umfassende Rekapitalisierung unter günstigen wirtschaftlichen Bedingungen einzuleiten. Die Erklärungen des Wirtschafts- und Finanzministers im Zeitraum vom 12. Juli bis zum 4. Dezember 2002 begründeten eine staatliche Garantie unter Bindung staatlicher Gelder, genauso wie der Aktionärsvorschuss und die Eigenkapitalaufstockung aus staatlichen Mitteln bestritten würden. Diese Maßnahmen bildeten staatliche Beihilfen. Sie würden France Télécom Vorteile verschaffen, die es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte, und gegen den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers verstoßen.

(70)

Zu den Erklärungen des Wirtschafts- und Finanzministers meint BT, die wiederholt bekräftigte Unterstützung des Staates, die in verschiedenen Verlautbarungen zwischen dem 12. Juli 2002 und dem 4. Dezember 2002 zum Ausdruck gebracht und durch eine Reihe von Maßnahmen ergänzt worden sei, unter anderem durch die Bereitstellung einer Kreditlinie von 9 Mrd. EUR und die unwiderrufliche Zusage des Staates, sich entsprechend seinem Unternehmensanteil an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen, stelle eine verbindliche Selbstverpflichtung des Staates dar, um eine etwaige Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens in Bezug auf seine finanziellen Verpflichtungen mit allen Mitteln abzuwenden. BT betont hierzu, dass diese Selbstverpflichtung eine echte staatliche Garantie mit rechtlicher Wirkung darstelle, durch die staatliche Mittel gebunden würden.

(71)

BT hat für seine Stellungnahme einen Sachverständigen hinzugezogen (20), dem zufolge gemäß ständiger Rechtsprechung des französischen Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Verpflichtung durch eine französische Verwaltungsbehörde nicht nach ihrer Form, sondern anhand ihrer wesentlichen Merkmale zu beurteilen sei. Der Sachverständige von BT merkt an, dass diese Rechtsprechung ausdrücklich in dem speziellen Fall der Erklärungen Anwendung finde: Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts begründeten die Zusagen, auch wenn sie nicht von einem bestimmten Rechtsakt begleitet seien, Verpflichtungen, da sie als Willensäußerung der Verwaltungsbehörde anzusehen seien. Für eine Verpflichtung des Staates reiche es nämlich aus, dass die Verwaltung durch ihr Verhalten Anlass zu der Überzeugung gebe, sie werde auf eine bestimmte Weise handeln. Die Erklärungen des Wirtschafts- und Finanzministers erfüllten alle erforderlichen Voraussetzungen, um als Verpflichtung des Staates gelten zu können. Da sie verbindlich, bestimmt und vorbehaltlos formuliert seien, seien sie als Verpflichtungen des Staates gegenüber FT, dessen Gläubigern oder dessen Belegschaft zu sehen.

(72)

In Bezug auf den Aktionärsvorschuss und die Verstärkung des Eigenkapitals vertritt BT die Ansicht, dass einerseits mit Bereitstellung einer Kreditlinie von 9 Mrd. EUR für FT und andererseits mit der unwiderruflichen Zusicherung des Staats, sich in Höhe seines Beteiligungsumfangs bei FT an einer künftigen Kapitalerhöhung mit anschließender Rekapitalisierung zu beteiligen, eine staatliche Garantie zustande komme und aus staatlichen Mitteln aufgebracht werde. Infolgedessen würden die fraglichen Maßnahmen aus Staatsgeldern finanziert, auch wenn die Kreditlinie letzten Endes nicht in Anspruch genommen wurde.

(73)

Zum Kriterium der Begünstigung macht BT geltend, dass die Garantiezusage zeitlich erst nach der Herabstufung von FT durch die Ratingagenturen wirksam geworden sei, um nämlich das Vertrauen des Markts wiederherzustellen. Die Garantie habe dazu geführt, dass sich FT erneut Kapital an den Finanzmärkten beschaffen konnte.

(74)

BT hält die Stützungsmaßnahmen nicht mit dem Grundsatz des umsichtigen privaten Kapitalgebers für vereinbar. BT macht erneut deutlich, dass die Erklärungen des Staates eine verbindliche und bedingungslose rechtliche Verpflichtung darstellten, die ein Kapitalgeber niemals ohne den geringsten Vorbehalt eingegangen wäre. Es handle sich um eine unbegrenzte Garantie zugunsten eines hoch verschuldeten und auf kurze Sicht anfälligen Unternehmens.

(75)

Nach Auffassung von BT hätte sich ein privater Kapitalgeber — angesichts der anhaltenden Krise der Weltwirtschaft und insbesondere der im Umbruch befindlichen Telekommunikationsbranche und angesichts der bedeutenden Summe, um die es ging — nie ohne entsprechende Auflagen auf eine Kapitalerhöhung dieser Größenordnung eingelassen, und nur ein Staat mit einer Bonität wie Frankreich hätte eine solche Unsicherheit auf sich nehmen können. Wie BT klarstellte, hätte sich die Finanzierung der Eigenkapitalverstärkung, die zu 100 % durch Kreditaufnahme ganz ohne Eigenmittel erfolgte, negativ auf das Rating jedes privaten Kapitalgebers bei einer derartigem Vorgehen ausgewirkt, während ein Staat nur von den Wählern abgestraft werden könne, die nicht dieselben Ziele verfolgten. Kreditgeber und Aktionäre des privaten Investors hätten verlangt, dass die fragliche Investition durch einen Geschäftsplan mit genau festgelegten Verpflichtungen, wie den Verkauf von Vermögenswerten, abgesichert würde. BT kommt zu dem Schluss, dass ein umsichtiger Kapitalgeber mit vergleichbarer Finanzkraft wie der französische Staat, der eine solche Garantie abgeben würde, bestimmt nicht sehr vertrauenserweckend auf die Märkte gewirkt hätte und das Vertrauen eindeutig erst mit Einstufung der staatlichen Verpflichtungen als „Staatsschuld“ wiederhergestellt worden sei.

(76)

Nach Auffassung von BT ist der Grundsatz der Gleichzeitigkeit nicht gewahrt worden. Bei der Ankündigung der Regierung, sich an der Kapitalerhöhung zu beteiligen, sei eine Beteiligung privater Kapitalgeber in größerem Umfang noch nicht gesichert gewesen, sogar wenn man den Zeitpunkt der Investitionsentscheidung erst später, d. h. auf den 5. Dezember, ansetze. Wenn Investoren erst nach der Entscheidung der Behörden, eine Beihilfe zu gewähren, zur Mitwirkung bereit sind, ist die Tatsache, dass diese privaten Kapitalgeber damit zeitgleich zu einer Unterstützung bereit sind, nicht mehr relevant. Eine solche Intervention tritt als Folge der Unterstützung durch den Staat ein, und nicht als Ergebnis einer Entscheidung eines privaten Investors. So dürfe die Tatsache, dass sich ein Bankenkonsortium verpflichtet habe, für den Erfolg der Transaktion zu bürgen, im vorliegenden Fall nicht zu dem Schluss verleiten, dass der Grundsatz der Gleichzeitigkeit gewahrt wurde. Die Investitionsentscheidung der französischen Behörden habe bereits bedingungslos festgestanden, als die privaten Kapitalgeber noch unschlüssig waren, und die privaten Kapitalgeber hätten ihren Beitrag erst geleistet, nachdem sie mehrfach die glaubhafte Zusicherung erhalten hatten, dass sich der Staat auch an der Maßnahme beteiligen werde und nicht zuletzt alle Maßnahmen ergreifen würde, um mögliche Finanzprobleme von FT abzuwenden.

3.4.   Stellungnahme von Cable & Wireless

(77)

Nach Einschätzung von Cable & Wireless stellen die fraglichen Maßnahmen eine staatliche Beihilfe dar. Das Vertrauen des Markts nach Ankündigung der Gewährung eines Aktionärsvorschusses durch die französischen Behörden sei ausreichend gewesen, um FT einen Vorteil zu verschaffen. Da sich ein umsichtiger privater Kapitalgeber nicht auf die Rekapitalisierung eines Unternehmens wie FT eingelassen hätte, das vor Verabschiedung des Plans Ambition 2005 klar unwirtschaftlich arbeitete, habe FT einen Vorteil erhalten, den es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.

3.5.   Stellungnahme von AFORS Télécom

(78)

Nach Auffassung des Verbands AFORS Télécom („Association française des Opérateurs de Réseaux et Services de Télécommunications“) stellen die fraglichen Maßnahmen eine staatliche Beihilfe dar. Durch eine Reihe aufeinanderfolgender Entscheidungen im Jahr 2002 bis hin zur Eröffnung einer Kreditlinie von 9 Mrd. EUR für FT hätten die französischen Behörden das Vertrauen der Investoren wiederhergestellt, indem sie ihre Unterstützung konkretisierten. AFORS Télécom macht ferner geltend, dass hinter der von ERAP bereitgestellten Kreditlinie, auch unter der Annahme, dass sie nie von FT in Anspruch genommen würde, die Zusicherung einer staatlichen Unterstützung stehe, die im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV aus staatlichen Mitteln aufgebracht werde.

(79)

Die Bedingungen für die Gewährung der Kreditlinie und die Verzinsung entsprächen nicht dem Grundsatz des umsichtigen privaten Kapitalgebers. AFORS Télécom macht geltend, dass die zunehmende finanzielle Schieflage von FT seit 2000 bei einem umsichtigen Kapitalgeber nicht hätte eintreten können. Die staatliche Unterstützung habe ein weiteres Abrutschen der Bewertung von FT durch die Ratingagenturen verhindert; so habe FT schneller an den Markt zurückkehren und sich dort zu finanziell nicht so belastenden Bedingungen frisches Geld für die Refinanzierung seiner Verbindlichkeiten beschaffen können. Erst die Glaubwürdigkeit des französischen Staates habe die Voraussetzungen für eine Rückkehr von FT an die Finanzmärkte geschaffen.

3.6.   Stellungnahme von Cégétel

(80)

Nach Auffassung von Cégétel liegen zwei unterschiedliche Beihilfemaßnahmen vor: zum einen die Ankündigung der französischen Behörden, FT einen Aktionärsvorschuss zu gewähren, und zum anderen die Beteiligung des Staates an der Rekapitalisierung von FT.

(81)

In Bezug auf die erste Maßnahme stellt Cégétel fest, dass die Lage eines Unternehmens mit einem privaten Großaktionär nicht mit der eines Unternehmens mit einem staatlichen Mehrheitsteilhaber vergleichbar sei. Cégétel führt aus, dass eine ähnliche Ankündigung durch einen privaten Anteilseigner von den Ratingagenturen mit der größten Vorsicht aufgenommen worden wäre. Für Cégétel folgt daraus, dass allein der Rückhalt durch den Staat FT einen erheblichen Vorteil gegenüber den Investoren verschafft und eine weitere Herabstufung von FT durch die Ratingagenturen verhindert habe, obwohl sich der Betreiber von vornherein in einer ausweglosen Lage befand. Noch vor Abschluss einer Vergabevereinbarung für eine Kreditlinie über 9 Mrd. EUR — so Cégétel — habe der französische Staat FT eine Beihilfe gewährt, denn bereits mit Bekanntgabe der Unterstützung sei diese Notfinanzierung überflüssig geworden. So hätten die Kreditgeber die Gewissheit gehabt, dass FT nie in die Zahlungsunfähigkeit rutschen würde, da ihm der Staat stets bereitwillig die erforderlichen Mittel gewähren würde, damit das Unternehmen seinen Verpflichtungen nachkommen könne; so sei es FT möglich gewesen, direkt am Markt Kapital aufzunehmen. FT habe demnach Vorteile nutzen können, die es unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte. Durch die Inanspruchnahme des Rentenmarkts sei der Konzern zur Bewältigung seiner Liquiditätskrise nicht mehr ausschließlich auf die Hilfe von Finanzinstituten angewiesen gewesen, und habe so alle Zwänge in Verbindung mit dieser Finanzierungsform umgehen können. Nach Auffassung von Cégétel entsprächen die Bedingungen für die Vergabe der Kreditlinie durch die französischen Behörden nicht den Konditionen, von denen ein umsichtiger privater Kapitalgeber mit einem derartigen Beteiligungsumfang ausgehen würde.

3.7.   Stellungnahme von LDCOM (21)

(82)

Für LDCOM ist ein zweifacher Beihilfemechanismus zugunsten von FT erkennbar, der auf einer Förderung der Mitarbeitermobilität, der Stellung einer unbegrenzten Sicherheit und der Gewährung einer Kreditlinie über 9 Mrd. EUR aufbaut.

(83)

Hinsichtlich der Stellung einer unbegrenzten Sicherheit geht LDCOM inhaltlich von den Erklärungen der französischen Behörden ab Juli 2002 aus, die darauf ausgelegt waren, die Finanzmärkte über die Lage bei FT zu beruhigen. Diese Erklärungen hätten zu einer verbesserten Bewertung von FT an den Märkten unmittelbar beigetragen und FT in die Lage versetzt, den Liquiditätsengpass, dem es sich gegenübersah, zu überwinden. Laut französischem Recht könne eine mündliche Erklärung — so LDCOM — unter gewissen Voraussetzungen eine rechtlich verbindliche Rechtshandlung darstellen, aus der ihr Empfänger Ansprüche ableiten könne.

