1.4.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 95/1


INTERINSTITUTIONELLE VEREINBARUNG

vom 12. März 2014

zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Übermittlung an und die Bearbeitung durch das Europäische Parlament von im Besitz des Rates befindlichen Verschlusssachen in Bezug auf Angelegenheiten, die nicht unter die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik fallen

(2014/C 95/01)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT —

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 14 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) wird das Europäische Parlament gemeinsam mit dem Rat als Gesetzgeber tätig, übt mit ihm gemeinsam die Haushaltsbefugnisse aus und erfüllt Aufgaben der politischen Kontrolle und Beratungsfunktionen nach Maßgabe der Verträge.

(2)

Artikel 13 Absatz 2 EUV sieht vor, dass jedes Organ nach Maßgabe der ihm in den Verträgen zugewiesenen Befugnisse nach den Verfahren, Bedingungen und Zielen handelt, die in den Verträgen festgelegt sind. Diese Bestimmung sieht auch vor, dass die Organe loyal zusammenarbeiten. Nach Artikel 295 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) regeln das Europäische Parlament und der Rat, unter anderem, die Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit und können dazu unter Wahrung der Verträge interinstitutionelle Vereinbarungen schließen, die auch bindenden Charakter haben können.

(3)

In den Verträgen bzw. gegebenenfalls anderen einschlägigen Bestimmungen ist vorgesehen, dass der Rat im Rahmen besonderer Gesetzgebungsverfahren oder anderer Beschlussfassungsverfahren vor der Annahme eines Rechtsakts das Europäische Parlament anhört oder dessen Zustimmung einholt. Die Verträge sehen ferner vor, dass das Europäische Parlament in bestimmten Fällen über die Fortschritte bzw. die Ergebnisse eines konkreten Verfahrens unterrichtet oder an der Bewertung oder Kontrolle bestimmter Agenturen der Union beteiligt wird.

(4)

Insbesondere ist in Artikel 218 Absatz 6 AEUV vorgesehen, dass der Rat — außer, wenn eine internationale Übereinkunft ausschließlich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betrifft — den Beschluss über den Abschluss der betreffenden Übereinkunft nach Zustimmung oder Anhörung des Europäischen Parlaments erlässt; deshalb werden alle internationalen Übereinkünfte, die nicht ausschließlich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betreffen, von dieser Interinstitutionellen Vereinbarung erfasst.

(5)

Nach Artikel 218 Absatz 10 AEUV wird das Europäische Parlament in allen Phasen des Verfahrens unverzüglich und umfassend unterrichtet; diese Bestimmung gilt auch für Übereinkünfte, die die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betreffen.

(6)

Für Fälle, in denen die Umsetzung der Verträge und gegebenenfalls anderer einschlägiger Bestimmungen den Zugang des Europäischen Parlaments zu im Besitz des Rates befindlichen Verschlusssachen erfordern würde, sollten zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat geeignete Zugangsregelungen vereinbart werden.

(7)

Beschließt der Rat, dem Europäischen Parlament Zugang zu im Besitz des Rates befindlichen Verschlusssachen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu gewähren, so fasst er je nach Sachlage entweder einen Ad-hoc-Beschluss oder er wendet die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 20. November 2002 zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über den Zugang des Europäischen Parlaments zu sensiblen Informationen des Rates im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik (1) (im Folgenden „Interinstitutionelle Vereinbarung vom 20. November 2002“) an.

(8)

In der Erklärung der Hohen Vertreterin über die politische Rechenschaftspflicht (2), die bei Annahme des Beschlusses 2010/427/EU des Rates vom 26. Juli 2010 über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes (3) abgegeben wurde, wird darauf hingewiesen, dass die Hohe Vertreterin die bestehenden Bestimmungen über den Zugang der Mitglieder des Europäischen Parlaments zu Verschlusssachen und Informationen im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik (d. h. die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 20. November 2002) überprüfen und erforderlichenfalls entsprechende Anpassungen vorschlagen wird.

(9)

Es ist wichtig, dass das Europäische Parlament an den Prinzipien, Standards und Vorschriften für den Schutz von Verschlusssachen, die erforderlich sind, um die Interessen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten zu schützen, beteiligt ist. Außerdem wird das Europäische Parlament in der Lage sein, dem Rat Verschlusssachen zur Verfügung zu stellen.

