3.5.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/73


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 28. April 2014

zur Anerkennung der Gleichwertigkeit des Regelungs- und Kontrollrahmens Singapurs mit den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über Ratingagenturen

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2014/248/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. Oktober 2012 beauftragte die Kommission die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), sie bei der Bewertung des Regelungs- und Kontrollrahmens Singapurs für Ratingagenturen fachlich zu beraten.

(2)

In ihrer technischen Stellungnahme vom 31. Mai 2013 gelangte die ESMA zu dem Ergebnis, dass der Regelungs- und Kontrollrahmen Singapurs für Ratingagenturen mit dem in der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 festgelegten Rahmen vergleichbar sei.

(3)

Damit der Regelungs- und Kontrollrahmen eines Drittlandes mit den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 als gleichwertig betrachtet werden kann, müssen gemäß Artikel 5 Absatz 6 Unterabsatz 2 der genannten Verordnung drei Bedingungen erfüllt sein.

(4)

Gemäß der ersten Bedingung müssen Ratingagenturen in dem Drittland zugelassen oder registriert werden und laufender wirksamer Kontrolle und Durchsetzung unterliegen. Der singapurische Rechts- und Regulierungsrahmen für Ratingagenturen ist am 17. Januar 2012 in Kraft getreten. Die „Monetary Authority of Singapore“ (MAS), d. h. die singapurische Zentralbank, ist befugt, auf der Grundlage des „Securities and Futures Act“ (SFA) Sekundärrechtsvorschriften zu erlassen. Um in Singapur Ratingdienstleistungen erbringen zu dürfen, müssen Ratingagenturen gemäß SFA eine Zulassung für Kapitalmarktdienstleistungen erwerben und werden von der MAS laufend überwacht. Zu den für Ratingagenturen — als Inhaberinnen einer Zulassung für Kapitalmarktdienstleistungen — geltenden MAS-Verordnungen gehören die „Securities and Futures (Licensing and Conduct of Business) Regulations“ und die „Securities and Futures (Financial and Margin Requirements for Holders of Capital Markets Services Licenses) Regulations“ sowie ein rechtsverbindlicher Verhaltenskodex für Ratingagenturen. Der singapurische Regelungs- und Kontrollrahmen stattet die MAS mit umfangreichen Befugnissen aus, die dieser die Durchführung von Untersuchungen ermöglichen, um nachzuprüfen, ob die Ratingagenturen ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen; außerdem sind Ratingagenturen verpflichtet, die MAS laufend über jede Änderung ihrer Angaben zu unterrichten und Finanzdaten an die MAS zu melden. Die MAS ist befugt, bei den Inhabern einer Zulassung für Kapitalmarktdienstleistungen Prüfungen durchzuführen; die Ratingagenturen müssen der MAS uneingeschränkten Zugang zu ihren Büchern, Abschlüssen und Unterlagen gewähren und sind verpflichtet, die zur Durchführung der Prüfung notwendigen Informationen bereitzustellen und die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Die MAS ist befugt, von den vorgelegten Büchern Kopien anzufertigen oder die Bücher in Besitz zu nehmen und kann kraft ihrer Untersuchungsbefugnisse die Herausgabe von Unterlagen verlangen. Bis April 2012 wurden in Singapur drei Ratingagenturen zugelassen, und in den ersten acht Monaten von 2013 führte die MAS eine Prüfung vor Ort durch. Außerdem ist die MAS befugt, einer Ratingagentur schriftliche Anweisungen zu erteilen, die sich nicht auf den Inhalt eines Ratings, einen Ratingausblick oder eine Ratingmethode beziehen, wenn sie dies im Interesse der Öffentlichkeit oder zum Schutz der Anleger für notwendig oder angebracht hält, einer Ratingagentur die Zulassung zu entziehen oder ein vorübergehendes Tätigkeitsverbot aufzuerlegen und Verstöße einer Ratingagentur gegen deren regulatorische Verpflichtungen öffentlich bekannt zu machen. Die MAS kann Fälle zwecks strafrechtlicher Ermittlung und Verfolgung an die einschlägigen nationalen Behörden weiterleiten. Die Kooperationsvereinbarung zwischen der ESMA und der MAS sieht einen Informationsaustausch hinsichtlich der Durchsetzungs- und Kontrollmaßnahmen in Bezug auf grenzübergreifend tätige Ratingagenturen vor. Aufgrund dessen sollte davon ausgegangen werden, dass Ratingagenturen in Singapur Zulassungs- oder Registrierungspflichten unterliegen, die jenen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 gleichwertig sind, und die für Ratingagenturen geltenden Aufsichts- und Durchsetzungsmechanismen Singapurs wirksam angewandt und durchgesetzt werden.