(84)

Für LDCOM bildet die Ankündigung der Bereitstellung einer Kreditlinie in Höhe von 9 Mrd. EUR eine staatliche Beihilfe; für die Unterstützung des Staats könne man sich — weder vom Umfang her noch durch die Vergabemodalitäten oder auch den Zweck — nicht auf das Kriterium des umsichtigen Kapitalgebers berufen. So hätte ein umsichtig handelnder Kapitalgeber im September 2002 (als der Staat seine finanzielle Unterstützung für FT ankündigte) in einem derartigen wirtschaftlichen Umfeld niemals 9 Mrd. EUR vorgestreckt, ohne dass ein Umstrukturierungsplan vorlag.

(85)

Im Übrigen halte — so LDCOM — der Standpunkt des Staats, ein umsichtiger Mehrheitseigner hätte den Bestand von FT als betriebliche Einheit nicht infrage gestellt, einer Analyse des Verhaltens eines derartigen Kapitalgebers unter realen Marktbedingungen, wie sie im Juni — Juli 2002 bestanden, nicht stand. So würden Investoren, die einen extrem hohen Teil ihres Vermögens in einem ausfallgefährdeten Unternehmen angelegt hätten, als Erste eine sofortige, tief greifende Umstellung der Unternehmensstrategie fordern, die gegebenenfalls massive Verkäufe strategisch wichtiger Vermögenswerte nach sich ziehen könne.

(86)

LDCOM betonte ferner, dass der Staat seine Erklärungen nicht zurücknehmen könne, ohne seiner eigenen Kreditwürdigkeit zu schaden. Wenn der Staat in das Marktgeschehen eingreife, tue er dies als Kreditnehmer und Mehrheitsaktionär einer Reihe von Unternehmen. Aus dieser Doppelrolle ergebe sich, dass er von den Ratingagenturen einmal in seiner Eigenschaft als Kreditnehmer und einmal — über das Rating der öffentlichen Unternehmen — in seiner Eigenschaft als Anteilseigner bewertet werde. Diese doppelte Interventionsmöglichkeit setze besondere Wachsamkeit voraus, denn jedes festgestellte Versagen in einer dieser beiden Funktionen könne sich auf die jeweils andere Funktion und die Bewertung des Staats auswirken. Für LDCOM sei auch unübersehbar, dass sich die Kreditwürdigkeit des Staats grundlegend von derjenigen anderer Unternehmen unterscheide, die sich in einer vergleichbaren Lage befänden, den Markt aber nicht beruhigen könnten. Dass die Unterstützung des Staates nach dessen direkter Kontaktaufnahme mit den Ratingagenturen zum Tragen kam, mache die Glaubwürdigkeit der Unterstützung für FT durch den Staat umso deutlicher.

3.8.   Stellungnahme von Tiscalinet

(87)

Ergänzend zu den vorstehenden Stellungnahmen führt Tiscalinet aus, die ab 2. Juli 2002 abgegebenen Erklärungen hätten dem Markt signalisiert, dass eine Sanierung von FT im Rahmen eines gerichtlichen Konkursverfahrens ausgeschlossen sei. Auch mit der Entscheidung, sich seine Dividenden 2002 nicht in bar, sondern in Aktien ausschütten zu lassen, habe der Staat dem Markt gegenüber seine Unterstützung für FT signalisiert, während sich ein umsichtiger Kapitalgeber doch für eine Barauszahlung der Dividenden entschieden hätte.

(88)

Tiscalinet betont ferner, dass das ganze Paket gesetzgeberischer Maßnahmen zur Ausweitung des Unternehmenszwecks von ERAP, damit es als Anteilseigner von FT auf den Plan habe treten können (22), die Stellung einer staatlichen Garantie zugunsten von ERAP, um es ihm zu ermöglichen, in FT zu investieren (23), und schließlich der Wortlaut der Bedingungen der staatlichen Beteiligung am Grundkapital von FT die Einschätzung der Unwiderruflichkeit der Staatsgarantie untermauerten, auf die sich die Marktteilnehmer und nicht zuletzt die Rentenmärkte stützten, um den wiederholten Zeichnungsaufrufen von FT seit diesem Zeitpunkt Folge zu leisten. Damit werde erneut deutlich, dass sich der Staat „in letzter Instanz“ hinter FT gestellt habe, was ein umsichtiger Kapitalgeber nicht getan hätte.

3.9.   Stellungnahme von ECTA

(89)

Der europäische Dachverband ECTA („European Competitive Telecoms Association“) ist der Auffassung, dass die Erklärungen des Ministers im Juli und Oktober 2002, die Gewährung einer Kreditlinie über 9 Mrd. EUR sowie die Zusage des Staates, sich im Vorgriff an der bevorstehenden Kapitalerhöhung zu beteiligen, staatliche Beihilfen bilden. Mit der ihm gewährten Beihilfe habe FT seine Stellung als universeller Anbieter erhalten und seine Beteiligung an Orange aufstocken können. Nach Ansicht der ECTA hätte ein Unternehmen in der gleichen Lage wie FT ganz anders reagieren müssen, und zwar wie andere Anbieter und Wettbewerber von FT auf dem Markt für globale Telekommunikationsdienste wie British Telecom und KPN, die zum Schuldenabbau strategische Vermögenswerte abstoßen mussten.

3.10.   Stellungnahme von FT

(90)

FT hat als Stellungnahme drei Gutachten vorgelegt: i) das Gutachten von C.D. Ehlermann vom 12. Januar 2004„Gutachten z. Hd. France Télécom“, ii) das Gutachten von Y. Galmot vom 6. Januar 2004„Lässt die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften die Annahme zu, dass die ‚staatlichen Finanzmaßnahmen zugunsten von France Télécom‘, zu denen die Kommission das Verfahren gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet hat, eine ‚Übertragung staatlicher Mittel‘ an dieses Unternehmens bewirkt haben?“ und iii) das Gutachten von HSBC „Stellungnahme von HSBC vom 6. Januar 2004“.

(91)

Im ersten Gutachten wird das Verhalten der französischen Behörden im Hinblick auf die einschlägigen Vorschriften für staatliche Beihilfen im Allgemeinen und auf den Grundsatz des umsichtigen Kapitalgebers im Besonderen analysiert. Im Übrigen versucht das Gutachten aufzuzeigen, dass FT zu dem Zeitpunkt, als der Staat seine Beteiligung an der Rekapitalisierung beschloss und seine Bereitschaft zur Gewährung eines Aktionärsvorschusses bekannt gab, kein Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien war. Dem Gutachten zufolge ist es normal und üblich, dass der Mehrheitsaktionär einen Vorschuss im Vorgriff auf seine Beteiligung an einer Kapitalerhöhung gewährt.

(92)

Im zweiten Gutachten steht die Frage im Vordergrund, ob allein mit Ankündigung der Bereitstellung eines Aktionärsvorschusses in Form einer Kreditlinie als solche eine Bindung staatlicher Mittel zustande kommen könne. Demnach liege keine Übertragung staatlicher Mittel vor, weil die Kreditlinie letztendlich nicht eröffnet und die Sicherheit auch nicht gestellt wurde, da für sie eine Genehmigung durch ein Haushaltsgesetz erforderlich gewesen wäre. Eine Übertragung staatlicher Mittel sei auch deswegen nicht gegeben, weil nach französischem Recht die mündliche Erklärung einer staatlichen Behörde keine wie auch immer geartete Wirkung für die öffentlichen Finanzen nach sich ziehen und in auch noch so geringem Umfang nicht zur Übertragung staatlicher Mittel führen könne; im vorliegenden Fall handle es sich lediglich um Erklärungen eines Minister ohne jede negative Wirkung für die öffentlichen Finanzen.

(93)

Im dritten Gutachten geht es vorrangig um die Frage, ob das staatliche Verhalten zwischen dem 4. September 2002 (Bekanntgabe der Ergebnisse des ersten Halbjahres) und dem 15. April 2003 (Durchführung der Kapitalerhöhung) wirtschaftlich vernünftig war. Ausgehend von einer Analyse der Lage von FT im September 2002 unterscheidet das Gutachten genau zwischen der operativen Performance von FT (gesundes Geschäft mit Verbesserungsmöglichkeiten für den operativen Cashflow) einerseits und der Verschuldung des Wirtschaftsteilnehmers andererseits. In diesem Punkt schließt das Gutachten, dass der zeitliche Versatz zwischen der Entstehung des Konzern-Cashflows und den umfangreichen, kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten (2003-2005) ein Refinanzierungsproblem darstelle, für die Zahlungsfähigkeit aber nicht relevant sei.

(94)

HSBC beschreibt auch das Umfeld der kurzfristigen Liquiditätskrise, die durch eine Vertrauenskrise des Markts gegenüber dem Konzern verschärft wurde. In dieser Lage habe die Vernunft für dringliche Maßnahmen gesprochen, wie die Aufstellung eines Plans zur Verbesserung der operativen Ergebnisse, eine Kapitalerhöhung, eine Umschuldung und eine gezielte Politik zum Verkauf von Vermögenswerten. HSBC führt aus, dass der Plan Ambition 2005 im vorliegenden Fall ein in sich stimmiger, umfassender und vernünftiger Plan sei, der es insbesondere ermögliche, durch operative Verbesserungen und den Verkauf von Vermögenswerten, die nicht zum Kerngeschäft gehörten, einen Cashflow von 15 Mrd. EUR zu generieren. HSBC betont, dass sich zur Stützung eines Unternehmens, das einen betrieblichen Sanierungsplan aufstellt, naturgemäß eine Kapitalerhöhung als Lösung anbiete, um wieder für ausgeglichene Finanzen zu sorgen. Ebenso sei es üblich und vernünftig, dass ein Mehrheitsaktionär seine Unterstützung mündlich kundtue, sowie normale und gängige Praxis, dass Großaktionäre ihre Entscheidung vor den übrigen Anteilseignern bekannt gäben. Im vorliegenden Fall sei, wie HSBC auch hervorhebt, der Aktionärsvorschuss mit einem geringen Risiko verbunden und rentabel und — im Vorfeld einer Kapitalerhöhung — durchaus üblich gewesen, um die Vermögensinteressen des Mehrheitseigners zu schützen, solange es aus terminlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, noch im Dezember frisches Geld zuzuführen. HSBC stellt ferner klar, dass der Vorschuss zu Marktbedingungen gewährt werden sollte.

(95)

Das HSBC-Gutachten geht auch auf die Entwicklung des Börsenkurses der FT-Aktie ein und betont, dass der Kurs im Juli 2002 aufgrund der Verstaatlichungsgerüchte wieder angezogen habe, im September jedoch eingebrochen sei, weil der Markt zwar die Möglichkeit einer Kapitalerhöhung um 15 Mrd. EUR zur Kenntnis genommen habe, die Modalitäten dafür aber immer noch ungeklärt gewesen seien. Es wird ferner betont, dass die Finanzprognosen von FT eine überaus zufriedenstellende Rentabilität für den Staat erkennen ließen: Nach dem DCF-Verfahren („discounted cash flow“) war eine jährliche Rendite von 25 % für die Rekapitalisierung zu erwarten, während die durchschnittliche Rendite am Telekommunikationsmarkt 9,9 % betrug.

(96)

In Reaktion auf die Zusendung des NERA-Gutachtens stellt FT klar, dass die Voraussetzungen dafür, dass der Staat bei Nichteinhaltung seiner Zusage in Haftung genommen werde, im vorliegenden Fall nicht gegeben waren. Auf keinen Fall reiche eine Zusage, selbst wenn es sich um ein Zahlungsversprechen unter Angabe einer bestimmten Summe handele, für sich allein aus, um öffentliche Mittel zu binden, d. h., ohne Rechtsakt „Staatsgelder festzulegen“. Laut französischer Rechtsprechung sei — so FT abschließend zu diesem Punkt — nicht nachvollziehbar, dass im vorliegenden Fall nur aufgrund der bedingten Zusage für einen Aktionärsvorschuss eine „Übertragung staatlicher Mittel“ zustande gekommen sei.

(97)

FT zufolge habe der Staat FT auf dem Wege über ERAP keine Kreditlinie zur Verfügung gestellt. Erklärungen seien für den Staat rechtlich nicht bindend, weder gegenüber FT noch gegenüber Dritten. Ohne eine unter Wahrung der Zuständigkeitsregeln und des Haushaltsverfahrens zustande gekommene rechtsbegründende Handlung könne der Staat doch keine Verpflichtung eingehen.

(98)

FT betont insbesondere, vor welchem Hintergrund die Erklärungen abgegeben wurden, und stellt klar, dass sich nur so die tatsächliche Tragweite richtig ermessen lasse. So zeige eine Analyse der Erklärungen im Lichte der Ereignisse zwischen Ende Juni und Dezember 2002, dass die Erklärungen keine Zusage darstellen konnten; auch dass die vom Staat geplanten geeigneten Maßnahmen finanzielle Maßnahmen waren, wurde damit nicht nachgewiesen. So habe innerhalb der Regierung damals Uneinigkeit geherrscht, und der Wirtschafts- und Finanzminister habe nicht den Standpunkt der Regierung vertreten. Wie aus einer Untersuchung des Sachverhalts hervorgehe, habe bei den Verantwortlichen, die sich über die Problemlösung im Unklaren waren, keine derartige Absicht bestanden, und die Marktteilnehmer hätten nie den Glauben zum Ausdruck gebracht, dass sich der Staat verbindlich für eine bestimmte Lösung entschieden habe.