(10)

Am 31. März 2011 hat der Rat den Beschluss 2011/292/EU über die Sicherheitsvorschriften für den Schutz von EU-Verschlusssachen (4) (im Folgenden „Sicherheitsvorschriften des Rates“) erlassen.

(11)

Am 6. Juni 2011 hat das Präsidium des Europäischen Parlaments einen Beschluss über die Regeln zur Behandlung vertraulicher Informationen durch das Europäische Parlament (5) (im Folgenden „Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments“) erlassen.

(12)

Die Sicherheitsvorschriften der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sollten zusammen einen umfassenden und kohärenten allgemeinen Rahmen innerhalb der Europäischen Union für den Schutz von Verschlusssachen bilden und die Gleichwertigkeit von Grundprinzipien und Mindeststandards sicherstellen. Die in den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments und in den Sicherheitsvorschriften des Rates festgelegten Grundprinzipien und Mindeststandards sollten daher gleichwertig sein.

(13)

Das im Rahmen der Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments gewährleistete Schutzniveau für Verschlusssachen sollte dem durch die Sicherheitsvorschriften des Rates gewährten Schutzniveau für Verschlusssachen gleichwertig sein.

(14)

Die zuständigen Dienststellen des Generalsekretariats des Europäischen Parlaments und des Generalsekretariats des Rates arbeiten eng zusammen, um sicherzustellen, dass für Verschlusssachen in beiden Organen ein gleichwertiges Schutzniveau gilt.

(15)

Diese Vereinbarung berührt nicht die bestehenden und künftigen nach Artikel 15 Absatz 3 AEUV erlassenen Vorschriften für den Zugang zu Dokumenten, die nach Artikel 16 Absatz 2 AEUV erlassenen Vorschriften für den Schutz personenbezogener Daten, die nach Artikel 226 Absatz 3 AEUV erlassenen Vorschriften zum Untersuchungsrecht des Europäischen Parlaments und die einschlägigen Bestimmungen über das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) —

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

Diese Vereinbarung enthält Regelungen für die Übermittlung an und die Bearbeitung durch das Europäische Parlament von im Besitz des Rates befindlichen Verschlusssachen in Bezug auf nicht unter die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik fallende Angelegenheiten, die für das Europäische Parlament für die Wahrnehmung seiner Befugnisse und Aufgaben von Bedeutung sind. Sie betrifft alle derartigen Angelegenheiten, nämlich

a)

Vorschläge, auf die ein besonderes Gesetzgebungsverfahren oder ein anderes Beschlussfassungsverfahren, bei dem das Europäische Parlament anzuhören oder seine Zustimmung einzuholen ist, Anwendung findet,

b)

internationale Übereinkünfte, zu denen nach Artikel 218 Absatz 6 AEUV das Europäische Parlament anzuhören oder seine Zustimmung einzuholen ist,

c)

Verhandlungsrichtlinien für internationale Übereinkünfte nach Buchstabe b,

d)

Tätigkeiten, Evaluierungsberichte oder sonstige Dokumente, über die das Europäische Parlament zu unterrichten ist, und

e)

Dokumente über die Tätigkeiten derjenigen Agenturen der Union, an deren Bewertung oder Kontrolle das Europäische Parlament zu beteiligen ist.

Artikel 2

Definition des Begriffs „Verschlusssachen“

Für die Zwecke dieser Vereinbarung bezeichnet der Begriff „Verschlusssachen“ einzelne oder alle der folgenden Arten von Informationen:

a)

„EU‐Verschlusssachen“ (EU‐VS) im Sinne der Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments und der Sicherheitsvorschriften des Rates, die mit einer der nachstehenden Verschlusssachenkennzeichnungen versehen sind:

RESTREINT UE/ EU RESTRICTED;

CONFIDENTIEL UE/ EU CONFIDENTIAL;

SECRET UE/ EU SECRET;

TRÈS SECRET UE/ EU TOP SECRET;

b)

Verschlusssachen, die dem Rat von den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden und deren nationale Verschlusssachenkennzeichnung einer der unter Buchstabe a aufgeführten Verschlusssachenkennzeichnungen für EU-VS gleichwertig ist;

c)

Verschlusssachen, die der Europäischen Union von Drittstaaten oder internationalen Organisationen zur Verfügung gestellt werden und deren Verschlusssachenkennzeichnung einer der unter Buchstabe a aufgeführten Verschlusssachenkennzeichnungen für EU-VS gleichwertig ist, nach Maßgabe der jeweiligen Geheimschutzabkommen oder Verwaltungsvereinbarungen.

