18.10.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 300/57


BESCHLUSS DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 17. September 2014

über die Umsetzung der Trennung zwischen der geldpolitischen Funktion und der Aufsichtsfunktion der Europäischen Zentralbank

(EZB/2014/39)

(2014/723/EU)

DER EZB-RAT —

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (1), insbesondere auf Artikel 25 Absätze 1, 2 und 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Durch die Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 (nachfolgend die „SSM-Verordnung“) wird ein einheitlicher Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism — SSM) eingerichtet, der sich aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen zuständigen Behörden (National Competent Authorities — NCAs) von teilnehmenden Mitgliedstaaten zusammensetzt.

(2)

Nach Artikel 25 Absatz 2 der SSM-Verordnung ist die EZB verpflichtet, die ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben unbeschadet und getrennt von ihren Aufgaben im Bereich der Geldpolitik und von sonstigen Aufgaben wahrzunehmen. Die Aufsichtsaufgaben der EZB dürfen weder ihre Aufgaben im Bereich der Geldpolitik beeinträchtigen noch durch diese bestimmt werden. Ebenso wenig dürfen diese Aufsichtsaufgaben die Aufgaben der EZB im Zusammenhang mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) oder sonstige Aufgaben beeinträchtigen. Die EZB ist verpflichtet, dem Europäischen Parlament und dem Rat darüber zu berichten, wie sie diese Bestimmung eingehalten hat. Die Aufsichtsaufgaben der EZB dürfen nicht die laufende Überwachung der Solvenz ihrer Geschäftspartner für geldpolitische Geschäfte ändern. Ferner sollte das mit der Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben befasste Personal von dem mit der Wahrnehmung anderer Aufgaben befassten Personal organisatorisch getrennt sein und einer von diesem Personal getrennten Berichterstattung unterliegen.

(3)

Nach Artikel 25 Absatz 3 der SSM-Verordnung ist die EZB verpflichtet, für die Zwecke des Artikels 25 Absätze 1 und 2 die erforderlichen internen Vorschriften, einschließlich der Regelungen zum Berufsgeheimnis und zum Informationsaustausch zwischen den beiden funktionellen Bereichen, zu erlassen und zu veröffentlichen.

(4)

Artikel 25 Absatz 4 der SSM-Verordnung verpflichtet die EZB sicherzustellen, dass der EZB-Rat seine geldpolitischen und aufsichtlichen Funktionen in vollkommen getrennter Weise wahrnimmt. Diese Unterscheidung umfasst eine strikte Trennung der Sitzungen und Tagesordnungen.

(5)

Um die Trennung zwischen geldpolitischen und aufsichtlichen Aufgaben sicherzustellen, ist die EZB nach Artikel 25 Absatz 5 der SSM-Verordnung verpflichtet, eine Schlichtungsstelle einzurichten, die Meinungsverschiedenheiten der zuständigen Behörden der betroffenen teilnehmenden Mitgliedstaaten in Bezug auf Einwände des EZB-Rates gegen einen Beschlussentwurf des Aufsichtsgremiums beilegt. Sie wird aus einem Mitglied pro teilnehmenden Mitgliedstaat bestehen, das aus dem Kreis der Mitglieder des EZB-Rates und des Aufsichtsgremiums ausgewählt wird. Die Schlichtungsstelle fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, wobei jedes Mitglied über eine Stimme verfügt. Die EZB ist verpflichtet, eine Verordnung zur Einrichtung der Schlichtungsstelle und zur Festlegung ihrer Geschäftsordnung zu erlassen und diese zu veröffentlichen; in diesem Zusammenhang hat die EZB die Verordnung (EU) Nr. 673/2014 der Europäischen Zentralbank (EZB/2014/26) (2) erlassen.

(6)

Zur Anpassung der internen Organisation der EZB und ihrer Beschlussorgane an die sich aus der SSM-Verordnung ergebenden neuen Anforderungen und zur Klarstellung der wechselseitigen Beziehungen zwischen den an der Vorbereitung und dem Erlass von Aufsichtsbeschlüssen beteiligten Stellen wurde die Geschäftsordnung der EZB geändert (3).