(99)

FT hält die Schlussfolgerungen des Beratungsunternehmens aus folgenden Gründen für falsch:

„Die Analyse der Situation des FT-Konzerns bei Bekanntgabe der Ergebnisse für das erste Halbjahr 2002 zeigt, dass die Konzernbilanz unausgeglichen war, und ein Problem bei kurzfristiger Liquidität bestand, die Ergebnisse des operativen Geschäfts aber sehr gut waren.

Aus der Analyse der möglichen Maßnahmen, die ein umsichtiger Aktionär angesichts einer hohen Verschuldung ins Auge fassen muss, ergibt sich, dass es vernünftig war, für einen Konzern mit gesundem Aktivbestand, dessen tatsächlicher Unternehmenswert die Summe seines Börsenwerts und seiner Nettoverschuldung überstieg, einen Sanierungsplan mit Rekapitalisierung aufzustellen.

Die Analyse der Wertschöpfung und die Rentabilitätsaussichten lassen den Schluss zu, dass der Staat mit seiner Beteiligung an einer Kapitalerhöhung eine sehr gute Investition vornimmt und im vorliegenden Fall mit der Gewährung eines Aktionärsdarlehens ein geringes Risiko eingeht“.

4.   STELLUNGNAHME FRANKREICHS

(100)

Die französischen Behörden erinnerten eingangs daran, dass sie sich von Anfang an entsprechend dem Grundsatz des umsichtigen privaten Kapitalgebers verhalten hätten. Gleich bei Bekanntgabe der Zahlen von FT für das erste Halbjahr 2002, die trotz guter operativer Ergebnisse eine unausgeglichene Finanzstruktur und einen hohen Eigenkapitalbedarf erkennen ließen, habe der Staat insbesondere mit Berufung eines neuen Konzernchefs und durch Bildung eines Bankenkonsortiums die Konsequenzen gezogen. Die Banken hätten bereits im September 2002 zugesagt, zu gegebener Zeit für den Erfolg einer Kapitalerhöhung zu bürgen. Gleichzeitig habe der Staat die neue Konzernleitung zu einer gründlichen Rechnungsprüfung aufgefordert. Auf der Grundlage des Plans Ambition 2005, über den der Mehrheitsaktionär regelmäßig unterrichtet wurde, und der Verpflichtung des Bankenkonsortiums habe der Staat am 4. Dezember 2002 seine Entscheidung bekannt gegeben, sich mit 9 Mrd. EUR an der Eigenkapitalaufstockung des Unternehmens zu beteiligen; ferner habe er angekündigt, dass er bereit sei, FT bei Bedarf unter Zwischenschaltung von ERAP einen Vorschuss auf diese Zeichnung, die zu Marktbedingungen verzinst werde, zur Verfügung zu stellen. Angesichts der finanziellen Konditionen für diese Vorschussgewährung durch die französischen Behörden und der von der Kommission geäußerten Bedenken, ob diese Maßnahme nicht doch beihilferechtlich relevant sei, habe es FT jedoch vorgezogen, direkt am Rentenmarkt Kapital aufzunehmen.

4.1.   Finanzielle Lage von FT

(101)

Nach Darstellung der französischen Behörden sei FT zu dem Zeitpunkt, als die Investitionsentscheidung getroffen wurde, kein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien (24) gewesen. Der Unternehmensumsatz sei nämlich stetig angestiegen (10 %iges Wachstum zwischen dem ersten Halbjahr 2001 und dem ersten Halbjahr 2002); der Cashflow (Brutto-Eigenfinanzierungsmarge) bewegte sich auf hohem Niveau und wuchs schneller als der Umsatz. Die französischen Behörden stellten in Bezug auf die unausgeglichene Finanzstruktur des Unternehmens zum 30. Juni 2002 fest, dass die Verluste im Wesentlichen auf Sonderrückstellungen und Sonderabschreibungen für Wertminderungen von Vermögenswerten zurückzuführen seien, die vor der ganz unvorhersehbaren Trendwende an den Märkten erworben worden waren. Sie führten ferner aus, dass die betrieblichen Aufwendungen von FT nicht so schnell gestiegen seien wie der Umsatz, was bedeutete, dass das Unternehmen immer rentabler wurde. Auch beim operativen Ergebnis und operativen Cashflow seien Zuwächse zu verzeichnen gewesen (+ 15 % beim Cashflow im Vergleich zum ersten Halbjahr 2001). Wie die französischen Behörden erläutern, hätten sich die sehr guten Leistungsperspektiven von FT durch den TOP-Plan noch weiter verbessert. Diese hätten sich mit Veröffentlichung des Rechnungsabschlusses 2002 bestätigt, der die durch die neue Konzernleitung ausgelöste positive Dynamik habe erkennen lassen.

(102)

Zum Kriterium der Eigenkapitalentwicklung gemäß Randnummer 5 a der Leitlinien führen die französischen Behörden aus, dass gemäß Artikel L225-248 des französischen Handelsgesetzbuchs („Code de commerce“) der maßgebliche Indikator das Grundkapital von FT SA sei, das stets im Plus gewesen und nie um mehr als die Hälfte abgesunken sei. Wie die französischen Behörden betonen, habe sich FT daher nicht in der von den Leitlinien bezeichneten Lage befunden, dass nämlich die Eigenmittel niedriger als das Grundkapital geworden seien.

(103)

FT habe nicht vor der Zahlungseinstellung gestanden; es sei lediglich für den Fall, dass sich der erwartete Marktaufschwung nicht einstellen sollte, ein möglicher Liquiditätsengpass für das erste Halbjahr 2003 erkannt worden. Wie die französischen Behörden weiter ausführen, seien damals 6,9 Mrd. EUR liquide Mittel vorzeitig zum 31. Dezember 2002 verfügbar geworden, und FT hätte so die Jahreswende 2003 ohne Inanspruchnahme des Finanzmarkts überstehen können. Die französischen Behörden stellen klar, dass das Unternehmen den — im Vergleich zur Kapitalaufnahme am Rentenmarkt kostengünstigeren — Konsortialkredit in Anspruch genommen und daraus über flüssige Mittel von 4 Mrd. EUR verfügt habe.

(104)

Die französischen Behörden haben insbesondere angemerkt, dass FT 2002 Zugang zu den Finanzmärkten hatte, und alle gebräuchlichen Finanzinstrumente beschrieben, die FT zwischen dem 11. Juli 2002 und dem 15. Januar 2003 zur Verfügung standen (25). Sie wiesen nicht zuletzt darauf hin, dass FT am 14. Februar 2002 die Bereitstellung einer Konsortialkreditlinie von 15 Mrd. EUR ausgehandelt und im Laufe des Jahres 2002 Anleihen ausgegeben hatte (26), darunter in Aktien rückzahlbare Schuldverschreibungen in Höhe von 442,2 Mio. EUR.

(105)

Die französischen Behörden stellten auch klar, dass FT von seiner Herabstufung durch die Ratingagenturen kein finanzielles Risiko drohte, da die Verpflichtungen kein Recht auf vorzeitige Tilgung enthalten hätten.

(106)

Außerdem sei FT, so die übereinstimmende Meinung mehrerer Banken, die zwischen Juni und November 2002 befragt wurden, auch vor Ankündigung des Plans Ambition 2005 und der Stützung durch den Mehrheitsaktionär durchaus in der Lage gewesen, sich über die Rentenmärkte zu refinanzieren. So hätten die Barclays-Bank im Juli 2002 bzw. die Bank Dresdner Kleinwort Wasserstein im September 2002 angeboten, zwischen 2003 und 2005 fällig werdende Anleiheverbindlichkeiten von FT ab Oktober und November über Wertpapiertauschprogramme zu refinanzieren.

4.2.   Rationalität des TOP-Plans („Total Operational Performance“)

(107)

Die französischen Behörden betonen, dass angesichts der vorstehenden Ausführungen die im Plan Ambition 2005 vorgesehene Cashflow-Steigerung und Eigenkapitalaufstockung als Bestandteile einer Strategie zu sehen seien, die jeder umsichtige Mehrheitsaktionär verfolgt hätte.

(108)

Hinsichtlich der Rationalität des TOP-Plans geben die französischen Behörden an, dass der Plan einen Kraftakt für FT darstelle. Es handle sich um einen umfassenden Plan zur Neuausrichtung des Managements, der sich auf konkrete Maßnahmen stütze und bereits erste positive Ergebnisse erzielt habe. Der Plan sei überaus präzise und ermögliche eine Rentabilitätssteigerung des Unternehmens mit einer Kapitalrendite („Return on Investment“, ROI) von 43 % bis 2005 für die Investoren, die sich an der Kapitalerhöhung im April 2003 beteiligt hätten; damit liege die Rendite deutlich über dem Referenz-ROI (11 %), den ein privater Kapitalgeber in der Telekommunikationsbranche erwarten könnte. Zum TOP-Plan gehöre auch ein Paket zur Optimierung des Belegschaftsmanagements. Hinsichtlich der geplanten Veräußerung von Vermögenswerten geben die französischen Behörden an, dass dank der Veräußerungen Ende 2002 der mögliche Liquiditätsengpass selbst ohne Inanspruchnahme der Finanzmärkte bis Ende 2003 abgewendet werden konnte.

(109)

Die französischen Behörden betonen abschließend, dass die von den Konkurrenzanbietern verfolgten Strategien nicht viel rationeller erscheinen und dass ein Plan nicht nach Umfang oder strategischer Bedeutung der zu veräußernden Vermögenswerte, sondern anhand der Rationalität des Plans als Ganzes beurteilt werden dürfe. Außerdem habe der Erfolg der Anleiheemissionen im Dezember 2002 und im Januar 2003 im Nachhinein das Vertrauen der privaten Anleger in das operative Potenzial von FT bestätigt.

4.3.   Anwendung des Grundsatzes des umsichtigen Kapitalgebers auf die Beteiligung an der Eigenkapitalverstärkung

(110)

Was die Anwendung des Grundsatzes des umsichtigen privaten Kapitalgebers auf die Ankündigung des Staats angehe, seine Beteiligung an der Eigenkapitalerhöhung vorzuziehen, merken die französischen Behörden an, sie hätten ihre Zustimmung von der Vorlage eines glaubhaften neuen Turnaround-Plans durch den neuen Konzernchef und von der Mitwirkung der Banken abhängig gemacht.

(111)

Was die Wahrung des Gleichzeitigkeitsgrundsatzes angehe, betonen die französischen Behörden, der Staat als Aktionär habe von Anfang an alle Maßnahmen ergriffen, um die zeitgleiche Beteiligung der öffentlichen und privaten Anteilseigner sicherzustellen, und er sei vor den privaten Kapitalgebern kein Risiko eingegangen. So falle die Absichtserklärung des Staates, sich an der Verstärkung des Eigenkapitals zu beteiligen, auf den 12. September 2002; zu diesem Zeitpunkt hatte ein Bankenkonsortium bereits fest zugesagt, ab September 2002 zu gegebener Zeit für den erfolgreichen Abschluss einer Kapitalerhöhung in dem Umfang zu bürgen, wie diese für die privaten Anleger an der Seite des öffentlichen Anteilseigners bestimmt war, allerdings unter der Voraussetzung, dass ein glaubhafter Turnaround-Plan am Markt bekannt gegeben werde. Die französischen Behörden machen deutlich, dass eine solche Auflage angesichts der unausgeglichenen Finanzlage von FT selbstverständlich war, und stellen klar, dass die Beteiligung des Staates ebenfalls von der Ankündigung eines vom Markt für glaubwürdig gehaltenen Plans abhängig gemacht worden sei. Wenn die privaten Kapitalgeber die Bürgschaft nicht übernommen hätten, hätte der Staat keine derartige Ankündigung abgegeben.

(112)

Die französischen Behörden stellen auch klar, dass die privaten Finanzierungen bereits vor der öffentlichen Finanzierung geflossen seien, da zwischen Dezember 2002 und Februar 2003 umfangreiche Finanzhilfen privater Kapitalgeber — in Form von Anleihen und durch Umschuldung von Bankkrediten — zum Tragen kamen. Die französischen Behörden stellen klar, dass derartige Privatfinanzierungen in die Analyse möglicherweise geflossener staatlicher Mittel einbezogen werden müssten.

(113)

Die französischen Behörden betonen, dass der Staat im Sinne der Rechtsprechung im Fall Alitalia (27) vor der förmlichen Verpflichtung der Bank keine förmliche Zusage abgegeben habe. Die Beteiligung der Privatanleger sei mit 40 % ganz erheblich.

(114)

Hinsichtlich der erwarteten Rendite stellen die französischen Behörden klar, wie bereits erwähnt wurde, dass auch die hohen Rentabilitätsaussichten des TOP-Plans, die sich durch die positive Aufnahme am Markt bestätigt hätten, belegten, dass nicht gegen den Grundsatz des umsichtigen privaten Kapitalgebers verstoßen wurde.

(115)

Die französischen Behörden betonen, dass die Kapitalerhöhung durchgeführt wurde, sobald es technisch möglich war, dem Staat und den Kapitalgebern aktualisierte Aussagen zu den operativen Aussichten des Unternehmens vorzulegen; daran lasse sich ablesen, dass der Staat solide Investoren ausgewählt habe, die sich von den langfristigen Renditeaussichten hätten leiten lassen.

