1.10.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 258/20


RICHTLINIE 2009/102/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 16. September 2009

auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter

(kodifizierte Fassung)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 44,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die zwölfte Richtlinie 89/667/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter (3) wurde mehrfach und erheblich geändert (4). Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit Klarheit empfiehlt es sich, die genannte Richtlinie zu kodifizieren.

(2)

Es erweist sich als notwendig, einige der Garantien, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne von Artikel 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, zu koordinieren, um in der ganzen Gemeinschaft eine Äquivalenz herzustellen.

(3)

Auf diesem Gebiet gelten die Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (5), die Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (6) sowie die Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags über den konsolidierten Abschluss (7) in Bezug auf die Offenlegung, die Gültigkeit von Verbindlichkeiten bzw. die Nichtigkeit der Gesellschaft sowie den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss für sämtliche Kapitalgesellschaften. Die Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (8), die Dritte Richtlinie 78/855/EWG des Rates vom 9. Oktober 1978 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (9) sowie die Sechste Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17. Dezember 1982 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrags betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften (10) in Bezug auf die Errichtung bzw. das Kapital sowie Fusionen und Spaltungen haben dagegen nur für Aktiengesellschaften Gültigkeit.

(4)

Es ist notwendig, den Einzelunternehmern in der gesamten Gemeinschaft das rechtliche Instrument einer Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung zu bieten, unbeschadet der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die diesem Einzelunternehmer in Ausnahmefällen eine Haftung für die Verpflichtungen des Unternehmens auferlegen.

(5)

Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann bei ihrer Gründung mit einem einzigen Gesellschafter errichtet werden oder entstehen, wenn alle Geschäftsanteile in einer einzigen Hand vereinigt werden. Bis zu einer Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften für das Konzernrecht können die Mitgliedstaaten besondere Bestimmungen oder Sanktionen vorsehen, sofern eine natürliche Person einziger Gesellschafter mehrerer Gesellschaften oder eine Einpersonengesellschaft oder eine andere juristische Person einziger Gesellschafter einer Gesellschaft ist. Das einzige Ziel dieser Möglichkeit ist die Berücksichtigung von Besonderheiten, die in bestimmten nationalen Rechtsvorschriften bestehen. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten in spezifischen Fällen Einschränkungen beim Zugang zur Einpersonengesellschaft oder eine unbeschränkte Haftung des einzigen Gesellschafters vorsehen. Es steht den Mitgliedstaaten frei, Regeln aufzustellen, um den möglichen Gefahren aus der Tatsache, dass es bei Einpersonengesellschaften lediglich einen einzigen Gesellschafter gibt, zu begegnen, und insbesondere um die Einzahlung des gezeichneten Kapitals sicherzustellen.

(6)

Die Vereinigung aller Anteile in einer Hand sowie die Identität des Gesellschafters sollten Gegenstand der Offenlegung in einem für jedermann zugänglichen Register sein.

(7)

Es ist notwendig, die Beschlüsse des einzigen Gesellschafters in seiner Eigenschaft als Gesellschafterversammlung schriftlich niederzulegen.

(8)

Die schriftliche Festlegung sollte ebenfalls für vertragliche Vereinbarungen zwischen dem einzigen Gesellschafter und der von ihm vertretenen Gesellschaft vorgeschrieben werden, sofern diese vertraglichen Vereinbarungen nicht die unter normalen Bedingungen abgeschlossenen laufenden Geschäfte betreffen.

(9)

Diese Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtlinien in innerstaatliches Recht und für die Anwendung dieser Richtlinien unberührt lassen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Koordinierungsmaßnahmen gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die in Anhang I genannten Rechtsformen von Gesellschaften.

Artikel 2

(1)   Die Gesellschaft kann bei ihrer Errichtung sowie infolge der Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer einzigen Hand einen einzigen Gesellschafter haben (Einpersonengesellschaft).

(2)   Bis zur Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften für das Konzernrecht können die Gesetze der Mitgliedstaaten besondere Bestimmungen oder Sanktionen vorsehen, sofern

a)

eine natürliche Person einziger Gesellschafter von mehreren Gesellschaften ist oder

b)

eine Einpersonengesellschaft oder eine andere juristische Person einziger Gesellschafter einer Gesellschaft ist.

Artikel 3

Wird die Gesellschaft durch die Vereinigung aller Anteile in einer Hand zur Einpersonengesellschaft, so muss diese Tatsache sowie die Identität des einzigen Gesellschafters entweder in der Akte hinterlegt beziehungsweise in das in Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 68/151/EWG genannte Register eingetragen oder in einem Register vermerkt werden, das bei der Gesellschaft geführt wird und der Öffentlichkeit zugänglich ist.

Artikel 4

(1)   Der einzige Gesellschafter übt die Befugnisse der Gesellschafterversammlung aus.

(2)   Die Beschlüsse, die von dem einzigen Gesellschafter im Rahmen von Absatz 1 gefasst werden, sind in eine Niederschrift aufzunehmen oder schriftlich abzufassen.