(7)

Die Artikel 13g bis 13j der Geschäftsordnung der EZB enthalten nähere Bestimmungen über den Erlass von Beschlüssen über Angelegenheiten im Zusammenhang mit der SSM-Verordnung durch den EZB-Rat. Insbesondere betrifft Artikel 13g den Erlass von Beschlüssen zur Wahrnehmung der in Artikel 4 der SSM-Verordnung genannten Aufgaben und Artikel 13h hat den Erlass von Beschlüssen zur Wahrnehmung der in Artikel 5 der SSM-Verordnung genannten Aufgaben zum Gegenstand, wodurch die in Artikel 26 Absatz 8 der SSM-Verordnung festgelegten Anforderungen umgesetzt werden.

(8)

Artikel 13k der Geschäftsordnung der EZB sieht vor, dass die EZB die ihr übertragenen Aufsichtsaufgaben unbeschadet und getrennt von ihren Aufgaben im Bereich der Geldpolitik und von sonstigen Aufgaben wahrnehmen muss. In diesem Zusammenhang ist die EZB verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um eine Trennung zwischen ihrer geldpolitischen Funktion und ihrer Aufsichtsfunktion zu gewährleisten. Zugleich sollte die Trennung der geldpolitischen Funktion von der Aufsichtsfunktion nicht ausschließen, dass zwischen diesen beiden funktionellen Bereichen der zur Erfüllung der Aufgaben der EZB und der Aufgaben des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) notwendige Informationsaustausch stattfindet.

(9)

Nach Artikel 13l der Geschäftsordnung der EZB müssen die Aufsichtsaufgaben betreffenden Sitzungen des EZB-Rates getrennt von den regelmäßigen Sitzungen des EZB-Rates und mit jeweils eigener Tagesordnung stattfinden.

(10)

Nach Artikel 13m der Geschäftsordnung der EZB, der die interne Organisationsstruktur der EZB für Aufsichtsaufgaben betrifft, umfasst die Zuständigkeit des Direktoriums für die interne Organisationsstruktur und die Mitarbeiter der EZB auch die Aufsichtsaufgaben. Das Direktorium muss den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums in Bezug auf die genannte interne Organisationsstruktur konsultieren. Das Aufsichtsgremium kann im Einvernehmen mit dem Direktorium vorläufige nachgeordnete Strukturen, wie etwa Arbeitsgruppen oder Taskforces, einrichten und auflösen. Diese müssen die mit den Aufsichtsaufgaben in Zusammenhang stehenden Arbeiten unterstützen und dem Aufsichtsgremium Bericht erstatten. Artikel 13m sieht ferner die Ernennung des Sekretärs des Aufsichtsgremiums und des Lenkungsausschusses durch den Präsidenten der EZB vor, welche nach Absprache mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums erfolgt. Der Sekretär muss sich bei der Vorbereitung der die Aufsichtsaufgaben betreffenden Sitzungen des EZB-Rates mit dem Sekretär des EZB-Rates in Verbindung setzen und ist für die Erstellung der Protokolle dieser Sitzungen verantwortlich.

(11)

Nach Erwägungsgrund 66 der SSM-Verordnung sollte die organisatorische Trennung des Personals alle für unabhängige geldpolitische Zwecke benötigten Dienste betreffen und sicherstellen, dass die Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben in vollem Umfang der demokratischen Rechenschaftspflicht und Aufsicht nach Maßgabe der SSM-Verordnung unterliegt. Das Personal, das mit der Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben der EZB befasst ist, sollte dem Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums Bericht erstatten. Innerhalb dieses Rahmens und zur Erfüllung der in Artikel 25 Absatz 2 der SSM-Verordnung enthaltenen Anforderungen (4) hat die EZB eine aus vier Generaldirektionen bestehende Struktur für die Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben sowie ein Sekretariat des Aufsichtsgremiums eingerichtet, das dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums funktionell Bericht erstattet. Die EZB hat ferner mehrere Geschäftsbereiche mit der Unterstützung von sowohl der geldpolitischen Funktion als auch der Aufsichtsfunktion der EZB als „gemeinsame Dienste“ betraut, sofern eine solche Unterstützung nicht zu Interessenkonflikten zwischen den Zielen im Bereich der Aufsicht und den geldpolitischen Zielsetzungen der EZB führt. In mehreren Geschäftsbereichen mit „gemeinsamen Diensten“ wurden Abteilungen eingerichtet, die sich mit Aufsichtsaufgaben befassen.