4.4.   Der Aktionärsvorschuss

(116)

Nach Darstellung der französischen Behörden habe FT den geplanten Vorschuss nie unterzeichnet, zum einen aufgrund der überhöhten Kosten, die mit den angebotenen Finanzierungskonditionen für FT verbunden gewesen seien, und zum anderem aufgrund der Bedenken, die die Kommission hinsichtlich der Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme in Bezug auf den Vertrag geäußert habe. Demzufolge seien mit dem geplanten Aktionärsvorschuss keine staatlichen Mittel an das Unternehmen geflossen. Wie die französischen Behörden klarstellen, könne aus der Ankündigung des Staats am 4. Dezember 2002 nicht abgeleitet werden, dass der Vorschuss tatsächlich wirksam geworden ist, da die Ankündigung nur für den Staat als Aktionär eine verbindliche Zusage darstellte, sich an der geplanten Eigenkapitalverstärkung des Unternehmens zu beteiligen, und die Bereitstellung eines Aktionärsvorschusses damit nur „eventuell“ in Aussicht gestellt wurde.

(117)

Sie merken ferner an, dass der geplante Vorschuss FT auf keinen Fall einen Vorteil verschafft habe.

(118)

Da der Vorschuss nicht tatsächlich wirksam geworden sei, sei er von FT auch nicht in Anspruch genommen worden und habe ihm daher auch keinen Aufschub für seinen Liquiditätsbedarf verschaffen können. Die französischen Behörden versichern, dass sich mit der Ankündigung des Vorschusses keine Garantie verbinde. So werde im französischen Recht eine implizite Garantie nicht anerkannt: Vom Staat gewährte Garantien müssten grundsätzlich per Gesetz bestätigt werden. Es sei ungenau und unrichtig, die Ankündigung eines eventuellen Vorschusses des Staates mit einer Garantiezusage gleichzusetzen. Die französischen Behörden bestehen im Übrigen darauf, dass die Garantie, die der Staat gegenüber ERAP für die Finanzierung seiner Beteiligung an der Verstärkung des Eigenkapitals von FT übernommen habe, nicht mit einer Garantiezusage zugunsten von FT gleichgesetzt werden dürfe. In Bezug auf ERAP stellen die französischen Behörden klar, dass es eine vollkommen neutrale Aufgabe hatte und allein aus haushaltstechnischen Gründen zwischengeschaltet wurde.

(119)

Auch die Ankündigung eines geplanten Vorschusses durch den Staat habe FT den Zugang zum Rentenmarkt nicht erleichtern können. Erstens würden für Anleihen grundsätzlich keine Sicherheiten gestellt, da ihre Laufzeit länger sei als bei einem Vorschuss. Zudem stehe Anleiheninhabern keine Regressmöglichkeit offen, sollten die Anleihen bei Fälligkeit nicht zurückgezahlt werden. Zweitens sei — so die französischen Behörden — die Ankündigung des Staates, seine Beteiligung an der Eigenkapitalaufstockung möglicherweise vorzuziehen, nicht mit der Garantie vergleichbar, die Gegenstand der der Entscheidung 2001/89/EG der Kommission (28) (Crédit Foncier de France) war, da der geplante Vorschuss im vorliegenden Fall rein hypothetisch und in Laufzeit und Umfang streng begrenzt gewesen sei und daher die finanziellen Probleme des Unternehmens angesichts der Fälligkeitstermine seiner Verbindlichkeiten nicht alleine habe lösen können. Und drittens sei für die Anleiheemissionen — wie die französischen Behörden betonen — ausschließlich die Einschätzung des Markts entscheidend gewesen, ob FT in der Lage sein werde, seinen Verpflichtungen allein und ohne staatliche Absicherung nachzukommen. So seien für das Vertrauen, das der Markt bei den besagten Anleiheemissionen gezeigt habe, im Wesentlichen der Wechsel an der Konzernspitze und die positive Reaktion auf die neue Strategie, die bei der Vorstellung des Plans Ambition 2005 dargelegt worden sei, verantwortlich gewesen.

(120)

Zur Frage, ob der mögliche Vorschuss mit dem Grundsatz des umsichtigen Kapitalgebers vereinbar ist, betonen die französischen Behörden, dass es, sobald die Entscheidung, sich an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen, feststand und die Voraussetzungen dafür erfüllt waren, nur folgerichtig gewesen sei, dass der Staat seine Beteiligung vorziehe. Die ersten Gespräche über den geplanten Vorschuss hätten im November 2002 stattgefunden. Wie die französischen Behörden weiter betonen, sei die Rechtmäßigkeit einer derartigen Maßnahme unstrittig gewesen, da sie, wie bereits angesprochen, auf einem glaubwürdigen und detaillierten Plan aufbaute, der bei der Ankündigung des geplanten Vorschusses am 4. Dezember 2002 inhaltlich im Wesentlichen bekannt gewesen sei. Außerdem habe bereits die Zusage des Bankenkonsortiums vorgelegen, die von der Vorlage eines glaubwürdigen Plans am Markt abhängig gemacht worden war; bereits Ende November der Staat hatte alle Fakten in der Hand und konnte angesichts der positiven Reaktion der Märkte auf die Berufung der neuen Konzernleitung davon ausgehen, dass diese Bedingung erfüllt sein werde. Die französischen Behörden betonen in diesem Zusammenhang, dass für die Bewertung hier nicht der in Frage stehende Betrag relevant sei, sondern gemäß Rechtsprechung im Fall Alitalia zu prüfen sei, ob die Finanzierungsbedingungen der Maßnahme für ein Unternehmen vergleichbarer Größe den Vorschriften entsprechen.

(121)

In Bezug auf die Verzinsung des möglichen Vorschusses betonen die französischen Behörden, sie sei marktüblich und mit Strafaufschlägen verbunden gewesen, um der Nachrangigkeit des Vorschusses Rechnung zu tragen. Die französischen Behörden betonen auch, dass laut Entwurf eine Nicht-Abruf-Gebühr vorgesehen war; und der Verzicht auf Sicherheiten habe der gängigen Praxis eines umsichtigen Kapitalgebers entsprochen, wenn er als Aktionär im Vorgriff auf die Zeichnung einer Kapitalerhöhung einen kurzfristigen Vorschuss gewähre. Des Weiteren geben die französischen Behörden an, dass die Rückzahlung des Betrags in Form von Aktien durchaus gebräuchlich sei und auf dem Barwert beruhte.

4.5.   Ankündigungen des Staates

(122)

Die französischen Behörden verweisen mit Nachdruck auf das Umfeld, in das die Erklärungen des Staats in seiner Eigenschaft als umsichtiger Aktionär eingeordnet werden müssten. So habe der Staat zwischen September und Dezember 2002 einen Wechsel im Management durchgesetzt, im Wesentlichen durch die Ablösung des FT-Konzernchefs; er habe die Ausarbeitung des Turnaround-Plans genau verfolgt und sich gleichzeitig die Unterstützung privater Kapitalgeber für den Fall einer möglichen späteren Kapitalerhöhung gesichert. Diese operativen Maßnahmen seien, so die französischen Behörden, finanziell entscheidend gewesen und an den Finanzmärkten sehr positiv aufgenommen worden, sodass sich der Kurs der FT-Aktie erholte.

(123)

Die französischen Behörden betonen, der Staat habe niemals angedeutet oder zu erkennen gegeben, dass er FT bedingungslos und unbegrenzt stützen werde. Im weiteren habe „der Staat … bereits im Sommer betont, dass er sich als marktwirtschaftlich handelnder Aktionär verhalten wird und nicht als öffentliche Gewalt und dass er beabsichtigt, als Anteilseigner einzugreifen, und zwar zu (noch zu definierenden) Bedingungen, die sich nicht von denen eines Privatinvestors unterscheiden, was notwendigerweise ausschließt, dass sich der Staat bereits für ein bedingungsloses und unwiderrufliches Eingreifen entschieden hatte“ (29). Aufgrund dieser Erklärungen, die sich nicht von der Vorgehensweise eines privaten Kapitalgebers unterscheiden würden, sei eine bedingungslose und unwiderrufliche Unterstützung de facto ausgeschlossen gewesen. Die französischen Behörden machen ferner geltend, dass es sich bei den Erklärungen der französischen Behörden zwischen Juli und Oktober 2002 um „vage Voraberklärungen“ ohne „konkrete Maßnahmen zu deren Umsetzung“ (30) gehandelt habe. Die französischen Behörden stellen diesbezüglich klar, dass die späteren Erklärungen im Lichte der ersten Erklärung gewürdigt werden müssten; es treffe nicht zu, dass der Staat bereits am 12. Juli 2002„die unwiderrufliche Zusage, FT zu stützen,“ eingegangen sei und bei dieser Gelegenheit „eine unwiderrufliche Zusage, sich an der Verstärkung des Eigenkapitals zu beteiligen,“ abgegeben habe. Nach Darstellung der französischen Behörden habe der Aktionär erstmals im September 2002 seine Absicht angekündigt, sich an der Eigenkapitalaufstockung des Unternehmens zu beteiligen, und erklärt, dass „dies in Form einer vom Markt begleiteten Maßnahme geschehen würde (Hinweis auf einen Zeitplan, der abhängig von den Marktbedingungen festzulegen sei)“ (31).

(124)

Die Erklärung vom 2. Oktober 2002 bestätige den französischen Behörden zufolge, dass die Vorlage eines für glaubwürdig erachteten Plans Voraussetzung für die Beteiligung des Staates gewesen sei.

(125)

Die französischen Behörden versichern ferner, dass „der Staat als Mehrheitsaktionär bei FT nur diejenigen Einzelmaßnahmen angestrebt habe, die in den Informations-/Anmeldungsunterlagen an die Kommission dargelegt und am 5. Dezember 2002 öffentlich bekannt gegeben worden waren, nämlich die Beteiligung an einer Kapitalerhöhung um 15 Mrd. EUR entsprechend dem staatlichen Anteil am Kapital von FT zusammen mit privaten Geldgebern und ein möglicher Aktionärsvorschuss zu marktüblichen Konditionen im Vorgriff auf diese Kapitalerhöhung. Dass der Staat wiederholt deutlich machte, er werde sich wie ein umsichtiger Aktionär verhalten, sei doch keine staatliche Garantiezusage. Wären die Erklärungen des Staates zwischen Juli und Oktober 2002 rechtlich wirklich mit einer „unbegrenzten Garantiezusage“ zugunsten von FT gleichwertig gewesen oder auch nur vom Markt und von den Ratingagenturen als solche wahrgenommen worden, so wäre es im Juli nicht zu einer Herabstufung von FT gekommen, und die Spreads und das Rating von FT in diesem Zeitraum hätten denen des Staats entsprochen (Note AAA und ein sehr geringer Spread). Dass die Ratingagenturen — unabhängig von jeder impliziten oder expliziten Garantie oder jeder spezifischen Maßnahme und abhängig von der jeweiligen finanziellen Lage des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt — womöglich vom Rückhalt des Staats als Mehrheitsaktionär ausgingen, könne doch an sich nicht als staatliche Beihilfe angesehen werden. Ein solcher Ansatz stünde in direktem Widerspruch zum Neutralitätsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts, wie er in Artikel 295 EG-Vertrag verankert ist“ (32).

4.6.   Kursentwicklung der FT-Aktie

(126)

Die französischen Behörden machen geltend, dass sich nur die operativen Maßnahmen auf den Börsenkurs von FT ausgewirkt hätten. So habe der Kurs der Unternehmensaktie am 2. Oktober 2002 nach Bekanntgabe der Berufung des neuen Konzernchefs (um mehr als 10,4 % in der Woche vom 2. Oktober) angezogen, und die positive Kursentwicklung habe sich mit Bekanntgabe des TOP-Plans und des neuen Geschäftsvorstands am 5. Dezember 2002 auf breiter Front fortgesetzt, was zu einem Anstieg von über 25 % innerhalb von zwei Tagen geführt habe. Nach Darstellung der französischen Behörden waren für diesen Anstieg nicht die zwischen Juli und Oktober 2002 vom Staat abgegebenen Grundsatzerklärungen ausschlaggebend, und solange es keine operativen Maßnahmen gab, sei die Kursentwicklung schwankend verlaufen. Daran lasse sich die Unsicherheit des Marktes in Bezug auf die Lage des Unternehmens ablesen. Wie die französischen Behörden hervorheben, habe diese Sichtweise zum Verfall des Börsenkurses mit Tiefstpunkt am 30. September 2002 geführt; dazwischen lag ein Abschnitt relativer Stabilität im Sommer ohne besondere Ankündigungen oder Gerüchte. In diesem Zeitraum habe der Abwärtstrend der FT-Aktie durch die Absichtserklärungen des Staates, er werde seiner Rolle als Aktionär in vollem Umfang gerecht werden, nicht aufgehalten werden können.

