22.11.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 306/19


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2017/2170 DES RATES

vom 15. November 2017

über Kontrollmaßnahmen für N-Phenyl-N-[1-(2-Phenylethyl)piperidin-4-yl]furan-2-Carboxamid (Furanylfentanyl)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf den Beschluss 2005/387/JI des Rates vom 10. Mai 2005 betreffend den Informationsaustausch, die Risikobewertung und die Kontrolle bei neuen psychoaktiven Substanzen (1), insbesondere Artikel 8 Absatz 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß dem Beschluss 2005/387/JI wurde in einer Sondersitzung des erweiterten Wissenschaftlichen Ausschusses der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) ein Bericht zur Bewertung der Risiken im Zusammenhang mit der neuen psychoaktiven Substanz N-Phenyl-N-[1-(2-Phenylethyl)piperidin-4-yl]furan-2-Carboxamid (Furanylfentanyl) verfasst und der Kommission und dem Rat am 24. Mai 2017 vorgelegt.

(2)

Furanylfentanyl ist ein synthetisches Opoid, das strukturelle Fentanyl ähnelt, einem geregelten Stoff, der in der Medizin häufig zur Vollnarkose bei Operationen und zur Schmerzbehandlung verwendet wird. Furanylfentanyl ähnelt strukturell auch Acetylfentanyl und Acryloylfentanyl; diese beiden Stoffe waren im Dezember 2015 und im November 2016 Gegenstand eines gemeinsamen Berichts der EBDD und Europols.

(3)

Furanylfentanyl ist mindestens seit Juni 2015 in der Union verfügbar und wurde bisher in 16 Mitgliedstaaten entdeckt. In den meisten Fällen wurde es als Pulver, aber auch in flüssiger Form oder als Tabletten sichergestellt. Die gefundenen Mengen sind relativ gering. Solche Mengen sollten jedoch vor dem Hintergrund der Wirksamkeit der Substanz gesehen werden.

(4)

Fünf Mitgliedstaaten haben insgesamt 22 mit Furanylfentanyl im Zusammenhang stehende Todesfälle gemeldet. In mindestens zehn dieser Fälle war Furanylfentanyl die Todesursache oder hat mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod beigetragen. Darüber hinaus haben drei Mitgliedstaaten elf akute, nicht tödlich verlaufene Vergiftungen, die mit Furanylfentanyl im Zusammenhang standen, gemeldet.

(5)

Es gibt keine Hinweise auf eine Beteiligung der organisierten Kriminalität an der Herstellung, dem Vertrieb und der Beschaffung von Furanylfentanyl innerhalb der Union. Die verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass Furanylfentanyl von in China ansässigen Chemieunternehmen produziert wird.

(6)

Furanylfentanyl wird über das Internet als „Forschungschemikalie“, zumeist in Pulverform und als gebrauchsfertiges Nasenspray, verkauft. Angeboten wird der Stoff in kleinen und großen Mengen. Die Hinweise aufgrund von Sicherstellungen deuten darauf hin, dass Furanylfentanyl möglicherweise auch auf dem illegalen Markt für Opioide verkauft wurde.

(7)

Es bestehen keine anerkannten Einsatzmöglichkeiten von Furanylfentanyl zu human- oder veterinärmedizinischen Zwecken in der Europäischen Union. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Furanylfentanyl neben seinem Einsatz als analytischer Referenzstandard und in der wissenschaftlichen Forschung zu anderen Zwecken genutzt werden könnte.

(8)

Der Risikobewertungsbericht zeigt, dass viele mit Furanylfentanyl im Zusammenhang stehende Fragen Folge des Mangels an Informationen zu den Risiken für die Gesundheit von Einzelpersonen sowie die öffentliche Gesundheit und die Gesellschaft sind und durch weitere Forschung geklärt werden könnten. Die vorhandenen Nachweise und Informationen zu den mit der Substanz verbundenen gesundheitlichen und sozialen Risiken, auch vor dem Hintergrund ihrer Ähnlichkeiten zu Fentanyl, geben jedoch ausreichenden Anlass dazu, unionsweite Kontrollmaßnahmen für Furanylfentanyl einzuführen.

(9)

Furanylfentanyl ist nicht auf der Liste der Substanzen verzeichnet, die gemäß dem Einheits-Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1971 über psychotrope Stoffe Kontrollmaßnahmen unterliegen. Der Stoff wird derzeit keiner Bewertung im Rahmen des Systems der Vereinten Nationen unterzogen.

(10)

Zehn Mitgliedstaaten haben Furanylfentanyl gesetzlichen Kontrollmaßnahmen aufgrund ihrer nationalen Drogenkontrollgesetze unterworfen und drei Mitgliedstaaten kontrollieren diese Substanz im Rahmen sonstiger legislativer Maßnahmen; die Einführung unionsweiter Kontrollmaßnahmen für diese Substanz würde daher dazu beitragen, Probleme bei der grenzübergreifenden Strafverfolgung und justiziellen Zusammenarbeit zu vermeiden und die Union vor den mit der Verfügbarkeit und dem Konsum der Substanz verbundenen Risiken zu schützen.

(11)

Durch den Beschluss 2005/387/JI werden dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen, damit auf Unionsebene zügig und fachkompetent auf von den Mitgliedstaaten ermittelte und gemeldete neue psychoaktive Substanzen reagiert werden kann, indem diese Substanzen unionsweit Kontrollmaßnahmen unterworfen werden. Da die Voraussetzungen und das Verfahren für die Ausübung derartiger Durchführungsbefugnisse erfüllt bzw. eingehalten wurden, sollte ein Durchführungsbeschluss erlassen werden, um Furanylfentanyl in der gesamten Union Kontrollmaßnahmen zu unterwerfen.

(12)

Dänemark ist durch den Beschluss 2005/387/JI gebunden und beteiligt sich daher an der Annahme und Anwendung des vorliegenden Beschlusses zur Durchführung des Beschlusses 2005/387/JI.

(13)

Irland ist durch den Beschluss 2005/387/JI gebunden und beteiligt sich daher an der Annahme und Anwendung des vorliegenden Beschlusses zur Durchführung des Beschlusses 2005/387/JI.

(14)

Das Vereinigte Königreich ist nicht durch den Beschluss 2005/387/JI gebunden und beteiligt sich daher nicht an der Annahme des vorliegenden Beschlusses zur Durchführung des Beschlusses 2005/387/JI und ist weder durch diesen gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die neue psychoaktive Substanz N-Phenyl-N-[1-(2-Phenylethyl)piperidin-4-yl]furan-2-Carboxamid (Furanylfentanyl) wird unionsweit Kontrollmaßnahmen unterworfen.

Artikel 2

Die Mitgliedstaaten ergreifen im Einklang mit ihren nationalen Rechtsvorschriften bis spätestens 19. November 2018 die Maßnahmen, die erforderlich sind, um die in Artikel 1 beschriebene neue psychoaktive Substanz den Kontrollmaßnahmen und strafrechtlichen Sanktionen zu unterwerfen, die in den Rechtsvorschriften vorgesehen sind, mit denen sie ihren Verpflichtungen aus dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1971 über psychotrope Stoffe nachkommen.

Artikel 3

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Dieser Beschluss wird gemäß den Verträgen angewandt.

Geschehen zu Brüssel am 15. November 2017.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. AAB


(1)  ABl. L 127 vom 20.5.2005, S. 32.

(2)  Stellungnahme vom 24. Oktober 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).