(12)

Artikel 37 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank enthält die Verpflichtung zur Geheimhaltung für die Mitglieder der Leitungsgremien und des Personals der EZB und der nationalen Zentralbanken. Nach Erwägungsgrund 74 der SSM-Verordnung sollten das Aufsichtsgremium, der Lenkungsausschuss und die Mitarbeiter der EZB, die Aufsichtsaufgaben wahrnehmen, angemessenen Geheimhaltungspflichten unterliegen. Artikel 27 der SSM-Verordnung weitet die Verpflichtung zur Geheimhaltung auf die Mitglieder des Aufsichtsgremiums und von den Mitgliedstaaten abgeordnetes Personal aus, das Aufsichtsaufgaben wahrnimmt.

(13)

Der Informationsaustausch zwischen der geldpolitischen Funktion und der Aufsichtsfunktion der EZB sollte in der Weise organisiert werden, dass die durch das Unionsrecht festgelegten Einschränkungen (5) strikt eingehalten werden und dem Trennungsprinzip Rechnung getragen wird. Die in den geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Pflichten zum Schutz vertraulicher Informationen, wie z. B. der Verordnung (EG) Nr. 2533/98 (6) über die Erfassung statistischer Daten und die Bestimmungen der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (7) über den Austausch von Aufsichtsinformationen werden Anwendung finden. Vorbehaltlich der in diesem Beschluss vorgesehenen Bedingungen gilt das Trennungsprinzip für den Austausch vertraulicher Informationen zwischen einerseits der geldpolitischen Funktion und der Aufsichtsfunktion sowie andererseits der Aufsichtsfunktion und der geldpolitischen Funktion der EZB.

(14)

Nach Erwägungsgrund 65 der SSM-Verordnung übt die EZB gemäß Artikel 127 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geldpolitische Aufgaben zur Erhaltung der Preisstabilität aus. Die von ihr ausgeübten Aufsichtsaufgaben dienen dem Schutz der Sicherheit und Solidität von Kreditinstituten und der Stabilität des Finanzsystems. Diese Aufgaben sollten daher vollkommen getrennt von der geldpolitischen Funktion sein, um Interessenkonflikte zu vermeiden und zu gewährleisten, dass jeder dieser funktionellen Bereiche gemäß seinen jeweiligen Zielen ausgeübt wird. Zugleich sollte eine wirksame Trennung der geldpolitischen und aufsichtlichen Aufgaben nicht verhindern, dass sämtliche Vorteile, die dadurch entstehen, dass dasselbe Organ beide Aufgaben ausübt, — soweit wie dies möglich und wünschenswert ist — genutzt werden, darunter das umfassende Fachwissen der EZB in makroökonomischen und die Finanzstabilität betreffenden Fragen sowie die Verringerung von doppelter Arbeit bei der Einholung von Informationen. Es ist deshalb erforderlich, Mechanismen einzurichten, die einen zweckmäßigen Austausch von Daten und sonstigen vertraulichen Informationen zwischen den beiden funktionellen Bereichen ermöglichen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Anwendungsbereich und Ziele

(1)   Dieser Beschluss legt die Regelungen fest, mit denen die Anforderung der Trennung der geldpolitischen Funktion von der Aufsichtsfunktion der EZB (zusammen im Folgenden die „funktionellen Bereiche“) umgesetzt wird, insbesondere im Hinblick auf Geheimhaltungspflichten und den Austausch von Informationen zwischen den beiden funktionellen Bereichen.