4.7.   Stellungnahme zum NERA-Gutachten

(127)

Zum rechtlichen Teil des NERA-Gutachtens haben die französischen Behörden wie folgt Stellung genommen:

„Das Rechtsgutachten beruht auf einer falschen (ja einseitigen) Auslegung der Fakten. Insbesondere … werden die — gleichwohl eindeutigen — Äußerungen des Wirtschaftsministers aus einem im Juli 2002 erschienenen Gespräch mit einem Journalisten ganz offensichtlich sinnentstellend wiedergegeben. Die französischen Behörden bestreiten entschieden, dass aus derart wenig fundierten Deutungsvorschlägen vorgeblich rechtliche Schlüsse gezogen werden könnten und insbesondere daraus abgeleitet werden könne, dass in irgendeiner Form eine Garantiezusage des Staats für France Télécom vorliege“. „Es handelt sich nicht einmal um eine offizielle Pressemitteilung der Regierung oder von France Télécom, sondern lediglich um einen Pressebericht mit einem dort abgedruckten Interview des Wirtschaftsministers, das in einen größeren Zusammenhang, nämlich die Schwerpunkte der Regierung, eingebettet ist und somit jeglicher Beweiskraft entbehrt.“

„Als Aktionär von France Télécom lag dem Staat stets daran, sich nicht nur wie ein umsichtiger Kapitalgeber gegenüber France Télécom zu verhalten, sondern er hat sich auch bewusst dafür entschieden, eindeutig und öffentlich zu erklären, dass alle eventuellen Maßnahmen in dem Fall auch nur in diesem Sinne denkbar sind …“ Aus dem Interview des Ministers im Juli 2002 geht nicht hervor, dass irgendeine Entscheidung getroffen wurde. „… Trotz seines weiteren Vertrauens in die Wirtschaftlichkeit von FT hat der Staat lediglich die Bedenken des Finanzplatzes hinsichtlich der Lage von France Télécom festgestellt und sich in seiner Eigenschaft als Mehrheitsaktionär um eine tiefergehende Analyse bemüht, ohne in diesem Stadium eine genaue Diagnose stellen oder irgendeine Entscheidung treffen zu können. Darüber hinaus gab es an sich keinen Anlass für die Annahme, dass mit ‚geeigneten Maßnahmen‘ speziell finanzielle Maßnahmen gemeint waren“.

„Außerdem haben die französischen Behörden auf zahlreiche Ungenauigkeiten in der Argumentation des Rechtsgutachtens hingewiesen. Dieses Gutachten krankt ganz offensichtlich an mangelnder Objektivität, nicht nur durch die Übernahme überaus fragwürdiger rechtlicher Analysen (insbesondere bei der Bewertung von Absichtserklärungen und der Tragweite einer einseitigen Verpflichtung im Zivil- und Handelsrecht), sondern auch durch die unbegründete Übertragung bestimmter, sachlich unzutreffender rechtlicher Bewertungen auf die geprüften Sachverhalte (wie zum Beispiel durch die Übertragung der Lehre von der faktischen Geschäftsführung oder des Völkerrechts auf das Innenverhältnis zwischen Unternehmen und dessen Mehrheitsaktionär)“.

„Die Schlussfolgerungen des Rechtsgutachtens, die das Vorliegen einer ‚unbegrenzten Garantiezusage‘ für France Télécom durch den Staat nachzuweisen suchen, entbehren im Übrigen jeglicher Grundlage im Gemeinschaftsrecht“. Gemäß Rechtsprechung im Fall Air France (33) könnten die beanstandeten Äußerungen keine verbindliche und bedingungslose Verpflichtung des Staates nach sich ziehen.

Zur Gleichsetzung der Erklärungen des Ministers im Juli mit einer Absichtserklärung betonen die französischen Behörden: „i) Erstens ist es wesentliches Merkmal der lettre d'intention, dass sie an einen Begünstigten gerichtet ist; ii) zweitens ist in Fortführung der vorausgehenden Feststellung die Wirksamkeit des Verfahrens durch die Entgegennahme seitens des besagten Begünstigten bedingt; iii) drittens hängt die Tragweite der eingegangenen Verpflichtung (sowohl hinsichtlich ihres Gegenstands als auch der Wirkung, die ihr Urheber ihr zu verleihen wünscht) ausschließlich von den verwendeten Formulierungen ab“. „Der zumindest allgemein gehaltene Tenor der Äußerungen des Ministers … schließt ohne jeden Zweifel jede Verpflichtung zugunsten von France Télécom oder dessen Gläubigern und erst recht jede Erfolgsverpflichtung (und damit die geringste Garantie) aus, ebenso wie jede Pflicht, auf das angestrebte Ergebnis unter Einsatz aller Fähigkeiten hinzuwirken.“ „Die Antwort des Ministers … belegt lediglich, dass der Staat als Aktionär zu diesem Zeitpunkt keinerlei Entscheidung getroffen hatte (außer derjenigen, sich als ‚marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber‘ zu verhalten) und trotz seines Vertrauens in die operative Qualität des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage war, eine hinreichend genaue Diagnose zu stellen oder irgendeine Entscheidung zu treffen“. „Die Rechtsprechung habe … nie vertreten, dass sich jede Person, die daran ein Interesse haben könnte, auf diese Weise auf eine Bürgschaftsverpflichtung ohne bestimmte(n) Begünstigte(n) berufen kann. Dies ist im Übrigen nicht verwunderlich, da es das Wesen einer Garantie oder einer lettre d'intention ist, an einen Begünstigten oder mehrere Begünstigte gerichtet zu sein. Da sie nicht an einen bestimmten Begünstigten gerichtet war, ist es außerdem nicht weiter erstaunlich, dass die angebliche Verpflichtung nicht angenommen wurde“. Was die Hypothese der faktischen Geschäftsführung angehe, so sei dieses Konzept für den vorliegenden Fall ganz unerheblich.

Im Verwaltungsrecht gilt: „Einerseits erfüllen einfache Äußerungen gegenüber einem Journalisten, wie die Aussagen des Wirtschaftsministers am 12. Juli 2002, nicht den Tatbestand eines ‚beschwerenden Verwaltungsakts‘, aus dem sich u. U. Rechte und Pflichten ableiten lassen, also erst recht keine Garantieübernahme für France Télécom durch den Staat“.

„Die Schlussfolgerungen des Rechtsberaters stehen offensichtlich im Widerspruch zur Entscheidungspraxis der Kommission und zur einschlägigen Rechtsprechung der Gemeinschaft im Beihilferecht, der zufolge für das Vorliegen einer Beihilfe der Nachweis einer verbindlichen, bestimmten und bedingungslosen Verpflichtung des betreffenden Staats vorausgesetzt wird; dies konnte aber beim besten Willen nicht in die Äußerungen des Ministers vom 12. Juli 2002 hineininterpretiert werden“. „Die Feststellung eines Vorteils durch die Kommission setzt voraus, dass eine staatliche Maßnahme gleich welcher Art ausreichend bestimmt und konkret ist.“

(128)

Zum wirtschaftlichen Teil des Gutachtens betonen die französischen Behörden, dass FT laut Gutachten während des maßgeblichen Zeitraums kein Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen sei (da es Zugang zum Kapitalmarkt hatte und seine Lebensfähigkeit langfristig kein Problem darstellte) und die Beteiligung des Staats als Aktionär am Plan zur Wiederherstellung einer ausgeglichenen Unternehmensbilanz mit dem Kriterium des privaten Kapitalgebers vereinbar gewesen sei.

5.   WÜRDIGUNG DER MAẞNAHME NACH MAẞGABE DES ARTIKELS 107 ABSATZ 1 AEUV

(129)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Nach ständiger Rechtsprechung umfasst der Beihilfebegriff nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch staatliche Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen zu tragen hat, und die somit, obwohl sie keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen nach Art und Wirkung gleichstehen (34). Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass der Beihilfebegriff auf dem wirtschaftlichen Konzept der Begünstigung beruht und sich ausschließlich nach deren Wirkung bestimmt; die Form, in der dies geschieht, ist dabei unerheblich (35).

(130)

Gemäß ständiger Rechtsprechung setzt die Einstufung als staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV voraus, dass alle in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind (36). Damit eine nationale Maßnahme als staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden kann, muss es sich erstens um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln, zweitens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, drittens muss dem Begünstigen durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden und viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (37).

(131)

Des Weiteren geht aus der ständigen Rechtsprechung hervor, dass Kapitalzuweisungen der öffentlichen Hand an Unternehmen, in welcher Form auch immer sie erfolgen, staatliche Beihilfen Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellen, wenn die Voraussetzungen dieses Artikels erfüllt sind (38).

(132)

Gemäß der Voraussetzung, wonach dem Begünstigten mit der fraglichen Maßnahme ein Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV gewährt werden muss, gelten aus staatlichen Mitteln finanzierte Maßnahmen gleich welcher Art, die geeignet sind, Unternehmen mittelbar oder unmittelbar zu begünstigen, oder dem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte, als staatliche Beihilfen (39).

(133)

Im vorliegenden Fall scheint es angebracht, zunächst zu prüfen, ob FT ein Vorteil verschafft wurde, der aus staatlichen Mitteln finanziert wurde. Würde die Kommission nämlich zu dem Schluss kommen, dass kein derartiger Vorteil gewährt wurde oder der Vorteil nicht aus staatlichen Mitteln finanziert wurde, würde zwangsläufig daraus folgen, dass die geprüfte Maßnahme keine staatliche Beihilfe bildet, da für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe alle der genannten Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

(134)

Zunächst ist daran zu erinnern, auf welchen Grundsätzen eine solche Analyse beruht, wie sie im Bouygues-Urteil festgeschrieben wurden. Der Gerichtshof befand darin Folgendes:

„103.

[Es] … kann nicht ausgeschlossen werden …, dass mehrere aufeinanderfolgende Maßnahmen des Staates für die Zwecke der Anwendung von Artikel 107 Absatz 1 AEUV als eine Maßnahme zu betrachten sind.

104.

Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn aufeinanderfolgende Maßnahmen insbesondere in Anbetracht ihrer zeitlichen Abfolge, ihres Zwecks und der Lage des Unternehmens zum Zeitpunkt dieser Maßnahmen derart eng miteinander verknüpft sind, dass sie sich unmöglich voneinander trennen lassen …

105.

Somit ist dem Gericht mit seiner Ansicht, dass die Feststellung einer Verringerung eines Postens des Staatshaushalts oder eines hinreichend konkreten, diesen Haushalt belastenden wirtschaftlichen Risikos, das eng mit einem spezifischen Vorteil verknüpft ist, der sich entweder aus der Ankündigung vom 4. Dezember 2002 oder dem Angebot eines Aktionärsvorschusses ergibt, und ihm entspricht oder diesem gegenübersteht, ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es ein Kriterium angewandt hat, das von vornherein ausschließt, dass diese staatlichen Maßnahmen nach Maßgabe ihrer Verknüpfung miteinander und ihrer Wirkungen als eine einzige Maßnahme betrachtet werden können.

106.

Sodann geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass eine staatliche Maßnahme, die geeignet ist, gleichzeitig die Unternehmen, auf die sie angewandt wird, in eine günstigere Lage als andere zu versetzen, und ein hinreichend konkretes Risiko für den Eintritt einer künftigen zusätzlichen Belastung für den Staat zu schaffen, zulasten der staatlichen Mittel gehen kann …

107.

Insbesondere hatte der Gerichtshof Gelegenheit, klarzustellen, dass Vorteile, die in Form einer Bürgschaft des Staates gewährt werden, eine zusätzliche Belastung für den Staat bedeuten können …

108.

Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Änderung der Marktbedingungen, die einen bestimmten Unternehmen mittelbar gewährten Vorteil bewirkt, daraus folgt, dass dem Staat Mittel entgehen, und deshalb selbst das Hinzutreten einer autonomen Entscheidung der Investoren den Zusammenhang zwischen diesem Verlust von Mitteln und dem Vorteil, den die betreffenden Unternehmen genießen, nicht entfallen lässt …

109.

Die Kommission muss daher zum Zweck der Feststellung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe einen hinreichend engen Zusammenhang zwischen dem Vorteil, der dem Begünstigten gewährt wird, einerseits und der Verringerung eines Postens des Staatshaushalts oder einem hinreichend konkreten wirtschaftlichen Risiko für dessen Belastung andererseits dartun …

110.

[Es] … ist dagegen weder erforderlich, dass eine solche Verringerung oder ein solches Risiko diesem Vorteil entspricht oder ihm gleichwertig ist, noch dass diesem Vorteil eine solche Verringerung oder ein solches Risiko gegenübersteht, noch dass er von gleicher Art wie die Bindung staatlicher Mittel ist, denen er entspringt.“

(135)

Hinsichtlich Auslegung und Tragweite des Einleitungsbeschlusses für das förmliche Prüfverfahren der hier in Frage stehenden Maßnahme wird im Bouygues-Urteil betont, dass sich dieser Einleitungsbeschluss ausschließlich auf die angemeldeten Maßnahmen bezieht und somit nicht „die Frage [betrifft], ob die ab Juli 2002 abgegebenen Erklärungen als solche eine staatliche Beihilfe darstellten“ (40). Beim vorliegenden abschließenden Beschluss bleibt diese Frage somit ausgeklammert, da der Gegenstand durch den Einleitungsbeschluss genau abgegrenzt ist.

(136)

Ebenfalls vorab erinnert die Kommission daran, dass die im Urteil vom 2. Juli 2015 (41) angesetzte sachliche und rechtliche Würdigung des Gerichts im Lichte des Berufungsurteils des Gerichtshofs vom 30. November 2016 (42), soweit sie die erforderliche Unterstützung für dessen Tenor bilden, rechtskräftig ist.