Artikel 3

Schutz von Verschlusssachen

(1)   Das Europäische Parlament schützt Verschlusssachen, die ihm vom Rat zur Verfügung gestellt werden, gemäß seinen Sicherheitsvorschriften und gemäß dieser Vereinbarung.

(2)   Da die Gleichwertigkeit der vom Europäische Parlament und vom Rat in ihren jeweiligen Sicherheitsvorschriften festgelegten Grundprinzipien und Mindeststandards für den Schutz von Verschlusssachen aufrechtzuerhalten ist, stellt das Europäische Parlament sicher, dass die in seinen Räumlichkeiten geltenden Sicherheitsmaßnahmen ein Schutzniveau für Verschlusssachen gewährleisten, das dem in den Räumlichkeiten des Rates für Verschlusssachen gewährleisteten Schutzniveau gleichwertig ist. Die einschlägigen Dienststellen des Europäischen Parlaments und des Rates arbeiten zu diesem Zweck eng zusammen.

(3)   Das Europäische Parlament ergreift geeignete Maßnahmen um sicherzustellen, dass Verschlusssachen, die ihm vom Rat zur Verfügung gestellt werden,

a)

nicht für andere Zwecke als diejenigen, für die der Zugang gewährt wurde, verwendet werden;

b)

nicht gegenüber anderen als denjenigen Personen, denen gemäß den Artikeln 4 und 5 Zugang gewährt wurde, offengelegt oder veröffentlicht werden;

c)

nicht ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Rates an andere Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union oder an Mitgliedstaaten, Drittstaaten oder internationale Organisationen weitergegeben werden.

(4)   Der Rat darf dem Europäischen Parlament Zugang zu Verschlusssachen, die von anderen Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union oder aus Mitgliedstaaten, Drittstaaten oder internationalen Organisationen stammen, nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Urhebers gewähren.

Artikel 4

Personeller Geheimschutz

(1)   Zugang zu Verschlusssachen wird Mitgliedern des Europäischen Parlaments gemäß Artikel 5 Absatz 4 gewährt.

(2)   Zu Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrads CONFIDENTIEL UE/EU CONFIDENTIAL, SECRET UE/EU SECRET oder TRÈS SECRET UE/EU TOP SECRET oder eines gleichwertigen Geheimhaltungsgrads erhalten nur vom Präsidenten des Europäischen Parlaments ermächtigte Mitglieder des Europäischen Parlaments Zugang,

a)

die einer Sicherheitsüberprüfung im Einklang mit den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments unterzogen worden sind oder

b)

für die eine Mitteilung einer zuständigen Behörde bestätigt, dass sie aufgrund ihrer Aufgaben gemäß den nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ordnungsgemäß ermächtigt worden sind.

Ungeachtet des Unterabsatzes 1 kann im Falle von Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrads CONFIDENTIEL UE/EU CONFIDENTIAL oder eines gleichwertigen Geheimhaltungsgrads auch den gemäß Artikel 5 Absatz 4 festgelegten Mitgliedern des Europäischen Parlaments Zugang gewährt werden, die eine förmliche Geheimhaltungserklärung gemäß den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments unterzeichnet haben. Dem Rat werden die Namen der Mitglieder des Europäischen Parlaments mitgeteilt, die nach diesem Unterabsatz Zugang erhalten haben.

(3)   Bevor ihnen Zugang zu Verschlusssachen gewährt wird, werden die Mitglieder des Europäischen Parlaments im Einklang mit den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments über ihre Verantwortlichkeiten zum Schutz solcher Informationen belehrt und erkennen diese an; ferner werden sie über die Mittel zur Sicherstellung dieses Schutzes belehrt.