(2)   Die EZB nimmt ihre Aufsichtsaufgaben unbeschadet und getrennt von ihren Aufgaben im Bereich der Geldpolitik und von sonstigen Aufgaben wahr. Die Aufsichtsaufgaben der EZB dürfen weder ihre Aufgaben im Bereich der Geldpolitik beeinträchtigen noch durch diese bestimmt werden. Ebenso wenig dürfen die Aufsichtsaufgaben der EZB ihre Aufgaben im Zusammenhang mit dem ESRB und sonstige Aufgaben beeinträchtigen. Die Aufsichtsaufgaben der EZB und die laufende Überwachung der finanziellen Solidität und Solvenz der Geschäftspartner für geldpolitische Geschäfte des Eurosystems werden in einer Weise durchgeführt, die nicht zu einer Beeinträchtigung der Zielsetzungen einer dieser Aufgaben führt.

(3)   Die EZB stellt sicher, dass der EZB-Rat seine geldpolitischen und aufsichtlichen Funktionen in vollkommen getrennter Weise wahrnimmt. Diese Unterscheidung umfasst eine strikte Trennung der Sitzungen und Tagesordnungen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck:

1.   „vertrauliche Informationen“: Informationen, die nach den Vertraulichkeitsbestimmungen der EZB als „ECB-CONFIDENTIAL“ oder „ECB-SECRET“ eingestuft sind; sonstige vertraulichen Informationen, einschließlich Informationen, die Datenschutzbestimmungen oder der Geheimhaltungspflicht unterliegen und innerhalb der EZB erstellt oder ihr durch andere Stellen oder Einzelpersonen übermittelt werden; sämtliche unter die Geheimhaltungsbestimmungen der Richtlinie 2013/36/EU fallenden vertraulichen Informationen; sowie vertrauliche statistische Daten nach der Verordnung (EG) Nr. 2533/98;

2.   „Kenntnis, nur wenn nötig“ (need to know): die Notwendigkeit des Zugangs zu vertraulichen Informationen, die zur Erfüllung einer gesetzlichen Funktion oder Aufgabe der EZB erforderlich sind, wobei dies im Fall von Informationen, die als „ECB-CONFIDENTIAL“ gekennzeichnet sind, weit genug gefasst ist, um Mitarbeitern den Zugang zu Informationen zu ermöglichen, die für ihre Tätigkeiten relevant sind, und um Aufgaben von ihren Kollegen mit minimaler Verzögerung zu übernehmen;

3.   „Rohdaten“: Daten, die von Berichtspflichtigen nach statistischer Bearbeitung und Validierung übermittelt werden, oder Daten, die die EZB im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben erstellt hat;

4.   „Vertraulichkeitsbestimmungen der EZB“: die Bestimmungen der EZB, in denen die Vorgehensweise bei der Einstufung von, dem Umgang mit und dem Schutz von vertraulichen Informationen der EZB geregelt ist.

Artikel 3

Organisatorische Trennung

(1)   Die EZB stellt unabhängige Beschlussfassungsverfahren für ihre Aufsichtsfunktion und ihre geldpolitische Funktion sicher.

(2)   Sämtliche Arbeitseinheiten der EZB werden vom Direktorium geführt und geleitet. Die Zuständigkeit des Direktoriums für die interne Organisationsstruktur und das Personal der EZB umfasst die Aufsichtsaufgaben. Das Direktorium konsultiert den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums in Bezug auf die interne Organisationsstruktur.

(3)   Mitarbeiter der EZB, die mit der Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben befasst sind, sind organisatorisch von den mit der Wahrnehmung anderer Aufgaben der EZB befassten Mitarbeitern getrennt. Die mit der Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben befassten Mitarbeiter der EZB erstatten dem Direktorium Bericht über organisatorische, personelle und administrative Angelegenheiten, unterliegen jedoch der funktionellen Berichterstattung an den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums, vorbehaltlich der in Absatz 4 vorgesehenen Ausnahme.

