27.9.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 259/10


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 26. September 2008

zum Erlass von Sondervorschriften für die Einfuhr von Milch enthaltenden Erzeugnissen oder Milcherzeugnissen, deren Ursprung oder Herkunft China ist

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 5599)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/757/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (1), insbesondere Artikel 53 Absatz 2 erster Unterabsatz,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 können in Notfällen geeignete Maßnahmen bei aus Drittländern eingeführten Lebens- oder Futtermitteln getroffen werden, um die Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt zu schützen und wenn dem davon ausgehenden Risiko durch Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten nicht zufriedenstellend begegnet werden kann.

(2)

Die Europäische Kommission wurde darüber unterrichtet, dass in Säuglingsanfangsnahrung und anderen Milcherzeugnissen in China hohe Melamingehalte festgestellt wurden. Melamin ist ein chemisches Zwischenprodukt, das bei der Herstellung von Aminoharzen und Kunststoffen eingesetzt und als Monomer und Zusatzstoff bei Kunststoffen Verwendung findet. Hohe Gehalte an Melamin in Lebensmitteln können sehr schädliche Gesundheitsauswirkungen haben.

(3)

Einfuhren von Milch und Milcherzeugnissen, auch Milchpulver, deren Ursprung China ist, sind in der Gemeinschaft nicht zugelassen; allerdings ist es wahrscheinlich, dass einige zusammengesetzte Erzeugnisse (d. h. Erzeugnisse, die sowohl ein verarbeitetes Erzeugnis tierischen Ursprungs als auch ein Erzeugnis nichttierischen Ursprungs enthalten) mit Bestandteilen aus verarbeiteter Milch in der Europäischen Union in Verkehr gebracht wurden.

(4)

Die vorliegenden Angaben deuten zwar darauf hin, dass keine zusammengesetzten Erzeugnisse für die besonderen Ernährungsbedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern eingeführt werden, aber bestimmte zusammengesetzte Erzeugnisse könnten, je nach ihrer spezifischen Formulierung und insbesondere dem Anteil des enthaltenen Milcherzeugnisses, ohne die systematischen Grenzkontrollen nach der Entscheidung 2007/275/EG mit Verzeichnissen von Tieren und Erzeugnissen, die gemäß den Richtlinien 91/496/EWG und 97/78/EG des Rates an Grenzkontrollstellen zu kontrollieren sind, zur Einfuhr vorgestellt worden sein. Davon ausgehend, dass solche Erzeugnisse die wichtigste und bisweilen einzige Nahrungsquelle für Säuglinge und Kleinkinder sind, ist es angebracht, die Einfuhr solcher Erzeugnisse mit Ursprung China in die Gemeinschaft zu verbieten.

(5)

Für andere zusammengesetzte Erzeugnisse (wie Kekse und Schokolade), die bei einer ausgewogenen Ernährung nur einen kleinen Teil derselben ausmachen, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die von der Europäischen Kommission beauftragt wurde, die Risiken im Zusammenhang mit dem Vorhandensein von Melamin in zusammengesetzten Erzeugnissen zu bewerten, eine Stellungnahme abgegeben, in der sie zu dem Schluss kommt, das größte Risiko im schlimmsten Fall (d. h. Kinder verzehren täglich Kekse und Schokolade mit einem Höchstanteil an Milchpulver — zwischen 16 % und über 20 % —, was einer Belastung mit dem höchsten in Milchpulver aus China festgestellten Gehalt gleich käme), bestehe darin, dass die annehmbare tägliche Aufnahme (TDI) an Melamin (0,5 mg/kg Körpergewicht) möglicherweise überstiegen wird.