(4)   Zugang zu Verschlusssachen wird nur den Bediensteten des Europäischen Parlaments und den für eine Fraktion tätigen sonstigen Parlamentsbediensteten gewährt,

a)

die von dem gemäß Artikel 5 Absatz 4 bestimmten zuständigen parlamentarischen Gremium oder Amtsträger vorab als Personen benannt worden sind, die Kenntnis davon haben müssen;

b)

die — im Falle von Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrads CONFIDENTIEL UE/EU CONFIDENTIAL, SECRET UE/EU SECRET oder TRÈS SECRET UE/EU TOP SECRET oder eines gleichwertigen Geheimhaltungsgrads — einer Sicherheitsüberprüfung für den entsprechenden Geheimhaltungsgrad unterzogen worden sind; und

c)

die über ihre Verantwortlichkeiten hinsichtlich des Schutzes solcher Informationen und über die Mittel zur Sicherstellung dieses Schutzes belehrt worden sind und hierzu schriftliche Weisungen erhalten haben und eine Erklärung unterzeichnet haben, mit der sie den Erhalt dieser Weisungen bestätigen und sich verpflichten, diese gemäß den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments zu befolgen.

Artikel 5

Verfahren für den Zugang zu Verschlusssachen

(1)   Der Rat stellt dem Europäischen Parlament Verschlusssachen gemäß Artikel 1 zur Verfügung, soweit er hierzu nach den Verträgen oder nach den auf der Grundlage der Verträge erlassenen Rechtsakten rechtlich verpflichtet ist. Die parlamentarischen Gremien bzw. Amtsträger gemäß Absatz 3 können die Bereitstellung solcher Informationen auch schriftlich beantragen.

(2)   In anderen Fällen kann der Rat dem Europäischen Parlament Verschlusssachen gemäß Artikel 1 entweder aus eigener Initiative oder auf schriftlichen Antrag eines der in Absatz 3 genannten parlamentarischen Gremien bzw. Amtsträger hin zur Verfügung stellen.

(3)   Folgende parlamentarische Gremien bzw. Amtsträger können schriftliche Anträge an den Rat richten:

a)

der Präsident;

b)

die Konferenz der Präsidenten;

c)

das Präsidium;

d)

der/die Vorsitz(e) der/s betroffenen Ausschusses/Ausschüsse;

e)

der/die betroffene(n) Berichterstatter.

Anträge anderer Mitglieder des Europäischen Parlaments können über eines der in Unterabsatz 1 genannten parlamentarischen Gremien bzw. über einen der in Unterabsatz 1 genannten Amtsträger gestellt werden.

Der Rat reagiert unverzüglich auf solche Anträge.

(4)   Ist der Rat rechtlich verpflichtet oder hat er beschlossen, dem Europäischen Parlament Zugang zu Verschlusssachen zu gewähren, so legt er — bevor diese Informationen übermittelt werden — zusammen mit dem in Absatz 3 aufgeführten zuständigen Gremium bzw. Amtsträger Folgendes schriftlich fest:

a)

dass dieser Zugang einer oder mehreren der folgenden Gremien bzw. Amtsträger gewährt werden kann:

i)

dem Präsidenten;

ii)

der Konferenz der Präsidenten;

iii)

dem Präsidium;

iv)

der/die Vorsitz(e) der/s betroffenen Ausschusses/Ausschüsse;

v)

dem/den betroffenen Berichterstatter(n);

vi)

allen oder bestimmten Mitgliedern des betroffenen Ausschusses/der betroffenen Ausschüsse und

b)

welche spezifischen Regelungen für den Schutz der Verschlusssachen gelten.