(4)   Die EZB kann gemeinsame Dienste einrichten, die sowohl die geldpolitische Funktion als auch die Aufsichtsfunktion unterstützen, um sicherzustellen, dass diese unterstützenden Dienste nicht dupliziert werden, und auf diese Weise zur Gewährleistung einer effizienten und effektiven Erbringung von Diensten beizutragen. Die genannten Dienste unterliegen nicht der Regelung des Artikels 6, was den Informationsaustausch zwischen ihnen und dem jeweiligen funktionellen Bereich angeht.

Artikel 4

Geheimhaltung

(1)   Die Mitglieder des Aufsichtsgremiums, des Lenkungsausschusses und jeder vom Aufsichtsgremium eingerichteten nachgeordneten Struktur sowie von den Mitgliedstaaten abgeordnetes Personal, das Aufsichtsaufgaben wahrnimmt, dürfen auch nach Beendigung ihres Dienstverhältnisses keine der Geheimhaltungspflicht unterliegenden Informationen weitergeben.

(2)   Auf Personen mit Zugang zu Daten, die unter Unionsvorschriften fallen, die eine Verpflichtung zur Geheimhaltung vorsehen, finden diese Unionsvorschriften Anwendung.

(3)   Auf der Grundlage vertraglicher Regelungen verpflichtet die EZB Einzelpersonen, die direkt oder indirekt, ständig oder gelegentlich Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben erbringen, entsprechende Geheimhaltungspflichten einzuhalten.

(4)   Die in der Richtlinie 2013/36/EU enthaltenen Geheimhaltungspflichten finden auf die in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen Anwendung. Vertrauliche Informationen, die diese Personen in ihrer beruflichen Eigenschaft erhalten, dürfen nur in zusammengefasster oder aggregierter Form weitergegeben werden, sodass einzelne Kreditinstitute nicht identifiziert werden können; dies gilt nicht für Fälle, die unter das Strafrecht fallen.

(5)   Wurde jedoch gegen ein Kreditinstitut durch Gerichtsbeschluss das Insolvenzverfahren eröffnet oder seine Zwangsabwicklung eingeleitet, dürfen vertrauliche Informationen, die sich nicht auf Dritte beziehen, die an Versuchen zur Rettung des betreffenden Kreditinstituts beteiligt sind, in zivil- oder handelsrechtlichen Verfahren weitergegeben werden.

(6)   Dieser Artikel steht einem Austausch von Informationen durch die Aufsichtsfunktion der EZB mit anderen Stellen der Union oder nationalen Behörden im Einklang mit dem anwendbaren Unionsrecht nicht entgegen. Auf diese Weise ausgetauschte Informationen unterliegen den Absätzen 1 bis 5.

(7)   Die Vertraulichkeitsbestimmungen der EZB finden auf die Mitglieder des Aufsichtsgremiums, die Mitarbeiter der EZB und das von den Mitgliedstaaten abgeordnete Personal, das Aufsichtsaufgaben wahrnimmt, auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses Anwendung.

Artikel 5

Allgemeine Grundsätze für den Zugang zu Informationen zwischen den beiden funktionellen Bereichen und Einstufung

(1)   Unbeschadet des Artikels 4 können Informationen zwischen den beiden funktionellen Bereichen ausgetauscht werden, sofern dies nach dem einschlägigen Unionsrecht zulässig ist.

(2)   Mit Ausnahme von Rohdaten werden Informationen im Einklang mit den Vertraulichkeitsbestimmungen der EZB durch den jeweiligen funktionellen Bereich der EZB, der über die Informationen verfügt, eingestuft. Rohdaten werden gesondert eingestuft. Der Austausch vertraulicher Daten zwischen den beiden funktionellen Bereichen unterliegt den zu diesem Zweck festgelegten Steuerungs- und Verfahrensregeln und muss dem Grundsatz der „Kenntnis, nur wenn nötig“ genügen, was durch den ersuchenden funktionellen Bereich der EZB nachgewiesen werden muss.