(5)

Gemäß der zweiten Bedingung müssen die Ratingagenturen in dem Drittland rechtsverbindlichen Regelungen unterliegen, die denen der Artikel 6 bis 12 und des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 mit Ausnahme der Artikel 6a, 6b, 8a, 8b, 8c, und 11a, Anhang I Abschnitt B Nummer 3 Buchstabe ba und Nummern 3a und 3b der genannten Verordnung gleichwertig sind. Bei der Bewertung, ob diese Bedingung erfüllt ist, sollte Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) hinsichtlich des Geltungsbeginns bestimmter Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 gebührend berücksichtigt werden. In Sachen Unternehmensführung sieht der singapurische Regelungs- und Kontrollrahmen für Ratingagenturen ebenso wie für deren Geschäftsleitung und Mitarbeiter eine allgemeine Verpflichtung vor, ihre jeweiligen Aufgaben unabhängig zu erfüllen; die effektive Unabhängigkeit der Direktoren wird durch die Vorgabe spezifischer Grundsätze erreicht und ist gegenüber der MAS nachzuweisen. Für die Ernennung eines CEO oder Direktors benötigen die Ratingagenturen die Zustimmung der MAS, die dabei die Erfahrung, den Sachverstand und die bisherige Leistung der betreffenden Person berücksichtigt. Die MAS kann auch die Abberufung des CEO, der Direktoren und anderer Geschäftsleitungsmitglieder der Ratingagentur verlangen, falls diese ihren Verpflichtungen nach Auffassung der MAS, beispielsweise in Bezug auf Interessenkonflikte oder die Überprüfungsstelle und die Compliance-Funktion, nicht nachgekommen sind. Der singapurische Regelungs- und Kontrollrahmen enthält weitreichende Regelungen zur Aufdeckung, Abstellung, Handhabung und Offenlegung tatsächlicher oder potenzieller Interessenkonflikte. Der Rahmen schreibt außerdem vor, dass Ratingagenturen für die Überprüfung der Ratingmethoden eine strenge, förmliche Überprüfungsstelle einrichten müssen, und enthält eine Reihe organisatorischer Anforderungen, um die Einhaltung der geltenden Rechts- und sonstigen Vorschriften zu gewährleisten, sowie Offenlegungspflichten, etwa zu den Angaben, die bei der Abgabe von Ratings zu veröffentlichen sind, und den jährlich zu veröffentlichenden Angaben über die Ratingtätigkeiten. Mit dem Regelungs- und Kontrollrahmen Singapurs dürften daher hinsichtlich der Handhabung von Interessenkonflikten, der organisatorischen Abläufe und Verfahren, über die Ratingagenturen verfügen müssen, der Qualität der Ratings und Ratingmethoden, der Offenlegung von Ratings und der allgemeinen und regelmäßigen Offenlegung der Ratingtätigkeiten dieselben Ergebnisse erzielt werden wie mit der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009. Er bietet somit einen gleichwertigen Schutz der Integrität, Transparenz und guten Unternehmensführung von Ratingagenturen sowie der Verlässlichkeit von Ratingtätigkeiten.

(6)

Gemäß der dritten Bedingung muss das Regulierungssystem des Drittlandes eine Einflussnahme der Aufsichtsbehörden und anderer Behörden dieses Drittlandes auf den Inhalt der Ratings und die Methoden verhindern. Soweit feststellbar, gibt es keine Rechtsvorschrift, die der MAS oder einer anderen Behörde die Befugnis übertrüge, auf den Inhalt der Ratings oder die Methoden Einfluss zu nehmen. Jede Handlung der MAS, die deren Befugnisse überschreitet, unterliegt der gerichtlichen Überprüfung.

(7)

Angesichts der untersuchten Faktoren ist davon auszugehen, dass der Regelungs- und Kontrollrahmen Singapurs für Ratingagenturen die Bedingungen des Artikels 5 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 erfüllt. Der singapurische Regelungs- und Kontrollrahmen für Ratingagenturen sollte daher als gleichwertig mit dem durch die Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 geschaffenen Regelungs- und Kontrollrahmen angesehen werden. Die Kommission, unterrichtet durch die ESMA, sollte die Entwicklung des singapurischen Regelungs- und Kontrollrahmens für Ratingagenturen und die Erfüllung der Bedingungen, auf deren Grundlage dieser Beschluss gefasst wurde, weiterhin überwachen.

(8)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Für die Zwecke des Artikels 5 der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 wird der in Singapur geltende Regelungs- und Kontrollrahmen für Ratingagenturen als gleichwertig mit den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 angesehen.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Brüssel, den 28. April 2014

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 462/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 über Ratingagenturen (ABl. L 146 vom 31.5.2013, S. 1).