5.1.   Die zwischen Juli und Oktober 2002 von Frankreich ergriffenen Maßnahmen hatten große Wirkung auf den Markt

(137)

Durch die Erklärungen seit Juli 2002 war es erst möglich, das Rating von FT auf „Investment Grade“ zu halten und an den Finanzmärkten wieder für mehr Vertrauen zu sorgen. Sie haben FT die erneute Kreditaufnahme einfacher und kostengünstiger gemacht, um seine kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von 15 Mrd. EUR zu refinanzieren, und im Endeffekt dazu beigetragen, seine überaus unsichere Finanzlage zu stabilisieren, die im Juni und Juli 2002 kurz davor stand, sich erheblich zu verschlechtern.

(138)

In der ersten Jahreshälfte 2002 rutschte das Rating von FT nach der Veröffentlichung des Jahresabschlusses 2001 deutlich ab. Am 24. Juni 2002 stufte Moody's das Unternehmen auf das letzte „Investment-Grade“-Niveau knapp über der Kategorie „Junk Bonds“ herab, wodurch die Refinanzierung seiner Verbindlichkeiten äußerst schwierig wurde (43). Diese Herabstufung löste an den Finanzmärkten sehr große Besorgnis über die finanzielle Lage von FT aus (insbesondere im Hinblick auf die Fähigkeit des Unternehmens, die Ende 2003 fällig werdenden Verbindlichkeiten von 15 Mrd. EUR zu refinanzieren), und die Märkte erwarteten demzufolge eine beruhigende Reaktion des Staates. An diesen Umständen wird deutlich, dass der Staat dringend eingreifen musste, um das Vertrauen des Markts wiederherzustellen und einer weiteren Herabstufung von FT bis auf die Kategorie „Junk Bonds“ zuvorzukommen, was für die finanzielle Lage des Unternehmens höchst negative Folgen (44) gehabt hätte.

(139)

Die französische Regierung konnte das bestehende Vertrauen demnach mit ihren verschiedenen Erklärungen bewahren. Im Grunde wurde durch das Eingreifen des Staates eine Herabstufung von FT bis auf die Kategorie „Junk Bonds“ verhindert. Dies geht im Übrigen eindeutig aus dem S&P-Pressekommuniqué vom 12. Juli 2002 hervor, dem zufolge die vom Staat abgegebenen Zusicherungen ausschlaggebend dafür waren, dass FT nicht bis auf die Kategorie „Junk Bonds“ herabgestuft wurde.

(140)

Betrachtet man die Reaktion des Markts, so führte die Ankündigung vom 12. Juli 2002 zu einer ungewöhnlichen, nicht zu vernachlässigenden Wertsteigerung bei FT-Aktien und FT-Anleihen. So legte der Kurs der FT-Aktie bezogen auf mehrere, für Telekommunikationswerte repräsentative Indices am Markt in einer Bandbreite von 37,8 % bis 43,8 % zu. Bei Anleihen lag der ungewöhnliche Kursanstieg in einer Spanne zwischen 3,2 % und 9,7 %. Diese Reaktion macht deutlich, dass der Markt glaubte, der Staat habe sich durch diese Ankündigung zu einer stärkeren Unterstützung für FT verpflichtet (45). Betrachtet man die Kommentare der Finanzanalysten, so erwähnt beispielsweise die Deutsche Bank in einem am 22. Juli 2002 erschienenen Bericht, dass der Markt nach den Erklärungen der Regierung von der staatlichen Unterstützung für FT überzeugt war, auch wenn sich er über das Ausmaß und die Modalitäten dieser Unterstützung im Unklaren war (46). Auch die Agentur S&P hielt die Erklärungen der Regierung für so glaubwürdig, dass sie die Bewertung des Unternehmens beeinflussten. Am 12. Juli stufte S&P so FT auf BBB- herab, beließ das Rating aber auf „Investment Grade“ mit Ausblick stabil (47). Dass eine Stützung durch den Staat so glaubwürdig erschien, dass sich die Bewertung von FT weiter auf „Investment Grade“ halten konnte, wird auch von FT selbst bestätigt (48).

(141)

Diese Erklärungen hatten eine sehr große Wirkung auf den Markt. Bei Untersuchung der von den französischen Behörden vorgelegten Stellungnahmen und Dokumente sowie der verfügbaren Parlamentsunterlagen zeigt sich, dass die Erklärungen des Staats dazu beigetragen haben, das Vertrauen der Finanzmärkte wiederherzustellen (49). Seit dem S&P-Pressekommuniqué vom 12. Juli 2002 betonten die Ratingagenturen nämlich übereinstimmend, dass die ab Juli 2002 öffentlich bekannt gegebene Unterstützung durch den Staat entscheidend war, um das Rating von FT auf „Investment Grade“ zu halten. Mit Beibehaltung des Ratings von FT auf „Investment Grade“ blieben FT weitere Zinsaufwendungen (50) (aufgrund vorhandener Step-up-Klauseln (51) bei bestimmten Anleiheemissionen) für die Gelder, die es bereits aufgenommen hatte, sowie für die später noch aufzunehmenden Mittel erspart. Im Übrigen konnte FT durch Beibehaltung der Ratingkategorie „Investment Grade“ seine Finanzlage über eine Rekapitalisierungsmaßnahme sanieren. Bereits im September 2002 lautete eine der Bedingungen, die die Banken für ihre Beteiligung an einer Rekapitalisierungsmaßnahme stellten, dass „zumindest die derzeitigen Bewertungen für die langfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens durch die Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's gehalten werden; diese Auflage sollte auch in den Bürgschafts- und Platzierungsvertrag mit aufgenommen werden“ (52).

5.2.   Sie sind jedoch mit den Maßnahmen vom Dezember 2002 nicht untrennbar verbunden

(142)

Nach einer unvoreingenommenen Würdigung des Sachverhalts stellte das Gericht fest, dass das vom Staat für FT abgegebene Angebot eines Aktionärsvorschusses erst im Dezember 2002 erfolgt sei, dass die französische Regierung im Juli 2002 keine feste Zusage gegeben habe und dass die Entscheidung, FT durch das Angebot eines Aktionärsvorschusses finanziell zu unterstützen, nicht im Juli 2002, sondern Anfang Dezember 2002 getroffen worden sei. (53)

(143)

Das Gericht war ferner der Ansicht, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein privater Kapitalgeber zwischen Juli und Dezember 2002 ähnlich verhalten hätte wie der französische Staat (54).

(144)

Im Übrigen geht aus den Feststellungen und Beurteilungen des Gerichts unter den Randnrn. 249-254 des Urteils vom 2. Juli 2015 (55) hervor, dass in der Abfolge der von Juli bis Dezember 2002 von Frankreich für France Télécom getroffenen staatlichen Maßnahmen ein deutlicher Bruch eingetreten ist.

(145)

Unter Randnummer 230 dieses Urteils verweist das Gericht außerdem auf „eine Reihe von maßgeblichen Aspekten …, die für die Entscheidung des französischen Staates im Dezember 2002 tatsächlich ausschlaggebend waren, nämlich — neben der Wiederherstellung des Vertrauens der Finanzmärkte und der Beibehaltung der Bewertung von FT — in erster Linie die FT-intern getroffenen Maßnahmen zur Umstrukturierung und Wiederherstellung des Gleichgewichts, darunter der Plan Ambition 2005, der in der Zeit von Oktober bis Dezember 2002 von der neuen Konzernleitung ausgearbeitet worden war und insbesondere die Umsetzung eines Plans zur Verbesserung der operativen Performance des Unternehmens vorsah (‚Plan TOP‘)“. Es befand ferner, dass für die Würdigung des vorliegenden Falls „wesentliche Umstände“ maßgeblich waren wie „die von einem Bankenkonsortium im September 2002 eingegangene Verpflichtung, für den für Privatanleger bestimmten Teil der Kapitalerhöhung von FT zu bürgen, den Verkauf nicht strategischer Vermögenswerte durch FT zwischen Juli und Dezember 2002 in Höhe von ca. 2,5 Mrd. EUR, die Einsetzung einer neuen Konzernleitung im Oktober 2002 und die Beilegung des Rechtsstreits zwischen FT und dem deutschen Betreiber Mobilcom im November 2002. All dies hat im Übrigen zu einer deutlichen Verbesserung der operativen Perspektiven und der Performance von FT in der zweiten Hälfte des Jahres 2002 geführt“.

(146)

Unter Randnummer 143 des Berufungsurteils vom 30. November 2016 (56) befand der Gerichtshof wie folgt: „Den Zeitpunkt, auf den für die Beurteilung anhand des Kriteriums des umsichtigen privaten Kapitalgebers abzustellen ist, auf Juli 2002 vorzuziehen, hätte zwangsläufig dazu geführt, bei dieser Beurteilung Umstände, die zwischen Juli 2002 und Dezember 2002 eingetreten sind, unberücksichtigt zu lassen, wie das Gericht in Rn. 230 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat.“

(147)

Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falls besteht demnach kein untrennbarer Zusammenhang zwischen den von den französischen Behörden bis Dezember 2002 ergriffenen Maßnahmen und den Maßnahmen, die sie im Dezember 2002 ergriffen haben. Es ist daher zu prüfen, ob zwischen dem 4. Dezember 2002, als der Staat den Aktionärsvorschuss für FT ankündigte, und dem 20. Dezember 2002, als der Staat FT einen paraphierten und unterschriebenen Vertragsentwurf übermittelte, der Tatbestand einer staatlichen Beihilfe erfüllt war und insbesondere, ob sich der Staat damals so verhalten hat, wie dies ein marktwirtschaftlich handelnder privater Wirtschaftsteilnehmer getan hätte.

5.3.   Die im Dezember 2002 von Frankreich ergriffenen Maßnahmen erfüllten das Kriterium des privaten Kapitalgebers

(148)

Der Aktionärsvorschuss im Dezember 2002 scheint FT einen Vorteil zu verschaffen, da es in die Lage versetzt wird, seine Finanzmittel aufzustocken und den Markt hinsichtlich seiner Fähigkeit, fällige Verbindlichkeiten einzulösen, zu beruhigen. Auch wenn die Vorschussvereinbarung nie unterzeichnet wurde, wurde am Markt doch der Eindruck hervorgerufen, dass dieser Vorschuss existiert. Daraus konnte FT an sich ein Vorteil erwachsen, da der Markt die Finanzlage des Unternehmens nunmehr für solider hielt (57). Dies hätte die Kreditkonditionen von FT beeinflussen können. Damit steht also fest, dass eine Begünstigung von FT durch die vom Staat im Dezember 2002 ergriffenen Maßnahmen gegeben war.

(149)

Allerdings wird eine Maßnahme nicht als Vorteil angesehen und fällt somit nicht unter den Begriff „staatliche Beihilfe“, wenn das begünstigte Unternehmen denselben Vorteil, der ihm aus Staatsmitteln gewährt wurde, unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte erhalten können, wobei diese Beurteilung bei öffentlichen Unternehmen grundsätzlich unter Anwendung des Kriteriums des umsichtigen privaten Kapitalgebers erfolgt.

(150)

Vorliegend ist daher zu prüfen, ob ein privater Kapitalgeber von vergleichbarer Größe unter den gleichen Umständen im Dezember 2002 angesichts der zum Zeitpunkt der Kapitalzuführungen verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen hätte veranlasst werden können, in diesem Umfang Kapital zuzuführen (58). Die Anwendung des Kriteriums des umsichtigen privaten Kapitalgebers ist somit auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die staatliche Maßnahme zur finanziellen Unterstützung, die als staatliche Beihilfe eingestuft werden könnte, getroffen wurde (59), d. h. zwischen dem 4. Dezember 2002 und dem 20. Dezember 2002.

(151)

In der Tat müssen die Ankündigung vom 4. Dezember 2002 und das Angebot eines Aktionärsvorschusses vom 20. Dezember 2002 zusammen geprüft werden (60).

(152)

Im Dezember 2002 wird deutlich, dass das Vertrauen der Finanzmärkte in die weitere Zukunft von FT wiederhergestellt ist und sich die Bewertung von FT — insbesondere dank der FT-intern getroffenen Umstrukturierungs- und Turnaround-Maßnahmen — halten kann; dazu gehören u. a. die Berufung der neuen Konzernleitung und die Erarbeitung des Plans Ambition 2005 von Oktober bis Dezember 2002, demzufolge insbesondere die Umsetzung eines Plans zur Verbesserung der operativen Performance des Unternehmens („TOP-Plan“) vorgesehen war.

(153)

Zur Beurteilung des Aktionärsvorschusses ist vor allem zu klären, ob die Beteiligung an der Eigenkapitalaufstockung als solche die normalen Marktbedingungen erfüllt.

5.3.1.   Beteiligung an der Eigenkapitalaufstockung

(154)

Für die Beteiligung Frankreichs an der Eigenkapitalaufstockung wurde die Vorlage eines glaubwürdigen Umstrukturierungsplans für FT am Markt zur Auflage gemacht. Der Plan Ambition 2005 und der TOP-Plan bilden zusammen einen in sich stimmigen, umfassenden und rationalen Plan, der es insbesondere ermöglicht, durch operative Verbesserungen und den Verkauf von nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerten einen Cashflow von15 Mrd. EUR zu generieren.