(3)   Sofern in diesem Beschluss nicht anders vorgesehen, bestimmt der funktionelle Bereich der EZB, der nach den Vertraulichkeitsbestimmungen der EZB über die Informationen verfügt, über den Zugang der Aufsichtsfunktion oder der geldpolitischen Funktion zu vertraulichen Informationen des jeweils anderen funktionellen Bereichs. Im Fall eines Konflikts zwischen den beiden funktionellen Bereichen der EZB über den Zugang zu vertraulichen Informationen bestimmt das Direktorium unter Einhaltung des Trennungsprinzips über den Zugang zu den vertraulichen Informationen. Die Kohärenz von Beschlüssen über Zugangsrechte und eine angemessene Aufzeichnung solcher Beschlüsse wird gewährleistet.

Artikel 6

Austausch vertraulicher Informationen zwischen den beiden funktionellen Bereichen

(1)   Sofern im Unionsrecht nicht anders vorgesehen, geben die beiden funktionellen Bereiche der EZB vertrauliche Informationen in Form von nicht anonymisierten Daten für die allgemeine Berichterstattung (COREP) und die Finanzberichterstatttung (FINREP) (8) sowie andere Rohdaten an den jeweils anderen funktionellen Bereich der EZB auf Ersuchen und nach dem Grundsatz „Kenntnis, nur wenn nötig“ weiter, vorbehaltlich der Zustimmung des Direktoriums. Die Aufsichtsfunktion der EZB gibt vertrauliche Informationen in Form von anonymisierten COREP- und FINREP-Daten auf Ersuchen nach dem Grundsatz „Kenntnis, nur wenn nötig“ an die geldpolitische Funktion der EZB weiter, es sei denn, das Unionsrecht sieht etwas anderes vor.

(2)   Die beiden funktionellen Bereiche der EZB geben dem jeweils anderen funktionellen Bereich keine vertraulichen Informationen weiter, die Beurteilungen oder politische Empfehlungen enthalten, außer auf Ersuchen und nach dem Grundsatz „Kenntnis, nur wenn nötig“, wobei sichergestellt wird, dass jeder funktionelle Bereich seine Aufgaben im Einklang mit den geltenden Zielsetzungen wahrnimmt und sofern diese Weitergabe ausdrücklich vom Direktorium genehmigt wurde.

Die funktionellen Bereiche der EZB dürfen dem jeweils anderen funktionellen Bereich vertrauliche aggregierte Informationen, die weder individuelle Bankinformationen noch sensible strategische Informationen im Zusammenhang mit der Vorbereitung von Beschlüssen enthalten, auf Ersuchen und nach dem Grundsatz „Kenntnis, nur wenn nötig“ weitergeben, wobei sichergestellt wird, dass jeder funktionelle Bereich seine Aufgaben im Einklang mit den geltenden Zielsetzungen wahrnimmt.

(3)   Der jeweilige funktionelle Bereich, der die vertraulichen Informationen erhält, prüft die nach diesem Artikel erhaltenen vertraulichen Informationen im Einklang mit seiner Zielsetzung. Jeder darauf folgende Beschluss wird ausschließlich auf dieser Grundlage gefasst.

Artikel 7

Austausch vertraulicher Informationen, die personenbezogene Daten enthalten

Der Austausch von Informationen, die personenbezogene Daten enthalten, unterliegt dem anwendbaren Unionsrecht zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr.

Artikel 8

Austausch vertraulicher Daten in Krisensituationen

Unbeschadet des Artikels 6 geben die beiden funktionellen Bereiche der EZB in einer Krisensituation im Sinne des Artikels 114 der Richtlinie 2013/36/EU dem jeweils anderen funktionellen Bereich unverzüglich vertrauliche Informationen weiter, sofern diese Informationen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Hinblick auf die betreffende Krisensituation relevant sind.

Artikel 9

Schlussbestimmung

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 17. September 2014.

Der Präsident der EZB

Mario DRAGHI


(1)  ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 673/2014 der Europäischen Zentralbank vom 2. Juni 2014 über die Einrichtung einer Schlichtungsstelle und zur Festlegung ihrer Geschäftsordnung (EZB/2014/26) (ABl. L 179 vom 19.6.2014, S. 72).