(6)

Um das mögliche Gesundheitsrisiko durch die Belastung durch den Melamingehalt solch zusammengesetzter Erzeugnisse auszuschalten, sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass alle zusammengesetzten Erzeugnisse, die mindestens 15 % an Milcherzeugnissen mit Ursprung in China enthalten, vor der Einfuhr in die Gemeinschaft systematisch untersucht werden und dass alle Erzeugnisse, die nachweislich einen Melamingehalt über 2,5 mg/kg aufweisen, unverzüglich vernichtet werden. Dieser Höchstgehalt entspricht dem Bedürfnis einer großen Sicherheitsmarge. Zur Sicherheit sollten auch zusammengesetzte Erzeugnisse, deren Gehalt an Milcherzeugnissen sich nicht ermitteln lässt, untersucht werden. Die Mitgliedstaaten sollten ferner dafür sorgen, dass in der Gemeinschaft bereits in Verkehr gebrachte zusammengesetzte Erzeugnisse geeigneten Tests unterzogen und erforderlichenfalls vom Markt genommen werden. Die Kosten für die Untersuchungen bei der Einfuhr und die amtlichen Maßnahmen, die bei Erzeugnissen ergriffen werden, die den fraglichen Höchstgehalt übersteigen, sollten vom Lebensmittelunternehmer getragen werden, der für die Erzeugnisse verantwortlich ist.

(7)

Damit die Kommission die Angemessenheit dieser Maßnahmen erneut überprüfen kann, sollten die Mitgliedstaaten der Kommission Beanstandungen über das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel melden und alle zwei Wochen Bericht über die den Anforderungen entsprechenden Ergebnisse erstatten.

(8)

Aufgrund der Dringlichkeit und vorbehaltlich des Ausgangs der Sitzung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit, sowie nach Verständigung der chinesischen Behörden, ist es angebracht, diese vorübergehenden Schutzmaßnahmen gemäß dem Verfahren nach Artikel 53 Absatz 2 erster Unterabsatz der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zu ergreifen.

(9)

Diese Entscheidung wird gemäß dem Verfahren nach Artikel 53 Absatz 2, zweiter Unterabsatz der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 überprüft —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die Mitgliedstaaten verbieten die Einfuhr in die Gemeinschaft von zusammengesetzten und Milch oder Milcherzeugnisse enthaltenden Erzeugnissen, die für die besonderen Ernährungsbedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern im Sinne der Richtlinie 89/398/EWG des Rates über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, und deren Ursprung oder Herkunft China ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten unternehmen Dokumentenkontrollen, Nämlichkeitskontrollen und körperliche Kontrollen, auch Laboruntersuchungen, bei allen Sendungen mit zusammengesetzten Erzeugnissen, deren Ursprung oder Herkunft China ist, und die mehr als 15 % Milcherzeugnisse enthalten, sowie bei allen Sendungen solcher zusammengesetzten Erzeugnisse, deren Gehalt an Milcherzeugnissen nicht festgestellt werden kann. Diese Kontrollen dienen vor allem dazu, sicherzustellen, dass der mögliche Melamingehalt nicht 2,5 mg/kg Erzeugnis übersteigt. Die Sendungen werden bis zur Vorlage der Ergebnisse der Laboruntersuchung festgehalten.

(3)   Die Mitgliedstaaten melden alle Ergebnisse der in Absatz 2 genannten Laboruntersuchung, die Anlass zur Beanstandung geben, über das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel. Sie erstatten der Kommission alle zwei Wochen Bericht über die den Anforderungen entsprechenden Ergebnisse.

(4)   Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um dafür zu sorgen, dass die in Absatz 2 genannten Erzeugnisse, die bereits in Verkehr gebracht wurden, geeigneten Kontrollen zur Feststellung des Melamingehalts unterzogen werden.

(5)   Alle Erzeugnisse, bei denen nach den Kontrollen gemäß Absatz 2 und Absatz 4 ein Melamingehalt über 2,5 mg/kg Erzeugnis festgestellt wird, werden unverzüglich vernichtet.

(6)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die bei der Durchführung von Absatz 2 anfallenden Kosten von den Unternehmern getragen werden, die für die Einfuhr verantwortlich sind und dass die Kosten für die amtlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Erzeugnissen, bei denen der Gehalt 2,5 mg/kg Erzeugnis übersteigt, vom Lebensmittelunternehmer getragen werden, der für das Produkt verantwortlich ist.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 26. September 2008

Für die Kommission

Androulla VASSILIOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1.