(155)

Der TOP-Plan stellt einen Kraftakt für FT dar. Es handelt sich um einen umfassenden Plan zur Neuausrichtung des Managements, der sich auf konkrete Maßnahmen stützt. Nach Darstellung der französischen Behörden ermöglichte der Plan eine Rentabilitätssteigerung des Unternehmens mit einer Kapitalrendite („Return on Investment“, ROI) von 43 % bis 2005 für Investoren, die sich an der Kapitalerhöhung im April 2003 beteiligt hatten; damit lag die Rendite deutlich über dem Standard-ROI (11 %), den ein privater Kapitalgeber in der Telekommunikationsbranche erwarten konnte. Zum TOP-Plan gehört auch ein Paket zur Optimierung des Belegschaftsmanagements.

(156)

Hinsichtlich der erwarteten Rendite haben die französischen Behörden klargestellt, dass auch die hohen Rentabilitätschancen des TOP-Plans, die sich durch die positive Aufnahme am Markt bestätigt haben, belegen, dass nicht gegen den Grundsatz des umsichtigen privaten Kapitalgebers verstoßen wurde. Der Kurs der FT-Aktie zog am 2. Oktober 2002 nach Bekanntgabe der Berufung des neuen Konzernchefs (um mehr als 10,4 % in der Woche vom 2. Oktober) an, und die positive Kursentwicklung setzte sich mit Bekanntgabe des TOP-Plans und des neuen Geschäftsvorstands am 5. Dezember 2002 auf breiter Front fort, was zu einem Anstieg von über 25 % innerhalb von zwei Tagen führte.

(157)

Die Durchführung der Kapitalerhöhung wurde gestartet, sobald es technisch möglich war, dem Staat und den Kapitalgebern die aktualisierten Aussagen zu den operativen Aussichten von FT vorzulegen.

(158)

Dem Staat lag bereits die Zusage des Bankenkonsortiums vor, die an die Vorlage eines glaubwürdigen Plans am Markt geknüpft war; der Staat hatte bereits Ende November alle Fakten in der Hand und konnte angesichts der positiven Reaktion der Märkte auf die Berufung der neuen Konzernleitung davon ausgehen, dass diese Auflage erfüllt werden würde. Neben der von einem Bankenkonsortium im September 2002 abgegebenen Zusage, für den für Privatanleger bestimmten Teil der Kapitalerhöhung von FT zu bürgen, sind weitere wesentliche Umstände zu berücksichtigen, d. h. der Verkauf nicht strategischer Vermögenswerte zwischen Juli und Dezember 2002 in Höhe von ca. 2,5 Mrd. EUR, die Berufung der neuen Konzernleitung im Oktober 2002 und die Beilegung des Rechtsstreits zwischen FT und dem deutschen Betreiber Mobilcom im November 2002 (61). All dies hat zu einer deutlichen Verbesserung der operativen Perspektiven und der Performance von FT in der zweiten Jahreshälfte 2002 geführt.

(159)

Zu dem Zeitpunkt, als die Investitionsentscheidung getroffen wurde, war FT kein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien. Der Unternehmensumsatz stieg nämlich stetig an (10 %iges Wachstum zwischen dem ersten Halbjahr 2001 und dem ersten Halbjahr 2002); der Cashflow (Brutto-Eigenfinanzierungsmarge) bewegte sich auf hohem Niveau und wuchs schneller als der Umsatz. Die französischen Behörden betonten, dass die Verluste hauptsächlich auf Sonderrückstellungen und Sonderabschreibungen für Wertminderungen von Vermögenswerten, die vor der ganz unvorhersehbaren Trendwende an den Märkten erworben worden waren, zurückzuführen waren. Sie führten ferner aus, dass die betrieblichen Aufwendungen von FT nicht so schnell stiegen wie der Umsatz, was bedeutete, dass das Unternehmen immer rentabler wurde. Auch beim operativen Ergebnis und operativen Cashflow waren Zuwächse zu verzeichnen (+ 15 % beim Cashflow gegenüber dem ersten Halbjahr 2001). Diese Leistungen haben sich mit Veröffentlichung des Rechnungsabschlusses 2002 bestätigt. FT stand auch nicht mehr vor der Zahlungsunfähigkeit.

(160)

FT hatte im Jahr 2002 Zugang zu den Finanzmärkten, und zwischen dem 11. Juli 2002 und dem 15. Januar 2003 (62) standen FT alle Finanzinstrumente offen. Die französischen Behörden wiesen nicht zuletzt darauf hin, dass FT am 14. Februar 2002 die Bereitstellung einer Konsortialkreditlinie von 15 Mrd. EUR ausgehandelt und im Laufe des Jahres 2002 Anleihen aufgelegt hatte (63), darunter in Aktien rückzahlbare Schuldverschreibungen in Höhe von 442,2 Mio. EUR.

(161)

Das Vertrauen der Finanzmärkte in eine Sanierung der Finanzstruktur von FT kann auch damit begründet werden, dass die Verluste hauptsächlich auf Sonderrückstellungen und Sonderabschreibungen durch Wertminderungen von Vermögenswerten, die vor der völlig unvorhersehbaren Trendwende an den Märkten erworben worden waren, zurückzuführen waren und die betrieblichen Aufwendungen von FT nicht so schnell stiegen wie der Umsatz. Im Übrigen zeigten das operative Ergebnis und der operative Cashflow eine steigende Tendenz.

(162)

Der Staat als Aktionär hatte alle Maßnahmen ergriffen, um sich die Beteiligung öffentlicher und privater Aktionäre an der Kapitalaufstockung bei FT zu sichern. So fällt die Absichtserklärung des Staates, sich an der Verstärkung des Eigenkapitals zu beteiligen, auf den 12. September 2002 (64). Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Bankenkonsortium bereits fest zugesagt, zu gegebener Zeit für den erfolgreichen Abschluss einer Kapitalerhöhung zu bürgen und zwar in dem Umfang, wie diese für die privaten Anleger an der Seite des öffentlichen Anteilseigners bestimmt war, immer vorausgesetzt, es würde ein für glaubwürdig gehaltener Turnaround-Plan am Markt bekannt gegeben. Den französischen Behörden zufolge wurde die Beteiligung des Staats von der Ankündigung eines vom Markt für glaubwürdig gehaltenen Plans abhängig gemacht, und vor der förmlichen Zusage der Banken hat sich der Staat auch nicht bindend verpflichtet. Bei der Transaktion galten für staatliche Träger und alle privaten Wirtschaftsteilnehmer, die sich an der Eigenkapitalaufstockung beteiligten, dieselben Konditionen.

(163)

Außerdem bilden die 15 Mrd. EUR von den Aktionären nur ein Drittel der Gelder, die zur Stützung der finanziellen Umstrukturierung von FT aufgebracht werden.

5.3.2.   Das Angebot eines Aktionärsvorschusses und dessen Ankündigung am 4. Dezember 2002

(164)

Sobald die Voraussetzung erfüllt war, an die die Verpflichtung des Bankenkonsortiums geknüpft war, d. h. die Ankündigung eines glaubwürdigen Turnaround-Plans am Markt, gab der Staat am 4. Dezember 2002 den Aktionärsvorschuss für FT bekannt.

(165)

Unter diesen besonderen Umständen wäre es für einen umsichtigen marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgeber in einer weitgehend vergleichbaren Lage wie der Staat, der Mehrheitsaktionär von FT ist, vernünftig gewesen, FT hierfür mündlich seine Unterstützung zu erteilen. Der Aktionärsvorschuss durch den Mehrheitsaktionär Staat war angesichts der geplanten Investition im vorliegenden Fall mit einem geringen Risiko verbunden, rentabel und — in Erwartung einer Kapitalerhöhung (unter gleichen Bedingungen) — durchaus üblich, um die Vermögensinteressen des Mehrheitsaktionärs zu schützen, solange es aus terminlichen Gründen nicht möglich war, FT im Dezember zu rekapitalisieren.

(166)

Wie FT nämlich erläutert, reduziert sich das Marktöffnungsfenster Ende November erheblich. Die Anleger müssen den Rechnungsabschluss zum 31. Dezember berücksichtigen, und die Abwicklung einer so umfangreichen Transaktion ist heikel. Außerdem sind für die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung zur Genehmigung einer Kapitalerhöhung mindestens 15 Tage Vorlauf und für die Durchführung der Transaktion eine Frist von 30 Tagen erforderlich.

(167)

Der Vorschuss ist befristet und dient zur Überbrückung bis zur Kapitalerhöhung, bei der Vieles auf einen erfolgreichen Verlauf hindeutet. FT hat mehrere Beispiele für zum damaligen Zeitpunkt geleistete Aktionärsvorschüsse angeführt, um zu untermauern, dass ein Vorschuss des Mehrheitsaktionärs, der bei der Kapitalerhöhung in Kapital umgewandelt wird, durchaus üblich ist.

(168)

Der Aktionärsvorschuss von Italenergia Bis an Edison in Höhe von 1 Mrd. EUR wurde anlässlich einer Kapitalerhöhung bei Edison 2003 in Kapital umgewandelt.

(169)

Mit Blick auf die Umstrukturierung und den Börsengang von Thus an der London Stock Exchange hat Scottish Power einen Vorschuss von 320 Mio. GBP gewährt, wovon 260 Mio. GBP in Kapital umgewandelt wurden; der nicht in Anspruch genommene Restbetrag wurde annuliert.

(170)

2002 haben sich America Movil und Bell Canada International an der Seite eines weiteren Investors an der finanziellen Umstrukturierung ihrer gemeinsamen südamerikanischen Tochtergesellschaft Telecom Americas beteiligt. 120 Mio. USD wurden in Form eines Aktionärsdarlehens gewährt, das zwei Jahre später über Aktien von Telecom Americas refinanziert werden sollte.

(171)

Bei der Kapitalerhöhung von Ericsson wurde die Zusage des Hauptaktionärs (Industrivärden und Investor) im Rahmen einer Ankündigung des Unternehmens im April 2002 gemacht, obwohl die Maßnahme erst im Juni 2002 genehmigt und im August 2002 durchgeführt wurde.

(172)

Bei der Kapitalerhöhung von Fiat im Juli 2003 wurde die Absicht der Hauptaktionäre, im Verhältnis zu ihrem Kapitalanteil neue Aktien zu zeichnen, im März 2003 öffentlich bekannt gegeben.

(173)

Angesichts dieser Beispiele und der besonderen Situation von FT im Dezember 2002 kann die Kommission nicht ausschließen, dass sich der Staat im Dezember 2002 FT gegenüber so verhalten hat, wie dies ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber in einer vergleichbaren Lage als Mehrheitsaktionär von FT getan hätte.

5.3.3.   Schlussfolgerung

(174)

Die geprüfte Maßnahme, d. h. die Ankündigung des Aktionärsvorschusses vom 4. Dezember 2002 in Verbindung mit dem Angebot eines Aktionärsvorschusses vom 20. Dezember 2002, erfüllt somit das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers. Infolgedessen darf diese Maßnahme nicht als Vorteil für FT angesehen werden.

5.4.   Die sonstigen Bedingungen gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV

(175)

Gemäß ständiger Rechtsprechung setzt die Einstufung als „Beihilfe“ im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV voraus, dass alle in diesem Artikel genannten Voraussetzungen erfüllt sind. (65) Da kein aus staatlichen Mitteln gewährter Vorteil für FT im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV vorliegt, erübrigt es sich, zu prüfen, ob die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Beihilfe erfüllt sind.

6.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(176)

Die Kommission stellt fest, dass der Aktionärsvorschuss, den Frankreich FT im Dezember 2002 in Form einer Kreditlinie von 9 Mrd. EUR gewährt hat, keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellt —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der Aktionärsvorschuss, den Frankreich France Télécom im Dezember 2002 in Form einer Kreditlinie von 9 Mrd. EUR gewährt hat, stellt keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 18. Mai 2018

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)   ABl. C 57 vom 12.3 2003, S. 5.

(2)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten. Die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahme auf die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist.

(3)  Siehe Fußnote 1.

(4)  2003/S 103-091487.

(5)  Entscheidung 2006/621/EG der Kommission vom 2. August 2004 über die staatliche Beihilfe, die Frankreich zugunsten von France Télécom gewährt hat (ABl. L 257 vom 30.9.2006, S. 11).

(6)  Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2015, Frankreich/Kommission, T-425/04, T-444/04, T-450/04 und T-456/04, ECLI:EU:T:2010:216.

(7)  Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C-399/10 P und C-401/10 P, ECLI:EU:C:2013:175.

(8)  Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2015, Frankreich und Orange/Kommission, T-425/04 RENV und T-444/04 RENV, ECLI:EU:T:2015:450.

(9)  Urteil des Gerichtshofs vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C-486/15 P, ECLI:EU:C:2016:912.

(10)  Der Einstieg bei Mobilcom erfolgte unter schwierigen Umständen mit einem sehr hohen Beteiligungsumfang von 3,7 Mrd. EUR für 28,5 % des Kapitals; damit wurde der Mobilfunkbetreiber mit dem 80-fachen seines EBITDA bewertet (gegenüber einem ungefähren Börsenwert des 65-fachen EBITDA vor den Gerüchten über das Geschäft). Im Sommer 2002 machte ein Audit über die Zukunftschancen von Mobilcom die extreme Anfälligkeit des Unternehmens deutlich, und dass es offensichtlich unmöglich sei, mit dieser Investition Gewinn zu erzielen (Bericht im Namen des Untersuchungsausschusses über die Führung öffentlicher Unternehmen und zur Verbesserung der Entscheidungsfindung, der am 3. Juli 2003 beim Präsidium der Nationalversammlung registriert wurde).

