11.7.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 190/31


VERORDNUNG (EU) Nr. 655/2013 DER KOMMISSION

vom 10. Juli 2013

zur Festlegung gemeinsamer Kriterien zur Begründung von Werbeaussagen im Zusammenhang mit kosmetischen Mitteln

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (1), insbesondere auf Artikel 20 Absatz 2 Unterabsatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Endverbraucher im Sinne der Begriffsbestimmung in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sind mit einer Vielzahl von Werbeaussagen hinsichtlich der Funktion, des Inhalts und der Wirkungen kosmetischer Mittel konfrontiert. Angesichts der erheblichen Bedeutung kosmetischer Mittel im Leben der Endverbraucher muss dafür gesorgt werden, dass die durch solche Werbeaussagen vermittelten Informationen nützlich, verständlich und zuverlässig sind und es den Endverbrauchern ermöglichen, fundierte Entscheidungen zu treffen und die Mittel auszuwählen, die am besten ihren Bedürfnissen und Erwartungen entsprechen.

(2)

Werbeaussagen zu kosmetischen Mitteln dienen hauptsächlich zur Information der Endverbraucher über die Eigenschaften und qualitativen Merkmale der Produkte. Sie sind wesentliche Instrumente zur Unterscheidung zwischen den Produkten. Zudem regen sie Innovationen an und fördern den Wettbewerb.

(3)

Auf Unionsebene sollten gemeinsame Kriterien festgelegt werden, um die Verwendung von Werbeaussagen in Bezug auf kosmetische Mittel zu begründen. Das wichtigste Ziel der Festlegung gemeinsamer Kriterien ist die Gewährleistung eines hohen Niveaus an Schutz für die Endverbraucher, insbesondere vor irreführenden Aussagen in Bezug auf kosmetische Mittel. Ein gemeinsamer Ansatz auf Unionsebene sollte auch die Konvergenz der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen verbessern und Verzerrungen im Binnenmarkt verhindern. Ein solcher Ansatz sollte zudem die Zusammenarbeit der für die Durchsetzung des Verbraucherschutzes zuständigen Behörden verbessern, wie in der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“) (2) vorgesehen.

(4)

Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 gilt für Produkte, die unter die Definition des Begriffs „kosmetisches Mittel“ in Artikel 2 jener Verordnung fallen. Die gemeinsamen Kriterien gelten somit nur dann, wenn festgestellt wurde, dass das betreffende Produkt tatsächlich ein kosmetisches Mittel ist. Die Entscheidung darüber, welcher Regelungsrahmen zur Anwendung kommt, treffen die zuständigen nationalen Behörden bzw. die nationalen Gerichte auf Einzelfallbasis.

(5)

Die gemeinsamen Kriterien sollten unbeschadet der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates („Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken“) (3), der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (4) und anderer einschlägiger Rechtsvorschriften der Union gelten.

(6)

Für an Endverbraucher gerichtete Werbeaussagen sollte ein flexibler Ansatz gewählt werden, um die gesellschaftliche, sprachliche und kulturelle Vielfalt der EU zu berücksichtigen und um die Innovationskraft und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu erhalten. Ein solcher Ansatz steht im Einklang mit den vom Gerichtshof vertretenen Grundsätzen; dieser hat mehrfach unterstrichen, dass zur Feststellung, ob eine Werbeaussage möglicherweise für Verbraucher irreführend ist, die mutmaßlichen Erwartungen der Verbraucher zu analysieren sind, und zwar unter Berücksichtigung des spezifischen Kontexts und der Umstände, unter denen die Aussage gemacht wird, einschließlich sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren (5).

(7)

Die gemeinsamen Kriterien sollten zwar gewährleisten, dass EU-weit die gleichen Grundsätze eingehalten werden, sie sollten jedoch nicht auf die Bestimmung und Festlegung des Wortlauts von Werbeaussagen für kosmetische Mittel abzielen.

(8)

Um sicherzustellen, dass die gemeinsamen Kriterien zur Begründung von Werbeaussagen im Zusammenhang mit kosmetischen Mitteln ab demselben Zeitpunkt gelten wie die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009, sollte die vorliegende Verordnung ab dem 11. Juli 2013 gelten.

(9)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für kosmetische Mittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Diese Verordnung gilt für Werbeaussagen in Form von Texten, Bezeichnungen, Marken, Abbildungen und anderen bildhaften oder nicht bildhaften Zeichen, die sich explizit oder implizit auf Merkmale oder Funktionen eines Produkts beziehen und die bei der Kennzeichnung, bei der Bereitstellung auf dem Markt und in der Werbung für kosmetische Mittel eingesetzt werden. Sie gilt für alle Werbeaussagen, unabhängig davon, welches Medium oder Marketinginstrument genutzt wird, welche Funktionen des Produkts Gegenstand der Aussagen sind und welche Zielgruppe angesprochen wird.

Artikel 2

Die verantwortliche Person im Sinne des Artikels 4 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sorgt dafür, dass Formulierungen von Werbeaussagen in Bezug auf kosmetische Mittel die gemeinsamen Kriterien in Anhang I erfüllen und mit der Dokumentation zum Nachweis der für das kosmetische Mittel angepriesenen Wirkung in Einklang stehen, die Teil der Produktinformationsdatei gemäß Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 ist.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 11. Juli 2013.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 10. Juli 2013

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59.

(2)  ABl. L 364 vom 9.12.2004, S. 1.

(3)  ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22.

(4)  ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21.

(5)  Siehe z. B. Rechtssache C-220/98, Estée Lauder Cosmetics/Lancaster, Slg. 2000, S. I-00117, Randnr. 29.


ANHANG

GEMEINSAME KRITERIEN

1.   Einhaltung von Rechtsvorschriften

1.

Werbeaussagen, denen zufolge ein Produkt von einer zuständigen Behörde innerhalb der EU zugelassen oder genehmigt wurde, sind unzulässig.

2.

Die Zulässigkeit einer Werbeaussage richtet sich danach, wie der durchschnittliche Endverbraucher eines kosmetischen Mittels, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist, diese Aussage unter Berücksichtigung der sozialen, kulturellen und sprachlichen Faktoren innerhalb des betreffenden Marktes wahrnimmt.

3.

Werbeaussagen, die die Vorstellung vermitteln, dass ein Produkt einen bestimmten Nutzen hat, der jedoch nur in der Erfüllung der rechtlichen Mindestanforderungen besteht, sind unzulässig.

2.   Wahrheitstreue

1.

Wird in einer Werbeaussage für ein Produkt behauptet, dass es einen bestimmten Bestandteil enthält, muss dieser gezielt vorhanden sein.

2.

Werbeaussagen, die sich auf die Eigenschaften eines bestimmten Bestandteils beziehen, dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass das Endprodukt dieselben Eigenschaften hat, wenn dies nicht der Fall ist.

3.

Marketing-Mitteilungen dürfen nicht den Eindruck erwecken, Meinungsäußerungen seien nachgeprüfte Aussagen, es sei denn, eine Meinungsäußerung spiegelt eine nachprüfbare Tatsache wider.

3.   Belegbarkeit

1.

Werbeaussagen über kosmetische Mittel — ob explizit oder implizit — müssen durch hinreichende und überprüfbare Nachweise belegt werden, unabhängig von der Art der für die Bestätigung der Aussagen herangezogenen Nachweise (gegebenenfalls einschließlich Sachverständigengutachten).

2.

Die Nachweise zur Bestätigung von Werbeaussagen müssen den Stand der Technik berücksichtigen.

3.

Werden Studien als Nachweis herangezogen, so müssen diese relevant für das Produkt und den behaupteten Nutzen sein, auf einwandfrei entwickelten und angewandten Methoden (gültig, zuverlässig und reproduzierbar) basieren und ethischen Erwägungen Rechnung tragen.

4.

Die Beweiskraft der Nachweise bzw. Belege muss mit der Art der getätigten Werbeaussage in Einklang stehen; dies gilt insbesondere für Aussagen, bei denen eine fehlende Wirksamkeit ein Sicherheitsproblem verursachen könnte.

5.

Eindeutig übertriebene Behauptungen, die vom durchschnittlichen Endverbraucher nicht wörtlich genommen werden (Hyperbel), und Behauptungen abstrakter Natur müssen nicht belegt werden.

6.

Eine Aussage, die Eigenschaften eines Bestandteils (explizit oder implizit) auf das Endprodukt extrapoliert, muss durch hinreichende und überprüfbare Nachweise belegt werden, etwa durch den Nachweis einer wirksamen Konzentration des Bestandteils im Produkt.

7.

Die Bewertung der Annehmbarkeit einer Werbeaussage stützt sich auf das Gewicht der Nachweise in Form sämtlicher verfügbarer Studien, Daten und Informationen und richtet sich nach der Art der Werbeaussage sowie nach dem allgemeinen Wissensstand der Endverbraucher.

4.   Redlichkeit

1.

Darstellungen zur Wirkung eines Produkts dürfen nicht über das hinausgehen, was die vorhandenen Nachweise belegen.

2.

Werbeaussagen dürfen dem betreffenden Produkt keine besonderen (d. h. einzigartigen) Eigenschaften zusprechen, wenn ähnliche Produkte dieselben Eigenschaften aufweisen.

3.

Ist die Wirkung eines Produkts an bestimmte Bedingungen gekoppelt (z. B. die Verwendung zusammen mit anderen Produkten), so muss dies klar angegeben werden.

5.   Lauterkeit

1.

Werbeaussagen über kosmetische Mittel müssen objektiv sein und dürfen weder Wettbewerber noch Bestandteile, die rechtmäßig in kosmetischen Mitteln verwendet werden, herabsetzen.

2.

Aussagen über kosmetische Mittel dürfen nicht zu Verwechslungen mit Produkten von Wettbewerbern führen.

6.   Fundierte Entscheidungsfindung

1.

Werbeaussagen müssen für den durchschnittlichen Endverbraucher klar und verständlich sein.

2.

Werbeaussagen sind ein unmittelbarer Bestandteil der Produkte und müssen Informationen enthalten, die es dem durchschnittlichen Endverbraucher ermöglichen, eine fundierte Kaufentscheidung zu treffen.

3.

In Marketing-Mitteilungen ist zu berücksichtigen, inwieweit die Zielgruppe (Bevölkerung der betreffenden Mitgliedstaaten bzw. einzelne Bevölkerungssegmente, z. B. Endverbraucher verschiedenen Alters und Geschlechts) in der Lage ist, die Aussage zu erfassen. Marketing-Mitteilungen müssen klar, präzise, relevant und für die Zielgruppe verständlich sein.