Artikel 5

(1)   Verträge, die zwischen dem einzigen Gesellschafter und der von ihm vertretenen Gesellschaft abgeschlossen werden, sind in eine Niederschrift aufzunehmen oder schriftlich abzufassen.

(2)   Die Mitgliedstaaten brauchen Absatz 1 auf die unter normalen Bedingungen abgeschlossenen laufenden Geschäfte nicht anzuwenden.

Artikel 6

Lässt ein Mitgliedstaat die Einpersonengesellschaft im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 auch für Aktiengesellschaften zu, so gilt diese Richtlinie.

Artikel 7

Ein Mitgliedstaat braucht die Einpersonengesellschaft nicht zu gestatten, wenn sein innerstaatliches Recht dem Einzelunternehmer die Errichtung eines Unternehmens ermöglicht, dessen Haftung auf ein Vermögen beschränkt ist, das für eine bestimmte Tätigkeit eingesetzt wird, sofern in Bezug auf diese Unternehmen Schutzbestimmungen vorgesehen sind, die denjenigen der vorliegenden Richtlinie sowie den übrigen auf die in Artikel 1 bezeichneten Gesellschaften anwendbaren Gemeinschaftsvorschriften gleichwertig sind.

Artikel 8

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 9

Die Richtlinie 89/667/EWG, in der Fassung der in Anhang II Teil A aufgeführten Rechtsakte, wird unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang II Teil B genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtlinien in innerstaatliches Recht und für die Anwendung dieser Richtlinien aufgehoben.

Verweisungen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Verweisungen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang III zu lesen.

Artikel 10

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 11

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 16. September 2009.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

J. BUZEK

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

C. MALMSTRÖM


(1)  ABl. C 77 vom 31.3.2009, S. 42.

(2)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 18. November 2008 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 13. Juli 2009.

(3)  ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 40.

(4)  Siehe Anhang II Teil A.

(5)  ABl. L 65 vom 14.3.1968, S. 8.

(6)  ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11.

(7)  ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1.

(8)  ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 1.

(9)  ABl. L 295 vom 20.10.1978, S. 36.

(10)  ABl. L 378 vom 31.12.1982, S. 47.


ANHANG I

Rechtsformen von Gesellschaften gemäß Artikel 1

Belgien:

Société privée à responsabilité limitée/Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid;

Bulgarien:

дружество с ограничена отговорност, акционерно дружество;

Tschechische Republik:

Společnost s ručením omezeným;

Dänemark:

Anpartsselskaber;

Deutschland:

Gesellschaft mit beschränkter Haftung;

Estland:

Aktsiaselts, osaühing;

Irland:

Private company limited by shares or by guarantee;

Griechenland:

Εταιρεία περιορισμένης ευθύνης;

Spanien:

Sociedad de responsabilidad limitada;

Frankreich:

Société à responsabilité limitée;

Italien:

Società a responsabilità limitata;

Zypern:

ιδιωτική εταιρεία περιορισμένης ευθύνης με μετοχές ή με εγγύηση;

Lettland:

Sabiedrība ar ierobežotu atbildību;

Litauen:

Uždaroji akcinė bendrovė;

Luxemburg:

Société à responsabilité limitée;

Ungarn:

Korlátolt felelősségű társaság, részvénytársaság;

Malta:

Kumpannija privata/Private limited liability company;

Niederlande:

Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid;

Österreich:

Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung;

Polen:

Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością;

Portugal:

Sociedade por quotas;

Rumänien:

societate cu răspundere limitată;

Slowenien:

Družba z omejeno odgovornostjo;

Slowakei:

Spoločnosť s ručením obmedzeným;

Finnland:

osakeyhtiö/aktiebolag;

Schweden:

aktiebolag;

Vereinigtes Königreich:

Private company limited by shares or by guarantee.


ANHANG II

TEIL A

Aufgehobene Richtlinie mit ihren nachfolgenden Änderungen

(gemäß Artikel 9)

Richtlinie 89/667/EWG des Rates

(ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 40)

 

Beitrittsakte von 1994, Anhang I Kapitel XI Abschnitt A

(ABl. C 241 vom 29.8.1994, S. 194)

 

Beitrittsakte von 2003, Anhang II Kapitel 4 Abschnitt A

(ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 338)

 

Richtlinie 2006/99/EG des Rates

(ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 137)

Nur Abschnitt A Nummer 4 des Anhangs

TEIL B

Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung

(gemäß Artikel 9)

Richtlinie

Frist für die Umsetzung

Datum der Anwendung

89/667/EWG

31. Dezember 1991

Für Gesellschaften, die am 1. Januar 1992 bereits bestehen: spätestens 1. Januar 1993

2006/99/EG

1. Januar 2007

 


ANHANG III

ENTSPRECHUNGSTABELLE

Richtlinie 89/667/EWG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 1 Eingangssatz

Artikel 1

Artikel 1 erster bis siebenundzwanzigster Gedankenstrich

Anhang I

Artikel 2 bis 7

Artikel 2 bis 7

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 8 Absatz 3

Artikel 8

Artikel 9

Artikel 10

Artikel 9

Artikel 11

Anhang I

Anhang II

Anhang III