(3)  Beschluss EZB/2014/1 vom 22. Januar 2014 zur Änderung des Beschlusses EZB/2004/2 zur Verabschiedung der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank (ABl. L 95 vom 29.3.2014, S. 56).

(4)  Siehe auch Erwägungsgrund O der Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Zentralbank über die praktischen Modalitäten für die Ausübung der demokratischen Rechenschaftspflicht und die Kontrolle über die Wahrnehmung der der EZB im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus übertragenen Aufgaben (2013/694/EU) (ABl. L 320 vom 30.11.2013, S. 1) sowie Erwägungsgrund G des Memorandum of Understanding zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank über die Zusammenarbeit bei Verfahren im Zusammenhang mit dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus.

(5)  Siehe Erwägungsgrund H der Interinstitutionellen Vereinbarung. Nach Erwägungsgrund 74 der SSM-Verordnung sollten die Anforderungen an den Informationsaustausch mit Mitarbeitern, die nicht an Aufsichtstätigkeiten beteiligt sind, die EZB nicht davon abhalten, innerhalb der in den einschlägigen Unionsrechtsakten festgelegten Grenzen und unter den darin vorgesehenen Bedingungen Informationen auszutauschen, einschließlich mit der Kommission für die Zwecke ihrer Aufgaben gemäß den Artikeln 107 und 108 AEUV und gemäß den Unionsvorschriften über eine verstärkte wirtschaftliche und haushaltspolitische Überwachung.

(6)  Verordnung (EG) Nr. 2533/98 des Rates vom 23. November 1998 über die Erfassung statistischer Daten durch die Europäische Zentralbank (ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 8).

(7)  Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(8)  Siehe die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 der Kommission vom 16. April 2014 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die aufsichtlichen Meldungen der Institute gemäß der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 191 vom 28.6.2014, S. 1).


ANHANG

AUSZUG AUS DEN VERTRAULICHKEITSBESTIMMUNGEN DER EZB

Sämtliche von der EZB erstellten Dokumente müssen einer der nachstehenden fünf Vertraulichkeitsstufen zugeordnet werden.

Von Personen außerhalb der EZB erhaltene Dokumente sind im Einklang mit der Vertraulichkeitskennzeichnung auf dem Dokument zu behandeln. Wenn das Dokument keine Vertraulichkeitskennzeichnung aufweist oder falls die Einstufung vom Empfänger als zu niedrig angesehen wird, muss das Dokument erneut mit einer angemessenen Vertraulichkeitsstufe der EZB gekennzeichnet werden, die zumindest auf der ersten Seite deutlich angegeben ist. Die Einstufung sollte ausschließlich herabgestuft werden, wenn die schriftliche Erlaubnis der Organisation vorliegt, von der die Dokumente stammen.

Die fünf Vertraulichkeitsstufen der EZB und die entsprechenden Zugangsrechte sind nachstehend aufgeführt.

ECB-SECRET

:

Der Zugang innerhalb der EZB ist beschränkt auf Personen, die unbedingt Kenntnis haben müssen, was von einer Führungskraft der oberen Führungsebene des Geschäftsbereichs der EZB genehmigt wurde, von dem die Dokumente stammen.

ECB-CONFIDENTIAL

:

Der Zugang innerhalb der EZB ist beschränkt auf Personen, die Kenntnis haben müssen, was weit genug gefasst ist, um Mitarbeitern den Zugang zu Informationen zu ermöglichen, die für ihre Tätigkeiten relevant sind, und um Aufgaben von ihren Kollegen mit minimaler Verzögerung zu übernehmen.

ECB-RESTRICTED

:

Zugänglich für Mitarbeiter der EZB und gegebenenfalls Mitarbeiter des ESZB mit einem berechtigten Interesse.

ECB-UNRESTRICTED

:

Zugänglich für Mitarbeiter der EZB und gegebenenfalls Mitarbeiter des ESZB.

ECB-PUBLIC

:

Dokumente, die der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen.