30.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 83/70


EMPFEHLUNG DER KOMMISSION

vom 22. März 2010

über den Geltungsbereich und die Auswirkungen des Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel

(2010/191/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In Artikel 128 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist im Kapitel über die Währungspolitik festgelegt, dass Euro-Banknoten den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels haben. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hat die Union ausschließliche Zuständigkeit im Bereich der Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist („die teilnehmenden Mitgliedstaaten“).

(2)

Nach Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro (1) haben Euro-Münzen in den teilnehmenden Mitgliedstaaten als einzige Münzen den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels.

(3)

Zurzeit besteht im Eurogebiet eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf den Geltungsbereich des gesetzlichen Zahlungsmittels und dessen Auswirkungen.

(4)

Diese Empfehlung stützt sich auf die wichtigsten Schlussfolgerungen aus einem Bericht, der von einer Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Finanzministerien und nationalen Zentralbanken des Eurogebiets ausgearbeitet wurde.

(5)

Die Kommission wird die Umsetzung dieser Empfehlung drei Jahre nach ihrer Annahme überprüfen und beurteilen, ob Regulierungsmaßnahmen erforderlich sind —

HAT DIE FOLGENDE EMPFEHLUNG ERLASSEN:

1.   Allgemeine Definition des Begriffs gesetzliches Zahlungsmittel

Wenn eine Zahlungsverpflichtung besteht, sollte der Status der Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel Folgendes beinhalten:

a)

Verpflichtende Annahme:

Sofern sich die Parteien nicht auf andere Zahlungsmittel geeinigt haben, ist der Empfänger einer Zahlungsverpflichtung nicht befugt, eine Zahlung mit Euro-Banknoten und -Münzen abzulehnen.

b)

Annahme zum vollen Nennwert:

Der monetäre Wert von Euro-Banknoten und -Münzen entspricht dem auf den Banknoten und Münzen angegebenen Wert.

c)

Entlastung von Zahlungsverpflichtungen:

Ein Schuldner kann sich selbst von einer Zahlungsverpflichtung entlasten, indem er dem Zahlungsempfänger eine Zahlung mit Euro-Banknoten und -Münzen anbietet.

2.   Annahme von Zahlungen mit Euro-Banknoten und -Münzen bei Einzelhandelstransaktionen

Die Annahme von Euro-Banknoten und -Münzen als Zahlungsmittel bei Einzelhandelstransaktionen sollte die Regel sein. Eine Ausnahme davon ist nur aus Gründen im Zusammenhang mit dem Grundsatz von Treu und Glauben möglich (z.B. wenn der Einzelhändler über kein Wechselgeld verfügt).

3.   Annahme von Banknoten in hoher Stückelung bei Einzelhandelstransaktionen

Banknoten in hoher Stückelung sollten bei Einzelhandelstransaktionen als Zahlungsmittel angenommen werden. Eine Ausnahme davon ist nur aus Gründen im Zusammenhang mit dem Grundsatz von Treu und Glauben möglich (z.B. wenn der Nennwert der angebotenen Banknote im Vergleich zu dem Betrag, der dem Zahlungsempfänger geschuldet wird, unverhältnismäßig ist).

4.   Kein Aufschlag bei Zahlungen mit Euro-Banknoten und -Münzen

Bei Zahlungen mit Euro-Banknoten und -Münzen sollten keine Aufschläge verrechnet werden.

5.   Mit einem Intelligenten Banknoten-Neutralisationssystem (IBNS) gefärbte Euro-Banknoten

Auch wenn die durch das Intelligente Banknoten-Neutralisationssystem (IBNS) mit Sicherheitsfarbe gefärbten Banknoten als gesetzliches Zahlungsmittel gelten, sollten die Mitgliedstaaten die Beteiligten (Banken, Einzelhändler, die allgemeine Öffentlichkeit) aktiv darüber informieren, dass gefärbte Banknoten an die nationalen Zentralbanken zurückgegeben werden müssen, da sie mit hoher Wahrscheinlichkeit gestohlen wurden.

6.   Vollständige Vernichtung von ausgegebenen Banknoten und Münzen durch Einzelpersonen

Mitgliedstaaten sollten die vollständige Vernichtung von kleinen Mengen von Euro-Banknoten oder -Münzen durch Einzelpersonen weder verbieten noch bestrafen. Sie sollten jedoch die unbefugte Vernichtung von großen Mengen von Euro-Banknoten oder -Münzen verbieten.

7.   Beschädigung von Banknoten und Münzen für künstlerische Zwecke

Mitgliedstaaten sollten eine Beschädigung von Euro-Banknoten und -Münzen für künstlerische Zwecke nicht unterstützen, jedoch tolerieren. Derart beschädigte Banknoten und Münzen sollten als nicht für den Umlauf geeignet betrachtet werden.

8.   Zuständigkeit für die Entscheidung über die Vernichtung von für den Umlauf geeigneten Euro-Münzen

Die Entscheidung über die Vernichtung von für den Umlauf geeigneten Euro-Münzen sollte nicht von einer nationalen Behörde alleine getroffen werden. Vor der Vernichtung von für den Umlauf geeigneten Euro-Münzen sollte die zuständige nationale Behörde den Unterausschuss „Euro-Münzen“ des Wirtschafts- und Finanzausschusses konsultieren und die Arbeitsgruppe der Münzdirektoren darüber informieren.

9.   Status der 1- und 2-Euro-Cent-Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel und Rundungsregeln

In den Mitgliedstaaten, in denen Rundungsregeln angenommen wurden und die Preise folglich auf die nächsten 5 Cent auf bzw. abgerundet werden, sollten 1- und 2-Euro-Cent-Münzen weiterhin als gesetzliches Zahlungsmittel gelten und als solches angenommen werden. Die Mitgliedstaaten sollten allerdings keine neuen Rundungsregeln annehmen, da dadurch die Entlastung von einer Zahlungsverpflichtung durch Zahlung des exakten geschuldeten Betrags beeinträchtigt wird und dies in einigen Fällen zu einem Aufschlag bei Barzahlungen führen kann.

10.   Status der Euro-Sammelmünzen als gesetzliches Zahlungsmittel

Mitgliedstaaten sollten alle als geeignet erachteten Maßnahmen ergreifen, um die Verwendung von Euro-Sammelmünzen als Zahlungsmittel zu verhindern (z.B. spezielle Verpackungen, deutliche Informationen, Verwendung von Edelmetall, Verkaufspreise über dem Nennwert).

Diese Empfehlung ist an alle Mitgliedstaaten des Eurogebiets, die Europäische Zentralbank sowie an europäische und nationale Handels- und Verbraucherverbände gerichtet.

Brüssel, den 22. März 2010

Für die Kommission

Olli REHN

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 139 vom 11.5.1998, S. 1.