Artikel 6

Registrierung, Aufbewahrung, Einsichtnahme und Erörterung von Verschlusssachen im Europäischen Parlament

(1)   Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrads CONFIDENTIEL UE/EU CONFIDENTIAL, SECRET UE/EU SECRET oder TRÈS SECRET UE/EU TOP SECRET oder eines gleichwertigen Geheimhaltungsgrads, die der Rat dem Europäischen Parlament zur Verfügung stellt,

a)

werden zu Sicherheitszwecken registriert, um ihren Verbleib in jeder Phase ihres Umlaufs zu dokumentieren und ihre Rückverfolgbarkeit jederzeit zu gewährleisten;

b)

werden in einem gesicherten Bereich aufbewahrt, der den Mindeststandards des materiellen Geheimschutzes entspricht, die in den Sicherheitsvorschriften des Rates und den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments festgelegt sind, die gleichwertig sein müssen, und

c)

dürfen von den in Artikel 4 Absatz 4 und Artikel 5 Absatz 4 genannten betreffenden Mitgliedern des Europäischen Parlaments, Bediensteten des Europäischen Parlaments und für eine Fraktion tätigen sonstigen Parlamentsbediensteten nur in einem gesicherten Lesesaal in den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments eingesehen werden. In diesem Fall gelten folgende Bedingungen:

i)

Die Informationen werden in keiner Form, etwa durch Fotokopien oder Fotografien, vervielfältigt;

ii)

es werden keine Aufzeichnungen angefertigt und

iii)

es dürfen keine elektronischen Kommunikationsgeräte in den Lesesaal mitgenommen werden.

(2)   Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades RESTREINT UE/EU RESTRICTED oder eines gleichwertigen Geheimhaltungsgrads, die der Rat dem Europäischen Parlament zur Verfügung stellt, werden gemäß den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments behandelt und aufbewahrt, wobei diese Vorschriften für solche Verschlusssachen ein Schutzniveau gewährleisten müssen, das dem des Rates gleichwertig ist.

Unbeschadet des Unterabsatzes 1 müssen Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrads RESTREINT UE/EU RESTRICTED oder eines gleichwertigen Geheimhaltungsgrads während eines Zeitraums von zwölf Monaten ab dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung gemäß Absatz 1 behandelt und aufbewahrt werden. Der Zugang zu diesen Verschlusssachen unterliegt Artikel 4 Absatz 4 Buchstaben a und c sowie Artikel 5 Absatz 4.

(3)   Verschlusssachen dürfen nur auf Kommunikations- und Informationssystemen behandelt werden, die nach Standards, die den in den Sicherheitsvorschriften des Rates festgelegten Standards gleichwertig sind, ordnungsgemäß akkreditiert oder zugelassen worden sind.

(4)   Verschlusssachen, die Empfängern im Europäischen Parlament mündlich übermittelt werden, unterliegen einem gleichwertigen Schutzniveau wie in schriftlicher Form bereitgestellte Verschlusssachen.

(5)   Ungeachtet des Absatzes 1 Buchstabe c dieses Artikels können Verschlusssachen bis zu dem Geheimhaltungsgrad CONFIDENTIEL UE/EU CONFIDENTIAL oder mit einem gleichwertigen Geheimhaltungsgrad, die der Rat dem Europäischen Parlament zur Verfügung gestellt hat, in Sitzungen erörtert werden, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und an denen nur Mitglieder des Europäischen Parlaments und diejenigen Bediensteten des Europäischen Parlaments und für eine Fraktion tätigen sonstigen Parlamentsbediensteten teilnehmen, denen Zugang zu den betreffenden Informationen gemäß Artikel 4 Absatz 4 und Artikel 5 Absatz 4 gewährt worden ist. Hierfür gelten folgende Bedingungen:

Die Dokumente werden zu Beginn der Sitzung ausgeteilt und am Ende wieder eingesammelt;

die Dokumente werden in keiner Form, etwa durch Fotokopien oder Fotografien, vervielfältigt;

es werden keine Aufzeichnungen angefertigt;

es dürfen keine elektronischen Kommunikationsgeräte in den Sitzungssaal mitgenommen werden, und

im Sitzungsprotokoll wird nicht auf die Erörterung des Punktes Bezug genommen, der als Verschlusssache eingestufte Informationen betrifft.

(6)   Sind Sitzungen erforderlich, um Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrads SECRET UE/EU SECRET oder TRÈS SECRET UE/EU TOP SECRET oder eines gleichwertigen Geheimhaltungsgrads zu erörtern, treffen das Europäische Parlament und der Rat von Fall zu Fall besondere Vereinbarungen.

Artikel 7

Verletzung der Sicherheit, Verlust der Verschlusssache oder Kenntnisnahme durch Unbefugte

(1)   Wird nachgewiesen oder vermutet, dass vom Rat zur Verfügung gestellte Verschlusssachen verloren gegangen oder Unbefugten zur Kenntnis gelangt sind, so verständigt der Generalsekretär des Europäischen Parlaments unverzüglich den Generalsekretär des Rates hiervon. Der Generalsekretär des Europäischen Parlaments führt eine Untersuchung durch und unterrichtet den Generalsekretär des Rates über die Ergebnisse der Untersuchung und über die Maßnahmen, die ergriffen worden sind, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederholt. Betrifft der Vorfall ein Mitglied des Europäischen Parlaments, so wird der Präsident des Europäischen Parlaments gemeinsam mit dem Generalsekretär des Europäischen Parlaments tätig.

(2)   Gegen jedes Mitglied des Europäischen Parlaments, das für eine Verletzung der in den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments oder in dieser Vereinbarung festgelegten Vorschriften verantwortlich ist, können die Maßnahmen und Sanktionen gemäß Artikel 9 Absatz 2 und den Artikeln 152 bis 154 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments festgelegten verhängt werden.

(3)   Gegen jeden Bediensteten des Europäischen Parlaments oder jeden für eine Fraktion tätigen sonstigen Parlamentsbediensteten, der für eine Verletzung der in den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments oder in dieser Vereinbarung festgelegten Vorschriften verantwortlich ist, können die im Statut der Beamten und den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union, die in der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates (6) niedergelegt sind, festgelegten Sanktionen verhängt werden.

(4)   Gegen Personen, die für den Verlust von Verschlusssachen oder die Kenntnisnahme von Verschlusssachen durch Unbefugte verantwortlich sind, können gemäß den geltenden Rechtsvorschriften Disziplinarmaßnahmen ergriffen und/oder rechtliche Schritte unternommen werden.

Artikel 8

Schlussbestimmungen

(1)   Das Europäische Parlament und der Rat treffen jeweils für ihren eigenen Bereich die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung dieser Vereinbarung. Sie arbeiten zu diesem Zweck zusammen, indem sie insbesondere Besuche zur Überwachung der Umsetzung der sicherheitstechnischen Aspekte dieser Vereinbarung durchführen.

(2)   Die zuständigen Dienststellen des Generalsekretariats des Europäischen Parlaments und des Generalsekretariats des Rates konsultieren einander, bevor eines der beiden Organe seine Sicherheitsvorschriften ändert, damit die Gleichwertigkeit der Grundprinzipien und Mindeststandards für den Schutz von Verschlusssachen aufrechterhalten bleibt.

(3)   Dem Europäischen Parlament werden Verschlusssachen im Rahmen dieser Vereinbarung übermittelt, sobald der Rat zusammen mit dem Europäischen Parlament festgestellt hat, dass einerseits Gleichwertigkeit zwischen den in den Sicherheitsvorschriften des Europäischen Parlaments und den in den Sicherheitsvorschriften des Rates festgelegten Grundprinzipien und Mindeststandards für den Schutz von Verschlusssachen und andererseits Gleichwertigkeit zwischen dem in den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments und dem in den Räumlichkeiten des Rates für Verschlusssachen gewährleisteten Schutzniveau erzielt worden ist.

(4)   Diese Vereinbarung kann auf Antrag eines der beiden Organe vor dem Hintergrund der bei ihrer Durchführung gemachten Erfahrungen überprüft werden.

(5)   Diese Vereinbarung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel und Strassburg am 12. März 2014.

Für das Europäische Parlament

Der Präsident

Image

Für den Rat

Der Präsident

Image


(1)  ABl. C 298 vom 30.11.2002, S. 1.

(2)  ABl. C 210 vom 3.8.2010, S. 1.

(3)  ABl. L 201 vom 3.8.2010, S. 30.

(4)  ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 17.

(5)  ABl. C 190 vom 30.6.2011, S. 2.

(6)  ABl. L 56 vom 4.3.1968, S. 1.