(11)   Les Echos Nr. 18695, Frankreich, 12. Juli 2002, S. 2.

(12)   Off Watch; Outlook Stable; Teleconf 3:30PM BST Today, Standard & Poor's Ratings direct, 12. Juli 2002.

(13)  Pressekommuniqué des Wirtschafts- und Finanzministers vom 13. September 2002, Finanzlage von France Télécom.

(14)  Moody's Investors Services, 13. September 2002. Im maßgeblichen Teil des Pressekommuniqués heißt es: „Moody's have taken increased comfort from the governments statement, which once again confirmed their strong support for FT. Whilst Moody's concerns regarding the overall level of financial risk and particularly FT's weak liquidity position remain, Moody's has grown more comfortable with expectation that the French government will act in a supportive manner, if FT started to encounter difficulties with its debt repayment schedule“.

(15)  Pressekommuniqué des Wirtschafts- und Finanzministers vom 2. Oktober 2002.

(16)  FT-Pressekommuniqué vom 5. Dezember 2002, S. 1.

(17)  Research France Télécom, Standard & Poor's ratings direct, 17. Dezember 2002: „Since July 2002, support from the French state has been a key rating factor, underpinning the group's investment-grade status.“ Dieses Statement folgte auf die Erklärung vom 5. Dezember 2002: „Standard & Poor's rating services said today that it has affirmed its BBB- long term and A-3 short term corporate credit ratings [on FT] … Since July 2002 Standard & Poor's has indicated that expected support from FT's 56 % shareholder, the French State, is a likely factor underpinning the group investment-grade status. The French State's announcement today that it will immediately grant a 9 EUR billion shareholder loan to help FT face its 2003 debt obligations is viewed by Standard & Poor's as strong evidence of this support.“

(18)  Research France Télécom, Standard & Poor's ratings direct, 17. Dezember 2002: „The state's December 2002 announcement that it will grant a EU-9 billion shareholder loan, coupled with its commitment to subscribe to a EU-15 billion capital increase, underscores this support and provides significant credit protection for FT's debtholders. …, FT and the state's targets in this respect meet Standard & Poor's expectations for the ratings. While market conditions may challenge the operation, the state's commitment to subscribe to the equity injection — so as to at least maintain its stake — strongly mitigates execution risks.“

(19)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten [Mitteilung an die Mitgliedstaaten mit Vorschlägen zu nützlichen Maßnahmen (ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2)].

(20)  Vermerk von Herrn Sureau vom 14. Januar 2004.

(21)  Firmiert jetzt unter dem Namen Neuf Télécom.

(22)  Dekret Nr. 2002-1409 vom 2. Dezember 2002 zur Änderung des Erlasses Nr. 65-1117 vom 17. Dezember 1967 über die Verwaltungs- und Finanzorganisation von ERAP.

(23)  Artikel 80 des Gesetzes Nr. 2002-1576 vom 30. Dezember 2002 über den Nachtragshaushalt für 2002.

(24)  Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).

(25)  Die französischen Behörden nannten insbesondere die Ausgabe von Anleihen, Kreditlinien, Commercial Papers, kurzfristige Kredite, Verbriefungsgeschäfte und Derivate.

(26)  Zwischen dem 26. Juli 2002 und der Vorlage des Plans Ambition 2005 am 4. Dezember 2002 legte FT eine Anleihe über 70 Mio. EUR (am 26. Juli 2002) und eine fungible Tranche von 150 Mio. EUR auf, die gegen die im März 2001 ausgegebene Anleihe über 3,5 Mrd. EUR getauscht werden konnte.

(27)  Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2000, Alitalia/Kommission, T-296/97, ECLI:EU:T:2000:289.

(28)  Entscheidung 2001/89/EG der Kommission vom 23. Juni 1999 über die bedingte Genehmigung der von Frankreich der Bank Crédit Foncier de France gewährten Beihilfe (ABl. L 34 vom 3.2.2001, S. 36).

(29)  Stellungnahme der französischen Behörden vom 29. Juli 2003, S. 8.

(30)  Stellungnahme der französischen Behörden vom 29. Juli 2003, S. 9.

(31)  Stellungnahme der französischen Behörden vom 29. Juli 2003, S. 8.

(32)  Stellungnahme der französischen Behörden vom 29. Juli 2003, S. 9.

(33)  Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1996 im Fall Air France/Kommission, T-358/94, ECLI:EU:T:1996:194; siehe auch Entscheidung 94/662/EG der Kommission vom 27. Juli 1994 über die Zeichnung von CDC-Participations (ABl. L 258, 6.10.1994, S. 26).

(34)  Urteil des Gerichtshofs vom 15. März 1994, Banco Exterior de España, C-387/92, ECLI:EU:C:1994:100, Randnr. 13; Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C-156/98, ECLI:EU:C:2000:467, Randnr. 25; Urteil des Gerichts vom 13. Juni 2000, EPAC/Kommission, T-204/97 und T-270/97, ECLI:EU:T:2000:148.

(35)  Urteil des Gerichtshofs vom 14. November 1984, Intermills/Kommission, C-323/82, ECLI:EU:C:1984:345, Randnr. 31; Urteil des Gerichts vom 27. Januar 1998, Ladbroke/Kommission, T-67/94, ECLI:EU:T:1998:7, Randnr. 52.

(36)  Urteil des Gerichtshofs vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C-399/08 P, ECLI:EU:C:2010:481, Randnr. 38 und dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C-524/14 P, ECLI:EU:C:2016:971, Randnr. 40; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group SA u. a., C-20/15 P und C-21/15 P, ECLI:EU:C:2016:981, Randnr. 53, und Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Kosice, C-300/16 P, ECLI:EU:C:2017:706, Randnr. 19.

(37)  Urteil des Gerichtshofs vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C-399/08 P, ECLI:EU:C:2010:481, Randnr. 39 und dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck, C-524/14 P, ECLI:EU:C:2016:971, Randnr. 40; Urteil des Gerichtshofs vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group SA u. a., C-20/15 P und C-21/15 P, ECLI:EU:C:2016:981, Randnr. 53, und Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Kosice, C-300/16 P, ECLI:EU:C:2017:706, Randnr. 19.

(38)  Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, C-278/92 bis C-280/92, ECLI:EU:C:1994:325, Randnr. 20 und dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, C-399/00 und C-328/99, ECLI:EU:C:2003:252, Randnr. 36 und dort angeführte Rechtsprechung.

(39)  Urteil des Gerichtshofs vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C-399/08 P, ECLI:EU:C:2010:481, Randnr. 40 und dort angeführte Rechtsprechung.

(40)  Randnrn. 70-72 des Bouygues-Urteils.

(41)  Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2015, Französische Republik/Kommission, T-425/04 RENV und T-444/04 RENV, ECLI:EU:T:2015:450.

(42)  Urteil des Gerichtshofs vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich, C-486/15 P, ECLI:EU:C:2016:912.

(43)  Siehe die Erklärungen des früheren FT-Firmenchefs Michel Bon in der Presse: Artikel in La Tribune vom 16. September 2002: „… die Herabstufung des Ratings verhindert die beabsichtigten Refinanzierungen“; Artikel in Le Monde vom 16. September 2002: „Die Verschlechterung des Ratings in Bezug auf die Schuldtitel von FT durch die Ratingagentur Moody's Ende Juni … hat uns den Zugang zum Markt versperrt“; Artikel in der Financial Times vom 16. September 2002: „FT cannot continue to survive when no one wants to lend us money and, on the contrary, when everyone wants to be paid on the nail. In the current markets, the refinancing of our debt is simply out of question.“

(44)  Manche sind sogar der Auffassung, dass sich das Unternehmen bei weiterer Herabstufung die erforderliche Liquidität am Markt nicht beschaffen hätte können. Vgl. beispielsweise den genannten Goldman-Sachs-Bericht vom 22. Juli 2002 auf S. 9: „If these bonds moved from the investment grade segment of the fixed income market, to ‚junk‘, i.e. high yield, they would swamp the current European high yield market … [and] we believe it would be difficult for the existing European investor base alone to absorb all France Telecom bonds.“

(45)  NERA-Gutachten: „The results of an event study analysing the effect on share and bond prices of the announcement on 12th July 2002. The study shows that there is a strong positive effect: as a result of the statement, market participants believed the cash flows that France Télécom would generate were going to be higher than they would have been otherwise. Moreover the effect is strongly statistically significant: it is not the result of random fluctuations in prices … The market believed that, as a result of the statement, the French Authorities would offer more support to France Télécom than they would do in the absence of any costs of non-performance“.

(46)  Bericht der Deutschen Bank vom 22. Juli 2002 mit dem Titel „ France Télécom/Deutsche Telekom Debt Liquidity and possible solution “, S. 19-33.

(47)   France Télécom LT Rating cut to „BBB-“; Off Watch; Outlook Stable; Teleconf 3:30PM BST Today, Standard & Poor's Ratings direct, 12. Juli 2002.

(48)   Board meeting presentation, France Télécom Auftrag „Bestandsaufnahme“, Dezember 2002, S. 36.

(49)  In einem gesonderten Anschreiben zu dem von der Bank Morgan Stanley am 12. September 2002 unterzeichneten Finanzprotokoll, in dem es um die Verpflichtung dieser Bank im Zusammenhang mit der geplanten Kapitalerhöhung des Unternehmens ging, macht der Vertreter der Bank in diesem Punkt unmissverständlich deutlich: „Wir halten die geplante Maßnahme unter den derzeitigen Bedingungen für schwierig, und die positive Reaktion der Märkte auf die Erklärungen und Mitteilungen, die Ende der Woche veröffentlicht werden sollen, wird ausschlaggebend sein, um die Voraussetzungen für die Durchführung dieser Maßnahme zu schaffen.“

(50)  Siehe FT form 20-F, März 2003, S. 15-16: „A decrease of one notch in its long term debt rating by S&P's and Moody's would automatically increase its annual interest expense by approximately EUR 75 million“.

(51)  Bei einer „Step-up“-Klausel steigen der Zinskupon für Anleihen und die Zinsen für Kreditlinien in dem Maße, wie sich die Bewertung verschlechtert.

(52)  Vereinbarungsprotokolle, die am 11. und 12. September 2002 vom Staat und von den Banken geschlossen wurden (Bedingung h).

(53)  Urteil des Gerichtshofs vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich, C-486/15 P, ECLI:EU:C:2016:912, Randnr. 142 und Randnummern des Urteils des Gerichts vom 2. Juli 2015, Französische Republik/Kommission, T-425/04 RENV und T-444/04 RENV, ECLI:EU:T:2015:450, auf das es verweist.

(54)  Urteil des Gerichtshofs vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich, C-486/15 P, ECLI:EU:C:2016:912, Randnr. 137 und Randnummern des Urteils des Gerichts vom 2. Juli 2015, Französische Republik/Kommission, T-425/04 RENV und T-444/04 RENV, ECLI:EU:T:2015:450, Randnr. 247.

(55)  Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2015, Französische Republik/Kommission, T-425/04 RENV und T-444/04 RENV, ECLI:EU:T:2015:450.

(56)  Urteil des Gerichtshofs vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich, C-486/15 P, ECLI:EU:C:2016:912.

(57)  Siehe zum Beispiel: „Moody's now expects that a combination of this facility headroom under the existing EUR 15 billion syndicated facility and the free cash flow will enable debt maturities of EUR 15 billion to be repaid during the next 12 months“, Moody's, 9. Dezember 2002.

(58)  Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2015, Französische Republik/Kommission, T-425/04 RENV und T-444/04 RENV, ECLI:EU:T:2015:450, Randnr. 220; Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, C-399/00 und C-328/99, ECLI:EU:C:2003:252, Randnr. 38 und dort angeführte Rechtsprechung.

(59)  Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2015, Französische Republik/Kommission, T-425/04 RENV und T-444/04 RENV, ECLI:EU:T:2015:450, Randnr. 251.

(60)  Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2013, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission u. a. und Kommission/Frankreich u. a., C-399/10 P und C-401/10 P, ECLI:EU:C:2013:175, Randnrn. 127-131.

(61)  Diese Elemente sind laut Urteil des Gerichts vom 2. Juli 2015, Französische Republik/Kommission, T-425/04 RENV und T-444/04 RENV, ECLI:EU:T:2015:450, Randnr. 230, relevant.

(62)  Die französischen Behörden nannten insbesondere die Ausgabe von Anleihen, Kreditlinien, Commercial Papers, kurzfristige Kredite, Verbriefungsgeschäfte und Derivate.

(63)  Vom 26. Juli 2002 bis zur Vorlage des Plans Ambition 2005 am 4. Dezember 2002 legte FT eine Anleihe über 70 Mio. EUR (26. Juli 2002) und eine fungible Tranche von 150 Mio. EUR auf, die gegen die im März 2001 ausgegebene Anleihe über 3,5 Mrd. EUR getauscht werden konnte.

(64)  Stellungnahme der französischen Behörden vom 29. Juli 2003, S. 8.

(65)  Urteil des Gerichtshofs, Kommission/Deutsche Post, C-399/08 P, ECLI:EU:C:2010:481, Randnr. 38 und dort angeführte Rechtsprechung.